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D S HOLL NDISCHE VOLKSBUCH
VOM DOKTOR F UST
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DAS
H O L L A N D I S C H E V O L K S B U C H
V O M
D O K T O R F A U S T
V O N
D R
B H
V A N
H O O F T
MIT 2 BBILDUNGEN
H G
M A R T I N U S
N I J H O F F
1926
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8/10/2019 Doktor Faust
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INHALTS
V E R Z E I
CHNIS
Seite
E I N L E I T U N G 1
E R S T E R A B S C H N I T T . D E R
H I S T O R I S C H E F A U S T
4
Z W E I T E R A B S C H N I T T . D I E
D E U T S C H E N
V O L K S B C H E R V O M D O K T O R
F A U S T 2 0
D R I T T E R A B S C H N I T T . D A S
H O L L A N D I S C H E
V O L K S B U C H V O M D O K T O R
F A U S T 3 1
E R S T E S K A P I T E L ie
Faustsage
in den Niederlanden vo r
demErscheinen
des
ltesten
Volksbuches 31
Z W E I T E S K A P I T E L as ltestehollandische Faustbuch
3 3
1. D e r
Ver f a s s e r
3 3
2 . D e r D r u c k e r 4 8
3 . D a s Werk 5 0
D R I T T E S K A P I T E L ie sp terenDrucke 7 7
V I E R T E S K A P I T E L as Faustbuch in der
Slieren
holldndischen
Literator 8 8
V I E R T E R A B S C H N I T T . D I E L O K A L I S I E R U N G E N D E R F A U S T S A G E IN H O L -
L A N D
9 2
E R S T E S K A P I T E L Faustin Waardenburg
9 2
Z W E I T E S
K A P I T E L Faustin
Leeuwarden 107
F N F T E R A B S C H N I T T . Z U R F A US T IK ON OG RA PH IE 11
E R S T E S K A P I T E L Van
Sichems
Faust 1 1 0
Z W E I T E S K A P I T E L Mathams Faust 114
D R I T T E S
K A P I T E L
RembrandtsFaust
116
V I E R T E S
K A P I T E L er ilderschmuck der olksbcher
1 1 8
F N F T E S
K A P I T E L Faust
auf ilderbogen 133
S E C H S T E R A B S C H N I T T . B IB L O G R AP H I S CH E B E S C H R E I B U N G D E R H O L L A N
D I S C H E N F A U S T D R U C K E 1 37
A N H A N G . V E R G L E IC H U N G V O N B A T E N S T E X T
M I T
D E N D E U T S C H E N C F A S
S U N G E N 150
R E G I S T E R 161
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V RW RT
In keinem Lande ist wohl das Interesse fr dasVolksbuch vom Doktor Faust
lebhafter undnachhaltigergewesen als in den Niederlanden. In der
ausgedehnten
Literatur, die sich seit demEnde des sechzehnten Jahrhunderts umden Namen
Doktor
Faustus
als Mittelpunkt
angesammelt
hat,
drfte
daher
vorliegende
Arbeit
ihr bescheidenes Platzchen beanspruchen.
Vielen
bin
ich
fr freundliche Angaben,
fr
die
berlassung
oft wertvoller
Exemplare, sowie fr wohlwollendeUntersttzungbeim ufsprenundBeschaffen
seltener
Drucke
zu groBem
Dank verpflichtet;
im
besondern den Herren Beamten
der Universitatsbibliothek Amsterdam.
Amsterdam,
J u l i
1926.
B
H.
V A N
T
H OO F T
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E I N L E I T U N G
Gode biddic, dat hi misende,
Tallen
beghinne goeden
ende.
Theophilus.
Nachdemsich die ausdem rintstammendeGeschichte des Theophilus, der
sich zur Wiedergewinnungseinerverlorenen kirchlichen
Amtermit
seinem
Blute
dem Teufel verschrieben
hatte,
imAbendland verbreitet hat, taucht dieIdeevon
einemPaktmitdemBsendaselbstimmerhaufigerauf.Baldsiehtman
Papste,
wie
Sylvester
II.,
Frsten
wie Robert I. der Normandie undbesondershervorra-
gendeGelehrte Arnoldvon Villanova in Frankreich, Albertus Magnus in
Deutschland, Roger Bacon
in
England
mit dem
Teufelim Bndnis.Imberaus
teufelsglaubigen sechzehntenundsiebzehntenJahrhundert istdiese
Vorstellung
derartig popular geworden,
daB
man die Teufelsbndler bei Tausendenzahlt,
wovon die noch vorhandenen Akten derHexenprozesseein trauriges Zeugnis ab-
legen.Die Geschichte es ist beider
groBenZahl
selbstverstandlich hat sie
ver
gessen und nur
gelegentlichwird
in den Werken der Polyhistoren des
siebzehnten
Jahrhunderts ein Name odereineGeschichte erwahnt. Aneinenbliebbis auf den
heutigen
Tag
dieErinnerungim
Volke
lebendig, an den Doctor Faust.
DaB
nicht
auchseinName derVergessenheitanheimfiel, ist mehr oderwenigerdemZufall
zuzuschreiben. Nach dem Tode des
Zauberers
verfiel ein Unbekannter auf denGe-
danken,dessenTaten, vondenendieZeitgenossennochzuerzahlenwuBten,aufzu-
zeichnen und durch denDruckallgemein bekannt zumachenund,
einmal
in die-
sein
Stadium,
hat
die Geschichte nichtaufgehrt das
Interesse
der
Leser
zu
f
esseln.
DaB einZeitalter,welchesdenalbernen Aussagender
alten
Weibleininden
Hexen-
prozessen
Glauben
schenkte,die
Taten
des
T eufelsknstlers
als
Wahrheit hinnahm,
ist selbstverstandlich.
Bald
brachen sich zwar in Bezug auf den Teufelsglauben
vernnftigere
BegriffeBahn,aber doch
nur
unter den Gebildeten; das naiveVolk
sah nach wie vor hinter
jedem
ungewhnUchenEreignis den Teufel undschenkte
einer Teufelsgeschichte, die es in einem gedruckten Buche las, unbedingten
Glauben.
Das tat brigensnochgegenEnde dessiebzehntenJahrhunderts der
Utrechter Theologe Gisbert Voet, wahrend ein Balthasar Bekker sie
einige
Jahre
spater
schon als Altweibergefasel bezeichnete.Mit Verachtung undWiderwlen
spricht ein JahrhundertspaterderaufgeklaxteGelehrte ProsperMarchandber
das Faustbuch, das
nur zur
Abschreckung des
Pbels
erdacht worden sei. Unbefan-
generund vershnenderstehtunser Zeitalterdiesemundverwandten Erzeugnis-
Van tHooft, Faustbuch 1
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2
EINLEITUNG
sendrVergangenheit gegenberundbetrachtet sie als wichtige Quellen fr das
Studium der sittlichen undreligisenAnschauungenfrherer Geschlechter.
Selbstverstandlich hat die Faustgeschichte fr die hollandische Literatur eine
weit geringere Bedeutung als fr die deutsche. An der Sagenbildung, welche sich
bei
Faust
ziemlich
genau verfolgen
l Bt,
nimmt
Holland
nur geringen wenn
immerhin
einigen Ante i l .
K e i n
niederlandischer Dichter von einiger Bedeutung
hat selbstandig den Fauststoff zumGegenstand
seines
Schaffefis gewahlt,sodaB
von
einer Entwicklung der Idee in irgend welcher Richtung auf hoUandischem
Bodennicht die Rede sein kann; nur urnbersetzunghandelt essich,
um
Nach-
ahmunghchstens .
DaB aber trotzdem
diese Faustgeschichte, sowie sie in den
hollandischenV o l k s-
bchern berliefert wurde, als Gegenstand einer Auseinandersetzung geeignet
erschien, findet seinen Grund in der auBerordentlichen Beliebtheit, deren sich
Faust wahrend drei
Jahrhunderte
bei der hollandischen Leserwelt erfreute. Zwar
beschrankt sich das Interesse, besonders in spaterer Zeit, auf die naiven
Leser
der unteren Kreise der Gesellschaft. Die Lokalisierung der Sage an zwei
Orten Hollands, Waardenburg und Leeuwarden, l Btaber auf ein inniges Ver-
trautsein dieserKreisemit Faust und seiner Geschichte schlieBen.
Fehlt
auch dem Faust in der hollandischen Literatur ein Marlowe, so kann
er in der hollandischen bildenden Kunst auf einen VanSichem, einen Matham,
ja
vielleicht auf einen Rembrandt hinweisen.
Was war es, das in der Faustsage den naiven Leser so machtig anzog und so
dauernd fesselte? Der von jeher zu Ausschreitungen neigende Teufelsglaube war
gegen Ende des sechzehnten
Jahrhunderts
zu einer alle
Damme
der Vernunft
ber-
schwemmenden Hhe gestiegen. Vergebenshatte der herzglich ClevischeLeib -
arzt Johann Wirversucht den Strom zu hemmen; erfolglos war sein Wort ver-
hallt.
Erst ein Jahrhundert spater wurde in Holland mit besserem
Erfolg
der
K a m p fvon Balthasar Bekker, anilJonctys, AbrahamPalinghund
anderen
fort-
gesetzt.
A lsaberi mJahre1592
in Dordrecht das Volksbuch
vom
Dokter Faust er
schien,
herrschte
der Teufelswahn noch ungebrochen und trugnatrlichmachtig
zuder VerbreitungeinesBuches,wo man denTeufel
nun einmal
bei der
Arbeit
sah,
bei.Gar mancher aber mochteauf den Gedanken verfallen es dem Helden der Ge
schichte nachzumachen undgleichfallsseinGlck
beim
bsenGeiste zu versuchen.
Der bersetzer hatte zwar in Nachahmung seinesOriginals die
formas
conjurationum
fortgelassen, aber wenigerGewissenhafteals er sorgten bald dafr,
daB auch diese in
allerlei
Za uberbc hern ,besonders unter
Fausts
Namen,
*)
dem
Publikum zuganglich gemacht wurden.
Starkes MitgefhlmuBte auch das tragische Geschick des Helden
erregerr.
Er,
der Wittenberger Doktor der Theologie, sollte durch Untreue an Gottes Wort der
i)
SoinDoctorFaust s
grofier
undgewaltiger
Meergeist,
worinnLucifer und
drey Meergeister
umSchatee
aus den
Gewassern
zu
holen,beschworenwerden.Amsterdam,
bei
Holbeek
Boeker erkufer
in dem
Kohlsteg.Anno 1692. Vergl. Das
KlosterVS. 1140
ff. Dieangegebene
Adresse
Utnatrlich
fingiert:
eine
Koolsteeg
hat es in
Amsterdam
nie
gegeben.
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I N L I T U N G
3
lle
verfallen. Er konnte doch wissen, daB
gerade
ein Pakt mit dem Teufel die
allerschwerste
Snde
war, wogegen fast
jedesHeilmittel
versagte, sodaB von
ihm
das Wort
gilt
und dasVolksbuchversaumt nicht darauf hinzuweisen:
Wie
daerweet
den
wille
des Heeren
ende
niet en
doet,
die
sal
met veel slaghen
ghesme-
ten worden
Fol .
2
v13).
Tragisch war Fausts Geschick auch deshalb,
weein
Charakterzug, der die Ursache
seines
Verderbens
wird ,
im Grunde ein
guter
war: sein Drang nach
Wissen.
Hy nam Arents vleughelen aen, omalsoalle hoec-
ken
des Hemels
ende
der Aerden te ondersoecken (2
r25).
Und schon bei
seiner Unterhandlung mit Mephostophiles fordert er vondiesem,
dat
hy hem op
alle
zyne vraghen, niet onwaerachtichs en
soude
willen
antwoorden (3
v13).
Aber auch fr diesen hochstrebenden jungen Mann
gilt
des Dichters Mahnung
Weh
dem, der zu der Wahrheit
geht
durch
Schuld .
Auf dem verbotenen Pfade
des Teufelsbndnisses strebt Faust nach einem fr menschliches Wissen uner-
reichbaren Zie l
.um
das Menschlich-Erreichbare zu verfehlen und
klaglich
zu-
grunde zu gehen. Gerade dieser Charakterzug verliehunserm Helden vor allen
andern Eigenschaften die Unsterblichkeit, erwarb ihm die Liebe
Lessings,
der
StrmerundDranger,Goethes. Schon
Marlowehatte
diesen Zug mitglcklichem
Griff
weit
nachdrcklicher
als es im
Volksbuch
geschehen war in den Vorder-
grundgercktund in allen
spateren
Faustspielen, soverstmmelt sie auchber
liefert sein
mgen, wird
noch vom Gesichtspunkt des Wissensdrangs aus Fausts
Teufelspakt ins Auge gefaBt.
Nicht
geringesInteressefand der einfache Leser an der Schwanksammlung, die
den dritten
Te i l
des Faustbuchs bildet, an diesen Possen a la Eulenspiegel,
ohne
desserimauernwitz zwar,
aber
um so
interessanter,
weilhinter
jedeB
Streiche,
statt
eines verschmitzten Bauern, der Teufel selbst
steekt.
An sich zeigt dieser dritte
Tei l
groBe Verwandtschaft mit der Geschichte eines andern Teufelskerls, der des
Zauberers
Virgilius. Welch
ein Unterschied
aber
in der Auffassung der beiden
Sagenhelden und der beidenTeufelsgeschichten
berhaupt:
die
Virgiliussage
mit
ihrem
mittelalterlichen Optimismus und die furchtbar
ernste
Faustgeschichte.
Durch L i s t
zwingt
Virgilius
den Teufel sich in seinen Dienst zu stellen, indem er
ihn
in ein
Loch
einsperrt, sowie man im Mittelalter den Teufel in ein Glas oder
einen
Ringbannte,
um ihn zuseinemDienst zuzwingen.Faust
muB
dagegen diese
Dienstbarkeit mit seinerSeeleerkaufen.
B eiV irgilius
bleibt das
Sndenmotiv
ganz
und gar aus dem
Spiel,
von irgend einer
Schuld
ist nicht die Rede, in derFaustsage
lauert durch die ganze Geschichte hindurch die
lle
als wohlverdiente Strafe im
Hintergrund. Die Macht des Teufels ist seit demersten
Vierte l
des sechzehnten
Jahrhunderts
zusehrgewachsen, als daB er noch weiter mit sich spaBen
UeBe;
wer sichjetztnoch mit ihm einlaBt, ist ein verlorner Mann.
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E R S T E R A B S C H N I T T
DER HISTORISCHE FAUST
Le
Docteur Fausten estqu'unepurechimre,qui n'a jamais exist,
non plus quePAvanturierFortunatus, que dans1'ImaginationdesSots
qui
ont
ajot
foi a
leurs
Histoires.
DaB
Marchand
*)sichmitdiesem
Urteil
imWiderspruchmitdendeutschenAuto-
ren
bef
indet,
von
denenihmnuretwa
der
TbingerTheologeWilhelm Schickardbei-
stimmt,
weiB
errecht wohlunderbedauert
es
nurunter
diesen deutschen
Gelehrten
Namen anzutreffen, die doch
sonst
einengutenKlanghatten,wieu.a. deneinesPhi-
lipp Camerarius,dessenVater
notabenepersn lich mitFaust bekannt
gewesen
ist.
AuchMarchands Landsmann,GabrielNaud,der Bibliothekar des Kardinals
Mazarin,spricht in Bezug auf Faust vonunhommeimaginaire, uncmmredes
AUemands
2
).Erscheintinzwischenerstspater zudieser
Ansicht
gekommen zu
sein. In
seiner
25
Jahre
frher
verfaBten
Apologie
zweifeit
er
an
Fausts Realitat
durchaus nicht, rechnet ihn im Gegenteil zu denfrdas menschliche Geschlecht
gefahrlichenZauberern,dievor
kurzem
wirklich,und
zwar
mitSatansHilfe,ihre
Teufelsknstegetrieben
hatten ).
Die zahbreichen historischen Zeugnisse berFaust,welcheneuerdings wieder
von
Witkowski
*)zusammengestelltunderganzt wurden,lassenanseinerExistenz
nicht den
geringsten
Zweifel.Einigemgenhier folgen.
Als derMathematikerund
Astrolog Johann
Wirdung
zuHeidelberg dieAnkunft
Fausts erwartet, erkundigtersichnachdiesembeiseinem
berhmten
Freund,dem
Abt Trithemius. Dieser
antwortet
ihmam20. August 1507
6
).
Sein
Urteil
ber
Dictionaire Historique, ou
mmoires
critiques et
littraires,
concernant
la vie et les
ouvrages
de divers
personnages
distingus, particulirementdans larpubliquedeslettrespar ProsperMarchand.A la Have,
chezPierre de Hondt,M.D.CG.LVIII.TeilI S. 249 ff. Ein Ex.in der
Universitatsbibliothek
Amsterdam.
) Jugement detoutce qui a est
imprim
contre le cardinalMazarin,o. O. Dr. u. J.
(1650)
S. 519.
(Ein Ex.besitztdieKoninklijkeBibliotheekimHaag).
) Apologie
pour
les grandshommes soupconnezde Magie. ParG. Naud.Parisien A Amsterdam.
Chez
JeanFrdricBernard.
M.DCCXII.
S. 37.
(Universitatsbibl.
Amsterdam). DieersteAuflageerschien
Paris 1625. , .. . . .
Deutsche
Zeitschrift fr Geschichtswissenschaft. Neue Folge. 1. Jahrg.
1896/97.
Der
lustonsche
Faust. S. 298ff. . . , _
Johannis
Trithemii Opera Historica, Francofurti, Typis
Wechelianis
apudClaudmmMarnium
& heredes
Ioannis
Aubrij. M.DCI. Bd. II. S. 559 ff. (Universitatsbibl. Amsterdam). Die
betreffende
Briefstellelautet:Homoillede quominiscripsisti Georgius Sabellicus, quise principem
necromanticorum
ausus
est nominare, gyrouagus,battologus,et
circumcellio
est, dignus qui verberibus castigetur, netemere
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D E R H I S T O R I S C H E F A U S T
5
Georg
SabellicussohatteihnWirdungoffenbar genannt lautetnichts weni
geralsgnstig.Derselbe seieinleererPrahlerund Betrger,derf
fentlich
abscheu-
licheund der heiligen
Kirche
feindlicheDingegelehrthabe.
In der
Nahe
von
Geln-
hausen sei erTritheim,der vonBrandenburgnach
seinem
Kloster zurckkehrte,
ausgewichen, habeihmaberdurcheinenBrgereineArtVisitenkarte mitmarkt-
schreierischen
Titeln
berreichenlassen.
Franz
von Sickingen, der
Oberamtmann
desPfalzgrafen,habeihmeine
Stelle
als SchulmeisterinKreuznachbesorgt,aberer
habediesesVertrauenschandlichmiBbraucht.
Nach
diesem
Berichtwird Wirdung
wohl kein groBes Verlangen mehr nach dem Besuch
gehabt
haben.
Ahnlichwie
Tritheim
auBert sich der
Erfurter
Humanist
Konrad Mudt(Mutia-
nus Rufus) in einem
Brief
vom 7. Oktober 1513
1
). Voracht Tagen sei einChiro-
mant
nachErfurtgekommen mit Namen Georgius Faustus, HelmitheusHede-
bergensis . Er sei ein eitler Aufschneider. Gegen ihn sollten sich die Theologen
wenden
2
und
Reuchlin
der
Kampf
um
diesen
wargerade
heftig
entbrannt
inFriedenlassen. Der
Pbel
staune ihn an. Er,
Mudt,
habe sich verachtlichabge-
wandt,
als er ihn
in
der Herberge prahlenhrte;wasgeheihndieTorheitandereran.
DaB
Georgius Sabellicus Faustus beiTritheimmit Georgius Faustus beiMudt
identisch ist, ist wohl wahrscheinlich und wird auch allgemein
angenommen
8
);
in
beiden Zeugnissen handelt es sich um einen groBsprecherischen,gotteslaster-
lichen
Landstreicher
mit gleichem oder annahernd gleichem Namen. Das unver-
deinceps tam nefanda et ecclesiae sanctae contraria publice audeat profiteri. Quid enim sum aliud tituli
quos sibi assumit, nisi stultissimae ac
vesanae
mentisinditia, qui se fatuum, non
philosophum
ostendit?
Sic
enim titulum sibi conuenientem formauit:
Magister
Georgius
Sabellicus,
Faustus
iunior,
fons
necromanti-
corum, astrologus,
magus
secundus, chiromanticus, agromanticus [wohl: a r o m a n t i c u s ] pyromanticus, in hydra
arte secundus. Videstultam hominis temeritatem, quanta feratur insania, vt se
fontem necromantiae
pro
fiteri praesumat, qui vere omnium bonarum literarum ignarus fatuum se potius appellare
debuisset
quam
magistrum. Sed me nonlatet
eius
nequitia. Cumanno priore de
Marchia
Brandenburgensi redirem, hunc
ipsum hominem apud Geilenhusen oppidum inueni, de quo mihi pluradicebantur in hospitio friuola, non
sine
magna
eius temeritate ab eo promissa. Qui
mox
vt me
adesse
audiuit, fugit de hospitio, et a nullo
poterat persuaderi, quod se meis praesentaret aspectibus. Titulumstultitae
suae
qualem dedit ad te
quem memorauimus, per quendam ciuem ad me quoque destinauit. Referebant mihiquidam in oppido
sacerdotes, quod in multorum praesentia dixerit, tantam se omnis sapientiae
consecutum
scientiam atque
me-
moriam, vt si volumina
Platonis
Aristotelis
omnia cum tota eorum
pkilosophia
in
toto
perisset ab hominum
memoria, ipse suo ingenio
velut
Ezras alter Hebraeus, restituere vniuersa cum praestantiore valeret elegantia.
Postea me Neometi
[Speyer]
existente Herbipolim[ rzburg]
venit,
eademque vanitate actus in pluri-
morum
ferturdixissepraesentia,
quod
Christi
Saluatoris
miracula
non sint
miranda,
se quoque omnia facere
posse quae Christus fecit quoties quandocunque velit. In vltima quoque huius anni quadragesima venit
Stauronesum [Kreuznach], &simili stultitia gloriosus de se pollicebatur ingentia, dicens se in Alchimia
omnium
qui fuerint
vnquam,
esseperfectissimum,
scireatque posse,quicquid homines optauerint. Vacabat
intereamunusdocendi scholasticum in oppido memorato, ad quod Francisci ab
Sicldngen
Baliuiprincipis
tu i ,
hominis mysticarum rerum percupidi, promotione fuit assumptus, qui mox nefandissimo formationis
[wohl:
fornicationis] generecum pueris videlicet voluptari coepit, quo
statim
deducto in lucem fuga
poenam
declinauit paratam. Haec sunt quae mihicertissimo constant testimonio de
homine
illo, quemtantoven-
turumesse
desiderio praestolaris.
*
Abgedruckt in W i l h . ErnestiTentzelii SupplementumhistoriaeGothanaeprimum... . 1701.S. 95;
hier nach A.Tille:Die Faustsplitter in derLiteraturdes
16.18.
Jahrhunderts.Berlin1900. Nr. 2. Venit
octauo abhinc die quidam ChiromanticusErphurdiamnomineGeorgius Faustus, Helmitheus Hedebergen-
sis, merus ostentatoret fatuus. Eius et omnium diuinaculorum vana est professio, et talis physiognomia
leuior typula. Rudes admirantur, in
eum
theologi insurgant. Non conficiant philosophum Capnionem. Ego
audiuigarrientem in hospitio, Non castigaui iactantiam, quid aliena insania ad me?
2
Faust scheint sich also auch in Erfurt in kirchenfeindlichem Sinne
geauBert
zu haben.
* Allein N a u d , der S. 285 seiner A p o l o g i e i n e Stelle aus Tritheims
Brief
zitiert, betrachtet den
Sabellicus offenbar als
eine
andere Person als den Doktor Faust.
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6
DER
HISTORISCHE FAUST
standliche
Helmitheus
Hedebergensis betrachtet
Dntzer
1
als Druckfehler
eines Hemitheus Hedelbergensis ,
also
Heidelberger Halbgott
2
), wahrend
GoTres
schon frher
s
Hemitheus Wirtebergensis vorgeschlagen
hatte.
Neues
L i ch t
fiel
auf diese Stelle
in
MutiansBrief,als
im
Jahre1913
D r .
Schotten-
loher
auf einen merkwrdigenEintrag aufmerksam machte, der sich in einem in
der Mnchner Hofbibliothek vorhandenen Wettertagbchlein befindet. Das
Bchlein stammtaus dem Kloster Rebdorf bei Ingolstadt und die lateinischeBe -
merkung von der Hand des Priors
K i l i a n
Leib aus dem Jahre 1528lautet:
Georgiusfaustushelmstet. quinta feria
Junii
dicebat, quando
so l
et Jupit.suntin
eodemunius gradu
signi,tune
nascuntur prophete
(utpote
sui similes) . Die
Stelle
ist nicht
ohne
weiteresklar;es
laJJt
sich nicht mit Sicherheit feststellen, ob
ein
lateinisches He lms t e t e n s i s oder ein deutscher Name Helmstet gemeint ist.
In ersterem
Falie
stammteFaustausdem
bayrischen
DorfeHelmstadt,was nicht
mit
Melanchthons Angabe
4
) ,
er
sei
inKundling(Knittlingen)geboren,bereinstimmt,
in
letzteremwareder eigentliche Name desSchwarzknstlersHelmstet undhatte
man in Faustus nur einennomde guerre zu sehen. DasHelmitheus Hedeber
gensis ist in der Tat von Tentzei nicht ganz richtigwiedergegeben;in dem Manus-
kript auf der
Stadtbibliothek
in Frankfurt
a .M. ,
das wohl direkt nach Mutians
Brief
angefertigt wurde,
steht
georgius
faustus
helmitheus hedelbergensis . Es
mag sein, daB imOriginal etwa helmst. gestanden hat, was
vom
Abschreiber
nicht verstanden und nach eigener Auffassung erganzt wurde
5
).
DaB
die einfachen Leute einen Charlatan
wie
Faustbestaunen,
wie
aus denZeug
nissen Tritheims und Mutians hervor
geht,
kann nichtsehrWunder
nehmen.Aber
auch
hher
Gestellte
scheinen zu seiner
Kunst
Vertrauen
gehabt
zu haben. Der
Kammermeister des Bamberger FrstbischofsGeorg Schenk vonLimburgnotiert
am 12. Februar 1520, erhabeX gulden geben vndgeschencktDoctor
Faustus
phi-
losopho zu uererung hat meinem gnedigen Herrn ein natiuitet oder Indicium ge-
macht. )
A lsder jungePhilippvon Hutten 1534 im Dienste des Augsburger Handelshau-
ses Welser nach Venezuela zog um in der Neuen Welt seinGlckzu versuchen,
wandte er sich an
zwei
Philosophen um den Ausgang der Reise zu erkunden, an
Joachirn
Camerarius, Melanchthons Freund, und
Faust
7
).
Camerarius prophe-
zeihteeineglcldicheReise, Faust eineunglcklicheund
bekam
recht
8
) .
) Vergl.
Das
Kloster
V S. 36.
a
) Andersdeutet
Wilhelm Grimm die Stelle;
vergl.DieEntstehung
des
Volksbuches
vom Dr.
Faust.
PreufiischeJahrbcher
Bd.XLVII
1881)
S. 445. ErsiehtindemHedebergensis einenStichdes Mutian auf
Tritheim, der mit seinem
Familiennamen
von
Heidenberg
hieB. Trithemiusnannte
er
sich nach
seinem
Geburtsort Trittenheim bei Trier. Mudt hatte
Faust
dannalseinen
Halbgott
la
Heidenberg
bezeichnet.
Trithemius
war
bekanntlichselbst
der Zauberei
verdachtig.
') DieteutschenVolksbcher,
Heidelberg
bey Mohr undZimmer1807. S. 214.
l
) Vergl. S. 7.
Man
vergl. ber
Kilian
Leibs
Eintrag u. a.
Karl Hofmann
und Rudolf
Blume, Schwabischer
Bund
resp. Dezember
1920 und Februar 1921.
a
)
Vergl. J.
MayerhoferFaustbeimFrstbischof
vom
Bamberg .
Vierteljahrsschriftf. Literaturgesch.
III(189Q) S. 177.
') Cfr.
Szamatlski Der
historische
Faust .
Vierteljahrsschrift
f. L. II. S. 156.
) Man
vergl. ber
die
Reise:
Deutsche
Reisende
dessechzehnten
Jahrhunderts
von Viktor
Hantzsch,
Leipzig
1895.
S. 142.
8/10/2019 Doktor Faust
19/186
D E R
HISTORISCHE
F AUS T 7
Auch
zu den beiden groBen Reformatoren,
Luther
und
Melanchthon,
scheint
Faust Beziehungengehabtzuhaben.LuthersprichtberFaustindenTischreden
wenigstenseinmal
1
).
Besser kermtihn
Melanchthon,
wiewir aus dem Mund
seines
Schlers Johann Mennel(ManUus) erfahren*).Melanchthon hat einen Johann
Faust gekannt, der aus
Kundling
stammte,
welches
in der Nahe
seines
Geburts-
ortesBretteninBadenliegt(Gemeint ist wohlKnittlingenin W rttemberg, wel
ches
eineStunde von Bretten entfernt ist). In Krakauhabe dieser die Magie
studiert.E rseiweitumher
gestreift,
wobeier vomTeufelinHundsgestaltbegleitet
worden sei.Widmannennt in seinem Faustbuch sogar den Namen des Hundes
(Teil
II, Kap. 6);erhieB Prestigiar.
Diese
Besonderheit ist von
Heinrich
CorneUus
Agrippa
auf Faustbertragenworden; auchihnsollderTeufelin derGestalteines
Hundes
begleitet
haben
*).
Das Fliegen Fausts in Venedig erinnert auffallig an
den miBlungenen Flugversuch des SimonMagusvor
Kaiser
Nero,von welchem in
densogenanntenRecognitionen des heiligen Clemenserzahltwird.
Als Faust in Wittenberg war,
erzahlt
Melanchthon weiter,
wollte
ihn derKur-
frstverhaften lassen,aberer
wuBte
den Gerichtsdienernzuentwischen;
ebenso
in
Nrnberg *). SchlieBHch
habe ihn der Teufel in einem nicht naher bezeichneten
wrttembergischen Dorfe denHalsumgedreht.
*)
Frstemann
Bd. I S. 50.
Man
vergl.
berdiese
und andere
angeblichenErwahnungen
Fausts in den
Tischgesprachen: WidmansFauStbuch,CarlKiesewetter,Faust in der Geschichte undTradition,
Leipzig,
Max
Spohr, 1893 S. 35 ff. und Wilhelm Meyer
Nrnberger
Faustgeschichten , Abhandlung derphilos.
philol.
Klasse der
knigl.bayr.
Akademie der Wissenschaften
Bd. XX
S. 325.
nchen1897.
)
Locorumcommunium collectanea
:
a
IoanneManlio
per muitos annos,
tmex
Lectionibus D.Philippi
Melanchthonis,
tm
ex
aliorum
doctissimorum
uirorum
relationibus
excrpta,
&nuper
in
ordinem
abeodem
redacta
Francofurti
ad
Moenum,
per
MartinumLechler,
impensis Simonis
Huteri.
Anno
1568.
S.38ff.
(Ein Ex.
im Besitz der
Koninklijke
Bibliotheek im
Haag.
Die
erste
Auflageerschien
1563.)
Noui
quendam
nomine
Faustum de
Kundling,
quod est
paruum
oppidum, patriaemeaevicinum. Hic
cumesset
scholasticus Cracouiensis, ibi magiam didicerat, sicut ibi olim fuit
eius
magnus
vsus,
ibidem
fuerunt publicae eiusdem artis professiones. Vagabatur passim, dicebat arcana multa.IlleVenetijs cum
vellet ostenderespectaculum, dixit se volaturum in coelum. Diabolus igitur subuexit eum,
afflixit
ade
vt allisus
humipen
exanimatus
esset:
sed tarnen non est mortuus.
Ante paucos
annos
idem Joannes Faustus, postremo dieseditadmodummcestusin quodam pago ducatus
Vuirtenbergensis. Hospes ipsum alloquitur,
cur
mcestusessetpraeter morem&consuetudinem
(erat
alioqui
turpissimus nebulo,
inquinatissimae
vitae, ita vt
semel
atque iterum
pen
interfectus sit propter libidines)
ibi
dixit hospiti
in
illo
pago: Ne perterrefias hac
nocte.Medianocte
domus quassata est.
Man
cm
Faustus
non surgeret
iamesset
fer
meridies,
hospes
adhibitis alijs,ingressusest in
eius
conclaue, inuenitque
eum iacentem propre lectum inuersa facie, sic a diabolo interfectus. Viuens adhuc, habebat secum
canem,
qui erat diabolus, sicut
iste
nebulo qui scripsit De vanitate
artiumetiam
habebat
canem,
secum
currentem,
qui
erat
diabolus. Hic Faustus in
hoe
oppido Vuittenberga
euasit,cm
optimus Princeps Dux
Ioannes dedissetmandata de illo capiendo. Sic Norinbergae etiameuasit,
c m
iam inciperet prandere,
aestuauit, surgitque
statim,
soluensquod hospiti debebat, vixautemveneratanteportam,
ibiveniuntlicto-
res&de eo
inquirunt.
Idem Faustus Magus, turpissima bestia
cloaca multorum
diabolorum,van
gloriabatur de
se,omnes
victorias quas habuerunt
Caesariani
exercitus in Italia,
esse
partas per ipsum sua magia.
Idque
fuit men-
dacium vanissimum. Id enim dico propter iuuentutem, ne statim talibus vanis hominibus assentiantur.
*)AgrippasSchler,Wier,
verteidigt
seinenLehrergegendiesenVorwurf; Monsieurso
hieB das
Tier
sei ein ganz
gewhnlicherHundgewesen,
er habe ihn oft an der Leine
gefhrt,
wenn er auf
Agrippas
Wan-
derungen hinter diesem herging.
(Wieri
Opera Onmia Amsterdam, Petrus van den Berghe, 1660. S.
110
11
ff.).
*)
Nicht immer war Faust so
glcklich.
Am
17.Juli
1528 wurde aus
IngolstadtderWahrsager,
der
sich
Dr. Jrg
FaustusvooHeidelberg nannte, aus der Stadt ausgewiesen,wobei die
Furcht,
welche solche
Teufelsbndlrihren
Zeitgenossen
einflBten,
wohl stark ans
Licht
trat, denn man
forderteihm
vorherdas
Versprechen
ab, sich
wegen
dieser Tat an der
stadtischen
Obrigkeit nicht rachen zu wollen.
Vergl. Ober-
bayerisches
Archiv
Bd.
X X X I I
S. 336. Nach
Tille,
Faustsplitter Nr. 4.
8/10/2019 Doktor Faust
20/186
8
R
HISTORISCHE FAUST
Melanchthons Bericht,
der
schon stark mit sagenhaften
Zgen
vennischt
ist,
wird
durch einen seiner andern Schuier,
den
Heidelberger Professor Hermann
Wilcken,
der
sich
auchWitekindnennt,erganzt.Dieserverffentiichteunter dem
Pseudonym
AugustinLercheimervon Steinfelden im Jahre 1585seineChristlich
bedencken underjnnerungvon Zauberey worinersichwiederholt mit Faust
beschaftigt. Nureineweile solldiesersich
i nWittenberg
aufgehalten haben, was
mangeschenenlieB
in
derHofmung,er werdesichdurch die reineLehre,die da ge-
predigt wurde, bekehren.A lsdies aber nicht geschah, sondern er sogaranderever-
fhrte,habeman ihn verhaftenwollen,aber sein Geisthabeihn
gewarnt,
sodaB er
entwischte * .In dieserkurzenZeit muBFaust
die
Bekanntschaft
Melanchthons
ge-
macht haben, wenn er
ihn
wenigstens
nicht,
was ganz gutmglichwar, vonfrher-
her kannte. ErsollsichFausts Feindschaft zugezogen haben,
weil
er ihn zu einem
bessern Leben ermahnte. Faust soll ihm dann gedroht haben,erwolleihm den
Streich spielen,daB,wennMelanchthonsichzu
Tisch
gesetzt habe, alle Pfannen in
der
Kche zum
Schornstein hinausfliegen
wrden ,
sodaBermit seinen Gasten
nichtszuessen habe.
Philippus
aber
sollihm
geantwortet haben, er
schi e
inseine
kunst , worauf Faust das
Kunststck
bleibenHeB
s
.
Es scheintsichhier um etwas Tatsachliches zu handeln, oder wenigstens um
etwas, dasi mVolkeerzahlt wurde.
Im
Jahre 1581,also lange vorLercheimer, teilt
der Franziskaner Johann
Nas,
dereifrigeGegner derReformation,diese Geschichte
in
etwas veranderter Formmit* .Es werde eine Geschichte erzahltvondeBPh i l .
Melanch. Weib . . . .ihrengroBen Glauben aufzubutzen . Eines Tages
habe
der
Zauberer Faustus gedroht, erwolleihr durch seine Kunst die
Wrste
aus der
Kche
verschwinden lassen; aber sie
habe
im Glauben gesprochen, sie
traue
dem
getreuen Gott,daBer ihre
Wrste
bewahren werde.
Und ,
erzahlt Nas mit einem
Hiebauf den
allein
sehgmachendenGlauben,
also
sagensie,hab er nicht zaubern
knnen ,
vor deB
kleinen Weibleins groBem
Glauben.
D iealteren Berichte geben Faust den Namen
Georg,
wahrendMelanchthonund
Lercheimervon Johann sprechen, wie bekanntlich auch die
Volksbcher.
Es mag
sein,daB Faust seinen Namen nach
Belieben
anderte. Robert Petsch
8
)halt es fr
nichtunmglich,
daB
zwei
Zauberer Faustkurznach
einander
lebten,
wodurch
sich
zugleich
das bei
Tritheim
vorkommende
Faustusiunior
erklaren lieBe.
DieCha-
rakterisierungen stimmen aber so genau
berein ,daBwirwohl
annehmen
mssen,
daB
sie
sich
auf eine Person beziehen.
A u ch
ist nirgends von
zwei
Zauberern mit
Namen Faust dieRede. Fr Fausts Geburtsort hat Lereheimer
6
)die richtige
Form Kntl ingen.
E i n
weiteres Zeugnis fr die Existenz Fausts gibt der zu Grave in der nieder-
landischen
ProvinzBrabant geboreneA r z tJohannWier,derberhmteBekampfer
*)Abgedruckt im Kloster Bd. V S.263 ff.
s
)
Vergl. Das Kloster S.
326.
Vergl. Das Kloster V S.315 ff.
*) In
seiner
StreitschriftExamen Chartaceae
Lutherorum
Concordiae, Dasist dieAuBmusterungund
Widerlegung
deB Concordibuchs Ingolstadt1581.Nach
Adolf
Hauffen. Euphorion V(1898) S. 468.
) Derhistorische
Doctor Faust Germanisch-Romanische Monatsschrift'
Bd.II 1910)S. 99 ff.
)DasKlosterV S. 284.
8/10/2019 Doktor Faust
21/186
R
HISTORISCHE
FAUST
9
der Hexenprozesse, inJoannis
W i e ri
de Praestigsdaemonum etincantationibus
ac ueneficijs L i b r i sex, aucti et recogniti Basileae,ex
officina
Oporiniana.
1568
l
,
Die
erste
A uf
age des Werkes erscbien 1563, die zweite 1564; in letzterer wird
Faust nicht erwahnt und nach
Dntzers
Angabe
2
)auch noch nicht in dem Druck
des
Jahres
1566. Erst in der
angefhrten
viertenAuflageist die Stelle S.142ein-
geschaltet, welche hier folgenmoge
8
:
Joannes Faustus exKundlingoppidulo oriundus, Cracouiae magiam,ubi
ol im
docebatur palam,
didicit,
eamquepaucisannis
ante
quadragesimumsupra sesqui-
millesimum,cum multorum admiratione, mendacijset
fraudem ult if
ariaindiuersis
Germaniae locis exercuit. Inani jactantia et polcitationibus n ih i lnon potuit.
Exemplo
uno artem ea conditioneLectoriostendam, ut se non imitaturum,mih i
prius
fidem
faciat. H icsceleris ergocaptusBatoburgi in Mosae ripa ad Geldriae
fines, barone Hermannoabsente, mitius ab eius sacellano D.IoanneDorstenio
tractabatur,quod huic uiro bono
nee
callido,
plurium
rerum
cognitionemartesque
uarias polliceretur.
H inc
et tamdiuuinum,quo Faustus unice afficiebatur,
promp-
sit ille,donec uaseuacuaretur.Quod ubi Faustus intelligeret,atqueGrauiamsibi
abeundum
esse,
ut
raderetur
barba, diceret alter, uinum is si adhuc
curaret,
artem
denuo promittit singularem, qua citra nouaculae usum, tolleretur barba.
Conditio
ne accepta, arsenico confricari eam citra
ullam
praeparationis mentionem iubet:
adhibitaque illinitione
tanta
successit inflammatio, ut non
modop i l i,
sed et pellis
cum carne
exurerentur. Cum stomacho idem
ille
m i h i facinus
hoe
non semel
recensuit.
Aus
m ih inon incognitus, barba nigra, reliqua facie subobscura et me-
lancholiamattestante
(spleneticus enim
erat)
quum Faustumaccederet,incunc-
tanter
hic ait: Profecto te sororium meum
esse
existimabam, propterea et
pedes
tuos
moxobseruabam,num longae etincuruaeinijsprominerentungulae: itahunc
daemoni assimilans, quem ad se ingredi arbitraretur, eundemquesororium appel-
lare consueuit. Hic tandem in pago ducatusWirtenbergici inuentus fuit iuxta
lectum mortuus inuersa facie et domo praecedenti nocte mediaquassata,ut fertur.
Ludimoderator apud Goslarienses ex Fausti
magi, uel
uerius infausti mali
doctrina instructus, modum quo carminibus in uitro coerceretur
satan,didicit.V t
itaque impediretur a
nemine,
die
quodam
in
syluam
abijt: ubi in
magica
execra-
tione aberranti apparuit daemon horrenda admodum
forma,
oculis flammeis,
naribus ad cornu
bubuli
morem intortis, oblongis dentibus, aprinis non
dissirnilibus,
genis
felem
referentibus, et in uniuersum terribilis.
Hoe idolo
terrefactus hic
prsternitur, iacetque horas aliquot semimortuus. Tandem respiranti
nonnihil,
atque
ad ciuitatisportas progredienti, quidam
famiares
obuij, uultus mutati,
paorisque
causam rogant. Hic
tremens
et uelut furibundus obmutuit, inde do-
mum ducitur, ubi horrendos
edere
sonos et prorsus msanire coepit.Annotandem
exacto
fari
denuo
incipit
et ea species ib idaemonem apparuisse
narrat.
Coenae uero
*)Ein Ex. im
Besitz
der
Universitatsbibl.Amsterdam.
Das
Kloster
Bd. V S. 64.
) In der
Amsterdamer
Ausgabeder
Operaomnia 1660)
bei
Petrus
van denBerghe
findet
siesichS.
105106,
8 und
9.
8/10/2019 Doktor Faust
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10
R
HISTORISCHE FAUST
Dominicae
communionem ubitumcelebrasset tertio post dieseDeocommendans
calamitosae huic uitae ualedixit.
DieStelle zeigt den EinfluB Melanchthons. Von ihm wurde Kundlingals Ge-
burtsort bernommen,sowie der geheimnisvolle Tod in einem
wrttembergischen
Dorfe.
Auch
die Erwahnung Faust
habe
zu Krakau in Polen dieMagiestudiert
gehtauf Melanchthonzurck.Letzteres
wird
sichwohlauf Unterricht in den
A n -
fangen des Magnetismus derMechanikund Chemie beziehen auf diesogenannte
natrliche
Magie
welche an einigen mittelalterUcheh Universiteiten gelehrt wurde.
Offenbar hatWirzwischen
1566
und 1568das Werk desManliuskennen gelernt
sich durch den Namen Faust der Geschichten erinnert die fr ihn mit diesem Na
men verbunden waren und diese in die vierte Auflage
seines
Bucheseingefgt.
Die beiden Geschichten besondersdie von Fausts Aufenthalt in Batenburg ma-
chen durchaus den Eindruck der Wahrheit.Auswelchem Grunde
Faust
verhaftet
worden war ist nicht
angegeben ebensowenig
wie lange er
im
Gefangnis
saB.
Man
bekommt den Eindruck daB die Gefangenschaft in Batenburg nichtbesonders
hartgewesen sein kann. Dorsten konnte ihn offenbar freibesuchen und ihm sogar
regelmaBig Wein schicken.berhaupt scheint das Verhaltniszum Kaplan ein
mehroder weniger freundschaftliches gewesen zu sein was um somehrauffallt als
man
gerade
zur Zeit des HerzogsK a r lin Gelderland gegen Zauberer und Hexen
und Faust wirddochwohlwegen seinerZauberknstein Haftgesessenhaben
besonders strengezu verfahren pflegte.
Wirbehauptet die GeschichtemehrmalsausDorstensMundgehrtzuhaben;er
stammte
namlich
aus
der
GegendvonBatenburg und war1505
in
Grave geboren.Als
Schuierdes beriichtigten
Agrippa
von Nettesheim war er mit dem Leben und
Trei-
ben der fahrenden chler und ein solcher war auch Faust
sehr
gut vertraut.
Spater studierte er in Paris und Orleans. Um das Jahr 1540war er
vermutlich
in
seiner Geburtsstadt Grave welche etwa drei Stunden von Batenburgentfernt ist
alsAr z ttatig. Nachdem er15451552dasA m teinesStadtmedikus
in
Arnheimbe-
kleidethatte trater in den Dienst des HerzogsvonJl ich-Cleve-Berg,als dessen
Leibarzter bis in sein
hohesAl tertatig war.
SeineSchrift
ber
die Zauberei in der
er eine fr die
Zeit
auBerstmilde
Auffassung in
BezugaufHexenund Zauberer ver-
tritt wurde oft gedruckt und aus dem Lateinischen in die Landessprachen aber
soweit mir bekannt ist nicht ins Hollandische be r s e t z t
1
.Wirs samtliche
Werkegab im
Jahre
1660
der
Amsterdamer
Buchdrucker Peter van den Berghe
Petrus Montanusheraus.
Der Ort von Fausts Gefangenschaft kann
kein
anderer gewesen sein als das
SchloB
Batenburg selbst. Die Herrschaft Batenburggehrteals
AU odium
dem Ge-
schlechte Bronckhorst.ImJahre1525beimTode Gisberts van Bronckhorsthatte
Herzog K a r lvan GelderSchloBund Herrschaft Batenburg mit Gewalt an sich ge-
Durch die
Schriftmachte
er
sich zahlreiche
und
machtige
Feinde
in der
teufelsglaubigen
Zeit.
DaB
ihn
WidmanwegenseinerGesinnungin demFaustbuchdes
Jahres1599
alsWagner
persifliert
der bei ihm
darum
den
Namen
Waiger
undgelegentlich
auch Weiger
fhrt we Dirks
glaubt
ber
Widmans
Volks-
buchvom Doktor Faust. Greifswald1919 S. 51 , ist
wohl nicht anzunehmen.
8/10/2019 Doktor Faust
23/186
DER
HISTORISCHE
FAUST 11
bracht, welcheam 7.
Marz
1534 von dem von Wir erwahnten Hermann van
Bronckhorst
zurckgekauft
wurden
x
)
undwofr dieser am 29. September dieses
Jahresden Lehenseid leistete
a
.
Erst nach dieser
Zeit,
also in Fausts letzten Le-
bensjahren kann der AufenthaltinBatenburg stattgefunden haben.
Das
SchloBBatenburggerietam26.Oktober 1794durchUnvorsichtigkeiteiner
franzsischenAmbulanze in Brand
8
,wobei auch das Arch iv ,dasvielleicht ber
die
Ursache von Fausts VerhaftungetwasNahereshattean den Tag bringenkn -
nen, vernichtet wurde. Es wurde nach dem Brande von dem
Besitzer,
demGraien
von
Bentheim Steinfurt, nicht mehraufgebautund existiert nochjetztals Ruine.
Von
einer Fausttradition ist in Batenburg und Umgebung nichts bekannt.
DasEnthaarungsmittel, das Faust dem Dorsten empfahl,
Arsenik, wi rd
noch
jetzt, aber natrlich prapariert,von den orthodoxen Juden zur Entfernung des
Bartes gebraucht.
Die
Geschichte ist
i n
das
vermehrte,
angeblichbei JohannSpieB
i nFrankfurt a.M.gedruckteVolksbuchdesJahres1587bergegangen,und zwar
nach der deutschen bersetzungvonWirsWerk. Aus den kleinen Anderungen
spricht diesichtlicheSchadenfreude des Verfassers an demdemMeBpfaffen ge-
spieltenschlimmen Streiche.Ichgebedie deutsche bersetzungder Frankfurter
Ausgabe desJahres
1586
4
)neben dem Text desVolksbuchs,beides nach Robert
PetschDasVolksbuchvon Doctor Faust , resp. S. 227 und S.146.
D Faustuss hieret
einemMefipfaffen
den
Bart vnseuberlich
Als
vff ein zeit dieserschwartzknst-
lerFaustus seinerbsenstickhalben
zu
Battoburg,
welches an der Moseligt,
vnd
mit dem Hertzogthumb Geldern
grentzet, in abwesenGraffHermans inn
hafften kommen,
hat jhme der Capellan deB orts, Herr
Johan Dorstenius, ein frommereinfalti-
germanne,
vie l
ebsvnndgutserzeiget,
allein
der vrsach halben,
dieweil
er
jmebey trewen vnd glauben zugesagt,
er wlte jhn v ie lguter Knstelehren,
vnd zu einem au bndigen erfahrnen
manne machen.
Als
auff
eine zeit
Doe.
Faustus zu
Battoburg,
welchs an derMoseligt,vnd
mitdem Hertzogthumb Gelderngrent
zet, in abwesen
Graff
Hermanns
ohnge-
fehr in gefangniB kommen,
hat jhme der Capellan des orths, Jo
hann Dorstenius, v i l
liebs
vndgutser-
zeigt,
allein
der vrsachen halben,
diewiel
er,
Faustus, jme, dem
Pfaffen,
zugesagt, er
wolte
jhn
vie l
guterknstelehren, vnd
zu
einemau bndigenerfahrnen Mann
machen.
W. A. van
Spaen, Oordeelkundige Inleiding
tot deHistorievan Gelderland,
Eerste Deel.
Te
Utrecht,
Bij B. Wild en J.
Altheer,
1801. S.318.
XIVBoekenvanGeldersse Geschiedenissen Door Arend vanSlichtenhorst.
TArnhem,
ByJacob
van Biesen 1654.Buch XI S. 420.
) Devier BatenburgenenBatenburg. Eene bijdrage tot deVaderlandscheGeschiedenisenlitteratuur
door
J.
M
Pfeil.
Utrecht.
N. deZwaan.S. 78.
) Theatrum de
Veneficis.
Bd. II S. 93.
8/10/2019 Doktor Faust
24/186
8/10/2019 Doktor Faust
25/186
D E R H I S T O R I S C H E F A U S T
13
Ob
der Goslarer
Schulmeister
durch
Faustselbst
in der Kunst
unterrichtet
wur
de, odereine
eschwrungsformel
gebrauchte,die mit
Recht
odermit Unrecht
Faustzugeschriebenwurde,ist
nicht recht deutlich*),berhaupt
ist der Autor
hier
wenigerbestimmt;
er
teilt
auch
nicht
mit, daB er die
betreffendePerson
ge-
kanntoderdieGeschichteaus
deren
eigenemMundegehorthabe.DasBannenvon
Geistem
inRinge
oder
Glaser war im
Mittelalter
und
noch
langeZeit
darberhinaus
sehr
gebrauchlich
a
).
Noch in densiebzigerJahrendesneunzehnten
Jahrhunderts
sah man auf den Jahrmarkten inWestdeutschlandHollander,dieeinsogenanntes
manneken
von Amsterdam eineHummel
oder
eine
Fliege
ineinemGlase
prophezeihenlieBen,berichtetJostes
*).
Esscheintmir
nicht
unwahrscheinlich,daBeinZusammenhang
besteht
zwischen
Fausts
Besuch
anBatenburgundseinenbeidenvor dem Grafen von Anhalt ver-
bten
Streichen.
Eines
Tages
im Monat Januar,
berichtet
SpieB
4
),
sei
Faust
zu dem Grafen von
Anhalt, sojetzundtFrstenseind , gekommen.Bei Tischhabeer dieGrafinge-
fragt,was siejetztwohl
am
liebsten
essenmchte.
Als sie daraufantwortete,
frische
Trauben und Obst
wrde
sie, wennes
nicht
Winter
ware, gern haben,nahm Faust
zweisilberneSchsseln steilte diesevor dasFensterundnacheinerhalben Stunde
war dieeinemit
roten
undweiBenTrauben, dieanderemit
reifen
Apfein
undBir-
nen
gefllt
welchedie
Grafin
mit
vielem Behagen verzehrte.Der Frst
vonAn-
halt kundte nicht
furvber
zufragen,wie es eingestalltvnnd
gelegenheit
mit den
Trauben vndObsgehabt .DaerklarteihmFaust,
in
SabaIndia,vnndrecht
Mor
genland,
dasteigtdieSonnenider, vnnd
haben
siedaselbstendenSommer .Nun
habe
er
seinen
Diener,
der ein
geschwinder
Geist
sei,
dahingeschickt
die
reifen
Frchte
zu
holen.Solchem hrte
der
Frst
mitgrosserVerwunderung zu , was
natrch kein
Wunderwar.
Einensogenannten HllenzwangFausts druckt
Seheible
imKloster B d . V .S. 1107 ff. ab. lierkwrdig
ist
das
Vorwort,
das von keinem geringeren als vom Papst Alexander VI. (14921503)her rb renso l l
worindieser erklart, das Originalim Jahre 1540 vom Grafen
Arnold
vonBentheimerhalten zu haben, wel-
cher es seinerseits dem
Baron
und
Bischof( ) Hermann
von Batenburg verdanke. Am sonderbarsten ist,
dafi
der Papst das
Vorwort
des Bchelchens dessen Manuskript ererst 1540 erhalten haben wi l l 1501,
im zweiten Jahre seines Pontifikats( ), datiert. Die naheren Einzelheitenber Batenburgsind wrthch
aus Wir entnommen. .
Wasder
Graf
von Bentheim Steinfurt mit demHUenzwangzu schaffen hat, istnicht rechtklar.WulJte
der
Verfasser
vielleicht,dafl
dessen Geschlecht in den
Besitz
der Herrschaft Batenburg gelangt war?
Dies
warnamlichim Jahre 1701 geschehen. DasBchelchenmuBdann
erst
nach dieserZeitund nicht,wieder
Verfasser
angibt, im Jahre 1680 gedruckt
worden
sein.AhnlicheSchriften,die einEinschreitenderBehrden
hervorrufen
konnten, wurden oft vordatiert.
l m Jahre 1548 wurde inArnheim JacobJudocj deRosevanCortrick"verhaftet.Er gestand vor dem
Richtereinen R i ngmit einem beschwornen
Teufel
zu haben. Weiter fand man
sekere
geschreuen boecken
inhoudende verscheydea touerien enonbehoirliche coniuratien"i nseinemBesitz.DassehrmildeU r t e i l
lautete: der R i ng
sollte
ffentlichmit einem
Hammer
zertrmmertund dieZauberbcher
sollten
verbrannt
werden, alles in seiner Gegenwart. Danach folgte Verbannung aus Gelderland und Zutfen. Jakob de Roos
war
ein verstockterSnder: 1562 treibt er Zauberei in Deventer und wirdauch da
ausgewiesen.
Dasselbe
war
bereits in Breda undVlissingengeschehen. Ve rg l .Bijdragen voor Vaderlandsche Geschiedenis enOud-
heidkunde, verzameld en uitgegeven door
M r.
Is. A n . Nijhoff,
Archivaris
vanGelderland. NieuweReeks.
Eerste Deel.TeArnhem, B i j Is.
A n .
Nijhoff enZoon, 1859. S. 194 ff.
s
) Die Einfhrung des Mephistopheles in Goethes Faust." Euphorion Bd. III (1896) S. 744.
'
r
')
Kap. 44 in der Ausgabe Petsch.
8/10/2019 Doktor Faust
26/186
14
DER
HISTORISCHE FAUST
K a p i t e l
X L l V a
erzahltwieFaust
eines
Tages denGrafengebetenhabe,mit
ihm
zur
Stadthinauszugehen, sowolleer ihmeinSchloBzeigen, das er wahrend der Nacht
erbaut habe.
Nicht nur der Graf selbst, sondern auch
seine
Gemahlin und das
Frawen
Zimmer
gingen mit und auf einem
B e r g
vordemTore,
dem
R o h m b -
hel genannt,
sahen
sie ein prachtvolles SchloBmit Zauberey also formiert .
Einen
auBerordentlich reichchen ImbiBhatteFaust hier seinenGastenbereitet;
als sie abernach Hause
zuriickkehrten,
hattensie ein Gefhl, alshattensie gar
nichts
gegessenund als sie wieder in den Hof einritten, da giengen auB
gemeldts
Doet. Fausti
SchloB
grausame BchsenschB ,esbrannteHchterloh bis es ganz
verschwunden war. Da kam Faust wiederz udem Grafen, derihnspatermitetlich
hundert Thalernverehrt,vnd wiederumb fortziehen liesse. V ondem Grafen, be
richtet
K a p i t e l X L V , reiste
Faust
wieder nach
Wittenberg, wo
er
zur
Fastnachtzeit
neue
Streiche veriibte.
Es
ist deutlich, daB Faust
ursprnghch
vor einem Grafen
seine
Zauberkunst aus-
gebt
haben
muB. SpieB
spricht immer von dem Grafen und nurzweimalvon dem
Frsten von Anhalt. DieWolfenbttler Handschrift, welche immer den Titel
Frst anwendet, hat doch als berschrift des betreffenden Kapitels: Aben-
theuer an des Grafen von Anhalthoff getriben . Der Verfasser des SpieBschen
Volksbuchs
stellt die Sache nun so dar,
alsob
zu
Fausts
Zeit die Herren von
nhalt
noch Grafen gewesen waren. Schon Lercheimer*) aberwirft imJahre 1597 dem
lecker''vor, daB erseine lgenvndvnwissenheit damit
entdecket
daB
er
schreibet
Faust sey bey den Grauen vonAnhaldgewesen vnd hab da gegauckelt, so doch die-
selbige Herren nun
ber500 jarFrsten
vnd nicht Grauen
sind:
den Faust
aber
hat
der teufel
erst
vor 60 jaren geholt . Der Bearbeiter der Fassungc
1
*)
spricht
denn
auch von demFrstenzuAnhalt,Graven zuAscanien ;
letzteres
vermutlich, um
den Grafen, der nun einmal mit den Streichen verbunden war, fr die Geschichte zu
retten.ImLaufe der
Erzahlung
redeter von demF r s t e n ,irrt sichaberimnach-
sten
Kapi tel ,wo er ein paarmal von dem Grafen spricht.
Ursprnglichalso ist
ohne
Zw eifelvon einem Grafen die Rede gewesen; ein
Graf
vonAnhalt kann nicht in Betracht kommen,
eher
abereinGrafvon
Anholt.
A lsFaust von dem Grafen Abschied
nahm,
berichtet SpieB,bat er diesen mit
ihmvor das Tor zu gehen, da er
jhne
einCastelloderSchloBwolt
sehen
lassen, so
er diese Nacht auff sein Gut vnd Herrschafft
gebawet .
Wenn das Wort Herr
schaft hier in der
spateren
Bedeutung von der
eines
kleinen,
nicht souveranen
Gebietes zu fassen ist, so kann es sich nicht auf Anhalt beziehen, denn dies war
ein F r s t e n t u m , wohlaberauf
Anholt,
daszumalten Herzogtum Gelre
gehorte.
D ie
Erzahlung macht den Eindruck, daB der Name der
Stadt derselbe
war wie
der des Gebietes; eine
Stadt
Anhalt nun gab es nicht, wohlabereinStadtchen
Anholt.
D ieHerrschaft Anholtwar ein Besitztum des
Geschlechtes
Bronckhorst und ge-
In der dritten Auflage
seines hristlich
bedencken. Vergl.
Petscb,
Das
Volksbuch
vomDoctor
Faust,S. 244.
AusgabeFritz, S. 79.
8/10/2019 Doktor Faust
27/186
R
HISTORISCHE
FAUST
15
hrte
eine
Zeitlang
Hermann van Bronckhorst, der auch den
Tite l
eines Herrn von
Anholt
fhr te . Hermann van Bronckhorst war kein Graf, obgleich er im
Thea-
trum de
Veneficis
sogenanntwird
1
), wohlaberwurde sein Verwandter Jost van
Bronckhorstvon
K a r l
V .
im
Jahre
1540
in den Grafenstand erhoben.
Vermutlich
spielte Faust seine Streiche also nicht vor dem
rsten
von Anhalt,
sondern vor dem Herrn von
Anholt. DaB
die Geschichte von einem Grafen
redet,
ist
wohl
so zu erklaren,daB zurZeit,wcsie
auf
gezeichnet
wurdeund
daBdies der
F a l lgewesen ist, berichtet die
Wolfenbttler
Handschrift
nachdrckch
in der
Tat ein
Graf
von
Anholt
auf dem Schlosse residierte.
A u f ihrem
weiterenUmlauf
wurde dann dasunbekannte
Anholt
durch das allgemeinbekannteAnhaltersetzt,
wobei
aberderGrafentitelnoch den
ursprnglichen
Sachverhalt verrat
2
).
Ob
die beiden Streiche oderbesser
gesagt,
das was zu der Entstehung der
beiden Geschichten Veranlassung gabinGegenwart Hermanns van Bronckhorst
selbst oder vor einem von dessen Verwandten
stattfanden,
laBt
sich
schwerch
mehr entscheiden. DaB Faust zu Hermann van Bronckhorst Beziehungen
hatte,
laBt sich
wohl
aus
Wir
schlieBen.DaBaronHermann abwesend war,sperrteman
den Zauberer ein, berichtet er und das nicht auf kurze Zeit, denn der Kaplan
scnickteihmso lange
Wein ,
bis dasFaBleer war.
Warum wollte
man Hermann van
Bronckhorstselbst
ber
den erwischten Zauberer richten lassen? Hat dieser sich
vielleichtauf den Herrn von Batenburg berufen, den oder dessen
nahe
Verwandte
erpersnlichzu kennen vorgegebenhabe?U n distvielleichtdadurch diemildeGe
fangenschaft in Batenburg zu
erklaren?
Faust scheint sich auch dem Baron Her
mann
gegenber zienich
sicher
gefhlt
zu haben, dennsonst
hatte
er nicht den
frechen Mut
gehabt,
einen von dessen Untertanen so
bel
zuzurichten, wie er es
nach WirsBericht den Kaplan Dorsten tat. Und hat der berchtigteSchwarz-
knstlervielleicht
deshalb seine Schritte nach dem entlegenen Batenburg gelenkt,
weilpersnliche
Beziehungen zu dem
SchloBherrn
Hermann van Bronckhorst ihn
dazu
verahlaBten?
V ordem Stadttor
auff
einemBerg,der
Rohmbhel
genannt sollFaust
seinZau-
berschloBgebauthaben, berichtet
SpieB. DieWolfenbttler
Handschriftnenntden
Ort den
Rennbhel l .
Soweitmirbekannt wurde, gibt es eine Ortschaft dieses
Namens in der Gegend von
Anholt
nicht, was
natrlich
nicht sagen wi l l ,daB sie
nicht zu Fausts
Zeit
existiert haben kann. Wenn der Name im Anhaltischen nach-
gewiesen werden
knn te ,
wurde
dies
natrlich
sehr
zugunsten
von Anhalt
sprechen.
Inder stillschweigenden Voraussetzung,daB
SpieB,
und nicht die als diealtereRe-
daktion betrachteteWolfenbttler
Handschrift den Namen richtigberliefert,
halt Petsch
8
) es fr
mghch,
daB die von Hey und Schulze*)erwahnte, in der
)Vergl. S. 11.
)DaB das
englischeFaustbuch
von dem
Herzog
von Anholtspricht (vergl.The English
Faust-Book
of
1592 editedwithan Introductionand
Notes
by H.
Logeman
Ph. D. Gand
Amsterdam
1900, S. 92),
hat
kaum
Bedeutung,da der
englische
BearbeiterP. F. oft dieEigennamen andert, sodaBmanwohl anneh-
menmuB,daB er durch Zufall das Richtigegetroffen hat.
)S. 89 Anmerkung.
DieSiedelungenin Anhalt,
Halle
a. S.
(1905)
S. 85.
8/10/2019 Doktor Faust
28/186
16
DERHISTORISCHE FAUST
Nahe von Dessau liegende Wstung Rodebillemit dem Rohmbhel des Faust-
buchs identisch sein
knnte .
In der Tat
kommt
der Name des ehemaligen Dorfes
Rodebille,
welchen noch
jetzt
einHausgrundstck
an der unmittelbaren Westgren-
ze der Stadt Dessau
fhrt,
l
seit der
Mitte
des dreizehnten Jahrhunderts wiederholt
i nden Urkundenvor.Das Faustbuch berichtet abernachdrckl ich,daderRohm
bhel einBerg war, wasbrigensauch das Wort selbstbesagt.Das zu Fausts
Zeit
als Schaferei bekannte Rodebilleaber liegti ndurchaus
ebenem
Gelande und
kann
alsoschwerlichals der
i n
den
Volksbchern
erwahnte
Rennbhel
oderRohm
bhelin Betracht gezogen werden.
V ordem Jahre 1540
soll
Faust nachWirsAngabe
verschollen
gewesensein.Ob
er diese Jahreszahl selbstandigansetzt, oder eine schriftliche Quelledafrvor-
fand,laBt sichnichtmitSicherheit entscheiden.Vermutlichistsie demBerichtdes
Arztes Phipp Begardi entnommen, der in seinem Index Sanitatis ber
Faust als
ber
einen Verstorbenen zu sprechenscheint
a
).Das Werk nun erschien
i m Jahre 1539.
Melanchthonsund
Wirs bereinstimmender
Bericht
ber
Fausts Tod
wird
be-
statigt underganztdurch diesogenannteZimmernsche
Chronik.
In den Jahren
15641566 schrieben dieGrafen
W ilhelm
WernerundsemNeffeFrobenChristoph
vonZimmern die Annalen ihres Geschlechtes. In dieser
Chronik*)
wird auch, und
sogar
zweimal,
Fausts Tod erwahnt, zuerst in einemkrzeren,spateri neinemaus-
fhrlicheren Bericht.
Ichzitiere die letztere Stelle, wo es
heiBt:
Es ist auch umb
diezeit der Faustus zu oder
doch
nit weit von Staufen, dem stettlini mBreisgew
* ,
gestorben. Der ist bei seiner zeit ein wunderbarlicher nigromanta gewest, als er bei
unsern zeiten hat
mgen
in deutschen landen erfunden werden, der auch
sovil
seltzamer
hendelgehapthin und wider,
das
sein inv i l
jaren
nitleuchtiichenwurt
vergessen werden. Ist ain alter mann worden und, wie mansagt,ellengclichenge
storben. V i lhaben allerhandt anzeigungen und vermuetungen nach vermaint, der
bosgaist, den er in seinen lebzeiten nur sein schwagergenannt, habeine umb-
bracht. Diebecher,die er verlasen, sein dem herren von Staufen, in dessen herr-
schafft er abgangen, zu handen worden,darumbdoch hernach v i lleut haben ge-
worben und daran
meins
erachtenseinsorgclichenundunglckhaftigenschat
z
und
gabe begert.
D ieansichunbedeutendeAngabe beiWir,daB Faust den TeufelSchwager
nannte,
wird
also durch die Chronik
bestatigt.
DieUbereinstimmungin solchen
Kleinigkeitenspricht sehr fr die
Richtigkeit
von
Wirs
Bericht.
Wicht ig
ist die Angabe bei
Zimmern,
daB Faust
Bcher
hinterlassen habe. Ob
dasHandschriftenwaren, die er selbst verfaBthatte nach demVolksbuch soll
Die Einzelheitenbetreffende Rodebilleverdankeich derGfitedes Herrn Prof.
Rammelt
inDessau.
* Tille,Faustsplitter,Nr. 6.
Herausgegeben
in der Bibliothek des Liter. VereinsBd. XCI man vergl. die
beiden Stellen
er
Faust,S.
555
und 604.
* Zwischen Melanchthons
Angabe,
Faust sei ineinem
wrttem ergischen Dorfe
vom Teufel geholt
worden,und der
Zimmernschen
Chronik, er sei in derNahevonStaufen
inBadengestorben,
bes
teht
alsoein
Widerspruch.
8/10/2019 Doktor Faust
29/186
DER
HISTORISCHE
FAUST
17
er selbst
cher
geschrieben haben
der
ob es
Zauberbcher
waren, welche zu
Fausts
Zeit
schon massenhaft
handschriftlich
oder gedruckt im
Umlauf
waren,
laBt sich
nicht feststellen. Der Spiritist Kiesewetter
nimmt
an,
daB
Faust in der
Tat
eschwrungsbcher
verfaBt
hat
und daB von den zahlreichen unter Fausts
Namen
verbreiteten
Zauberbchern
wenigstens
ein
Te i l relativ
echt
ist
Ernest Faligan
*)
halt die Frage,
ob
Faust
cher
geschrieben habe, fr bedeu-
tungslos,
weil
die Schriften eines solchen Autors doch keinen Glauben verdient
hatten.Es
ware aber
dochhchst
interessant
zu
wissen,wie
Faust selbst
ber
seine
Kunst
urteilte
und es
wrde
auch die
Einsic h
t in seine
Persnlichkeit
in nicht ge-
ringem MaBe
erhhen.
Die Schriften seien dem Herrn von Staufen verfallen,
be
richtet die
Zimmer
nsche
Chronik.Dieser HerrvonStaufen
war
Graf
Johann
Ludwig
von
Staufen. Dessen
Bruder,Anton,
der
ihm1546in
der Herrschaft folgte, und der
noch
zur
Zeit
der Abfassung der
Chronik
regierte, war
wahrscheinlich
Alc him ist ).
Zwischenden Herren von Staufen und denVerfassern
der
Zimmernschen
Chronik
bestanden
enge
verwandtschaftliche Beziehungen, sodaB man
wohl
annehmen
muB,daB
letztere gut unterrichtet gewesen
sind.
A ls
das
Wirtshaus,wo
Faust nach
der Angabe bei
Manlius
umgekommen sein
soll,
betrachtet
Blume
den noch jetzt
existierenden Gasthof
zum Lwen in
Staufen.
Einigeder
altesten Berichte
ber
Faust setzen ihn in Beziehung zu der Stadt
Heidelberg:
1507
wi rd
Georgius Sabellicus Faustus in Heidelberg erwartet, 1513
spricht Mutianus Rufus von Georg Faust dem Heidelberger, 1528
wi rd
Georg
Faust von Heidelberg
aus
Ingolstadt ausgewiesen..
SchonDntzer*)
vermutete,
Faust
knntesich
auf der
Universitat Heidelberg
einige
Zeit
herumgetriebenhaben.
Das scheint in der Tat der
F a l l
gewesen zusein.
A m
3.Dezember
1505
wurde in die
Matrike l
ein Johannes Fust aus
S y m m e r n
in der
Dizese Mainz
eingetragen
8
) ,
welcher am
15.
Januar
1509
unter dem Dekanat des Magisters Laurentius
Wolff
aus Speier das Baccalaureat der
Philosophie
erhielt.
M itihm
sindinderselben Pro
motion
noch
fnfzehn andere
angefhrt. Diese Promotion scheint ihren Nieder-
schlag
i mVolksbuchgefunden
zu haben, wo im ersten
Kapi te l
berichtet
wi rd ,
daB
Faust neben sechzehn andern Magistern examiniert worden sei, wobei er
sich
den
andern weit
anKenntnissenberlegen
gezeigt habe, sodaB
er
bald danach den
T i t e l
eines Doctors der
Theologie
erhalten habe. Dasinden
Akten
der Heidelberger
Universitat genannte Simern'. ' ist das im
Regierungsbezirk
Koblenz
gelegene
Stadtchen dieses Namens.
Dahin
aber weisen keine Spuren von FaustsTatigkeit,
sodaB Kiesewetter
6
)
als
Simmern
nicht die Stadt, sondern das
e h e m a l i g e F rs te n -
tum
Pfalz-Simmern betrachtet,
in dessen Nahe das
Stadtchen Knittlingen liegt.
Faust
inder Geschichteund TraditionS. 263.
*)
Histoire
de laLgendede
Faust.
Paris. Librairie
Hachette
1887 S. 156.
Vergl. Alemannia,
Zeitschrift
fr
alemannische
und
frankische Geschichte,
Volkskunde, Kunst und
Sprache
Bd.4243 (1915) ie
Sagen
vom Dr.
Faust
in
Staufen
S. 37und Geschichtedes
Gasthauses
zum Lwen S. 141 vonRudolf Blume.
4
Das Kloster V S.37.
6
Gustav Toepke,DieMatrikel der
Universitat
Heidelberg,1884,TeilI,S. 457.
6
Faust
inder Geschichteund Tradition,S.
11.
Van
'tHooft, Faustbuch
2
8/10/2019 Doktor Faust
30/186
18
DE R HISTORISCHE FAUST
Witkowski
x
)weistdarauf hin, daBdiesesnicht zur izese Mainz, sondern
zu Speier gehort habe. DaBalsoder in der HeidelbergerMatrikel angefhrte
Studiosus mit dem
Schwarzknstler
identisch ist, ist zweifelhaft, obgleich die
Erwahnung
der Promotion im
Volksbuch
recht auffallig bleibt.
Wieverhalten sichzu
diesen
historischen Tatsachen die JahreszahlenderVolks
bcher?Dasaltestegedruckte
Faustbuch
hat keineinzigesDatum.Erstdie Aus-
gabe
1589,
diesogenannte
C-Fassung
hat als Fausts
Geburtsjahr1491.
Dies kann
aber schwerlichrichtigsein, denn danachwareFaust
im
Jahre
1506,
alsTritheim
ihn in Gelnhausen traf,ersteinfnfzehnjahriger Knabegewesen.DasGeburts
jahrwird denn auch von den
meisten
Faustiorschernfrher u.a.von
Er
ich
Schmidt*)um dasJahr1480
angesetzt.
Reicheres chronologischesMaterial
als dasalteVolksbuchbringt
Widman
in seinem Faustbuch vom Jahre1599
3
),
in
dem
brigens
FaustsGeburtsjahr
viel
spaterfallt.EinigeseinerAngaben
stim-
men
auffallig zu den historischen Zeugnissen, wenn man
wenigstens
an dem
Geburtsjahrdes alten Volksbuchs, 1491,
festhalt.
In seinem16.Jahre soll Faust schon nachZaubereigetrachtethaben; das
Auf-
treteninGelnhausenwrdedannindie allerersteZeitdiesesStrebensfallen. Im 4.
Jahrdarauf
wird
erDoktorderMedizin,nachdem er anderthalb Jahrefrherin
der Theologie promoviert
hatte;letzteres
knntezu der Heidelberger Promotion
imJahre
1509
stimmen.
ZweiJahre
treibterZaubereiohne Pakt, danach schlieBt
er ein
Teufelsbndnis
von 24Jahren*)und bekommt nur beiWidman ein
JahrFrist.Nimmtman an,daBdie 2Jahre,die FaustZaubereitreibt, ohne ein
formellesTeufelsbndnis
abgescblossen
zuhaben, nach seiner Promotion alsArzt
f
allen, was wohl
in
bereinstimmung
mit
dm
altesten
Volksbuch
ist, so bekommt
man frsein
Alter
47
Jahre
undnicht41wie
Widman.
NimmtmandasGeburtsjahr1491 als
richtig
an, sowareFaustum dasJahr1538
gestorben, was mitW irs
Angabe,
er sei vordem
Jahre1540
verschollengwesen,
bereinstimmt.
Nochbesseraber
stimmt
die Zeitangabe zu den Jahreszahlen des
hollandischen
Faustbuchs, dasumdasJahr1800mit der Adresse
,,T
Amsterdam,
By
Hismanius
vande Rumpel ontrent het oudsteenhuisin de Lyn-straet er-
scheint.
DieJahreszahlenimhollandischen
Faustbuch
werden gern auf dennchternen
Sinndeshollandischen
Lesers
zurckgefhrt,
aber
mit
Unrecht:
alle alteren Faust-
bcher
haben nur
eine
Zeitangabe, namlich
1491,
Fausts
Geburtsjahr,und
dies
nicht selbstandig, sondern nach dem
Vorbde
des deutschen
Originals.
Erstdie
AusgabeVande
Rumpel
hat alsDatumvonFausts ersterVerschreibung23.Okto
ber 1514, diezweitefindet am 3. August1531statt,wahrend der Teufel Faust in
derNacht yom 23.zum24.Oktober
1538
zwischenzwlfund
eins
holt.Als der Be-
arbeiter kommt der Drucker
selbst,
Peter Anton
Kimpe
in
Gent,
in Betracht
)Deutsche Zeitschr. fr Geschichtswissenschaft. Neue Folge.
Jahrg.1896/97,S. 298Derhistorische
Faust .
2
) Faust und dassechzehnteJahrhundert.
Goethe-Jahrbuch
III S. 77 ff.
s
) TeilIII.
Kap.
12.
*) In der Verschreibungselbst(TeilI K. 10) ist von einem
zwanzigjahrigen
Pakt die Rede.
8/10/2019 Doktor Faust
31/186
DER
HISTORISCHE FAUST
19
undvon
diesemwrdendie drei
Jahreszahlen,
ohnewelche derbersetzerwie es
scheint, das
Buch
seinen Landsleuten nicht darzubieten zu
drfen
glaubte
1
,
ein-
geschaltet. Der Verfasser ging
wohl
von der Jahreszahl 1538 aus; dererstePakt
mufite
n trlich
24 Jahre
frher
stattfinden. DaB
Kimpe
das Todesjahr nach
WidmansAngaben berechnet hatte, ist wohl ausgeschlossen. Es braucht aber
auch
nicht an
Zufall
gedacht zu werden. Der Bearbeiter kanntewohldas merk-
wrdigeWagnerbuch, das im ersten Drittel des achtzehnten Jahrhunderts in
Antwerpenerschienen war
a
.
Wagner
wird da met sijneygen Sweert in Huts
pot gekapt, op den8M ay
1570,
als wanneer sijnen tydt preciesomwas . Der Pakt
war
denn
auch
den8.M a i l540
abgeschlossenworden.
Er
fand,
wie das Wagner
buch
angibt, nach dem Tode von Wagners Herrn statt. Der Verfasser der
Ausgabe
Van de Rumpel setzt nun Fausts Todesjahr zweiJahre frheran und
erhalt die Jahreszahl 1538
* .
W ie
kommt
aber der Verfasser des Antwerpener Wagnerbuchs zu der Jahres
zahl1540 fr Wagners Pakt?Vermutlichdurch
Wir,
den erwohlgekannt haben
wird.Er war ein
Gebildeter,
derLateinverstand, denn er zitiert einigeMalelatei-
nische Werke.
l
Vergl.Dntzer Das KlosterV S. 98.
*) Het
vermakelyck
Leven en deschroomelycke
Doodt
vanChristoffel
Wagenaer,
den
vermaerden
Toove-
naer
Den
welcken
D.
Faustus zynen
Heer en
Meester verre
teboven
gegaen heeft,
in
alle soorten
van
aerdige
konsten
ende
Boeveryen;
die hy
door hulpe
des
duyvels
gedaen
heeft.
Men
vindtse
te
koop:
T'Antwerpen,
By deWeduwevan Hendrick Thieullier, in deWolstraet.(Ein Ex.
besitzt
die PreuBischeStaatsbibliothek.)
') Die
Jahreszahl
1538alsFaustsTodesjahrfindet
sich nach
Dntzers
Angabe
Das Kloster V S. 98
auchin demenglischenFaustbuchdesJahres
1594The
secondreportofDoctorJohnFaustus.... abge-
druckt in Collection ofEarlyProseRomances
herausgegeben
vonW.
J .Thoms.
(1827).-
8/10/2019 Doktor Faust
32/186
Z W E I T E R ABSCHNITT
D I E
D E U T S C H E N
VOLKS CHER V O M
D O K T O R F A U S T
II
en
faut
revenir a cpnclure, qu'il ne s'agit ioi qued'un
misrable
Roman, imagin pour rjouii
&
effraer
la
populace.
M R C H N D
Dictionaire Historique.
D ie Zimmernsche
Chronik
hatterichtig eingesehen, daB
von
Faustsvilenwun-
derbarchen Sachen, die
er
bei seinem lebengeiebt, einbesonderertractat
werzumachen. Im
Jahre
1587 erschien bei dem streng lutherischen Verleger
Johann
SpieB*)
inFrankfurt am
M a in ,
Nachdem nun
viel
Jar her
ein
gemeine
vndgrosseSag in Teutschlandt von Doet. Johannis Fausti, deB weitbeschreyten
Zauberers vnnd Schwartzknstlers mancherley Abenthewren gewesen , die
Historia von D. Johann Fausten .
Der Verfasser nennt seinen Namen nicht; SpieB erhielt dasManuskriptaus
Speier.
Ob der
Heidelberger Rektor Laurentius
Wolff,
der aus Speier
stammte,
Aufzeichnungenber
seinen
Schler
Faust
hinterUeB,
wie
Kiesewetter
a
)vermutet,
oder ob
W ilhelm
Werner
von
Zimmern,einer der beiden VerfasserderZimmernschen
Chronik,
der
15291554
als M itgl ieddes Reichskammergerichts in Speier
tatig
war,etwasberFaust vermittelt hat, wie Blume*)annimmt, ist beides unsicher.
DereigentlichenHistoriagehteineWidmungdes Buchdruckers anzweiehema-
lige
Schulfreunde, sowie eine
fromme
Einleitung voran. Faust erscheint jetztals
imWeimarischengeboren.
E i n
reicher Vetteri nWittenberg iummt ihn
zu
sichund
laBt ihn,da ereintrefflich ingenium vnnd memoriam zeigt, Theologie studieren.
E r
erhalt
den Doktortitel als dererstevon siebzehn Magistern.
Aber
Fausthat
auch
einen
thummen, vnsinnigen vnnd hoffertigen
Ko pff .
Er
gerat
inschlechte
Gesellschaft, vernachlassigt die
Bibe l
undstudiert allerhand
Zauberbcher.
Schnellgehtesjetzt dieabschssigeBahn hinunter: erwlkeinTheologe
mehr
heiBen,sondernnenntsichDoctor derM ediz inundwi rd
ein
Weltmensch.
M it
Hfe
derZauberbcher beschwrter auf einemKreuzwegin der Nahe von Wittenberg
denTeufel*). E i nPakt kommt zustande: 24
Jahre
sollMephostophiles,einDiener
l
Vergl. ber ihn Friedrich Zarncke, Johann SpieBund
sein
Verlag in derAUg. Zeitung 1883,Beilage
246. Auch
in die
Goetheschriften aufgenommen.
S. 10.
Vergl. Alemannia. Bd.4243(1915), S. 141 undEuphorion 26 (1925) S. 9 ff.
4
Das
Volksbuch gibtder
im
Vorwort gemachten
Angabe
gemaB Fausts Beschwrungsformel nicht
an.
8/10/2019 Doktor Faust
33/186
DIEDEUTSCHEN VOLKS CHER
VOM
DOKTOR
FAUST
21
desHellischenPrintzen inOrint ,
ihm
dienen, danach soller mitLeibund
Seele
dem Teufelverfallen. M itseinemBluteunterschreibt Faust.
Den
ersten
Teil
des Buches und einen
Tei l
des zweiten
nehmen
die Fragen und
Disputationen ein. Faust erkundigt sich nach dem Lauf der Welt, nach den Ge-
stirnen undbesondersnach der Hlle,welche Fragen Mephostophiles kontrakt-
mafiig,obgleich manchmal mit einigem Widerstreben,
beantwortet,
sowenn Faust
z . B .etwasmehr von derHllewissenw i l lals
es
ihm,Mephostophiles,erwnscht
scheint.
ImzweitenTei lfindet Fausts Reise nach den Gestirnenstatt,wo ersichvonder
Richtigkeitvon Mephostophiles' Lehrenberzeugenkann. Weiter besucht er die
Hlle,abernur in einer Art
Traum
sieht er die Verdammten in ihrerQual,denn
derTeuffelhettejhmnur ein
Geplerr
vnndGackelwerck frdieAugengemacht.
A u c h
eine grofie Weltreise findet
statt;
anderthalb
Jahre
ist Faust mit seinem
Die-
ner fort und besucht einen groBen Tei l der damalsbekannten Welt.Siefahren
durch dieLuft , indem Mephostophiles sich in ein Pferd verwandelt, dochhatter
flgelwie ein Dromedari, vnd fuhr, wohin jn
D .
Faustus hinl&ndete .
Der dritte Tei list eine Sammlung von einzelnenZaubers tcken ,worin Faust
eineRollespielt.
Einige
werden sogar
mehrere
M aleinetwasverschiedener Form
mitgeteilt.
A u c h
hat der Verfasser nicht alle Schwanke Fausts
erzahlt;
einige an
derefinden sich in denvermehrten austbchern (BundC .B e iweitem nicht alle
Zauberstckesindu rsprng lich :vielesind von andern Zauberern auf Faust ber-
tragen, der als der letzte der groBen Zauberer der Reprsentantder Klasseber
hauptgeworden
ist
1
).
A m
SchluB
des
dritten
Teilesfolgt die GeschichtevonFaustsTod,welche eigent-
l icheinenTei lfr sich bildet. Gegen Ende der Fristw i rdes Faust dochetwasun-
heimlich,
worberihn der Besitz der schnstenFrau, der griechischen Helena,
nicht hinwegzutauschen vermag.Anfallevon Reue stellen sich
ein,
aberder Autor
laBtden Leser nichtdarber
i m
Zw eifel,daB es nur eine Judas- undCansreue,also
eigentlich die
Verzweiflung
ist, von der Faust heimgesuchtw i rd .ImDorfeRim l ich
inder
Nahe
von Wittembergw i rder, nachdem er vorher die
ihn
begleitenden Stu
denten noch in einer
Abschiedsrede
vor Zauberei und Teufelslist gewarnt hat, um
Mitternacht kontraktmaBig vom Teufel geholt.
D ieSprache des Volksbuches ist manchmal verwirrt, der S t i l trocken; auBer-
ordentlichlangweigist z . B .das groBe Reisekapitel mit seiner Anhaufung von
Die Zauberbcher
haben
fr das
Zitieren
von Geisterndie verschiedenstenFormeln.Sehroft
wurde
dazu
auchder Anfang des
Johannisevangeliums
gebraucht:lm Anfang war das Wort.... DaB der
Pudel
bei
Goethegeradewahrend FaustdiesenTekstins Deutsche
bersetzt
so unruhigwird, ist dennauchsehr
erklarlich.
1564
wird der cherverkaufer
Damian Willems verurteilt,
weiler
behauptet
hatte,den Teufel:
zubezwingenund
auszutreiben
durch den Rauch vonWeinrauteundWeihrauchund dasLesendesJohan-
nisevangeliums.
Vergl.
Geschiedenis
der
Hexenprocessen
doorMr.Jacobus Scheltema.TeHaarlem,
Bij
Vincent
Loosjes.
MDCCCXXVIII .
S. 138.
Ein Kreuzweg
war fr die Teufelsbeschwrung von
alters
her der
angewiesene
Ort;
auch Theophilus
wirddazuvon demJudenaufeinenKreuzweggefhrt;vergl.AusgabeVerdam,1882, 49596.
Hi
= derJude)leideneop enedwerse strate
Daersibeidete
gadersaten.
)Vergl. J.Grres Dieteutschen
Volksbcher
S. 207 ff.
8/10/2019 Doktor Faust
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22
DIE DEU TSCH EN VOLKSBCHER VOM DOKTOR FAUST
Namen
nd
Zahlen;
nur in denmoralisierenden
Partien
istderTonetwaslebhaf ter.
Anden historischen Tatsachen hat der anonyme Verfasser manches geandert.
FauststammtnichtausSddeutschland sondern ausdem
Dorfe
RodbeiWeimar
und
studiert in Wittenberg.
berhaupt
ist die Faustgeschichte
zu
dieser Stadt
in
nahere Beziehunggerckt.DiesgeschahwohlumdieGegensatzezu verscharfen;
ein Theologe der Universitat Wittenberg, vielleicht sogar ein
Schler
der Gottes-
manner
Luther
und
Melanchthon
und deiuiocheineBeute des Teufels.Welchein
Grausenvor der Teufelsmacht muBte das beim einfachen Leser
hervorrufen.
Der
fanatische Widmanhat dasMotivwohl nicht verstanden; er findet es offenbar
allzukompromittierend
frWittenberg,
einen Faustgeliefert
zu
haben;
er
schickt
ihn inIngolstadt bei den JesuitenzurSchuleundjetztsind Teufelsbundund Hl-
lenfahrt einfachselbstverstandlich.
AlsMotivfr denTeufelsbund gibtderVerfasser Fausts
Drang
nach Wissen an
und nachdrcklich
heifites im Pakt:
Nach
dem ichmir
frgenommen
dieEle-
mentazuspeculieren,vnd
aber
auBdenGaaben,so
mir
vonoben
hera
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