Download - Flanieren hilft beim Denken · und Erfinder der Methode. Das langsame bewusste Laufen ist ein guter Einstieg für Untrainierte. Wer dran bleibt, kann es durchaus auf Langstrecken-Niveau

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02 Magazin Freitag, 22. April 2016 – Nr. 94 03

INTERVIEW

Flanierenhilft beim Denken

Herr Knigge, macht Laufenschlau?Zumindest schlauer! Neuere Studi-en zeigen, dass es einen recht gutgesicherten Zusammenhang zwi-schen körperlicher Aktivität undkognitiven Funktionen gibt. Wennsich ein körperlichAktiver für nichtso richtig clever hält, kann davonausgegangen werden, dass es ohneAktivität noch viel schlimmer wä-re. Und weil Sie das Laufen anspre-chen – tatsächlich ist Ausdauer-sport besonders gut für das Gehirn.

Welche Rolle spielt das Gehirnüberhaupt in Bezug auf Bewegung?Jede Form von menschlicher Bewe-gung wird vom und im Gehirn ge-steuert. Es nimmt sensorische Rei-ze auf und gibt dann Befehle an dieentsprechenden Muskeln, DieSteuerung der Körperbewegungenhat aber auch eine Rückkoppelungin die andere Richtung zur Folge.Bewegung und Sport wirken alsoauf das Gehirn zurück. Auf bioche-mische Prozesse etwa – so verän-dern sich die Spiegel von Serotonin,Dopamin und Noradrenalin.

Sie sprechen vom Runners High,dem vermeintlichen Glücksgefühldes Läufers?Ein wirkliches High-Gefühl ist sel-ten, aber die Befindlichkeit wird inder Tat signifikant verbessert. Diebiochemischen Prozesse führen zueiner Stimmungsaufhellung. DesWeiteren sorgt Bewegung auch füreine bessere Versorgung der Ge-hirnzellen und ihrer Verbindungen.Regelmäßige Bewegungsreize sor-gen also auch im Gehirn für Gefäß-neubildungen und schützen dieNeuronen und Synapsen.

Kann ich durch Bewegung auchDemenz vorbeugen?Das Thema Demenz und die gras-sierende Demenz-Angst, die vielevon uns umtreibt, erstaunt mich im-mer ein bisschen. Die Wahrschein-lichkeit, an Demenz zu erkranken,ist gar nicht so groß. Eine Hysterieist unbegründet. Der Autonomie-verlust, auch wenn er nur die letzteLebensphase betrifft, scheint aberin der heutigen Zeit, wo auch imAl-ter jeder noch alles können muss,das schlimmste vorstellbare Übel

Es darf auch etwas schneller sein: Laufen sorgt dafür, dass dasGehirn durchblutet wird und die Leistungsfähigkeit erhalten bleibt

zu sein.Wir sollten möglicherweiseetwas demütiger mit unseren Er-wartungen sein. Aber die guteNachricht ist in der Tat, dass sichBewegung präventiv stark auswirktund sich sogar erste dementiell be-dingte kognitive Verluste positivbeeinflussen lassen.

Also runter vom Sofa?Auf jeden Fall, wir sollten uns be-wusst machen, dass wir durch guteLebensführung nicht nur für unserekörperliche Verfassung zu einemgroßen Teil selber verantwortlichsind, sondern auch unseres Gehir-nes Schmied sind. Auch die menta-le Gesundheit lässt sich durch Be-wegung beeinflussen.

Macht es Sinn, sportliche undDenksportaufgaben zu kombinie-ren? Unter dem Namen Life-Kine-tik sind solche Übungen bekannt.Da wird gleichzeitig geturnt undgerechnet.Bisher gibt es keine Belege dafür,dass diese Kombination von Sportund Denksport besonders förder-lich für das Gehirn ist. Tatsächlich

ist jede Form von Bewegung, alsodie motorische Ansteuerung desGehirns, ein sinnvolles neuro-mus-kuläresTraining und damit generellempfehlenswert. Jüngste Studienhaben aber vielmehr klar gezeigt,dass die aeroben Belastungen dasGehirn und seine Struktur schützenund aufbauen. Die längere gleich-mäßige Belastung einer Radtour,eines Dauerlaufs oder beim Bah-nenschwimmen ist augenschein-lich die beste Art, dem Gehirn Bei-ne zu machen. Es werden Substan-zen ausgeschwemmt, die schon be-stehende Hirnareale und -zellenschützen, und gleichzeitig dafürsorgen, dass sogar neue Zellenwachsen. Bis vor nicht allzu langerZeit hielt man diesen Zusammen-hang für unglaublich.

Auf welcheAreale genau wirktAus-dauersport?Auf genau die Areale, in denen dasWissen und die Merkfähigkeit, alsodas semantische und das episodi-sche Erinnerungsvermögen veror-tet sind, Begriffe und deren Bedeu-tung, aber auch das, was wir am

11.9. 2006 gemacht haben und wowir waren. DieseWissen liegt in derKombination der Inhalte verschie-dener Schubladen vor. Und das Zu-sammenspiel dieser Schubladenwird vom Hippocampus organisiertund gesteuert. Genau dort entste-hen neue Zellen. Synapsen undNeuronengeflechte werden durchBewegung optimiert.

Kann ich das nicht auch beim Sudo-ku-Lösen trainieren?Wer regelmäßig Sudokus löst, ver-bessert natürlich seine Fähigkeit,Sudokus zu lösen. Wenn der ganzeKörper aktiv ist, joggt auch das Ge-hirn mit und erhält und verbessertseine grundlegende kognitive Leis-tungsfähigkeit.

Und wie schaffe ich es, mich vomSudoku-Fan zum Läufer umzupro-grammieren?

Vielleicht zunächst indem ich mirnicht bewusst ein Ziel „Demenz-verhinderung“ setze. Ich sollteauch nicht losgehen, um schlauerzu werden. Es ist absurd, wenn wiruns für nicht ausreichend intelli-gent halten und glaubten, den IQdurch Laufen steigern zu müssen.Vielmehr ist es sinnvoll, die häufigvernachlässigte Verbesserung derStimmung und Gefühlslage in denFokus zu nehmen. Nach dem Mot-to: Ich mache, was mir gut tut. Alsodas, wobei und wonach es mir bes-sergeht. Und bei Bedarf eines bes-seren Argumentes halten Sie esdoch einfach wie die alten Philoso-phen, die in moderater Bewegungzu sinnieren pflegten. Denn Flanie-ren hilft beim Denken.

Das Gespräch führteLioba Lepping

Der Bewegungs-und Neurowissen-schaftler Dr. HelgeKnigge von derSporthochschuleKöln erklärt, wieKörper und Geistfit bleiben.

Zeit: Dienstag, 3 Mai, 19 UhrOrt: studio dumont, breite StraßePreis: 12,55 Euro, Abo-Card-Inhaber

Dem Gehirn Beine machen am 3. Mai

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und Anti-Diät-Club-Mitglieder zah-len 10,55 EuroKarten sind erhältlich im Service-center Breite Straße und unter☎ 0221/28 01 und 0221/28 03 44

www.koelnticket.dewww.abocard.de/tickets

Kunden der pronova BKK erhaltenfür den Besuch der Veranstaltung500 Bonuspunkte. Bitte das Bonus-heft mitbringen!

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Vor zwei Jahren machte Jürgen Wicharz (4.v. r.) Leser im Rahmen einerAnti-Diät-Club-Aktion fit. FOTO: JÖRN NEUMANN

Gemeinsamloslaufen

VON LIOBA LEPPING

Wer nicht alleine laufenmöchte, verabredet sicham besten mit anderen

zum Sport. Schon weil es unange-nehm wäre abzusagen, rafft mansich dann sicher eher auf, als sichals Einzelkämpfer durchs Geländezu schlagen.

Wer Ansprechpartner sucht,kann sich an den Anti-Diät-Clubmit seinen Paten wenden. Regel-mäßige Walking-Treffs – mit Stö-cken und ohne – gibt es derzeit inLeverkusen, Lindenthal, Ehren-feld, Rodenkirchen und Dellbrück.Wer mitmachen möchte oder eineneue Lauf- oder Walking-Gruppeins Leben rufen möchte, ist herz-lich willkommen. (Infos sieheKasten)

Wer sich lieber mit professionel-ler Unterstützung lauffit machen

Zum Sport verabreden beugtAusreden vor

möchte, der kann zum Beispiel ei-nen Gentle-Running-Kurs bele-gen. Beim sanften Laufen geht esdarum, achtsam und bewusst mitseinem Körper umzugehen. „Wirlaufen nach dem Prinzip der kon-trollierten Unterforderung. Wer soschnell läuft, dass er sich nichtmehr unterhalten kann, ist zuschnell. Es geht hier erstmal nichtdarum, Erster und Schnellster sein,sondern darum, das Laufen auf ei-ne Art zu erleben, die im bestenFall meditativ sein kann“, sagt Jür-gen Wicharz, Diplom-Sportlehrerund Erfinder der Methode. Daslangsame bewusste Laufen ist einguter Einstieg für Untrainierte.Wer dran bleibt, kann es durchausauf Langstrecken-Niveau schaf-fen. „Die Geschwindigkeit kommtirgendwann von ganz allein“, soWicharz. Also, machen Sie mit –die Saison startet jetzt.

Der Anti-Diät-Club bringt Hobby-sportler zusammen. Ob Laufen,(Nordic) Walking , Radfahren oderandere Aktivitäten – melden Siesich, wenn Sie eine Gruppe suchenoder selber ein Sportangebot ma-chen wollen.Infos gibt es bei Lioba Lepping,☎ 0221/[email protected]

Neue Gentle Running Kurse fürAnfänger und Fortgeschrittene

Laufen lernen und Anti-Diät-Club

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starten ab nächster Woche.Infos und Anmeldung: ☎ 0228 /4796 129

www.praeventionundsport.com

Laufkurse bieten auch PersonalTrainer, Vereine und Fitness-Stu-dios. Informationen zu den Ver-einsangeboten gibt es etwa beimStadtsportbund Köln oder beim je-weiligen Verein in Ihrer Nähe.☎ 0221/92130022

www.ssbk.de

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