Dr. Valentin Aichele, LL.M. 1
Die UN-Behindertenrechtskonvention:
Inklusion als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
18.07.2014 in Allensbachanlässlich der Fachtagung „Integration und
Inklusion als kommunale Gemeinschaftsaufgaben“
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 2
Die Monitoring-Stelle
• Seit 2009 angesiedelt beim Deutschen Institut für Menschenrechte
• Politisch unabhängig• Mandat: Rechte von Menschen mit
Behinderungen fördern und schützen; Umsetzung in Deutschland überwachen
• Aufgaben: Beobachtung, Klärung, Politikberatung, Intervention
Überblick
1 Einführung
2 Die UN-Behindertenrechtskonvention
3 Inklusion
4 Die anstehenden Aufgaben
5 Berichtsprüfung 2014/2015
6 Fazit
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 3
1 Einführung
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 4
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 5
Fokus
• Fokus: Menschen mit Beeinträchtigungen, die Behinderungen erfahren („soziales Modell“ von Behinderung)
• Ziel: gleichberechtigte Rechtsausübung
• Anerkennung von Behinderung als Bereicherung und als Bestandteil menschlicher Vielfalt
“Beeinträchtigung”/“Behinderung”
• Nach klassischer Rechnung (im medizinischen Sinne): Deutschland: 10% (angeboren: 4,4%, im weiteren Verlauf nach der Geburt: 95,6%, davon durch Krankheit: 82,3%; steigend: die Zahl von Menschen mit psychischen Störungen)
• Nach sozialem Verständnis: >15% der Bevölkerung erfahren “Behinderungen”WHO / The World Band (2011): World Report on Disability
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 6
Internationale Anerkennung(Stand: 4/2014)
• UN-Konvention– Ratifikation: 145– Signatur: 158
• Fakultativprotokoll– Ratifikation: 80– Signatur: 92
• Europäische Union: seit 01.01.2011
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 7
Deutschland
• Öffentlicher Diskurs über Inklusion
• Koalitionsverträge
• Gesetzesnovellierungen / Systematische Normenprüfung / Einzelevaluationen
• Einzelfallentscheidungen (etwa Gerichte)
• Aktions- und Maßnahmenpakte / andere politische Maßnahmen
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 8
2. Die
UN-Behindertenrechtskonvention
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 9
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 10
Bedeutung
• Keine Spezialkonvention, sondern Konkretisierung der bereits anerkannten Menschenrechte
• Grundlage für eine Gesellschaftspolitik: von einer Politik der Fürsorge hin zu einer Politik der Rechte
• Wer bestimmt über die Inhalte? Wer legt sie aus?
Menschenrechtsansatz
• Rechtsträger: Menschen • Verpflichtungsträger: staatliche Stellen
– Achtungspflichten– Schutzpflichten– Gewährleistungspflichten
• Durchsetzungsfähige Rechtsansprüche• Menschenrechtliche Prinzipien, zum Bsp.
Partizipation, Nichtdiskriminierung, Inklusion• Menschenrechtsbildung
Prioritäten
• Vorrangige Aufmerksamkeit auf Lebenslagen mit besonderer Verletzlichkeit
• Besondere Maßnahmen bei akuter Rechtsbedrohung, insbesondere zur Achtung und zum Schutz der Rechte
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 12
3 Inklusion
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 13
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 14
Inklusion als Leitnorm
• Menschenrechtliches Prinzip (kein Recht)
• Bedeutung: unbedingte Zugehörigkeit aller Menschen von Anfang an (immer), Möglichkeit gesellschaftliche Teilhabe für sich erfahrbar zu machen
• Ergänzungsverhältnis: Integration (von Menschen mit Behinderungen)
Reichweite
• Relativ geringer Kenntnisstand der allgemeinen Bevölkerung; Engführung auf schulische Bildung
• Eher noch behindertenpolitische Fachdiskussion
• Inklusion strahlt auf andere Diskurse aus
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 15
Hintergrund
• Traditionelle Behindertenhilfe ein hochdifferenziertes System
• Prüfauftrag: Strukturen mit ausgrenzender und segregierender Wirkung?
• Gesellschaftliches Umfeld: Entsolidarisierung, soziale Ausgrenzung als Breitenphänomen (Armut, etc.), Gegner einer inklusiven Gesellschaft
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 16
Unsachliche Kritik an Inklusion
• Banalisierung von Behinderung
• Gleichmacherei
• Schutzloses Ausliefern („Inklusionsopfer“)
• Verkennung von Inklusionsunfähigkeit („Es wird immer Menschen geben, die…“)
• Illusion / neue Ideologie des Zwangs
• Kostet mehr als wir habenDr. Valentin Aichele, LL.M. 17
Kritik an Inklusions-Kritik
• Gesellschaftlicher Lernprozess mit einem menschenrechtlich verbindlichen Ziel
• Umdenken und Gewichtung von Gemeinsamkeit und sozialer Zugehörigkeit als Wert an sich
• Inklusion spricht deutlich das Problem der Strukturen an und fordert zum strukturellen Wandel
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 18
Sachliche Kritik an Inklusion
• Es gibt Ängste und Unsicherheiten, auf die nicht immer gut eingegangen wird
• Inklusion braucht Rahmenbedingungen, die noch nicht überall gegeben sind
• Inklusion ist in der Praxis auch schwierig („Niederungen des Alltags“); gefragt sind professionelle Kompetenzen und bürgerliches Engagement
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 19
Umgang
• Zweifel und Skepsis ernst neben
• An Lösungen arbeiten, Inklusion als Lernprozess verstehen, positive Beispiele weitergeben
• Rahmenbedingungen schaffen; Inklusion gut planen und durchführen
• Sich von der Inklusion-Rhetorik nicht blenden lassen; auch streiten
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 20
• Es geht um die Einlösung einer menschenrechtlichen Forderung
• Staat in der Pflicht / Gesellschaft in der Verantwortung
• Es geht alle an
• Es kann nur gelingen, wenn eine breite Mehrheit mitmacht
Zwischenfazit
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 21
4. Die anstehenden Aufgaben
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 22
Aufgaben 1- Menschenrechtsansatz viel deutlicher und
präziser Aufgreifen und Umsetzung
- Prioritäten setzen auf hoch sensible Bereiche
- Inklusive Bildung zum Erfolg führen
- Stärkung der Umsetzungsstrukturen
- Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen (Normenprüfung)
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 23
Aufgaben 2
- Planerisches und koordiniertes Vorgehen
- Überwindung der vielfältigen Schnittstellenprobleme
- Systematischer Abbau von Barrieren
- Mobilisierung von Ressourcen
- Wissen- und Erfahrung bündeln und weitergeben
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 24
Aufgaben 3
- „Mehr Partizipation wagen“, neue Formate erproben
- Menschen mit Behinderungen unterstützen beim Streben in die Mitte der Gesellschaft, ihnen Chancen geben
- Mit guten Beispiel vorangehen
- Gegenseitig Mut machen
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 25
5. Berichtsprüfung 2014 /2015
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 26
UN-Fachausschuss
• Besetzung: 18 unabhängige Expertinnen und Experten
• Internationale Verfahren:- Berichtsprüfungsverfahren- Individualbeschwerdeverfahren- Untersuchungsverfahren
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 27
Staatenberichtsprüfung Deutschlands
• Erster Bericht der Bundesregierung: 19.09.2011
• Frageliste („List of Issues“) im April 2014 veröffentlicht
• Monitoring-Stelle: Parallelberichterstattung in Vorbereitung
• Prüfungstermin: April 2015!
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 28
6. Fazit
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 29
• In einer inklusiven Gesellschaft können Rechte von Menschen mit Behinderungen besser verwirklicht werden
• Inklusion ist eine menschenrechtliche Leitnorm für Staat und Gesellschaft; der Menschenrechtsansatz geht weiter
• Inklusion ist ein Handlungs- und Gestaltungsauftrag mit großen Chancen für die örtliche Gemeinschaft wie für die Menschenrechte
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 30
Dr. Valentin Aichele, LL.M. 31
Ich danke Ihnen für
Ihre Aufmerksamkeit!
Top Related