DieDie JudikaturJudikaturdes OGH des OGH
zur Aufklzur Aufkläärungrung
Matthias NeumayrMatthias Neumayr
Freitag, 29. Juni 2012Freitag, 29. Juni 2012
ÄÄRZTEKAMMER KRZTEKAMMER KÄÄRNTENRNTENReferat fReferat füür Palliativmedizin und Schmerztherapier Palliativmedizin und Schmerztherapie
2
Überblick über Schwerpunkte:
Aufklärungsadressat Operationserweiterung kosmetische Operationen Behauptungs- und Beweislastfragen
NeuereNeuere EntwicklungenEntwicklungen inin der Rechtder Recht--sprechungsprechung zur zur äärztlichenrztlichen AufklAufkläärungrung
3
Vorspann (zur Diskussion):
„informed consent“ als Grundlage jeder ärztlichen Heilbehandlung am einsichtsfähigen Patienten
Haftung bei Aufklärungsfehlern Anschein, dass sich die Arzthaftung in Richtung „Aufklärungshaftung“verändert hat?
Folge: Aufklärung so, dass Haftung vermieden wird?
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung
4
1. Aufklärung ggüber einem ElternteilOGH 10.06.2008, 4 Ob 87/08k, Zak 2008/542, 315Der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflichten richtet sich nach den persönlichen Verhältnissen bzwKenntnissen des einwilligenden Elternteils
Kontaktlinsen für 13 Monate altes, stark kurzsichtiges Kind
(mangelhafte) Aufklärung des Arztes gegenüber Mutter; Vater = Zahnarzt
OGH: Haftung des Arztes wegen Verletzung der Aufklärungspflicht bejaht
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung
5
2. Aufklärung ggüber Arzt/informierten Pat.OGH 31.3.2011, 1 Ob 9/11xKeine Verletzung der Aufklärungspflicht wenn Patient selbst über die erforderlichen Kenntnisse verfügt (bzwdiese aufgrund der Ausbildung/ Fachrichtung angenommen werden dürfen)
Konkrete Aufklärungsbedürfnisse muss Arzt im Gespräch mit dem Patienten abklären
gilt auch bei Patienten, der Vorinforma-tionen aus vorangegangenen Behandlungen hat
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung
6
3. Aufklärung über seltenes Risiko (vor Schulimpfung gegen Hepatitis B)OGH 16.12.2008, 1 Ob 84/08x
Grundsätzlich auch Aufklärungspflicht vor Impfungen
hier aber äußerst seltenes Risiko Für den Fall der Verletzung der
Aufklärungs-pflicht Behauptungs- und Beweislast des Arztes, dass der Patient auch bei ausreichender Aufklärung eingewilligt hätte
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung
7
Aufklärung vor SchulimpfungOGH 1.3.2012, 1 Ob 14/12h
2. MMR-Impfung (Schulkind) Schriftliche Aufklärung, keine persönliche
(Eltern haben unterschrieben) ITP-Erkrankungswahrscheinlichkeit nur
zwischen 0,000075 und 0,000135 % Es ist davon auszugehen, dass die Eltern
auch bei Aufklärung darüber eingewilligt hätten
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung
8
4. Aufklärung über typische GefahrOGH 27.01.2009, 5 Ob 290/08w, Zak 2009/126, 136Aufklärung über typische Gefahr reicht
(angeblich) nicht lege artis vorgenommene Behandlung am Knie nach Meniskusruptur
Haftung für Folgen einer Wundinfektion? OGH: Einer konkreten Aufklärung über die
Behandlungsmöglichkeiten einer Wundinfektion bedarf es nicht
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung
9
Aufklärung über typische GefahrenJüngere Judikatur
OGH 29.01.2008, 1 Ob 138/07m, Zak 2008/244, 137 (Pflicht zur Aufklärung über Folgen der Missachtung eines Wiederbestellungstermins)
OGH 28.03.2007, 7 Ob 21/07z, RdM 2007/124, 186: Die ärztliche Aufklärungspflicht ist beim Vorliegen sog typischer Gefahren (spezielles, nicht sicher vermeidbares Eingriffsrisiko) verschärft.
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung
10
Aufklärung über typische GefahrenJüngere Judikatur OGH 9.2.2011, 5 Ob 9/11a
Aufklärungspflichtverletzung bei Fehlen jeder Information über konkrete mögliche Folgen eines Scheiterns der Operation sowie über die Größenordnung eines solchen Risikos.
OGH 07.09.1993, 10 Ob 503/93, RdM 1994/1: Über ein allgemeines, mit jeder Operation verbundenes und als bekannt vorauszusetzendes Infektionsrisiko von 1 bis 2 % muss der Patient nicht gesondert aufgeklärt werden, wohl aber über weniger gefährliche + erfolgverspr. Behandlungsalternative.
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung
11
Aufklärung über typische GefahrenJüngere Judikatur OGH 25.1.2012, 7 Ob 228/11x
Operative (laparoskopische) Behandlung eines Mastdarmvorfall Aufklärung über die Möglichkeit von PotenzstörungenNach Gefäßverletzung und Notwendigkeit der Blutstillung Nervengeflecht-VerletzungFolge: nun ZeugungsunfähigkeitOGH (wie Erstgericht): unvertretbare Ausdehnung der Aufklärungspflicht ist abzulehnen („Desinformation durch Überinformation“)
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung
12
Aufklärung über typische GefahrenJüngere Judikatur OGH 30.4.2012, 9 Ob 41/11m
dringende Operationsindikation (Reoperation der rechten Hüftprothese)Aufklärung über Gefahr der vorzeitigen Lockerung der neuen Prothese mit der Notwendigkeit eines Austausches Ausrisslaut Vorinstanzen von Aufklärung umfasstOGH: vertretbare Rechtsansicht
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung
13
5. Aufklärung vor kosmetischer OP bzw nicht dringlichem EingriffOGH 27.02.2009, 6 Ob 122/07wBrustvergrößerung – „Randbildung“ begünstigt durch anatomische Besonderheit („Trichterbrust“)
Rotation des Implantats der linken Brust Ärztliche Aufklärungspflicht reicht umso
weiter, je weniger dringlich der Eingriff ist gerade hier besondere Bedeutung der freien
Entscheidung des Patienten Aufklärung über patientenspezifische
Risiken
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung
14
Aufklärung vor kosmetischen OPJüngere Judikatur OGH 10.02.2009, 5 Ob 16/09b: umfassende
Aufklärung mit Hinweis auf seltene, aber gravierende Risiken (hier: Gelenksversteifung)
OGH 17.11.2009, 1 Ob 218/09d: zeitgerechte Aufklärung (Facelifting)
OGH 08.06.2010, 4 Ob 12/10h: Keine Aufklärung über entfernte und nachrangige Therapievariante (Unterspritzung von Falten)
OGH 22.06.2010, 10 Ob 31/10x: in concreto keine Aufklärungspflichtverletzung iZm Bruststraffung
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung
15
6. Intraoperative WachheitOGH 10.04.2008, 3 Ob 11/08a, Zak 2008/374, 219Aufklärung über Risiko von 0,2 – 0,4% bei nicht dringlicher Operation
Sterilisationsoperation in Vollnarkose Anästhesie lege artis Schmerzengeld EUR 7.500 OGH: Zurückweisung der ao. Revision des
beklagten Krankenhausträgers mangels erheblicher Rechtsfrage
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung
16
7. OperationserweiterungOGH 26.06.2007, 10 Ob 50/07m, Zak 2007/612, 354 Notwendigkeit einer (unvorhersehbaren) Operations-erweiterung während des Eingriffs – mutmaßliche Einwilligung maßgeblich
Kniegelenksarthroskopie in Vollnarkose Zwecks Korrektur einer Fehlstellung
Durchtrennung des Bandapparats etc OGH: Notwendigkeit der Klärung der
mutmaßlichen Einwilligung Ebenso OGH 29.05.2008, 2 Ob 242/07p
(Operationserweiterung nach Oberarmtrümmerbruch)
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung / / EinwilligungEinwilligung
17
OperationserweiterungJüngere Judikatur
OGH 15.09.2010, 2 Ob 142/10m: Abwägung des Arztes zwischen Lebens- und Gesundheitsgefährdung (bei Abbruch des Eingriffs) und dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten; je dringlicher der Erweiterungseingriff ist, umso unbedenklicher ist die Einwilligungsvermutung
OGH 22.07.2010, 8 Ob 43/10x: Keine Haftung, wenn festgestellt ist, dass die Klägerin der Erweiterung zugestimmt hätte
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung / / EinwilligungEinwilligung
18
8. Überlegungsfrist
Aufklärung muss so rechtzeitig erfolgen, dass dem Patienten eine angemessene Überlegungsfrist bleibt
Patient kann nur dann wirksam einwilligen, wenn er rechtzeitig über die Bedeutung des Eingriffs und seine möglichen Folgen aufgeklärt wurde
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung / / EinwilligungEinwilligung
19
Überlegungsfrist
OGH 27.04.2011, 7 Ob 64/11d
Möglichkeit „eine Nacht darüber zu schlafen“ reicht bei sehr seltenem Risiko von Nervenverletzungen bei Hüftgelenksoperation (1-3 %)
OGH 24.11.2011, 1 Ob 215/11s
Eine erstmals zwei Stunden vor dem Eingriff erfolgte Aufklärung der zu diesem Zeitpunkt bereits auf diesen „intern vorbereiteten“, wenn auch noch nicht sediertenPatientin über die konkrete Operationsmethode im Vergleich zu alternativen Behandlungsmethoden sowie bestimmte Risiken des weder als extrem dringlich noch als „minimal invasiv“ zu wertenden Eingriffs ist zu spät.
RisikoaufklRisikoaufkläärungrung / / EinwilligungEinwilligung
20
9. Behauptungs-/Beweislast, Substantiierungspflicht?
OGH 14.10.2008, 4 Ob 155/08k: Die Beweislast dafür, dass der Patient dem Eingriff bei ordentlicher Aufklärung zugestimmt hätte, trifft den Arzt (ebenso OGH 28.09.2006, 4 Ob 132/06z = RdM 2007/115, 180)
OGH 16.09.2008, 1 Ob 80/08h: Keine hohen Anforderungen an mögliche Substantiierungspflicht des Patienten (Diagnoseeingriff)
OGH 14.05.2009, 6 Ob 71/09y: Behauptungs- und Beweislast hinsichtlich hypothetischer Einwilligung liegt beim Arzt (hier steht fest, dass die Klägerin auch bei ausreichender Zustimmung erteilt hätte)
AufklAufkläärungspflichtrungspflicht
21
Beweislast bei Dokumentationsverletzung
OGH 28.1.2011, 6 Ob 259/10xBeweislastumkehr bei Verletzung der Dokumentationspflicht in Bezug auf Umstände, die für den Schadenseintritt erheblich sein können gilt auch für Hebammen und andere medizinische Berufe
OGH 4.11.2010, 8 Ob 123/10mDie Frage einer Beweiserleichterung zu Gunsten des Patienten bei fehlender Dokumentation kann sich nur dann stellen, wenn für den Verfahrensausgang wesentliche Tatsachen nicht festgestellt werden konnten.
AufklAufkläärungspflichtrungspflicht
22
Behauptungs- und BeweislastOGH 07.08.2007, 4 Ob 137/07m, Zak 2007/651, 375(„Steißbeinfistel“)
Unzureichende Aufklärung bei erstem Eingriff Folgeerkrankung wurde „nicht verursacht“ Argumentation, dass Haftung im Hinblick darauf,
dass die Folgeerkrankung als Rückfall der ursprünglichen Erkrankung zu qualifizieren sei und es an ausreichender Aufklärung über Rückfallquoten gefehlt habe, wird vom OGH abgelehnt (würde zu Erfolgshaftung – trotz lege artis erfolgten Eingriffs –führen)
Kläger bleibt dafür beweispflichtig, dass eine andere Behandlungsmethode zum Ausbleiben eines Rückfalls geführt hätte (höhere Wahrscheinlichkeit genügt nicht)
KausalitKausalitäätt, , BeweislastBeweislast
ÄÄRZTEKAMMER KRZTEKAMMER KÄÄRNTENRNTENReferat fReferat füür Palliativmedizin und Schmerztherapier Palliativmedizin und Schmerztherapie
DieDie JudikaturJudikatur des OGH des OGH zur Aufklzur Aufkläärungrung
Vielen Dank Vielen Dank ffüür das Interesse r das Interesse
und die Aufmerksamkeit!und die Aufmerksamkeit!
Top Related