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der Fische und Rundmäuler (Pisces et Cyclostomata) Thüringens

Rote Liste

Nase, Chondrostoma nasus. (Aufn. F. leo, fokus-natur)

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Naturnaher Werraabschnitt bei Eisfeld, Lebensraum von Äsche, Thymallus thymallus, Westgroppe, Cottus gobio, und Bachneunauge, Lampetra planeri. (Aufn. r. BrettFelD)

Die Rote Liste der Fische und Rundmäuler Thü-ringens wurde auf der Grundlage der „Metho-dik zur Roten Liste Deutschlands“ vollständig und gründlich überarbeitet. Dies machte sich erforderlich, da in den letzten Jahren auf eine deutlich verbesserte Datenlage zurückgegrif-fen werden konnte (Müller 2002 sowie die Da-ten des WRRL-Monitorings und der Daten des Landes-Fischartenkatasters). Hinzu kamen eini-ge taxonomische Klarstellungen durch kottelat

& FreyhoF (2007), deren „Handbook of European Freshwater Fishes“ als Grundlagenwerk heran-gezogen wurde.In Thüringen beträgt die Gesamtzahl der eta-blierten Arten 46 (wobei es in Wirklichkeit nur 45 sind, da zum besseren Verständnis und dem Trend anderer Bundesländer folgend, Bach- und Meerforelle getrennt aufgeführt sind). Der Maifisch wurde nun aus der Thüringer Fischfau-na gestrichen, da es keinen Nachweis gibt, dass

Einleitung

Rote Liste der Fische und Rundmäuler (Pisces et Cyclostomata) Thüringens

4. Fassung, Stand: 02/2010

rolanD Müller

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diese Art jemals hier vorkam (anonyMus, 2004). Fünf Arten sind Neobiota. Damit beträgt die Zahl der indigenen Arten und der Archäobio-ta 41. Für diese wurde die Gefährdungsanalyse durchgeführt.Insgesamt sind in Thüringen 6 Arten ausgestor-ben oder verschollen, 6 Arten sind vom Aus-sterben bedroht, 5 Arten sind stark gefährdet, 3 Arten gefährdet und für 3 Arten gilt eine Ge-fährdung unbekannten Ausmaßes.Erfreulicherweise hat sich die Gefährdungssi-tuation der Fische und Rundmäuler in Thürin-gen in den letzten Jahren deutlich verbessert. In der Roten Liste 2001 (BrettFelD et al. 2001) waren z. B. noch elf Arten in die Kategorie 0 ein-gestuft. Inzwischen konnten Nachweise der Zährte und des Rapfens erbracht werden, von denen auch eine natürliche Reproduktion an-genommen werden darf. Für den Europäischen Wels wurden ebenfalls Reproduktionsnachwei-se in der Saale und im Stausee Hohenfelden er-bracht. Schlammpeitzger konnten im Plothener Teichgebiet nachgewiesen werden. Vier Arten, Bachforelle, Elritze, Hasel und Hecht, konnten aus der Roten Liste gestrichen werden.2001 waren 66,6 % der Arten ausgestorben oder gefährdet. Heute liegt der Anteil bei 56,1 %. Diese Verbesserung mag im ersten Mo-ment gering erscheinen, setzt für einen Zeit-raum von 10 Jahren aber einen deutlichen Akzent. Fische haben sehr eingeschränkte Möglichkeiten der Migration. Bei vielen Arten beginnt erst im dritten Jahr die Reproduktion. Ausbreitungsmöglichkeiten und die Fähigkei-ten zur Wiederbesiedlung ehemaliger Habitate sind somit, im Vergleich zu anderen Artengrup-pen, gering.Der insgesamt positive Trend resultiert einer-seits aus der erwähnten verbesserten Datenla-ge sowie aus Maßnahmen des Fischartenschut-zes. In erster Linie sind hier die Einschränkungen der Thüringer Fischereiverordnung zu nen-nen, aber auch die FFH-Richtlinie die für einige Fischarten einen positiven Einfluss auf die Be-standssituation erbracht hat. Bei Westgroppe und Bachneunauge führten letztendlich wei-terhin bestehende Einflussfaktoren zur Einstu-fung in eine höhere Kategorie der Gefährdung, ohne dem wären sie jeweils in einer niedrige-ren Kategorie zu finden. Diese Einflussfaktoren

Bachneunauge, Lampetra planeri. (Aufn. W. FieDler, Fotografie, Publikation, Bildarchiv, Leipzig)

Westgroppe, Cottus gobio. (Aufn. F. leo, fokus-natur)

Bitterling, Rhodeus sericeus amarus. (Aufn. F. leo, fokus-natur)

begründen sich in der Analyse der Roten Liste der Biotoptypen Thüringens von Westhus & van hengel (2011), wonach der Lebensraum beider Arten, naturnahe Bäche und Flüsse, stark ge-fährdet, regional sogar von der vollständigen

Zander, Sander lucioperca. (Aufn. F. leo, fokus-natur)

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Zerstörung bedroht ist. Einflussfaktoren finden sich aber auch in den Fließgewässerabschnit-ten Thüringens, die dem Potamon (Barbenregi-on) zuzuordnen sind. Hier waren, insbesondere im langfristigen Trend, erhebliche Bestands-rückgänge bei Fischen zu verzeichnen (Brett-FelD & Bock 1994). Für diese Artengruppe (Gilde) hat sich die Situation in den letzten Jahren aber erfreulicherweise besonders verbessert.Leider mussten auch vier Arten in eine höhe-re Gefährdungskategorie eingestuft werden. Während dies bei Karausche und Zander an der verbesserten Datenlage liegt, sind die Be-stände des Europäischen Aals und der Äsche, nicht nur in Thüringen, dramatisch zurückge-gangen (Bundesamt für Naturschutz, Hrsg.; 2009). Die Ursachen hierfür liegen nicht in Thü-ringen. Bei der Äsche ist es in erster Linie die Prädation im Winter durch Kormorane (görlach & Müller 2008). Der Aal wird inzwischen euro-paweit als stark gefährdet angesehen. Von der EU geforderte Managementpläne könnten in den nächsten Jahren Wirkung zeigen (anony-Mus 2010).

Schlammpeitzger, Misgurnus fossilis. (Aufn. F. leo, focus-natur)

Hasel, Leuciscus leuciscus, (Aufn. F. leo, fokus-natur)

Europäischer Wels, Silurus glanis. (Aufn. F. leo, fokus-natur)

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Rote Liste

Art Gefährdung Bemerkungen

Aland Leuciscus idus (linnaeus, 1758) 1

Äsche Thymallus thymallus (linnaeus, 1758) 2 EUAtlantische Forelle (Meerforelle)

Salmo trutta linnaeus, 1758 (anadrome Wanderform)

0

Atlantischer Lachs Salmo salar linnaeus, 1758 0 EU nach 1900

Atlantischer Stör Acipenser sturio linnaeus, 1758 0 §§ EU! 1820

Bachneunauge Lampetra planeri (Bloch, 1784) 2 § EU

Barbe Barbus barbus (linnaeus, 1758) 3

Bitterling Rhodeus amarus (Bloch, 1782) 1 EU

Europäischer Aal Anguilla anguilla (linnaeus, 1758) 2 §

Europäischer Wels Silurus glanis linnaeus, 1758 1

Flussneunauge Lampetra fluviatilis (linnaeus, 1758) 0 § EU (1940)

Karausche Carassius carassius (linnaeus, 1758) G

Moderlieschen Leucaspius delineatus (heckel, 1843) G

Nase Chondrostoma nasus (linnaeus, 1758) 2

Quappe Lota lota (linnaeus, 1758) 2

Rapfen Aspius aspius (linnaeus, 1758) 1 EU

Schlammpeitzger Misgurnus fossilis (linnaeus, 1758) 1 EU Schneider Alburnoides bipunctatus (Bloch, 1782) 0 1954

Steinbeißer Cobitis taenia linnaeus, 1758 0 EU 1969

Ukelei Alburnus alburnus (linnaeus, 1758) 3

Westgroppe Cottus gobio linnaeus, 1758 3 EU

Zährte Vimba vimba (linnaeus, 1758) 1

Zander Sander lucioperca (linnaeus, 1758) G

Gefährdungskategorien sowie weitere Abkürzungen siehe 2. Umschlagseite

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Literatur

anonyMus (2004): Fische in Thüringen – Die Verbreitung der Fische, Neunaugen, Muscheln und Krebse in Thüringen. – 3. überarbeitete Auflage. – Hrsg. Thüringer Ministerium f. Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt. – Erfurt

anonyMus (2010): Beschluss der Kommission v. 08. 04. 2010 zur Genehmigung des Aalbewirtschaf-tungsplanes, den Deutschland der Kommission gem. VO (EG) Nr. 1100/2007 des Rates mit Maß-nahmen der Wiederauffüllung d. Bestandes d. Europäischen Aals vorgelegt hat. – Brüssel

Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.; 2009): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutsch-lands, Band 1: Wirbeltiere. – Naturschutz und Biologische Vielfalt H. 70 (1), Bonn – Bad Godes-berg, 386 S.

BurckharDt, F. (1860): Verzeichnis der bis jetzt in der Umgegend von Gera beobachteten Fische. – 3. Jahresbericht Ges. Freunden Naturwiss. Gera: 62-63

BrettFelD, r., & k.-h. Bock (1994): Fließgewässerlandschaften im Thüringer Wald – Zustand und Schutzmöglichkeiten. – Naturschutzreport H. 7 (1): 168-187

BrettFelD, r., k.-h. Bock, r. Müller & u. Müller (2001): Rote Liste der Fische und Rundmäuler (Pisces et Cyclostomata) Thüringens, 3. Fassung, Stand: 09/2001. – Naturschutzreport H. 18: 47-49

görlach, J., & r. Müller (2008): Die Bestandssituation der Äsche (Thymallus thymallus) in Thüringen. – Artenschutzreport 22: 54-63

kottelat, M., & J. FreyhoF (2007): Handbook of European freshwater fishes. – Cornol u. BerlinMüller, r. (2002): Die aktuellen Fischpopulationen in Thüringen und Schlussfolgerungen zur Wie-

deransiedlung heimischer Fischarten, Neunaugen, Krebse und Muscheln. – Unveröff. Gutacht. im Auftr. Thür. Minist. f. Landwirtschaft, Naturschutz u. Umwelt Erfurt

uhlMann, E. (1940): Die Tierwelt Jenas. – In: W. lehMann (Hrsg.): Jena. Thüringens Universitätsstadt in Vergangenheit und Gegenwart. Bd. 1: Natürliche Grundlagen der Stadt Jena. – Jena: 59-102

van hengel, u., & Westhus, W. (2011): Rote Liste der Biotoptypen Thüringens, 3. Fassung, Stand 12/2010. – Naturschutzreport H. 26: 525-541

Diplom-Fischereiingenieur Roland Müller, Dorfstraße 27, Siegritz, D-98646 ReuriethE-Mail: [email protected]