Aktuelle Zusammenhänge vonErnährung und Bewegung aus Sicht
der Ernährungsmedizin
Prof. Dr. Helmut Heseker Universität Paderborn
Institut für Ernährung, Konsum & Gesundheit
Überblick
Verbreitung von Übergewicht und Adipositas Der Fluch unserer steinzeitlichen Gene Ernährungsbedingte Ursachen Folgen der Adipositas Wichtige Ernährungsempfehlungen Bedeutung der Ernährung für die kurz- und
langfristige Gesundheit und Leistungsfähigkeit Schlussfolgerungen
Übergewicht in Deutschland nach Mikrozensus(BMI > 25) [1999, 2003, 2005, 2009; n ~380 000]
Statistisches Bundesamt, 2000, 2004, 2006 und 2009
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18-20 20-25 25-30 30-35 35-40 40-45 45-50 50-55 55-60 60-65 65-70 70-75 >75
Männer 1999
Männer 2003
Männer 2005
Männer 2009
Frauen 1999
Frauen 2003
Frauen 2005
Frauen 2009
Adipositas in Deutschland nach Mikrozensus(BMI > 30) [1999, 2003, 2005 und 2009; n ~380 000]
Statistisches Bundesamt, 2000, 2004, 2006 und 2009
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18-20 20-25 25-30 30-35 35-40 40-45 45-50 50-55 55-60 60-65 65-70 70-75 >75
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[%
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Männer 1999
Männer 2003
Männer 2005
Männer 2009
Frauen 1999
Frauen 2003
Frauen 2005
Frauen 2009
Verbreitung von Übergewicht und Adipositas im Kindes-und Jugendalter in Deutschland (KIGGS, Alter: 3-17 Jahre)
übergewichtig: > 90. bis 97.Perz.; adipös: >97er Perz. (auf Basis der Referenzdaten von Kromeyer-Hauschildt)
Ursachen für Übergewicht und Adipositas
genetische Disposition („Genfalle“) adipogene Umwelt (WHO 2003)
überwiegend sitzende Lebensweise, Bewegungsmangel, hoherMedienkonsum
grundlegende Veränderungen des Essverhaltens und derEsskultur
nicht angepasste Ernährung- positive Energiebilanz- vermehrter Verzehr von raffinierten Lebensmitteln/Nahrung mit hoher Energiedichte- Zunahme der Portionsgröße- hohe Zufuhr an gesättigten Fetten- KH-reiche Lebensmittel mit hohem glykämischen Index- Fast food
20.000.000 - 30.000.000 Jahre
10.000.000 - 15.000.000 Jahre
4.000.000 Jahre
1.000.000 Jahre
400.000 Jahre
40.000 Jahreca. 1.500 Generationen
ca. 20.000 Generationen
ca. 150.000 Generationen
ca. 1.200.000 Generationen
ca. 300 Generationen 10.000 Jahre
heute Jetztzeiternährung
Agrarproduktion/Domestikation> relative Nahrungssicherheit
Jäger/Sammlerkulturen> Adaptation an Phasen des Hungers
nach Daniel, TU-München
Die Evolution der Hominiden
Gene und Adipositas
Unsere Gene wurden unter den evolutionären Bedingungen derVergangenheit geprägt, nicht unter denen der Neuzeit.
Effektive Energiespeicherung stellte dabei einen wichtigenÜberlebens- und Fortpflanzungsvorteil dar („Fluch der Gene“).
(Fast) Alle Menschen haben die Fähigkeit, Energiedepots bzw. neueFettzellen zu bilden und mit Fett zu füllen.
Unsere Gene sind darauf eingerichtet, Situationen des Hungers undMangels, nicht aber der Überernährung, zu bewältigen.
>> Übergewicht und Adipositas sind in Zeiten mit Nahrungsüberflussund Bewegungsmangel als „Normalzustand“ anzusehen, wenn nichtbewusst gegengesteuert wird.
>> Adipositas ist als eine natürliche physiologische Reaktion auf einechronisch-positive Energiebilanz anzusehen.
Einflussfaktoren auf die Energiebilanz
Energieaufnahme Energieverbrauch
fett- undzuckerreiche,energiedichteLebensmittel
überall verfüg-bare,schmack-
hafte, preis-werte Lebens-
mittel
großePortionen
Körperfett-masse
Medien-konsum
Aktivität imAlltag
Schulsport
Ursachen für Übergewicht und Adipositas
genetische Disposition („Genfalle“) adipogene Umwelt (WHO 2003)
überwiegend sitzende Lebensweise, Bewegungsmangel, hoherMedienkonsum
grundlegende Veränderungen des Essverhaltens und derEsskultur
nicht angepasste Ernährung- positive Energiebilanz- vermehrter Verzehr von raffinierten Lebensmitteln/Nahrung mit hoher Energiedichte- Zunahme der Portionsgröße- hohe Zufuhr an gesättigten Fetten- KH-reiche Lebensmittel mit hohem glykämischen Index- Fast food
Die adipogene Umwelt(WHO: “obesogenic environment”)
Sport & Freizeit
unzureichender Schulsportzu wenig Spiel-/Boltzplätzeinnerhäusliches, passives Entertainmentunsichere Straßenzu wenig sichere Radwege
Familie
Genetische PrädispositionEpigenetische Prägungübergewichtige Elternkeine oder kurze Stillzeitunzureichende Kenntnisse über Gesundheit, LebensmittelkenntnisseKompetenzvelust
Energiedichte Lebensmittelgefördert durch:
Werbungniedrige Preise
“super-sizing”Snacks, Softdrinks
Sponsoring (z.B. Fußball-WM)Außer-Haus-Verzehr
Bildung & Information
Defizite im Unterricht: Lebensstil Gesundheit Ernährung Kochen
Kulturelle Überzeugungen
Adipogene
Umwelt
Ursachen für Übergewicht und Adipositas
genetische Disposition („Genfalle“) adipogene Umwelt (WHO 2003)
überwiegend sitzende Lebensweise, Bewegungsmangel, hoherMedienkonsum
grundlegende Veränderungen des Essverhaltens und derEsskultur
nicht angepasste Ernährung- positive Energiebilanz- vermehrter Verzehr von raffinierten Lebensmitteln/Nahrung mit hoher Energiedichte- Zunahme der Portionsgröße- hohe Zufuhr an gesättigten Fetten- KH-reiche Lebensmittel mit hohem glykämischen Index- Fast food
Ursachen für Übergewicht und Adipositas
genetische Disposition („Genfalle“) adipogene Umwelt (WHO 2003)
überwiegend sitzende Lebensweise, Bewegungsmangel, hoherMedienkonsum
grundlegende Veränderungen des Essverhaltens und derEsskultur
nicht angepasste Ernährung- positive Energiebilanz- vermehrter Verzehr von raffinierten Lebensmitteln/Nahrung mit hoher Energiedichte- Zunahme der Portionsgröße- hohe Zufuhr an gesättigten Fetten- KH-reiche Lebensmittel mit hohem glykämischen Index- Fast food
Die körperliche Aktivität und auch der Energiebedarf waren früher1,5 – 2 mal höher als heute.
Wir überschätzen unsere körperlichen Aktivitäten und unterschätzen unsereEnergieaufnahme.
Wir essen heute geringere Mengen und andere Lebensmittel als dieEvolution für Verdauungstrakt und Stoffwechsel vorgesehen hat.
Der Energiegehalt einer Speise/eines Lebensmittels ist für den Organismusnicht erkennbar, lediglich das Volumen.
Wir haben eine „angeborene Schwäche“, Lebensmittel mit hoherEnergiedichte zu erkennen.
Mit Getränken aufgenommene Kalorien werden beim Verzehr festerLebensmittel kaum kompensiert und beeinflussen auch nicht den Grad derSättigung.
Durch Diäten lässt sich nur selten eine nachhaltige Gewichtsreduktionerzielen.
>> Sättigungsmechanismen funktionieren nur eingeschränkt.
… einige weitere Aspekte zur Ernährung
Begleit- und FolgeerkrankungenMurnauer Komorbidätsstudie (1998-2001)
n = 520 Kinder und Jugendliche mit Adipositas
6 % Störungen im Glukosestoffwechsel 1 % Typ-2-Diabetes 35 % metabolisches Syndrom
(Hypertonie, Lipidämien, Hyperurikämie) 30 % Steatosis hepatis (Fettleber) 2 % Gallensteine 35 % orthopädische Folgestörungen Unzufriedenheit; erhebliche Störungen der psycho-sozialen
Entwicklung und der Lebensqualität; verminderte körperlicheLeistungsfähigkeit; Probleme bei der Partnersuche; etc.
Hurrelmann: „Kinder haben heute mehr und mehr Erwachsenenkrankheiten“
[Wabitsch, 2004]
Prävalenz von Diabetes mellitusin Deutschland
2010: inklusive der geschätzten Dunkelziffer: ~10 %Mehrkosten für die Behandlung eines Diabetikers: 2200 €/Jahr
Ernährungsempfehlungenfür Kinder und Jugendliche
Worauf es wirklich ankommt: abwechslungsreiche, fett- und sowie schmackhafte Auswahl:
geringe Gefahr einer Unter-/Überversorgungstärkere Geschmacksdifferenzierung
Lebensmittel mit geringer Energiedichte bevorzugen reichlich ungesüßte oder wenig gesüßte Getränke
(Obstsaftschorlen, (Mineral)-Wasser, Tee) täglich frisches Obst und Gemüse täglich proteinreiche Milch und Milchprodukte regelmäßig mageres Fleisch, Fisch, Eier (nur 300-600 g/Woche) Frühstückscerealien (Haferflocken etc.) regelmäßig Vollkornprodukte 10 Regel der Deutschen Gesellschaft für Ernährung
Bedeutung der Ernährung für die Gesundheit undLeistungsfähigkeit im Kindes- und Jugendalter
Kurzfristige Effekte: Einschränkung der schulischen Leistungsfähigkeit, wenn nicht
oder nur wenig gefrühstückt oder kein Mittagessen.
Postprandiale Müdigkeit (z.B. nach fett- und kalorienreicherMittagsmahlzeit) „ein voller Bauch studiert und läuft nicht gern“
Zahngesundheit Karies bei häufigem und hohem Süßigkeiten- verzehr sowie mangelhafter Mundhygiene
Bei unzureichender Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen: Vit.B6, C: Störungen von Immunfunktionen Vitamin D: Rachitis Jod: Struma (Kropf) Eisen: Anämie
Bedeutung der Ernährung für die langfristigeGesundheit und Leistungsfähigkeit
Verhütung von Übergewicht und Adipositas
Verhütung von chronischen Stoffwechselkrankheiten• Herz-Kreislauf-Krankheiten• nicht-insulinabhängiger Diabetes mellitus• Hyperurikämie und Gicht• Gallensteine
Prävention von Krebserkrankungen• Magenkrebs• Dickdarmkrebs• andere ernährungs(mit)bedingte Krebserkrankungen
Einmal erworbene Ernährungs- und Bewegungsmuster werdenhäufig ein Leben lang beibehalten:
große Bedeutung der Ernährungsbildung
Schlussfolgerung
Übergewicht und Adipositas sind in Zeiten mit Nahrungsüber-fluss und Bewegungsmangel der Normalzustand, wenn nichtgegengesteuert wird.
Übergewicht wird verursacht durch einen sitzenden Lebensstil,körperliche Inaktivität und eine positive Energiebilanz.
Erforderlich ist eine gute Balance zwischen inaktiven undaktiven Freizeitaktivitäten.
Dringend notwendig ist eine vernetzte Präventionsstrategie:Verbindung von Ernährung und körperlicher Aktivität (Sport)
Kooperation aller, die Verantwortung für die Entwicklung derjungen Generation tragen
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