„Frühzeitige Hepatitis C-Therapiebei Suchtpatienten“
…time to change the rules?
Fakten zur Hepatitis C (HCV)
• Weltweit ca. 170 Mio. Menschen infiziert, in Europa ca. 4 Mio.
• HCV für die meisten Non-A-Non-B-Hepatitiden verantwortlich
• Mögliche Folgen: Dekompensation, Leberzellkarzinom
• Bei i.v. Drogengebrauchern heutzutage Todesursache Nr. 2
(nach Überdosis)
HCV-Inzidenz
Blutspender 0,4 – 0,5%
Medizinisches Personal
Dialysepatienten
Haemophile
i.v.-Drogenabhängige
1,0%
10 – 25%
60%
70 – 90%
in verschiedenen Gruppen
hoch moderat niedrigsehr niedrig>3% 2-2,9% 1-1,9% <1%
Nordafrika Osteuropa Westeuropa Nordeuropa(Ägypten) Asien N/S-Amerika GB
unsaubere therapeutische Illegaler Drogen-Injektionen missbrauch
HCV-Prävalenz weltweit 2,2 %
Epidemiologie
• Allgemeinbevölkerung: 0.4% - 0.63% (Palitzsch et al. 1999, Thierfelder et al. 2001)
• Heroinabhängige: 62% - 98% (Backmund et al. 2001, Backmund et al. 2003, Reimer et al. 2005)
• 500 000 – 600 000 Opioidabhängige in Europa sind HCV- infiziert (Nalpas et al. 1998)
Prävalenz
HCV-Prävalenz bei Heroinabhängigen
Reimer et al. CID 2005; 40 (suppl5):S373-378
Risikofaktoren im ivDU-Bereich
• Gemeinsames Benutzen von Nadeln („needle sharing“; Stark et al. 1997, Hagan et al. 1999, Manson et al. 2000, Cook et al. 2001)
• Gemeinsames Benutzen von dem gesamten Equipment (Bertisch-Möllenhoff et al. 2000, Haltmayer et al. 2000, Hagan et al. 2001, Hahn et al. 2002, Thorpe et al. 2002)
• Spritzenaustauschprogramme schützen vor HCV nicht so effektiv wie vor HIV (Hagan et al. 1999, Manson et al. 2000)
Krankheitsverlauf
20 – 25 %
restitutio ad integrum
75 – 80 %
ChronischerVerlauf
Entwicklung einer Leberzirrhose
25 %
Zweithäufigste* Todesursache bei Opiatabhängigen * Nach Tod durch Überdosis
Mögliche Folgen
• Dekompensation• Leberzellkarzinom
Therapieziele
• Maximale dauerhafte Virussuppression/-elimination
• Verminderung von Leber-Folgeerkrankungen
• Minimierung extrahepatischer Manifestationen
• Einschränkung der Ausbreitung
• Verbesserung der Lebensqualität
HCV-Therapie
vor Therapiebeginn
Basisdiagnostik
Nach Berg „ Hepatitis C. Diagnostikund Therapieverlaufskontrolle“
Laborkontrollen während der Therapie
Diagnostik
Nach Zeuzem et al. 2004, Leitlinien DGVS
Diagnostik - Leberbiopsie
Grading (Entzündungsaktivität)Score
Periportale oder periseptale
Mottenfraßnekrose 0-4
Nekrose 0-6
Lytische Nekrose, Apoptose 0-4
Portale Entzündung 0-4
Diagnostik - Leberbiopsie
Metavir-Score
Staging (Fibrosegrad)Score
• Keine Fibrose 0• Portale Fibrose, ohne Septen 1• Portale Fibrose, einige Septen 2• Portale Fibrose, viele Septen 3• Zirrhose 4
Nur aussagekräftig, wenn die Gewebeprobe mindestens 2 cm lang ist und mindestens 11 komplette Portalfelder enthält.
Diagnostik - Leberbiopsie
Reale Häufigkeit der Durchführung
Diagnostik - Leberbiopsie
88,3
100,0
4,9
11,3
58,9
0 20 40 60 80 100 120
Viruslastbestimmung
Genotypisierung
Augenuntersuchung
Sonographie
Histologie
Patienten (%)
Daten aus online-AWB, N = 326
Evolution der Hepatitis C-Therapie
0
10
20
30
40
50
60
70
IFN IFN + RBV Peg-IFN + RBV
Pro
zen
t
1990 2004
Heilungschancen früher und heute
Indikationsstellung
HCV-Therapie allgemein
Eine Hepatitis C-Therapie mit PEG-IFN-α-2a ist indiziert bei
erwachsenen Patienten mit chronischer Hepatitis C, deren Serum
HCV-RNA-positiv ist, einschließlich Patienten mit
- normalen Transaminasen
- kompensierter Leberzirrhose
- eingeschränkter Nierenfunktion
- stabiler HIV-Begleitinfektion
Fachinformation Pegasys Juni 2007
Aktueller Stand der Therapie
Pegyliertes Interferon-α
1x/Woche
Ribavirin
Genotyp- und gewichtsadaptiert
800 – 1200 mg / die
Vom „Natur“ IFN zum pegylierten IFN
Zeuzem S. et al., Seminars in Liver Disease / Volume 23, Supplement 1, 2003
PegInterferon alfa 2a PegInterferon alfa 2b
Mittlere PegIntron-Konzentration inWoche 1 (solide) und Woche 4 (gestrichelt)
Mittlere Pegasys-Konzentration inWoche 1 (solide) und Woche 4 (gestrichelt)
[n
g/m
L]
[p
g/m
L]
Wirkspiegel
Ribavirin
Wirkungen
• Virustatikum, Antimetabolit
• Guanin-Nukleosidanalogon
• Hemmt virale Polymerase und führt während der Nukleinsäuresynthese zum Kettenabbruch
• Beeinflusst das Cytokinprofil und damit die Aktivität der Killerzellen
• Nur in Kombination mit Interferon wirksam !!!
Grundsätzliches zur Hepatitis C Standardtherapie
Therapiestart Peg IFN + RBV
Ausgangs - HCV RNA Bestimmung
Woche 12: HCV RNA Bestimmung < 2 log Stufennegativ =EVR (early virological response) Stopp
Woche 24: HCV RNA Bestimmung
Woche 48: HCV RNA Bestimmung
Woche 4: HCV RNA Bestimmungnegativ =RVR (rapid virological response)
Erfolgskontrolle: HCV RNA Bestimmung Woche 24 nach EOT: negativ = SVR (sustained virologicalresponse)
Therapie Ende Genotyp 2 (3)
Therapie Ende Genotyp 1 (4)
negativ =EOT (end oftreatmant)
Erfolgskontrollen während der Therapie
NIDDK. Chronic hepatitis C: current disease management.
Diagnostik
Responseverhalten
Therapierfolgsaussicht
Je rascher und länger die HCV RNA- Negativität im Behandlungsverlauf erreicht ist, desto sicherer ist der Therapieerfolg !
Therapieerfolg
0
1
2
3
4
5
6
7
0 4 12 24 36 48 60 72
Wochen
log
HC
V R
NA
Nachweisgrenze < 10 IU/ml
Virusfreie Zeit
Virusfreie Zeit
Virusfreie Zeit
Prädiktor: Virusfreie Zeit unter Therapie
Therapieoptimierung Genotyp 1
60%Standard
30%Verlängerung
10%Verkürzung
Viruslast bei Therapiestart < 800.000 IU/ml
Zirrhose diagnostisch ausgeschlossen
Keine Ribavirin-Dosisreduktion
HCV-RNA < 10-30 IU/ml nach Woche 4 (TaqMan, TMA)
Voraussetzungen:
Berg, Roche Hepatitis Tag 2006
Standard: 48 Wochen
Jensen D, et al., Hepatology, Vol. 43, No.5, 2006
Therapieverkürzung
0
20
40
60
SV
R (
%)
Schnell-Ansprecher*
88% 91%
80
23%
44%
100
Nicht Schnell-Ansprecher
Therapiedauer 24 Wochen
Therapiedauer 48 Wochen
* Schnell-Ansprecher = HCV-RNA < 50 IU/ml nach Woche 4 Baseline HCV-RNA < 800,000 IU/ml fixe Dosis PEGInf = 180 μg / Woche
Heilungsraten bei Schnell-Ansprechern nach Woche 24 und
48 vergleichbar.
GT1 Schnell-Ansprecher*
Extended Treatment Duration for Hepatitis C Virus Type 1:Comparing 48 versus 72 Weeks of Peginterferon-Alfa-2 plusRibavirin
Berg et al.; Gastroenterology, Volume 130, No.4, Pages 1086-1097 (2006)
Zur Erzielung hoher SVR- und geringst möglicher Relapsraten bietensich für Patienten ohne RVR verlängerte Therapiezyklen an:Multizentrische prospektive offene randomisierte Studie zur Überprüfung des Einflusses einerTherapieverlängerung auf SVR,Relapsrate und Verträglichkeit bei GT-1 Patienten
Was ist mit Patienten ohne RVR?
nach Expertenmeinung ca. 30% ???
Wie sind die Erfahrungen mit Suchtpatienten ?
• Bisher wenige Daten aus klinischen Studien
• Häufig Ausschluss aus Studien
• Warum ?
Besonderheiten bei Drogenabhängigen
• Hohe Komorbidität• „Suchtpersönlichkeiten“• Fragliche Therapietreue• Zusätzliche Schädigungen
(Alkohol, illegale Drogen, Medikamente)• Koinfektion mit z.B. HIV• Re-Infektionsgefahr
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Jowett et al. 2001 Backmund et al.2001
Sylvestre et al. 2004 van Thiel et al. 2003
%
Therapiestudien mit ivDU (SVR)
18/50 18/50
21/76 40/120
29
54
29
66
0102030405060708090
100
sustained virologicalresponse (SVR)
Genotyp 1
sustained virologicalresponse (SVR)Genotyp non-1
% P
ati
en
ten
Kontrolle (n=308) ivDU (n=98)
Therapieerfolg bei Patienten mit iv-Drogengebrauch
Robaeys et al. Europ. J Gastroenterology & Hepatlogy 2006, 18:159-166 Robaeys et al. Europ. J Gastroenterology & Hepatlogy 2006, 18:159-166
Therapieerfolg bei methadonsubstituierten Patienten
Mauss et al. Hepatology 2004;40(1):120- 4Mauss et al. Hepatology 2004;40(1):120- 4
HCV-Therapie bei opiatsubstituierten Patienten
• Große Chance auf Virusfreiheit• Vermeidung von Folgeerkrankungen wie Leberzirrhose und
Leberkrebs • Verbesserung des persönlichen Gesundheitsempfinden• Reduktion des Transmissionsrisikos• Enges Arzt-Patient-Verhältnis unter Subsitutionstherapie fördert die
Compliance und ermöglicht ein optimales Nebenwirkungs-management.
• Erfolgreiche Hepatitis C-Therapie führt zu Steigerung der Patientenmotivation die Drogensucht zu überwinden.
Gründe
Welche Patienten?
• Patienten mit stabilem Verhältnis zu Arzt und Drogenberater
• Patienten mit Eigenmotivation nach Aufklärung
• Patienten mit stabiler HIV-Begleitinfektion
• Auch Patienten mit Angststörung, Depression und schizophrenen Psychosen
Therapieentscheidung
Therapieentscheidung
• Während Substitution oder stationär während der frühen
Entwöhnung
• Frühestens 6 Monate nach Abstinenzbeginn
• Nach sozialer Stabilisierung
• Nach Sistieren des Beikonsums und stabiler Betreuungssituation
• Nach psychopharmakologischer Einstellung der psychiatrischen
Komorbidität
Wann?
Historie der Empfehlungen
• Suchtkranke sind von der Behandlung ausgeschlossen (NIH 1997; EASL 1999)
• Drogenabhängige sollen therapiert werden (NIH 2002)
• Therapie während Substitution empfohlen (Expertenrunde RKI & BMGS 9/2003)
• Therapie nach 6 Monaten Karenz als „kann“-Empfehlung (DGVS 2004)
• i.v.-Drogenabusus ist keine absolute Kontraindikation (EASL 2005)
• 2006: Neuer Konsens der DGS wird im Rahmen des 7. Interdisziplinären Kongresses für Suchtmedizin verabschiedet
• Heroinabhängige sind Hochrisikogruppe– Höchste Neuinfektionsrate– Hauptinfektionsquelle– Sehr hohe Prävalenz
• Hepatitis C – die größte Bedrohung für Heroinabhängige- kann behandelt werden, am besten im Setting der Substitution
Gewinnung von Daten sehr wichtig !!!
Take home
HCV und Sucht
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