Die Public Eye Awards sind wieder da, und sie
sind notwendiger denn je! Unzählige Unter-
nehmen haben sich auch letztes Jahr nicht in
Zurückhaltung geübt, wenn es um unverant-
wortliche Geschäftspraktiken geht. Bestim-
men Sie mit, welche der acht nominierten Fir-
men den People’s Award 2014 erhalten soll.
TEXT_SILVIE LANG // BILDER_SIEHE SEITE 3
Die Nominationen für die Public Eye Awards 2014 lesen sich wie tragische Horrorgeschichten. Ausbeuterische Arbeitsbedingungen, die Verseu-chung von Gewässern, die korrupten Geschäfts-
praktiken und die aggressive Steuervermeidung sind aber leider allzu wahr. Auf unserer brand-neuen Website www.publiceye.ch können Sie sich selbst ein Bild machen und jenen Fall aus-wählen, der Ihnen die Haare am meisten zu Berge stehen lässt. Auf der Rangliste können Sie zudem live mitverfolgen, wer im Rennen um den Publi-kumspreis gerade vorne liegt.
Die unabhängige Jury hatte keine leichte Auf-gabe, aus den eingereichten Fällen die aktuells-ten und relevantesten auf die Shortlist für den People’s Award 2014 zu setzen und den Gewinner des Jury-Preises zu wählen. Neben Vertreterinnen
FORTSETZUNG>>
DAS MAGAZIN DER ERKLÄRUNG VON BERN
# 01JANUAR_14
AUSBEUTERISCHE
ARBEITSBEDIN-
GUNGEN, UMWELT-
SÜNDEN ODER
ANDERE MESCHEN-
RECHTSVERLET-
ZUNGEN: Das
Public Eye stellt
ins Schein-
werferlicht, was
Firmen zu ver-
bergen versuchen.
Firmen im ScheinwerferlichtPUBLIC EYE AWARDS
Marine Harvest FIFA Eskom Glencore Xstrata
Gap Gazprom HSBC Syngenta
erklärung!_01_2014
2__PUBLIC EYE
DIE NOMINIERTEN FIRMEN
BESTIMMEN SIE DAS ÜBELSTE
UNTERNEHMEN 2013! JETZT ABSTIMMEN:
WWW.PUBLICEYE.CH
EskomSÜDAFRIKA
Die Kohlekraftwerke des Energiekonzerns gefährden die Gesundheit der Bevölkerung. Eskom hält sich nicht an Luft-qualitätsstandards und beantragt in einigen Fällen gar,davon ausgenommen zu werden. Während über 3 Millionen Haushalte wegen der horrenden Preise keine Elektrizität haben, wird die Industrie zu einem Bruch teil des Strom-preises versorgt.
FIFASCHWEIZ
In den 12 Austragungsorten der Fussball-WM 2014 wurden Hunderttausende aus ihrem Zuhause zwangsvertrieben. Die Einkommensgrundlage zahlreicher Strassenverkäufer wird mit den exklusiven FIFA-Zonen im Umkreis von 2 km um Stadien zunichte gemacht. Die FIFA macht sich durch ihre zahlreichen Bedingungen an das Gastland Brasi-lien an diversen Menschenrechtsverletzungen mitschuldig.
GapUSA
Auch nach dem Einsturz der Rana-Plaza-Fabrik in Bangla-desch mit mehr als 1100 Toten weigert sich Gap, Verant-wortung zu übernehmen und das Sicherheitsabkommen zum Schutz der Arbeitnehmenden in Bangladesch zu unter-zeichnen. Gap stellt ein eigenes rechtlich unverbindliches Abkommen als PR-Massnahme über die Sicherheit und Rechte der Textilarbeitenden.
GazpromRUSSLAND
Gazprom ist das erste Unternehmen, welches eine Bohr-insel in der Arktis errichtet hat, um in der eisbedeckten Petschorasee Öl zu fördern. Trotz der zahlreichen Lecks bei anderen Bohrungen, der schwerwiegenden Umweltrisiken und dem mangelhaften Notfallplan hält das Unternehmen an seinen Bohrplänen fest.
HSBCGROSSBRITANNIEN
Die Bank beteiligt sich an der Finanzierung zweier Palmöl-firmen, die dafür bekannt sind, Menschenrechte nicht zu respektieren. Trotz Studien, welche deren verantwor-tungslose Geschäftspraktiken belegen, vergibt HSBC diesen Firmen Kredite, hält deren Aktien und ermöglicht ihnen damit, Landenteignungen und Umweltzerstörung weiter-zuführen.
Marine HarvestNORWEGEN
Das weltweit grösste Lachszucht-Unternehmen gefährdet in Chile die Lebensgrundlage und den Lebensraum indi-gener Gemeinschaften und verunmöglicht die lokale Fischerei. Trotz Widerstand der Bevölkerung und einer Strafe des Obersten Gerichtshofs wegen Umweltverschmut-zung züchtet Marine Harvest munter weiter.
Syngenta Bayer BASFSCHWEIZ (SYNGENTA) DEUTSCHLAND (BAYER UND BASF)
Die hochgiftigen Pestizide der Unternehmen, die 2013 teils von der Europäischen Kommission verboten wurden, haben das grosse Bienensterben der letzten Jahre mitver-antwortet. Die globale Nahrungsmittelproduktion ist dadurch massiv gefährdet. Die Unternehmen bestreiten die negativen Auswirkungen der Pestizide grösstenteils und klagen gar gegen das Verbot.
Glencore XstrataJERSEY, SCHWEIZ (OPERATIVER & STEUERLICHER HAUPTSITZ)
Durch die Bergbau-Aktivitäten von Glencore Xstrata wer den Bevölkerungsgruppen vertrieben, die Umwelt verschmutzt, Gesellschaften gespalten und Behörden korrumpiert. Die aggressive Steuervermeidung bringt zudem Förderländer um dringend nötige Einnahmen. Glencore Xstrata bestreitet weitgehend ihre Verantwortung für diese Missstände.
erklärung!_01_2014
IMPRESSUM erklärung! 1/2014 AUFLAGE 22 500 ExemplareHERAUS GEBERIN Erklärung von Bern (EvB), Dienerstrasse 12,
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Gute Vorsätze – und die Taten?
Wer kennt sie nicht: die guten Vorsätze für das neue
Jahr. Und was aus ihnen wird. Ist der Elan, sich
mehr zu bewegen oder sich mehr um Freunde und
Familie zu kümmern, im Januar noch gross, hält ab
Februar schon wieder die Macht der Gewohnheit
Einzug. Deshalb verzichte ich lieber auf gross an-
gekündigte Vorsätze, die sowieso bald wieder ver-
gessen gehen, und versuche meine Lebensweise
in kleinen Schritten kontinuierlich zu verbessern.
Auch Unternehmen und PolitikerInnen äussern ihre
Vorsätze, und das nicht nur zum Jahresbeginn. So
kündigte Ende November H & M einen Plan an, der
für die ArbeiterInnen ihrer strategischen Lieferan-
ten bis 2018 einen existenzsichernden Lohn vor-
sieht. Damit es nicht nur bei diesem begrüssens-
werten Vorsatz bleibt, müssen den Worten bald
richtige Taten folgen. So braucht es verbindliche
Zusagen zur Höhe des existenzsichernden Lohns
und einen entsprechenden Umsetzungsplan für
die gesamte Lieferkette von H & M. Nur wenn die
ArbeiterInnen mit ihrem Lohn ein selbstbestimm-
tes, würdiges Dasein führen können, ist ihnen
längerfristig geholfen. Die EvB wird 2014 deshalb
genau hinschauen, wie die Ankündigung von H & M
umgesetzt wird.
Dass man den geäusserten Vorsätzen von Politi-
kerInnen, insbesondere vor Wahlen, nicht trauen
kann, zeigte leider die Abstimmung des Natio-
nalrats zum Freihandelsabkommen zwischen der
Schweiz und China im Dezember 2013. Die frühe-
ren Bekenntnisse von zahlreichen Parlamentarie-
rInnen zur Relevanz von Menschenrechten waren
leider nichts als leere Worte.
Genau hinschauen muss man dieses Jahr auch bei
den für den Public Eye Award nominierten Unter-
nehmen. Immer mehr Konzerne versprechen, dass
sie im Sinne der Gesellschaft handeln. Aber nur
wenn wir Unternehmen anhand ihrer Taten und
nicht ihrer Vorsätze beurteilen, werden sie ihre
Verantwortung wahrnehmen müssen. Wir danken
Ihnen für Ihr genaues Hinschauen und Engage-
ment!
SUSANNE RUDOLF
>>FORTSETZUNG VON SEITE 1
NOCH BIS ZUM 22. JANUAR 2014 KÖNNEN
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NEN
!
www.publiceye.ch
und Vertretern der Public Eye-Trägerorganisationen, der Er-klärung von Bern und Greenpeace Schweiz, sorgten diese Jury-Mitglieder für eine ausgewogene und unabhängige Be-urteilung der eingereichten Fälle:
__ YOKE LING CHEE, Anwältin und Programmverantwort-liche beim Third World Network, Expertin in Bezug auf die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aus-wirkungen der Globalisierung in Ländern des Südens
__ PROF. DR. GUIDO PALAZZO, Professor für Wirtschafts-ethik an der Universität Lausanne
__ PROF. DR. PHIL. KLAUS PETER RIPPE, Direktor des Instituts Ethik im Diskurs in Zürich und Professor für Praktische Philosophie an der Pädagogischen Hoch-schule Karlsruhe
__ DR. VANDANA SHIVA, Physikerin, Umwelt aktivistin und Pionierin der Biobewegung in Indien
__ PROF. DR. ULRICH THIELEMANN, ehemaliger Vize-Direktor des Instituts für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen, Gründer und Direktor der Berliner MeM – Denkfabrik für Wirtschaftsethik
Am 23. Januar 2014 werden die Gewinner der beiden Prei-se an der internationalen Pressekonferenz in Davos bekannt gegeben. Neben Kumi Naidoo, Jury-Mitglied der Public Eye Awards und Geschäftsleiter von Greenpeace Internatio-nal, wird auch der tschechische Ökonom und Querdenker Tomáš Sedlácek anwesend sein, um einzufordern, was lange überfällig ist: Unternehmensverantwortung hier und jetzt!
Fotonachweise Titelseite:Marine Harvest, Fotolia; FIFA, ANCOP; Eskom, Oswald Chikosi / Greenpeace; Glencore Xstrata, DHSF; Gap, Laura Gutierrez; Gazprom, Maria Vasilieva/Greenpeace; HSBC, FoEI / ATI – Jason Taylor; Syngenta, Emile Loreaux/Greenpeace
erklärung!_01_2014
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POTENTATENGELDER
Eine Politik der kleinen SchritteDer Bundesrat stellte im Sommer
2013 ein Gesetzesvorhaben zur
Sperrung und Rückerstattung von
unrechtmässig erworbenen Ver-
mögenswerten von Potentaten vor.
Dieser willkommene Gesetzes-
entwurf greift aber zu kurz, um pro-
blematische Situationen bei Poten-
tatengeldern umfassend zu lösen.
TEXT_OLIVIER LONGCHAMP
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA)hat im September die Vernehmlassung zum Gesetzesentwurf über die Sper-rung und Rückerstattung unrechtmäs-sig erworbener Vermögenswerte po-litisch exponierter Personen (PEP) beendet. Das Gesetz beruht auf den Erfahrungen, die mit den im Gefolge des arabischen Frühlings blockierten Geldern gemacht wurden.
Erweiterungen willkommen
Der Gesetzesentwurf umfasst nun prä-zisere Bestimmungen und erläutert, unter welchen Bedingungen der Bun-desrat in Zukunft Sperrlisten festlegen kann. Die Möglichkeit, Bankdaten zu übermitteln und damit ein Rechtshilfe-gesuch zu erleichtern, ist eine Verbes-serung gegenüber der aktuellen Praxis.
So kann die absurde Situation vermie-den werden, dass die Schweizer Behör-den über Bankkonten von gestürzten Potentaten informiert sind, sie die neue Regierung aber dennoch bitten müs-sen, ein Rechtshilfegesuch zu stel len, um die Existenz der gleichen Konten zu bestätigen. Das Gesetz sieht eben-falls vor, die Beschlagnahmung von unrechtmässigen Geldern zu ermögli-chen, wenn ein Rechtshilfege such we-gen mangelnder Funktions fähigkeit des Justizsystems des betroffenen Staa-tes nicht möglich ist. Diese Neuerung könnte man im Fall Ägyptens anwen-den. Mindestens 700 Millionen Fran-ken sind zurzeit in der Schweiz blo-ckiert. Es ist aber unklar, inwiefern die Schweizer Behörden auf die Unterstüt-zung ihrer KollegInnen in Kairo zäh-len können. Das Bundesstrafgericht hat 2012 entschieden, dass der ägyp-tische Justizapparat nicht unabhängig genug sei.
Die Verhandlungslösung:
Eine problematische Bestimmung
Insgesamt stellt der Gesetzesentwurf eine Verbesserung dar und ist zu unter-stützen. Eine Bestimmung ist dennoch sehr problematisch: die Verhandlungs-lösung («Gütliche Einigung» nach Art.
10). Diese erlaubt einem Potentaten zu hoffen, dass er einen Teil der in der Schweiz eingefrorenen Gelder nach einer Verhandlung mit der Bundesbe-hörde zurückbekommt, obwohl auch diese Gelder unrechtmässig erwor-ben wurden. Eine solche Entwick-lung steht im Widerspruch zu den Zie-len des Gesetzes, der Bekämpfung der Straflosigkeit und den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit. Da die ausgehan-delte Rückerstattung auf Kosten eines Strafverfahrens ginge, müssten sich ausserdem die Schweizer Banken und Finanzintermediäre nicht wegen Geld-wäscherei vor Gericht verantworten.
Für die Mehrheit der Fälle, in de-nen illegale Vermögenswerte iden-tifiziert werden, greift das Gesetz zu kurz. Effektiv stützen sich die Schwei-zer Behörden weiterhin lieber auf das Rechtshilfegesuch in Strafsachen, um Potentatengelder in unserem Land zu beschlagnahmen. Bei den meisten ak-tuellen Fällen von Potentatengeldern in der Schweiz (Beispiele sind Usbe-kistan, Kasachstan, Angola) sind die Chancen auf eine Lösung gering. Dies, weil die Potentaten ihren Einfluss be-halten haben und ihre Position miss-brauchen, um in ihrem Herkunftsland jegliche juristischen Bestrebungen ge-gen sie zu unterbinden. Selbst wenn sie nicht mehr im Amt sind, bleibt der Weg des Rechtshilfegesuchs für eine anfällige neue Justizbehörde sehr an-spruchsvoll und voller Tücken. Zu-dem gibt es kaum Informationen über die Art und Weise, wie die Plünderung eines Staates – oft über viele Jahre oder mit scheinbarer Rechtmässigkeit – or-ganisiert wurde. Zum Teil schützt die Justiz die Mitglieder eines gestürzten Clans gar weiterhin.
Weitere Informationen:
Mehr Information und eine ausführ-liche Stellungnahme finden Sie auf www.evb.ch.
DIKTATOREN-KOST-
BARKEITEN: Neben
teurem Schmuck,
Teppichen, Kleidern
und vergoldeten
Möbeln wurden am
23.12.2012 auch
diese Autos aus dem
Besitz von Ben Ali
versteigert.
erklärung!_01_2014
4__FINANZPLATZ SCHWEIZ
Symbolische Übergabe der über
13 000 PETITIONSUNTERSCHRIFTEN
an Ariane Geiser, Presse-
sprecherin des Eidgenössischen
Departements des Innern.
KLINISCHE VERSUCHE
CCC
TEXT_PATRICK DURISCH
Über 13 000 BürgerInnen haben die EvB-Kampagne unterstützt und mit ih-rer Unterschrift gegen unethische Me-dikamentenversuche in Entwicklungs- und Schwellenländern protestiert. Am 22. November 2013 hat die EvB das Pe-titionspaket einer Repräsentantin vom Departement des Inneren überreicht. Somit sind die Forderungen der EvB nach strengeren und verbindlicheren Kontrollen bei der Schweizer Zulas-sungsbehörde Swissmedic – deren po-litischer Auftraggeber Alain Berset ist– an höchster Stelle angekommen.
Das heikle Thema der ethischen Verstösse konnte durch die zahlrei-chen UnterstützerInnen ins Bewusst-sein der Öffentlichkeit gebracht wer-den. Dies bewirkte erste Gespräche zwischen Bundesrat und Behörde. Die erste offizielle Stellungnahme – eine Antwort auf einen parlamentarischen Vorstoss im Dezember – war jedoch
TEXT_CHRISTA LUGINBÜHL
Der Lohn reicht schlicht nicht aus. Die FabrikarbeiterInnen in Kambodscha sind permanent gravierend unterer-nährt, und Massenohnmachtsanfälle in Kleiderfabriken sind weit verbrei-tet. Ein unhaltbarer Zustand, insbeson-dere wenn es Firmen wie H & M oder Inditex/Zara betrifft, die während und nach der Finanzkrise (2008 – 2012) ex-trem gewachsen sind. Diese verzeich-neten jährlich mehr als zwei Milliar-den Schweizer Franken Gewinn und eröffneten 1745 (Inditex) beziehungs-weise 1038 (H & M) neue Shops.
Mit der Kampagne «Schluss mit den Ausreden – Existenzlohn für alle!» hat die Clean Clothes Campaign von den Hauptkunden der kambodschani-
Die Wirkung von «Bersetikum Forte»
H&M: Erste Schritte Richtung Existenzlohn
sehr enttäuschend: Der Bundesrat sieht keinen Bedarf nach dringlichen Massnahmen. Die EvB wird mit neu-en Analysen und Recherchen weiter-hin den nötigen Druck bei den verant-wortlichen Behörden aufrechterhalten.
schen Bekleidungsindustrie die Bezah-lung von Existenzlöhnen gefordert. Bis Ende November 2013 gingen insgesamt 36 938 Protest-Mails an die Geschäfts-führer von H & M, Levis, Gap und Zara. Strassenaktionen sowie Social-Media-Proteste haben Aufmerksamkeit ge-neriert. Sogar der kambodschanische Prinz Charin Norodom hat H & M zu einem Existenzlohn aufgefordert. An-lässlich einer europäischen Existenz-lohn-Konferenz im November 2013 in Berlin hat nun H & M einen Aktions-plan für einen «fairen Existenzlohn» angekündet – ein erster Schritt, der zwar noch nicht ausreicht, aber doch zeigt, dass der Kampagnendruck bei H & M angekommen ist.
KAMPAGNEN__5
ERWEITERUNG
DES ANGEBOTES
SCHULBESUCHE
Ab 2014 bieten wir für die
Mittelstufe ( 5. und 6. Klasse
Primarschule ) neben dem
Thema «Schokolade» auch
neu das Thema «Kleider» an.
Weitere Informationen
und Anmeldung unter:
www.evb.ch > Angebot > Schul besuche > Anmeldeformular
Rit
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eter
erklärung!_01_2014
CHINA-FREIHANDELSABKOMMEN
Gebrochenes WahlversprechenTrotz gegenteiligem Wahlverspre-
chen und entgegen der Volksmei-
nung hat sich vergangenen Dezem-
ber eine Mehrheit im Nationalrat
für ein Freihandelsabkommen mit
China ohne verbindlichen Menschen-
rechtsschutz ausgesprochen –
und dabei unsägliche Argumente
ins Feld geführt.
EVA SCHMASSMANN (CHINA-PLATTFORM)
Im Vorfeld der Nationalratsdebatte zum Handelsabkommen zwischen der Schweiz und China lancierte die EvB zusammen mit ihren Partnerorganisa-tionen der China-Plattform eine der erfolgreichsten Schweizer Social-Me-dia-Protestaktionen. Mit der Kampag-ne, die auf Facebook und Twitter über 250 000 Personen erreichte, wurden die ParlamentarierInnen an ihr Wahl-versprechen erinnert. Denn gemäss der Online-Wahlhilfe «Smartvote» hat vor den Wahlen 2011 eine satte Mehr-heit des Nationalrats eine stärkere Be-rücksichtigung von Menschenrechten in Freihandelsabkommen befürwor-tet. Damit vertrat der Nationalrat – dies ist die gute Nachricht – die Mehr-
heitsmeinung der Bevölkerung. Wie eine von der China-Plattform in Auf-trag gegebene repräsentative Umfrage des Forschungsinstituts «gfs-zürich» zeigt, sprechen sich nämlich drei von vier Personen in der Schweiz für mehr Menschenrechte in Freihandelsabkom-men aus.
Die schlechte Nachricht: Trotz kla-rer Meinungsäusserung des Schweizer Volkes haben die VolksvertreterInnen im Nationalrat dem Freihandelsabkom-men (FHA) mit China deutlich zuge-stimmt. Und dies, obwohl darin griffige Menschenrechtsbestimmungen feh-len. Damit haben sie zudem ihr eige-nes Wahlversprechen gebrochen. Denn Smartvote hatte klipp und klar gefragt: «Soll die Einhaltung der Menschen-rechte bei wirtschaftlichen Abkommen mit anderen Ländern (z.B. Freihandels-abkommen) stärker berücksichtigt wer-den?» Die relevante Bezugsgrösse von «stärker» sind dabei offensichtlich die bestehenden Handelsabkommen der Schweiz – und nicht Chinas bisherige Menschenrechtspolitik. Das Argument, wonach China bezüglich Menschen-rechten noch nie so weit gegangen sei wie im FHA mit der Schweiz, trifft den
6__HANDELSABKOMMEN
Punkt deshalb nicht. Dass aber das Chi-na-Abkommen in menschenrechtlicher Hinsicht ein deutlicher Rückschritt ist gegenüber den von der Schweiz in jün-gerer Vergangenheit abgeschlossenen Abkommen, hat die China-Plattform in ihrer fundierten Analyse dargelegt.
Groteske Züge nahm die National-ratsdebatte an, als Wirtschaftsminister Schneider-Ammann allen Ernstes be-hauptete, dass das Abkommen mit Chi-na «in Bezug auf Menschenrechte auf Kurs» sei. Dazu kommentierte die In-formationsplattform humanrights.ch unter dem treffenden Titel Sternstun-de der hohlen Rhetorik: «Bundesrat Johann Schneider-Ammann hat das vor liegende Freihandelsabkommen im Dienste des schweizerischen Wirt-schaftsegoismus auf eine fast zynische Weise schöngeredet.»
Im März wird der Ständerat über das Abkommen mit China beraten. Die EvB und ihre Partnerorganisationen werden auch im Vorfeld dieser Debat-te Scheinargumente konsequent ent-larven – und die Mitglieder der klei-nen Kammer an ihr Wahlversprechen erinnern.
Die China-Plattform
erinnert die Parla-
mentarierInnen
vor der Debatte am
9.12. 2013 an ihr Ver-
sprechen, MENSCHEN-
RECHTE IN FREI-
HANDELSAB KOMMEN
STÄRKER ZU
BERÜCKSICHTIGEN.
Eva
Sch
mas
sman
n
TEXT_THOMAS BRAUNSCHWEIG UND
erklärung!_01_2014
ROHSTOFFE
Kennen Sie das, ein Gerät hört genau dann auf
zu funktionieren, wenn die Garantie gerade eben
erst abgelaufen ist? Das mag Zufall sein – oder ge-
plante Obsoleszenz.
Geplante Obsoleszenz ist die absichtliche Einpla-
nung der vorzeitigen Abnutzung eines Produktes.
Das heisst, beim Herstellungsprozess werden be-
wusst Schwachstellen eingebaut oder die Lebens-
dauer limitiert. Mit dem Ziel, den Verkauf anzu-
kurbeln, legte 1924 das internationale Phöbus-Kar-
tell die maximale Brenndauer von Glühbirnen auf
1000 Stunden fest. Hersteller, die sich nicht daran
hielten, wurden bestraft. Das Kartell löste sich vor
dem Zweiten Weltkrieg offiziell auf. Die Strategie,
das Wirtschaftswachstum durch geplante Obso-
leszenz anzukurbeln, kam aber in den 50er-Jahren
erst richtig in Schwung. Damals diskutierten Desi-
gner und Ingenieure noch darüber, ob es ethisch
vertretbar sei, ein Produkt mit begrenzter Lebens-
dauer zu entwickeln. Heute gibt es diesbezüglich
kaum mehr Skrupel. Die Lebensdauer von Akkus
wird absichtlich begrenzt, Chips in Druckern wer-
den so programmiert, dass sie nach einer be-
stimmten Anzahl Druckaufträgen den Geist auf-
geben, und Schrauben zerbröseln beim Versuch,
sie aufzuschrauben.
Alles ein Hirngespinst von Verschwörungstheore-
tikern? Nein, sagt der Schweizer Konsumenten-
schutz SKS, der im letzten Jahr über 400 Beispiele
von KonsumentInnen gesammelt und verschie-
dene ExpertInnen dazu befragt hat. Das lesens-
werte Dossier sowie zahlreiche Hinweise zum
Thema «tauschen, teilen, reparieren» finden Sie
auf www.konsumentenschutz.ch unter dem Stich-
wort «Defekte sind geplant».
Unter www.centennialbulb.org/cam können Sie
einer Glühbirne zuschauen, die seit über 110 Jah-
ren leuchtet und inzwischen schon drei Webcams –
die sie seit einiger Zeit beobachten – überlebt hat.
Geplante Obsoleszenz
KOLUMNE FLURINA DOPPLER
Der EvB-Bericht über zwielichtige Deals zwi-
schen Schweizer Rohstoffhändlern und der
staatlichen Ölgesellschaft NNPC hat auch vor
Ort viel Staub aufgewirbelt.
TEXT_OLIVER CLASSEN
Durch riesige Ölexporte weit unter dem Markt-preis und systematischen Subventionsbetrug beim Import raffinierter Erdölprodukte entgehen Nigeria jährlich Milliardenbeträge. In den ni-gerianischen Medien sorgte unsere Studie über «Dunkle Geschäfte und dreckige Gewinne» der Genfer Ölhandelskonzerne in Nigeria gleich nach der Publikation Anfang November für Schlag-zeilen wie «Schweizer NGO deckt 6-Milliarden-Betrug auf». Auch wenn einige Titel (wie dieser) inhaltlich übers Ziel hinausschossen: Bereits eine Woche später reagierte die grosse Parla-mentskammer in der Hauptstadt Abuja. Sie setz-te eine Kommission zur Untersuchung der im EvB-Report belegten Verdachtsmomente für kor-rupte Geschäfte zwischen Schweizer Rohstoff-händlern und der allmächtigen staatlichen Ölge-sellschaft Nigerian National Petroleum Corpora-tion ein. Die mit Spannung erwarteten Ergebnisse dieser offiziellen Abklärungen sollen schon bald vorliegen.
Die mediale Begleitmusik zu diesem politi-schen Überraschungscoup reicht seitdem von Stellungnahmen von Insidern und Parlamen-tariern bis zu Spekulationen über juristische Schritte der ins Rampenlicht gezerrten Konzer-ne. So sicherte der Schweizer Botschafter in Ni-geria, Hans-Rudolf Hodel, den nigerianischen Behörden in einem Interview die «vorbehaltlose Schweizer Unterstützung bei der Untersuchung aller Korruptionsvorwürfe» zu. Was er scheinbar nicht wusste: Ein Rechtshilfeersuchen in dieser Sache wurde beim Berner Bundesamt für Justiz schon vor über einem Jahr eingereicht und nach formeller Vorprüfung der Genfer Staatsanwalt-schaft zum Vollzug weitergeleitet, ist seitdem aber hängig.
Nigeria-Report provoziert parlamentarische Untersuchung
erklärung!_01_2014
8__KAMPAGNEN8__PORTRÄT
Als sie sich mit ihren Mitnäherinnen in Bangla-
desch organisierte, wurde sie gefeuert. Der
Weg zur einflussreichen Aktivistin führte durch
das Gefängnis. Seitdem erklärt Kalpona Akter
der Welt, warum vielen (auch Schweizer)
Textilriesen die Arbeitsbedingungen in Pro-
duktionsländern immer noch gleichgültig sind.
TEXT_OLIVER CLASSEN
Arbeitsschichten, fast so lange wie ein Tag, und ein Lohn, der diesen Namen kaum verdient. Fab-rikgebäude, die zusammenstürzen oder in Flam-men aufgehen und Hunderte von Toten hinter-lassen: Kaplona Akter hat all dies selbst erlebt. Wegen dem kranken Vater musste sie schon mit zwölf Jahren als Näherin für die Familie aufkom-men. Später erlebte sie hautnah, wie es ist, wenn eine Textilfabrik Feuer fängt und das die Verant-wortlichen nur wegen der Verdienstausfälle inte-ressiert. Als ihr Lohn immer geringer wurde, ob-
wohl die Preise stetig stiegen, begann sie sich für ihre Rechte und das Schicksal ihrer Kolleginnen zu interessieren. Zum Missfallen ihrer Chefs na-türlich, die Akter fristlos vor die Tür stellten.
Seither kämpft die 36-Jährige für mehr Sicher-heit und menschenwürdige Arbeitsbedingungen im zweitwichtigsten und zugleich ärmsten Mode-produktionsland der Welt. Und sie tut das mit ih-rem Bangladesh Center for Worker Solidarity so erfolgreich, dass Bangladeschs Regierung die cha-rismatische Überzeugungstäterin auch schon fest-nehmen liess und einer ihrer engsten Mitarbeiter gar auf mysteriöse Weise umgekommen ist. Auf-grund des steigenden öffentlichen Drucks sind die Machthaber in Dhaka aber vorsichtiger ge-worden. Die Anklagen gegen Akter und ihre Or-ganisation wurden fallen gelassen und Arbeits-rechtsreformen eingeleitet. Auch die seit dem Einsturz des Rana-Plaza-Fabrikkomplexes unter
noch grös serem öffentlichem Druck stehenden Modekonzerne zollen ihr mittlerweile Respekt.
Seit Monaten reist Akter nun um die Welt, um bei Firmen, Verbänden, Regierungen und Konsu-mierenden für mehr Sicherheit und existenzsi-chernde Löhne im mit Abstand wichtigsten ben-galischen Wirtschaftssektor zu werben. Auch für die Konsumierenden hat sie eine klare Botschaft: «Die Näherinnen sind auf ihr Einkommen ange-wiesen, Produkteboykott ist also keine Lösung. Was es braucht, sind bessere Arbeitsbedingun-gen.» Die Aktivistin lebt derzeit mit ihrer Mut-ter, zwei Geschwistern «und vielen Kindern» in einem Aussenquartier der Hauptstadt Dha-ka. «Mein Job ist manchmal sehr hart und for-dert viel Zeit. Zum Glück hat meine Familie viel Verständnis.»
KALPONA AKTER
Nadelstiche gegen Gleichgültigkeit
KALPONA AKTER
kämpft für mehr
Sicherheit und
existenzsichernde
Löhne für Nähe-
rinnen in Bangla-
desch.
___«Produkteboykott ist keine Lösung. Die Näherinnen sind auf das Einkommen angewiesen. Was es braucht, sind bessere Arbeitsbe-dingungen.»
zvg
Wo unsere Kleider herkommen:
PODIUMSDISKUSSION
mit Kalpona Akter, Ben Vanpeperstraete
(Supply Chain Coordinator Uni Global Union) und Coop
(eingeladen) im Zürcher Westend
Im Rahmen der internationalen Clean Clothes Campaign unter-stützt die Erklärung von Bern Kalpona Akter und ihre NGO schon seit Jahren. Am 24. Januar kommt Kalpona Akter nach Zürich und wird zusammen mit Uni Global Union und Coop an einem Podiumsgespräch in der Kulturbar «Sphères» teilnehmen.
Freitag, 24.1.2014, 19 – 21 Uhr, Hardturmstrasse 66, 8005 Zürich.Freier Eintritt. Die Platzzahl ist beschränkt und eine frühe Anreise von Vorteil.
erklärung!_01_2014
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