Faculty of Civil, Geo and Environmental Engineering
Chair of Computational Modeling and Simulation
Prof. Dr.-Ing. Andre Borrmann
Faculty of Architecture
Chair of Architectural Informatics
Prof. Dr.-Ing. Frank Petzold
BIM-basierte Ausschreibung
27. Juli 2018
Bericht
Advanced Topics in Building Information Modeling
David Hacker
Michael Sedlmair
Advanced Topics in Building Information ModelingBIM-basierte Ausschreibung
Inhaltsverzeichnis
1 Einfuhrung 3
1.1 BIM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.2 Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
2 Grundlagen 5
2.1 Der AVA- Prozess in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
2.2 eVergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
3 Einordnung der Ausschreibung in die BIM-Methodik 9
3.1 Arbeitsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
3.2 Modellbasierte Mengenermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
4 Marktubersicht uber BIM-basierte AVA-Software 13
4.1 Anforderungen und Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
4.2 Unterschiedliche Losungsansatze der Softwarehersteller zur Mengenermittlung 14
4.3 Zertifizierung von AVA-Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
5 Fallstudie 16
5.1 iTWO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
5.2 Orca AVA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
5.2.1 Workflow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
5.2.2 Bewertung und Kritikpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
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5.3 AVANTI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
5.3.1 Workflow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
5.3.2 Bewertung und Kritikpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
6 Zusammenfassung und Ausblick 34
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Kapitel 1
Einfuhrung
1.1 BIM
In den letzten Jahren wurden einige große Bauvorhaben, wie beispielsweise der Flughafen Ber-
lin, Elbphilharmonie oder Stuttgart 21 offentlich sehr kritisch diskutiert. Die herkommlichen
Abstimmungsprozesse zwischen dem Bauherrn, den beteiligten Ausfuhrungsunternehmen und
Planungsburos nahmen hierbei eine entscheidende Rolle ein. Deshalb hat der offentliche Bau-
sektor vor einiger Zeit damit begonnen, innovative Ansatze wie das Building Information
Modeling oder das E-Procurement zu fordern. Diese Arbeitsmethoden haben einerseits das
Ziel, die Zusammenarbeit zwischen allen Projektbeteiligten zu verbessern und damit poten-
tiellen Fehlern vorzubeugen. Andererseits erhoffen sich gerade die offentlichen Auftraggeber
eine Kosteneinsparung und Effizienzsteigerung im gesamten Projektverlauf. Die Ausschrei-
bung spielt eine Schlusselrolle fur ein erfolgreiches Bauprojekt. Dabei ist die Auswahl des
besten Auftragnehmers immer noch eine schwierige Aufgabe. Durch die Digitalisierung des
Bauvorhabens konnen deshalb zusatzlich Ubereinstimmungen zwischen den Anforderungen
und den Angeboten beim Vergabeverfahren leichter gefunden werden. Die Ausschreibung,
Vergabe und Abrechnung (AVA) werden schon seit einiger Zeit computergestutzt durch-
gefuhrt. Allerdings liegt nun die Herausforderung in der Integration dieser Prozesse in ein
durchgangiges BIM-Planungskonzept. Bei der BIM-Methode wird das Bauvorhaben in einer
Modellierungssoftware erstellt und mit geometriebasierenden Informationen angereichert. Die
Softwareprodukte der AVA konzentrieren sich auf eine Verknupfung dieser Datenbank und
generieren aus den Informationen eine transparente Kostenplanung sowie eine Planung des
zeitlichen Bauablaufs. Fur eine reibungslose Ubergabe der Daten zwischen den einzelnen
Softwareprodukten kommt der IFC-Schnittstelle als ein einheitliches Format eine besondere
Bedeutung zu.
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1.2 Fragestellung
In der vorliegenden Arbeit wird zu Beginn der klassische AVA–Prozess in Deutschland be-
schrieben. Auf Basis dieser Einzelvorgange und der benotigten Unterlagen wird anschließend
beurteilt, inwiefern sich die BIM–Methode hier etablieren lasst und die Prozesse sinnvoll auto-
matisieren und erleichtern kann. Somit kann auch weiterfuhrend ein Anforderungsprofil fur die
AVA–Software definiert werden. Bei einer Ubersicht uber die wichtigsten Softwareprodukte,
soll der Fokus auf der Realisierung von Schnittstellen und der Bewertung eines durchgangigen
Workflows liegen. Bei einer anschließenden Fallstudie, wird in ausgewahlten Softwareproduk-
ten ein einheitliches Datenmodell verknupft. Bei den Anwendungsszenarien wird der Fokus bei
der Ausarbeitung auf die Kostenprognose (5D – Planung) anhand beispielhafter Leistungspo-
sitionen gelegt. Daraufhin wird beurteilt, inwiefern die Durchgangigkeit und der reibungslose
Workflow im BIM–Planungsprozess in der jeweiligen Software gegeben sind. Dabei spielt die
Bewertung der Funktionsfahigkeit des ifc–Datenaustauschformats eine zentrale Rolle. Außer-
dem soll das Szenario untersucht werden, inwiefern sich nach der erfolgreichen Verknupfung
Anderungen im zentralen Modell einspielen lassen und ob die erneute Kostenplanung auf Ba-
sis automatisierter Zuordnung angepasst wird. In einer zusammenfassenden Bewertung wird
letztendlich das Potential von BIM in den Prozessen der AVA erlautert und die Vor- und
Nachteile der Planungsmethode im Laufe der Arbeit immer wieder aufgezeigt.
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Kapitel 2
Grundlagen
In diesem Kapitel werden zunachst die Grundlagen zur Ausschreibung, Vergabe und Ab-
rechnung (AVA) in Deutschland beschrieben. Diese Arbeit geht nicht auf die rechtlichen
Hintergrunde und Details ein, weshalb an dieser Stelle zusatzlich auf das geltende Vergabe-
recht (u.a.VOB/B, GWB, VgV) verwiesen wird. Es soll im Folgenden ein kurzer Uberblick
geschaffen werden.
2.1 Der AVA- Prozess in Deutschland
In Abbildung 2.1 wird der AVA-Prozess durch die Leistungsphasen der HOAI veranschaulicht.
Im Folgenden werden die einzelnen Schritte genauer erklart.
Ausschreibung
Der Vergabeprozess beginnt im Allgemeinen im Anschluss an die Ausfuhrungsplanung in
Leistungsphase 6 der HOAI. Die Vergabevorbereitung muss dabei qualitative und quantitative
Aussagen uber die fur das Bauvorhaben benotigten Mengen schaffen (Rosel & Busch, 2008).
Am Ende der Vorbereitung steht die Ausschreibungsbekanntmachung zu deren Zeitpunkt
alle benotigten Vergabeunterlagen zur Verfugung stehen mussen. Mit der Bekanntmachung
werden potentielle Bieter dazu aufgefordert, innerhalb einer bestimmten Frist ein Angebot
abzugeben.
Zu den Ausschreibungsunterlagen gehort neben dem Anschreiben als Aufforderung zur An-
gebotsabgabe eine Beschreibung der Durchfuhrung des Vergabeverfahrens, als auch die Ver-
tragsunterlagen. Diese bestehen aus Leistungsbeschreibung und Vertragsbedingungen (Hoß
et al., 2018). Die Leistungsbeschreibung enthalt einen umfassenden Uberblick uber das aus-
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geschriebene Vorhaben. Dazu gehoren Angaben zu den auszufuhrenden Leistungen, ortlichen
Verhaltnissen und dem zeitlichen Ablauf. Die genaue Form zur Beschreibung der Leistung
ist in der StLB- Bau (Standardleistungsbuch) durch vordefinierte Ausschreibungstexte genau
festgelegt, sodass diese von allen Bewerbern im gleichen Sinne verstanden werden konnen und
die Angebote leichter vergleichbar sind (Rosel & Busch, 2008), (Hoß et al., 2018)).
Prufung und Wertung der Angebote
Der Auftraggeber wirkt insofern bei der Vergabe mit, indem er Auskunfte zu Details und
Unklarheiten in den Vergabeunterlagen mit den Bietern klart. Es kann ggf. eine Bewerber-
auswahl durchgefuhrt werden, um bereits im Vornherein ungeeignete Unternehmer auszusor-
tieren. Danach mussen die Angebote bewertet werden. Die Angebotswertung enthalt sowohl
eine formale (Vollstandigkeit der Unterlagen) als auch eine rechnerische Prufung. Zudem wer-
den die Angebote anhand vorher festgelegter Zuschlagskriterien verglichen. Die Vergabe wird
mit der Zuschlagserteilung beendet (vgl. §119 GWB).
Aufmaß und Abschlagsrechnungen
Wahrend der Ausfuhrung ist der Auftraggeber ublicherweise dazu verpflichtet Abschlagszah-
lungen zu vorher vereinbarten Zeitpunkten an den Auftragnehmer zu leisten. Daher muss
zusatzlich zur anfanglichen Baukostenermittlung auch ein Kostencontrolling begleitend zum
Bauablauf durchgefuhrt werden. Dieses steht in engem Zusammenhang mit der Terminpla-
nung/Bauzeitenplanung. Es sollten zudem im Verlauf der Bauausfuhrung regelmaßig Auf-
maße bestimmt werden, um die Soll-Ist-Vergleiche mit den in der Planungsphase ermittelten
Mengen durchfuhren zu konnen. Zudem mussen alle Vorgehensweisen genau dokumentiert
werden, um spater bei rechtlichen Auseinandersetzungen und beim Claim-Management ge-
naue Nachweise erbringen zu konnen (Zimmermann, 2016).
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Abbildung 2.1: AVA-Prozess beim Bauauftrag
2.2 eVergabe
Fur den Vergabeprozess werden schon seit einiger Zeit eine Vielzahl an Internetplattfor-
men genutzt. Das hat neben dem umweltschutzenden Aspekt durchs Papiersparen zusatzlich
den Vorteil, dass alle Projektinformationen an einem Ort gesammelt zur Verfugung gestellt
werden. Mit Blick auf die verpflichtende europaweite Ausschreibung ab einem bestimmten
Auftragsvolumen wird hiermit allen potentiellen Bewerbern der Zugang entscheidend erleich-
tert.
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Es entstehen bei der Nutzung elektronischer Datenverarbeitungssysteme in der Bauabrech-
nung neue Anwendungsfelder. Diese werden u.a. in den”Regelungen fur die elektroni-
sche Bauabrechnung“ (REB) behandelt, um beispielsweise zu klaren, wie eine Mengener-
mittlung zu erzeugen ist, sodass sie jeder bearbeiten kann (Veenhuis, 2017). Die REB-
Verfahrensbeschreibungen enthalten Vorgaben fur den digitalen Austausch von Mengener-
mittlungen und eine Formelsammlung anhand derer die Berechnungen erfolgen sollen.
Die Anforderungen an den Austausch von Leistungsverzeichnissen sind durch Beschreibungen
des”Gemeinsamen Ausschuss Elektronik im Bauweisen“ (GAEB) festgelegt. Dieser entwickelt
u.a. Datenaustauschformate, um die Dateiubertragung insbesondere im AVA-Prozess in der
Baubranche zu standardisieren. Das zuvor bereits erwahnte StLB- Bau ist u.a. Teil der Arbeit
des GAEB.
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Kapitel 3
Einordnung der Ausschreibung in
die BIM-Methodik
3.1 Arbeitsablauf
In diesem Kapitel soll die BIM-Methodik im Vergleich zu herkommlichen Arbeitsweisen bis
hin zu der Erstellung von Vergabeunterlagen beschrieben werden. Hierfur sollen zu Beginn die
konventionellen Arbeitsprozesse naher untersucht und erlautert werden. Im Anschluss konnen
so die Unterschiede zur BIM-Arbeitsmethode herausgearbeitet und das Potential in verschie-
denen Bereichen aufgezeigt werden. Die jeweiligen Vorteile der beiden Planungsansatze sind
dabei im Verlauf deutlich erkennbar.
Herkommlicher Prozess der Erstellung von Vergabeunterlagen
In den meisten Planungsburos in Deutschland ist immer noch der herkommliche Ansatz fur
die schrittweise Entwicklung eines Bauvorhabens vorzufinden. In der Vor- und Entwurfs-
planung werden hierfur die ersten Ergebnisse der Grundlagenermittlung in Form von aus-
gearbeiteten Planen und Kostenschatzungen umgesetzt. Das Bauvorhaben wird hierfur in
Ubersichtsplanen und technischen Zeichnungen, meist im Maßstab 1:100 beschrieben und um-
gesetzt. Außerdem mussen nicht selten verschiedene Varianten fur Machbarkeitsstudien oder
Vergleiche von Baukosten in einem ahnlichen Detailgrad ausgearbeitet werden. Fur die ersten
genannten Arbeitsschritte setzt sich also ein Planer oder Konstrukteur vor den Computer und
zeichnet meist in einer CAD-Software die einzelnen Plane. Die Teilkomponenten im Bauwerk
werden durch einfache Linien, die allenfalls noch mit einer Schraffur versehen sind, dargestellt.
Als Grundlage dienen auch oftmals Richtzeichnungen in genormten Vorschriften, die im Re-
gelfall abgezeichnet und auf den konkreten Problemfall angewendet werden. Sind nach einiger
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Zeit die grundlegenden Strukturen des Bauvorhabens in Form von technischen Planen und
Ubersichtszeichnungen vollstandig abgebildet, kann eine erste Kostenschatzung erfolgen. Im
Hochbau mussen hier beispielsweise Volumina von Bodenplatten, Wanden und Fundamenten
mit z.B. Excel errechnet sowie Fenster, Turen und andere technische Ausrustungen aus den
zuvor erstellten Planen manuell abgeleitet und gezahlt werden. Nach bestimmten Einheits-
preisen und den jeweils errechneten Mengen kann so eine erste Kostenschatzung erfolgen.
Nicht selten wird versucht, diesen aufwendigen Prozess durch Erfahrungswerte zu erleich-
tern. Hat man diese Schritte erfolgreich durchgeplant, kann man sich nun endlich wieder dem
Auftraggeber zuwenden, um ihm die fertige Entwurfsplanung zu prasentieren. Unterzeich-
net der Bauherr die durchgefuhrten Planungsansatze im Bauvorhaben und steht er hinter
den prognostizierten Kosten, hatte man den ersten großen Schritt fur die Projektrealisie-
rung geschafft. In der Regel gibt es jedoch sofort Anderungswunsche oder es entsprechen
gewisse Planungen nicht den allgemeinen Regelwerken der Technik, sodass das Buro eine
uberarbeitete neue Planung und Kostenschatzung zu liefern hat. Der gesamte Erstellungs-
prozess fur die Planungsunterlagen beginnt also im Prinzip von vorne und die 2D-Linien
der Bauteile mussen neu gezeichnet, verschoben oder angepasst werden. Ahnliche Prozesse
erfolgen dann anschließend nochmals fur die Genehmigungs- und Ausfuhrungsplanung. Im
Anschluss an die Ausfuhrungsplanung wird das Leistungsverzeichnis erstellt und der Auftrag
kann ausgeschrieben, vergeben und ausgefuhrt werden.
AVA-Prozess mit der BIM-Methodik
Bei der BIM-Methodik wird im Gegensatz zur herkommlichen Planung ein 3D-Modell des
Bauvorhabens erstellt. Fur jedes Bauteil werden anschließend alle notwendigen Informationen
fur den weiteren Planungs- und Ausfuhrungsprozess hinterlegt. Dabei wird eine gemeinsame,
geometrie-gebundene Datenbank aller beteiligten Planungsburos und Ausfuhrungsgewerke er-
zeugt. Das wesentliche Potential des zentralen BIM-Modells ist die Planungskonsistenz sowie
die Weiterverwendbarkeit der eingegebenen Daten in Simulations- und Auswertungsverfahren
(Albrecht, 2013). Bei der Erstellung von benotigten Vergabeunterlagen sind zwei Folgever-
fahren besonders wichtig:
Fur die Erzeugung von aussagekraftigen Planen werden die benotigten Grundrisse, Schnitte
und Detailansichten direkt aus dem 3D-Modell abgeleitet. Die weitere Ausarbeitung der Plane
mit Beschriftungen und Bemaßungen erfolgt anschließend adaptiv auf die Bauteilgeometrien.
Beispielsweise kann eine Beschriftung immer mit einem vordefinierten horizontalen und verti-
kalen Versatz zum verweisenden Bauteil in Abhangigkeit gesetzt werden. Bei einer Anderung
im zentralen 3D-Modell (z.B. einer Verschiebung des gerade verwendeten Bauteils) konnen
auf diese Weise alle abgeleiteten Plane automatisch aktualisiert und angepasst werden. Au-
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ßerdem sind die Plane konsistent und konnen sich in ihrer geometrischen Bauteilbeschreibung
nicht widersprechen, da sie alle von einem gemeinsamen 3D-Modell abgeleitet wurden.
Ein weiterer wichtiger Prozess fur die Erstellung der Vergabeunterlagen ist die Ermittlung
und Ableitung von Mengen aus dem zentralen Modell. Diese mussen in einer Form ausgegeben
werden, die den Anforderungen durch die entsprechenden Regelwerke genugen. Problematisch
ist dabei, dass die meisten ublichen CAD-Systeme schwerpunktmaßig fur die Konstruktion
und Planerstellung entwickelt wurden. Fur die Mengenberechnung mussen somit oft weitere
Softwarelosungen herangezogen werden(Borrmann et al., 2015). Da die Mengenermittlung
auf Grundlage der geometrie-gebundenen Datenbank erfolgt, werden auch hier die Mengen
bei einer Anderung von Bauteilkomponenten automatisch angepasst. Sofern die Geometrie-
modellierung und Attributierung richtig erfolgt ist, kann das Fehlerpotential gegenuber der
herkommlichen Methodik deutlich reduziert werden. Auf Grundlage der Mengen konnen au-
ßerdem durch den Einbezug von Einheitspreisen die Baukosten sehr leicht ermittelt werden.
Soll die Kostenschatzung auf Grundlage eines BIM-Verfahrens erfolgen, sind jedoch keine
funktionalen Ausschreibungen oder pauschale Positionsbezuge durch ein einheitliches BIM-
Modell abbildbar und damit zu vermeiden. Aufgrund des großen Potentials von der automa-
tischen Mengenbereitstellung, wird sich in der vorliegenden Arbeit uberwiegend auf diesen
Arbeitsschritt konzentriert. Im folgenden Abschnitt wird der Prozess der Mengenermittlung
noch ausfuhrlicher erlautert.
3.2 Modellbasierte Mengenermittlung
Wie bereits angedeutet, werden fur die Mengenberechnung weitere Softwarelosungen herange-
zogen. Da in den Folgeapplikationen oftmals auch die Komponenten Zeit und Kosten geplant
werden konnen, findet die Bezeichnung als AVA-Software in der Praxis oft Anwendung. Ziel
ist es einerseits, die Bezugsmengen in den Positionen des Leistungsverzeichnisses aus dem 3D-
Modell ableiten zu konnen. Andererseits ist auch die Bereitstellung bestimmter Geometriepa-
rameter und -eigenschaften fur die Produktion und Konstruktion der Ausfuhrungsgewerke von
großer Bedeutung. Bei der Erstellung von Vergabeunterlagen liegt jedoch der erste Punkt im
Fokus. Um den Anforderungen einer BIM-fahigen AVA-Software gerecht zu werden, mussen
folgende Prozesse realisierbar sein. Da die Mengenermittlung fur alle Fachdisziplinen erfol-
gen soll und jede Teilplanung in der Regel andere Softwaregrundlagen verwendet, sollte das
fachubergreifende Kosten- und Zeitmanagement nach dem Prinzip von”open-BIM“ erfol-
gen. In der Regel wird also ein Bauvorhaben in unterschiedlichen Teilmodellen geplant, was
nach Gewerken oder zeitlichen Aspekten (...) eingeteilt werden kann. Die einzelnen Planungs-
modelle der Fachdisziplinen werden dann in Koordinationsmodellen oder eben auch Softwa-
relosungen fur die gesamte Mengenermittlung zusammengefuhrt. Anschließend konnen die
erforderlichen Mengen aus der geometrie-gebundenen Datenbank abgefragt oder errechnet
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werden. Bei der”Berechnung“ mussen jedoch zwei verschiedene Ansatze grundlegend unter-
schieden werden.
Die meisten AVA-Softwareprodukte konnen nur Geometriedaten einer Menge zuordnen, die
in Form eines Parameterwertes bauteilbezogen aufgelistet sind. Die Berechnung ubernimmt
also die Modellierungssoftware und nicht die AVA-Software. Damit muss sichergestellt sein,
dass alle benotigten Geometrieabmessungen auch in der Datenbank aufgefuhrt werden. Da
die Stuckzahl und das Volumen standardmaßig mitgeschrieben werden, lasst sich auf diese
Weise ein Großteil der Mengenpositionen ermitteln. Schwierig wird es jedoch bei komplexeren
Abfragen wie beispielsweise der Innenflache von Geschossdecken und Wanden fur Malerar-
beiten. Außerdem wird bei dieser Variante deutlich, dass die Aufgaben der Modellierung und
der anschließenden Mengenausgabe nur schwer komplett trennbar und von unterschiedlichen
Abteilungen ausfuhrbar ist.
Andere Softwareprodukte konnen direkt aus den importierten Geometrien gewunschte Men-
gen berechnen. Die triangulierte Flachenbeschreibung von Bauteilkomponenten und die Defi-
nition von Raumen erlauben demnach auch die Berechnung der oben genannten Innenflache
der begrenzenden Bauteile. Zusatzlich konnen auch projizierte Flachen oder nur Teile ei-
ner Geometriekomponente (z.B. Seitenflachen) in die Mengenberechnung mit aufgenommen
werden.
Die benotigten Daten und Attribute fur die Mengenposition werden also mit eine der beiden
Varianten kumulativ aus dem zentralen Modell abgeleitet. Diese Mengenzuordnung wird meist
in Form einer selektiven Bauteilzuweisung definiert, sodass eine neue Geometriedatenbank
automatisch neu abgefragt werden kann. Bei einer Geometrie- oder Attributmodifikation kann
die Menge auf diesem Weg ohne neue manuelle Verknupfungen automatisch neu berechnet
werden.
Sind alle Mengen erfolgreich ermittelt worden, konnen einzelnen Abfragen bestimmten Leis-
tungspositionen zugeordnet werden. Durch die Multiplikation mit dem Einheitspreis kann fur
jede Position eine Kostenberechnung erfolgen und durch die Addition aller Positionen eine
Prognose des Gesamtpreises des Bauvorhabens getroffen werden. Damit ist eine durchgangige
und transparente Kostenkontrolle auf Basis des virtuell erstellten Bauvorhabens moglich. Fur
die Erstellung des Leistungsverzeichnisses im Vergabeprozess konnen somit auch Teilmengen
transparenter beschrieben und Fehler in den (zuvor manuellen) Mengenberechnungen vor-
gebeugt werden. Diese Verknupfung mit Kalkulationsdaten fur die Kostenschatzung wird in
der Praxis als 5D-BIM bezeichnet(Albrecht, 2013). In der Fallstudie (Kapitel 5) werden die
AVA-Softwarelosungen auf Basis dieser grundlegenden Konzepte begutachtet und beurteilt,
inwiefern das BIM-Konzept eingehalten und umgesetzt worden ist.
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Kapitel 4
Marktubersicht uber BIM-basierte
AVA-Software
Die Auseinandersetzung mit dem Thema AVA-Prozess und BIM hat gezeigt, dass es am deut-
schen Markt bereits ein großes Angebot an Softwarelosungen gibt. Diese variieren teilweise
in ihrem Arbeitsablauf oder dem Ansatz der Mengenermittlung. Dieser Abschnitt soll einen
kleinen Uberblick zur Marktsituation geben und grundlegende Anforderungen fur BIM-fahige
Ausschreibungssoftware aufzeigen.
4.1 Anforderungen und Rahmenbedingungen
Die Verwendung von BIM in Bauprojekten bringt Veranderungen in den Arbeitsprozessen
mit sich. Die Software-Applikationen sollten daher fur alle Anwender und Projektbeteiligte
moglichst einfach und verstandlich sein.
Trotzdem mussen alle relevanten AVA-Prozesse durch entsprechende Funktionalitaten in den
Softwarelosungen abgebildet werden konnen. Die grundlegenden Regeln dafur werden in der
VOB festgelegt und sind daher als Rahmenbedingungen fur die computergestutzte AVA an-
zusehen.
Durch den Einsatz umfassender Softwareanwendungen fallen großere Mengen an digitalen
Daten und Informationen als in der konventionellen Planung an. Es ist also eine erhohte
Koordinationsleistung seitens der Projektbeteiligten notig. Durch eine Common Data Envi-
ronment (CDE) konnen alle baurelevanten Informationen zentral abgelegt werden und sind
fur jeden zu jeder Zeit verfugbar (Zacharies, 2015).
Fur den AVA-Prozess ist außerdem das Anderungsmanagement von großer Bedeutung.
Wahrend der Ausfuhrungsplanung und der Vergabe von Bauleistungen verlaufen viele Prozes-
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se parallel zueinander, wodurch es oft zu Plananderungen kommen kann. Die AVA-Software
muss deshalb derart mit dem Gebaudemodell verknupft sein, dass Anderungen automatisch
erkannt werden konnen und die Mengen immer auf dem neuesten Stand sind.
Um Bauprojekte erfolgreich mit BIM-Gebaudemodellen zu bearbeiten muss sichergestellt
sein, dass die Daten fehlerfrei und vollstandig ubertragen werden. Dazu gibt es zwei Wege:
uber eine direkte Schnittstelle zu einer bestimmten Modellierungssoftware oder uber das offe-
ne Austauschformat IFC, mit dem Daten softwareubergreifend ausgetauscht werden konnen.
Direkte Schnittstellen ubertragen die Daten uber ein extra entwickeltes Plug-In. IFC bie-
tet dabei mehr Flexibilitat bei der Auswahl an Nachfolgeapplikationen, sodass sich nicht im
Vorhinein uber bestimmte Softwareanbieter geeinigt werden muss (Zacharies, 2015).
4.2 Unterschiedliche Losungsansatze der Softwarehersteller
zur Mengenermittlung
Zur Erstellung eines Leistungsverzeichnisses und Ermittlung der Projektkosten mussen ge-
naue Mengen aus dem BIM-Modell berechnet werden. Es haben sich hierbei zwei verschiedene
Losungsansatze entwickelt, die im Folgenden kurz erklart werden.
Die Mengen konnen zunachst in einem CAD-Programm kalkuliert und dann an eine AVA-
Software weitergegeben werden. Diese Methode wird beispielsweise von Allplan und NE-
VARIS genutzt. Die Mengen werden zunachst in Allplan uber die Planungsmethode”Des-
gin2Cost“ erfasst und dann an die AVA-Software NEVARIS ubergeben (Allplan Deutschland
GmbH, a) (Allplan Deutschland GmbH, b). Dies ist aber nur mit diesen beiden Softwaretools
von Allplan moglich.
In einem anderen Losungsansatz wird das BIM-Modell als IFC oder uber extra zu diesem
Zweck entwickelten CAD-Plug-Ins an ein AVA-Tool ubergeben. Die Mengen werden also nicht
im CAD-Programm ausgewertet, sondern erst in der AVA-Software. Diese Vorgehensweise
wird z.B. von RIB iTWO genutzt. Die Mengen werden hier idealerweise aus den ubertragenen
Geometrieinformationen berechnet. Beide Philosophien konnen eine VOB-konforme Auswer-
tung liefern (Holzlwimmer, 2015).
4.3 Zertifizierung von AVA-Software
Auf der Webseite des Bundesverbandes Bausoftware e.V. (BVBS) kann eine aktuelle Liste
zertifizierter AVA-Software eingesehen werden. Der BVBS arbeitet auf eine standige Steige-
rung der Qualitat im elektronischen Datenaustausch in der Baubranche hin. Dazu prufen
sie in Zusammenarbeit mit den GAEB neue Softwareprodukte fur den Datenaustausch nach
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GAEB DA XML 3.2 und GAEB DA XML 3.1 durch. Die Liste teilt sich in die drei Berei-
che”AVA“,
”Bausausfuhrung“ und
”Mengenermittlung“. Fur jeden Bereich werden eigene
Kriterien angegeben (Bausoftware, 2018).
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Kapitel 5
Fallstudie
Der zuvor erlauterte Arbeitsablauf soll anschließend anhand von drei ausgewahlten AVA-
Softwareprodukten getestet und auf ihre Eignung als AVA-Software nach deutschen Anfor-
derungen analysiert werden. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf den Workflow und die
einzelnen Arbeitsschritte bis hin zu einer erfolgreichen Kostenkalkulation gelegt. Dabei wer-
den unterschiedliche Schnittstellen getestet und auf Funktionsfahigkeit uberpruft. Anhand
der Beurteilung verschiedener Arbeitsschritte, kann die Durchgangigkeit der modellbasier-
ten Mengenermittlung getestet und die Vor- und Nachteile der einzelnen Softwareprodukte
einander aufgewogen werden. Der Fokus wird außerdem auf die dynamische Verknupfung
des BIM Modells mit der Mengen- und Kostenkalkulation gelegt. Bei einer Anderung in der
modellgestutzten Datenbank sollen sich durch erneutes Einladen der exportierten Datei au-
tomatisch die neuen Mengen und damit die resultierenden Kosten ergeben. Letztendlich wird
beurteilt, inwiefern die BIM Methodik bei der Ausschreibung die herkommliche Arbeitsweise
erleichtern kann.
5.1 iTWO
Die RIB Software SE mit Hauptsitz in Stuttgart gehort zu den großten Softwareanbietern
fur den Bereich AVA-Kostenschatzung und Bauablaufplanung im Bauwesen. Durch einzelne
Produkte wie ARRBIBA, STRATIS und iTWO konnte sich das Unternehmen in Deutsch-
land etablieren und breitet sich durch das Produktspektrum international immer weiter aus.
2009 entstand aus der Weit erentwicklung des Softwareprodukts ARRIBA (Komplettlosung
fur AVA, Kalkulation und Baumanagement) die neue Software RIB iTWO. Diese integriert
3D-Daten unterschiedlicher CAD-Systeme und Fachapplikationen und kann auf Basis der
Modellinformationen durchgangige und transparente Mengen fur alle Folgeprozesse wie AVA,
Kalkulation, Abrechnung und Bauablaufsteuerung ermitteln. (www.rib-software.com)
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Datenaustausch des BIM Modells
Als zentrales Ausgangsdatenmodell fur die weitere Verknupfung und Mengenermittlung wur-
den alle tragenden Bauteile eines Beispielprojekts eines Schulgebaudes gewahlt.
Abbildung 5.1: Darstellung des Tragwerkmodells eines Beispielprojekts in Revit.
Fur eine schnellere Verknupfung mit den spateren Leistungspositionen wurden zusatzliche
Attribute an die jeweiligen Geometriekomponenten vergeben. Der”cpiFitMatchKey“ ist ein
Parametername, den die Software iTWO automatisch fur die Positionszuordnung und die
Mengenermittlung aus den einzelnen Geometrieobjekten nutzt. Der genaue Vorgang der Ver-
knupfung wird in den folgenden Abschnitten erlautert.
RIB hat zusammen mit Autodesk Revit eine Schnittstelle entwickelt, um das BIM-Modell
direkt in das Datenformat”cpixml“ exportieren zu konnen. Dieses Format gilt als das Stan-
darddatenformat fur eine modellbasierte Mengenverknupfung in iTWO. Es wird zwar auch
ein Datenaustausch uber eine ifc-Schnittstelle als offenes Format angeboten, diese wird beim
Import allerdings automatisch in ein cpixml-Format konvertiert. Diese Verknupfung wird im
spateren Verlauf nochmals genauer aufgezeigt und untersucht.
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Abbildung 5.2: Attribute einer Revit Bauteilfamilie in RIB iTWO.
In Abbildung 5.2 wurde beispielhaft eine Geometriekomponente auf bestimmte Attribute
und die Mengenkalkulation hin untersucht. Das untersuchte Bauteil wurde als eine eigene
Revitfamilie mit der semantischen Zuordnung zu den Fundamenten modelliert. Es besteht
aus einer quaderformigen Geometrie als Einzelfundament sowie in diesem Fall vier Pfahlen,
auf denen das Fundament grundet. Untersucht man die Bauteilinformationen, mit denen das
Fundament in iTWO ankommt, lassen sich einige interessante Beobachtungen machen, die
große Auswirkungen fur das weitere Vorgehen haben:
- Die Bauteilkomponente wird als ein Objekt interpretiert und es lasst sich zunachst nicht
zwischen der Fundamentplatte und den Pfahlen differenzieren.
- Die Attribute”Breite“,
”Lange“ oder andere geometrische Abmessungen existieren
zwar, konnen aber keiner Bauteilkomponente explizit zugeordnet werden (Das Attri-
but”Lange: 2000“ kann entweder zu der Lange des Fundaments oder der Lange eines
Pfahls gehoren).
- Sehr wichtige Attribute wie beispielsweise die Fundamentabmessungen oder der Pfahl-
durchmesser sind unter dem Attribut”Bezeichnung“ und
”Pile Type“ zu finden. Beide
Attributeigenschaften sind jedoch Textparameter, weshalb der Wert nicht fur eine rech-
nerische Auswertung herangezogen werden sollte.
- Aus der Attributtabelle lassen sich nicht alle Geometrieeigenschaften wie beispielsweise
die Anzahl der Pfahle innerhalb der Familienstruktur ableiten.
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Die angesprochenen Punkte konnte man wahrscheinlich losen, indem man die Bauteilkom-
ponenten in der Modellierungssoftware unabhangig voneinander modelliert, jedoch wurde
dadurch die sehr schnelle und einfache Geometrieplatzierung sowie die Adaptivitat des Bau-
teils verloren gehen. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass diese Bauteilfamilie eine der
einfachsten Strukturen hat. Bei wesentlich komplexeren Familien intensivieren sich die oben
aufgefuhrten Stichpunkte deutlich und es wird mit zunehmender Komplexitat der Bauteile
immer schwieriger die benotigte Menge moglichst intelligent und automatisiert zu berechnen.
Ein weiteres sehr spezielles Problem stellen die Schachtoffnungen dar, dies soll in den folgen-
den Bildern verdeutlicht werden:
(a) Revit (b) iTWO
Abbildung 5.3: Vergleich der Objektattribute einer Abzugsgeometrie.
Die Schachtoffnungen sollen eigentlich uber die Offnungsflache in der Mengenkalkulation mit
aufgenommen werden. Hierfur wurde ein Matchkey, also eine Mengenzuordnungsposition, in
Revit vergeben (vgl. Bild links). Vergleicht man jedoch die Attributtabelle der Schachtoffnung
in iTWO wird ersichtlich, dass die Offnung automatisch der verschnittenen Massivkompo-
nente im Matchkey zugeordnet wurde und somit keine eigene Leistungsposition aus den Ab-
zugskorpern erzeugt werden kann.
Mengenverknupfung und LV-Zuordnung
In iTWO gibt es unterschiedliche Moglichkeiten das Modell mit den entsprechenden Mengen-
positionen und dem Leistungsverzeichnis zu verknupfen. Die gangigsten Losungen werden im
Folgenden kurz erlautert.
Im Ausstattungsverzeichnis konnen uber Filterfunktionen sogenannte Auswahlgruppen ge-
bildet werden und anschließend einer Teilposition im Mengenverzeichnis zugeordnet werden.
Die Filter funktionieren hierbei wie eine selektive Attributabfrage. Eine mogliche Formu-
lierung ware beispielsweise in eine Auswahlgruppe alle Elemente einzuschließen, die unter
dem Attribut”Bezeichnung“ den Wert
”2000 x 2000 x 900mm“ fur ein bestimmtes Bauteil
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eingetragen haben. Selbstverstandlich konnen einzelne boolesche Operationen miteinander
Verknupft werden.
Diese Variante ist aufgrund der genannten Arbeitsschritte zu Beginn etwas muhsam, jedoch
kann auf diesem Weg durch eine konsequente und einheitliche Attribuierung der Bauteilkom-
ponenten eine dynamische Filtergruppe erzeugt werden.
Als zweite Moglichkeit ist das Einfuhren eines softwareeigenen Parameters zu nennen. iTWO
besitzt einige cpi-Bauteilattribute, die speziell fur die 4D- und 5D-Verknupfung eines Modells
vorgesehen sind und von iTWO automatisch fur eine weitere Zuordnung der Komponenten
erkannt werden. Das Attribut muss als Exemplar- oder Typenparameter (gemeinsam genutzt
oder projektbezogen) den jeweiligen Bauteilen zugeordnet werden und genau die Schreibweise:
”cpiFitMatchKey“ als Bezeichnung besitzen.
Damit erscheint das Attribut automatisch unter den cpi-Attributen in iTWO. Bei der LV-
Verknupfung reicht es dann aus, in der Spalte”Matchkey“ den vergebenen Wert des Para-
meters bei der entsprechenden Teilleistung einzutragen, um alle Bauteile mit dem entspre-
chenden Wert bei der Mengenkalkulation zu berucksichtigen. Bei der Modellerstellung und
Attribuierung muss man sich bei dieser Methode sehr stark am Leistungsverzeichnis orien-
tieren, sodass einzelne Positionen auch explizit einer Geometrie zugeordnet werden konnen.
In iTWO lasst sich ebenfalls eine grafische Bemusterung der einzelnen Mengenpositionen
durchfuhren. Hierbei markiert man direkt im Modell alle relevanten Bauteile einer Mengen-
gruppe und kann die Zuordnung zu einer Position uber drag-and-drop durchfuhren. Dieses
Verfahren ist jedoch sehr umstandlich, arbeits- und fehleranfallig und nur in Ausnahmefallen
zu empfehlen.
Im Folgenden wurden großtenteils alle Bauteilkomponenten uber das Matchkey-Verfahren
mit den Mengenpositionen verknupft.
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Abbildung 5.4: Mengenkalkulation fur das Leistungsverzeichnis.
Die Ausnahme ist hier die Mengenposition mit dem Schlussel 3.20, in der die Anzahl der
Bohrpfahle kalkuliert werden soll. Der Matchkey dient nur der eindeutigen und einmaligen
Zuordnung zu genau einer Position. Die Bauteilfamilie wird jedoch bei den Fundamenten
(Schlussel 1.10 und 1.20) bereits verwendet. Um die Zuordnung dennoch durchfuhren zu
konnen, wird eine Auswahlgruppe fur das gesamte Modell erzeugt und bei der Mengenab-
frage wiederum uber den Matchkey der benotigten Bauteilkomponenten selektiert. Durch
die fehlende Information der Anzahl der Pfahle, wird die Bauteilfamilie”manuell“ mit dem
Faktor zwei bzw. vier multipliziert.
Wie bereits zuvor erwahnt, geht die Zuordnung der Schachtoffnungen beim Geometrieimport
verloren. Es existiert also keine Menge unter dem Matchkey 011 mehr.
Nachdem im Ausstattungsverzeichnis alle Mengenpositionen erfolgreich kalkuliert wurden,
lasst sich die Berechnung mit den Mengen direkt im Leistungsverzeichnis verknupfen oder
aktualisieren. Da die Erstellung des Leistungsverzeichnisses ebenfalls uber die Software iTWO
abgewickelt wird, ist die Schnittstelle von den Modellmengen zum Leistungsverzeichnis sehr
gut ausgearbeitet und funktioniert ohne Probleme.
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Abbildung 5.5: Export der berechneten Mengen in das Leistungsverzeichnis.
Mengen, die nicht aus Geometrieobjekten abgeleitet wurden, lassen sich im Leistungsverzeich-
nis anschließend manuell eintragen und es kann trotzdem uber die herkommliche manuelle
Mengeneingabe gearbeitet werden. Außerdem konnen fur bestimmte Mengenpositionen Auf-
maße oder nochmals zusatzliche Mengen generiert und einkalkuliert werden. Der automatisier-
te Prozess der Modellableitung schrankt in diesem Workflow die herkommliche Arbeitsweise
nicht ein, sodass die durchgangige Modellableitung uberwiegend als Erleichterung fur das
Erstellen der Vergabeunterlagen gesehen werden kann. Allerdings lohnen sich die genannten
Arbeitsschritte und damit die Erstellung eines BIM-Modells nur, wenn ein gewisser Anteil an
komplexen Mengenpositionen im LV oder einer dynamischen Auswertungsrelevanz im Modell
zur Verfugung steht.
Anderungen im zentralen BIM-Modell
Im nachsten Abschnitt wird getestet, wie der Workflow bei Anderungen im zentralen Mo-
dell ablauft. Bei richtiger Verknupfung der geometriebasierenden Datenbank sollte sich die
Mengenanderung ohne weitere Arbeitsschritte automatisch neu berechnet werden.
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Abbildung 5.6: Einfugen eines weiteren Einzelfundaments in das zentrale Modell.
Hierfur wird ein zusatzliches Einzelfundament mit zwei Grundungspfahlen an der Bodenplatte
im Eingangsbereich angebracht (blau markiertes Element im Bild). Anschließend wird ein
neuer cpixml-Export uber die direkte Schnittstelle in Revit erstellt und erneut in iTWO uber
den BIM-Qualifier eingebunden.
Im BIM-Qualifier lasst sich das bisherige iTWO Modell mit dem neuen Import vergleichen.
Dabei ist sicherzustellen, dass sich die schon bestehenden Element IDs nicht geandert haben.
Loscht man beispielsweise in der Modellierungssoftware ein Element und erstellt dieses an der
selben Stelle neu mit identischen Attributen und Abmessungen, wird das Bauteil trotzdem
zur Liste der Modellanderungen in iTWO und damit als ein neues Objekt hinzugefugt.
Abbildung 5.7: Modellvergleich in RIB iTWO.
iTWO bietet also eine eigene Nutzeroberflache, Anderungen im Modell zu visualisieren, do-
kumentieren und zu uberprufen. Die Anderungen werden aber wie bereits beschrieben nicht
durch einen Geometrieabgleich, sondern allein durch den Vergleich der Element IDs definiert.
Problematisch kann dieses Verhalten beim Einlesen eines anderen Formats, wie IFC werden.
Beispielsweise wurde bei einem Bauprojekt das BIM-Modell einer Teildisziplin schon in Form
einer cpixml-Schnittstelle in iTWO eingeladen. Anschließend wird ein anderes Teilprojekt
im ifc-Austauschformat fur anderen Leistungspositionen zur Mengenkalkulation importiert.
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Beide Projekte haben mit großer Wahrscheinlichkeit einen ahnlichen Aufbau der Datenbank,
da die Auftraggeberinformationsanforderungen (AIA) einheitlich abgestimmt worden sind.
Doppelt geplante Bauteile werden demnach auch doppelt in die Kalkulation eingebunden, da
die Element IDs nicht identisch sind und mit dem genannten Modellvergleich keine Konflikte
entstehen. Somit muss der Anwender bei einer Kombination von bestimmten Teilmodellen
und bei erneutem Einladen eines schon bestehenden Projekts außerst vorsichtig sein.
Anderungen konnen ebenfalls uber einen Elementreport festgehalten und dokumentiert wer-
den:
Abbildung 5.8: Anderungsreport in RIB iTWO.
Wurde das neue Modelle erfolgreich im BIM-Qualifier in das Gesamtprojekt eingebunden
und auf Fehler uberpruft, kann das Ausstattungsverzeichnis und damit die grundlegende
Datenbank aktualisiert werden.
Abbildung 5.9: Aktualisierung der Datenbank in iTWO.
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(a) ursprungliche Mengen (b) modifizierte Mengen
Abbildung 5.10: Vergleich der Mengenkalkulation.
Startet man die Mengenberechnung neu, lasst sich beim Vergleich beider Mengenkalkula-
tionen uber die Unterschiede die Richtigkeit des modifizierten Modells feststellen. Die Mo-
dellanderungen haben Auswirkungen auf die Mengenposition der Einzelfundamente 1.10 so-
wie der Anzahl an Bohrpfahlen. Beide Mengen wurden richtig aktualisiert.
Im Mengenverzeichnis lassen sich die Berechnungsvorschriften detailliert ausgeben und an-
hand von ausgeschriebenen Teilmengen und der Mengenvisualisierung kontrollieren und nach-
vollziehen.
Offene Schnittstellen
iTWO bietet neben dem cpixml-Import auch eine ifc-Schnittstelle und weitere tabellarische
Importoptionen an. Neben der direkten iTWO-Schnittstelle aus Revit, wurde ebenfalls die
Datenubergabe uber das ifc-Format getestet. Importiert man allerdings die ifc-Datei, wird
automatisch eine weitere Konvertierung in die schon bisher erlauterte cpixml-Schnittstelle
automatisch durchgefuhrt. Das Modell wird also fur eine Verknupfung mit iTWO zweimal
konvertiert. Die Gefahr von Fehlern in den Datensatzen und in der geometrischen Richtigkeit
wird dadurch erhoht.
Außerdem werden die Bauteilkomponenten nicht mehr ebenenbezogen in iTWO integriert. Al-
le Elemente, die uber die ifc-Schnittstelle eingelesen werden, werden uber den”default-Layer“
in der Komponentenstruktur dargestellt. Eine ubersichtliche ebenenbezogene Darstellung des
Bauprojekts ist damit nicht moglich und kann zu Schwierigkeiten und Unubersichtlichkeit
bei der Erstellung der Auswahlgruppen fuhren.
Letztendlich ist als eine abschließende Bewertung die cpixml-Schnittstelle als Datenaustausch-
format bei einer Modellerstellung mit Revit zu bevorzugen. iTWO hat durch die Entwick-
lung der direkten Schnittstelle in Autodesk Revit eine sehr gute Grundlage fur den Da-
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tenexport speziell von softwareeigenen Bauteilen geschaffen. Die strukturierten Modellie-
rungsabhangigkeiten gehen durch die ebenenbezogene Ordnung beim Export nicht verlo-
ren. Aus Erfahrungen in Projekten aus dem Infrastrukturbereich lassen sich auch nur durch
die cpixml-Schnittstelle sehr komplexe Geometrien mit verschachtelten Familienstrukturen
in iTWO sinnvoll darstellen. Speziell bei komplexen Verschneidungen konnen nach einem
Austausch uber die IFC-Schnittstelle in iTWO keine Geometrieberechnungen mehr Erfolgen.
Somit mussten die von Revit mitgeschriebenen Geometriegroßen wie beispielsweise das Vo-
lumen fur die Kalkulation verwendet werden, was jedoch deutliche Einschrankungen bei der
Geometrieabfrage in iTWO zur Folge hatte.
5.2 Orca AVA
ORCA AVA ist ein universell einsetzbares AVA-Programm von ORCA Software GmbH. Die
ORCA Bausoftware unterstutzt Anwender in allen HOAI Leistungsphasen bei der Planung,
Kalkulation, Ausschreibung und Abrechnung von Bauprojekten. Es bietet ein durchgangiges
Kostenmanagement fur ubersichtliche und aussagekraftige Auswertungen, z.B. fur Kosten-
planung nach DIN 276. Es wurden neben dem aktuellen Standard GAEB DA XML 3.2 fur
den Austausch von alphanumerischen Baudaten auch die Schnittstellen fur altere GAEB-
Datenformate umgesetzt.
Fur diese beispielhafte Untersuchung wurde eine kostenlose Studentenversion von ORCA
AVA 22 genutzt. Fur eine modellbasierte Mengenermittlung muss das BIM-Modell uber die
offene Schnittstelle IFC eingelesen werden, da ORCA nicht uber eine direkte Schnittstelle zu
CAD-Modellierungssoftware wie Revit o.a. besitzt.
5.2.1 Workflow
Der Arbeitsablauf in ORCA-AVA zur Erstellung eines Leistungsverzeichnis wird durch Ab-
bildung 5.11 beschrieben.
Abbildung 5.11: Arbeitsablauf zur Mengenermittlung in ORCA
Es mussen zunachst die Leistungspositionen des LV erstellt werden. Dazu konnen verschie-
dene normierte Kostenstrukturen wie z.B. die der DIN 276 geladen und verwendet werden.
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Anschließend wird das Modell als IFC-Datei importiert. ORCA generiert dabei eine Bau-
teilhierarchie nach Stockwerken oder Bauteilen. Diese mussen dann den jeweiligen Positonen
zugewiesen werden. Die Mengenermittlung ist in ORCA eher graphisch organisiert. Es kann
bei der Zuweisung im Bauteilbaum nach bestimmten Komponenten gesucht werden und diese
durch Auswahlen zu einer LV-Position hinzugefugt werden. Allerdings gibt es in dieser Soft-
ware keine Moglichkeit nach bestimmten Suchkriterien zu filtern, ahnlich einer SQL-Abfrage.
Das macht die Mengenermittlung in ORCA sehr fehleranfallig, da Bauteile falschen Positio-
nen zugewiesen oder ganzlich vergessen werden konnen. Eine beispielhafte Mengenliste kann
im Abbildung 5.12 betrachtet werden. Es lasst sich zu jeder Position eine bestimmte Einheit
fur die Mengen auswahlen, sofern diese in der IFC-Datei als Eigenschaft mitgeliefert wird.
Abbildung 5.12: Leistungsverzeichnis fur das Beispiel Rohbau einer technischen Schule
5.2.2 Bewertung und Kritikpunkte
Die BIM-fahigkeit der Softwarelosung ist zumindest fragwurdig. Die Mengen werden beim
Import nicht aus den ubertragenen Geometrieinformationen berechnet, sondern einfach aus
den in der IFC-Datei aus Revit generierten Informationen ubernommen. Damit ist eine VOB-
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konforme Mengenermittlung unter Umstanden nicht gegeben. In Abbildung 5.13 ist beispiel-
haft eine Wand dargestellt. Diese hat sowohl in Revit als auch in ORCA die exakt gleiche
Flachenangaben. Mochte man beispielsweise fur Malerarbeiten die gesamte Wandflache eines
Wandelements berechnen, kann ORCA lediglich die Flache auf der Mittelachse der Wand
angeben, da diese von Revit in der IFC ubergeben wird. Fur die Malerarbeiten wird aber
genugend Farbe fur beide Seiten einer Wand benotigt. Dies ist nur der Fall wenn im Mo-
dell ausreichende Rauminformationen definiert werden, die in einer IFC gespeichert werden
konnen. Man musste folglich schon beim Modellieren eines Bauwerks schon nachfolgende
Arbeitsschritte beachten und entsprechende Regeln einhalten, um Nachfolgeapplikationen
erfolgreich anwenden zu konnen.
Abbildung 5.13: Mengenubernahme und Vergleich in Revit
Bei Anderungen im Modell ist die Aktualisierung der Mengenangaben in ORCA problema-
tisch. Es muss dabei ein”neues“ aktualisiertes Modell importiert werden und alle betreffenden
Bauteile mussen in der jeweiligen Position geloscht und dann wieder neu zugewiesen werden.
Die Aktualisierung geschieht hier nicht automatisiert und ist daher fehleranfallig und zu-
dem auch sehr arbeitsaufwendig. Man merkt daran auch, dass ORCA ursprunglich zwar als
AVA-Software entwickelt wurde aber dann erst nachtraglich eine modellgestutzte Mengener-
mittlung hinzufugt worden ist.
Bei Anderungen am Modell ist in der Modellierungssoftware zusatzlich zu beachten, dass beim
Loschen eines Bauteils eine neue GUID zugewiesen wird. Es sollte also bei jeder Anderung im
Modell unbedingt darauf geachtet werden, dass nur die Maße der Elemente geandert werden
und diese nicht einfach durch neue ersetzt werden.
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ORCA1.JPG ORCA1.JPG
Abbildung 5.14: Mengenanderungen und GID
5.3 AVANTI
AVANTI ist ein Software-Produkt der Firma Softtech GmbH. Diese stellen neben der AVA-
Anwendung auch Softwarelosungen fur Architektur, Design und Management her. Wichtig
ist ihnen die Verknupfung zwischen diesen Bereichen, was auch der grundlegenden Idee der
BIM-Methodik entspricht. Mit AVANTI konnen Kostenschatzungen und -berechnungen nach
DIN 276 erstellt werden. Die Software kann den kompletten AVA-Prozess bedienen.
5.3.1 Workflow
AVANTI 2018 bietet die Moglichkeit Mengen direkt aus einem BIM-Modell zu importieren.
Abbildung 5.15 gibt einen Uberblick uber die Arbeitsschritte, die zur modellbasierten Men-
genermittlung in AVANTI durchlaufen werden.
Abbildung 5.15: Workflow beim Verknupfen eines BIM mit einem LV in AVANTI 2018
Zuerst wird ein BIM-Modell importiert. Es werden dabei nicht nur die Schnittstellen zu
den hauseigenen Produkten Grava und Spirit unterstutzt sondern erstmals auch die Men-
genubernahme aus Autodesk Revit. Zudem wird das offene Austauschformat IFC als Im-
portoption angeboten. Die Software erstellt dabei ebenfalls eine Baumhierarchie. Danach
baut der Anwender ein Leistungsverzeichnis nach einer beliebigen Kostenstruktur auf, z.B.
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nach der DIN 276. Fur jede Position konnen Teilleistungen (”Bauteile“) hinzugefugt werden.
Außerdem mussen fur alle Leistungen Berechnungsansatze definiert werden, um spater die
gewunschten Mengen aus dem Modell zu ermitteln. Als Beispiel ist in Abbildung 5.16 das
Bauteil Wand zu betrachten.
Abbildung 5.16: Erstellen einer Teilleistung in AVANTI
Anschließend konnen die CAD-Elemente mit den LV-Positionen verknupft werden. Man kann
in AVANTI das BIM-Modell nach bestimmten Suchkriterien ahnlich wie eine SQL-Abfrage
filtern. Dabei erstellt man ein Regelwerk nach denen bestimmte Elemente zum zugehorigen
LV-Positionen zugewiesen werden. Es kann beispielsweise eine Auswahl nach Element und
Etagen erfolgen, sodass alle Stutzen in einem Stockwerk gezahlt werden. Diese Vorgehens-
weise erlaubt es spater bei Anderungen im Modell die Mengenermittlung ganz einfach und
automatisiert zu aktualisieren.
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Abbildung 5.17: Bauteilfilter bei der Zuweisungserstellung in AVANTI
Zum Schluss kann ein fertiges Leistungsverzeichnis mit allen zuvor deklarierten Informationen
automatisch ausgegeben werden. Dieses kann samt gangiger LV-Positionstexte und Baube-
schreibungen erganzt werden.
Datenaustausch mit BIM
Fur Revit hat Softtech zum Datenaustausch ein Plugin entwickelt, das die entsprechenden
Mengen bereitstellt. Dateien im IFC-Format konnen direkt in AVANTI importiert werden
und mittels eines integrierten Viewer visualisiert werden. In Revit sind die Bauelemente
zusatzlich auch visuell verknupft. Wahlt man ein Bauteil aus der Baumhierarchie in AVANTI
aus wird dieses in Revit hervorgehoben markiert. Abbildung 5.18 zeigt ein Beispiel dazu. Diese
Funktion kann zum uberprufen der Richtigkeit von einzelnen Angaben nutzlich sein.
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Abbildung 5.18: Verknupfung zwischen AVANTI und Revit
5.3.2 Bewertung und Kritikpunkte
Der Arbeitsablauf ist zwar klar gegliedert und baut Schritt fur Schritt aufeinander auf, den-
noch ist die Nutzung von AVANTI mit sehr großem Aufwand verbunden. Um eine auto-
matisierte Mengenermittlung und -aktualisierung zu erreichen muss zuerst eine luckenlose
Struktur geschaffen werden. Die Software ist dabei eher unubersichtlich gestaltet und Soft-
tech stellt keine gute Dokumentation zur Verfugung.
In dem Beispiel zum Rohbau der technischen Schule, das relativ simpel gestaltet ist, konnten
zudem eigene Bauteilfamilie , wie z.B. die”Pile Caps“ nicht uber das mitgelieferte Revit-
Plugin eingelesen werden. In IFC fehlen andererseits fur einige Bauteile Volumina, wodurch
ebenfalls keine korrekten Mengen berechnet werden konnen. Generell gibt es gravierende
Unterschiede in den Zuordnungen in der Hierarchie zwischen Modellen, die uber die Revit-
Schnittstelle ubertragen werden und IFC. Wie in Abbildung 5.19 zu sehen ist werden die
gleichen Bauteile unterschiedlichen Kategorien zugewiesen. In der IFC (obere Baumstruktur)
sind die Geschossdecken unter dem Reiter Decken aufgelistet, wahrend sie bei Revit (unterer
Baum) in den Fundamentplatten abgelegt wurden.
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Abbildung 5.19: Unterschiede in der Zuordnung der Bauteile in der Baumhierarchie und Fehlender eigenen Bauteilfamilie ‘”Pile Caps“ aus REvit-Import
Zuletzt bleibt festzuhalten, dass fur AVANTI nicht sicher gesagt werden kann, ob die Mengen
aus der Bauteilgeometrie eigens berechnet werden oder die Mengeninformationen lediglich
aus der vorangehenden Modellierungssoftware (hier Revit) ubernommen werden. Die Firma
Softtech halt sich dazu mit Informationen zuruck, wie genau die Mengenermittlung in ihrem
Programm gelost wird.
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Kapitel 6
Zusammenfassung und Ausblick
In den letzten Jahrzehnten hat sich der AVA-Prozess in Deutschland sehr stark verfestigt und
klar durchstrukturiert. Bei der Vergabe kann die BIM-Methodik bei der Erstellung des Leis-
tungsverzeichnisses und den positionsbezogenen Mengen einen entscheidenden Vorteil liefern.
Grundlage hierfur ist jedoch keine Ausschreibung in Form von funktionalen Anforderungs-
profilen und wenigen bis keinen Pauschalpositionen durchzufuhren, da fur die BIM-Methodik
die Prozesse und Vorhaben klar definiert sein mussen.
Die erforderlichen Bauteilkomponenten und Plandarstellungen mit jeweiligen Mengen wer-
den direkt aus dem 3D-Modell eines Bauvorhabens bereitgestellt. Dadurch kann nicht nur
zunehmende Transparenz in den Planungsprozessen geschaffen werden, sondern auch Fehlern
bei der Mengenberechnung und Plandefinition vorgebeugt werden.
Fur die modellbasierte Mengenermittlung werden eigene AVA-Softwarelosungen herangezo-
gen. Als Schnittstelle soll hierfur uberwiegend das offene ifc-Format dienen, was allerdings
immer noch einzelne Schwierigkeiten bei der reibungslosen und verlustfreien Ubergabe des
BIM-Modells zu weiterfuhrenden Softwareapplikationen aufweist.
Bei weit mehr als 50 deutschsprachigen Programmen fur die Ausschreibung und Vergabe im
Bausektor entsprechen bisher nur die Wenigsten dem Anforderungsprofil von BIM.
RIB reagierte auf die veranderten Planungsprozesse mit der BIM-Methode mit einer neu
entwickelten 4D und 5D Softwarelosung iTWO. Diese durchaus sehr machtige Softwa-
re ist anfangs durch die komplexen Zusammenhange, die vielseitige Anwendbarkeit und
unubersichtliche Strukturierungen etwas gewohnungsbedurftig. Außerdem sind immer wie-
der spezielle Eigenheiten und Berechnungsschwierigkeiten festzustellen, die jedoch durch an-
gepasste Modellerzeugung oder Datenubergabe umgangen werden konnen. Mit Beachtung
dieser Umstande kann allerdings ein sehr durchgangiger und erfolgreicher Workflow geschaf-
fen werden.
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Die Software Orca AVA verfugt uber keine direkte Schnittstelle zu den CAD-Modellierungs-
programmen, sodass der Datenaustausch uber die offene Schnittstelle IFC erfolgen muss. Die
Software kann außerdem nicht wirklich Mengen aus den importierten Geometriedaten berech-
nen, sondern lediglich die in Attributen gespeicherten Geometrieparameter ubernehmen und
aufaddieren. Fur einfache Mengenpositionen fuhrt diese Variante jedoch ebenfalls zu einer
erfolgreichen und fehlerlosen Generierung des Leistungsverzeichnisses.
Das Software-Produkt AVANTI verfugt auch uber einen ifc-Datenimport. Alternativ wurden
vom Hersteller Moglichkeiten geschaffen, die AVA-Erstellung mit direktem Bezug zur Model-
lierungssoftware (hier Revit) durchzufuhren. Dadurch ist eine visuelle Bauteiluberprufung fur
die Zuordnung und eine schnelle Datenweitergabe aus der CAD-Software moglich. Allerdings
ist eine komplexere Mengenabfrage ebenfalls nicht moglich, sodass nur einfache Leistungsposi-
tionen berechnet werden konnen. Mit dem durchlaufen eines gut gegliederten Arbeitsablaufes
konnen schlussfolgernd die meisten benotigten Positionen im Leistungsverzeichnis erfolgreich
abgebildet und berechnet werden.
Letztendlich lassen sich mit der Planungsmethode BIM deutliche Veranderungen in der Er-
stellung von Vergabeunterlagen im Vergleich zu herkommlichen Prozessen feststellen. Viele
Hersteller von AVA-Software haben das Potential und die Notwendigkeit der durchgangigen
Arbeitsweisen von BIM erkannt und reagieren mit immer besser werdenden und optimier-
ten Softwarelosungen. Eine wesentliche Komponente bleibt hier die Frage der verlust- und
fehlerfreien Datenubertragung uber offene Schnittstellen. Um das große Potential von BIM
im Vergabeprozess ausschopfen zu konnen, mussen in der Zukunft festgefahrenen Prozesse
aufgebrochen und juristische Hurden geebnet werden. Mit dieser Grundlage wird sich BIM
als eine wirtschaftliche und effiziente Arbeitsmethode im Planungsprozess fur Bauvorhaben
etablieren.
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Literaturverzeichnis
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