Freitag, 27. Mai 2016
Praktikum Chirurgie für Zahnmediziner, 8. Semester - Herzchirurgie
Herzklappenerkrankungen Aus zahnmedizinischer Sicht
Yuliana Yakobus
27.05.2016
Praktikum Chirurgie für Zahnmediziner, 8. Semester - Herzchirurgie
Herr Meyer, 65-jähriger Patient Seit drei Wochen zunehmende, drückende
Zahnschmerzen im linken UnterkieferTeilprothesen
Demnächst in Ihrer Praxis 2
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Zähne mit tiefen kariösen VeränderungenAnzeichen für Wurzelinfektionen im linken
Unterkiefer
Zahnstatus 3
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18 17 16 15 14 13 12 11 21 22 23 24 25 26 27 28
48 47 46 45 44 43 42 41 31 32 33 34 35 36 37 38
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Beim Hinlegen auf dem Zahnarzt klagt der Patient über zunehmende Luftnot
Weiterer Verlauf 4
Wie geht es weiter?
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Anamnese:– Seit 3 Wochen Zahnschmerzen– Seit 2 Wochen Dyspnoe bei Belastung– Intermittierend Fieberschübe bis 39,5 °C
Klinische Untersuchung:– Fieber, kaltschweißig– auskultatorisches Rasselgeräusch über beiden
Lungenfeldern– Belastungsdyspnoe bis Orthopnoe– 4/6 Diastolikum mit p.m. über Aortenfeld
Weiterer Verlauf 5
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Weiterer Verlauf 6
Verdachtsdiagnose: Aortenklappenendokarditis
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• überwiegend im linken Herz (85%)
• Aortenklappe > Mitralklappe
• in selteneren Fällen ist das rechte Herz betroffen (15%), meist TK-Endokarditis bei i.v.Drogenabhängigen
Infektiöse Endokarditis 7
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native Klappe - Streptokokken (65 %)- Staphylokokken (25 %)- Enterokokken (10 %)
Prothese - Streptokokken (10 %)- Staphylokokken (50 %)
i.v. Drogen - Streptokokken (10 %)- Staphylokokken (60 %)- Enterokokken (10 %)
Infektiöse Endokarditis 8
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Infektiöse Endokarditis 9
• Fieber (92 %)• Appetitlosigkeit (68 %)• Nachtschweiß (62 %)• Schüttelfrost (49 %)• Gewichtsverlust (49 %)• kardiale Beschwerden,
Herzinsuffizienz (31 %)• Arthralgien (29 %)• Hautembolien (20 %)• arterielle Embolien (15 %)
• pos. Auskultationsbefund (99 %)• BKS-Beschleunigung (90 %)• Hämoglobinabfall (90 %)• Fieber (85 %)• pathol. Sediment (85 %)• Milzvergrößerung (50 %)• schweres Krankheitsgefühl (45%)• Gewichtsverlust (20 %)• Leukozytose (40 %)
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Infektiöse Endokarditis 10
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Infektiöse Endokarditis 11
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Infektiöse Endokarditis 12
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Modifizierte Duke-Kriterien für die Diagnose der infektiösen EndokarditisHauptkriterien1.Blutkulturen positiv für eine IE:•Nachweis endokarditistypischer Erreger in zwei unabhängigen Blutkulturen: Streptokoccus viridans, Streptococcus bovis, HACEK-Gruppe, Staphylococcus aureus; oder ambulant erworbene Enterokokken, ohne Nachweis eines primären Fokus;oder•Mikroorganismen vereinbar mit einer IE in persistierend positiven Blutkulturen: Mindestens zwei positive Blutkulturen aus Blutentnahmen mit mindestens zwölf Stunden Abstandoder•Eine einzelne positive Blutkultur mit Coxiella burnetii oder Phase-I-IgG-Antikörper-Titer > 1:800
Infektiöse Endokarditis 13
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2. Nachweis einer endokardialen Beteiligung:• Positive Echokardiographie für eine IE Vegetation – Abszess –
neue partielle Dehiszenz einer Klappenprothese• neu aufgetretene Klappeninsuffizienz
Nebenkriterien1. Prädisposition: Prädisponierende Herzerkrankung, i.v.
Drogenabusus2. Fieber: Körpertemperatur > 38°C3. Vaskuläre Phänomene4. Immunologische Phänomene5. Mikrobiologischer Nachweis: Positive Blutkulturen, die nicht einem
Hauptkriterium entsprechen, oder serologischer Nachweis einer aktiven Infektion mit einem mit IE zu vereinbarenden Organismus
Infektiöse Endokarditis 14
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Diagnose „Definitive IE“ bei• 2 Hauptkriterien• 1 Haupt- und 3 Nebenkriterien• 5 Nebenkriterien
Diagnose „Mögliche IE“ bei• 1 Haupt- und 1 Nebenkriterium• 3 Nebenkriterien
Infektiöse Endokarditis 15
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*alternativ Cephalexin 2 g i.v. bei Erwachsenen oder 50 mg/kg KG bei Kindern, Cefazolinoder Ceftriaxon 1 g i.v. bei Erwachsenen oder 50 mg/kg KG i.v. bei Kindern.Cephalosporine sollten nicht bei Patienten mit früherer Anaphylaxie, Angioödem oder Urtikarianach Einnahme von Penicillin oder Ampicillin eingesetzt werden.
Infektiöse Endokarditis 16
Empfohlene Prophylaxe mit Antibiotika für zahnärztliche RisikoeingriffeEinzeldosis 30–60 min vor dem Eingriff
Situation Antibiotikum Erwachsene Kinder
Keine Allergiegegen Penicillinoder Ampicillin
Amoxicillin oderAmpicillin*
2 g p.o. oder i.v. 50 mg/kg KG p.o.oder i.v.
Allergie gegenPenicillin oderAmpicillin
Clindamycin 600 mg p.o. oder i.v.
20 mg/kg KG p.o.oder i.v.
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Infektiöse Endokarditis 17
Kardiale Erkrankungen mit dem höchsten Risiko für eine IE, für die eine Prophylaxe bei Hochrisikoprozeduren empfohlen wirdEmpfehlungen zur Prophylaxe Empfehlungs-
gradEvidenzgrad
Eine Prophylaxe mit Antibiotika sollte nur in Betracht gezogenwerden bei Patienten mit dem höchsten Risiko für eine IE1. Patienten mit Klappenprothesen oder mit rekonstruiertenKlappen unter Verwendung alloprothetischen Materials2. Patienten mit überstandener Endokarditis3. Patienten mit angeborenen Vitiena. Unkorrigierte zyanotische Vitien oder residuelleDefekte, palliative Shunts oder Conduitsb. Binnen 6 Monaten nach operativer oder interventionellerVitien-Korrektur unter Verwendung vonprothetischem Materialc. Persistierende residuelle Defekte von chirurgisch oderinterventionell eingebrachtem prothetischen Material
IIa C
Bei anderen Klappenerkrankungen oder angeborenen Vitienwird eine Prophylaxe mit Antibiotika nicht länger empfohlen.
III C
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Infektiöse Endokarditis 18
Kardiale Erkrankungen mit dem höchsten Risiko für eine IE, für die eine Prophylaxe bei Hochrisikoprozeduren empfohlen wird
Empfehlungen zur Prophylaxe Empfehlungs-grad
Evidenzgrad
Eine Prophylaxe mit Antibiotika sollte nur in Betracht gezogenwerden bei Patienten mit dem höchsten Risiko für eine IE1. Patienten mit Klappenprothesen oder mit rekonstruiertenKlappen unter Verwendung alloprothetischen Materials2. Patienten mit überstandener Endokarditis3. Patienten mit angeborenen Vitiena. Unkorrigierte zyanotische Vitien oder residuelleDefekte, palliative Shunts oder Conduitsb. Binnen 6 Monaten nach operativer oder interventionellerVitien-Korrektur unter Verwendung vonprothetischem Materialc. Persistierende residuelle Defekte von chirurgisch oderinterventionell eingebrachtem prothetischen Material
IIa C
Bei anderen Klappenerkrankungen oder angeborenen Vitienwird eine Prophylaxe mit Antibiotika nicht länger empfohlen.
III C
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Indikation für die chirurgische Therapie 19
Indikationen und optimaler Zeitpunkt einer chirurgischen Therapiebei linksseitiger Nativklappen-IEEmpfehlungen:Indikation zur chirurgischen Therapie
Zeitpunkt*
Empfehlung-grad
Evidenzgrad
A – Herzinsuffizienz
Aorten- oder Mitralklappen-IE mit schwerer akuter Insuffizienz oder Klappenobstruktion mit resultierendem refraktären Lungenödem oder kardiogenen Schock
Notfall I B
Aorten- oder Mitralklappen-IE mit Fistel in eine Herzkammer oder ins Perikard mit resultierendem refraktären Lungenödem oder kardiogenen Schock
Notfall I B
Aorten- oder Mitralklappen-IE mit schwerer akuter Insuffizienz oder Klappenobstruktion mit persistierendem Herzversagen oder echokardiographischen Zeichen einer beginnenden Dekompensation (früher Mitralklappenschluss oder pulmonale Hypertonie)
Dringend I B
Aorten- oder Mitralklappen-IE mit schwererInsuffizienz ohne Zeichen der Herzinsuffizienz
Elektiv II B
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Indikation für die chirurgische Therapie 20
Indikationen und optimaler Zeitpunkt einer chirurgischen Therapiebei linksseitiger Nativklappen-IEEmpfehlungen:Indikation zur chirurgischen Therapie
Zeitpunkt*
Empfehlung-grad
Evidenzgrad
B – Unkontrollierte Infektion
Lokal unkontrollierte Infektion (Abszess, falsches Aneurysma, Fistel, progrediente Vegetation)
Dringend I B
Persistierendes Fieber und positive Blutkulturen> 7-10 Tage
Dringend I B
Infektion durch Pilze oder multiresistenteOrganismen
Dringend/Elektiv
I B
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Indikation für die chirurgische Therapie 21
Indikationen und optimaler Zeitpunkt einer chirurgischen Therapiebei linksseitiger Nativklappen-IEEmpfehlungen:Indikation zur chirurgischen Therapie
Zeitpunkt*
Empfehlung-grad
Evidenzgrad
C – Prävention einer Embolisierung
Aorten- oder Mitralklappen-IE mit großenVegetationen (> 10 mm) mit einem oder mehrerenembolischen Ereignissen trotz adäquaterAntibiotikatherapie
Dringend I B
Aorten- oder Mitralklappen-IE mit großenVegetationen (> 10 mm) mit einem oder mehrerenembolischen Ereignissen trotz adäquaterAntibiotikatherapie
Dringend I C
Isolierte sehr große Vegetationen (> 15 mm)* Dringend IIb C
*Chirurgische Therapie sollte bevorzugt werden, wenn bei dem Eingriff die native Klappeerhalten werden kann.
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Infektiöse Endokarditis 22
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Herzklappenersatz• Mechanisch (Künstlich) (Alloplastisch)• Biologisch (Xenoplastisch)• Vom Menschen (Homograft)• Eigene Herzklappen (Autograft)
Operative Therapieoptionen 23
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Operative Therapieoptionen 24
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Aufbau: • Herstellung aus Titan und/oder Pyrolyt/Carbonlegierung• Äußerer Ring: synthetisches Gewebe: Dacron/Teflon
(Gefäßprothesenmaterial)• Drehbarkeit der Klappenöffnung (Flügel – Disci: ein- oder
zweiflüglig)• Radiopaque• Silastikball (heute nur noch sehr selten!)
Mechanische Herzklappen 25
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Mechanische Herzklappen 26
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Mechanische Herzklappen 27
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• Sehr lange Funktionssicherheit• Geringeres Re-OP-Risiko• Immer implantierbar
• Antikoagulation (Marcumar lebenslang) erforderlich
• Klappengeräusch• Hausarzt • „3. Welt“• Notfall/Schwangerschaft• Blutungen – Hämolyse• Prothesenendokarditis• Klappenausriss• Fehlfunktion (Pannus,
Metallbruch)
Mechanische Herzklappen – Vor- und Nachteile 28
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Mechanische Herzklappen – Vor- und Nachteile 29
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Aufbau:
Biologische Herzklappen 30
Gerüst-(stent)Prothesen: Gerüstfreie (stentless-) Prothesenbiologisches Herzbeutelgewebe (Pericard) auf Kunstgerüst
SchweineherzklappenRinderherzklappen
1. Gerüst aus synthetischem Material(Polypropylene oder Delrin Stent)
2. Nahtring: Silikon-Kautschukmit gewebtem Dacron
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• Organspende• Autograft:
a) menschliche Pulmonalklappeb) menschlicher Herzbeutel
• Valve Conduit
Homografts/Autografts 31
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• Keine Antikoagulation notwendig
• Kein Klappengeräusch• Keine „Abhängigkeit“ vom
Hausarzt• Schwangerschaft „normal“
möglich
• Sehr empfindlich (Lagerung, Implantation, Infektion)
• Hoher Klappengradient bei kleinen Prothesen
• Klappenendokarditis/ Thrombembolierate
ca. 1 %/Jahr• Re-OP oft unumgänglich,
deutlich erhöhtes OP-Risiko• Nicht unbegrenzte
Funktionstüchtigkeit (bis 20 Jahre?!)
Biologische Herzklappen – Vor- und Nachteile 32
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Herzklappenersatz 33
Die Qual der Wahl
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Auswahl der Klappenprothese:• Allgemein:
• Wahl im Gespräch Patient/Arzt• Keine grundsätzlich geltende Regel• „Klappentypphilosophie“
Herzklappenersatz 34
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Faktoren, welche die Auswahl der Herzklappe mitbestimmen sind:• Was ist der persönliche Wunsch des Patienten?• Wie alt ist der Patient? - Welche Compliance hat der Patient?• Bestehen andere Gründe (z. B. Herzrhythmusstörungen/wie
Vorhofflimmern) die sowieso eine Blutverdünnung erfordern?• Sind Begleiterkrankungen vorhanden, die eine Blutverdünnung nicht
erlauben?• Besteht Kinderwunsch bei Frauen im gebärfähigen Alter?• Wie sind die Lebensgewohnheiten des Patienten?• Ist der Patient dialysepflichtig?• Gibt es Unverträglichkeiten bei der Einnahme blutverdünnender
Medikamente?• Wie ist die Art und die Schwere der Erkrankung?• Lebt der Patient in einem Umfeld, dass die regelmäßige Einnahme der
gerinnungshemmenden Medikamente gewährleistet?
Herzklappenersatz 35
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Nachsorge 36
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• Endokarditisprophylaxe bei Patienten• Nach Klappenersatz• Z.n. bakterieller Endokarditis• Bestimmten Herzfehlern• Bestimmten Herzerkrankungen
• Durchzuführen bei:• Zahnärztlichen Eingriffen mit Blutungsgefahr• HNO-Eingriffen mit Blutungsgefahr• Chirurgischen Eingriffen• Langandauernden Herzkathetereingriffen (z.B.
Klappenrekonstrutionen)
Nachsorge 37
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