Fakultät Gesundheitswesen
Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen
–
Erstellung eines Leitfadens
für die Entwicklung und Implementierung eines praxisorien-
tierten Qualitätsmanagementsystems für den
Ärztlichen Leiter Rettungsdienst
Bachelorarbeit
zur Erlangung des Grades „Bachelor of Arts“ (B.A.)
Erstprüferin: Prof. Dr. med. K. Haenel
Zweitprüfer: Prof. Dr. rer. pol. T. Fleige
Name, Vorname: Ksionsko, Sabine
Matrikelnummer: 30996238
Semesteranschrift: Buchenkamp 11
38126 Braunschweig
Braunschweig, den 28.07.2012
I
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis……………………………………………………………………………………II
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis..………………..…………………………………………III
1 EINLEITUNG .................................................................................................................. 1
1.1 THEMATISIERUNG DER BACHELORARBEIT ............................................................................. 1
1.2 AUFBAU ....................................................................................................................... 3
2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN....................................................................................... 4
2.1 QUALITÄT (QUALITY) ....................................................................................................... 4
2.2 QUALITÄTSMANAGEMENT (QUALITY MANAGEMENT) ............................................................. 5
2.3 INTEGRIERTES MANAGEMENTSYSTEM (INTEGRATED MANAGEMENT SYSTEM).............................. 8
2.4 QUALITÄTSMANAGEMENTHANDBUCH (QUALITY MANUAL) ...................................................... 9
2.5 RETTUNGSDIENST ......................................................................................................... 10
2.6 ÄRZTLICHER LEITER RETTUNGSDIENST ............................................................................... 11
2.7 QUALITÄTSMANAGEMENT IM GESUNDHEITSWESEN ............................................................. 12
2.7.1 Entwicklung des Qualitätsmanagements ............................................................ 13
2.7.2 Nutzen und Ziele des Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen .................. 14
2.7.3 Qualitätsdimensionen ......................................................................................... 18
2.7.4 Gesetzliche Grundlagen....................................................................................... 19
2.7.5 Ausblick und Neuerungen .................................................................................... 21
2.7.6 Qualitätsmanagement in der Notfallmedizin ...................................................... 22
3 PROJEKT: ERSTELLUNG EINES LEITFADENS FÜR DIE ENTWICKLUNG UND
IMPLEMENTIERUNG EINES ERFOLGREICHEN UND PROZESSORIENTIERTEN
QUALITÄTSMANAGEMENTSYSTEMS FÜR DEN ÄRZTLICHEN LEITER RETTUNGSDIENST ........ 30
3.1 PROJEKTBESCHREIBUNG ................................................................................................. 30
3.1.1 Die Einrichtung des Projektes .............................................................................. 30
3.1.2 Initiierung ............................................................................................................ 31
3.1.3 Planung ............................................................................................................... 34
3.1.4 Projektcontrolling ................................................................................................ 42
3.1.5 Projektabschluss .................................................................................................. 43
3.2 WESENTLICHE ERKENNTNISSE AUS DER ERSTELLUNG EINES LEITFADENS ................................... 44
3.2.1 Bedeutung des Begriffes Leitfaden ...................................................................... 44
3.2.2 Erstellung eines Anforderungsprofil .................................................................... 45
3.2.3 Projektmanagement - Auswahl eines geeigneten Managementinstruments zur
Erstellung eines Leitfadens .................................................................................. 45
3.2.4 Bedeutung von Bewertungskriterien ................................................................... 47
4 DISKUSSION ................................................................................................................ 48
4.1 NUTZEN EINES PRAXISORIENTIERTEN QMS FÜR DEN ÄRZTLICHEN LEITER RETTUNGSDIENST ......... 49
4.2 KRITIK AM QUALITÄTSMANAGEMENT IM GESUNDHEITSWESEN .............................................. 53
4.3 GRENZEN DES QUALITÄTSMANAGEMENT ........................................................................... 54
4.4 KRITISCHE ZUSAMMENFASSUNG ...................................................................................... 55
5 FAZIT ........................................................................................................................... 56
6 LITERATURVERZEICHNIS: ............................................................................................. 58
II
ANHANG ............................................................................................................................. 63
ANHANG I: STELLUNGNAHME DR. MED. PATRICK JUNG ...................................................... 63
ANHANG II: STELLUNGNAHME DES DEUTSCHEN BERUFSVERBANDES
RETTUNGSDIENST E.V. .......... 65
ANHANG III: INTERVIEW MIT PROF. DR. RUNGGALDIER (VERÖFFENTLICHT IM INTERNET:
WWW.RETTUNGSDIENST.DE, 2010) .................................................................................... 68
ANHANG IV: BALKENDIAGRAMM ........................................................................................ 67
ANHANG V: NETZPLAN DES PROJEKTES ............................................................................... 69
ANHANG VI: ERKLÄRUNGEN ZUM NETZPLAN ...................................................................... 70
EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG .......................................................................................... 71
III
Abkürzungsverzeichnis
ÄLRD Ärztlicher Leiter Rettungsdienst
BÄK Bundesärztekammer
DBRD Deutscher Berufsverband Rettungsdienst e.V.
DIN Deutsche Industrienorm
DRG Diagnoses related groups
EbM Evidence-based Medicine
EN Europäische Norm
EU Europäische Union
GKV Gesetzliche Krankenversicherung
GMDS Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie
und Epidemiologie e.V.
Hrsg. Herausgeber
ISO Internationale Norm (International Organization for
Standardization)
KGV Krankenversicherungsgesetz
KH Krankenhaus
KTQ Kooperation für Transparenz und Qualität im
Gesundheitswesen
Mio. Millionen
MPG Medizinproduktegesetz
NRettDG Niedersächsisches Rettungsdienst Gesetz
OHSAS Occupational Health and Safety Assessment Series
ÖNORM Österreichische Norm
PDCA Plan-Do-Check-Act
PORM Prozessorientiertes Risikomanagement
PQM Prozessorientiertes Qualitätsmanagement
PSP Projektstrukturplan
QM Qualitätsmanagement
QMH Qualitätsmanagementhandbuch
QMS Qualitätsmanagementsystem
RD Rettungsdienst
RA Rettungsassistent
RS Rettungssanitäter
RTW Rettungswagen
SGB Sozialgesetzbuch
USA United States of America
z.B. zum Beispiel
ZEK Zwischenfälle, Ergebnisse und Komplikationen
ZQ Zentrum für Qualität und Management im Gesundheitswesen,
Einrichtung der Ärztekammer Niedersachsen
IV
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Elemente des QM nach Dr. phil. Brigitte Sens, Zentrum
für Qualität und Management im Gesundheitswesen
Abbildung 2: Entwicklung der Notfallstruktur nach Einsatzanlass und
Umfang der Notarztbeteiligung in Deutschland von
1985-2001
Abbildung 3: Vergleichende Darstellung unterschiedlicher Risiken
durch Punkte in der Matrix
Abbildung 4: Projektstrukturplan
Abbildung 5: Ampelcontrolling
Tabelle 1: Anspruchsgruppen an das Projekt
1
1 Einleitung
1.1 Thematisierung der Bachelorarbeit
Plakative Nachrichten lauteten:
„Tod einer Schwangeren in Witten - Kam der Notarzt zu spät?“1
„Rettungswagen kippt nach Unfall um – 4 Verletzte“2
„Rettungswagen fehlgeleitet – Patientin tot“3
Qualität wird in der Notfallmedizin und der Medizin generell vorausgesetzt.
Niemand ruft gerne den Rettungsdienst. Rückt er aber an, werden extrem
hohe Erwartungen mit dem bestmöglichen Outcome für den Patienten4 ge-
stellt. Gerade deshalb muss eine Lösung gefunden werden, um Fehler zu ver-
meiden und eine hohe Qualität zu sichern.
Fehler und Pannen entstehen überall dort, wo Menschen arbeiten.5 In der
präklinischen Notfallmedizin können z.B. Fehldispositionen der Rettungsmittel
durch die Leitstellendisponenten zu einer Nicht-Einhaltung der Hilfsfristen
führen, lange Arbeitszeiten der Mitarbeiter Übermüdungen und ggf. Konzent-
rationsschwächen bewirken und Kommunikationsprobleme können, aufgrund
der Vielzahl von Schnittstellen in der Notfallmedizin, schnell schwerwiegende
Komplikationen auslösen (z.B. Fehlmedikation, falsche bzw. unzureichende
Therapie).
Erschwerend zu diesen Problematiken muss sich die Notfallmedizin in Zukunft
den folgenden Herausforderungen stellen: dem demographischen Wandel,
der Kostenexplosion im Gesundheitswesen, dem Wandel des medizinischen
Spektrums („Der Notarzt mutiert zum Hausarzt“) und den Änderungen der
Personenstrukturen im Gesundheitswesen („Gehen dem deutschen Gesund-
1 Vgl. www.derwesten.de
2 Vgl. www.bz-berlin.de
3 Vgl. www.localxxl.com
4 Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung,
wie z.B. Patient/Innen, im gesamten Text verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung für beide Geschlechter. 5 Vgl. Crusius, A.: Statement zur Pressekonferenz der Bundesärztekammer „Fehlerhäufig-
keiten und Fehlerursachen in der Medizin“ am 19. Juni 2012 in Berlin, Stand: 19.6.2012 (Internet)
2
heitswesen die Ärzte aus?“6). Ebenso muss die bestehende Heterogenität ab-
gebaut werden.
Eine Umverteilung bzw. Steigerung des Etats für die Rettungsmedizin, ein
bundeseinheitliches Qualitätsmanagementsystem bzw. Qualitätsmanage-
menthandbuch, eine Vereinheitlichung der Rettungsdienstausbildung („Not-
fallsanitäter löst den Rettungsassistenten ab!“7) sowie der Gesetzgebung und
generell der Versorgungsqualität („Deutschland ist ein notfallmedizinisches
Entwicklungsland“8 ) können entscheidend zur Qualitätssicherung bzw. –
steigerung beitragen. Neben einer qualitativen und quantitativen Anzahl an
geeignetem Personal und der Einhaltung und Einführung von Arbeitszeitenre-
gelungen (explizit für Notärzte), würde eine Einstiegsuntersuchung (psychisch
und physisch) als auch die Sicherstellung der geeigneten Anzahl an Rettungs-
mitteln bzw. Rettungsdienst- und Notarztstandorten entscheidend dazu bei-
tragen, die hohen Anforderungen an die Qualität der rettungsmedizinischen
Versorgung zu erfüllen.
Die vorliegende Bachelorarbeit bezieht sich auf den Aspekt der Qualitätssiche-
rung durch die Einführung bzw. Weiterentwicklung eines (bundeseinheitli-
ches) Qualitätsmanagementsystem bzw. –handbuch in der präklinischen Not-
fallmedizin. Hauptanspruchsgruppe ist hierbei der Ärztliche Leiter Rettungs-
dienst (ÄLRD).
Auf dieser Basis ergibt sich die folgende Bachelorthesis:
Ein Rettungsdienstbereich ist nur dann erfolgreich, wenn ein praxis- und
prozessorientiertes Qualitätsmanagementsystem vorhanden ist und dieses
kontinuierlich gelebt und weiterentwickelt wird.
6 Vgl. Bundesärztekammer (Hrsg.): Ergebnisse der Ärztestatistik zum 31. Dezember 2001,
Gehen dem deutschen Gesundheitswesen die Ärzte aus?, (Internet) 7 Vgl. www.presseportal.de
8 Vgl. www.skverlag.de
3
1.2 Aufbau
Im Hinblick auf die verschiedenartige Verwendung und Definition des Quali-
tätsbegriffs, wird anfänglich (Kapitel 2) eine theoretische Grundlage der
Begriffe Qualität, Qualitätsmanagement, integriertes Managementsystem und
Qualitätsmanagementhandbuch (auf Basis der DIN EN ISO-Reihe), Rettungs-
dienst und Ärztlicher Leiter Rettungsdienst gegeben. Diese Begriffsklärung soll
eine einheitliche sprachliche Regelung bewirken und ist elementar für eine
einheitliche Verständigung.
Die Thematik Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung wird in
Kapitel 2.7 dargelegt. Dieses Kapitel beinhaltet neben der Entwicklung (2.7.1),
dem Nutzen sowie den Zielen des Qualitäts-managements im Gesundheitswe-
sen, den Qualitätsdimensionen und gesetzlichen Grundlagen (2.7.4) auch ei-
nen Ausblick bezüglich Neuerungen und Entwicklungen im Bereich des Quali-
tätsmanagements. Abschließend wird die Thematik fokussiert auf das QM in
der Notfallmedizin (2.8).
Kernstück dieser Arbeit bildet der praktische Projektteil (Kapitel 3). Dieser
Hauptteil beinhaltet die Definition des Begriffes „Leitfaden“ und dessen
Bedeutung, das methodische Vorgehen bei der Erstellung eines Leitfadens
(3.2) als Instrument der Qualitätssicherung in der Notfallmedizin und
beschreibt die Einrichtung, in der das Projekt entstanden und durchgeführt
wurde.
Im vorletzten Gliederungspunkt (Kapitel 4) wird diskutierend auf den Nutzen
und die Notwendigkeit eines praxisorientierten Qualitätsmanagementsystems
in der präklinischen Notfallmedizin eingegangen. Stellungnahmen und
Aussagen unterstützen dabei die aufgestellte These der Bachelorarbeit.
Abschließend werden die Grenzen des Qualitätsmanagements aufgezeigt und
es erfolgt ein Ausblick und Resümee der gesamten Arbeit.
4
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Qualität (quality)
Qualität wird abgeleitet von dem lateinischen Begriff „qualitas“ und bedeutet
Beschaffenheit, Eigenschaft. Zudem bezieht sich der Qualitätsbegriff auf das
lateinische Wort „qualis“, das nach der Art und Weise der Beschaffenheit
fragt.9
Der Qualitätsbegriff wird durchaus uneinheitlich benutzt.10 Daher gibt es eine
breite Vielfalt an Definitionen und Verwendungen. Generell hat sich der DIN
EN ISO Begriff etabliert und durchgesetzt. 11 Die Erfüllung der jeweils
individuellen Anforderungen steht im Mittelpunkt. Dabei obliegt es jeder
Organisation selbst, ihr Anforderungsprofil zu spezifizieren.12
Nachfolgend ist die DIN EN ISO Originaldefinition dargestellt:
„Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt“.13
„Inhärentes Merkmal“ bedeutet Qualitätsmerkmal und beschreibt damit die
essentiellen Erfordernisse für Qualität (z.B. Einhaltung der Hilfsfristen).14
Verständlicher wird es, wenn es folgendermaßen formuliert wird:
„Grad, in dem Qualitätsmerkmale eines Produktes oder einer Dienstleistung
Anforderungen erfüllen.“15
Qualität ist somit ein Erfüllungsgrad festgelegter (z.B. Qualitätsziele,
Integrierte Behandlungspfade, Verfahrens-/Arbeitsanweisungen), üblicher-
weise auch vorausgesetzter (z.B. Patientenorientierung, Fachkenntnis, Risiko-
beherrschung, Behandlungsergebnis) und verpflichtender (z.B. SGB V, MPG,
Arbeitszeitgesetz, Richtlinien) Anforderungen.16
9 Vgl. Bibliographisches Institut GmbH, Stand: 15.März 2012 (Internet)
10 Vgl. Gongolsky, M.: Qualität im Rettungsdienst (Internet)
11 Vgl. Kamiske, G.F., Brauer, J.-P.: QM von A bis Z, 2011, S. 176
12 Vgl. Ksionsko, S, et al (2012): Leitfaden für den ÄLRD, 2012, S. 2, Stand: Juni 2012
13 Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN EN ISO 9000:2005, Nr. 3.1.1
14 Vgl. Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements, 2007, S. 3-4
15 Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements, 2007, S. 3
16 Vgl. Sens, Dr. B.; Grundkurs „Qualitätsmanagement“: Begriffe, Konzepte und Modelle des
Qualitätsmanagements, Vortrag, 2011
5
Bezieht man Qualität auf das Gesundheitssystem, lassen sich in der Literatur
zahleiche weitere Definitionen und Formulierungen finden.17 Vorreiter der
gesundheitsbezogenen Definitionen und der Revolution im Gesundheitswesen
hinsichtlich der Qualitätssicherung (Beurteilung und Rechenschaftslegung)
waren England und die USA.18 Der amerikanische Mediziner Donabedian
definierte Qualität in der Gesundheitsversorgung vor knapp 50 Jahren wie
folgt:
„Quality of care is the extent to which actual care is in conformity with preset
criteria for good care.“19
Schon damals wurde Qualität als Grad der Konformität („extent”)
beschrieben, der zwischen einer Dienstleistung („actual care“) und den
Anforderungen („preset criteria for good care“) besteht. Diese Aussage
bildete die Basis für die DIN EN ISO und entspricht der Aktualität der
DIN EN ISO 9000:2005.20
2.2 Qualitätsmanagement (quality management)
Qualitätsmanagement ist ein durchgängiges Instrument erfolgreicher Unter-
nehmensführung.21 Gegenüber der Definition der DIN EN ISO-Norm hinsicht-
lich des Qualitätsbegriffes, ist der Begriff Qualitätsmanagement vergleichs-
weise einfach definiert: „Aufeinander abgestimmte Tätigkeiten zum Leiten
und Lenken einer Organisation (3.3.1) bezüglich Qualität (3.1.1).“22
Die Begriffe Leiten und Lenken meinen im Qualitätsmanagement üblicher-
weise das Festlegen der Qualitätspolitik und der Qualitätsziele sowie die
Planung, die Lenkung, die Sicherung und die Verbesserung der Qualität.23
17
Vgl. Gongolsky, M.: Qualität im Rettungsdienst (Internet) 18
Vgl. Klemperer, D.: Qualitätssicherung: Vorreiter England und USA, 2001, S. 14-15 19
Zitiert nach Reerink (1990), S.200 20
Vgl. Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements, 2007, S.3-4 21
Vgl. Wagner, K. W., Käfer, R.: PQM - Prozessorientiertes QM, 2010, S. 37-38 22
Deutsches Institut für Normung e.V. (Hrsg.): DIN EN ISO 9000:2005, Nr. 3.2.8 23
Vgl. Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements, 2007, S.44
6
Abbildung 1: Elemente des QM nach Dr. phil. Brigitte Sens
Die Abbildung 1 zeigt, dass die Elemente des Qualitätsmanagement dabei
kaskadenartig aufgebaut werden können.
Die DIN EN ISO 9000:2005 beschreibt Qualitätspolitik als „übergeordnete
Absichten und Ausrichtung einer Organisation zur Qualität, formell aus-
gedrückt durch die oberste Leitung.“24 Ein Unternehmen kann die Qualitäts-
politik z.B. durch eine Vision, ein Statement oder einen Text darstellen.25 Da
eine Einführung von Qualitätsmanagement stets strategische Ziele verfolgt, ist
von wesentlicher Bedeutung, dass die Qualitätspolitik auf die Gesamtstrategie
der Organisation ausgerichtet ist und die Ziele nachhaltig begünstigt.26 Häufig
wird ein prägnantes und gezielt auf die Organisation bzw. den Rettungs-
dienstbereich zugeschnittenes Leitbild erstellt, welches ggf. durch ein Leit-
motto (z.B. Malteser Hilfsdienst: „Qualität rettet Leben!“27, Johanniter Unfall-
hilfe „Aus Liebe zum Leben“28) ergänzt werden kann.29
Die Qualitätsplanung steht für den Teil des Qualitätsmanagements, der ausge-
richtet ist auf die Festlegung der Qualitätsziele und der damit notwendigen
Ausführungsprozesse. Miteinbezogen werden die Ressourcen, die zur
Umsetzung der Qualitätsziele benötigt werden. 30 Die Qualitätsplanung
beginnt daher mit der Identifikation der Kundenanforderungen und umfasst
24
Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN EN ISO 9000:2005, 3.2.4 25
Vgl. Wagner, K. W.,Brunner, F.J.: Taschenbuch Qualitätsmanagement, 2008, S.58-59 26
Vgl. Anmerkung a zur Qualitätspolitik, DIN EN ISO 9000:2005, 3.2.4 27
http:///www.malteser.de 28
http://www.johanniter.de 29
Vgl. Ksionsko, S. et al.: Leitfaden für den ÄLRD, 2012, S.4, Stand: Juni 2012 30
Vgl. Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN EN ISO 9000:2005, 3.2.9
7
neben den kurz- und mittelfristigen Unternehmenszielen (z.B. Leistungs-
menge, Personalressourcen, Hilfsfristen, Kooperationen) auch die zur Ziel-
erreichung erforderlichen Maßnahmen (z.B. Verantwortlichkeiten, Prozess-
organisation).31
Die Qualitätslenkung bezieht sich auf die Erfüllung der Qualitäts-
anforderungen und stellt damit sicher, dass die festgelegten Ziele erreicht
werden. 32 Wie in einem „Qualitätscontrolling“ werden u.a. Qualitäts-
sicherungsdaten, Leistungsmengen, Prozesskennzahlen und Routinedaten
herangezogen.33
Die DIN EN ISO definiert Qualitätssicherung als „Teil des Qualitäts-
managements, der auf das Erzeugen von Vertrauen darauf gerichtet ist, dass
Qualitätsanforderungen erfüllt werden.“34 Qualitätssicherung kann also, wie in
Abbildung 1 dargestellt, als Qualitätszusicherung verstanden werden und
beinhaltet z.B. eine Zertifizierung, die Erfassung von Fehlern, Qualitätsberich-
te und Transparenz über das Leistungsgeschehen nach außen.35
Qualitätsverbesserung ist das eigentliche Ziel des Qualitätsmanagement-
prinzips: Bessere Qualität, erhöhte Wirtschaftlichkeit und mehr Patienten-
sicherheit stellen messbare Verbesserungen dar.36 Diese Messgrößen können
durch Kennzahlen (Balanced Scorecard) oder durch den Grad der Ziel-
erreichung erhoben werden.37
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mit der Qualitätspolitik und der
Qualitätsplanung die Ziele einer Organisation erarbeitet werden (Plan). Diese
müssen umgesetzt und gesteuert werden (Do). Anschließend erfolgt die
Überprüfung der Ergebnisse zu den definierten Zielen mit einer ggf.
korrigierenden Maßnahme (Check), um danach wieder neue Ziele zu setzen,
umzusteuern und/oder korrigierend anzupassen, um so die Qualität der
31
Vgl. Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements, 2007, S.48 32
Vgl. Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN EN ISO 9000:2005, 3.2.10 33
Vgl. Wagner, K. W.,Brunner, F.J.: Taschenbuch Qualitätsmanagement, 2008, S.163 34
Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN EN ISO 9000:2005, 3.2.11 35
Vgl. Kamiske, G. F., Umbreit, G.: Qualitätsmanagement,2008, S.30 36
Vgl. Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements, 2007, S.50 37
Vgl. Wagner, K. W.,Brunner, F.J.: Taschenbuch Qualitätsmanagement, 2008, S.55
8
Versorgungsleistung sicher zu stellen und langfristig zu verbessern (Act).38
Diese fünf voneinander abhängigen Elemente beschreiben das Qualitäts-
management im Bezug auf die Systematik des PDCA-Zyklus39.40
2.3 Integriertes Managementsystem (integrated management system)
Um alle Facetten der Unternehmensführung in einem ganzheitlichen
Managementansatz zu vereinen, das isolierte Nebeneinander verschiedener
Managementsysteme aufzulösen und Synergieeffekte erzielen zu können,
wird aktuell ein integrierter Ansatz verfolgt.41
Ein integriertes Managementsystem ist gekennzeichnet durch eine Kombi-
nation von standardisierten Modellen42:
DIN EN ISO 9000ff. (für Qualitätsmanagement),
DIN EN ISO 14001:2005 (für Umweltmanagement),
OHSAS 18001 Occupational Health and Safety Assessment Series
(für Gesundheits- und Arbeitsschutzmanagement) und z.B.
Hygienemanagement,
Krisenmanagement,
Risikomanagement und das
Finanzmanagement.
Die GMDS-Arbeitsgruppe „Qualitätssicherung in der Medizin“ 2006 definiert,
angelehnt an die DIN EN ISO 9000:2005, 3.2.2, ein integriertes Management-
system als „Managementsystem zum Leiten und Lenken einer Organisation
bezüglich der Qualität, des Umweltschutzes, des Arbeitsschutzes und weiterer
Komponenten“43.
Besonders in Einrichtungen des Gesundheitswesens unterstützt ein
integriertes Managementsystem mittels konsequenter und kontinuierlicher
38
vgl. GMDS AG in der Medizin, 2008, S.38 39
Deming W.E. (1986): Out of crisis 40
Vgl. Wagner, K. W.,Brunner, F.J.: Taschenbuch Qualitätsmanagement, 2008, S.258 41
Vgl. Jahnes, S., Schüttelhelm, T. (Hrsg.): Praxishandbuch Integrierte Managementsysteme, Stand: März 2005, S.14ff. 42
Vgl. Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements, 2007, S.59 43
Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements, 2007, S.59
9
Prozessoptimierung eine zukunftsfähige Ausrichtung der Organisation. 44
Nebeneinander bestehende Managementsysteme sollten im Rahmen eines
umfassenden Systemdenkens unbedingt vermieden werden.45
2.4 Qualitätsmanagementhandbuch (quality manual)
Ein Qualitätsmanagementhandbuch (QMH) ist ein „Dokument, in dem das
Qualitätsmanagement einer Organisation festgelegt ist“46. Dabei können
Handbücher hinsichtlich der Detaillierung und dem Format variieren. Diese
Grundlage ermöglicht eine individuelle Anpassung des QMH an die Größe und
Komplexität der Organisation.47
Bei der Erstellung eines Handbuches legt die Organisation Bereiche fest, in
denen das QM gelten soll und welche Zuständigkeiten und Verantwortlich-
keiten gegeben sind.48 Im Rahmen einer Zertifizierung fordert die DIN EN ISO
9001:2000, 4.2.2 das Folgende:
„Die Organisation muss ein Qualitätsmanagementhandbuch erstellen und auf-
rechterhalten, das Folgendes erhält:
a) den Anwendungsbereich des Qualitätsmanagementsystems einschließ-
lich Einzelheiten und Begründungen für jegliche Ausschlüsse,
b) die für das Qualitätsmanagementsystem erstellten dokumentierten
Verfahren und Verweise darauf und
c) eine Beschreibung der Wechselwirkungen der Prozesse des Qualitäts-
managementsystems.“49
In dem QMH einer Organisation wird hinterlegt, welche Prozeduren und
Verfahren für die Leistungserstellung anzuwenden sind. Zudem werden die
Wechselwirkungen und Schnittstellen der Prozesse definiert. 50 Große
Bedeutung kommt der kontinuierlichen Aufrechterhaltung und Weiterent-
wicklung des QMS zu.
44
Vgl. Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements, 2007, S.60 45
Vgl. Ebd, 2007, S.60 46
Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN EN ISO 9000:2005, 3.7.4 47
Vgl. Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements, 2007, S.53f. 48
Vgl. Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements, 2007, S.53 49
Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN EN ISO 9001:2000, 4.2.2 50
Vgl. Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements, 2007, S.53
10
Somit beschreibt ein QMH den Ist-Zustand der Organisation, welches eine
wesentliche Grundlage für Bewertungen (Selbst- und Fremdbewertung, Audit,
etc.) und Zertifizierungen bildet.51
2.5 Rettungsdienst
Neben der ersten Hilfe und der Versorgung im Krankenhaus ist der Rettungs-
dienst ein wesentlicher Bestandteil des Rettungswesens in Deutschland.52
Der Rettungsdienst hat sich von den im 18./19. Jahrhundert tätigen Kranken-
trägern hin zu mehreren Erscheinungsformen gewandelt.53 Beispiele dafür
sind:
Notfallrettungsdienst,
Luftrettungsdienst,
qualifizierter Krankentransport,
Interhospitaltransfer von Intensivpatienten,
Vorkehrungen bei Großschadenslagen und z.B. die
Seenotrettung und Höhenrettung.
Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich der Rettungsdienst von
einer reinen Transporttätigkeit zu einer medizinischen Dienstleistung
entwickelt, wenngleich dieser Sachverhalt noch nicht vollständig anerkannt
und verstanden wurde.54
Die Tatsache, dass bei eben dieser Dienstleistung die Medizin im Mittelpunkt
steht, bedeutet, dass der Rettungsdienst unter ärztlicher Kontrolle durch-
geführt werden muss. Es gilt sicherzustellen, dass die Qualität der Patienten-
versorgung den anerkannten und aktuellen Regelungen und Vorgaben der
Medizin entspricht.55
Aufgrund der verschiedenartigen Benutzung des Begriffes und der unter-
schiedlichen Tätigkeitsfelder in den Erscheinungsformen, wird im Folgenden
unter „Rettungsdienst“ oder „präklinischer Notfallmedizin“ der allumfassende 51
Vgl. Ksionsko, S. et al.: Leitfaden für den ÄLRD, 2012, S.10, Stand: Juni 2012 52
Vgl. Kreimeier,U., Arntz, H.-R.: Qualitätsmanagement in der Notfallmedizin, 2011, S.347 53
Vgl. Hellmich, C.: QM und Zertifizierung im RD, 2010, S.6ff. 54
Vgl. Hellmich, C.: QM und Zertifizierung im RD, 2010, Vorwort 55
Vgl. Sinn der Empfehlung der BÄK zum Ärztlichen Leiter Rettungsdienst, 2006
11
Begriff verstanden. Dieser Begriff meint damit den Einsatz von Rettungs-
wagen, genauso wie den eines Rettungshubschraubers oder eines Kranken-
transportwagens.
2.6 Ärztlicher Leiter Rettungsdienst
Laut einer Empfehlung der Bundesärztekammer wird der „Ärztliche Leiter
Rettungsdienst (ÄLRD)“ definiert als „ein im Rettungsdienst tätiger Arzt, der
auf regionaler bzw. überregionaler Ebene die medizinische Kontrolle über den
Rettungsdienst wahrnimmt und für die Effektivität und Effizienz der prä-
klinischen notfallmedizinischen Patientenversorgung und –betreuung
verantwortlich ist.“ 56
Die Aufgaben des ÄLRD sind vielfältig. Der ÄLRD ist für das Qualitätsmanage-
ment der ärztlichen und nicht-ärztlichen Patientenversorgung und –betreuung
verantwortlich. Hierzu legt er die erforderlichen Grundsätze und Algorithmen
fest und wirkt daran mit, dass die notwendigen rettungsdienstlichen
Strukturen aufgebaut sind. Bedeutsam ist dabei, dass die Prozessabläufe
durchgehend sach-, zeit- und bedarfsgerecht erbracht werden.57
Das Aufgabenspektrum umfasst z.B58.:
Festlegung der medizinischen Behandlungs- und Versorgungs-
richtlinien (Algorithmen),
pharmakologische und medizintechnische Ausrüstung und Ausstattung
der Rettungsmittel,
Qualitätssicherung (z.B. Dokumentationsinstrumente, Methoden-
auswahl für die Datenanalyse und deren Bewertung, Entwicklung von
Korrekturmaßnahmen),
Aus-/Fortbildungen (z.B. Richtlinienkompetenz für die notfall-
medizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für das nicht-ärztliche
Rettungsdienstpersonal),
56
Empfehlung der BÄK zum Ärztlichen Leiter Rettungsdienst, 2006 57
Empfehlung der BÄK zum Ärztlichen Leiter Rettungsdienst, 2006 58
Vgl. Empfehlung der BÄK zum Ärztlichen Leiter Rettungsdienst, 2006
12
Arbeitsmedizin und Hygiene (z.B. Einsatztauglichkeitskriterien
entwickeln und anwenden, Mitwirkung bei der Auswahl geeigneter
Schutzkleidung, Überwachung und Einhaltung der Hygiene-
vorschriften) und
Gremienarbeit (Vertretung des Rettungsdienstträgers in medizinischen
Fragen in regionalen und überregionalen Gremien).
Der ÄLRD arbeitet kooperativ mit nicht-ärztlichen Führungskräften sowie
anderen im Rettungsdienst tätigen Ärzten (z.B. Ärztlicher Leiter Notarztstand-
ort) zusammen.
Die Notwendigkeit der kontinuierlichen Einbindung eines Arztes in das QM
des Rettungsdienstes ergibt sich u.a. aus der gesetzlichen Festlegung des
SGB V zur Qualitätssicherung. Dieses bedeutet, dass eine Kontrolle der
ökonomischen Effizienz und der medizinischen Effektivität bei der Einsatz-
planung und –abwicklung des Rettungsdienstes unverzichtbar ist.59
2.7 Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen
Das Gesundheitswesen in Deutschland unterliegt einem kontinuierlichen
Strukturwandel, welcher besonders in den letzten Jahren an Bedeutung
gewonnen hat. 60 Veränderungen lassen sich neben dem Bereich der
Professionen, in den Organisationen und Einrichtungen der Gesundheits-
versorgung selbst und auch bei den Patienten und Konsumenten von
Gesundheitsdienstleistungen erkennen.61
Neue Methoden und Fachbegriffe wie Verantwortung (Accountability),
Leitlinien, integrierte Behandlungspfade, Management und Leitung sind an
dieser Stelle zu erwähnen. Neben der evidenzbasierten Medizin stellen auch
Prozessoptimierungen, Organisationsentwicklung und standardisierte Ver-
fahren (z.B. Erstellung von Algorithmen, Leitlinienentwicklung) essentielle
Themen des Qualitätsmanagements dar.62
59
Vgl. Sinn der Empfehlung der BÄK zum Ärztlichen Leiter Rettungsdienst, 2006 60
Vgl. Sibbel, R., Fischer, A.: Der Patient als Kunde und Konsument, 2011, S.187 61
Vgl. Kölking, H.: DRG u. Strukturwandel in der deutschen Gesundheitswirtschaft, 2007, S.21 62
Vgl. Lauterbach, K. W., Lüningen, M., Schrappe, M.: Gesundheitsökonomie, Management und Evidence-based Medicine, 2010, S.279
13
Diese Thematiken sind Kerninhalt der aktuellen Diskussionen zur optimalen
Gestaltung und Organisation von Gesundheitsdienstleistungen.63
2.7.1 Entwicklung des Qualitätsmanagements
In den 1970er Jahren setzte sich das deutsche Gesundheitswesen zunehmend
mit dem Schlagwort „Rationalisierung“ in der Gesundheitsökonomie ausei-
nander. Die Gesellschaft entwickelte die Erwartungshaltung, dass die Mittel,
die für das Gesundheitswesen eingesetzt werden, auch effektiv und effizient
verwendet werden müssen. Diese Entwicklung führte zu einer Outcome-
Perspektive mit der zentralen Frage: „Was kommt auch wirklich bei den Pati-
enten an?“. Zusammengefasst wurde dieses in der Begrifflichkeit „Angemes-
senheit von Verfahren“ und führte zu einer großen Entwicklungslinie des
deutschen Gesundheitswesens.64
Das Thema Qualität wurde daher im Zuge von gesundheitspolitischen
Diskussionen und gesellschaftlicher Themen (z.B. Änderung der Patienten-
rolle, Betonung der Konsumentensouveränität, verbesserter Zugang zu
medizinischen Dienstleistungen) auf die Agenda gesetzt. Daraus resultierend
haben auch die Anforderungen an die externe Qualitätssicherung, das interne
QMS und die Qualitätsindikatoren deutlich zugenommen.65
Zugleich wurden diese Anforderungen stark ausdifferenziert. Patienten-
sicherheit, integrierte Managementsysteme, Risikomanagement und die
Integration des ambulanten Sektors führte zu dieser Entwicklung.66
Einen „Schub“ erhielt das Gesundheitswesen durch die gesetzliche
Verpflichtung zur Beteiligung an Maßnahmen der Qualitätssicherung. Diese
Verpflichtung wurde bereits 1989 im fünften Buch des SGB verankert. Seit
dem Jahr 2000 sind u.a. Krankenhäuser gesetzlich verpflichtet ein einrich-
63
Vgl. Lauterbach, K. W., Lüningen, M., Schrappe, M.: Gesundheitsökonomie, Management und Evidence-based Medicine, 2010, S.279 64
Vgl. Ebd, 2010, S.259 65
Vgl. Ebd., 2010, S.259 66
Vgl. Ebd., 2010, S.259
14
tungsinternes Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln
[vgl. 3.1.4].67
Im Vergleich zu anderen Dienstleistungs- und Industriezweigen wurde QM im
Gesundheitswesen vergleichsweise spät entwickelt und implementiert. Seit
Güter produziert und Dienstleistungen erbracht werden, wird bereits von dem
Begriff Qualität gesprochen. In der Industrie und in vielen weiteren Dienst-
leistungsbranchen ist Qualitätsmanagement auch ohne eine gesetzliche
Regelung seit Jahrzenten ein Standard.68
2.7.2 Nutzen und Ziele des Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen
Qualitätsmanagement ist ein Instrument erfolgreicher Unternehmensführung,
ausgerichtet auf Nutzenstiftung. 69 Viele Aspekte, die das QM fordert,
existieren in den meisten Organisationen/Unternehmen bereits. Es empfiehlt
sich aber die Auseinandersetzung mit der Thematik, um das, was man bisher
tut, verbessern zu können.70
Nutzenstiftung kann verstanden werden als ein Nutzen für die eigene
Organisation und die darin beschäftigten Mitarbeiter, ebenso wie die Nutzen-
stiftung für die Gesellschaft.71
Es ist aber grundsätzlich zu sagen, dass der Erfolg des QM von der Umsetzung
in der Organisation und dem Betrieb abhängt. Der Nutzen ist entscheidend
höher, wenn sich die Mitarbeiter mit den Zielen identifizieren und das QMS
verinnerlicht haben.72
Wirtschaftlicher Nutzen
Die internationale ÖNORM ISO 10014 richtet sich an die oberste Leitung und
soll eine Hilfestellung geben für das Erzielen eines wirtschaftlichen Nutzens
67
Vgl. Ksionsko, S. et al.: Leitfaden für den ÄLRD, 2012, S.10, Stand: Juni 2012 68
Vgl. Ebd., S.10, Stand: Juni 2012 69
Vgl. Wagner, K. W., Käfer, R.: PQM, 2010, S.37ff. 70
Vgl. Jahnes, S., Schüttelhelm, T. (Hrsg.): Praxishandbuch Integrierte Managementsysteme, Stand: März 2005, Thema 2.2.1.1, S.1 71
Vgl. Ksionsko, S. et al.: Leitfaden den ÄLRD, 2012, S.27, Stand: Juni 2012 72
Vgl. Jahnes, S., Schüttelhelm, T. (Hrsg.): Praxishandbuch Integrierte Managementsysteme, Stand: März 2005, Thema 2.2.1.1, S.3
15
für die Organisation. Dieses kann erreicht werden durch eine wirksame
Umsetzung der acht Managementgrundsätze des Qualitätsmanagements.73
„1. Kundenorientierung,
2. Führung,
3. Einbeziehung der Person,
4. prozessorientierter Ansatz,
5. systemorientierter Managementansatz,
6. ständige Verbesserung,
7. sachbezogener Ansatz zur Entscheidungsfindung und
8. Lieferantenbeziehung zum gegenseitigen Nutzen.“74
Eine erfolgreiche Umsetzung der Managementgrundsätze ist wiederum ge-
stützt auf den prozessorientierten PDCA-Zyklus.75 Dieser Zyklus ermöglicht der
obersten Leitung Anforderungen zu bewerten, Tätigkeiten zu planen,
Ressourcen adäquat zuzuteilen und Maßnahmen zur ständigen Verbesserung
zu treffen.76
Wirtschaftlicher Nutzen umfasst z.B. verminderte Kosten, erhöhte Wett-
bewerbsfähigkeit, eine optimierte Verwendung der verfügbaren Ressourcen,
verbesserte Konkurrenzfähigkeit, Produktivitätssteigerung (Vermeidung von
redundanten Arbeiten, Beherrschung der Prozesse), Erkennung von
Veränderungen im Markt und deren Auswirkungen auf die Dienstleistung,
erhöhte Verantwortung und Verantwortlichkeit bei den Mitarbeitern und
optimierte und effiziente Prozesse.77
Rechtssicherheit
Die komplexen Abläufe sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit in der
Gesundheitsversorgung bewirken eine Fülle rechtlicher Besonderheiten. Die
Implementierung eines QMS verbunden mit Algorithmen, Verfahrens- und
73
Vgl. Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): ÖNORM ISO 10014, 2006, S.5 74
Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): ÖNORM ISO 10014, 2006, S.5 75
Vgl. Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): ÖNORM ISO 10014, 2006, S.5 76
Vgl. Ebd., S.5 77
Vgl. Jahnes, S., Schüttelhelm, T. (Hrsg.): Praxishandbuch Integrierte Managementsysteme, Stand: März 2005, Thema 2.2.1.1, S.2
16
Arbeitsanweisungen sowie Dokumenten, kann die Rechtssicherheit einer
Organisation mittels standardisierten Verfahren bedeutsam verbessern.
Standardisierte Verfahren sind z.B. arbeitsmedizinische Vorsorge-
untersuchungen (z.B. Nachweis über durchgeführte Immunisierung, Augen-
ärztliche Untersuchung), Anlagensicherheit der Medizinprodukte (z.B. Check-
liste zur Geräteeinweisung), die genaue Anwendung des Arbeitszeitgesetzes
(z.B. Höchstarbeitszeit, Bereitschaftsdienst) und die Umsetzung von Arbeits-
schutzmaßnahmen zur Arbeitssicherheit (Verhalten bei Unfällen, Persönliche
Schutzausrüstung etc.). Des Weiteren sind der Hygiene- und Infektionsschutz
(z.B. Umgang bei Nadelstichverletzungen, Arbeitsanweisungen nach und
während einem Infektionstransport), der Datenschutz, die Aufklärung und
Einwilligung und eine penible Dokumentation (z.B. rechtliche Konsequenzen
bei Dokumentationsmängeln) zur Erhöhung der Rechtssicherheit essentiell.78
Patientensicherheit
Systemdenken ist die Basis in einem modernen Konzept der Patienten-
sicherheit - ein Eingeständnis, dass Fehler von kompetenten, fürsorglichen
und besonders sorgfältig arbeitenden Mitarbeitern gemacht werden. Fehler-
vermeidung ist erst dann explizit möglich, wenn diese Mitarbeiter mit einem
System arbeiten, welches Fehler und Pannen entschärft bevor diese zu
Schäden führen.79
Der Einsatz von gezielten Strategien kann ein System sicherer gestalten. Dazu
gehören z.B. Erreichung von Mindeststandards und Behandlungsstandards im
Rettungsdienst (Algorithmen, SOP), wiederholte Nachkontrollen, Verbesse-
rungen, gezielte Kommunikation und das Lernen aus Fehlern.80
Wichtig ist zu realisieren, dass überall dort, wo Menschen arbeiten, auch Feh-
ler passieren. Besonders in der Medizin können Komplikationen oder
unerwünschte und unerwartete Behandlungsergebnisse verschiedenartige
Ursachen haben. Probleme können z.B. durch unzureichende Diagnostik,
78
Vgl. Plank, J.; Hein, T.: Rechtssichere Erfüllung der gesetzlichen Qualitäts- und Sicherheits-vorschriften im Gesundheitswesen, Stand: April 2010 79
Vgl. Wachter, R.: Fokus Patientensicherheit, 2008 80
Vgl. Peters, O., Runggaldier, K.: Algorithmen im RD, 2011, S. 229ff.
17
mangelnde Aufklärung und Therapie sowie nicht erwartete Begleiterschei-
nungen der Krankheit selbst, entstehen.81
Verbesserte Informationstechnologien, kontinuierliche Aus-, Fort- und
Weiterbildungen sowie Teamtraining und Schulungen können die Patienten-
sicherheit entscheidend verbessern. Des Weiteren sind zu nennen: Klare
Verantwortlichkeiten, Fehlermeldesysteme und Fehleridentifikation durch ein
erfolgreiches Risikomanagement sowie explizit die Einbindung des Patienten
selber („Was können Patienten tun, um sich selber zu schützen?“).82
Risikomanagement
Einen weiteren positiven Aspekt stiftet ein ganzheitliches und integriertes
Risikomanagement. Adäquat angewendet führt Risikomanagement zu einer
konsequenten und verbindlichen Umsetzung der notwendigen Prozess-
verbesserungen und Risikostrategien mit Hilfe der bewährten Qualitätsma-
nagementinstrumente, zur Erhaltung und Weiterentwicklung des Unter-
nehmens und zur Schaffung von klaren und eindeutigen Verantwortlich-
keiten.83 Zudem finden eine Integration der Aufgaben des Risikomanagements
in die Qualitätsmanagementorganisation, ein verbesserter Umgang mit
Fehlern (Fehlerkommunikation) und z.B. eine nachhaltige Verbesserung der
Verhandlungsposition gegenüber dem Haftpflichtversicherer und den Kosten-
trägern statt.84
Besonders die prozessorientierte Risikoanalyse (PORA) gewinnt zunehmend
an Bedeutung. PORA ist eine strukturierte Technik mit dem Ziel der Ursachen-
aufdeckung fehlerhafter Prozesse sowie der Förderung einer abteilungsüber-
greifenden, prozessorientierten Denkweise.85
Im Vergleich mit CIRS (Critical Incident Reporting System) kann PORA
komplexe Fehlerketten bewerten und organisatorische Defizite erkennen.
81
Vgl. Crusius, A.: Statement zur Pressekonferenz der Bundesärztekammer „Fehlerhäufig-keiten und Fehlerursachen in der Medizin“ am 19. Juni 2012 in Berlin, Stand: 19.6.2012 (Internet) 82
Vgl. Ksionsko, S., et al.: Leitfaden für den ÄLRD, 2012, S.30f. , Stand: Juni 2012 83
Vgl. Jahnes, S., Schüttelhelm, T. (Hrsg.): Praxishandbuch Integrierte Managementsysteme, Stand: März 2005, Thema 4.7.1, S.5-6 84
Vgl. Weis, U.: Risikomanagement nach ISO 31000, 2009 85
Vgl. Cartes, M. I.: Prozessorientierte Risikoanalyse, 2012, S.590
18
Fehlerhafte Prozesse und Patientenabläufe werden durch dieses Verfahren
transparent gemacht. Wesentlicher Vorteil ist der kontinuierliche Einbezug
der internen Expertise bzw. des eigenen Know-Hows als auch der inter-
disziplinären Sichtweise und die schnelle Erfassung von Risiken und Fehler-
vorgängen.86
Ziele
Ziele des Qualitätsmanagements sind den steigenden Anforderungen an die
Leistungserbringer der Gesundheitsversorgung, dem konkurrierenden Wett-
bewerbsdruck sowie den ökonomischen Gegebenheiten und gesetzlichen
Vorgaben gerecht zu werden.
Übergeordnete Ziele sind z.B.: 87
Erfassung und Sicherung der Qualität,
innerbetriebliche Beherrschung und Verbesserung von Arbeitsabläufen
(Prozessoptimierungen),
Erhöhung der Patientensicherheit,
Reduzierung des Fehlleistungsaufwands,
Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit,
Schaffung von Transparenz innerhalb der Organisation,
Sicherung gegen Haftungsansprüche,
Steigerung der Kundenzufriedenheit (Patienten, Angehörige, etc.),
Sicherung der Arbeitsplätze und eine
kontinuierliche Weiterentwicklung und Verbesserung.
2.7.3 Qualitätsdimensionen
Unter Qualitätsdimensionen in der Gesundheitsversorgung werden die
„Ebenen der Qualitätsbeobachtung und –beurteilung im Gesundheitswesen“88
verstanden. Dabei findet eine international gebräuchliche Einteilung in die
Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität statt. Diese Dimensionen gehen auf
86
Vgl. Cartes, M. I.: Prozessorientierte Risikoanalyse, 2012, S.590 87 Vgl. Jahnes, S., Schüttelhelm, T. (Hrsg.): Praxishandbuch Integrierte Managementsysteme,
Stand: März 2005, Thema 2.2.1.1, S.1 88
Donabedian, A. (1966)
19
den Mediziner Acedis Donabedian zurück. Heutzutage wird zur Beurteilung
von Leistungen und deren Qualität im Gesundheitswesen häufig auf seine
Trias („Qualitätsdimensionen“) zurückgegriffen.89
„Structure describes the physical, organizational, and other characteristics of
the system that provides care and of its environment. Process is what is done
in caring for patients. Outcome is what is achieved, as improvement usually in
health but also in patient’s attitudes, knowledge, and behavior conductive to
future health.”90
Das Qualitätsmanagementkonzept basiert daher auf der Grundannahme, dass
Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität aufeinander aufbauen. Die Drei-
teilung von Donabedian findet sich heute noch in angesehenen Qualitäts-
preisen (z.B. Deming Preis, European Quality Award) wieder.91
2.7.4 Gesetzliche Grundlagen
Durch klare gesetzliche Regelungen sowie „angedrohter“ Sanktionen konnte
das Thema Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen an „Schubkraft“ ge-
winnen.92
Durch das GKV-Reformgesetz 2000 wurde die Verpflichtung zur Qualitäts-
sicherung sowie die Qualitätssicherung bei zugelassenen Krankenhäusern ge-
setzlich verankert. Diese Vorgaben unterliegen einer fortlaufenden Ergänzung
und Überarbeitung.93
Der §135a SGB V mit dem Titel „Verpflichtung zur Qualitätssicherung“ besagt,
dass „(2) Vertragsärzte, medizinische Versorgungszentren, zugelassene Kran-
kenhäuser, Erbringer von Vorsorgeleistungen oder Rehabilitationsmaßnahmen
und Einrichtungen, mit denen ein Versorgungsvertrag nach § 111a besteht,
sind nach Maßgabe der §§ 137 und 137d verpflichtet,
89
Vgl. Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements, 2007, S.18 90
Donebedian, A. (1986), S.99-100. 91
Vgl. Pfeifer, T., Schmitt, R.: Qualitätsmanagement, 2001, S.24ff. 92
Vgl. Ksionsko, S. et al.: Leitfaden für den ÄLRD, 2012, S.10, Stand: Juni 2012 93
Vgl. Kahla-Witsch, H.: Praxiswissen QM im Krankenhaus, 2009, S.25
20
1.sich an einrichtungsübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung zu
beteiligen, die insbesondere zum Ziel haben, die Ergebnisqualität zu ver-
bessern und
2. einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiter-
zuentwickeln. (§135a S. 2 SGB V)“.94
Die Leistungserbringer sind somit zur Sicherung und Weiterentwicklung der
Qualität verpflichtet.
Als weiteren Paragraphen ist der §137 SGB V zu nennen. Dieser regelt die
Qualitätssicherung bei zugelassenen Krankenhäusern. Die Regelungen
betreffen u.a. die Erstellung eines Qualitätsberichts.95 Das Gesetz sieht vor,
dass ein strukturierter Qualitätsbericht der zugelassenen Krankenhäuser unter
besonderer Berücksichtigung dargelegt werden muss. Die Erfüllung der
formalen Anforderungen an einen Qualitätsbericht ist dabei essentiell. Der
Bericht wird neben dem im Gesetz genannten und festgelegten Empfänger-
kreis zusätzlich von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatz-
kassen im Internet veröffentlicht (§137 Abs.1 Nr.4). 96
Ergänzend wird der Umgang mit Krankenhäusern geregelt, die ihrer
Verpflichtung zur Qualitätssicherung nicht nachkommen:
„Soweit erforderlich erlässt er [der Gemeinsame Bundesausschuss] die not-
wendigen Durchführungsbestimmungen und Grundsätze für Konsequenzen
insbesondere für Vergütungsabschläge für Leistungserbringer, die ihre Ver-
pflichtungen zur Qualitätssicherung nicht einhalten (§137 Absatz 197).“
94
Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), BGBl. I 1988 S. 2477, 2482; zuletzt geändert durch Artikel 8 G. v. 12.04.2012 BGBl. I S. 579; Geltung ab 01.01.1989 95
Vgl. Kahla-Witsch, H.: Praxiswissen QM im Krankenhaus, 2009, S.26 96
Vgl. Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), BGBl. I 1988 S. 2477, 2482; zuletzt geändert durch Artikel 8 G. v. 12.04.2012 BGBl. I S. 579; Geltung ab 01.01.1989 97
Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), BGBl. I 1988 S. 2477, 2482; zuletzt geändert durch Artikel 8 G. v. 12.04.2012 BGBl. I S. 579; Geltung ab 01.01.1989
21
Somit wird deutlich, dass die unter §135a Abs. 2 benannten Leistungserbrin-
ger ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement nachweisen müssen,
sofern diese weiterhin an der Versorgung partizipieren wollen.98
Das Gesundheitswesen stellt damit eine Besonderheit dar. Aufgrund der
Einzigartigkeit der gesetzlichen Regelungen und somit des „Zwanges“ der
Implementierung eines QMS, konnte Qualitätsmanagement in der
medizinischen Versorgung gefestigt werden. 99 Die Frage ob damit der Sinn
und Zweck des Qualitätsmanagement verstanden und verinnerlicht wurde,
wird in der abschließenden Diskussion (vgl. 5.1/5.2) aufgegriffen.
2.7.5 Ausblick und Neuerungen
Im vierten Quartal 2011 ist der Entwurf der Norm EN 15224 „Health care
service- Quality management systems – Requirments based on EN ISO
9001:2008“ veröffentlicht worden. Bei diesem Entwurf handelt es sich um
einen neuen branchenspezifischen Standard zur Qualitätssicherung in Einrich-
tungen der Gesundheitsversorgung. Es handelt sich dabei um eine
unabhängige Norm, die zur Zertifizierung im Gesundheitswesen genutzt wer-
den kann.100
In der zukünftigen Norm sind bereichsspezifische Anforderungen an die Quali-
tätsdarlegung in Organisationen der Gesundheitsversorgung beschrieben.
Dieses bildet die Grundlage für spätere entsprechende Zertifizierungen.
Zudem wird angestrebt, die Kundenanforderungen wie auch den „Produkt“-
Begriff in ISO 9001 an die spezifischen Bedingungen des Gesundheitswesens
anzupassen und festzulegen.101
Auch an dem noch fehlenden Zertifizierungsprogramm wird gearbeitet. Die
Technical Spezification „Requirements for bodies providing audit and
certification of quality management systems in health care organizations” soll
98
Vgl. Kahla-Witsch, H.: Praxiswissen QM im Krankenhaus, 2009, S.27 99
Vgl. Kahla-Witsch, H.: Praxiswissen QM im Krankenhaus, 2009, S.25 100
Vgl. Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): Entwurf DIN EN 15224:2011 101
Vgl. Paschen, U.: Neuer Stand „Qm-Systeme für Dienstleister in der Gesundheits-versorgung“, 2011
22
ergänzend zur DIN EN 15224 publiziert werden.102 Veröffentlicht werden soll
die Din EN 15224 noch im Sommer dieses Jahres.103
2.7.6 Qualitätsmanagement in der Notfallmedizin
Der Notfallprozess ist ein komplexer, zeitkritischer und schnittstellen-
intensiver Prozess, der von den Disponenten, Rettungsdienstmitarbeitern und
Notärzten ein hohes Maß an Verantwortung und Qualifikationen erfordert.104
Neben den steigenden Kunden- und Patientenerwartungen, der gesamt-
wirtschaftlichen Entwicklung mit einem wachsenden Kostendruck und nicht
zuletzt der hohen Dichte von Systembetreibern ist eine kontinuierliche
Leistungsanpassung der Rettungsdienst- und Notarztsysteme erforderlich.
Hierdurch wird der Bedarf nach einem erfolgreichen und prozessorientierten
Qualitätsmanagement deutlich.105
Das Instrumentes Qualitätsmanagement kommt zunehmend bei Notarzt-
stützpunkten und Rettungsdienstbereichen zum Einsatz, um auch in Zukunft
in dem wachsenden Wettbewerb bestehen sowie die hohe Leistungsqualität
sichern zu können.106
Durch dieses Werkzeug können die hohen Anforderungen an das Spannungs-
feld zwischen den Kosten und der Verbesserung der Patientenversorgung
kontrolliert werden und somit den Leistungsauftrag effektiv als auch effizient
erfüllen.107
Richtig verwendet kann Qualitätsmanagement im Rettungsdienst zu
folgenden Verbesserungen führen:108
schnelle Umsetzung neuer Erkenntnisse (mittels Schulungen, Umset-
zung aktueller Richtlinien und Algorithmen),
102
Vgl. Paschen, U.: Neuer Stand „Qm-Systeme für Dienstleister in der Gesundheits-versorgung“, 2011 103
Vgl. o.V., Zentrale Informationsveranstaltung zur DIN EN 15224, 2012 (Internet) 104
Vgl. Laimer, B.: Präklinisches QM im österreichischen Rettungsdienst, o.J. 105
Vgl. Eigenstuhler, J.: Der Begriff Qualität im Rettungsdienst, o.J. (Internet) 106
Vgl. Eigenstuhler, J.: Der Begriff Qualität im Rettungsdienst, o.J. (Internet) 107
Vgl. Gongolsky, M.: Qualität im Rettungsdienst (Internet) 108
Vgl. Eigenstuhler, J.: Der Begriff Qualität im Rettungsdienst, o.J. (Internet)
23
Abbau von Schnittstellenproblematiken und somit die eine verbesserte
Kommunikation und Koordination (z.B. Rettungsleitstelle – Rettungs-
team, Notarztübergabe an Klinikpersonal),
Vermeidung von Redundanzen (z.B. effizienter Rettungsmitteleinsatz)
und die
Steigerung der Mitarbeitermotivation (z.B. durch Einbezug und Mit-
wirken im QMS).
Der gezielte Einsatz eines Fehler- und Risikomanagements, welches den struk-
turierten Umgang mit Fehlern und Risiken sowie deren Vermeidung
beinhaltet, ist ein zwingender Bestandteil eines erfolgreichen QMS im
Rettungsdienst.109 Die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen ist ein zent-
raler Parameter bei der Verbesserung der Prozess- und Ergebnisqualität. In
Niedersachsen ist die Anzahl der Fortbildungsstunden im NRettDG geregelt.
Zudem ist der kontinuierliche Verbesserungsprozess und die ständige Weiter-
entwicklung der erbrachten Qualität im Rettungsdienst essentiell und somit
ein elementarer Bestandteil. Des Weiteren ist nach der Etablierung eines QMS
eine Zertifizierung anzustreben.110
Übergeordnete Qualitätsziele in der präklinischen Notfallmedizin sind:111
Erzielung des bestmöglichen, medizinischen Ergebnisses (z.B. durch
Minimierung von Komplikationen und Fehlern im Einsatz, Erfüllung der
Vorgaben des ÄLRD (Algorithmen) sowie von Leitlinien, Richtlinien und
Gesetzen),
Aufbau eines vertrauensvollen Mitarbeiter-Patienten-Kontakt,
Patientensicherheit (z.B. durch Minimierung von Risiken),
zielgerichtetes kompetentes Handeln im Einsatz (z.B. Einschätzung der
Notfallsituation, Eigen- und Fremdsicherung),
kompetente Kommunikation mit den Mitarbeitern der beteiligten
Schnittstellen (z.B. präzise Übergabe des Patienten),
109
Vgl. Landesausschuss Rettungsdienst (Hrsg.): QM im RD, Empfehlungen des Landesaus-schusses Rettungsdienst Niedersachsen, 2010 110
Vgl. Ebd., 2010 111
Vgl. Ksionsko, S. et al.: Leitfaden für den ÄLRD, 2012, S.44f.
24
Einhaltung der Hilfsfristen ,
Patientenzufriedenheit (Zufriedenheitsmessung durch Befragungen),
Wirtschaftlichkeit (Beachtung der Effizienz der eingeleiteten Maß-
nahmen, vertretbarer Kostenrahmen).
Jedem dieser Qualitätsziele können Indikatoren zugeordnet werden, mit de-
nen der Grad der Zielerreichung geprüft werden kann. Qualitätsziele sollten
möglichst Qualitäts-, Kosten- und Zeitaspekte berücksichtigen.112
Qualitätsdimensionen
Die Qualitätssteuerung und –kontrolle im Rettungsdienst wird vorwiegend
über den Parameter der Strukturqualität erreicht. 113 In Niedersachsen
beinhaltet dieser insbesondere die Vorgaben und Empfehlungen des nieder-
sächsischen Rettungsdienstgesetzes (NRettDG). Beispiele dafür sind die per-
sonelle Besetzung der Rettungsmittel, die Vorgaben des Medizinprodukte-
gesetzes (MPG) sowie die Organisationsstrukturen. Dabei hat die medizinische
Ausstattung den allgemein anerkannten Vorgaben und Standards zu entspre-
chen. Dieser Tätigkeitsbereich zählt u.a. u den Aufgaben des ÄLRD. Des Weite-
ren muss die Bedarfsplanung kontinuierlich den tatsächlichen Erfordernissen
angepasst werden.114
Parameter der Prozessqualität, also der Gesamtheit aller Aktivitäten, die sich
auf Handlungs- und Versorgungsabläufe beziehen115, sind z.B.
Standardisierte Bearbeitungen der eingehenden Notrufe in der
Rettungsleitstelle,
Einführung von Standard-Einsatzregeln (z.B. Algorithmen, Standard
operating Procedures) auf der Grundlage der aktuellen wissenschaftli-
chen Erkenntnisse (Aufgabe des ÄLRD),
Zeitparameter: Ausrück-, Eintreff-, Versorgungs- und Transportzeiten
sowie der Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft und
112
Vgl. Ksionsko, S. et al.: Leitfaden für den ÄLRD, 2012, S.45, Stand: Juni 2012 113
Vgl. Eigenstuhler, J.: Der Begriff Qualität im Rettungsdienst (Internet) 114
Vgl. Landesausschuss Rettungsdienst (Hrsg.): QM m RD, Empfehlungen des Landesaus-schusses Rettungsdienst Niedersachsen, 2010 115
Vgl. Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des QM, 2007, S.18f.
25
Standardisierte Übergabe-Regeln an den aufnehmenden Arzt des
Zielortes/ der Zielklinik.116
Die Ergebnisqualität dient als Grundlage zur Bewertung von erbrachten Leis-
tungen.117 Dieses geschieht in der präklinischen Notfallmedizin häufig durch
eine kontinuierliche Auswertung der Rettungsdienst- und Notarztprotokolle.
Oft werden diese hinsichtlich bestimmter Leitdiagnosen (z.B. Polytrauma,
Akutes Koronarsyndrom) geprüft. Besonders einschlägige Zwischenfälle,
Ereignisse und Komplikationen, sogenannte ZEK’s, welche ebenfalls auf dem
Einsatzprotokoll dokumentiert werden und sollten ebenfalls, im Rahmen des
Fehler- und Risikomanagements, kontinuierlich ausgewertet werden.118 Hier
sollte ein kontinuierlicher Austausch und eine generelle Kooperation zwischen
dem ÄLRD und den Zuständigen der Notarzt- und Rettungswachenstandorte
stattfinden.
Eine Auswertung im Rahmen einer Patientenbefragung oder weiterer
Informationen wie Rückmeldungen von Angehörigen, Arztpraxen, Kliniken
oder Pflegeinrichtungen kann als Instrument der Qualitätsprüfung genutzt
werden.119
Gesetzgebung
Auf der Grundlage, dass es keinen bundeseinheitlich geregelten Rettungs-
dienst in Deutschland gibt, ist eine Gesetzgebung für diesen Bereich nur
ansatzweise vorhanden.120
Nur einzelne Bestimmungen des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches ent-
sprechen auf Bundesebene einer solchen Forderung. Der Rettungsdienst wird
aber nicht als eigenständige medizinische Leistung berücksichtigt und somit
nicht namentlich erwähnt. Daher ist es weiterhin fraglich, ob dieses Gesetz
116
Vgl. Landesausschuss Rettungsdienst (Hrsg.): QM im RD, Empfehlungen des Landesaus-schusses Rettungsdienst Niedersachsen, 2010 117
Vgl. Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des QM, 2007, S.18f. 118
Vgl. Hellmich, C.: QM und Zertifizierung im Rettungsdienst, 2010, S. 61ff. 119
Vgl. Ebd, 2010, S. 61ff. 120
Vgl. Ebd., 2010, S. 34
26
überhaupt als Grundlage für Qualitätsmanagement in der präklinischen
Notfallmedizin herangezogen werden kann.121
Der Rettungsdienst ist in gesetzlicher Hinsicht also Aufgabe der Länder. Hier
stößt man jedoch nur auf sechs Gesetze, in denen im Ansatz eine Forderung
zur „Verwendung von Einsatzdaten zum Zwecke der Qualitätssicherung“ zu
finden ist. In Niedersachsen ist einzig in dem §10 NRettDG zum Thema
Personal festgelegt, dass die medizinischen Fragen sowie die Angelegenheiten
des Qualitätsmanagements außerhalb des Einsatzes von einem Ärztlichen
Leiter geleitet werden.122 Dabei wird der Umfang, die Art und Ausgestaltung
des Begriffes Qualitätsmanagement nicht definiert.
Wenige Landesrettungsdienstgesetze haben also konkrete Anforderungen an
die Rettungsdienstträger bzw. Leistungserbringer festgelegt. Es lassen sich
erste Ansätze erkennen, jedoch zeigt dieses auch den benötigten Handlungs-
bedarf auf.123
Der vergleichende Blick in die Schweiz zeigt, dass es dort eine eindeutige,
gesetzliche Grundlage gibt, welche dazu verpflichtet, QM im Rettungsdienst
umzusetzen (vgl. Krankenversicherungsgesetz KGV).
Die Notfallversorgung ist aber, ebenso wie in Deutschland, nicht Aufgabe des
gesamten Staates, sondern der 26 Kantone. Auch in den Kantonen herrscht
keine einheitliche gesetzliche Regelung. Dieses Defizit führt gleichermaßen zu
erheblichen Unterschieden im Umfang und der Art der Umsetzung des Quali-
tätsmanagements.124
Zukünftige Herausforderungen/ Problemstellungen
Eine essentielle Herausforderung stellt die flächendeckende Einführung und
Festigung des Ärztlichen Leiter Rettungsdienst dar. Ein positiver Trend hin-
sichtlich der Entwicklungszahlen bei der Implementierung des ÄLRD ist bereits
121
Vgl. Hellmich, C.: QM und Zertifizierung im Rettungsdienst, 2010, S. 34 122
Vgl. Niedersächsisches Rettungsdienstgesetz (NRettDG), Nds. GVBl. Nr.31/2007 S.472, in der Fassung vom 2. Oktober 2007 123
Vgl. Hellmich, C.: QM und Zertifizierung im Rettungsdienst, 2010, S.61ff. 124
Vgl. Ebd, 2010., S.36
27
zu beobachten, hat aber derzeit keinen vollständigen und zufriedenstellenden
Stand erreicht. 125
Die Grundlage und Notwendigkeit für einen ÄLRD ergeben sich aus dem Sozi-
algesetzbuch V und dem Gesundheitsreformgesetz, die die Einführung eines
Qualitätsmanagements in ärztlichen Versorgungsbereichen festschreiben. 126
Am Beispiel des Bundeslandes Schleswig-Holstein wird diese Problematik
deutlich:
Die Position des ÄLRD ist 2009 in keinem Kreis des Bundeslandes vollständig
umgesetzt wurden. Gründe dafür sind, dass weder das Gesetz über die Not-
fallrettung und den Krankentransport aus dem Jahr 1991 noch die Landesver-
ordnung zur Durchführung des Rettungsdienstgesetzes von 1993 den Ärztli-
chen Leiter Rettungsdienst als Führungsfunktion in der präklinischen Notfall-
medizin explizit vorsehen.127
Hauptproblem stellt die Uneinigkeit bezüglich der Finanzierung für den ÄLRD
zwischen den Rettungsdienstträgern und den Krankenkassen dar. Einzig in den
kreisfreien Städten Schleswig-Holsteins ist diese Stelle zu verschiedenen An-
teilen im Budget des Rettungsdienstes eingeplant. Die Notwendigkeit und
Bedeutung eines flächendeckenden ÄLRD wird jedoch konsequent betont.128
Des Weiteren wird mittelfristig die demografische Entwicklung zu einer bun-
desweiten Steigerung der Einsatzzahlen in der präklinischen Notfallmedizin
führen. Einhergehend damit wird sich die Patientenstruktur, aufgrund des
zunehmenden Anteils älterer Menschen, verändern.129
125
Vgl. Horn, E-P. et al: Ärztlicher Leiter Rettungsdienst, Flächendeckende Implementierung für alle Kreise und kreisfreien Städte Schleswig-Holsteins, in: Schleswig-Holsteinisches Ärzte-blatt 02/2009, S. 29ff. 126
Vgl. Ebd, 2009, S. 29ff. 127
Vgl. Ebd, 2009, S. 29ff. 128
Vgl. Ebd., 2009, S. 29ff. 129
Vgl. Runggaldier, K., Flake, F.: Qualität rettet Leben – Qualitätsmanagement im Malteser Rettungsdienst. In: Qualitätsmanagement in Klinik und Praxis 3/2002, S.75ff.
28
Abbildung 2: Entwicklung der Notfallstruktur nach Einsatzanlass und Umfang der Notarztbe-teiligung in Deutschland von 1985-2001.
130
Die Abbildung zwei zeigt die Verteilung der Einsatzanlässe bei Notfalleinsätzen
in absoluten Zahlen sowie die dazugehörige Notarztquote. Dabei wird deut-
lich, dass die Gesamtzahl der Einsätze von 3,200 Mio. (1992/93 im gesamten
Bundesland) auf 4,430 Mio. Einsätze (2000/2001) gestiegen ist.131
Diese Darstellung verdeutlicht bereits die stetig ansteigende Zahl der
Notfalleinsätze von 1985 bis 2001 und kennzeichnet die oben beschriebene
Entwicklung.
Ebenso bedingt die Einführung der diagnosebezogenen Fallgruppen (diagnosis
related groups) Veränderungen der Krankenhauslandschaften. Diese Ände-
rungen führen zu neuen rettungsdienstlichen Produktvariationen und Anfor-
derungen wie z.B. längere Einsatzzeiten und Sekundärtransporte.132
Zentrale Themen im Gesundheitswesen sind neben dem großen Kostendruck,
die Finanzierungsproblematik sowie die wettbewerbsrechtlichen Entwicklun-
gen auf Länder- und der EU-Ebene. Diese Dynamik führt zu Veränderungen
und neuen Verteilungen des Marktes.133
Im Bereich der Rettungsdienste stellen nicht die europäischen Organisationen
(z.B. Falk) oder die privaten Anbieter (z.B. Welfenambulanz Braunschweig) die
130
Behrend, H.; Schmiedel, R.: Handbuch des Rettungswesens; Ergänzung 2/2002, S.22. 131
Vgl. Behrend, H.; Schmiedel, R.: Handbuch des Rettungswesens; Ergänzung 2/2002, S.22. 132
Vgl. Runggaldier, K., Flake, F.: Qualität rettet Leben, in: Qualitätsmanagement in Klinik und Praxis 3/2002, S.75ff. 133
Vgl. Ebd, S.75ff.
29
größte Mitbewerber des Wettbewerbes dar, sondern es nimmt vielmehr die
Konkurrenz unter den bestehenden Hilfsorganisationen (z.B. Johanniter
Unfallhilfe, Malteser Hilfsdienst, DRK, Arbeiter-Samariter-Bund) zu. Diese
Rivalität kann zu erheblichen Kommunikations- und Schnittstellen-
problematiken führen und kann somit die vorhandene Heterogenität und das
sogenannte „Kirchturmdenken“ (z.B. mein Rettungsdienstbereich, mein ÄLRD,
meine Strategie, „bei uns ist das aber ganz anders“) in der präklinischen
Notfallmedizin steigern.134
Die bestehende Gesetzgebung (Inhomogenität der 16 verschiedenen Landes-
rettungsdienstgesetze bzgl. z.B. der Hilfsfrist, dem Ärztlichen Leiter Rettungs-
dienst und dem Qualitätsmanagement) und die damit verbundene stark aus-
geprägte Heterogenität (z.B. 300 Rettungsdienstbereiche, keine Mindest-
standards) verweisen auf große Defizite der präklinischen Notfallmedizin.135
Die unterschiedliche medizinische Versorgungsqualität, das Fehlen von Quali-
tätsnachweisen (z.B. RTW nach DIN, Geräte gemäß MPG, Rettungs-
assistentengesetz) und die indifferente, ungenügende Datenlage (z.B.
mangelnder systematischer Nachweis für die Effektivität und Effizienz des
Rettungsdienstes, fehlende Nachweise über Versorgungsergebnisse, schlechte
Dokumentation) stellen große Herausforderungen an das zukünftige
Rettungswesen dar.136
134
Vgl. Runggaldier, K., Flake, F.: Qualität rettet Leben, in: Qualitätsmanagement in Klinik und Praxis 3/2002, S.75ff. 135
Vgl. Hellmich, C.: QM und Zertifizierung im Rettungsdienst, 2010, S. 61ff. 136
Vgl. Runggaldier, K., Flake, F.: Qualität rettet Leben, in: Qualitätsmanagement in Klinik und Praxis 3/2002, S.75ff.
30
3 Projekt: Erstellung eines Leitfadens für die Entwicklung und
Implementierung eines erfolgreichen und prozessorientierten
Qualitätsmanagementsystems für den Ärztlichen Leiter
Rettungsdienst
Die vorangegangenen Ausführungen haben verdeutlicht, dass eine
Auseinandersetzung mit dem Thema Qualitätsmanagement notwendig und
unerlässlich ist. Wachsender Kostendruck und steigende Erwartungen erfor-
dern eine ständige Anpassung der Leistungen an einen erfolgreichen
Rettungsdienst.137 Qualitätsmanagement kann und sollte hier organisations-
bzw. bereichsübergreifend eingesetzt werden. Dieses bedingt aber die
flächendeckende Implementierung und klare Aufgabendefinition eines ÄLRD
in der präklinischen Notfallmedizin.
Nach der Vorstellung der Einrichtung, in dem das Projekt entstanden ist und
durchgeführt wurde, wird auf das methodische Vorgehen hinsichtlich der
Erstellung eines Leitfadens eingegangen sowie wesentliche Erkenntnisse aus
dem Projekt beschrieben.
3.1 Projektbeschreibung
3.1.1 Die Einrichtung des Projektes138
Das Zentrum für Qualität und Management im Gesundheitswesen (ZQ) wurde
im Jahr 1996 unter dem damaligen Namen Zentrum für Qualitäts-
management im Gesundheitswesen - als Einrichtung der Ärztekammer
Niedersachsen gegründet.
Mit dem ZQ konnte sich erstmalig ein Dienstleistungsbetrieb innerhalb einer
Ärztekammer etablieren. Das ZQ steht einer Vielzahl an Berufsgruppen im
Gesundheitswesen als Ansprechpartner für die Entwicklung und Durch-
führung von Projekten zur Qualitätsverbesserung im Gesundheitswesen zur
Verfügung. Das Spektrum im Bereich der Fachkompetenz ist daher sehr viel-
137
Vgl. Eigenstuhler, J.: Der Begriff „Qualität“ im Rettungsdienst, o.J. (Internet) 138
Vgl. www.zq-aekn.de
31
fältig. Hinsichtlich der Aufgabenerfüllung kooperiert das ZQ mit Institutionen
auf Landesebene.139
Ähnliche Projekte
Bereits im Jahr 2001 wurde durch das ZQ ein Leitfaden entwickelt. Dieser
thematisierte die Erstellung eines Qualitätsmanagementhandbuches für die
Abteilung Anästhesiologie und beschreibt eine fiktive Abteilung der
Anästhesiologie des Städtischen Klinikums Marienstadt. 140
Neben einer kurzen Einführung in das Thema Qualitätsmanagement, Quali-
tätsmanagementsystem und Projektmanagement wird der eigentliche Leit-
faden beschrieben. Interessant ist der Aufbau des Leitfadens. Dabei befinden
sich auf der jeweils rechten gedruckten Seite das Vorlage-Handbuch mit ent-
sprechenden Textvorschlägen, die der Qualitätsmanager einer Klinik durch
Erwerb des Leitfadens übernehmen oder modifizieren kann. Gegenüber-
liegend auf der linken Seite befinden sich Erläuterungen zu den Text-
vorschlägen. Der Leitfaden wurde 2006 überarbeitet und aktualisiert.141
3.1.2 Initiierung
Projektwürdigkeit
Das Projekt der Erstellung eines Leitfadens für ein praxisorientiertes
Qualitätsmanagementsystem umfasst folgende Kriterien:
Neuartigkeit (im Bereich der Notfallmedizin),
Komplexität und Mehrzahl von Einzelaufgaben (z.B. Abschnitte QM,
QMH),
messbare Ziele und Ergebnisse,
zeitliche Befristung (3 Monate),
begrenzte Ressourcen (finanziell, personell, sachlich) und die
Arbeit in einem Team (Arbeitsgruppe Rettungsmedizin).
139
Vgl. www.zq-aekn.de 140
Vgl. Niemann, N.: Leitfaden zur Erstellung eines QMH für die Abteilung Anästhesiologie, 2006, Vorwort. 141
Vgl. Ebd, 2006, Vorwort.
32
Somit erfüllt das methodische Vorgehen mittels Projektmanagement die
Kriterien der DIN 69901 und ist ein geeignetes Instrument zur effektiven und
effizienten Bearbeitung der Thematik.
Ziele des Projektes
Der Leitfaden richtet sich explizit an den ÄLRD, welcher laut nieder-
sächsischem Rettungsdienstgesetz mit der Aufgabe des Qualitätsmanagement
betraut ist.142
Der Leitfaden zielt nicht auf ein spezielles Zertifizierungsverfahren bzw. –
Darlegungsmodell ab, es bietet vielmehr einen soliden Einstieg in die Thema-
tik „Qualitätsmanagement in der präklinischen Notfallmedizin“ bzw. eine
Hilfestellung zum Um- und Ausbau eines bestehenden Qualitäts-
managements.
Mit dem Leitfaden werden im Wesentlichen die nachstehenden Ziele verfolgt:
Identifikation des ÄLRD mit dem Thema Qualitätsmanagement,
Erkennung der Bedeutung des Themas QM für die Notfallmedizin,
Analyse und Bewertung des eigenen Rettungsdienstbereiches,
Erstellung und Implementierung eines QMS,
Standardisierungen (Definition eines Mindeststandards, QMH als
Beschreibung des Standards),
Erstellung eines Qualitätsmanagementhandbuches und
die ständige Verbesserung und Weiterentwicklung.
Fragestellung
Da sich die präklinische Notfallmedizin strukturell und im Bezug auf die
eigenen Prozesse deutlich von der klinischen Intensivmedizin unterscheidet,
schien es nicht sinnvoll, Großteile des Leitfadens der Anästhesiologie auf den
Rettungsdienst zu übertragen.
Während der Projektplanung und der Gestaltung der Meilensteine und
Zwischenziele, sollte auf die folgende Frage kontinuierlich geachtet werden:
142
Vgl. NRettDG
33
Welche wesentlichen Unterschiede (Ablauf- und Aufbauorganisationen) und
Besonderheiten kennzeichnen ein Qualitätsmanagementsystem für einen Ret-
tungsdienst im Vergleich zu einem Qualitätsmanagementsystem in einer Klinik
bzw. Arztpraxis? Welche Stellung und Bedeutung nimmt der ÄLRD im
Rettungsdienst ein?
Meilensteinplanung
Meilensteine wurden in diesem Projekt in einem Netzplan (siehe Anhang V)
dargestellt (kreisförmig). Hauptaufgabe der Meilensteine ist die Teilung des
Gesamtprojektes in kleine Zwischen- bzw. Etappenziele. Diese Zwischenziele
können als Kontrolle fungieren, um zu sehen, ob die Ergebnisse
(=Deliverables) des Projektes den Vorstellungen und Anforderungen ent-
spricht bzw. ob eine andere Richtung eingeschlagen werden muss.143
Des Weiteren sind Meilensteine Etappen in einem Projekt, an denen schwer-
wiegende Entscheidungen und/oder besonders kritische Ereignisse anstehen.
Meilensteine sind daher auf der anderen Seite kleine Zwischenziele, die ein-
gehalten werden müssen, um das Projektziel zu erreichen.144
In diesem Projekt wurden zeitliche Meilensteine 145 eingebaut (Schedule
Milestone), welche für die termingerechte Zielerreichung des Projektes von
großer Bedeutung sind. Meilensteine des Projektes stellen die Konzept-
entwicklung, die Recherche, die Projektdurchführung bzw. die Verfassung des
Leitfadens, die Überarbeitung und die Vermarktung des Leitfadens dar.
Projektteam/-organisation
Aufgrund der räumlichen Distanz zwischen den ärztlichen Projektmitarbeitern
und dem ZQ-Projektteam wurde als Organisationsform eine Mischform aus
den klassischen Projektorganisationen (Stab, „reine“ Projektorganisation und
Matrixprojektorganisation) gewählt. Die Ärztlichen Leiter Rettungsdienst und
die Qualitätsmanagerin/Projektleitung sowie die Leitung des ZQ’s arbeiten
vorwiegend in der Linie. Das Projekt wird „nebenbei“ umgesetzt. Lediglich die
143
Vgl. Zingel, H.: Grundzüge des Projektmanagements, Version 4.00, 2009, S.22ff. 144
Vgl. Ebd, 2009, S.27ff. 145
Vgl. Ebd, 2009, S.27
34
Studentin arbeitet vollständig für das Projekt. An dem Projekt sind sechs Mit-
arbeiter beteiligt.
Projektauftrag
Die Projektidee entstand bereits im Jahr 2010. Jedoch erfolgte der gezielte
Projektauftrag erst im Februar 2012.
Der Projektauftrag umfasste:
Projektbezeichnung (Leitfaden),
Projektbeginn und –ende (Februar bis April 2012),
Kurzbeschreibung, Unternehmensbedarf und Ziele,
Projektergebnis (inhaltliche und formale Fertigstellung),
Projektleiter, Projektteam (Arbeitsgruppe Rettungsmedizin) und
Ressourcenzuweisung.
Anfänglich wurde geklärt, dass der Aufbau des Leitfadens der Anästhesiologie
beibehalten werden soll. Der neue Leitfaden sollte zeitgerecht und modern
gestaltet werden. Besonderer Wert wurde auf eine fachspezifische und
praxisorientierte Bearbeitung gelegt, welche dem aktuellen Stand der prä-
klinischen Notfallmedizin entspricht. Als thematischer Kerninhalt wurde
neben einer prägnanten Einführung in die Thematik Qualitätsmanagement
besonders die fundierte Praxisanleitung (Erstellung eines Qualitätsmanage-
menthandbuches anhand eines Musterhandbuches) zur erfolgreichen
Implementierung und/oder Weiterentwicklung eines QMS (Qualitäts-
managementhandbuches) festgelegt.
3.1.3 Planung
Projektstrukturplan (PSP)
Ein Projektmanagementplan ist ein zentrales Planungsinstrument, das fest-
legt, was erforderlich ist, um das Ziel bzw. die Ziele des Projektes zu erreichen.
Der PSP sollten möglichst alle Arbeitsschritte beinhaltet. 146
146
Vgl. Hagen-Management GmbH (Hrsg.): PM-Handbuch, Kostenloser Leitfaden für Projekt-manager, Stand: 2012 (Internet)
35
Am Anfang der Planung wurde neben der Erstellung eines Projektstruktur-
plans (Teilaufgaben, Arbeitspakete) auch der Projekttitel (Leitfaden für ein
erfolgreiches und prozessorientiertes Qualitätsmanagementsystem für den
Ärztlichen Leiter Rettungsdienst) definiert. Dieses wird durch die folgende
Grafik verdeutlicht:
Fragestellung Gesetze, Normen, QM-Inhalte Korrektur lesen
Termin-/Meilen- Richtlinien etc. verfassen Inhaltliche Prüfung
steinplanung Fachliteratur RD-Inhalte (QMH) Formprüfung
Kommunikations- Branchenanalyse verfassen Druck
plan Stellungnahmen Deckblatt entwerfen
Kosten- und Aufbau entwickeln
Ressourcenplan Prozesse erstellen
Anforderungsprofil
Inhalte
Layout
Abbildung 3: Projektstrukturplan
Der PSP ist in fünf Unterkategorien eingeteilt, welche zugleich die Meilen-
steine des Projektes darstellen. Am Anfang steht die Entwicklung eines
Konzeptes für den Leitfaden. Den Hauptteil bilden die Recherche und vor
allem die Projektdurchführung. Genereller Abschluss des PSP bilden die Über-
arbeitung und der Projektabschluss. Die Marketingaktivität ist zwar zur Voll-
ständigkeit erwähnt und eingefügt worden, wird aber in dieser Arbeit nicht
näher beschrieben.
Leitfaden für ein praxisorientiertes
Qualitätsmanagementsystem für
den Ärztlichen Leiter Rettungsdienst
Konzept
entwickeln
Recherche
Durchführung
Marketing Über-
arbeitung/
Abschluss
36
Arbeitspakete
Hilfestellung in der gezielten Erarbeitung eines Projektes ist die Einteilung des
Gesamtprojektes in übersichtliche Arbeitspakete. Diese Aufgabenverteilung
wird mit einfachen Schnittstellen und einer fachlichen Zuteilung versehen, so
dass eine klare Zuordnung der Verantwortlichkeiten möglich ist.147
In großen und komplexen Projekten wird für jedes Paket eine Arbeitspaket-
beschreibung erstellt. In diesem Projekt wurden Arbeitspakete als Unter-
gliederung in der Projektstrukturplanung benannt.148
Terminplan
Für die Erstellung des Leitfadens wurde ein Bearbeitungszeitraum von zwölf
Wochen angesetzt. Den Anfangstermin stellte der 1. Februar 2012 dar und der
Projektabschluss wurde terminiert auf den 30. April 2012. Unter Berücksichti-
gung von Feiertagen und Wochenenden, standen 62 Arbeitstage zur Ver-
fügung. Diese wurden in einem Balkendiagramm mit Soll-Terminen versehen
(siehe Anhang IV).
Aufwands- und Kosteneinschätzung
Als alleinige Personalkosten werden für die Rettungsassistentin für die drei
Monate 1200€ veranschlagt. Des Weiteren wurden Materialkosten (z.B.
Papier, Ordner, Druckertinte, Schreibmaterial) in unbekannter Höhe durch die
ZQ-Leitung veranschlagt. Die Kosten für den Druck und die Vermarktung sind
derzeit noch unklar.
Anspruchsgruppen in der Rettungsmedizin (Stakeholder)
Die Fülle an Anforderungen der unterschiedlichen Stakeholder im Rettungs-
dienst macht die strategische Planung und Erfüllung des Anforderungsgrades
an ein erfolgreiches QMS sehr anspruchsvoll.
Hauptanspruchsgruppe dieses Projektes stellen die bundesweiten Ärztlichen
Leiter Rettungsdienst dar. Aber auch die Kostenträger, die Leitungen der
Hilfsorganisationen und Rettungs- und Notarztstandorte können den Leit-
147
Vgl. Kuster, J. et al., Handbuch Projektmanagement, Heidelberg, 2011, S. 126 148
Vgl. Kuster, J. et al., Handbuch Projektmanagement, Heidelberg, 2011, S. 126ff.
37
faden als Hilfestellung und zur Einarbeitung in das Thema QM in der Notfall-
medizin nutzen und diesen für die Erstellung eines QMH anhand zahlreicher
Musterbeispiele einsetzen.
Interne Anspruchsgruppen sind u.a.:
Ärztlicher Leiter Rettungsdienst,
Leitungen der Rettungswachen und Notarztstandorte,
Kostenträger,
Förderer der Hilfsorganisationen,
Träger des Rettungsdienstes (Management) und die
Mitarbeiter im Rettungsdienst (z.B. Rettungsdienstfachpersonal und
Notärzte).
Externe Anspruchsgruppen sind u.a.:
Patienten und Angehörige,
Betreuungs- und Pflegepersonal,
Ärzte (Krankenhausärzte, Niedergelassene Praxen),
Krankenhäuser, Einrichtungen der Gesundheitsversorgung (Rehabilita-
tionseinrichtung, Alten- und Pflegeheime, Psychiatrien, Dialyse etc.),
Gesundheits- und Sozialberufe (Hauskrankenpflege, Polizei, Sozial-
pädagogen, Feuerwehr etc.),
Lieferanten (Material, Sauerstoff, Apotheke, Wäscherei etc.) und die
Öffentlichkeit.
Bedeutend bei der Erstellung eines Leitfadens für ein praxisorientiertes QMS
in der präklinischen Notfallmedizin ist, dass die Interessen aller Anspruchs-
gruppen bei der Projektarbeit und der Verfassung der Inhalte des Leitfadens
berücksichtigt werden.
38
Stakeholder des Pro-jektes
Interessen Maßnahmen
ÄLRD (bundesweit) Aufbau und kontinuier-liche Weiterentwicklung eines erfolgreichen QMS
Mitarbeiter- und Patientenzufriedenheit
Rechtssicherheit
Vermeidung von Feh-lern, Beschwerden etc.
Wirtschaftlichkeit
Einführung in das QM
Erhöhung der Patienten- und Rechtssicherheit durch QM
Erhöhung der Arbeits-sicherheit und Mitarbei-termotivation
Integration eines Risiko-managements (integrier-tes Managementsystem)
Leitungen der Rettungs-wachen, Notarzt-standorte
ggf. organisations- und bereichsübergreifende QMS
gute Zusammenarbeit
Möglichkeit der Verwen-dung des Leitfadens (gleichermaßen wie ÄLRD)
Einfaches Verständnis (Einblick und Umgang mit der Thematik)
Kostenträger Kostensenkung/-einsparungen durch QM
Eliminierung von Redundanzen
Prozessoptimierung
Organisationsentwicklung
Kontinuierliche Verbesserung
(jedoch oft im Wider-spruch mit den Ansprüchen der Patienten)
Träger des Rettungs-dienstes
Funktionierender Rettungsdienst (hohe Qualität)
Finanzierung,
Einhaltung der gesetzli-chen Grundlagen)
Erhöhung der Patienten- und Rechtssicherheit
Entgegenwirkung von Finanzierungsdefiziten
Mitarbeiter im Rettungsdienst
Optimale Arbeits-bedingungen
hohe Arbeitssicherheit
Einhaltung der Arbeits-richtlinien
Persönliche Schutz- ausrüstung
Schulungen, Weiter-bildungen
Fahrsicherheitstrainings
Tabelle 1: Anspruchsgruppen an das Projekt
39
Risikoanalyse
Aufgrund der Komplexität beinhaltet jedes Projekt zwangsläufig diverse
Projektrisiken. Diese Risiken wurden frühzeitig identifiziert, bewertet und es
wurden geeignete Gegenmaßnahmen getroffen.149
Mögliche Risikoarten für dieses Projekt waren:
1 Akzeptanzrisiko (Der Leitfaden wird von den ÄLRD abgelehnt),
2 Qualitätsrisiken (Der Leitfaden entspricht nicht der geforderten Quali-
tät),
3 Auslastungsrisiken bzw. Krankheit (Das Personal ist nicht ausreichend
verfügbar z.B. durch Krankheit, zeitliche Überlastung, vorrangige Lini-
enarbeit),
4 Terminrisiko (Terminvorgabe kann nicht realisiert werden) und das
5 Kostenrisiko (ist in diesem Projekt zu vernachlässigen).
Abbildung 4: Vergleichende Darstellung unterschiedlicher Risiken durch Punkte in der Matrix150
149
Vgl. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Hrsg.), Risikomanagement, in: Bevölkerungsschutz 2/2011, S. 11ff. 150
Vgl. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Hrsg.), Risikomanagement, in: Bevölkerungsschutz 2/2011, S. 11.
40
Die Abbildung vier stellt den Zusammenhang zwischen Schadensausmaß und
Eintrittswahrscheinlichkeit dar. Die Risikoeinteilung erfolgt in vier Kategorien:
Rot bedeutet sehr hohes Risiko, orange hohes, gelb mittleres und grün ein
niedriges Risiko. Dabei entsprechen die Zahlen der obigen Reihenfolge den
möglichen Risikoarten.151
In diesem Projekt lag die Risikostrategie auf der Vermeidung des
Auslastungsrisikos (Mitarbeiter erhielten klare Aufgaben, Teilziele und Ziele
wurden vereinbart und terminiert, bei Überlastung erfolgte eine verstärkte
Projektkommunikation) und zudem auf der Akzeptanz der anderen vier
möglichen Risikoarten.
Bedarfs-/Marktanalyse
Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen ist per se durch die gesetzlichen
Verpflichtungen ein Thema (Vgl. Thema 3.1). Dementsprechend gibt es eine
Fülle an Literatur und Normen. Für den Bereich des Rettungsdienstes ergab
die Literaturrecherche wenig Literatur und belegte Quellen.
Zu dem Zeitpunkt der Erfassung der Idee der Erstellung eines Leitfadens
(2010) hätte dieser eine bundesweite Neuheit dargestellt. Es gab keinen ver-
öffentlichten Leitfaden oder organisationsübergreifende Standards im Bereich
des Qualitätsmanagements in der präklinischen Notfallmedizin.
Im Jahr 2010 wurde durch den österreichischen Autor Christian Hellmich ein
Buch mit dem Titel „Qualitätsmanagement und Zertifizierung im Rettungs-
dienst – Grundlagen, Techniken, Modelle, Umsetzung“ 152 veröffentlicht.
Dieses Werk verknüpft die Thematiken - Rettungsdienst und Qualitäts-
management- auf anschauliche Weise miteinander. Dabei besitzen alle Inhalte
für Deutschland, Österreich und die Schweiz gleichermaßen Gültigkeit. 153
Im September 2011 wurde durch die KTQ® GmbH ein KTQ®-Manual für den
Rettungsdienst herausgegeben.154 Grundlage für die Darstellung sämtlicher
151
Vgl. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Hrsg.), Risikomanagement, in: Bevölkerungsschutz 2/2011, S. 11. 152
Hellmich, C.: QM und Zertifizierung im RD, 2010 153
Vgl. Ebd, 2010, Vorwort. 154
Vgl. www.ktq.de
41
Prozesse in den Einrichtungen des Gesundheitswesens (hier: Rettungsdienst)
sind die einheitlichen sechs KTQ-Kategorien bzw. Themenbereiche:
Patientenorientierung, Mitarbeiterorientierung, Sicherheit, Informations- und
Kommunikationswesen, Führung und Qualitätsmanagement. Diese Untertei-
lung dient der Prozessoptimierung und zielt auf eine bestmögliche Versorgung
für die Patienten ab. Dabei unterstützt der permanent durchlaufene PDCA-
Zyklus (PLAN-DO-CHECK-ACT), als Regelkreis zur kontinuierlichen
Verbesserung, das Interesse der Patienten und aller Prozessbeteiligten.155
Das Jahr 2011 brachte zudem vermehrt Publikationen und Stellungnahmen
hervor, welche sich mit Themen wie z.B.: Qualitätsmanagement in der
Notfallmedizin (z.B. in: Der Anästhesist), qualitative Forschungsmethoden in
der präklinischen Notfallmedizin (z.B. in: Notfall und Rettungsmedizin) und
Ökonomie und Qualitätsmanagement (z.B. in: Die Intensivmedizin) auseinan-
der setzen.
Somit bilden einzig ein zertifizierungsverfahren-spezifisches Manual (vgl.
KTQ®), ein Algorithmen-Handbuch und ein deutschlandübergreifendes Werk
die Literaturbasis im Hinblick auf Aspekte des Qualitätsmanagements in der
präklinischen Notfallmedizin. Diese karge Quellenvielfalt verdeutlicht den
Bedarf an einem praxisorientierten Leitfaden.
Kommunikationsplan
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor eines Projektes ist die Kommunikation. Jedes
Projektmitglied erhielt zu Beginn des Projektes die wesentlichen Kontaktdaten
(Name, E-Mail-Adresse, Telefonnummern) des Projektteams und der Schnitt-
stellen. Wöchentlich wurden alle Mitarbeiter des Projektteams durch die
Projektmanagerin über Neuerungen und den aktuellen Stand des Leitfadens
informiert. Dieses fand vorwiegend per E-Mail statt, lediglich innerhalb des
ZQ’s wurden alle zwei Wochen/später jede Woche zusätzlich Sitzungen
abgehalten. Die Ergebnisse der Treffen und der Kontakte wurden protokol-
liert.
155
Vgl. www.ktq.de
42
Schnittstellen
Um das Projekt adäquat umsetzen und realisieren zu können, ist die Berück-
sichtigung und der Einbezug weiterer Personen essentiell.
Als interne Schnittstelle ist die Online-Redaktion der Ärztekammer Nieder-
sachsen (z.B. EDV, Layout Deckblatt, PDF-Erstellung) zu nennen, als externe
Schnittstelle einzig der Copyshop/Drucker. Alle weiteren anfallenden Tätig-
keiten (z.B. Vermarktung, Druckauftrag) wurden von der Arbeitsgruppe über-
nommen.
Projektkultur
Innerhalb des Projektteams wurde eine freundliche Umgangsweise festgelegt.
Die Projektkultur wurde ergänzt um das Leitmotto „Auf zu neuen Ufern. Es
muss besser werden.“ Verantwortung für das Projekt oblag der Projekt-
managerin.
3.1.4 Projektcontrolling
Projektcontrolling beschreibt die wesentlichen Prozesse, die zur Zielerrei-
chung des Gesamtprojektes beitragen. 156 Hauptaufgaben des Projekt-
controllings sind u.a. die Projektkontrolle, die Projektbeurteilung, das
Berichtswesen, die Projektsteuerung und -änderung.157
Hinsichtlich der Projektkontrolle wurde kontinuierlich ein Soll-Ist-Vergleich
der Termin- und Meilensteinplanung durchgeführt. Hier wurden die Termine
fristgerecht eingehalten. Die Meilensteine wurden als Beurteilung und Kon-
trolle herangezogen. Des Weiteren fand ein kontinuierlicher Austausch über
neue Stellungnahmen, politische und gesetzliche Neuerungen und allgemeine
Änderungen (siehe Anhang II: Stellungnahme des DBRD zum KTQ-Manual)
statt, um auf Änderungen gezielt und zeitnah reagieren zu können.
In den jeweiligen Sitzungen und Teambesprechungen wurden Statusberichte
verfasst, um abgleichen zu können, ob z.B. die Meilensteine erreicht wurden,
156
Vgl. Kuster, J. et al.: Handbuch Projektmanagement, Heidelberg, 2011, S. 161. 157
Vgl. Kuster, J. et al.: Handbuch Projektmanagement, Heidelberg, 2011, S. 161.
43
welche Arbeitspakete gestartet bzw. beendet wurden und ob neue Probleme
oder Risiken aufgetreten sind.
Abbildung 5: Ampelcontrolling
Als Grundlage der Projektsteuerung diente das Ampelcontrolling (Abbildung
5). Vorteil des Ampelcontrollings ist die einfache Nachvollziehbarkeit.158 In
diesem Projekt konnten die Arbeitspakete durchgehend mit grün bewertet
werden, welches bedeutete, dass das Projekt den Zielvorgaben entsprach und
die Realisierung mit den eingesetzten Ressourcen und den geplanten Termi-
nen möglich wurde.
Änderungen wurden in diesem Projekt nicht vorgenommen.
3.1.5 Projektabschluss
Am 30. April 2012 fand die abschließende Sitzung des Projektteams mit
vorherigem Austausch mit den ÄLRD statt. In der Abschlussbesprechung
wurden die Marketingaufgaben an die Projektmanagerin übergeben und es
fand eine letzte formale und inhaltliche Prüfung des gesamten Leitfadens
statt.
Geplanter Termin des Druckes und der Herausgabe ist im August 2012. Der
Leitfaden ist urheberrechtlich geschützt. Daher muss auf eine Übernahme in
den Anhang in dieser Bachelorarbeit verzichtet werden.
Des Weiteren wurde ein Abschlussbericht verfasst und es fand eine vollstän-
dige Übergabe der Ergebnisse durch die Erstautorin an die Projektmanagerin
statt.
158
Vgl. Voigt, D.: Projektcontrolling, Stand: 2011 (Internet)
44
3.2 Wesentliche Erkenntnisse aus der Erstellung eines
Leitfadens
Nachdem die wichtigsten theoretischen Grundlagen beschrieben wurden und
eine Projektbeschreibung erfolgte, werden nun die wesentlichen Erkenntnisse
aus dem methodischen Vorgehen bei einer generellen Leitfadenerstellung
dargelegt.
3.2.1 Bedeutung des Begriffes Leitfaden
Der Duden versteht unter dem Begriff Leitfaden eine „kurz gefasste
Darstellung zur Einführung in ein Wissensgebiet“159. Synonyme sind z.B.: Ab-
riss, Ratgeber, Übersicht, Zusammenfassung; (bildungssprachlich) Kompendi-
um, Vademekum; Idee, Leitbild, Richtschnur.160
Der mit dieser Arbeit beschriebene und erstellte Leitfaden soll neben dem
Einstieg in die Thematik (integriertes) „Qualitätsmanagementsystem“ auch
eine Hilfestellung und Vorlage für die Erstellung eines QM-Handbuches bie-
ten.
Der Leitfaden ist nicht als Richtlinie zu verstehen. Dieser Begriff wird häufig im
deutschen Sprachgebrauch als Ersatzwort verwendet für die Begriffe: Leitlinie,
Empfehlung, Leitfaden. Eine Richtlinie ist, im Gegenteil zu den anderen Be-
grifflichkeiten, eine verbindliche Vorgabe ohne Ermessensspielraum. Der Leit-
faden soll aber dem Anwender explizit einen Entscheidungsspielraum mit in-
dividuellen Handlungsmöglichkeiten bieten, von denen in begründeten Fällen
auch abgewichen werden kann oder teilweise sogar muss.161
Daher soll der Leitfaden verstanden werden als:
„Systematically developed statement(s) to assist practitioner and patient deci-
sions about appropriate health care for specific clinical circumstances.”162
Übertragbar auf das beschriebene Projekt bedeutet dies, dass der Leitfaden
eine Entscheidungshilfe bzw. Handlungsempfehlung darstellen soll für eine
159
Bibliographisches Institut GmbH (Duden), Stand: 15.März 2012 (Internet) 160
Vgl. Bibliographisches Institut GmbH (Duden), Stand: 15.März 2012 (Internet 161
Vgl. Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements, 2007, S.20 162
Effective Health Care Bulletin. Implementing clinical practice guidelines: can guidelines be used to improve clinical practice?, 1994 (Internet)
45
angemessene Vorgehensweise hinsichtlich der erfolgreichen Entwicklung und
Implementierung eines QMS im Rettungsdienst durch den Ärztlichen Leiter.163
3.2.2 Erstellung eines Anforderungsprofil
Generell kann ein Leitfaden nur dann zu Erfolg führen, wenn dieser eine klare
Zielrichtung und Aufgabenstellung verfolgt. Die folgenden Kernfragen bzw.
Einstiegsfragen mussten vor Projektbeginn zwingend beantwortet werden,
um eine klare Ausrichtung des Leitfadens zu erreichen.
Kernfragen bei der Erstellung des Leitfadens für den ÄLRD waren u.a.:
- Wer soll mit einem solchen Leitfaden arbeiten?
- Welche Voraussetzungen (Kenntnisse und Qualifikationen) bringt der
Anwender des Leitfadens mit?
- Was soll der Leitfaden explizit bewirken?
- Welche Inhalte werden benötigt, um die Thematik zu verstehen?
- Welche Hilfestellungen muss ein Leitfaden bieten, um die Thematik
zielgerichtet umsetzen zu können?
- Warum wird ein Leitfaden zu dieser Thematik benötigt?
- Welchen Nutzen stiftet dieser Leitfaden?
Mit diesen Fragen wurde die Ausrichtung des Leitfadens deutlich. Nach der
Beantwortung und Verwendung der Fragen konnte der Projektauftrag formu-
liert werden.
3.2.3 Projektmanagement - Auswahl eines geeigneten Managementin-
struments zur Erstellung eines Leitfadens
Neben der Entscheidung der Erstellung eines Leitfadens (keiner Richtlinie oder
einer Norm) musste zur effektiven und effizienten Bearbeitung ein geeignetes
methodischen Vorgehen/ein geeignetes Managementinstrument gefunden
werden.
163
Vgl. Sens, B. et al.: Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements, 2007, S.20ff.
46
Grundlagen des Projektmanagements
Ebenso wie im Qualitätsmanagement gibt es keine einheitliche Definition des
Projektbegriffes.164 Die verschiedenartig benutzten Bedeutungen umfassen
jedoch zumeist die folgenden Eigenschaften:
Zeitliche Befristung,
Zielvorgabe,
Neuartigkeit,
Komplexität und
Unsicherheit/Risiko.165
Ein Projekt, ist ein „einmaliger Prozess, der aus einem Satz von abgestimmten
und gelenkten Vorgängen mit Anfangs- und Endtermin besteht und durch-
geführt wird, um ein Ziel zu erreichen, das spezifische Anforderungen erfüllt,
wobei Beschränkungen in Bezug auf Zeit, Kosten und Ressourcen berücksich-
tigt werden.“166 Generell hat sich auch hier diese Definition etabliert.
Die DIN 69901 definiert Projektmanagement als die „Gesamtheit von
Führungsaufgaben, -organisationen, -techniken und –mitteln für die Abwick-
lung eines Projektes“.167 Dabei wird der Projektbegriff vorausgesetzt.
Projektmanagement ist also ein methodisches Vorgehen (Arbeits- und Organi-
sationsform) für komplexe und zeitlich begrenzte Vorhaben. Bei gezielter und
konsequenter Umsetzung kann Projektmanagement zu erheblichen Nutzen-
potentialen führen.168 Beispiele dafür sind:
Effektivität („Do the right things“),
Effizienz (“Do the things right”),
Kontrollierbarkeit (mittels gezielter Projektsteuerung),
Transparenz (durch Projektdokumentation und –kommunikation) und
164
Vgl. Zingel, H.: Grundzüge des Projektmanagements, Version 4.00, 2009, S.3 165
Vgl. Zingel, H.: Grundzüge des Projektmanagements, Version 4.00, 2009, S.3 166
Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN ISO 9000:2000, Definition 3.4.3 167
Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN 69901 168
Vgl. Zingel, H.: Grundzüge des Projektmanagements, Version 4.00, 2009, S.3
47
Wissensmanagement (nachhaltiger Wissenstransfer durch Team-
arbeit).169
Projektmanagement umfasst die Organisation, Planung, Steuerung und Über-
wachung aller Aufgaben und Ressourcen, die notwendig sind, um die Projekt-
ziele zu erreichen.170
Fazit für dieses Projekt
Die Wahl des Projektmanagement war effizient und effektiv. Die Projektorga-
nisation förderte die interdisziplinäre Zusammenarbeit und ermöglichte eine
flexible und reaktionsfähige, zeitlich befristete Bearbeitung. Der Austausch
und die Kommunikation innerhalb des Projektteams, unter Beachtung der
Projektkultur, brachte das Team voran und stärkte die einzelnen Teammit-
glieder.
3.2.4 Bedeutung von Bewertungskriterien
Neben dem Nutzen und den Chancen des Qualitätsmanagements sowie der
Branchenanalyse als Gesichtspunkt zur Verfassung eines Leitfadens mussten
geeignete Kriterien gefunden werden. Diese Maßstäbe sollen die Stärken und
Schwächen des Leitfadens im Hinblick auf verschiedene Bedingungen (z.B.
Anspruchsgruppen, Schnittstellen, Umfang und Inhalt) verdeutlichten und
transparent machten.
Bewertungskriterien für dieses Projekt waren z.B.:
die Nutzenbewertung (Kann der Leitfaden mit den gewählten Inhalten
den Anwender und nachhaltig bereichern? Bewirkt der Leitfaden eine
positive Entwicklung?),
der Publikationsumfang (regionale Veröffentlichung/ Anwendung,
bundesweiter Anwenderkreis, internationale Publikation),
die Verständnisklärung (Kann der Leitfaden bei den Stakeholdern so
wie er geschrieben wurde angewendet werden? Wird der Inhalt ver-
standen?) und die
169
Vgl. o.V., Projektmanagementgrundlagen, Nutzen, Stand: 2011 (Internet). 170
Vgl. Zingel, H.: Grundzüge des Projektmanagements, Version 4.00, 2009, S.3
48
Vergleiche mit bestehenden Leitfäden.
Wichtig bei einem funktionierenden Projekt ist also, dass nach der Verfassung
eines Leitfadens (unter Berücksichtigung der Anforderungserfüllung) eine Be-
wertung und Evaluierung stattfindet.
Ein geeignetes Mittel zur Qualitätsverbesserung und -kontrolle ist ein Pilot-
projekt mit abschließendem Testbericht bzw. einer Analyse.
Fazit für das Projekt
Für das vorab beschriebene Projekt bedeutete das, dass ein Ärztlicher Leiter
Rettungsdienst gefunden werden musste, der mit den Aufgaben des Quali-
tätsmanagement betraut ist und diese in seiner Organisation umsetzen will
bzw. bereits umsetzt. Als „Testleser“ wurde Dr. med. Patrick Jung gefunden
(ÄLRD der Stadt Wolfsburg, siehe Anhang I), der den ersten und zweiten Ent-
wurf des Leitfadens testete, gezielt auf Änderungen sowie formale Korrektu-
ren verwies und die positiven und negativen Aspekte benannte.
Ein Vergleich fand mit einer Veröffentlichung der KTQ® GmbH (KTQ-Manual
1.0 Rettungsdienst) statt. Dieser hilf dem Projektteam bei der Erstellung des
eigenen Leitfadens. Das KTQ-Manual wurde durch den Deutschen Berufsver-
band Rettungsdienst hinsichtlich des Nutzens und der Schwachstellen bewer-
tet. Eine solche Bewertung stellt eine solide Basis bei der Erstellung des ge-
planten Leitfadens dar und bietet somit eine große Chance zur Qualitätsver-
besserung.
4 Diskussion
Im Bezug auf die zu Beginn aufgestellte These (Ein Rettungsdienstbereich ist
nur dann erfolgreich, wenn ein praxis- und prozessorientiertes Qualitäts-
managementsystem vorhanden ist und dieses kontinuierlich gelebt und
weiterentwickelt wird.), soll dieses abschließende Kapitel die mögliche Bedeu-
tung eines Leitfadens zur Einführung und Entwicklung eines praxisorientierten
QMS für den Ärztlichen Leiter Rettungsdienst verdeutlichen.
49
Hauptaugenmerk liegt auf dem systematischen Bezug der Thematik im Hin-
blick auf den Tätigkeitsbereich eines ÄLRD. Hierzu wurden Stellungnahmen für
den Nutzen eines Leitfadens recherchiert, eingeholt und bewertet (Interview
Prof. Dr. Runggaldier, Stellungnahme des Deutschen Berufsverbandes
Rettungsdienst e.V. zum KTQ für den Rettungsdienst, Stellungnahme des
Ärztlichen Leiter Rettungsdienst Wolfsburg und Oberarzt der Anästhesie des
Klinikum Wolfsburg Dr. med. Patrick Jung). Ableitbar soll letztlich die Not-
wendigkeit eines QMS in der präklinischen Notfallmedizin und besonders für
den ÄLRD sein.
4.1 Nutzen eines praxisorientierten QMS für den Ärztlichen
Leiter Rettungsdienst
Der damalige Leiter Rettungsdienst der Malteser in Deutschland, Professor Dr.
Klaus Runggaldier, sieht bereits im April 2010 einen enormen Handlungsbe-
darf hinsichtlich einheitlicher Qualitätsmanagementsysteme im Rettungs-
dienst.
„Qualität braucht einheitliche Standards“, lautet die Überschrift des Inter-
views (siehe Anhang III). Der Malteser Hilfsdienst stellte im Jahr 2010 die ein-
zige Hilfsorganisation dar, die ein bundeseinheitliches QMS implementiert
hat. Jedoch sagt Runggaldier selbst, dass ein Zertifikat nichts über den tat-
sächlichen Stand und Erfolg des QMS aussagt.
„Wir brauchen bundesweit einheitliche Standards, zum Beispiel die flächende-
ckende Einführung eines Ärztlichen Leiter Rettungsdienst oder festgelegte
Behandlungsstandards wie Algorithmen, die überall Gültigkeit haben. Ein
deutsches QM-Handbuch Rettungsdienst wäre dabei sicherlich ein besonders
geeignetes Hilfsmittel und Instrument, um die maximal heterogenen
Strukturen zu vereinheitlichen.“, so Runggaldier.
Runggaldier betont, dass eine einzige Hilfsorganisation mit einem bestehen-
den QMS keine Mindeststandards für den gesamten Rettungsdienst festlegen
kann. Insgesamt kann nur etwas bewegt werden, wenn es bereichs- und
organisationsübergreifende Initiativen diesbezüglich gibt. Im Fokus der
50
Verbesserung steht nicht die zumeist leicht zu erreichende Sicherstellung der
Prozess- und Strukturqualität (z.B. Medizinproduktegesetz, Betäubungsmittel-
gesetz), sondern insbesondere die verfasste und belegbare Steigerung der
Ergebnisqualität am Patienten selbst.
Diese Stellungnahme verdeutlicht, dass der Leitfaden einen ersten Schritt in
die Richtung bundeseinheitliches QMS/QMH für die präklinische Notfallmedi-
zin aufzeigen kann. Wichtig dabei ist, dass weitere Leitfäden ausgehend von
dem ÄLRD auch organisationsübergreifend und ggf. auch rettungsdienstbe-
reichsübergreifend in Zusammenarbeit mit weiteren ÄLRD betrieben, kontinu-
ierlich weiterentwickelt und auf die eigenen/gemeinsamen Belange angepasst
werden.
Dr. med. Patrick Jung, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst der Stadt Wolfsburg,
hat im März 2012 den Bericht des Pilotprojektes gelesen. Am 3. Juni nahm er
für diese Arbeit Stellung (siehe Anlage I). Neben den positiven Merkmalen des
Leitfadens erwähnt er hinsichtlich der Nützlichkeit eines Leitfadens das Fol-
gende: „Meines Erachtens kann der Leitfaden eine enorme Hilfestellung bieten
für einen Ärztlichen Leiter Rettungsdienst. Besonders das Muster-
Qualitätsmanagementhandbuch stellt eine solide Basis für die Erstellung eines
eigenen QMH dar. Bisher suchte man vergebens nach einem einfachen Ein-
stieg in eine wenig definierte Aufgabe als ÄLRD.“
Jung sieht den Leitfaden als eine solide Basis für den Aufbau seines QMS in
der Stadt Wolfsburg an. Er betont, dass besonders im Hinblick auf die vorhan-
dene Heterogenität im Rettungsdienst ein einheitlicher Leitfaden sinnvoll er-
scheint. Auch ist die Kooperation und Zusammenarbeit von den ÄLRD mit
nicht-ärztlichen Dienststellenleitungen von großer Bedeutung.
Interessant ist auch der Wandel seiner Denkweise, welches ein vorder-
gründiges Ziel des verfassten Leitfadens darstellt (vgl. Anhang I): „Meine an-
fänglichen Zweifel über den gehörten QM-Mehraufwand, wurden schnell
durch das Verständnis ersetzt, dass Qualitätsmanagement richtig angewendet
erfolgreich z.B. zu Prozessoptimierungen, zu Organisationsentwicklungen, ge-
51
nerellen Verbesserungen und langfristig gesehen zu Kostensenkungen beitra-
gen kann.“
Diese Stellungnahme zeigt, dass der Leitfaden einen ÄLRD überzeugen kann,
welchen Nutzen QM stiftet. Ebenso erwähnt Jung sehr positiv das Muster-
QMH, welches eine solide Basis für seine Arbeit als ÄLRD hinsichtlich QM und
der Entwicklung eines QMS in Wolfsburg darstellt.
Am 24. April dieses Jahres wurde durch den Deutschen Berufsverband Ret-
tungsdienst e.V. (DBRD) eine Stellungnahme zum KTQ®-Manual 1.0 Rettungs-
dienst veröffentlicht (vergleiche Anlage II).
Der DBRD sagt ganz explizit, dass er generell die Einführung und Aufrecht-
erhaltung von praxisorientierten Qualitätsmanagementsystemen und QM-
Konzepten unterstützt, hält aber die Einführung des KTQ®-Konzeptes für das
Rettungswesen in Deutschland für nicht zielführend.171
Gründe dafür sind z.B.:
KTQ® ersetzt kein QMS wie die DIN EN ISO 9001:2008, sondern
macht nur zusätzlich Sinn.
Der Bereich des Arbeitsschutzes wurde nur sehr oberflächlich be-
handelt.
Die am KTQ®-Verfahren für den Rettungsdienst beteiligten
Mitarbeiter setzten sich zum allergrößten Teil aus Vertretern der
Ärzteschaft zusammen. Fachkompetente Vertreter aus den Reihen
des Rettungsfachpersonals wurden nicht eingebunden.
Einige Vorgaben sind nicht umsetzbar, weil sie nicht in den
Verantwortungsbereich der durchführenden Organisation fallen
(z.B. Abbruchkriterien für die Reanimation, Konzept zur Patienten-
übergabe).
Der DBRD meint, KTQ® habe die notwendige Sorgfalt nicht berücksichtigt. Das
Konzept stehe dem Teamgedanken und auch der Entwicklung in der
171
DBRD (Hrsg.): Stellungnahme des DBRD zum KTQ für den Rettungsdienst, 2012.
52
präklinischen Notfallmedizin entgegen und verhindert damit eine praxiskon-
forme Integration eines QMS. 172
Dieses Statement verdeutlicht, wie schwer es ist, eine solide Basis für ein
praxisorientiertes QMS im Rettungswesen zu entwickeln.
Dem Projektteam war wichtig, die Aussagen und Inhalte so zu formulieren,
dass es sowohl QM-Experten als auch Neueinsteiger verstehen und damit wir-
kungsvoll arbeiten können. Ebenso sollte der Leitfaden nicht auf einem
einzigen Darlegungskonzept basieren, sondern für alle Darlegungsmodelle
anwendbar sein. Der Projektmanagerin war der Einbezug der ÄLRD und auch
besonders eines aktiven Mitarbeiters des nicht-ärztlichen RD-Personals bei
der Verfassung des Leitfadens von großer Bedeutung.
Des Weiteren sind neben dem unter 2.7.2 erwähnten Nutzen und der Ziele
des QM auch noch die Chancen und Notwendigkeiten eines bundesweiten
Leitfadens für ein praxisorientierten QMS in der Rettungsmedizin zu nennen:
Homogenisierung der maximal heterogenen Rettungsdienst-
systeme,
Intensivierung der Zusammenarbeit der Träger, Leistungserbringer
und Kostenträger Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit,
Flächendeckende Einführung des ÄLRD Einhaltung gesetzlicher
Vorgaben, Standardisierungen,
Bundesweite Etablierung und Stärkung des Qualitätsmanagements
verbindliche „Spielregeln“, Einhaltung gesetzlicher Vorgaben,
Konsequente Einführung und Evaluierung von richtlinienkonformen
Standard Operating Procedures (SOP’s) bzw. Algorithmen
Standardisierungen,
Definition, vertragliche Festlegung und Überprüfung von Mindest-
standards und Messkriterien (z.B. klare Regelung der Not-
kompetenz nicht-ärztlichen Rettungsdienstpersonals) und
172
Vgl. DBRD (Hrsg.): Stellungnahme des DBRD zum KTQ für den Rettungsdienst, 2012.
53
Ganzheitliches Denken Erhöhung der Mitarbeitermotivation.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass der ZQ-Leitfaden richtig verstanden und
umgesetzt an diesen Punkten ansetzen kann. Jedoch ist bei z.B. der Homoge-
nisierung der maximal heterogenen Rettungsdienstsysteme, nicht nur ein
ÄLRD im Verantwortungsbereich. Weitreichende organisations- und bereichs-
übergreifende Zusammenarbeit und Kooperationen sind zur Zielerreichung
essentiell. Ebenso müssen politische und gesetzliche Änderungen und
Entwürfe mit einbezogen werden.
4.2 Kritik am Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen
Nicht wenige Beschäftigte im Humanbereich, sei es in der Physiotherapie,
Sozialpädagogik, Kindererziehung oder der Medizin selbst, hegen ein Unbeha-
gen, dass QM im letzten Jahrzehnt von Externen, also Personen umgesetzt
wird, „die von der gesamten Sache kaum etwas verstehen“ und dieses mit
einem „missionarischem Eifer“ erzwungen haben. Die Zunahme der Bürokra-
tie wird ebenso bemängelt wie die Qualitätssicherungsmaßnahmen der
1990er Jahre, welche als zu „teuer“ und generell „als nicht brauchbar“ ange-
sehen werden.173
Kritiker behaupten daher weiterhin, dass QM oft nur zu mehr Bürokratie
führe, die arbeitenden Berufe von der Arbeit abhalte, Menschen mit mehr
Macht ausgestattet haben, die von der eigentlichen Sache nicht verstehen,
sondern nur inhaltsleere formale Regeln kennen, deren Bedeutung sie auch
noch maßlos überschätzen. Daher ist eine kritische Betrachtung ebenso
essentiell wie der Nutzen.174
Bedeutsam ist, dass niemals jemand etwas gegen Qualität oder vielmehr
Qualitätssteigerung gehabt hat. Qualitätssicherung gab es schließlich schon
immer, denn so lange Menschen zielorientiert handeln gibt es „Qualitäts-
management“. Ein bedachter und gewissenhaft arbeitender Angestellter
handelt generell ganz nach dem modernen Prinzip des „continuous
173
Vgl. Dollase, R.: Kritik der Qualitätssicherung, S.3 (Internet) 174
Vgl. Ebd, S.3 (Internet)
54
improvement prozess“, in dem er seine Arbeit selbstständig evaluiert und
kontinuierlich aus seinen Handlungen lernt. Die Fähigkeit, Qualitätsstandards
für die eigenen Handlungen zu setzen, die Zielerreichung zu kontrollieren und
die Ergebnisse für gut oder schlecht zu bewerten bzw. nachzubessern erwirbt
der Mensch schon im Säuglingsalter spontan bzw. erlernt diese mit der Zeit.
QM wurde also „früher“ selbstständig gemacht und durchgeführt.175
QM-Kritiker in der präklinischen Notfallmedizin glauben, Qualität im
Rettungsdienst ist teuer. Besonders im Zeitalter der Rettungsdienst-
Ausschreibungen ist “teuer” aber nicht von Vorteil.176
Betrachtet man die Startzeit der Einführung und Implementierung eines QMS,
trifft diese Aussage durchaus zu (z.B. Personalkosten). Ist das QMS aber er-
folgreich implementiert, so erzeugt es keine Mehrkosten sondern hilft sogar
bei der Kosteneinsparung (z.B. geringere Reparaturkosten, günstige
Beschaffung, Minimierung der Krankheitstage der Mitarbeiter, Vermeidung
und Reduzierung von Folgekosten aufgrund fehlerhafter Prozesse).177
Jedoch gibt es Aspekte, die Kritiker am QM schätzen bzw. als nicht überflüssig
ansehen. Zu nennen sind: Kontinuierliche Verbesserung, Kontrolle, gute
Programme (Prozessbezug) und kompetentes Personal bzw. kompetente Vor-
gesetzte, die die Qualität auch kontrollieren.178
4.3 Grenzen des Qualitätsmanagement
„Je populärer eine Idee ist, desto weniger denkt man über sie nach und desto wichti-
ger ist es also, ihre Grenzen zu untersuchen.“ (Paul Feyerabend)
Generell muss man sagen, dass QM ein Instrument darstellt, welches auf
Nutzenstiftung ausgerichtet ist. Jedoch besitzt jedes Instrument Grenzen.
Besonderes Augenmerk liegt auf der Einmaligkeit eines Patienten in der
Medizin. Im QM hingegen fallen Schlagworte wie Einheitlichkeit, Standardisie-
rung, allgemeine Handlungsempfehlungen.
175
Vgl. Dollase, R.: Kritik der Qualitätssicherung, S.3 (Internet) 176
Vgl. Runggaldier 177
Runggaldier… 178
Vgl. Dollase, R.: Kritik der Qualitätssicherung, S.3 (Internet), S. 4ff.
55
So ergeben sich folgende Grenzen:
Qualität einer (notfallmedizinischen) Leistung ist für den Patienten
häufig nicht beurteilbar. Die medizinische Leistung ist vielmehr ein
Vertrauens-/Glaubensgut.
Aufgrund der Individualität können Ereignisse nicht sicher vorausge-
sagt werden.
Standardisierung steht im Widerspruch mit dem ärztlichen Berufs-
leben hinsichtlich der Einmaligkeit der Arzt-Patienten-Beziehung und
der Individualität des Patienten.
Standardisierung kann die Therapiefreiheit eingrenzen.
Zahlreiche Handlungsweisen und –empfehlungen sind in der Medizin
nicht wissenschaftlich begründet.
Große Bedeutung der Kosten-Nutzen-Betrachtung aus Sicht des
Patienten, des Leistungserbringers und der Kostenträger.
Der Einbezug und die Auseinandersetzung dieser Problematik in die
Diskussionen um das Qualitätsmanagement und generell integrierte
Managementsysteme sind elementar.
4.4 Kritische Zusammenfassung
Die vorausgegangenen Ausführungen haben verdeutlicht, dass QM in der
Gesundheitsversorgung und speziell in der präklinischen Notfallmedizin
bedeutsam ist. Es bietet zahlreiche Chancen für einen ÄLRD und ist notwendig
für die Erfüllung der Anforderungen an einen erfolgreichen Rettungsdienst.
Die anfänglich aufgestellte These, dass ein Rettungsdienst(bereich) nur dann
erfolgreich ist, wenn ein praxis- und prozessorientiertes Qualitätsmanage-
mentsystem vorhanden ist und dieses kontinuierlich gelebt und weiter-
entwickelt wird, kann so pauschal nicht gesagt werden.
Qualitätsmanagement kann einen erheblichen Nutzen für die Organisation
bzw. den Rettungsdienstbereich eines ÄLRD stiften. Jedoch ist QM kein
absoluter Garant für Qualität und Erfolg einer Organisation.
56
Bedeutend ist, dass generell der Wunsch eines Leitfadens geäußert wird (vgl.
Jung, Anhang I). Nur müssen Zweifler und Kritiker zwingend in die
Diskussionen mit einbezogen werden und die Grenzen betrachtet werden.
Ziel ist, dass QM nicht als Zwang empfunden wird, sondern dass vielmehr die
Chancen gesehen werden, die QM bietet: Strukturierung der Organisation,
Verteilung klarer Kompetenzen, Kosten- und Zeitersparnis durch Prozess-
optimierungen, motivierte Mitarbeiter und essentiell ist die Ausrichtung der
Praxis auf die Patientenzufriedenheit und –sicherheit.179
Bei der erfolgreichen Entwicklung und Implementierung eines praxis-
orientierten QMS ist daher stets Teamarbeit elementar. Teamarbeiten und
Absprachen, besonders zwischen den ÄLRD und den nicht-ärztlichen
Führungskräften, sind unabdingbar für ein funktionsfähiges und erfolgreiches
QM.
In der präklinischen Notfallmedizin ist das Qualitätsmanagement in vielen
Bereichen noch in den Kinderschuhen. Trotz anfänglichen Aufwendungen und
intensiven Bemühungen, werden sich die Bemühungen jedoch nach kurzer
Zeit auszahlen.
5 Fazit
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde neben einer theoretischen Grund-
lagen (Kapitel 2), das methodische Vorgehen bei einer Leitfadenerstellung
mittels Projektmanagement als auch eine anfänglich aufgestellte These im
Bezug auf die Thematik QM in der präklinischen Notfallmedizin diskutiert.
Die theoretische Grundlage soll eine klare sprachliche Einheitlichkeit bewirken
und baut inhaltlich aufeinander auf. Es wurden neben den Begrifflichkeiten,
das Thema Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung und die
Kernthematik Qualitätsmanagement in der präklinischen Notfallmedizin
detailliiert beschrieben und dargelegt.
179
Vgl. Dudziak, U.: Sinn und Nutzen von Qualitätsmanagement, in: Der Nuklearmediziner,
2005, S. 135ff.
57
Bei der Erstellung des Leitfadens wurde auf das klassische Manage-
mentinstrument bzw. das methodische Vorgehen des Projektmanagements
zurückgegriffen. Erkenntnisse aus der Erstellung des Leitfadens ist, dass dieses
Instrument gut eingesetzt werden kann, um die Anforderungen und Zielset-
zungen an einen Leitfaden effizient und effektiv umzusetzen.
Die vorliegende Arbeit beleuchtet den Nutzen eines praxisorientierten QMS
für den ÄLRD aus verschiedenen Blickwinkeln. Dabei werden die Grenzen und
die Kritik des Qualitätsmanagements aufgezeigt und sinnvollerweise mit in die
Diskussion einbezogen.
Bedeutsam ist, dass die Problematiken und Herausforderungen an den ÄLRD
und generell die präklinische Notfallmedizin aufgezeigt wurden, um die
Bedeutung für die Einführung und (Weiter-)Entwicklung eines QMS zu
verdeutlichen.
Ob und in wieweit der Leitfaden nun hilft, die erwähnten Herausforderungen
und Problemfelder zu lösen bzw. die Qualität in der Notfallmedizin zu sichern
und ggf. zu steigern, ist zu diesem Zeitpunkt zu vermuten. Zweckvoll ist nach
Herausgabe des Leitfadens neben einer kontinuierlichen Weiterentwicklung
hinsichtlich gesetzlicher Änderungen und medizinischen Neuerungen auch die
Evaluierung des praktischen Nutzens eines solchen Leitfadens.
58
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7.9.2010, Internet: http://www.recht-
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Lauterbach, K. W., Lüningen, M., Schrappe, M.: Gesundheitsökonomie, Ma-
nagement und Evidence-based Medicine, Handbuch für Praxis, Politik und
Studium: Eine systematische Einführung, Stuttgart: Schattauer GmbH, 2010.
Niemann, N.: Leitfaden zur Erstellung eines Qualitätsmanagementhandbu-ches für die Abteilung Anästhesiologie, Hannover: Ärztekammer Niedersach-sen, Zentrum für Qualität und Management im Gesundheitswesen, 2006.
Paschen, U.: Neuer Stand „Qm-Systeme für Dienstleister in der Gesundheits-
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Plank, J.; Hein, T.: Rechtssichere Erfüllung der gesetzlichen Qualitäts- und Si-
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Pfeifer, T.; Schmitt, R.: Qualitätsmanagement: Strategien, Methoden, Techni-
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Sibbel, R., Fischer, A.: Der Patient als Kunde und Konsument, Wie viel Patien-
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Wachter, R.: Fokus Patientensicherheit; Fehler vermeiden, Risiken managen,
Berlin: ABW Wissenschaftsverlag GmbH, 2008.
Wagner, K. W., Käfer, R.: PQM - Prozessorientiertes Qualitätsmanagement.
Leitfaden zur Umsetzung der ISO 9001, München: Carl Hanser Verlag, 2010.
Wagner, K. W., Brunner, F.J.: Taschenbuch Qualitätsmanagement, Leitfaden
für Studium und Praxis, 4., überarbeitete Auflage, München: Carl Hanser Ver-
lag,2008.
Weis, U.: Risikomanagement nach ISO 31000, Risiken erkennen und erfolg-
reich steuern, 2. Auflage, Kissing: WEKA MEDIA GmbH & Co. KG, 2011.
Zingel, H.: Grundzüge des Projektmanagements, Version 4.00, Stand: 2009,
Internet: http://www.zingel.de/pdf/10proj.pdf.
63
Anhang
Anhang I: Stellungnahme Dr. med. Patrick Jung
Wolfsburg, den 24. Juni 2012 Dr. med. Patrick Jung Ärztlicher Leiter Rettungsdienst der Stadt Wolfsburg Oberarzt der Anästhesie, Klinikum Wolfsburg
Stellungnahme zum Leitfaden des Zentrums für Qualität und Management für ein
praxisorientiertes Qualitätsmanagementsystem für den Ärztlichen Leiter Rettungs-
dienst
Mit großem Interesse habe ich den Entwurf des Leitfadens gelesen und ge-
prüft. Besonders gut gefallen haben mir der Aufbau und das moderne Layout
des Leitfadens. Bereits in dem Inhaltsverzeichnis wird deutlich, dass nach ei-
ner Einführung in die komplexe Thematik des Qualitätsmanagements ein Qua-
litätsmanagementhandbuch folgt, welches detailliert und mit ausgeprägtem
Bezug auf die präklinische Rettungsmedizin geschrieben wurde.
Es wird deutlich, dass die Autorin bzw. die Autoren viel von der Thematik Ret-
tungsmedizin versteht/verstehen. So werden neben den ärztlich-relevanten
Inhalten auch die benötigten nicht-ärztlichen Themenbereiche der präklini-
schen Notfallmedizin beleuchtet und verständlich dargestellt. Die Komplexität
des Rettungsdienstes wird deutlich. Besonders der Einstieg in das Qualitäts-
management ist für „QM-Laien“ sehr präzise und transparent beschrieben
worden.
Meines Erachtens kann der Leitfaden eine enorme Hilfestellung bieten für
einen Ärztlichen Leiter Rettungsdienst. Besonders das Muster-
Qualitätsmanagementhandbuch stellt eine solide Basis für die Erstellung eines
eigenen QMH dar. Bisher suchte man vergebens nach einem einfachen Ein-
stieg in eine wenig definierte Aufgabe als ÄLRD. Anschaulich und fachkundig
dargestellt wurden auch die Algorithmen und Prozesse, welche im Rettungs-
dienst immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Im Zeitalter der Finanzierungsprobleme im deutschen Gesundheitswesen, mit
gesteigertem Wettbewerb und einer (leider) stark ausgeprägten Heterogeni-
tät im Rettungsdienst ist ein einheitlicher Leitfaden bedeutsam und sinnvoll.
Ein (deutscher) Leitfaden für den ÄLRD kann, besonders auch in Zusammenar-
beit mit nicht-ärztlichen Dienststellenleitungen und Rettungswachenleitungen
(organisations- und bereichsübergreifend), einen wesentlichen Nutzen stiften.
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Den Autoren scheint es sehr wichtig zu sein, dass der Leser das Prinzip des QM
versteht. Meine anfänglichen Zweifel über den gehörten QM-Mehraufwand
wurden schnell abgelegt und durch das Verständnis ersetzt, das Qualitätsma-
nagement richtig angewendet erfolgreich z.B. zu Prozessoptimierungen, zu
Organisationsentwicklungen, generellen Verbesserungen und langfristig gese-
hen zu Kostensenkungen beitragen kann.
Für die Stadt Wolfsburg bedeutet das, dass ich mit Hilfe des Leitfadens versu-
chen werde, ein erfolgreiches QMS im Bereich der präklinischen Notfallmedi-
zin (Berufsfeuerwehr, Kooperation mit angrenzenden Landkreisen, weitere
Hilfsorganisationen) in Wolfsburg zu entwickeln.
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Anhang II: Stellungnahme des Deutschen Berufsverbandes Rettungs-
dienst e.V.
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67
68
Anhang III: Interview mit Prof. Dr. Runggaldier (Veröffentlicht im
Internet: www.rettungsdienst.de, 2010)
“Qualität braucht einheitliche Standards”
Köln (rd.de) – Seit zehn Jahren sind die Malteser die erste und einzige Hilfsor-
ganisation, die ein bundesweit einheitliches Qualitätsmanagementsystem im
Rettungsdienst integriert hat. Das Zertifikat allein sagt heute aber wenig über
die tatsächliche Qualität der rettungsdienstlichen Versorgung aus, findet Pro-
fessor Dr. Klaus Runggaldier, Leiter Rettungsdienst der Malteser in Deutsch-
land, und sieht weiteren Handlungsbedarf.
rd.de: Als die Malteser 1996 begannen, ein QM-System nach ISO 9001 für
den Rettungsdienst zu schaffen, war das ein Stück Pionierarbeit. Schließlich
war die Qualitätsnorm für das produzierende Gewerbe gedacht.
Dr. Runggaldier: Eine spannende Herausforderung war das allemal, aber die
ISO 9001 war und ist sehr gut geeignet, um auf den Rettungsdienst übertragen
zu werden. Externe Berater haben uns auf typische Denkfehler und Stolperfal-
len hingewiesen. Heute ist das Qualitätsmanagement bei den Maltesern auf
allen 191 Rettungswachen umgesetzt und wird von unseren 5.000 Rettungs-
dienstmitarbeitern bei allen 600.000 jährlichen Einsätzen gelebt, um die not-
wendige hohe Qualität täglich sicherzustellen und weiter zu verbessern.
rd.de: Die Weiterentwicklung von Qualitätsstandards im Rettungsdienst hängt
künftig von Faktoren ab, die von den Maltesern selbst nicht zu beeinflussen
sind. Die unterschiedlichen Landesrettungsdienstgesetze mit unterschiedlich
stark ausgeprägten Qualitätsklauseln dürften dem Prozess entgegenstehen.
Brauchen wir ein bundeseinheitliches Rettungsdienstgesetz?
Dr. Runggaldier: Ein bundeseinheitliches Rettungsdienstgesetz werden wir
wohl nicht bekommen. Trotzdem müssen wir Mindeststandards für den Ret-
tungsdienst definieren. Wir brauchen bundesweit einheitliche Standards, zum
Beispiel die flächendeckende Einführung eines Ärztlichen Leiter Rettungs-
dienst oder festgelegte Behandlungsstandards wie Algorithmen, die überall
Gültigkeit haben. Ein deutsches QM-Handbuch Rettungsdienst wäre dabei si-
cherlich ein besonders geeignetes Hilfsmittel und Instrument, um die maximal
heterogenen Strukturen zu vereinheitlichen.
rd.de: Das kann man über das eigene QM nicht lösen?
Dr. Runggaldier: Nein. Wir Malteser sind zwar der größte Rettungsdienst mit
einem einheitlichen QM-System, aber unser Marktanteil beträgt nur ca. 10 Pro-
zent. Entsprechend können wir und auch andere Rettungsdienstanbieter mit
QM-Systemen nur etwas bewegen, wenn es gemeinsame und großflächige or-
ganisationsübergreifende Initiativen diesbezüglich gibt. Zu klein gedacht, bei-
spielsweise auf Kreisebenen, bringt es das Gesamtsystem Rettungsdienst nicht
wirklich weiter. Es geht hier nicht um die zumeist leicht zu erreichende Sicher-
stellung einer guten Prozess- und Strukturqualität, wie beim Medizinprodukte-
gesetz, dem Betäubungsmittelgesetz oder ähnlichem, sondern insbesondere
69
auch um die dokumentierte und belegbare Verbesserung der Ergebnisqualität
am Patienten.
rd.de: Bei Ausschreibungen wird ein QM nach ISO in der Regel vorausge-
setzt.
Dr. Runggaldier: Es ist nicht mehr schwierig, ein QM-Zertifikat für seinen
Rettungsdienst zu bekommen. Das zertifizierte Unternehmen ist heute kein
Garant für Qualität. Qualität muss in den Betrieben vielmehr gelebt werden,
und das muss auch kontinuierlich belegt und nachgewiesen werden können.
rd.de: Nicht wenige glauben, Qualität im Rettungsdienst ist teuer. Im Zeitalter
der Rettungsdienst-Ausschreibungen ist “teuer” aber nicht von Vorteil.
Dr. Runggaldier: QM erzeugt durchaus einen Aufwand in der Startzeit. Wenn
ein Qualitätsmanagement aber erst einmal erfolgreich läuft, erzeugt es keine
Mehrkosten, sondern hilft sogar, Kosten einzusparen: weniger Reparaturen,
günstigere Beschaffungen, weniger Krankheitstage der Mitarbeiter, weniger
Folgekosten bedingt durch weniger fehlerhafte Prozesse. Wenn beim Aufbau
und der Umsetzung eines QM-Systems neue oder höhere Kosten entstehen,
weil zum Beispiel Mitarbeiter entsprechend den Vorschriften der Unfallversi-
cherungsträger geimpft werden, sind dass korrekterweise ja keine Kosten des
QM-Systems, sondern „nur“ Kosten zur Sicherstellung eines ordentlichen, Ge-
setzes- und Regelkonformen Rettungsdienstes.
Bei den Ausschreibungen und Vergaben im Rettungsdienst kann man nur deut-
lich dafür plädieren, überprüfbare Qualitätskriterien in die Ausschreibungen
mit aufzunehmen. Eine handwerklich gut gemachte Ausschreibung eröffnet
hier neue Chancen: Hygiene und Desinfektion, Impfungen, Gesundheitszeug-
nisse, Fortbildungsnachweise, Kompetenztests – all das lässt sich abbilden.
Nicht zu vergessen, die Altersstruktur der Mitarbeiter: Ausschreibungen, die
nur auf die Kosten abzielen, kann man heute nur mit ganz jungen Mitarbeitern
gewinnen. Die Erfahrung und die Routine der älteren Mitarbeiter muss auch
einen Wert darstellen. Hier gibt es noch viel zu tun. Wenn ausgeschrieben
wird, kann es nicht nur um billig gehen, sondern vielmehr um eine hohe und
nachgewiesene Qualität zu einem günstigen Preis.
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Anhang IV: Balkendiagramm
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Anhang V: Netzplan des Projektes
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Anhang VI: Erklärungen zum Netzplan
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Ehrenwörtliche Erklärung
„Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne
Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Alle
Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus veröffentlichten und nicht veröffent-
lichten Schriften entnommen wurden, sind als solche kenntlich gemacht. Die
Arbeit ist in gleicher oder ähnlicher Form im Rahmen einer anderen Prüfung
noch nicht vorgelegt worden.“
Ort, Datum Sabine Ksionsko (Unterschrift)
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