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Die 2. Meinung - mehr Klarheit oder zusätzliche Verunsicherung?
Dr. Ulrike Heckl Klinik für Tumorbiologie Freiburg
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Gliederung
Was bekommen Patientinnen, wenn sie sich eine 2. Meinung einholen?
Informationsbedürfnis und Beweggründe für das Einholen einer
2. Meinung
Zusammenhang zwischen individuellen Vorerfahrungen mit dem medizinischen System und den Erwartungen an die 2. Meinung
Was Patientinnen berücksichtigen sollten, wenn sie ein 2. Meinung einholen möchten
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„Mein Hauptberuf war jetzt Patientin. Und diesen Beruf musste ich erst lernen. Aber
ich fühlte mich als Azubi ohne Ausbildner.
Patientin mit Mammakarzinom, neoadj. Chemo, Op, Bestrahlung
aus : http://www.ulmmed.de/images/download/thema_des_monats/Krebs_mitentscheiden.pdf
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Was bekommen Patientinnen und Patienten,
wenn sie sich eine 2. Meinung einholen? In Deutschland versteht man unter „Zweitmeinung“ oder
„Second opinion“ das Einholen einer fachlichen Einschätzung durch einen zweiten unabhängigen Arzt
Es gibt keine verbindliche Definition dieses Begriffes auf der Basis einer gesetzlichen Grundlage
I. d.R. handelt es sich bei der Zweitmeinung um eine isolierte Begutachtung eines krankheitsbezogenen Phänomens
Die Förderung der Selbsthilfe- und Handlungskompetenz der Patientinnen steht dabei nicht im Blickpunkt
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Informationsbedürfnis von Patientinnen mit Brustkrebs
Patientinnen brauchen Informationen
und
viele Patientinnen wünschen sich möglichst viele Informationen über ihre Erkrankung und ihre Perspektiven
Dies trifft nicht nur auf günstige oder neutrale Informationen zu, sondern auch auf schlechte Nachrichten
Leslie Fallowfield: „Keine Information bedeutet nichts Gutes“
(„No news ist not good news“)
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Situationen, in denen sich PatientInnen eine
2. Meinung einholen : Sie haben unterschiedliche Therapien empfohlen bekommen
Sie können noch nicht mit voller Überzeugung den Therapievorschlag annehmen, der ihnen gemacht wurde
Sie möchten vor einer Entscheidung mehr zu alternativen Therapieoptionen erfahren
Es besteht eine Zweit- oder Dritterkrankung (Therapie mit Risiken verbunden)
Sie suchen ein Selbsthilfeprogramm, das auf die individuelle Situation zugeschnitten ist
Besondere persönliche Umstände sollten noch besser bei der Therapieentscheidung berücksichtigt werden
Weis et al. 2004
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Was veranlasst Patientinnen eine 2. Meinung
einzuholen?
„Ich bin meinem Arzt gegenüber nicht misstrauisch, aber ich
möchte seinen Behandlungsvorschlag noch einmal überprüfen lassen. Außerdem kann das doch nicht alles sein. Was kann ich
denn selbst für mich tun? Schließlich geht es um mich !“
Zitat einer Patientin
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Beweggründe für das Aufsuchen der
„Second opinion“
Infos zu komplementärmedizinischenVerfahren
2,87
Therapiekonzept überprüfen 2,74
Behandlungsplan mitgestalten 2,74
Anregungen zu einem Selbsthilfekonzept
2,57
Psychosoziale Beratung 2,12
Andere Gründe 1,97
3= trifft voll u. ganz zu
1= trifft überhauptnicht zu
Weis et al. 2004
N= 237
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Krebspatientinnen, die sich ungenügend informiert fühlen
verbinden damit das Gefühl von mangelhafter Unterstützung
sind unzufriedener mit ihrer Versorgung und ihrer gesundheitlichen und psychosozialen Situation
fühlen sich unsicherer und körperlich wie auch psychisch schlechter
sind eher depressiv und ängstlich
tun sich schwer mit Entscheidungen
(AOK Rheinland 2000; Kerr et al. 2003; Deutsche Krebshilfe 2003; Gaisser 2006)
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Ausreichende und bedarfsgerechte Information führt zu:
höherer Zufriedenheit mit der Versorgung besserer Lebensqualität besserer Krankheitsverarbeitung besserer Compliance mehr Sicherheit und weniger Ängstlichkeit realistischen Erwartungen und
aktiver Teilnahme / Beteiligung an Entscheidungen
(Kerr et al. 2003; Gaisser 2006)
insbesondere wenn die Information selbst gesucht wird !
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Informationssuche und Informationsgewinnung sind
wichtige Krankheitsverarbeitungsstrategien
Sie ermöglichen Autonomie zu wahren oder wieder zu gewinnen
Sie machen es leichter Entscheidungen zu fällen
Sie machen es leichter belastende Therapien auszuhalten
Patientinnen gewinnen so ein Gefühl der Kontrolle über ihre eigene Situation
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Untersuchungen zur Zufriedenheit von
PatientInnen mit der Informationsvermittlung seitens ihrer Ärzte
PASQUA – Studie (2002): Befragung von 3446 PatientInnen in 25 onkolog. Praxen:
62%: ungenügende Erklärung bei Ablehnung von Therapien, die sie selbst ins Gespräch
brachten 55%: keine Einbindung in die Erstellung des Therapieplans 44%: unzureichende Informationen über Nebenwirkungen
der Therapie 25% : unzureichende Informationen über die Erkrankung und ihre Optionen12%: unzureichende Besprechung von Fragen
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Untersuchungen zur Zufriedenheit von
PatientInnen mit der Informationsvermittlung seitens ihrer Ärzte
Münchener Feldstudie (Kerr 2003): 1000 Brustkrebspatientinnen über einen Zeitraum von 5 Jahren nach Primärtherapie 4x befragt: 50%: Defizite in der Information
bei über 50-Jährige Einhergehen mit Auswirkungen auf ihre Lebensqualität
Befragung des Krebsinformationsdienstes Heidelberg (2003):Befragung von Brustkrebspatientinnen zur ihrer subjektiv empfundenen Versorgungssituation: Korrelation zwischen Informationszufriedenheit und dem Gefühl, Unterstützung zu erfahren
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AOK Rheinland – EMNID Studie zur Versorgungssituation von Brustkrebs-Patientinnen der AOK Rheinland, Manuskript, 2001
Zufriedenheit Brustkrebspatientinnen mit dem ärztlichem Informationsangebot
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Vorerfahrungen der PatientInnen mit Behandlung und Behandlern II
- zu wenig und zudem unklare Information
- zu wenig Information zu komplementärmedizinischen Verfahren
Defizite in der Kommunikation mit den Ärzten: Unzufriedenheit mit der Art und Weise der Informationsvermittlung
- zu wenig Zeit für Gespräche - zu wenig Zuhören- zu wenig Einfühlungsvermögen
- zu wenig Berücksichtigung der individuellen Situation - zu wenig ernst genommen
(Weis et al. 2004; Runge (f. PASQOC) 2004; Gaisser 2004)
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Ein Mehr an Informationen bedeutet aber
nicht unbedingt ein Mehr an Wissen!
Und damit auch nicht unbedingt ein Mehr an Klarheit
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Was sich PatientInnen wünschen, wenn sie sich
eine 2. Meinung einholen
Sie möchten nicht nur eine fachkundige Meinung zu ihrer Erkrankungssituation, sondern umfassend informiert werden
Sie möchten die Information in einer verständlichen Sprache
Sie möchten in ihren persönlichen Ansichten und Überzeugungen ernst genommen werden
Sie wünschen sich ausreichend Zeit für ihre individuelle Fragen
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Grundsätzlich ist personalisierte Information wirksamer als allgemeine
Informationen
Durch die Beschränkung auf individuell relevante Information ist der Bedarf insgesamt geringer und die Zufriedenheit höher.
McPherson et al. 2001
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Mehr Klarheit oder zusätzliche
Verunsicherung?
Patientinnen, die eine Zweitmeinung aufsuchen, haben eine große
Chance von einer solchen gezielten Beratung zu profitieren
Verunsicherung entsteht allerdings dann, wenn:
Patientin mit verschiedenen Therapieempfehlungen kommt und eine Dritte empfohlen bekommt
nicht genügend Zeit und Interesse entgegen gebracht wird, herauszufinden, welches Anliegen die Patientin tatsächlich hat
„Patientin ein Barockorchester erwartet und atonale Musik geboten bekommt“
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Was Patientinnen berücksichtigen sollten, wenn sie ein 2. Meinung einholen möchten
Zu welchen Aspekten meines Krankheitsgeschehens habe ich Informationsbedarf ?
Wo glaube ich adäquate Antworten bekommen zu können (Unabhängigkeit des Beraters) ?
Wie viel Interesse wird meinem Anliegen schon im Vorfeld entgegen gebracht?
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Vorbereitung
Schreiben Sie sich alle Fragen auf, die Sie stellen möchten. Es gibt keine dummen Fragen und nehmen Sie den Zettel mit
Nehmen Sie zu dem Gespräch eine Begleitperson mit; denn 4 Ohren hören mehr als 2
Fragen Sie schon bei der Anmeldung, ob Sie die Ausführungen schriftlich bekommen werden oder einen Bandmitschnitt
Lassen Sie sich alle Fachausdrücke erklären
Wiederholen Sie die wichtigen Informationen Ihres beratenden Arztes mit Ihren eigenen Worten um sicher zu gehen, dass Sie ihn richtig verstanden haben
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
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Vorerfahrungen der PatientInnen mit Behandlung und Behandlern I
Unzufriedenheit mit dem bisherigen Therapiekonzept
unterschiedliche Informationen von unterschiedlichen Ärzten
geringer oder fehlender Informationsaustausch zwischen den behandelnden Einrichtungen
Unzufriedenheit mit der Art und Weise der Informationsvermittlung
(Weis et al. 2004; Runge (f. PASQOC) 2004; Gaisser 2004)
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