Gesundheitliche Effekte des digitalen Wandels am Arbeitsplatz Ergebnisse einer repräsentativen Längsschnittanalyse der Universität St. Gallen im Auftrag der BARMER Krankenkasse
Überblick über die Studie
Inhalt
Überblick über die Studie 4
Der digitale Wandel als Chance 20
Der digitale Wandel als Risikofaktor 24
Den digitalen Wandel gesund gestalten – Abgrenzungsfähigkeit und Selbstmanagement 30 – Führung und Stärkennutzung 36 – Faires und inklusives Arbeitsumfeld 40
Zusammenfassung 44
Impressum 47
3
Überblick über die Studie Überblick über die Studie
Effekte der DigitalisierungEin hochaktuelles Thema mit vielen offenen Fragen
Informationen zur Studie: Digitalisierung und GesundheitErste bevölkerungsrepräsentative Längsschnittstudie zum Thema
• Der digitale Wandel der Arbeitswelt ist in aller Munde. Schlagzeilen über veränderte Arbeitssituationen und potenzielle Gesundheitseffekte dominieren die Medienlandschaft.
• Gerade im deutschen Sprachraum werden hierbei oft die Risiken (z. B. Angst vor Arbeitsplatzverlust) und die damit verbundenen Gesundheitsgefährdungen (z. B. Stress und emotionale Erschöpfung) betont.
• Trotz der hohen gesellschaftlichen Bedeutung und medialen Aufmerksamkeit gibt es nur wenige empirische Studien, die die Gesundheitseffekte des digitalen Wandels analysieren.
• Die BARMER Krankenkasse beauftragte das Center for Disability and Integration der Universität St. Gallen (CDI-HSG), wissenschaftliche Evidenz zu den gesundheitlichen Effekten der Digitalisierung zu generieren.
• Das Projekt kombiniert die Stärken einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage mit einem Untersuchungs-design im Längsschnitt über 3 Jahre (2016–2018).
• Die Ergebnisse der drei Studien (N2016 = 8.019, N2017 = 8.004, N2018 = 8.046) werden zusammengeführt.
• Die einzelnen Datensätze sind repräsentativ für die 33,3 Millionen internetnutzenden Berufstätigen in Deutschland.
• Durch die Verbindung der drei Studien können Aus- und Wechselwirkungen verschiedener Aspekte des technologischen Wandels auf die Gesundheit der Beschäftigten analysiert werden.
Information zur Studie: Digitalisierung und GesundheitErste bevölkerungsrepräsentative Längsschnittstudie zum Thema(S.7)
Studie III:Digitalisierung und Gesundheit
Studie II:Lebenszufriedenheit und Gesundheit
Studie I:Digitalisierung und Gesundheit
2016
2017
2018
Bevölkerungsrepräsentative Daten: volljährige Beschäftigte mit Internetzugang in Deutschland (n = 8.000)Longitudinales Studiendesign (3 Zeitpunkte)Untersuchung von Wirkungen
•
••
4 5
Überblick über die Studie Überblick über die Studie
13 %
6,3 %
10,2 %
82,9 %
39,9 %
87,0 %
7,9 %
33,1 %
8,4 %
48,6 %
86,6 %
25,7 %
9,1 %
10,2 %
10,9 %
1,3 %
6,2 %
Ledig
bis 4000 €bis 3000 €bis 2000 €bis 1000 €
Ja Nein
Familienstand
Arbeitsvertrag
Behinderten-status
Einkommen1)
Verheiratet VerwitwetGeschieden
Unbefristet Befristet Andere
über 4000 €
Migrations-hintergrund 1)
NeinElternJa
Überblick über die letzte BefragungWeitere Informationen über die Studienteilnehmer(S.10)
486
1.146
4.380
8.046
297
1.778
3.666
3.212
2.338 2.134 650
50–59 Jahre40–49 Jahre30–39 Jahre18–29 Jahre
Teilnehmende
Geschlecht
Alter
Männlich Weiblich
60+ Jahre
BeruflicheStellung
Selb
stst
ändi
ge
1.538 1.032 575 449 342
Frei
beru
fler
Einf
ache
/mitt
lere
Ange
stel
lte
Qual
ifizie
rte
Ange
stel
lte
Leite
nde
Ange
stel
lte
Beam
te
Arbe
iter
Fach
arbe
iter
Überblick über die letzte BefragungRepräsentativ für die internetnutzende deutsche Erwerbsbevölkerung(S.8)
• Knapp die Hälfte der Teilnehmenden ist verheiratet oder lebt in eingetragener Partnerschaft.
• Vier Fünftel verfügen über einen festen Arbeitsvertrag.
• Ein Drittel der Befragten verdient zwischen 1.000 Euro und 2.000 Euro netto. Ein Viertel verdient zwischen 2.000 Euro und 3.000 Euro n etto im Monat.
• Etwas weniger als 14 % der Befragten haben einen Migrationshintergrund.
• 13 % der Befragten haben eine Behinderung.
• Die Abbildung zeigt die demographische Zusammensetzung der Studienteilnehmer im Jahr 2018.
• In dieser dritten Welle der Studie wurden 8.046 Beschäftigte ab 18 Jahren zu Digitalisierung und Gesundheit am Arbeitsplatz befragt.
• Dabei ist die demographische Komposition ähnlich wie im Jahr 2016 und 2017.
• Die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten sind Angestellte.
Demographische Charakteristika der StudienteilnehmerRepräsentativ für die internetnutzende, deutsche Erwerbsbevölkerung
Demographische Charakteristika der StudienteilnehmerRepräsentativ für die internetnutzende, deutsche Erwerbsbevölkerung
1) Abweichung von 100 % entspricht (nach Rundungskorrektur) Anteil der Enthaltungen: Arbeitsvertrag (13,9%), Migration (1.8 %)
6 7
Überblick über die Studie Überblick über die Studie
• Die Beschäftigten in den jeweiligen Branchen und Berufen nehmen den digitalen Wandel unterschiedlich stark wahr.
• Um Vergleiche ziehen zu können, werden ein Digitalisierungsscore, die virtuelle Kommunikation im Team und mit der Führungskraft sowie die zeitliche und örtliche Flexibilität am Arbeitsplatz nach Berufsgruppen aufgeschlüsselt.
• Es zeigt sich, dass:
• der digitale Wandel alle Berufsgruppen erfasst hat.
• das Ausmaß jedoch unterschiedlich hoch ist.
• IT- und naturwissenschaftliche Dienstleistungsberufe sowie Berufe in der Unternehmensführung und -organisation am stärksten vom digitalen Wandel betroffen sind.
• Beschäftigte in diesen Berufsgruppen auch überdurchschnittlich häufig virtuell kommunizieren.
• sie auch eher über Flexibilität hinsichtlich Arbeitszeit und -ort verfügen als Beschäftigte anderer Berufe.
Digitalisierung und BerufsgruppenAlle Berufe von Digitalisierung betroffen, jedoch Unterschiede hinsichtlich der Flexibilität
• Ein Ziel der Studie besteht darin, den digitalen Wandel am Arbeitsplatz aus Sicht der Beschäftigten abzubilden und zu analysieren.
• Die Operationalisierung und Messung des digitalen Wandels erfolgt entlang der Hauptdimensionen(1) Arbeits- und Wissensinhalte, (2) Arbeitskontext und (3) soziales Umfeld.
• Im Bereich der Arbeits- und Wissensinhalte werden sechs unterschiedliche Dimensionen berücksichtigt: Vielfalt und Komplexität der Inhalte, Informationsmenge, Kommunikationsrauschen, technologische Anforderungen, technologischer Anpassungsdruck und Interdependenz.
• Im Bereich des Arbeitskontexts wird unter anderem der Grad der örtlichen und zeitlichen Flexibilität der Beschäftigten erhoben.
• Das soziale Umfeld beschreibt unter anderem das Ausmaß von virtueller Führung und Teamarbeit im Arbeitsalltag der Beschäftigten.
Veränderung der ArbeitsweltArbeitsplätze verändern sich – über alle Branchen hinweg
0 %
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
70 %
80 %
IT und naturwissensch
aftl. D
L1)
Unternehmensführung und -o
rganisatio
n
Fertigungstechnik
Bau und Ausbau2
)
Fertigung
Unternehmensbezo
gene DL
Gesundheit
Sicherheit
Soziale und kultu
relle DL
Land-, Forst-
und Gartenbau
Lebensmittel-
und Gastgewerbe
Vertrieb, H
andel und Einkauf
Verkehr und Lo
gistik
Reinigung
Digitalisierungsscore Virtuelle Führung und Teamarbeit Flexible Arbeitszeiten Flexible Arbeitsorte
Digitalisierung und BerufsgruppenAlle Berufe von Digitalisierung betroffen & Unterschiede bezüglich Flexibilität(S.14)
Veränderung der ArbeitsweltArbeitsplätze verändern sich – über alle Branchen hinweg
Techn. Anforderungen
Digitalisierung
Komplexität der Inhalte
Informations-menge
Kommunika-tionsrauschen
Interdependenz
Techn. Anpassungs-
druck
„Meine Arbeit beinhaltet das Lösen von Problemen, die keine eindeutig richtige
Lösung haben.“
Arbeitskontext (flexible Arbeitsorte und -zeiten)
Soziales Umfeld (virtuelle Führung und Teamarbeit)
„Meine Stelle setzt voraus, dass ich
meine Arbeit erledige, bevor andere ihre Arbeit erledigen
können.“
Arbeitswelt 4.0„Technologie am
Arbeitsplatz zwingt mich, deutlich
schneller zu arbeiten.“
„In meiner Arbeit muss ich den Überblick über
eine Vielzahl von Informationen
behalten.“
„Ich muss viele E-Mails beantworten,
die zwar mit dem Geschäft zu tun
haben, aber nicht direkt mit dem, was ich erledigen muss.“
„Meine Arbeit verlangt eine Vielzahl von technologischen Kompetenzen.“
1)DL = Dienstleistung. 2)Ohne Berufe im Maschinenbau
8 9
Überblick über die Studie Überblick über die Studie
• Interessant ist eine Aufschlüsselung der Wahrnehmung nach Altersgruppen, da häufig unterstellt wird, dass jüngere Beschäftigte mit der Digitalisierung besser zurechtkommen als ältere Beschäftigte.
• Technologischer Optimismus beschreibt die Einstellung, dass Technologien einen positiven Beitrag für das eigene Leben leisten. Alle Altersgruppen stimmen dem eher zu, auch ältere Beschäftigte weisen hier kaum geringere Werte auf (3,4 bis 3,6).
• Ebenfalls eher positiv schätzen die Befragten ihre eigenen technologischen Fähigkeiten und ihren Willen, sich neue Fähigkeiten anzueignen, ein. Mit zunehmendem Alter sinkt diese Einschätzung nur gering.
• Die berichtete emotionale Erschöpfung nimmt mit zunehmendem Alter ab. Die Gruppe der 18 bis 29-Jährigen fühlt sich am stärksten emotional erschöpft, die der über 60-Jährigen am wenigsten.
• Mit zunehmendem Alter sinkt darüber hinaus die Sorge vor Arbeitsplatzverlust durch neue Technologien.
• Insgesamt sind die Unterschiede zwischen den Altersgruppen vergleichsweise klein.
Digitalisierung und AltersgruppenNur geringe Unterschiede zwischen den Altersgruppen
• Die Studie gibt Auskunft darüber, wie die deutsche Erwerbsbevölkerung den digitalen Wandel empfindet.
• Hierfür werden unter anderem der technologische Optimismus, die technologische Unsicherheit sowie gesundheitliche Beschwerden der Beschäftigten erfasst.
• Es zeigt sich, dass die Beschäftigten dem digitalen Wandel grundsätzlich optimistisch gegenüberstehen, sich aber auch teilweise gezwungen fühlen, gewohnte Arbeitsprozesse anzupassen.
• Die technologische Unsicherheit, zum Beispiel die wahrgenommene Bedrohung des Arbeitsplatzes durch Technolo gien, ist tendenziell eher gering ausgeprägt.
• Gesundheitliche Beschwerden, wie eine wahrgenommene emotionale Belastung und Schlafprobleme, sind in einem hohen Maß zu beobachten.
Digitalisierung am ArbeitsplatzAusgewählte Befunde
3,6 3,6 3,5 3,4 3,43,5 3,4 3,3 3,1 3,1
2,1 2 1,9 1,8 1,7
3 2,9 2,82,6
2,4
1
2
3
4
5hoch
gering 30–39 Jahre 40–49 Jahre 50–59 Jahre 60+ Jahre
Technologischer Optimismus Technologische FähigkeitenTechnologische Unsicherheit Emotionale Erschöpfung
Digitalisierung und AltersgruppenNur geinge Unterschiede zwischen den Altersgruppen(S.18)
18–29 Jahre
• Technologischer Optimismus 51 % der Befragten sind der Meinung, dass neue Technologien zu einer höheren Lebensqualität beitragen. 39 % sind teilweise dieser Ansicht. 9 % sind nicht dieser Meinung.
• Technologischer Wandel 25 % der Befragten berichten, dass die Technologien am Arbeitsplatz sie zwingen, ihre Arbeits-gewohnheiten anzupassen. 34 % sind teilweise dieser Ansicht. 41 % sind nicht dieser Meinung.
• Technologische Unsicherheit 9 % der Befragten sind der Meinung, dass ihre Arbeitsstelle durch neue Technologien bedroht ist. 15 % sind teilweise dieser Ansicht. 76 % sind nicht dieser Meinung.
• Emotionale Erschöpfung 36 % der Befragten fühlen sich müde, wenn sie morgens aufstehen und den nächsten Arbeitstag vor sich haben. 32 % sind teilweise dieser Ansicht. 32 % sind nicht dieser Meinung.
• Schlafprobleme 30 % der Befragten haben mindestens an 8 Tagen im Monat Schlafprobleme. Bei 70 % ist dies an weniger als 8 Tagen im Monat der Fall.
10 11
Überblick über die Studie Überblick über die Studie
• Im bundesweiten Durchschnitt fühlen sich 14 % der Beschäftigten digital überlastet.
• Die repräsentativen Daten für Deutschland ermöglichen auch Vergleiche zwischen den Bundesländern.
• Es bestehen Unterschiede im Ausmaß der digitalen Überlastung in den einzelnen Bundesländern. Beschäftigte im Norden Deutschlands nehmen tendenziell weniger digitale Überlastung wahr als Beschäftigte in südlichen Bundesländern.
• Zudem sind Unterschiede zwischen Stadtstaaten und Flächenbundesländern zu beobachten. In Stadtstaaten ist die wahrgenommene digitale Überlastung ausgeprägter.
Bundesländer im VergleichDigitalisierung: Digitale Überlastung
• Es wird untersucht, ob verschiedene Aspekte der Digitalisierung von Frauen und Männern unterschiedlichstark wahrgenommen werden.
• Männer schätzen ihre eigenen technologischen Fähigkeiten leicht höher ein. Zudem fühlen sie sich tendenziell weniger emotional erschöpft.
• Frauen fühlen sich dagegen an ihrem Arbeitsplatz weniger stark durch neue Technologien bedroht.
• Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind in Summe eher gering.
Digitalisierung und GeschlechtNur geringe Unterschiede zwischen Männern und Frauen
3,6 3,53,53,1
2 1,8
2,7 2,9
1
2
3
4
5
Männer Frauen
Technologischer Optimismus Technologische FähigkeitenTechnologische Unsicherheit Emotionale Erschöpfung
Digitalisierung und GeschlechtNur geringe Unterschiede zwischen Männern und Frauen (S.20)
hoch
gering
14
11,419,2
7,9
14,811,514,7
14,5
14,5
12,414,2
14,9
19,816,5
16,2
16,3
12,9
Höher
Bundesweiter Durchschnitt
Niedriger
Anteil mit Zustimmung zur digitalen Überlastung (%). Vergleich nach Bundesländern/Übersicht
12 13
Überblick über die Studie Überblick über die Studie
• Durchschnittlich 43 % der Befragten geben an, dass sie auch in ihrer Freizeit Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) für berufliche Zwecke nutzen.
• Auch hier weisen die Stadtstaaten Berlin und Hamburg höhere Werte auf.Ansonsten sind die Unterschiede in Deutschland eher gering ausgeprägt.
Bundesländer im VergleichDigitalisierung: IKT-Nutzung zu Arbeitszwecken in der Freizeit
43,6
40,949,6
42,0
46,139,742,1
53,4
36,3
42,944,9
41,3
47,245,8
43,2
43,6
40,4
Höher
Bundesweiter Durchschnitt
Niedriger
Anteil der Bevölkerung mit IKT-Nutzung zu Arbeitszwecken in der Freizeit (%). Vergleich nach Bundesländern/Übersicht
• Im bundesweiten Durchschnitt können 28 % der Beschäftigten regelmäßig von zu Hause bzw. mobil arbeiten.
• Besonders hohe Werte zeigen sich in den Stadtstaaten sowie im Süden Deutschlands.
Bundesländer im VergleichDigitalisierung: Home-Office
28,4
Höher
Bundesweiter Durchschnitt
Niedriger
28,137,6
25,8
25,320,127
32,4
36,7
22,316,9
24,4
32,430
32
32,1
25,2
Anteil der Bevölkerung mit Möglichkeit zum Home-Office (%). Vergleich nach Bundesländern / Übersicht
14 15
Überblick über die Studie Überblick über die Studie
• Der Anteil der Beschäftigten, die mit ihrem Leben zufrieden sind, ist sehr hoch und liegt im Durchschnitt bei 85 %.
• Die Beschäftigten sind damit bundesweit als zufrieden zu bewerten. Besonders hohe Werte mit über 90 % weisen die Befragten in Hamburg und in Mecklenburg-Vorpommern auf.
Bundesländer im VergleichGesundheit: Lebenszufriedenheit
85
80,490,3
91,6
85,484,286,2
86,7
85
8785,4
78,9
86,985,1
83,6
87,2
85
Höher
Bundesweiter Durchschnitt
Niedriger
Zustimmungsanteil Lebenszufriedenheit (%). Vergleich nach Bundesländern/Übersicht
• Der Anteil der Beschäftigten, die sich emotional erschöpft fühlen, liegt bundesweit im Durchschnitt bei rund 24 %.
• Es sind keine einheitlichen geographischen Muster in den Unterschieden erkennbar.
Bundesländer im VergleichGesundheit: emotionale Erschöpfung
23,6
24,627,7
21,5
25,612,525,8
22,1
28,9
21,524,5
26,4
20,924,9
24,1
25,1
23,7
Höher
Bundesweiter Durchschnitt
Niedriger
Zustimmungsanteil emotionale Erschöpfung (%). Vergleich nach Bundesländern/Übersicht
16 17
Überblick über die Studie Überblick über die Studie
• Exemplarisch lassen sich Unterschiede in der wahrgenommenen Digitalisierung zwischen Stadtstaaten und Flächenbundesländern aufzeigen. Als Beispiele werden die geographisch nahen Bundesländer Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern herangezogen.
• Es zeigt sich, dass die Beschäftigten in Hamburg im Vergleich zu denen in Mecklenburg-Vorpommern in allen Bereichen ein höheres Maß an digitalem Wandel empfinden.
• So liegen in Hamburg die wahrgenommene digitale Überlastung, der Anteil der Beschäftigten, die berufliche IKT-Nutzung in der Freizeit betreiben, sowie die daraus resultierenden Stunden der Grenzüberschreitung (Arbeiten in der Freizeit) über dem bundesweiten Durchschnitt. Zudem ist auch der Anteil der Beschäftigten mit flexiblen Arbeitsorten, wie zum Beispiel Home-Office, höher.
• Mecklenburg-Vorpommern zeigt in allen Bereichen geringere Werte im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt.
• In Stadtstaaten wird der digitale Wandel tendenziell stärker empfunden als in Flächenbundesländern.
Bundesländer im Vergleich zu DeutschlandMecklenburg-Vorpommern verzeichnet geringeren, Hamburg höheren digitalen Einfluss
Bundesländer im Vergleich zu DeutschlandMecklenburg-Vorpommern geringeren, Hamburg höheren digitalen Einfluss
50 %
19 %
3,5 h
38 %
Hamburg
44 %
14 %
3 h
28 %
Deutschland IKT-Nutzung(Freizeit)
DigitaleÜberlastung
Boundary Crossing
Home-Office-Möglichkeit
42 %
7,9 %
2,7 h
26 %
Mecklenburg-Vorpommern IKT-Nutzung(Freizeit)
DigitaleÜberlastung
Boundary Crossing
Home-Office-Möglichkeit
–2%-P.
–6,1%-P.
–0,3 h
–2%-P.
+6%-P.
+5%-P.
+0,5 h
+10%-P.
• Unterschiede zwischen Stadtstaaten und Flächenbundesländern sind auch hinsichtlich der berichteten Gesundheit zu erkennen.
• So zeigt sich, dass Beschäftigte in Hamburg eine höhere emotionale Erschöpfung und mehr Schlafprobleme aufweisen. Dennoch fällt ihre Lebenszufriedenheit höher aus und sie empfinden sich subjektiv als jünger, als die Befragten im Bundesdurchschnitt.
• In Mecklenburg-Vorpommern ist die Lebenszufriedenheit ebenfalls erhöht. Anders als in Hamburg ist das relative subjektive Alter jedoch höher als im bundesweiten Durchschnitt. Damit fühlen sich die Befragten zwar immer noch jünger, als sie tatsächlich sind, allerdings weniger stark als im Bundesdurchschnitt. Die emotionale Erschöpfung und Schlafprobleme sind leicht reduziert.
• Stadtstaaten und Flächenbundesländer unterscheiden sich hinsichtlich der berichteten emotionalen Erschöpfung und der Schlafprobleme, jedoch sind die Unterschiede nicht sehr groß.
Bundesländer im direkten Vergleich zu DeutschlandHamburg zeigt geringere, Mecklenburg-Vorpommern höhere wahrgenommene Gesundheit
Bundesländer im Vergleich zu DeutschlandHamburg geringere, Mecklenburg-Vorpommern höhere wahrgenommene Gesundheit
22 %
15 %
92 %
–2,5 Jahre
Mecklenburg-Vorpommern
24 %
16 %
85 %
–2,9 Jahre
Deutschland EmotionaleErschöpfung
Schlaf-probleme
Lebens-zufriedenheit
Rel. subj.Alter
+7%-P.
28 %
20 %
90 %
–4,3 Jahre
Hamburg EmotionaleErschöpfung
Schlaf-probleme
Lebens-zufriedenheit
Rel. subj.Alter
+4%-P.
+4%-P.
+5%-P.
–1,4 Jahre
–2%-P.
–1%-P.
+0,4 Jahre.
18 19
Überblick über die Studie Überblick über die StudieDer digitale Wandel als Chance
• Flexibilisierung ist ein zentraler Aspekt des digitalen Wandels in der Arbeitswelt.
• Durch moderne Technik ist es für viele Beschäftigte möglich, ihre Arbeit von fast jedem Ort und zu jeder beliebigen Zeit auszuüben.
• Über die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland arbeitet noch mit fixen Arbeitszeiten, also ohne Arbeitszeitflexibilität. Fast ein Drittel verfügt über bedingt flexible Arbeitszeiten, wie zum Beispiel Gleitzeit oder Kernarbeitszeiten. Nur 13 % der Beschäftigten können sich ihre Arbeitszeit komplett flexibel einteilen.
• Arbeitsortflexibilität ist noch weniger präsent. Nur 28 % haben die Möglichkeit, Home-Office oder mobile Arbeit zu praktizieren.
• Die Ergebnisse zeigen, dass Flexibilität zwar bereits von vielen genutzt wird, die Mehrheit der Beschäftigten aber noch keinen Zugriff auf flexible Arbeitszeiten oder mobiles Arbeiten hat.
Flexibilisierung der ArbeitsweltNur wenige Beschäftigte haben volle Flexibilität
71,6 %
28,4 %
0 %
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
70 %
80 %
90 %
100 %
Keine Flexibilität Flexibilität (Home-Office)
Arbeitsort
54,5 %
32,7 %
12,9 %
0 %
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
70 %
80 %
90 %
100 %
Keine Flexibilität Bedingte Flexibilität Volle Flexibilität
Arbeitszeit
Flexibilisierung der ArbeitsweltNur wenige Beschäftigte haben volle Flexibilität(S.37)
Flexibilität am Arbeitsplatz bei den Beschäftigten in Deutschland
Der digitale Wandel als Chance
• Die Flexibilisierung der Arbeitszeit stellt für die Beschäftigten eine große Chance dar.
• Mittels der Daten aus allen drei Befragungen kann gezeigt werden, wie eine stärkere Flexibilisierung der Arbeitszeit von einem Jahr auf das nächste auf die Beschäftigten wirkt.
• Beschäftigte, die zwischen zwei Befragungszeitpunkten in ein flexibleres Arbeitszeitmodell wechseln,berichten in der Folge über eine Verbesserung ihrer Gesundheit.
• Dementsprechend kann eine freiere Einteilung der Arbeitszeit durch die Beschäftigten selbst maßgeblich zu deren Gesundheit und Wohlbefinden beitragen.
Flexibilisierung der ArbeitszeitEin Wechsel in flexiblere Modelle wirkt positiv auf Gesundheitswahrnehmung
Flexibilisierung der ArbeitszeitWechsel in flexiblere Modelle wirkt positiv auf Gesundheitswahrnehmung
Stress
Emotionale Erschöpfung
Gesundheit
Arbeitsfähigkeit
2016
2017
2018
5,1 %
4,6 %
Beschäftigte, die zwischen zwei Befragungszeitpunkten in ein flexibleres Arbeitszeitmodell wechseln, zeigen in der Folge eine Verbesserung von Gesundheitsindikatoren.
Anteil der Beschäftigten mit Wechsel in ein flexibleres Arbeitszeitmodell 1)
1) %-Anteil in Bezug auf die Gesamtpopulation des vorherigen Befragungszeitpunkts (Analysemethode: Paneldatenmodell mit festen Effekten)
20 21
Überblick über die Studie Überblick über die StudieDer digitale Wandel als Chance
• Im Rahmen der Studie wird ferner analysiert, wie Arbeitsortflexibilität auf die Beschäftigten wirkt.
• Um möglichst kausale Effekte zu identifizieren, kommt ein statistisches Verfahren zum Einsatz, bei welchem Beschäftigte anhand zahlreicher gleicher Merkmale zu „virtuellen Zwillingen“ gepaart werden.
• Dabei sind sich solche „virtuellen Zwillinge“ in mehr als 20 Kriterien sehr ähnlich, unterscheiden sich aber hinsichtlich genau einer Untersuchungsvariablen, der Nutzung bzw. Nichtnutzung von Telearbeit.
• Eine Analyse von 400 solchen Paaren zeigt, dass Telearbeiter unter weniger Schlafproblemen leiden als ihre „Zwillinge“, die keine Telearbeit nutzen.
• Insofern kann davon ausgegangen werden, dass auch die Flexibilisierung des Arbeitsortes positive gesundheitliche Effekte bewirkt.
Flexibilisierung des ArbeitsortesTelearbeiter haben weniger Schlafprobleme als Nicht-Telearbeiter
Flexibilisierung des ArbeitsortesTelearbeiter haben weniger Schlafprobleme als Nicht-Telearbeiter
Modell zu allen Zeitpunkten replizierbar (2016–2018) Matching-Dimensionen
Demographische AngabenBeschäftigungskontextBerufsgruppePsychische und physische GesundheitGrenzziehungsverhalten, etc.
Zwischenergebnis
Ca. 400 gleiche Paare („virtuelle Zwillinge“) �(in sehr vielem gleich – außer Teleworking)
Ergebnis
Telearbeiter berichten über weniger Schlafprobleme
�im Vergleich zu Personen, deren Arbeitgeber �keine Option zur Telearbeit bieten.
Gesamtbevölkerung
Unterschiede in der Schlafqualität?
Matching-Prozess anhand von
ca. 20 Kriterien
Forschungsmodell1): Propensity Score Matching
Telearbeiter Nicht-Telearbeiter
1) Brzykcy, A. Z. & Boehm, S. A. (2018). How do teleworkers sleep? Evidence from a propensity score model. Working Paper der Universität St. Gallen.
Der digitale Wandel als Chance
• Der vermutlich positive Effekt der Arbeitsortflexibilität lässt sich mittels weiterer Analysen erhärten.
• So untersucht die Studie, wie die Flexibilisierung des Arbeitsortes insbesondere im Zusammenspiel mit den Arbeitsanforderungen auf die Zufriedenheit der Beschäftigten wirkt.
• Bei hohen Arbeitsanforderungen ist die Arbeitszufriedenheit geringer als bei niedrigen Arbeitsanforderungen.
• Flexible Arbeitsorte haben einen dämpfenden Einfluss auf den negativen Zusammenhang zwischen Arbeitsanforderungen und Arbeitszufriedenheit.
• So haben bei hohen Arbeitsanforderungen Beschäftigte mit Arbeitsortflexibilität im Durchschnitt eine um 22 % höhere Arbeitszufriedenheit als diejenigen ohne.
• Flexible Arbeitsorte helfen somit, auch bei hohen Arbeitsanforderungen zufrieden zu bleiben.
Flexibilisierung des ArbeitsortesFlexibilisierung von Arbeit beeinflusst die Zufriedenheit positiv
4,1 %
2,7 %
4 %
3,3 %
1
2
3
4
5
Geringe Arbeitsanforderungen Hohe Arbeitsanforderungen
Keine Arbeitsortflexibilität Arbeitsortflexibilität
+22 %
Flexibilisierung der ArbeitsortesFlexibilisierung von Arbeit beeinflusst die Zufriedenheit positiv(S.43)
hohe Arbeits-zufriedenheit
geringe Arbeits-zufriedenheit
22 23
Überblick über die Studie Überblick über die StudieDer digitale Wandel als Risikofaktor
• Ein großes gesundheitliches Risiko des digitalen Wandels besteht aufgrund digitaler Überlastung.
• Digitale Überlastung am Arbeitsplatz ist gekennzeichnet durch:
• ein hohes Maß an zu verarbeitenden Informationen: Beschäftigte fühlen sich durch die permanente Konfrontation mit zu vielen zu verarbeitenden Informationen überlastet.
• ständiges Kommunikationsrauschen: Die Digitalisierung vereinfacht die private und berufliche Kommunikation im Alltag. Dies führt zu einer Ablenkung mittels parallel auftretender Kommunikations-ströme.
• technologischen Anpassungsdruck: Neue Techniken am Arbeitsplatz erfordern die Anpassung gewohnter Arbeitsprozesse. Permanenter Anpassungsdruck führt zu Frustration, Überlastungsgefühlen und Stress.
• Diese Überlastung trägt maßgeblich (ca. 20 %) zur emotionalen Erschöpfung der Beschäftigten bei.
• Beschäftigte sollten vor dieser Überlastung geschützt werden.
• Die Studie zeigt Möglichkeiten, wie der digitalen Überlastung entgegengewirkt werden kann.
Digitale Überlastung und emotionale ErschöpfungDigitale Überlastung erklärt das Maß der emotionalen Erschöpfung zu 20 %
Digitale Überlastung und emotionale ErschöpfungDigitale Überlastung erklärt das Maß der Emotionalen Erschöpfung zu 20%
emotionalen Erschöpfung.
Informationsmenge
Kommunikationsrauschen
Technologischer Anpassungsdruck
erklärt 20 % der
Digitale Überlastung
DigitaleÜberlastung
Emotionale Erschöpfung
DigitaleÜberlastung
Emotionale Erschöpfung
Der digitale Wandel als Risikofaktor
• Ein Vergleich der Altersgruppen zeigt, dass sich jüngere Beschäftigte tendenziell häufiger digital überlastetfühlen als ältere Beschäftigte.
• Auch bei der emotionalen Erschöpfung zeigt sich, dass sich jüngere Beschäftigte wesentlich häufiger erschöpft fühlen als ältere Beschäftigte.
Digitale Überlastung und emotionale ErschöpfungJunge Beschäftigte sind stärker betroffen als ältere Beschäftigte
31,4 %28,1 %
25,1 %
19,5 %
13,2 %
18 % 18,8 %15,4 %
11,8 %
6,8 %
0 %
5 %
10 %
15 %
20 %
25 %
30 %
35 %
18–29 Jahre 30–39 Jahre 40–49 Jahre 50–59 Jahre 60+ Jahre
Emotionale Erschöpfung Digitale Überlastung
Digitale Überlastung und emotionale ErschöpfungJunge Beschäftigte sind stärker betroffen als ältere Beschäftigte(S.48)
Wahrgenommene digitale Überlastung und emotionale Erschöpfung nach Altersgruppen
24 25
Überblick über die Studie Überblick über die StudieDer digitale Wandel als Risikofaktor
• Es lassen sich unterschiedliche Muster im Kommunikationsverhalten von Beschäftigten mit ihrer Führungskraft beobachten.
• Diese lassen sich anhand des Nutzungsgrads bestimmter Kommunikationskanäle (persönliches Gespräch, Telefon, E-Mail, Kurznachrichten, soziales Netzwerk (Intranet), soziales Netzwerk (öffentlich) und Videoanrufe bzw. -konferenzen) in unterschiedliche Gruppen einteilen.
• Das Ergebnis sind insgesamt sechs Kommunikationsgruppen, die sich in Bezug auf den beobachteten Digitalisierungsgrad von gering digital bis hoch digital beschreiben lassen. (Exemplarisch werden die Ergebnisse anhand der drei bedeutsamsten Gruppen aufgezeigt).
Kommunikationsmuster mit der FührungskraftStarke Unterschiede im Kommunikationsverhalten zur Führungskraft
0 %
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
70 %
80 %
90 %
100 %
Gering digital Moderat digital Hoch digital
Kommunikationsmuster
Persönliches Gespräch
Telefon
Kurznachrichten
Soziales Netzwerk (Intranet)
Soziales Netzwerk (öffentlich)
Kommunikationsmuster mit der FührungskraftStarke Unterschiede im Kommunikationsverhalten zur Führungskraft(S.50)
INTRANET
Einblick in drei Kommunikationsmuster (von sechs), Datengrundlage 2016. Analysemethode: latente Klassenanalyse
Der digitale Wandel als Risikofaktor
• Exemplarisch werden drei wichtige Kommunikationsgruppen (gering, moderat und hoch digital) verglichen.
• Tendenziell pflegen Beschäftigte über alle Branchen hinweg eine gering, moderat oder hoch digitale Kommunikation mit ihrer Führungskraft.
• Manche Branchen sind vermehrt in bestimmten Kommunikationsgruppen präsent:
• Beispielsweise zeigt sich, dass Beschäftigte in der Fertigung und in Gesundheitsberufen überdurchschnittlich oft eher gering digital mit ihrer Führungskraft kommunizieren.
• Beschäftigte im Land-, Forst- und Gartenbau, der Fertigungstechnik sowie Verkehr und Logistik sind in moderat digitalen Kommunikationsmustern überrepräsentiert.
• Beschäftigte in Berufen wie der Unternehmensführung und -organisation, Reinigung sowie Bau- und Ausbau weisen im erhöhten Ausmaß eine hoch digitale Kommunikation mit ihrer Führungskraft auf.
Kommunikationsmuster mit der FührungskraftDie Berufsgruppen unterscheiden sich in ihren Kommunikationsmustern
Kommunikationsmuster mit der FührungskraftDie Berufsgruppen unterscheiden sich in ihren Kommunikationsmustern
Gering digital
Fertigung (Herstellung, Verarbeitung)
57,9 % der Beschäftigten
Hoch digital
3,8 % der Beschäftigten
Moderat digital
23,9 % der Beschäftigten
Überrepräsentierte Berufsgruppen in den Mustern1)
Gesundheit
70,1 %
66,8 %
64,3 %
59,5 %
Lebensmittel- und Gastgewerbe
Bau und Ausbau
Fertigungstechnik
Land-, Forst- und Gartenbau 33,6 %
31 %
30,1 %
28,9 %
Verkehr und Logistik
Sicherheit
Unternehmensführung und -organisation
Reinigung
7,4 %
6,3 %
5,8 %
5,2 %
Bau und Ausbau
IT und Naturwissenschaft
INTRANET
1) %-Werte geben den Anteil der Beschäftigten in der jeweiligen Berufsgruppe an, die dem Kommunikationsmuster zuzuordnen sind.
26 27
Überblick über die Studie Überblick über die StudieDer digitale Wandel als Risikofaktor
• Der Digitalisierungsgrad des Kommunikationsverhaltens steht im Zusammenhang mit wichtigen Arbeits- und Gesundheitsfaktoren der Beschäftigten.
• So nutzen Beschäftigte mit einem hoch digitalen Kommunikationsmuster Informations- und Kommunika-tionstechnologien (IKT) zu Arbeitszwecken in ihrer Freizeit während 12,1 Stunden pro Woche. Dieser Wert ist 461 % höher als bei Beschäftigten mit einem gering digitalen Kommunikationsmuster, die dies nur während 2,2 Stunden pro Woche tun.
• Zudem steigt mit zunehmender Digitalisierung der Kommunikation das Ausmaß der Konflikte zwischen Arbeit und Familie. Beschäftigte in der hoch digitalen Gruppe zeigen um ca. 22,1 % erhöhte Konflikte im Vergleich zu Beschäftigten in der gering digitalen Gruppe.
• Die emotionale Erschöpfung ist bei Beschäftigten mit hoch digitaler Kommunikation im Vergleich zu Beschäf-tigten mit gering digitaler Kommunikation ebenfalls um 13,3 % erhöht.
Kommunikationsmuster mit der FührungskraftZunehmend digitale Kommunikation begünstigt Entgrenzung und Konflikte1)
Kommunikationsmuster mit der FührungskraftZunehmend digitale Kommunikation begünstigt Entgrenzung & Konflikte
Gering digital
Referenz (2,2 h) 3,8 h (+77 %2)) 12,1 h (+461 %)
57,9 % der Beschäftigten
Hoch digital
3,8 % der Beschäftigten
Moderat digital
23,9 % der Beschäftigten
IKT-Nutzung zu Arbeitszwecken in der Freizeit (in h pro Woche)
Referenz (2,6) +15,8 % +22,1 %
Konflikte zwischen Arbeits- und Privatleben
Referenz (2,8) +/–0 % +13,3 %
Emotionale Erschöpfung
INTRANET
1) Gruppenzuordnung auf Basis 2016, Unterschiede in Variablen replizieren sich in 2017 und innerhalb von Berufsgruppen. 2) %-Veränderungen in Relation zur gering digitalen Referenzgruppe.
Der digitale Wandel als Risikofaktor
• Interessant ist ferner, wie das Ausmaß an virtueller Kommunikation mit der Führungskraft und mit dem Team die jeweilige Beziehungsqualität beeinflusst.
• Hierbei zeigt sich, dass ein gewisses Maß an virtueller Kommunikation für die Beziehung zur Führungskraft und zu den Kollegen eher zuträglich zu sein scheint.
• Ab ca. 50 % virtueller Kommunikation mit der Führungskraft oder den Kollegen scheinen jedoch negative Effekte aufzutreten, die Beziehungsqualität geht jeweils zurück.
Effekte unterschiedlicher KommunikationsmusterZusammenhang mit der Beziehungsqualität zu Führungskraft und Kollegen
Effekte unterschiedlicher KommunikationsmusterZusammenhang mit der Beziehungsqualität zu Führungskraft und Kollegen(S.56)
Anteil virtueller Kommunikation (%) mit der Führungskraft
Bezi
ehun
g zu
r Füh
rung
skra
ft1)
3,2
3,4
3,6
3,8
4
0 20 40 60 80 100
Anteil virtueller Kommunikation (%) mit Kollegen
Bezi
ehun
g zu
Kol
lege
n1)
3,2
3,4
3,6
3,8
4
0 20 40 60 80 100
1) Kontrollvariablen: Alter, Geschlecht, Beschäftigungszeitraum, Organisationsgröße, Arbeitszeit- und -ortflexibilität, Branche, Berufsgruppe.Nutzung von Gewichtungsfaktoren für die Population.
28 29
Überblick über die Studie Überblick über die StudieDen digitalen Wandel gesund gestalten – Abgrenzungsfähigkeit und Selbstmanagement
• Die Grenzziehung zwischen Arbeits- und Privatleben stellt einen weiteren relevanten Stellhebel im Umgang mit dem digitalen Wandel dar. Insbesondere wird der Einfluss des Grenzziehungsverhaltens auf die Gesundheit beleuchtet.
• Es zeigt sich, dass:
• 43,6 % der Beschäftigten auch in ihrer Freizeit Informations- und Kommunikationsmittel für berufliche Zwecke nutzen.
• 22,4 % berichten, dass sie Konflikte zwischen Arbeits- und Privatleben verspüren.
• 54,6 % sich in der Freizeit geistig gut von der Arbeit lösen können.
• 38,8 % aktiv versuchen, Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben zu ziehen.
Grenzziehung zwischen Arbeits- und PrivatlebenVerteilung von IKT-Nutzung, Abgrenzungsverhalten und Konflikten in der Erwerbsbevölkerung
43,6 %
22,4 %
54,6 %
38,8 %
0 %
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
IKT-Nutzung zu Arbeitszwecken in der Freizeit
Konfliktezwischen Arbeitund Privatleben
Psychische Abgrenzungs-fähigkeit
AktivesGrenzziehungs-verhalten
Grenzziehung zwischen Arbeits- und PrivatlebenRückgang von Grenzüberschreitung und Konflikten zwischen Arbeits- und Privatleben(S.59)
Verteilung in Deutschland 2018
Den digitalen Wandel gesund gestalten – Abgrenzungsfähigkeit und Selbstmanagement
• Die Studie zeigt, dass zwischen den Berufsgruppen große Unterschiede bestehen, ob sie sich in der Freizeit gedanklich von der Arbeit distanzieren können.
• Beschäftigte in Dienstleistungsberufen, in der Unternehmensführung und -organisation sowie in Gesund-heitsberufen können sich am schlechtesten abgrenzen.
• Beschäftigte in handwerklichen Berufen, wie zum Beispiel in der Fertigung oder dem Reinigungsgewerbe, können sich am besten abgrenzen.
Abgrenzungsfähigkeit nach BerufsgruppenDie Berufsgruppen unterscheiden sich deutlich bezüglich der Trennung zwischen Beruflichem und Privatem
35,5
%
37,1
%
38,6
%
39,6
%
40,6
%
41,3
%
42,1
%
42,8
%
48,4
%
48,8
%
49,2
%
54,5
%
59,5
%
64,7
%
43,1
%
40,1
% 46,2
%
50,3
%
52,7
% 58 %
55,6
%
53,7
%
56,1
% 64,3
%
56,8
%
59,9
%
64,4
%
64,6
%
0 %
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
70 %
80 %
Soziale
und kultu
relle
DL1)
Unterneh
mensfü
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Gesundheit
Handel,
Einkauf u
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b
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und Gast
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Sicherh
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und Ausbau
2)
Unterneh
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IT und naturw
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Verkeh
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gistik
Fertigungste
chnik
Land-,
Forst-
und Garte
nbau
Fertigung
Reinigung
„Ich beschränke die Zeit, in der ich Informations- und Kommunikationsmittel (z. B. Telefon, Handy, Computer und Tablet) in meiner Freizeit zu Arbeitszwecken benutze (z. B. nur bis 19 Uhr).“
„Nach Feierabend und am Wochenende vergesse ich die Arbeit.“
Abgrenzungsfähigkeit zwischen Arbeit und PrivatlebenAbgrenzung hat wesentlichen Einfluss auf die Lebenszufriedenheit(S.61)
1) DL = Dienstleistung. 2) Ohne Berufe im Maschinenbau.
30 31
Überblick über die Studie Überblick über die StudieDen digitalen Wandel gesund gestalten – Abgrenzungsfähigkeit und Selbstmanagement
• Analysiert wird der Zusammenhang zwischen wahrgenommenen Arbeitsanforderungen und Konflikten zwischen Arbeit und Familie nach Berufsgruppen.
• Über alle Branchen hinweg zeigt sich im Mittel ein positiver Zusammenhang zwischen beiden Faktoren. Je höher die Arbeitsanforderungen sind,, desto höher der Wert für die Konflikte zwischen Arbeit und Familie.
• Beispielsweise berichten Beschäftigte in Gesundheitsberufen sowohl über hohe Arbeitsanforderungen als auch über ausgeprägte Arbeits- und Familienkonflikte.
Effekte der Arbeitsanforderungen im BranchenvergleichTechnologische und emotionale Arbeitsanforderungen belasten die Familie
Unternehmensführung und -organisationUnternehmensbezogene DL
Handel, Einkauf und Vertrieb
Lebensmittel- und Gastgewerbe
Bau- und Ausbau1) FertigungFertigungstechnik
Gesundheit
Soziale und kulturelle DL
IT- undnaturwissenschaftl. DL
Sicherheit
Verkehr und Logistik
Land-, Forst- und GartenbauReinigung
Effekte der Arbeitsanforderungen im BranchenvergleichTechnologische und emotionale Arbeitsanforderungen belasten die Familie(S.66)
2,4
2,5
2,6
2,7
2,8
2,9
3,0
2,5 2,7 2,8 2,9 3,0 3,1
Konf
likte
zw
isch
en A
rbei
t und
Fam
ilie
(Mitt
elw
erte
)
Arbeitsanforderungen(Mittelwerte)
2,6
Den digitalen Wandel gesund gestalten – Abgrenzungsfähigkeit und Selbstmanagement
• In einem weiteren Schritt wird untersucht, wie ein aktives Grenzziehungsverhalten mit den Konflikten zwischen Arbeit und Familie in Zusammenhang steht. Wiederum wird hierbei nach Berufsgruppen unterschieden.
• Über alle Berufe hinweg zeigt sich im Mittel ein negativer Zusammenhang zwischen beiden Faktoren. Je höher das Grenzziehungsverhalten der Beschäftigten, desto geringer die Konflikte zwischen Arbeit und Familie.
• So berichten beispielsweise Beschäftigte in Fertigungsberufen sowohl von einem hohen Abgrenzungs-verhalten als auch von wenigen Konflikten zwischen Arbeit und Familie. Im Gegensatz hierzu berichten Beschäftigte in der Unternehmensführung und -organisation von wenig aktiver Abgrenzung, dafür aber von einer vergleichsweise hohen Konfliktrate.
Effekte der Grenzziehung im BranchenvergleichGrenzziehung reduziert familiäre Konflikte
Effekte der Grenzziehung im BranchenvergleichGrenzziehung reduziert familiäre Konflikte(S.68)
Unternehmensführung und -organisation
Bau- und Ausbau1)
Verkehr und Logistik
IT- undnaturwissenschaftl. DL
Fertigungstechnik
Soziale und kulturelle DL
SicherheitHandel,
Einkauf und Vertrieb
Unternehmensbezogene DL
Fertigung
Land-, Forst- und Gartenbau Reinigung
Gesundheit
Lebensmittel und Gastgewerbe
2,4
2,5
2,6
2,7
2,8
2,9
3,0
2,7 2,9 3,1 3,3 3,5 3,7
Konf
likte
zw
isch
en A
rbei
t und
Fam
ilie
(Mitt
elw
erte
)
Aktives Grenzziehungsverhalten(Mittelwerte)
1) Ohne Berufe im Maschinenbau. 1) Ohne Berufe im Maschinenbau.
32 33
Überblick über die Studie Überblick über die StudieDen digitalen Wandel gesund gestalten – Abgrenzungsfähigkeit und Selbstmanagement
• Die vorangehenden Analysen legen nahe, dass eine aktive Grenzziehung zwischen Arbeits- und Privatleben förderlich für die Vermeidung von Konflikten zwischen diesen Bereichen sein könnte.
• Dies könnte wiederum positive gesundheitliche Effekte nach sich ziehen, weshalb der zugrunde liegende Wirkmechanismus genauer untersucht wird.
• Konkret wird überprüft, ob ein aktives Grenzziehungsverhalten eine wirksame individuelle Strategie sein könnte, um die eigene Gesundheit im digitalen Wandel zu fördern.
• Hierfür ist es notwendig, die Entwicklung über einen gewissen Zeitraum zu analysieren, um die Wirkrichtung bestimmen zu können (Identifikation von Ursache und Wirkung statt reiner Beschreibung von Zusammen-hängen).
• Ab drei Erhebungszeitpunkten (in ähnlichen Zeitabständen) besteht erstmals die Möglichkeit, Wirkungsketten zu untersuchen.
Bedeutung des GrenzziehungsverhaltensGrenzüberschreitung kann Konflikte und emotionale Belastung begünstigen
Bedeutung des GrenzziehungsverhaltensGrenzüberschreitung kann Konflikte und emotionale Belastung begünstigen(S.70)
Mögliche Bedeutungaktiver Grenzziehung
Den digitalen Wandel gesund gestalten – Abgrenzungsfähigkeit und Selbstmanagement
• Im vorliegenden Fall kann analysiert werden, ob und wie ein aktives Grenzziehungsverhalten auf Konflikte zwischen Arbeit und Familie sowie die emotionale Erschöpfung der Beschäftigten in Deutschland wirkt.
• Hierbei zeigt sich, dass:
• ein stärkeres Grenzziehungsverhalten ein Jahr später zu einem Rückgang bei den Konflikten zwischen Arbeit und Familie führt und nicht umgekehrt.
• geringere Konflikte zwischen Arbeit und Familie ein Jahr später zu einem Rückgang der emotionalen Erschöpfung führen und nicht umgekehrt.
• ein aktives Grenzziehungsverhalten indirekt zu einem Rückgang der emotionalen Erschöpfung von Beschäftigten führt, indem es zunächst die Konflikte zwischen Arbeit und Familie reduziert.
• Fazit: Ein aktives Grenzziehungsverhalten ist für die Gesundheit der Beschäftigten förderlich, indem es die Konflikte zwischen Arbeits- und Privatleben reduziert.
Wirkungskette des GrenzziehungsverhaltensLängsschnittanalyse zur Untersuchung von Wirkungsketten über die Zeit1
Wirkungskette des GrenzziehungsverhaltensLängsschnittanalyse zur Untersuchung von Wirkungsketten über die Zeit(S.73)
IKT-Begrenzung(in der Freizeit)
2016 2017 2018
Konflikte zwischenArbeit und Privatem
EmotionaleErschöpfung
EmotionaleErschöpfung
IKT-Begrenzung(in der Freizeit)
IKT-Begrenzung(in der Freizeit)
Konflikte zwischenArbeit und Privatem
EmotionaleErschöpfung
Konflikte zwischenArbeit und Privatem
Mod
ellü
bers
icht
Starker Hinweis darauf, dass aktive Grenzziehung Konflikte zwischen Arbeit und Privatem reduziert
Starker Hinweis darauf, dass verminderte Konflikte zwischen Arbeit und Privatem die emotionale Erschöpfung reduzieren und nicht umgekehrt
1) Analysemethode: Latent Factor Random-Intercept Cross-Lagged Panel Model.
34 35
Überblick über die Studie Überblick über die StudieDen digitalen Wandel gesund gestalten – Führung und Stärkennutzung
• Das Verhältnis zwischen den Beschäftigten und ihrer Führungskraft ist ein wichtiger Einflussfaktor für nahezu alle Prozesse am Arbeitsplatz.
• Im Branchenvergleich zeigen sich bedeutsame Unterschiede in der wahrgenommenen Beziehungsqualität zur Führungskraft. So ist zu beobachten, dass:
• Beschäftigte in den Bereichen IT, Unternehmensführung und -organisation sowie im Bau- und Ausbau im Durchschnitt die beste Beziehung zu ihrer Führungskraft aufweisen.
• Beschäftigte in den Bereichen Sicherheit, Fertigung sowie Verkehr und Logistik berichten im Durchschnitt über die niedrigste Beziehungsqualität zu ihrer Führungskraft.
Beziehung zur FührungskraftDie Beziehung zur Führungskraft variiert stark zwischen den Berufen
Beziehung zur FührungskraftDie Beziehung zur Führungskraft variiert stark zwischen den Berufen(S.78)
46 %47 %47 %
50 %51 %
52 %52 %
54 %55 %55 %
57 %
61 %61 %
62 %
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 %
SicherheitFertigung
Verkehr und LogistikGesundheit
Handel, Einkauf und VertriebReinigung
Unternehmensbezogene DLSoziale und kulturelle DL
Lebensmittel- und GastgewerbeFertigungstechnik
Land-, Forst- und GartenbauBau und Ausbau2)
Unternehmensführung und -organisationIT und naturwissenschaftliche DL1)
Zustimmung der Beschäftigten in %
Beziehung zur Führungskraft in den Berufsgruppen. Beispiel-Item: „Mein Vorgesetzter/meine Vorgesetzte versteht meine Probleme und Bedürfnisse.“ 1) DL = Dienstleistung. 2) Ohne Berufe im Maschinenbau.
Den digitalen Wandel gesund gestalten – Führung und Stärkennutzung
• Eine gute Beziehung zur Führungskraft ist essenziell, um den digitalen Wandel gesund zu bewältigen. So kann die Führungskraft helfen, mit Ängsten vor der Digitalisierung (z. B. Arbeitsplatzverlust durch technologischen Wandel) umzugehen.
• Eine solche Angst führt häufig dazu, dass Beschäftigte krank zur Arbeit erscheinen. Dies geschieht aus der Sorge heraus, dass krankheitsbedingte Absenzen ihre Stelle weiter gefährden könnten.
• Ein solches Präsentismusverhalten ist langfristig gesundheitsgefährdend für die Beschäftigten.
• Die Analyse zeigt, dass bei hoher technologischer Unsicherheit tatsächlich ein hohes Risiko für viele Präsentismustage (pro Jahr) besteht.
• Eine gute Beziehungsqualität zur Führungskraft hilft jedoch, Präsentismus zu reduzieren (sowohl bei niedriger als auch bei hoher technologischer Unsicherheit).
• Bei hoher Unsicherheit ist der Einfluss der Führungskraft jedoch besonders ausgeprägt: Beschäftigte zeigen 88 % weniger Präsentismustage, wenn sie ein gutes Verhältnis zur Führungskraft pflegen (im Durchschnitt nur 11 statt 88 Tage pro Jahr).
Technologische Unsicherheit und FührungBeziehungsqualität zum Vorgesetzten beeinflusst den Präsentismus
Technologische Unsicherheit und FührungBeziehungsqualität zum Vorgesetzten mindert Präsentismus(S.80)
14
17
10 11
0
5
10
15
20
25
Geringe technologische Unsicherheit Hohe technologische Unsicherheit
Präs
entis
mus
tage
pro
Jahr
Niedrige Beziehungsqualität zur FührungskraftHohe Beziehungsqualität zur Führungskraft
–39 %–64 %
N = 4.570; unter Kontrolle von Alter, Geschlecht, Berufsgruppe, Anstellungsdauer, Behinderung, Wochenarbeitszeit, Ernährung und Sport
36 37
Überblick über die Studie Überblick über die StudieDen digitalen Wandel gesund gestalten – Führung und Stärkennutzung
• Organisationen müssen sich auf die Stärken ihrer Angestellten fokussieren, statt defizitorientiert zu denken.
• Die optimale Nutzung individueller Stärken fördert nicht nur die Gesundheit der Beschäftigten, sondern steigert auch deren Leistung.
• Beschäftigte in den Bau- und Ausbauberufen, den IT- und naturwissenschaftlichen Dienstleistungsberufen sowie den Berufen der Unternehmensführung und -organisation sind am häufigsten der Meinung, dass sie ihr Potenzial und ihre Stärken im Unternehmen nutzen können.
• In den Reinigungs-, Verkehrs- und Logistik- sowie den Sicherheitsberufen fühlen sich die Beschäftigten weniger stärkenorientiert eingesetzt.
Organisationale StärkennutzungSignifikante Unterschiede zwischen den Berufsgruppen sind erkennbar
Organisationale StärkennutzungSignifikante Unterschiede zwischen den Berufsgruppen sind erkennbar(S.82)
39 %41 %
42 %42 %
50 %51 %
52 %52 %
53 %55 %
58 %58 %
62 %63 %
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 %
ReinigungVerkehr und Logistik
SicherheitFertigung
Handel, Einkauf und VertriebUnternehmensbezogene DL
GesundheitLebensmittel- und Gastgewerbe
Land-, Forst- und GartenbauFertigungstechnik
Soziale und kulturelle DLUnternehmensführung und -organisation
IT und naturwissenschaftliche DL1)
Bau und Ausbau2)
Zustimmung der Beschäftigten in %
Organisationale Stärkennutzung in den Berufsgruppen. Beispiel-Item: „Mein Unternehmen gibt mir die Möglichkeit, das zu tun, worin ich gut bin.“ 1) DL = Dienstleistung. 2) Ohne Berufe im Maschinenbau.
Den digitalen Wandel gesund gestalten – Führung und Stärkennutzung
• Das relative subjektive Alter beschreibt das wahrgenommene Alter im Vergleich zum chronologischen Alter. Je niedriger das relative subjektive Alter, desto jünger fühlt man sich. Dies hat positive Implikationen für das eigene Verhalten und die langfristige Gesundheit und Motivation.
• Es zeigt sich, dass die digitale Überlastung das relative subjektive Alter erhöht.
• Zudem wird deutlich, dass eine aktive Stärkennutzung das relative subjektive Alter senkt.
• Gerade bei hoher digitaler Überlastung ist dies sehr relevant, da sich die Beschäftigten bei hoher Stärken-nutzung im Durchschnitt um fast 13 Jahre jünger fühlen, als wenn sie ihre Stärken nicht einbringen können.
Stärkennutzung und digitale ÜberlastungStärkennutzung kann digitale Überlastung abfedern
–1,8
9,2
–6,5
–3,6
–8–6–4–2
02468
1012
Geringe digitale Überlastung Hohe digitale Überlastung
Rela
tives
sub
jekt
ives
Alte
r
Niedrige StärkennutzungHohe Stärkennutzung
–4,7 Jahre
–12,8 Jahre
Stärkennutzung und digitale ÜberlastungStärkennutzung kann digitale Überlastung abfedern(S.84)
N = 5.503; unter Kontrolle von Alter, Geschlecht, Bildung, Berufsgruppe, Führungsverantwortung, Betriebszugehörigkeit und Art der Anstellung
38 39
Überblick über die Studie Überblick über die StudieDen digitalen Wandel gesund gestalten – Faires und inklusives Arbeitsumfeld
• Diskriminierung am Arbeitsplatz ist neben digitaler Überlastung ein großer Stressfaktor für die Beschäftigten.
• Frauen und Männer fühlen sich etwa gleich häufig diskriminiert.
• Frauen geben häufiger Diskriminierung aufgrund des Geschlechts an. Männer fühlen sich eher wegen ihres Alters oder ihrer Herkunft diskriminiert.
• Das Körpergewicht ist für beide Geschlechter etwa gleich häufig ein wahrgenommener Diskriminierungsgrund.
• Diskriminierung am Arbeitsplatz führt zu erhöhter emotionaler Erschöpfung.
Diskriminierung in der ErwerbsbevölkerungMänner und Frauen sind gleichermaßen betroffen
Diskriminierung in der ErwerbsbevölkerungMänner und Frauen sind gleichermaßen betroffen(S.87)
12 %13 %
0 %
5 %
10 %
15 %
20 %
25 %
Männer2017
Frauen2017
Diskriminierungnach Geschlecht
7 %
17 %16 % 16 %
9 %
22 %
16 %
13 %
11 % 10 %
0 %
5 %
10 %
15 %
20 %
25 %
Geschlecht Gewicht Alter Herkunft Bildung
Fünf Hauptgründe für Diskriminierung
Den digitalen Wandel gesund gestalten – Faires und inklusives Arbeitsumfeld
• Um „faire HR-Praktiken“ zu messen, wird unter anderem erhoben, ob der Arbeitgeber gleiche Chancen bezüglich Weiterbildung, Aufstiegsmöglichkeiten und Lohn für alle Beschäftigten bietet.
• Insgesamt nehmen weniger als die Hälfte der Beschäftigten die Personalmanagement-Praktiken in ihrem Unternehmen als fair wahr.
• Beschäftigte in der Unternehmensführung und -organisation nehmen die HR-Praktiken mit großem Abstand (9 %) als am fairsten wahr.
• Beschäftigte in unternehmensbezogenen Dienstleistungsberufen sowie in den Bereichen Gesundheit, Vertrieb, Handel und Einkauf nehmen die HR-Praktiken im Durchschnitt als am wenigsten fair wahr.
Faires und inklusives ArbeitsumfeldDie Hälfte bis zwei Drittel der Beschäftigten nehmen HR-Praktiken als nicht fair wahr
Faires und inklusives ArbeitsumfeldHälfte bis zwei Drittel der Beschäftigten sehen HR-Praktiken als nicht fair(S.89)
31 %32 %32 %
33 %
33 %34 %34 %
36 %36 %
39 %39 %39 %40 %
49 %
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 %
Vertrieb, Handel und EinkaufGesundheit
Unternehmensbezogene DLReinigungFertigung
Verkehr und LogistikSicherheit
Soziale und kulturelle DLFertigungstechnik
Lebensmittel- und GastgewerbeIT und naturwissenschaftliche DL1)
Land-, Forst- und GartenbauBau und Ausbau2)
Unternehmensführung und -organisation
Zustimmung der Beschäftigten in %
Beispiel-Item: gleiche Chancen bezüglich Weiterbildung, Aufstiegsmöglichkeiten und Lohn
Faire HR-Praktiken nach Berufsgruppen 1) DL = Dienstleistung. 2) Ohne Berufe im Maschinenbau.
40 41
Überblick über die Studie Überblick über die StudieDen digitalen Wandel gesund gestalten – Faires und inklusives Arbeitsumfeld
• Interessant ist ferner, wie Männer und Frauen in unterschiedlichen Berufen die HR-Praktiken wahrnehmen.
• Beispielhaft werden hier die Wahrnehmungen bezüglich der Aufstiegschancen analysiert.
• Es zeigt sich, dass in Berufen im Lebensmittel- und Gastgewerbe, im Sicherheits- sowie im Gesundheits-bereich die Aufstiegsmöglichkeiten von Männern positiver gesehen werden als von Frauen.
• In Bau und Ausbau, bei IT und naturwissenschaftlichen Dienstleistungen sowie in Verkehr und Logistik ist es hingegen so, dass die weiblichen Beschäftigten die Aufstiegschancen als fairer beurteilen.
Faires und inklusives ArbeitsumfeldMänner und Frauen beurteilen Aufstiegsmöglichkeiten unterschiedlich
Faires und inklusives UmfeldMänner und Frauen beurteilen Aufstiegmöglichkeiten unterschiedlich(S.91)
19 %
33 %
33 %
30 %
23 %
34 %
28 %
42 %
39 %
23 %
17 %
28 %
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 %
Verkehrs- und Logistik
IT und naturwissenschaftlicheDienstleistungen
Bau- und Ausbau1)
Gesundheit
Sicherheits
Lebensmittel- und Gastgewerbe
Frauen Männer
Beispiel-Item: „Meine Arbeitsstelle bietet faire Aufstiegsmöglichkeiten.“
Faire HR-Praktiken in ausgewählten Berufsgruppen. 1) Ohne Berufe im Maschinenbau.
Den digitalen Wandel gesund gestalten – Faires und inklusives Arbeitsumfeld
• Bei hoher digitaler Überlastung fällt das Gesundheitsempfinden negativer aus.
• Faire HR-Praktiken helfen, das Gesundheitsempfinden zu verbessern, gerade bei hoher digitaler Überlastung.
• So ist das Gesundheitsempfinden bei Beschäftigten mit hoher digitaler Überlastung im Durchschnitt um etwa 30 % höher, wenn sie die HR-Praktiken im Unternehmen als fair wahrnehmen.
Faire HR-Praktiken und digitale ÜberlastungFaire HR-Praktiken tragen zur Gesundheit der Mitarbeitenden bei
6,6 %
5 %
7,9 %7,2 %
0 %
2 %
4 %
6 %
8 %
10 %
Geringe digitale Überlastung Hohe digitale Überlastung
Gesu
ndhe
itsem
pfin
den
Wenig faire HR-PraktikenSehr faire HR-Praktiken
+16 %
+30 %
Faire HR-Praktiken und digitale ÜberlastungFaire HR-Praktiken tragen zur Gesundheit der Mitarbeitenden bei(S.93)
N = 5.870; unter Kontrolle von Alter, Geschlecht, Bildung, Berufsgruppe, Führungsverantwortung, Betriebszugehörigkeit und Art der Anstellung
42 43
Überblick über die Studie Überblick über die StudieZusammenfassung
• Es zeigt sich, dass die Digitalisierung am Arbeitsplatz sowohl Chancen als auch Risiken für die Gesundheit der Beschäftigten in sich birgt.
• Als gesundheitsförderliche Chancen sind vor allem die zunehmende Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeit und -ort identifizierbar. Gesundheitliche Risiken manifestieren sich primär durch potenzielle digitale Überlastung sowie eine zunehmende Entgrenzung zwischen Arbeits- und Privatleben.
• Für einen gesunden Umgang mit dem digitalen Wandel ist es daher besonders wichtig, durch ein aktives Management des Arbeitsalltags, zum Beispiel durch bestimmte Spielregeln, die Chancen zu nutzen und die Risiken zu begrenzen.
Erkenntnisse vorheriger Studien des CDI-HSG Chancen und Risiken der Digitalisierung müssen aktiv gestaltet werden
Erkenntnisse vorheriger Studien der CDI-HSGChancen und Risiken der Digitalisierung müssen aktiv gestaltet werden
Chance Risiko
Arbeitsortflexibilitätist gesundheitsförderlich.
Entgrenzungist gesundheitsgefährdend.
Die zunehmende Digitalisierung ermöglicht Arbeitszeit- und Arbeitsortflexibilität, birgt aber auch gesundheitliche Risiken wie digitale Überlastung und Entgrenzung von Arbeits- und Privatleben.
Digitalisierungam Arbeitsplatz
alsArbeitszeitflexibilität ist gesundheitsförderlich.
Digitale Überlastungist gesundheitsgefährdend.
Interventionen auf Individual- und Betriebsebene im Umgang mit Digitalisierung, z. B. in Form von SPIELREGELN, sind wichtig, um Risiken zu senken und Chancen zu nutzen!
Zusammenfassung
• Digitalisierungsspielregeln können helfen, eine Balance zwischen den Chancen der Flexibilisierung und den Gefahren der Entgrenzung und digitalen Überlastung zu erzielen.
• Konkret können Spielregeln dabei unterstützen, eine bessere Abstimmung zwischen Beschäftigten, ihren Kollegen und Führungskräften im Umgang mit der Flexibilisierung und der digitalen Kommunikation herzustellen. So können Unsicherheiten vermieden und Konfliktpotenziale gesenkt werden.
• Im Bereich der Flexibilisierung kann beispielsweise abgestimmt werden, ob und wann jeder Mitarbeiter für feste Abstimmungsmeetings vor Ort sein muss, in welchem Umfang mobiles Arbeiten gewünscht ist und ob bzw. wann man außerhalb der Kernzeiten verfügbar sein soll.
• Im Bereich von Kommunikationsverhalten und -medien kann geklärt werden, welche Reaktionszeiten bei der Verwendung bestimmter Medien erwartet werden oder wann und in welchen Situationen welche Medienbevorzugt genutzt werden sollen.
• Diese Regeln sollten auf der Teamebene vom jeweiligen Team selbst aufgestellt werden, um so Flexibilität und Verbindlichkeit vor Ort in Einklang zu bringen.
Erkenntnisse vorheriger Studien des CDI-HSG Digitalisierung aktiv managen mittels Digitalisierungsspielregeln
Erkenntnisse vorheriger Studien der CDI-HSGDigitalisierung aktiv managen mittels Digitalisierungsspielregeln
Chance Risiko
Arbeitsortflexibilitätgesund anwenden
Entgrenzungreflektieren und steuern
Digitalisierungam Arbeitsplatz
alsArbeitszeitflexibilität gesund anwenden
Digitaler Überlastungbewusst vorbeugen
Digitalisierungsspielregeln
Umgang mit Flexibilisierung Umgang mit Kommunikationsverhalten und -medien
FesteAbstimmungs-
meetings?
Richtwert für Ausmaß von
mobiler Arbeit?
Verfügbarkeit außerhalb der
Kernzeiten?
Reaktionszeiten auf Anfragen (z.B. E-Mail)?
Elektronischer Präsenzstatus
(Ampelsystem)?
Auswahl relevanter Kommunikations-
medien?
und
N = 5.870; unter Kontrolle von Alter, Geschlecht, Bildung, Berufsgruppe, Führungsverantwortung, Betriebszugehörigkeit und Art der Anstellung
44 45
Überblick über die Studie Überblick über die StudieZusammenfassung
Digitalisierung und Gesundheit in der VUCA1)-Welt
1) Steht für die Begriffe volatility (Volatilität, Unbeständigkeit), uncertainty (Unsicherheit), complexity (Komplexität) und ambiguity (Mehrdeutigkeit).
Digitalisierung nicht per se positiv oder
negativ
Unterschiede zwischen Berufen,
Branchen und Altersgruppen
Eigenes Verhalten im Umgang
mit Digitalisierung wichtig
Stärkennutzung und faire
HR-Praktiken entscheidend
Organisationale Interventionen
sinnvoll (Spielregeln)
Handlungsempfehlungen
• Die Digitalisierung prägt die Arbeitswelt schon heute in beträchtlichem Ausmaß und wird an Geschwindigkeit und Einfluss weiter zunehmen.
• Der digitale Wandel kann nicht aufgehalten, aber aktiv gemanagt werden.
• Arbeitsplatzflexibilität (zeitlich und örtlich) wirkt sich positiv auf die Gesundheit von Mitarbeitenden aus.
• Zunehmender technologischer Anpassungsdruck, eine steigende Informationsmenge und Kommunikationsrauschen fungieren hingegen als Stressoren und belasten die Gesundheit.
• Abgrenzungsfähigkeit ist eine zentrale Ressource, die aktiv gefördert werden sollte (z. B. Selbst-managementkurse, digitale Abstinenz etc.).
• Stärkennutzung, gesunde Führung und faire HR-Praktiken sind weitere bedeutende Ressourcen.
• Flexibilität erfordert klar formulierte Erwartungen auf allen Seiten (psychologische Sicherheit), idealerweisewerden Spielregeln auf Teamebene erarbeitet.
• Die Förderung von Ressourcen scheint insgesamt bedeutsamer und erfolgversprechender als der Abbau von Anforderungen.
Impressum
Studie:Gesundheitliche Effekte des digitalen Wandels am Arbeitsplatz
Projektteam:
Prof. Dr. Stephan Böhm, Studienleiter
Dr. Miriam K. Baumgärtner Christoph Breier M. A. Tim M. Götz M. Sc. Markus D. Walther M. A.
Universität St. Gallen Center for Disability and Integration (CDI) Rosenbergstrasse 51 CH-9000 St. Gallen
+41 71 224 31 90 [email protected] www.cdi.unisg.ch
Download der Studie:www.barmer.de/studie-digitalisierung
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www.barmer.de
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