Ausgabe 2008/09
Schweizer Magazin für Ergonomie am Arbeitsplatz und zu Hause
Exemplarzum Mitnehmen
Eine Karriere, die sitzt!Promitalk mit dem Ex-Tagesschau-Sprecher Heinrich Müller
Design & WerkstoffeLeidenschaft für Perfektion
Life StyleLeitfaden Raumbeleuchtung
Medizin & RückenDer Fuss – kein Körperteil trägt mehr
Trends & WissenSitzen in der Schule
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Inha
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05/2008/09 · gesundsitzen
Life Style: Leitfaden Raumbeleuchtung.
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Design & Werkstoffe: Leidenschaft für Perfektion.
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Medizin & Rücken: Der Fuss – kein Körperteil trägt mehr.
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Inhaltsverzeichnis
IMPRESSUM gesundsitzen • Magazin für Ergonomie am Arbeitsplatz und zu Hause • Erscheint 1x jährlich • Ausgabe 5 • Auflage 150 000 Exemplare • Erscheinung: Sommer 2008Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft Gesundes Sitzen, Kurt Schneider (Ergonomische Beratungen), Postfach 252, CH-3612 Steffisburg, Mobile 079 651 67 61, E-Mail: [email protected] • Konzept, Redaktion und Grafik: UniverseMedia Verlag (ein Unternehmen von www.fruitcake.ch), Postfach 777, 3076 Worb-Bern; Telefon +41 (0)31 838 33 33; grafische Gestaltung: Marina Roncagalli • Fotos zvg • Druck: Weber-Benteli AG, Brügg • Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung.
15 Editorial
16 Life Style Belux – Leitfaden Raumbeleuchtung.
9 Promitalk Sein Leben nach der Tagesschau – Interview mit Heinrich Müller.
12 Design & Werkstoffe «Leidenschaft für Perfektion – auch im Detail» Interview mit Heinz Stebler und Philippe Walther, Vertriebsleitung und Marketing, Girsberger AG.
15 Medizin & Rücken «Der Fuss – kein Körperteil trägt mehr». Sohle, Schuhe – oder beides zusammen?
20 Medizin & Rücken Gelenkerkrankungen richtig behandeln.
21 Medizin & Rücken Betriebliche Gesundheitsförderung, Spital Thun.
26 Medizin & Rücken Fitness beim Sitzen fördern.
27 Medizin & Rücken Der ultimative Stuhl-Check.
28 Trends & Wissen Sitzen in der Schule – Schweizer Jugend testet.
30 Trends & Wissen Kraftmaschine versus Hantel.
32 Trends & Wissen Pilates – Körper und Geist in Harmonie.
34 Trends & Wissen Wie sitzt Man(n) oder Frau am stillen Örtchen?
36 Trends & Wissen Physiotherapie verboten?
37 Wettbewerb Gewinnen Sie einen Swooper-Stuhl.
Gewinner des Leserwettbewerbs (07/08)1 Hag Capisco Charlotte Tschabold, Allmendingen 1 Sylia Standard Thekla Kaspar, Oberkulm
1 Vitra Head Line Edgar Zeller, Basel 1 Varier Planet Petra Müller, Thun
1 RH 4 / RH 400 Cornelia von Allmen-Jundt, Mürren
05/2008/09 · gesundsitzen
Das ist die fünfte Ausgabe von
«gesundsitzen». Das Konzept, Sie,
liebe Leserinnen und Leser, eingehend
über Ergonomie am Arbeitsplatz und
zu Hause zu informieren, ist bis jetzt
weitgehend auf fruchtbaren Boden
gestossen. Das zeigen die positiven
Reaktionen, die wir mit jeder neuen Aus-
gabe erhalten haben. Auch die Essays
über gesunde Ernährung und gesundes
Training in der Fitness erfahren jeweils
reges Interesse, und natürlich, last but
not least, wird auch schon mit Span-
nung erwartet, wer wohl diesmal das
Titelblatt von «gesundsitzen» krönt.
Mit Heiri Müller, dem sympathischen
ehemaligen Fernsehmoderator vom
Schweizer Fernsehen und heutigen
Entertainer, führten wir den Promi-Talk
mit einem Mann, dessen Karriere im
wahrsten Sinne des Wortes wirklich
sitzt.
Das Thema Raumbeleuchtung hat in
der letzten Ausgabe sehr viel Aufmerk-
samkeit ausgelöst. Das veranlasst uns,
diese Materie erneut noch einmal etwas
zu vertiefen. Und vielleicht auch nicht
das letzte Mal.
Dass es neben Skandinavien auch in
der Schweiz Unternehmen erster Sahne
gibt, zeigt der Beitrag über die Firma
Girsberger aus dem Oberaargau, die sich
weit über die Landesgrenzen hinaus
einen Namen für ergonomisches Sitzen
gemacht hat. Und falls Sie auch noch
genau wissen möchten, wie das Spital
Thun ein betriebliches Gesundheits-
management auf die Beine gestellt hat
und wie auch andere davon profitieren
können, lesen Sie den Beitrag auf
Seite 21 besonders aufmerksam.
Der Beitrag «Der Fuss – kein Körperteil
trägt mehr» will erklären, wie gross der
Einfluss des Fusses auf den Rücken
sein kann, und auch Lösungen aus der
Sicht von Profis, die sich intensiv damit
befasst haben, aufzeigen.
Vielleicht haben einige von Ihnen die
Kassensturz-Sendungen «Schweizer
Jugend testet» verfolgt. Da fiel uns ein
Beitrag der Schüler der Wirtschafts-
schule Thun über das Sitzen in den
Schulen besonders auf. Schon allein
der Umstand, dass sich ganz junge
Menschen für gutes Sitzen engagieren,
ist es wert, darüber zu berichten.
Alles um Pilates erfahren Sie in einem
speziellen Beitrag dazu und es fehlt na-
türlich auch in dieser Ausgabe nicht un-
ser Wettbewerb, bei dem Sie mit etwas
Glück wertvolle Preise für insgesamt
über 5000 Franken gewinnen können.
Und bestimmt geben wir Ihnen auch
in dieser Ausgabe im Mittelteil wieder
wertvolle Hinweise mit einer Auswahl
Wohlfühl-Sitzmöbel von Herstellern
ergonomischer Produkte aus aller Welt.
Wenden Sie sich bei Fragen vertrauens-
voll an die Adresse auf der letzten
Umschlagseite.
Wir wünschen Ihnen gute Gesundheit,
Erfolg und viel Spass beim Lesen dieser
fünften Ausgabe von «gesundsitzen».
Arbeitsgemeinschaft Gesundes Sitzen
Liebe Leserinnen, liebe LeserKurt Schneider
Edito
rial
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Life
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Leitfaden für eine optimale Raumbeleuchtung
Einfluss der Beleuchtung auf den ArbeitsalltagWer heute die Raumbeleuchtung noch als Stiefkind behandelt, riskiert Gesundheit und Leistungsbereitschaft seiner Mit-menschen. Eine Kombination von Tageslicht und künstlicher Beleuchtung kann Wunder wirken. Physiker beschreiben Licht als Gemisch elektromagnetischer Wellen. In einem Frequenz-bereich von 380 bis 780 Nanometern liegt der sichtbare Teil des Lichts.
Aber auch das Licht jenseits dieses «op-
tischen Fensters» stimuliert uns. So
spüren wir langwelliges, energiearmes
Infrarot als Wärme auf der Haut. Kurz-
welliges, energiereiches UV-Licht – richtig
eingesetzt – wirkt sich positiv auf Haut
und Knochenbau aus.
Sind Sie optimal beleuchtet?Wie sieht es eigentlich in Ihrem Räumlich-
keiten aus – sind Sie optimal beleuchtet?
Gesundsitzen hat für Sie in Zusammen-
arbeit mit Benny Riz, Leiter Lichtplanung
bei der BELUX AG, einen kurzen, über-
sichtlichen Leitfaden zusammengestellt.
Licht richtig eingesetztNeben der Frage nach der richtigen Licht-
menge und Lichtqualität müssen Fak-
toren wie Blendung, Reflexion und Leucht-
dichtenunterschiede (Helligkeit) in die
Planung eines Arbeitsplatzes einfliessen.
Künstliche Lichtquellen ergänzen oder
ersetzen das Tageslicht und entscheiden
über Wohlbefinden und Arbeitsleistung.
Beim Layout eines Büros gilt es, einige
lichttechnische Grundregeln zu befol-
gen. Wird der Bildschirm gegen das Fens-
ter gerichtet, entstehen unerwünschte
Spiegelungen. Dies führt zu indirekter
Text: Thomas Laubi, BELUX; Fotos: zvg
Blendung (Abbildung 1), was im Arbeits-
bereich störend wirkt. Ist der Blickwin-
kel zum Fenster gerichtet, ergeben sich
für das Auge hohe Leuchtdichtenunter-
schiede zwischen hellem Tageslicht und
dunklem Bildschirm (Abbildung 2). Die
stetige Akkomodation des Auges zwi-
schen Bildschirm und Tageslicht kann zu
Sehstörungen, Kopfschmerzen, Augen-
flimmern oder Schwindelanfällen füh-
ren. Mit Vorteil verläuft die Blickrichtung
also parallel zum Fenster, wobei der Bild-
schirm mit 90° zum Fenster platziert
wird (Abbildung 3). Spiegelungen und
Blendungen können durch korrektes Aus-
richten des Arbeitsplatzes und des Bild-
schirms eliminiert werden.
Wissenschaftlich begleitete Tests haben
gezeigt, dass ein indirekter Lichtanteil
(Licht via Decke reflektiert) zu einem
angenehmeren Raumgefühl und dadurch
zu weniger Ermüdung führt. Diese Er-
kenntnis hat sich BELUX zu Nutze ge-
macht und unterscheidet zwischen drei
Beleuchtungsarten.
Die direkte Beleuchtung (Abbildung 4)
weist eine hohe Wirtschaftlichkeit aus.
Das Licht ist «lebendig» und verfügt
über eine hohe Schattigkeit, was eine
Dreidimensionalität bewirkt. Dies ergibt
Vorteile bei der Beleuchtung von z.B.
Abbildung 1
Abbildung 2
Abbildung 3
Life
styl
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Kurz-Portrait BELUX
Die Schweizer Firma wurde 1970 von
Thomas Egloff ins Leben gerufen. Sein
Wille zur fortlaufenden Entwicklung
innovativer Lichtlösungen und neu-
artiger Leuchtenkonzepte führten zu
enger Zusammenarbeit mit internatio-
nal renommierten Designern und Ar-
chitekten. Wegweisend bis heute war
die Zusammenarbeit mit dem Schwei-
zer Designer Hannes Wettstein, heu-
te längst eine Koryphäe im Interior
Design.
Ein grosser Durchbruch erfolgte 1982
mit der gemeinsamen Entwicklung
von Metro, dem weltweit ersten Nie-
dervolt-Seilsystem. Die gespannten
Drähte mit den kleinen Leuchtkörpern
waren bald in unzähligen Privathäu-
sern, Restaurants und Hotels anzu-
treffen und fanden viele Nachahmer.
Noch im gleichen Jahr übernahm
Belux die Lizenz zur Produktion extra-
vaganter Möbel und Objekte der an-
gesehenen italienischen Designer-
Gruppe Memphis um Ettore Sottsass
und Michele de Lucchi. Heute sorgt
Belux im Leuchtenmarkt mit Autoren
wie Frank Gehry, Herzog & de Meuron,
Ronan und Erwan Bouroullec sowie
Hella Jongerius für Furore. Während
über 30 Jahren baute Thomas Egloff
die Firma zu einem international aner-
kannten Hersteller von hochwertigen
Designerleuchten aus.
2001 fand er zur Nachfolgeregelung
mit Vitra den idealen Partner. Mit dem
international renommierten Möbel-
hersteller erschloss sich auch der Zu-
gang zu neuen Märkten, Produktions-
methoden und nicht zuletzt zu einem
Netzwerk bedeutendster Gestalter
unserer Zeit.
Skulpturen oder Waren. Punktuelles Licht
(Strahler) erzeugt einen eher theatra-
lisch inszenierenden Charakter mit sehr
hoher Schattigkeit, was für die Bürobe-
leuchtung aufgrund der Blendung und zu
hoher Kontrastunterschieden nicht emp-
fehlenswert ist. Im Gegensatz dazu ergibt
Flächenlicht (Ein-/Aufbauleuchten) mit
Fluoreszenzlampen ein homogeneres
Direktlicht. Allerdings bleibt bei der Di-
rektbeleuchtung die Decke dunkel und
Bildschirmarbeitsplätze müssen sehr
präzise platziert werden, um Blendungen
auf dem Bildschirm zu vermeiden. Ar-
beitsplätze müssen demzufolge bei die-
ser Lösung präzise platziert werden und
sind unter dem Lichtaspekt nur schwierig
zu verschieben.
Beim Indirektlicht (Abbildung 5) wird die
Decke als Reflektor genutzt. Dazu soll
diese hell matt/diffus und zwischen 2.40
und 4 m hoch sein. Eine Einsicht von oben
(Galerie) sollte dabei vermieden werden.
Durch das indirekte Licht werden auch
die Wandflächen gleichmässig ausge-
leuchtet, was zu einem besseren Raum-
gefühl führt. Durch das ausschliesslich
diffuse Licht fehlt beim Indirektlicht die
Dreidimensionalität.
Die Indirekt-/Direktleuchte (Abbildung 6)
kombiniert die Vorteile aus Abbildung 4
Abbildung 4
Abbildung 5
und 5. Es entsteht ein äusserst homoge-
nes Raumlicht mit einem direkten Licht-
anteil für lebendiges Licht mit geringer
Schattigkeit. Das indirekte, entblendete
Licht sorgt für freundliche Raumstim-
mung. Alle Büro-Leuchtensysteme von
BELUX unterstützen diese Beleuchtungs-
philosophie. Der Anspruch auf Lichtmen-
ge ist aufgrund der Arbeit (Bildschirm,
Handwerk, Lesen etc.) sowie die nach-
lassende Sehleistung des Menschen im
TWILIGHT. Das indirekte und das direkt Licht sind unab-hängig voneinander dimmbar.
METER BY METER. Das Licht am Meter wird individuell zuge-schnitten und verleiht der Wand eine Dreidimensionalität.
Abbildung 6
8
Alter sehr individuell. Als Lösung kann
das Raumlicht mit Tischleuchten ergänzt
werden. SCOPE von BELUX ist eine neue
energiesparende Gelenkleuchte, welche
mit einem verborgenen, patentierten Ver-
stellmechanismus «easy move» das Licht
mit einem grossen Aktionsradius an den
gewünschten Ort bringt. Dem Bedürfnis
nach individueller Lichtstärke kann somit
einfach Rechnung getragen werden.
Der informelle Gedankenaustausch in
der Bürowelt findet oft an neutralen, zu-
rückgezogenen Orten, wie Kaffeeautomat
oder Korridor statt. Heute wird dieses
Bedürfnis von den Planern in ein Büro-
konzept miteinbezogen. Es entstehen ge-
mütliche Kommunikationsinseln mit Sofa
oder Benches. Dabei spielt die Lichtatmo-
sphäre eine wichtige Rolle: Gemütliches
Stimmungslicht, gute Lichtqualität und
warme Farbtöne helfen, diese Wohnat-
mosphäre zu intensivieren. Aus diesem
DISK. Direktes- und indirektes Arbeitslicht im Minergie-Standard auch platzsparend mit Tischadaptionen für die meisten Bürosysteme.
Grund hat BELUX schon früh energiespa-
rende Wohnraumleuchten auf den Markt
gebracht, welche auch im Officebereich
eingesetzt werden können. Ein Teil der
Leuchten wurde zusätzlich mit dem Mi-
nergie-Label für hohe Wirtschaftlichkeit
und optimale Entblendung ausgezeichnet.
Alle Erkenntnisse im Bürobereich lassen
sich auch im Heimbereich umsetzen, wo-
bei die Frage nach der Flexibilität in der
Nutzung im Vordergrund steht. Verschie-
dene Tätigkeiten wie lesen, essen, schrei-
ben, fernsehen verlangen auch dort nach
individuellen Lichtlösungen.
SCOPE. Individuelles und energiesparendes Licht mit grossem Aktionsradius.
ONE BY ONE. Energiesparendes, entblendetes Licht aus edlem und langlebigem Material.
BIGSIZE. Stimmungsvolles Glühlampenlicht für den kommunikativen Bürobereich.
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05/2008/09 · gesundsitzen
Sein Leben nach der Tagesschau
Text: Jamie Wong-Li, Fotos: Oliver Oettli
Im Sommer 2007 ist Heinrich Müller als Fernsehjournalist und
Moderator der «Tagesschau» zurückgetreten. Nach 27 Jahren
beim Schweizer Fernsehen widmet er sich jetzt leiden-
schaftlich seiner Musik-Karriere. An einem kühlen Frühlingstag
treffen wir den zurückhaltenden sympathischen Mann am
Ufer des Greifensees in der Gemeinde Maur, wo er seit über
10 Jahren wohnt. Prom
italk
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Prom
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Idylle am Seeufer: schnatternde Enten,
elegant gleitende Schwäne, grunzende
Schweine, gackernde Hühner und eine
malerische Seepromenade, die zu Besinn-
lichkeit aufruft. An diesem erholsamen
Ort kommt uns Heinrich Müller ruhigen
Schrittes entgegen und bestellt sich im
örtlichen Seerestaurant Kaffee und Man-
delgipfel. Trotz seiner gemütlichen Art
wird schnell offensichtlich, dass ‹ruhig›
mitnichten ‹verschlossen› heisst. Jahr-
zehntelange Berufserfahrung im Jour-
nalismus haben seinen Sinn für die Kom-
munikation geschärft. Mit sehr viel Offen-
heit erzählt Heinrich Müller ausführlich
aus seinem erfahrungsreichen Leben.
Jenseits von AfrikaIm Frühling 1946 wurde Heinrich Müller
in Reiden (LU) geboren, wo er mit seinen
drei Geschwistern aufwuchs. Später lebte
die Familie in Rheinfelden (AG). «Ich war
ein richtiges Landkind und liebte die Na-
tur. Ich wollte sogar einmal Bauer und
Förster werden. Aber das ist eine andere
Geschichte ...». Und Geschichten hat uns
«Heiri» Müller viele zu erzählen.
«Ich bin wohlbehütet in einer harmo-
nischen Familie aufgewachsen. Ich habe
im Leben immer Glück gehabt», meint
der Pfarrerssohn und fügt hinzu: «Bis-
her habe ich in meinem Leben versucht,
jeden grossen Traum umzusetzen. Einer
dieser Träume war Afrika.»
In der Bibliothek des Pfarrhauses fand
Jung-Heinrich damals Literatur über Mis-
sionare in Afrika und deren Entdeckung
des riesigen Kontinents. Dieser Fundus
und der erste Kontakt in der Basler Mis-
sion zu Menschen aus Ghana und Süd-
afrika hätten ihn sehr geprägt, erzählt
Heinrich Müller. Nach seinem Jura- und
Politologie-Studium in Basel wanderte
er deshalb nach Nigeria aus, wo er fast
10 Jahre lang als Dozent für Staats- und
Verfassungsrecht an einer der dortigen
Universitäten unterrichtete.
Bei seiner Ankunft 1971 in Westafrika
lernte Heinrich Müller zunächst ein sehr
ursprüngliches Afrika kennen: den Stamm
der Mumuje im Nordosten Nigerias. «Die
Mumujes lebten noch in steinzeitlichen
Verhältnisse. Sie nahmen mich während
Monaten gastfreundlich auf, und ich ver-
suchte etwas von ihrem so ganz anderen
Leben zu verstehen. Das war damals eine
komplett neue Welt für mich. Da liefen die
Menschen in Fellen und Tüchern rum und
jagten noch mit Pfeil und Bogen. In der
Nacht wurde oft getanzt und getrommelt.
Und diese Instrumente, die ich dort zum
ersten Mal gesehen habe – faszinierend!
Diese Eindrücke haben mich viel später
zu einigen Songs inspiriert», schwärmt
der Abenteurer. Während Heinrich Mül-
ler so spricht, verrät der Blick in seinen
Augen, dass er für einen Moment lang
tief in seinen afrikanischen Erinnerun-
gen schwelgt.
Liebesgeschichte mit Happy EndSchon kurz nach seiner Ankunft in Nigeria
traf er seine zukünftige Frau Ruth: «Sie
lief damals über den Sportplatz der Mis-
sionarsschule. Es war Liebe auf den ers-
ten Blick». Doch wie bei so vielen gross-
artigen Liebesgeschichten, verlief auch
diese nicht gradlinig. Ruth verliess Nige-
ria schon bald und wanderte in die USA
aus. So sahen sich die beiden nach einem
Tanz beim Fest ganze fünfzehn Jahre
nicht mehr. Aber Heinrich Müller konnte
die schöne Nigerianerin nie vergessen. Er
lud Ruth nach ihrer Scheidung Mitte der
Achtziger in die Schweiz ein. 1992 heira-
teten sie zuerst in Chicago und feierten
die Hochzeit später mit Ruths Familie
und dem ganzen Dorf mit einem riesigen
Fest in Marama, Nigeria. Noch heute hält
die Liebesgeschichte an.
Vom Musizieren ...Aber zurück zur Biografie: Während des
Gesprächs mit Heinrich Müller kommen
wir immer wieder auf seine Leidenschaft
zu sprechen – Musik. Diese habe ihn
durchs ganze Leben begleitet. Er wuchs
in einer musikalischen Familie auf, in der
stets gesungen und musiziert wurde. Er
gründete gar in jungen Jahren mit sei-
nem Bruder Thomas seine erste Band.
«Meine Mundharmonika habe ich im-
mer dabei. Die ist für mich mindestens
so wichtig wie meine Zahnbürste! Und
auch meine Gitarre begleitet mich, wenn
immer möglich». Während seiner 27-jäh-
rigen Karriere beim Schweizer Fernsehen
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Prom
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05/2008/09 · gesundsitzen
jedoch, habe er «kaum einen Ton von
sich» gegeben. Das Musizieren habe ihm
während dieser Zeit nicht einmal gross
gefehlt, denn er sei anderweitig gefordert
gewesen.
... zum Moderieren ...Nach seiner Zeit in Afrika hat sich Hein-
rich Müller Ende 1980 beim Schweizer
Fernsehen beworben und wurde prompt
für das Auslandsmagazin «Rundschau»
engagiert. Später wechselte er zum «CH-
Magazin» und landete schlussendlich
bei der Tagesschau, wo er als Berichter-
statter überall auf der Welt eingesetzt
wurde und meint dazu: «Ich war immer
lieber Reporter als Moderator». Am Span-
nendsten waren für ihn seine Reportagen
in Südafrika während der Apartheit-Zeit.
«Zum schönsten Erlebnis während mei-
nen TV-Jahren zählte der Augenblick, als
ich von Nelson Mandelas Entlassung aus
dem Gefängnis erfuhr. Nach all’ den Jah-
ren, wo ich mich intensiv mit dem süd-
lichen Afrika und dessen Menschen be-
fasst habe, freute ich mich so sehr über
Mandelas Befreiung, als wär’ ich selbst
ein Südafrikaner». Als wagemutiger Re-
porter, der kein Blatt vor den Mund nahm,
sass er ein paar Mal während seinen Süd-
afrika-Einsätzen im Gefängnis, aber dies
sei nicht so schlimm gewesen: «Ich bin
jeweils nur kurz inhaftiert worden, und
man hat mich anständig behandelt». Sein
schwierigstes Erlebnis als Fernsehmo-
derator war der 11. September 2001:
«Der Terroranschlag war meine grösste
Herausforderung in den 27 Jahren beim
Fernsehen. In diesem Chaos einen kühlen
Kopf zu behaupten, fiel nicht leicht».
... zum MusizierenUnd ob es ein Leben nach der Tagesschau
gibt!
«Ich beschloss, das Fernsehen dann zu
verlassen, wenn mir die Arbeit immer
noch grosse Freude bereitet. Mein Ent-
scheid war richtig. Heute habe ich das
Glück, von der Musik und meiner Ren-
te leben zu können!», meint Heinrich
Müller zu seinem Abschied beim SFDRS.
Noch als er beim Schweizer Fernsehen
arbeitete, produzierte er bereits seine
erste Platte: «Footsteps» wurde 2004
innerhalb dreieinhalb Tagen in Nashville,
Tennessee aufgenommen. «Dabei mache
ich nicht mal Country», bemerkt Heinrich
Müller lakonisch, dessen Zuhause mehr
im Folk, Pop und Rock angesiedelt ist. Er
ging damals vor allem wegen seines eng-
lischen Produzenten Tim Hinkley, der in
Nashville lebt, in ein amerikanisches Stu-
dio. Das Debutalbum wurde von interna-
tional bekannten Musikern eingespielt
und avancierte gleich zum Schweizer
Überraschungserfolg. Mit seiner vollen,
sonoren Leadstimme und den Geschich-
ten, die sein Leben schrieb, eroberte
er das helvetische Publikum im Sturm.
2006 legte Heiri Müller ein weiteres Al-
bum nach. Mit «Chains of Pearls» tourt
der Singer-Songwriter derzeit durch die
Schweiz. «Auf der Bühne bin ich offen
und voller Energie. Es macht mir Spass,
Menschen mit meiner Musik zu bewe-
gen», meint der grosse Chicago-Fan
(«Chicago Transit Authority»: bekann-
te Funk-, Jazz- und Rockband in den
Achtzigerjahren. Anm. d. Red.), der mo-
mentan schon wieder fleissig am Schrei-
ben neuer Songs ist.
Heinrich Müller, der GeniesserEr sei vor allem ein Geniesser der Natur,
die ihn auch immer wieder zu neuen Lie-
dern inspiriere. Es verginge kaum ein Tag,
an dem er nicht durch Felder und Wiesen,
zwischen Bäumen und Sträuchern streife.
Er habe auch einen kleinen Garten, den er
pflegt. Natürlich lese er oft und gerne, am
liebsten in englischer Sprache. Und noch
eine Leidenschaft, die Heinrich regelmäs-
sig auslebt: «Ich liebe es zu reisen. Am
besten auf eigene Faust, nichts organi-
siert. Und mit Ruth reise ich so oft es geht
nach Afrika ins Dörfchen Marama».
Sitzend in Bewegung sein«Jeder Sitz, der sich bewegt, ist gut für
mich!» So antwortet Heinrich Müller auf
die Frage nach seinem «Sitz-Liebling».
Schon als Kind habe er auf dem Spielplatz
das «Rösslispiel» am meisten gemocht.
Hauptsache, er bleibe in Bewegung. Zum
Beispiel als passionierter Reisender im
Zug, und zwar ausschliesslich in der
2. Klasse: «Die Menschen in der 2. Klasse
sind für mich oft interessanter und he-
rausfordernder, und sie geben mir neuen
Stoff für neue Lieder!»
Wenn Sie mehr über Heinrich Müllers
Musik erfahren wollen:
www.heinrichmueller.ch
Copyright: SF/Nik Hunger
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05/2008/09 · gesundsitzen
Die Tatsache, dass der Mensch zur Fortbewegung nur zwei Beine hat, dass zur Erhaltung des Gleichgewichts die kleine Grundfläche der Füsse ausreicht, zeigt schon, dass diese Füsse eine ausserordentlich komplizierte Kombination von Festigkeit, Elastizität, Beweglichkeit und Emp-findungsvermögen darstellen. Zur Erfüllung dieser rein technischen Erfordernisse muss ein grosser Teil des gesamten Körpers beitragen. Dementsprechend bringen formale oder funktio-nelle Veränderungen an den Füssen eine Rückwirkung auf den Gesamtorganismus und selbst-verständlich auch auf den Rücken zum Ausdruck.In diesem Beitrag möchten wir drei Produzenten/-innen zu Wort kommen lassen, die sich mit ihren Produkten auf den menschlichen Fuss und deren Auswirkung auf den Rücken – sei es mit Therapiesohlen oder speziellen Schuhen – spezialisiert haben.
Muskeln stärken mit Therapiesohlen von PodotecDank der eigenen Schuh-Boutique und
dem Fussmassage-Angebot kommt
Konstanze von Allmen ständig mit ih-
ren Kunden in Kontakt – und hört nicht
nur Positives. «Viele Menschen leiden
unter Fussproblemen oder muskulären
Verspannungen, die aufgrund von Ver-
änderungen des Fussgewölbes entste-
hen. Diese Probleme können mit den
bekannten orthopädischen Einlagen oft
nicht vollständig korrigiert werden», sagt
von Allmen.
Eine Weiterentwicklung von stabilisie-
renden Einlagen seien spezielle, indivi-
duell angefertigte Therapiesohlen; sprich
Podotec! Diese Sohlen stabilisieren nicht
nur, sondern korrigieren und trainieren
die Fussmuskeln; und dies ist einzigartig!
So kann Fussdeformierungen entgegen-
gewirkt und gleichzeitig können Verspan-
nungen im Rücken- und Schulterbereich
gelindert werden.
Sohle versus Schuhe – oder beides zusammen?
Der Fuss – kein Körperteil trägt mehr!
Med
izin
& R
ücke
n
Podologische Methode Derks – was ist das?Bei der Untersuchung werden Gelenk-
und Muskelfunktionen überprüft. Mit-
tels eines Podogrammes (Fingerab-
druck des Fusses) wird ersichtlich, an
welchen Stellen der Körper falsch be-
lastet wird und wie weit sich die Zent-
rierung des Körperschwerpunktes ver-
schoben hat. Der Spezialist bedient sich
zweier Methoden, der biomechanischen
und der sensomotorischen Methode.
Biomechanik befasst sich mit rein me-
chanischen Veränderungen, die über
verschiedene Hebelmechanismen und
Gewichtsverlagerungen den Stand der
Knöchel, des Knies, der Hüfte und des
Rückens verändern und dynamische
Überbelastungen beheben. Bei der
sensomotorischen Methode wird von
der regulierenden Wirkung des Nerven-
systems auf Haltung und Muskelbe-
lastung ausgegangen.
Text: Fruitcake.chVerein Podologie Methode Derks, Wien
Franz Amann,Orthopädie-Schuhtechnik, BaselChristophe Bocherens, Vabene/Ortho-Team AG, Bern
Differenzierung zur ortho-pädischen EinlagenversorgungKlassische Einlagen sind passive Ein-
lagen, d.h., der Fuss wird in der Fehl-
stellung abgestützt. Die Fussmuskeln
Podogramm
16
Med
izin
& R
ücke
n
«arbeiten» nicht ausreichend, was die
Funktion des Fusses nicht nachhaltig
verbessert.
Therapiesohlen nach der Methode
Derks sind aktive Einlagen, d.h., die
Fussmuskeln müssen «arbeiten». Die
Fussmuskulatur wird dadurch kräftiger,
die Schrittabwicklung normalisiert sich
und das Gangbild wird verbessert. Im
Weiteren wird das Zusammenspiel der
Fuss-, Bein- und Rückenmuskeln posi-
tiv beeinflusst.
Bei der sensomotorischen Methode wird
von der regulierenden Wirkung des Ner-
vensystems auf Haltung und Muskelbe-
lastung ausgegangen. Dies entspricht
einer ganzheitlichen Wahrnehmung
des Körpers und erhöht die Regenera-
tion enorm.
Ziele / ZielgruppenGelenke werden entlastet, die Bewegung
erleichtert und somit ein schmerzfreies
Gehen, Stehen und Laufen gewährleis-
tet. Personen mit Fussbeschwerden
oder körperstatischen Beschwerden wie:
Hallux Valgus, Hammerzehen, Vorfuss-
schmerzen, Überdruckstellen am Fuss,
Fersenschmerzen, Fersensporn, Rist-
schmerzen, Achillessehnenbeschwer-
den, Wadenschmerzen, Kniebeschwer-
den, Hüftschmerzen und Haltungs-
schmerzen der Wirbelsäule.
Bei Kindern vom 2. bis 12. Lebens-
jahr wird nur die Beinrotation mit-
tels Hebelmechanismen auf den
Therapiebettungen beeinflusst, da
die neurologische Entwicklung des
menschlichen Körpers erst ab dem
12. Lebensjahr ausgereift ist.
Sportler: bei Hobby- und Profisportlern
wird speziell auf die Körperbewegung
für die jeweilige Sportart geachtet; das
heisst z.B. beim Läufer auf die Beinro-
tation, auf den Auftrittswinkel, auf die
Schrittabwicklung und auf die Körper-
haltung.
Quelle:
Verein Podologie Methode Derks, A-1010
Wien, www.podologen.at
Podotec
Konstanze von Allmen hat das Potenzial
dieser Therapiesohlen erkannt, fertigt
die individuellen Sohlen im eigenen Be-
trieb an und bietet diese seit März 2008
auch an. Das Wissen eignete sie sich bei
einem Pionier dieser Methode (Derks) in
Holland an.
Sohlen bestellen!
Einer Bestellung geht vorrangig eine –
durch einen Facharzt ausgeführte – ortho-
pädische, ganzheitliche Körper-Analyse
voraus. Für die Analyse, die Auswer-
tung, den Entwurf und die Anfertigung
der Therapiebettung werden ca. 1 bis
2 Stunden benötigt.
Kosten: Erstuntersuchung CHF 100.–,
die erste Sohle CHF 250.–. Schon nach
ca. 3 Monaten sind Veränderungen sicht-
bar, und die Aktivierungselemente in der
Bettung müssen nachgestellt, d.h. ver-
setzt werden. Der passende, richtig ge-
formte Schuh zur Sohle ist immens wich-
tig. Mit der Produktion der renommierten
Kandahar-Schuhen, die im gleichen Haus
angesiedelt ist, kann das passende Model
direkt vor Ort ausgesucht werden.
Weitere Informationen:
Podotec AG, K. von Allmen, podotec.ch
Wer die Ursachen kennt, kann handelnDer zivile Komfort und die veränderten
Lebensgewohnheiten sind zwar sehr
angenehm, haben uns aber viele Be-
schwerden eingebrockt. Der menschliche
Bewegungsapparat ist dafür ausgelegt,
täglich 20 km auf Naturboden gehen zu
können, ohne davon Schaden zu nehmen.
Studien aus Deutschland zeigen, dass die
heutige Gehdistanz im Schnitt aber nur
noch ca. 800 m beträgt.
Sobald der Körper auf einem flachen
und stabilen Untergrund steht oder geht,
schaltet er zahlreiche nicht benötigte
Muskeln ab, welche er zum Stabilisieren
auf unebenem und weichem Naturboden
aktivieren müsste, um aufrecht zu blei-
ben. Der energiesparende Stemmschritt
auf flachem und hartem Boden verur-
sacht im ganzen Körper Schläge, welche
wir beim Barfussgehen, z.B. am schö-
nen weichen Sandstrand, nicht haben.
Deshalb empfinden fast alle Menschen,
die schon einmal am Meer in den Ferien
waren, das Barfussgehen am Strand
als sehr angenehm, obwohl es anstren-
gender ist.
Wer regelmässig auf instabilem Unter-
grund geht, trainiert die kleinen, kurzen
Muskeln in den unteren Extremitäten,
den Beinen und den Füssen. Dadurch
wird die Reaktionsfähigkeit verbessert
und das Hüft- und die Kniegelenke wer-
den im Schnitt zu 19% entlastet1. Beim
Stehen auf weichem Boden versucht der
Körper aus energieeffizienten Gründen,
seinen Schwerpunkt möglichst im Lot
zu halten, dabei wird die Haltung um 10°
aufgerichtet, die Rücken und Bauchmus-
kulatur ist zur Stabilisierung der Haltung
aktiver, die Gesässmuskulatur ist 38%,
die Oberschenkelmuskulatur 37% und
die Wadenmuskulatur 38% erhöht2. Beim
Barfussgehen in weichem Sand ist der
Druck unter den Füssen besser verteilt
und führt zur Entlastung der Ferse und
Was unter den Füssen ist, entscheidet, wie es dem Rücken geht!
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05/2008/09 · gesundsitzen
regelmässig pro Tag ein Paar MBTs mit
der weichen und runden Sohle zu tra-
gen», meint Franz Amann.
Wie kann der Boden unter den Füssen verändert werden?Die Masai-Barfuss-Technologie wurde
vom Schweizer Ingenieur Karl Müller vor
10 Jahren entwickelt und basiert auf
dem Prinzip «destabilisieren, sensibi-
lisieren, mobilisieren». MBT-Schuhe be-
wirken all das, was Messungen beim Bar-
fussgehen im Sand und die zahlreichen
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des Vorfusses3. Der Energieaufwand ist
auf weichem Untergrund erhöht und re-
duziert besonders bei übergewichtigen
Personen die Gelenkbelastung signifi-
kant4. Sensomotorisches Training auf
instabilem Untergrund verbessert das
neuromuskuläre System, was zu einer
gesteigerten posturalen Körperstabilität
und damit verminderter Sturzhäufigkeit
führt5. Das Training der Unterschenkel-
muskeln führt zu Kraftausdauer und
Koordination, was eine erhöhte Sprung-
gelenkstabilität bewirkt6.
Was können wir unternehmen?Was gibt es für Möglichkeiten, den Körper
wieder natürlicher zu gebrauchen? Die
wohl teuerste und unpopulärste Mass-
nahme wäre, bei allen Trottoirs den Teer
zu entfernen, mit weichem Sand aufzu-
füllen und barfuss darauf zu gehen. Oder
von den 10’000 Schritten, die das Bun-
desamt für Gesundheit BAG täglich emp-
fiehlt, die Hälfte davon, etwa 2.5 km bar-
fuss in der Natur zu absolvieren. «Oder
1 Prof. Dr. Benno M. Nigg, University of Calgary, CD.2 Tim Vernon et al., Sheffield Hallam University, UK3 Franz Amann, Adriane Lang, AMANN.ch AG Orthopädie-Schuhtechnik Basel, CH4 Prof. Dr. Erich Müller, Universität Salzburg, A5 Prof. Dr. A. Gollhofer, Universität Freiburg i.Br., D6 Xaver Kälin, Praxisklinik Rennbahn Muttenz-Basel, CH
oben aufgeführten Studien gezeigt ha-
ben. Durch die runde und weiche Sohle
muss der Körper wieder mehr muskuläre
Stabilitätsarbeit leisten. Im Gegensatz zu
konventionellem Schuhwerk mit hartem
Absatz hat der MBT einen eigens entwi-
ckelten weichelastischen «Masai Sen-
sor». Damit bekommt der Träger ein ähn-
liches Gefühl wie beim Gehen in tiefem
Sand oder weichem Moosboden, weil so
der Fuss wieder mit der Ferse bei jedem
Schritt in den Boden einsinkt.
Gemäss Aussage von Franz Amann sol-
len Tausende von MBT-Trägern durch die
Körperaufrichtung eine Linderung der
Rückenbeschwerden verspüren, weil die
Franz Amann
AMANN.ch AG
Orthopädie-Schuhtechnik
Spezialgeschäft für Fuss, Schuh
und Körperhaltung, Basel.
Mehr Infos: www.amann.ch
kleinen Rückenmuskeln zum Balancieren
wieder aktiviert werden. Von 280 Rücken-
patienten haben 67% angegeben, dass
ihnen das MBT-Tragen viel bis sehr viel ge-
holfen hat. Im Unterschied zu einem Trai-
ning, welches Disziplin und Zeit benötigt,
brauche es diese zwei Faktoren beim MBT
nicht, da wir ohnehin Schuhe tragen.
Krankenkassen, die sich mit MBT ausei-
nander gesetzt und die Vorteile erkannt
haben, bezahlen aus der Zusatzversi-
cherung einen Teil an MBT.
Ohne Veränderung keine VerbesserungWer verstanden hat, für welche Bedin-
gungen der Körper während der Evolution
optimiert wurde, weiss, was er im Alltag
verändern kann, um seine Beschwerden
an den Füssen, Beingelenken oder im Rü-
cken zu lindern.
«Nur wissen was zu tun wäre hilft dem
Rücken nicht, es sei denn, Sie setzen zu
Ihrem Wohle das Wissen in die Tat um»,
meint Franz Amann.
Weitere Informationen:
www.swissmasai.ch
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Einseitige Körperhaltung und damit ver-
bundene Überlastungen führen dazu,
dass immer mehr Erwachsene und
zunehmend auch Kinder über Rücken-
schmerzen klagen. Grund genug, an der
Basis zu beginnen: Die vabene-Methode
bringt sie wieder ins Gleichgewicht und
lindert haltungsbedingte Beschwerden
wirkungsvoll und dauerhaft – über einen
körpereigenen Reflexmechanismus.
Aber auch mangelnde Bewegung, häu-
figes Sitzen und eine falsche Arbeitshal-
tung gehören heute für viele zum Alltag.
Wer Sportarten trainiert, bei denen ein-
seitige Bewegungen gemacht werden,
wie z.B. beim Golfspielen, leidet oft auch
an den Auswirkungen eines muskulären
Ungleichgewichts. Für den Körper bedeu-
tet dies erhöhte, einseitige Belastungen.
Auf Dauer kommt es zu sichtbaren Hal-
tungsfehlern und aufgrund der ständigen
Überbelastung der Muskulatur zu Ver-
spannungen, Rückenbeschwerden, Kopf-
und Knieschmerzen.
Die ganzheitliche TherapieDie vabene-Methode arbeitet nach ganz-
heitlichen Grundsätzen. Das heisst, dass
nicht lediglich die Schmerzsymptome
kurzfristig behandelt werden, sondern
das Krankheitsbild und dessen Ursachen
von Grund auf untersucht und therapiert
werden.
Jede auch nur vorübergehende Überlas-
tung führt zu einer Überreizung oder zu
Schmerzen – mit dem Effekt, dass sich
die Körperhaltung und die Bewegungs-
abläufe im Körper verändern, um so
dem Schmerz «auszuweichen». Eine
Verspannung im Schulterbereich kann
beispielsweise bewirken, dass sich das
Becken verdreht. Durch eine automa-
tisch veränderte Fussstellung versucht
der Körper, das Gleichgewicht wieder-
zufinden und beizubehalten. Der Körper
umgeht auf diese Weise vorübergehend
den Schmerz. Diese Schonmuster ma-
nifestieren sich im Gehirn in der Folge
als «normale» Bewegungsmuster. Die
Gesamtkörperstatik gleicht sich diesem
neuen Muster an und verändert so die
komplette Körperhaltung. So kommt es
zu dauerhaften Fehlhaltungen mit im-
mer wiederkehrenden Schmerzen mit
teils chronischen Folgen. Da der Körper
von den Füssen getragen wird, sind
diese Körperteile mögliche Ausgangs-
punkte, wenn es um die Korrektur einer
fehlerhaften Körperhaltung geht.
Neuro-muskuläre WirkungszusammenhängeDer therapeutische Ansatz beruht auf den
Erkenntnissen der Propriozeption nach
Prof. Dr. René J. Bourdiol und Dr. Giu-
seppe Bortolin über neuro-muskuläre
Wirkungszusammenhänge und deren
Einfluss auf die Körperstatik. Damit der
Mensch bei allen Bewegungen sein Kör-
pergleichgewicht halten kann, überprüft
und beeinflusst der Körper über spezi-
elle Nervenzellen, so genannte Proprio-
zeptoren, permanent den Zustand sei-
ner Muskelspannung. Propriozeptoren
befinden sich an vielen Stellen des Kör-
pers, z.B. auf der Kopfhaut, an den Hand-
innenflächen und den Fusssohlen. Über
das Prinzip von Meldung und Rückmel-
dung lösen propriozeptive Reize Muskel-
spannungen bzw. -entspannungen aus,
um damit einen optimalen koordinierten
und balancierten Bewegungsablauf zu
ermöglichen.
Diesen Mechanismus macht sich die
vabene-Methode zunutze. Kleine Er-
hebungen in den speziellen Einlagen
üben dabei eine Reizwirkung auf diese
speziellen Nervenzellen in den Muskeln
und Sehnen aus. Dadurch wird über das
Zentralnervensystem die Spannung ge-
wisser Muskelketten gezielt beeinflusst,
um einen optimalen, koordinierten und
balancierten Bewegungsablauf zu er-
möglichen, was zu einer schrittweisen
Normalisierung der Körperhaltung führt:
Spannungen lösen sich, der Körper
richtet sich auf, Schmerzen werden ge-
lindert oder verschwinden ganz. Bewe-
gungsabläufe in Alltag, Beruf und Sport
vabene®– wirkungsvolle Methode gegen Rückenschmerzen
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05/2008/09 · gesundsitzen
werden verbessert und dadurch wird die
Beweglichkeit und Leistungsfähigkeit ge-
steigert.
Untersuchung des Bewegungs- und HaltungsapparatesIm Mittelpunkt der vabene-Methode steht
eine sorgfältige Untersuchung des Be-
wegungs- und Haltungsapparates. Dabei
werden das Wirbelsäulenprofil und die
Körperstatik analysiert, die harmonische
Funktion der Muskelketten untersucht,
mögliche Beckenverdrehungen festge-
stellt und muskuläre Ungleichgewichte
ermittelt, die Fehlhaltungen auslösen.
Entsprechend dem Ergebnis der körper-
statischen Untersuchung werden kleine,
ein bis drei Millimeter dünne Plättchen,
so genannte Prozeptoren, an genau de-
finierten Punkten unter der Fusssohle
platziert, um auf die neuro-muskulären
Rezeptoren einzuwirken.
Durch das Unterlegen der spezifisch
geformten Plättchen wird ein körper-
eigener Reflex ausgelöst. Er läuft je
nach stimuliertem Fussmuskel über be-
stimmte Muskelketten und breitet sich
über den Körper aus. Der jeweilige Reflex
kann Muskelspannungen im ganzen
Körper verändern. Somit ist es möglich,
funktionelle Fehlhaltungen, die durch
eine «falsche» Muskelaktivität entstan-
den sind, zu korrigieren. Die Wirkung ist
sofort spürbar. Auch der Kunde spürt
diese Verbesserungen und kann somit
auch entscheiden, ob er dann die Sohlen
anfertigen lassen möchte! Die richtig
positionierten Sohlenelemente werden
anschliessend über modernste Scanner-
Technologie erfasst. Danach erfolgt eine
computergestützte millimetergenaue
Herstellung der individuellen Therapie-
sohlen (CNC-Fräsverfahren). Diese neu-
ro-muskulären Prozeptorsohlen sind nur
wenige Millimeter hoch und können in
den Schuhen, mit Absätzen bis zu 4 cm,
bequem getragen werden.
Diese erfolgreiche Methode versteht sich
als eine Ergänzung zu den herkömm-
lichen Therapiemöglichkeiten. Sie er-
setzt bei Beschwerden auf keinen Fall
den Besuch beim Arzt oder Physiothera-
peuten.
Ortho-Team AG
Christophe Bocherens
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Tel. 031 388 89 89
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Therapie
Gelenkerkrankungen behandelnText: ChiroSuisse
Die Erkrankungen der Gelenke sind vielfältig und können auf sehr unterschiedliche Art und Weise entstehen. Schmerzen setzen oft einen Teufelskreis in Gang, der die Krankheit ständig verschlimmert. Hier setzt der Chiro-praktor an, indem er zum Beispiel Gelenke mobilisiert und Spannungen in den Muskeln abbaut.
Wenn ein Gelenk erkrankt, kann das sehr
verschiedene Gründe haben. Die zu Grun-
de liegenden Störungen lassen sich in
acht grosse Gruppen zusammenfassen:
1. Störung des Stoffwechsels von Harn-
säure (Gicht), Fett (gutartige Tumore),
Kalk (Chondrokalzinose) oder Eisen
(Hämochromatose).
2. Hormonelle Störungen: Unterfunktion
der Schilddrüse oder Zuckerkrankheit
(Diabetes).
3. Störung der Blutgerinnung kann dazu
führen, dass Blut ins Gelenk eindringt.
4. Blutkrankheiten: Entartete, zum Teil
bösartige Blutzellen können die
Gelenke angreifen.
5. Krankheiten des Nervensystems:
Syringomyelie, eine seltene Erkran-
kung des Rückenmarks, oder Lepra,
eine Degeneration der sensiblen Ner-
venfasern, was unter anderem auch
zu Verletzungen der Gelenke führt.
6. Abnutzung durch zu starke oder ein-
seitige Belastung (Arthrosen).
7. Autoimmunkrankheit: Das Immun-
system greift eigenes Gewebe an
und verursacht so Entzündungen wie
rheumatoide Arthritis.
8. Infektion durch Krankheitserreger,
meistens Bakterien oder Viren.
Wie Gelenke erkrankenAbnützung des Gelenkknorpels und
Entzündungen im Gelenk schädigen die
Strukturen des Knorpels, was bioche-
mische Abbauprodukte freisetzt. Diese
ziehen, aufgrund ihres osmotischen
Drucks, Flüssigkeit aus dem umge-
benden Bindegewebe in das Gelenk. Das
macht die Gelenkschmiere dünnflüssiger,
wodurch die Reibung zunimmt.
Schon eine normale Belastung schädigt
nun das Gelenk weiter, und der Teufels-
kreis von Entzündung und Abnützung
dreht sich immer schneller. Das Gelenk
schmerzt, was die Muskeln aktiviert, sich
stärker anzuspannen, um das Gelenk zu
entlasten. Das führt zu Fehlhaltungen,
weil die verkrampften Muskeln immer
stärker und ihre natürlichen Gegenspie-
ler (Antagonisten) immer schwächer
werden. Das verschlechtert Koordination,
Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit, was
das Gelenk weiter schädigt. Die Masse
des Knorpels nimmt stetig ab, statt-
dessen wird Kalk eingelagert, und der
Knorpelbelag wird löchrig. Jede Bewe-
gung schmerzt, selbst bei geringer Be-
lastung. Das Gelenk schwillt an und fühlt
sich warm an.
Wann Gelenke erkrankenJede Frau und jeder Mann kann von Er-
krankungen der Gelenke betroffen sein.
Eine häufige Ursache ist zu starke und
zu einseitige Belastung, zum Beispiel
im Spitzensport. Auch Übergewicht und
schlecht koordinierte Bewegungen kön-
nen die Gelenke zu stark belasten, eben-
so schlechtes Schuhwerk, vor allem auf
harten, unelastischen Böden.
Starke Verletzungen, zum Beispiel durch
einen Sportunfall oder übermässiges
Training, können der Auftakt zu einer län-
ger dauernden Gelenkserkrankung sein.
Aber auch die schleichende Überlastung
durch eine Folge von kleineren Verletzun-
gen kann dieselbe Wirkung erzeugen.
Ernährung spielt im Allgemeinen keine
grosse Rolle, ausser bei massiver Fehl-
oder Mangelernährung. Hingegen stellen
die genetischen Anlagen entscheidende
Weichen, vor allem die Anfälligkeit für
jene Stoffwechselleiden, die sich negativ
auf die Gelenke auswirken können.
So behandelt man erkrankte GelenkeDer Chiropraktor verfügt über eine gan-
ze Reihe von bewährten Methoden, um
Beschwerden in den Gelenken zu lindern
und zu beheben. Dies betrifft vor allem
auch die Gelenke der Wirbelsäule vom
Hals bis hinunter zum Becken. Durch ge-
zielte Manipulation mobilisiert der Chiro-
praktor blockierte Gelenke und leitet
so eine Entspannung der verkrampften
Muskeln ein, was einen wichtigen Schritt
zur Besserung einleitet.
Entzündungshemmende Massnahmen
wie Kältepackungen, Vitamine, Enzyme
und Medikamente unterstützen diese
Behandlung ebenso wie Präparate gegen
den Abbau des Knorpels. Leichte Bewe-
gung mit Mass ohne Belastung (zum
Beispiel im Wasser) kann wahre Wunder
wirken.
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05/2008/09 · gesundsitzen
Ergonomie im Spital – wie geht das?
Betriebliche Gesundheits-förderung in der Spital STS AG
Die Spital STS AG (Simmental-Thun-Saanenland AG) ist verant-wortlich für die medizinische Spitalversorgung der regionalen Bevölkerung. Sie dient als Ausbildungsstätte verschiedenster Spitalberufe und ist ein bedeutender Arbeitgeber der Region.
gesundsitzen möchte vor allem über die
betriebsinternen Aktivitäten des Spitals,
über die so genannte Betriebliche Ge-
sundheitsförderung (BGF), als Teil des
betrieblichen Gesundheits-Managements
(BGM), und im Detail über den Bereich Er-
gonomie am Arbeitsplatz berichten.
Themenbereiche im Rahmen der BGF«Betriebliches Gesundheits-Management
ist Chefsache», meint der Beauftragte
BGF, Patrik Walther, bestimmt. Ja, denn
75% der Spitalausgaben sind Personal-
kosten. Umso wichtiger erscheint es, in
diesem Bereich genauer hinzuschauen.
Hohe AbsenzenrateDas Spital hat – wie viele andere Unter-
nehmungen auch – eine zu hohe Absen-
zenrate. Diese gilt es zu senken, denn
laut einer Studie des Alpha Kadermarktes
(2004) können 65.8% der durch Fehl-
zeiten verursachten Kosten langfristig
gesenkt werden.
Nur, was sind die Gründe dieser Fehlzeiten? «Krank sein ist nicht alleine ein medizi-
nisches Problem, Einfluss haben z.B. auch
die Arbeitsmotivation, Mobbing und Stress-
faktoren, Reorganisation, Führungsver-
halten, persönliches Umfeld oder externe
Einflüsse (Globalisierung, fremde Kul-
turen). Wichtig ist die Work-Life-Balance.
Arbeitswelt und privates Leben sollten
grösstmöglich in Balance sein. Unaus-
geglichenheit schlägt sich sofort auf das
Befinden des Einzelnen aus. Die Folgen
davon können Durchhänger, Krankheit
bis hin zur Kündigung sein», betont
Patrik Walther.
Seit der Einführung der BGF-Massnahmen
im 2006 konnten die Absenzen um mehr
als 10% reduziert werden. Dies bedeutet
eine Kosteneinsparung von ca. einer Mil-
lion Franken.
Attraktivität des Arbeitsplatzes erhöhenMit der konsequenten Umsetzung der
BGF-Massnahmen in der Spital STS AG
wird das Bewusstsein für das eigene Ge-
sundheitsverhalten der Mitarbeitenden
gezielt gefördert. Damit erhöht sich die
Attraktivität des Arbeitsplatzes noch wei-
ter, und zudem werden Unkosten durch
Fehlzeiten gesenkt sowie Zusatzbelas-
tungen vermieden. Aus diesem umfang-
reichen Massnahmenkatalog wollen wir
uns im Detail mit der Ergonomie am Ar-
beitsplatz befassen.
ArbeitsplatzabklärungDie Arbeitsplatzabklärung wird für Einzel-
personen sowie für ganze Teams angebo-
ten. Bei Teams werden im Anschluss an
die Arbeitsplatzabklärung gezielte Mass-
nahmen innerhalb eines Workshops ver-
mittelt.
Text: Fruitcake.ch, Bilder: zvg
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Die Ergonomie-Workshops sind ebenfalls
ein Angebot der Spital STS AG, um allfällige
unbefriedigende Arbeitssituationen be-
treffend die Ergonomie und die äusseren
Rahmenbedingungen zu optimieren.
Den Teilnehmenden wird ein theore-
tisches und ein praktisches Wissen ver-
mittelt, welches ihnen helfen soll, den
eigenen Arbeits-Alltag bewusster und
ergonomischer zu gestalten. Als direkte
Folge erhofft man sich eine positive Wir-
kung auf die Belastbarkeit des eigenen
Körpers.
Pilot-WorkshopsGestartet wurde bereits im letzten Jahr
mit Workshops für zwei verschiedene Be-
rufsgruppen. Bei der einen waren es vor
allem Beschwerden wie: Nackenverspan-
nungen, Rücken- und Kopfschmerzen
und müde Augen, hervorgerufen durch
häufige Bildschirmarbeiten, d.h. stän-
diges Sitzen vor dem Computer. Bei der
anderen wurden die Beschwerden eher
durch sehr langes Stehen – z.B. bei der
Erstellung eines EKG – hervorgerufen.
Als Folge konnten durch die Feedbacks
vom Workshop direkte Anpassungen am
Arbeitsplatz vorgenommen werden, wie
z.B.:
• Bildschirm-Höhe/-Distanz richtig
einstellen
• Optimierung der Arbeitsplatz-
gestaltung (PC, Tastatur, Maus etc.)
• Neuer Bürostuhl
• Korrekte Stuhleinstellung
• Fussstütze
• Umsetzung der Übungen für die Augen
• Empfehlung, beim Telefonieren ab und
zu aufstehen und/oder Benutzung von
Headsets
«Die Pilot-Probanden waren alle be-
geistert von den Workshops. Manchmal
braucht es gar keinen grossen Aufwand
– kleine Tipps oder Hilfsmittel wie z.B.
ein Ballkissen oder das Installieren eines
Headsets (zur Verminderung von Genick-
starre bei längerem Telefonieren) bewir-
ken schon eine beachtliche Linderung
der Beschwerden. Die Mitarbeitenden
sind froh und dankbar für unsere Inputs
und Beratung», berichten Claudia Müller,
Fachbereichsleitung Physiotherapie, und
Esther Huggler, dipl. Physiotherapeutin.
«Dieses positive Feedback gibt uns auch
die Bestätigung, dass wir auf dem rich-
tigen Weg sind mit unserem Kurs-Ange-
bot.»
Arbeitsplatzabklärung (APA)
Ziele:
• Analysieren und Beurteilen der
Arbeitssituation/des Arbeits-
platzes
• Einleiten von notwendigen und
gezielten Massnahmen zur
Verbesserung der aktuellen
Situation
• Coaching und Betreuung in Bezug
auf die körperliche Belastung am
Arbeitsplatz
Mögliche Inhalte:
• Beurteilung von Sitz- und
Stehpositionen
• Beurteilung des Bewegungs-
verhaltens am Arbeitsplatz
• Evaluation/Analyse belastender/
ungünstiger Arbeitssituationen
für den Bewegungsapparat
(z.B. Heben von schweren Lasten,
repetitive Bewegungen etc.)
und mögliche Alternativen
• Beurteilung von Raumklima,
Licht, Lärm, Mobiliar, Bild-
schirmarbeit
• Möglichkeiten einer Arbeits-
platzanpassung, zum Beispiel
mit Hilfsmitteln oder Ausgleichs-
bewegungen, werden evaluiert
und präsentiert und können
ausprobiert werden.
Ergonomie-Workshop (WS)
Ziele
• Prophylaktischer Einfluss auf
den Bewegungsapparat
• Verminderung von bestehenden
Problematiken des Bewegungs-
apparates
• Steigerung der eigenen körper-
lichen Belastbarkeit
• Optimierung des Einsatzes des
eigenen Energiehaushalts
Inhalt und Aufbau des Workshops
• Theoretische Informationen über
Strukturen und Funktionen
unseres Körpers
• Was ist Ergonomie?
Wie kann ich diese im Alltag
einsetzen?
• Belastung und Belastbarkeit
des Körpers bei der Arbeit und
in der Freizeit
• Informationen und Instruktionen
in Bezug auf Sitzen, Heben,
Stehen, berufsspezifische
Situationen etc.
• Praktische Umsetzung der
Informationen direkt am
eigenen Arbeitsplatz
• Ausgleichsübungen für den
Arbeitsalltag
• Beantworten von Team- und/oder
individuellen Fragen
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05/2008/09 · gesundsitzen
Anmeldung bequem via IntranetAlle im Spital STS AG angebotenen Work-
shops oder Kurse können direkt via In-
tranet eingesehen werden. Relevante In-
formationen wie: Thema, Ort, Zeiten usw.
sind aktuell abrufbar. Die Anmeldung zu
den jeweiligen Kursen erfolgt mit 2–3
Mausklicks.
Eigenverantwortung«Ganz wichtig ist die Eigenverantworung
der Teilnehmenden. Sie müssen selber
aktiv werden, sich informieren und sich
via Intranet anmelden. Wir bieten einfach
die nötigen Strukturen, das Gerüst; den
ersten Schritt zur Veränderung müssen
jedoch die Mitarbeitenden selber ma-
chen», erläutert Claudia Müller, Fachbe-
reichsleiterin der Physiotherapie.
Spital STS AGDie Spital STS AG gewährleistet als
Regionales Spitalzentrum (RSZ) mit
ihren Spitalbetrieben Thun, Zweisim-
men, Saanen und der Klinik Erlenbach
die Spitalversorgung für ca. 170’000
Menschen. Über 92% aller notwen-
digen Spitalbehandlungen aus dem
Einzugsgebiet werden in diesen Be-
trieben durchgeführt. Um dies zu ge-
währleisten, sind an den 4 Standorten
rund 1’700 Mitarbeitende in einer Voll-
oder Teilzeitstelle tätig.
Weitere Informationen:
Betriebliche Gesundheitsförderung
Spital STS AG
Patrik Walther, Beauftragter BGF
Krankenhausstrasse 12
3600 Thun
Tel. 033 226 22 18
Esther Huggler, Patrik Walther und Claudia Müller
Physiotherapie und Ergonomie
Spital STS AG
Claudia Müller
Fachbereichsleitung Physiotherapie
Esther Huggler, dipl. Physiotherapeutin
Tel. 033 226 26 76
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10 Minuten für Ihre GelenkeGeben Sie Verletzungen keine Chance: Das Kräftigungsprogramm von <Dänk a Glänk>.
Zwischen Fersen- und Zehenstand wechseln – 20 mal
Liegestütze oder Knieliegestütze – 10 bis 20 mal
Kniebeuge – 20 mal
Rumpf heben rücklings – 3 x 10 Sekunden halten
Rumpf heben – 3 x 10 Sekunden halten
Becken heben seitwärts – 3 x 10 Sekunden halten
Bein anheben – 3 x 10 Sekunden halten
Rumpf anheben – 3 x 10 Sekunden halten
Bein und Arm heben diagonal – 3 x 10 Sekunden halten
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05/2008/09 · gesundsitzen
Gesundheit
Fitness beim Sitzen fördernText: Jürg Hurter, Chirosuisse; Bilder: zvg
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Sitzen ist Zwang. Will man Beschwerden vermeiden, darf man sich nicht zu lange in einen Stuhl zwängen: Je öfter man auf-steht und sich bewegt, desto besser.
Der Stuhl mag noch so gut sein: Wir sit-
zen zu viel. Schon in der Schule sitzen wir
auf oft schlechten Stühlen und an starren
Bänken. Wir sitzen im Büro oder in der
Werkstatt. Wir sitzen im Auto. Wir sitzen
abends vor den Fernseher.
Dafür ist die kompliziert aufgebaute Wir-
belsäule nicht geschaffen: Der Druck in
den Bandscheiben ist beim Sitzen deut-
lich erhöht; ihre vierundzwanzig Wirbel,
dreiundzwanzig Bandscheiben, acht-
undvierzig Gelenke, ihre vielen Muskeln,
Sehnen und Bänder müssen ständig und
ausgewogen bewegt werden. Belastet
man einzelne Teile zu schwach, zu stark
oder gar nicht, drohen Verkümmerung,
Verhärtung oder Verschleiss: Das Zu-
sammenspiel von Gelenken und Muskeln
leidet, die Wirbelsäule wird unbeweglich,
Fehlhaltungen nehmen überhand, man
bewegt sich noch weniger – ein schmerz-
hafter Teufelskreis.
Abwechslung und Bewegung sind die
Schlüssel zum richtigen Sitzen. Zwei
Meter auf dem allerbesten Bürostuhl
zum nächsten Tisch rollen mag praktisch
scheinen – aber es tut dem Rücken nicht
gut. Besser ist es, immer wieder ein paar
Schritte zu tun, gelegentlich ein Telefon-
gespräch stehend zu führen und sich den
Kaffee selbst zu holen ...
Gute Stühle sind nicht billig; viel Entwick-
lung und hochwertige Materialien stecken
in ihnen. Doch der teuerste Stuhl ist güns-
tiger als ein kranker Rücken. Ausgezeich-
nete Sitzmöbel lohnen sich : Es darf nicht
einengen, es muss stützen und entlasten
und das Sitzen in Bewegung erlauben.
Wenn der Rücken trotzdem schmerzt?
Je eher z.B. der Chiropraktor untersucht
und behandelt, desto weniger werden Be-
schwerden verschleppt und desto besser
verhindert man chronische Schmerzen.
Besser sitzenAbwechslung
Schlecht ist auch die beste Sitzhal-
tung, wenn man sie seinem Körper zu
lange aufzwingt.
Kraft
Unbeschadet sitzen kann man nur
mit einer kräftigen Muskulatur. Mus-
kelkraft erlangt man mit Bewegung,
mit gezielter Gymnastik und Sport.
Bewegung
Wer unbeweglich sitzt, ermüdet rasch
und leidet an Verspannungen und
Fehlhaltungen: Auf dem Stuhl muss
man sich bewegen können.
Stehen
Verstellbare Steh- und Sitzpulte sowie
Pultaufsätze kommen dem Bewe-
gungsdrang entgegen und erlauben
das Arbeiten in möglichst vielen Posi-
tionen – sitzend und stehend.
Alternativen
Als Abwechslung zum Stuhl können
Kniestühle, Sitzbälle, Stehhocker, Bal-
lonkissen und anderes eingesetzt
werden.
Auto
Der Autositz darf nicht einengen und
muss im Falle eines Unfalles schützen. Die
Kopfstütze reicht bis zur Scheitelhöhe.
Hilfsmittel
Fussstütze und -schemel, Handstüt-
zen und Manuskripthalter, Telefon-
kopfhörer und -mikrophon helfen,
korrekt zu sitzen.
Sitzen in der Schule
Schweizer Jugend testet! Für den Kassensturz-Bericht prüften Roman Gugger, Lea Aeschlimann und Pascal Dummermuth von der Wirtschafts-schule Thun je 10 Stühle an 13 Wirtschafts- und Handels-schulen in der gesamten Schweiz. 86 Schulen wurden ange-fragt. Die KV-Lernenden im 2. Lehrjahr testeten die Kriterien: 1. Design, 2. Komfort, 3. mögliche Beschwerden (Rücken).
gesundsitzen hat sich mit den drei inno-
vativen TesterInnen hoch über dem Thu-
nersee getroffen und sie zu folgenden
Themen befragt;
gesundsitzen: Wie seid ihr auf Kassen-
sturz bzw. Schweizer Jugend testet
gestossen? Warum habt ihr da mit-
gemacht? Was war der Auslöser?
Im Rahmen der AusbildungsEinheit 2
bekamen wir von unserem Lehrer die
Projektaufgabe, an diesem Wettbewerb
teilzunehmen. Wir konnten das Projekt
resp. die damit verbundenen Arbeiten
zu fast 90% während der Schulstunden
bewältigen.
gesundsitzen: Wie seid ihr auf die Idee
mit den Stühlen gekommen?
Durch Zufall – eigentlich wussten wir an-
fangs gar nicht so recht, in welche Rich-
tung wir gehen wollten – hatten keinen
spontanen Einfall. Als wir uns dann auf
unseren Stühlen hin- und herfläzten, kam
die Idee mit den Stühlen.
gesundsitzen: Wie habt ihr die Anfrage
für das Projekt gestartet – wie wurden
die 86 Schulen angefragt?
Die Bearbeitung des Prozesses begann
mit dem Kreieren des Bewertungsbo-
gens. Wir machten uns im Internet schlau
über gesundes Sitzen, Eigenschaften der
Stühle und Notwendigkeiten. Laufend
entstand so ein Bewertungsformular.
Die erstellten Bögen übersetzten wir in
die Sprachen Englisch und Französisch,
damit auch Schüler aus der Westschweiz
und dem Tessin an der Umfrage mitma-
chen konnten und das Testresultat nicht
aufgrund sprachlicher Differenzen ver-
fälscht wurde. Zeitgleich machten wir
die Adressen aller Wirtschafts- und Han-
delsschulen in der Schweiz ausfindig.
Die Testanfragen verschickten wir dann
direkt per Mail.
gesundsitzen: Wie war das Feedback
der Schulen? Positiv, speditiv, koope-
rativ ?
Das Feedback war sehr unterschiedlich –
zum Teil kam – trotz «Znüni-Lockvogel»
für die ersten Einsendungen – gar keine
Reaktion. Die meisten Schulen haben aber
schnell geantwortet und die Aktion wurde
an ein bis zwei Schulen sogar als Anstoss
gewertet, um eine mögliche Neuanschaf-
fung der Schulstühle ins Auge zu fassen.
gesundsitzen: Wie war die
Zusammenarbeit mit dem Fernsehen,
Ueli Schmezer und Team SF?
Ueli Schmezer haben wir gar nicht ken-
nengelernt. Das SF-Produktionsteam kam
in unserer Schule vorbei und hat die Auf-
nahmen gemacht. Ca. drei Stunden für
zwei bis drei Minuten Bericht – aber es
hat trotzdem Spass gemacht, das Team
war nett!
gesundsitzen: Was sind die wichtigsten
Kriterien bei einem Stuhl?
Sicherlich die Verstellbarkeit der Sitz-
höhe. Aber auch die Rückenlehne muss
in der Neigung und Höhe verstellbar und
flexibel sein.
gesundsitzen: Was hat sich nach dem
Test in eurer oder in anderen Schulen
verändert?
(wurden evtl. neue Stühle bestellt ...)
An unserer Schule hat sich nichts verän-
dert – unser Stuhl hat ja im Test mit dem
3. Rang abgeschnitten, wir sitzen also
bereits auf einem sehr guten Stuhl. Aber
bei ein bis zwei anderen Schulen hat die-
ser Test doch eine Reaktion resp. einen
Anstoss ausgelöst.
gesundsitzen: Habt ihr schon neue
Ideen von Produkten, die ihr schon
lange einmal testen wolltet?
Text und Fotos: Fruitcake.ch
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05/2008/09 · gesundsitzen
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Folgende Schulen haben mitgemacht
• Kaufmännische Berufsschule
Solothurn
• Berufsschule der Landschaft Davos
• Kaufmännische Berufsschule
Schwyz
• KBZ St. Gallen
• Handelsschule Ursula
• Wirtschaftsschule KV Winterthur
• Bildungszentrum Zürichsee
• Berufsbildungszentrum Olten
• EPAC Bulle
• Wirtschaftsschule Thun
• KBS Glarus
• Handelsschule KV Aarau
• Berufsschule Bülach
Nein – (alle lachen) – daran haben wir
noch gar nicht gedacht!
gesundsitzen: Auch eure zukünftige
berufliche Tätigkeit wird voraussicht-
lich vorwiegend in sitzender Position
vollbracht. Seid ihr jetzt sensibili-
sierter, was das Sitzen resp. den Stuhl
anbelangt?
Ja; wir achten nun sicher mehr auf die
Qualität eines Stuhls ganz allgemein.
gesundsitzen: Würdet ihr bei anhal-
tenden Rückenschmerzen beim Arbeit-
geber intervenieren, um einen Stuhl,
der euren Bedürfnissen entspricht, zu
erhalten?
(alle lachen) Ja, würden wir – momentan
ist dies zwar nicht der Fall – unsere Sitz-
unterlagen sind alle top – aber wir würden
uns sicherlich zu wehren wissen!
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Fitness-Ratgeber
Kraftmaschine versus HantelDie Diskussion über den Nutzen bzw. das Gefahrenpotenzial von Trainingsgeräten und Freien Gewichten ist nicht grund-sätzlich zu führen. Es geht vielmehr darum, Vor- und Nachteile den Anforderungen des Anwenders durch Modifikation einer Übung anzupassen.
Am Beispiel der Grundbewegung «Arm-
beugen» wird erkennbar, welche Bedeu-
tung das Wissen um die physiologische
Kraftentwicklung hat. Die Kraft der Beu-
gemuskeln (z.B. Bizepsmuskel) ist vom
Beugegrad abhängig. In der Mittelstellung
der gesamten Beugebewegung bei ca. 90°
ist die willkürlich erzeugbare Muskelkraft
am grössten (100%); mit zunehmender
Beugung (>90°) und Streckung (<90°)
nimmt diese deutlich ab. Etwa 30° vor der
maximalen Beuge- bzw. Streckstellung im
Ellenbogengelenk beträgt diese nur noch
50% (vgl. Abb.1).
Diese muskelphysiologische Eigenschaft
ist auf alle eingelenkigen Muskeln über-
tragbar. Wenn wir nun die Gewichtskraft
durch eine Hantel berücksichtigen, wird
der Unterarm zu einem einfachen Hebel.
Die Gewichtskraft erzeugt das grösste
Drehmoment, wenn der Unterarm die
Horizontale bei einem Winkel von 90° er-
reicht. In dieser Stellung fallen maximale
Muskelkraft und Gewichtskraft idealer-
weise zusammen (vgl. Abb. 2).
Ausgehend vom Wissen, dass die Kraft-
kurve eines Muskels einen sinusför-
migen Verlauf zeigt, fokussieren wir nun
unsere Betrachtung auf Trainingsgeräte.
Am Beispiel der Übung «Kniestrecken»
wird die Gefahr einer Fehl- oder Überbe-
lastung des Kniegelenkes bzw. dessen
überbrückenden Muskel-Sehnen-Struk-
turen erkennbar. Mit zunehmender Knie-
streckung vermindert sich die Kraft des
vorderen Oberschenkelmuskels. Der
Widerstand erhöht sich aber durch die
anguläre Bewegung des Gerätehebels
(länger werdender Lastarm) bis zur Hori-
zontalen (vgl. Abb.3).
Dieses unphysiologische Kraft-Last-Ver-
hältnis kann zu der besagten Fehlbe-
anspruchung und damit zu Schmerzen
führen. Darüber hinaus wird der Trai-
ningseffekt durch die Divergenz1 von
Kraft- und Lastkurve deutlich gemindert.
Aus diesem Grunde sind billige Fitness-
geräte, welche für das Heimtraining im
Warenhaus oder Supermarkt angeboten
werden, ungünstig (vgl. Abb.4).
Die bisherigen Betrachtungen waren auf
eingelenkige Muskeln bezogen. Um den
Vergleich zwischen Trainingsgeräten und
Freien Gewichten zu vervollständigen,
muss auch die Wirkungs- und Arbeitswei-
se der zweigelenkigen2 Muskeln berück-
sichtigt werden.
Am Beispiel der Kräftigungsübung «Knie-
beugen» soll ein weiterer vergleichender
Aspekt erörtert werden (vgl. Abb. 5). Das
Aufstehen von einem Stuhl, Aufrichten
aus der tiefen Hocke oder Treppenstei-
gen sind häufige Alltagsbewegungen,
welche eine mehr oder weniger starke
Aktivierung der Streckmuskelkette von
Knie- und Hüftgelenken gegen die Ein-
wirkung der Schwerkraft erfordern. Unter
diesem alltagsrelevanten Gesichtspunkt
wird häufig von funktioneller Bewegung
gesprochen. Wenn also zum Beispiel
mit einer Hantelkniebeuge dieses Bewe-
gungsmuster trainingswirksam geübt
werden kann, dann lässt sich daraus ein
unmittelbarer Nutzen in Bezug auf den
täglichen Arbeitseinsatz ziehen. Ferner
entspricht das Beugen und Strecken der
Beine im Stand der physiologischen Ar-
beitsweise der beteiligten Muskeln. Bei
Abb. 1: Kraftentwicklung der Armbeugemuskulatur in Abhängigkeit der Winkel-stellung.
Abb. 2: Die Gewichtskraft G erzeugt beim Heben gegen die Schwerkraft ein Drehmoment, welches bei horizontaler Stellung des Hebelarmes maximal wird. 1 Auseinanderlaufen
Text: Urs Geiger, physioswiss GYM medico, Basel; Bilder: zvg
Abb. 3: Ungünstiges Verhältnis zwischen Belastungskurve (grüner Pfeil) und Kraftkurve (blauer Pfeil) bei Knie-streckung.
2 Muskeln, die zwei hintereinander folgende Gelenke überbrücken
Belastungskurveeines Gewichtes
Kraftkurve beim Beinstrecken
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05/2008/09 · gesundsitzen
der Kniebeuge wird der vordere Ober-
schenkelmuskel über das Kniegelenk
gedehnt, während durch die gleichzeitige
Beugung im Hüftgelenk eine kompensa-
torische Annäherung stattfindet. Für die
hintere Oberschenkelmuskulatur verhält
es sich genau umgekehrt. Damit wird
sichergestellt, dass der Muskel seine Ru-
helänge weitgehend erhalten kann und
damit auch seine Kraft.
Durch die lineare Bewegung des Massen-
schwerpunktes wird, im Gegensatz zur
angulären Bewegung, keine übermässige
Zu- bzw. Abnahme der Drehmomente ge-
neriert. Als weiterer Aspekt kommt jener
der Koordination und Stabilisation hinzu.
Die gleichgewichtserhaltende Feinregu-
lierung der Rohkraft und die stabilisie-
rende Kraft der Rumpfmuskulatur zum
aktiven Schutz der Lendenwirbelsäule
sind wertvolle Zusatzeffekte. Auf der ent-
sprechenden Kraftmaschine «Beinpres-
se» sind diese sensomotorischen Fähig-
keiten nicht zu erwarten.
Aus gesundheitlichen Gründen darf der
Aspekt der Bewegungsgeschwindigkeit
nicht unberücksichtigt bleiben. Grund-
sätzlich ist eine lineare Bewegungsge-
schwindigkeit gefordert. Linear heisst in
diesem Zusammenhang gleich bleibend
oder konstant, was Beschleunigung und
damit Kraftspitzen am Umkehrpunkt
der Bewegung ausschliesst. Langsames
Bewegungstempo bedeutet gleichmäs-
sige, höhere Muskelspannung und damit
auch Verbesserung des aktiven Gelenk-
schutzes. In einer Studie von W. Westcott,
1994, wurde der Trainingseffekt bei un-
terschiedlichen Bewegungsgeschwin-
digkeiten untersucht. Als gleich wirksam
haben sich für 10 Wiederholungen Be-
lastungszeiten (Sekunden) von 4 (2/2),
6 (2/4) und 8 (4/4) Sekunden erwiesen.
Die lokale Ermüdung muss dabei inner-
halb einer Belastungsdauer von 40 und
80 Sekunden erfolgen.
Schlussfolgerungen• Mit langsamer Bewegungsgeschwin-
digkeit – zum Beispiel 2 Sekunden
Gewicht heben, 4 Sekunden Gewicht
kontrolliert senken – ist eine signifi-
kante Verbesserung der Kraft garan-
tiert (Minimierung des Drehmomen-
tes bei Maximierung der Muskel-
spannung).
• Widerstandsgeräte erlauben bei allge-
mein einfacher Bedienung eine gute
Dosierbarkeit der Belastung. Die pas-
sive Stabilisation des Körpers ist meist
gegeben. Aufgrund der ausgesproche-
nen Selektivität können Einzelmus-
keln lokal optimal ausgereizt werden.
Voraussetzung ist aber eine adaptierte
Kraftübertragungsmechanik. Die Trai-
ningswirkung basiert primär auf Pro-
zessen der lokalenergetischen Ener-
giebereitstellung ohne Umsetzung auf
der neuromuskulären Ebene.
• Das Training mit Freien Gewichten be-
dingt eine gute Körperwahrnehmung
(Bewegungs- und Kraftsinn) und die
Fähigkeit zur willkürlichen Gelenk- und
Wirbelsäulenstabilisation. Die grosse
Übungsvariabilität erlaubt individuelle
Anpassungen an die geforderte Alltags-
oder Sportbelastung. Die bewegungs-
koordinative Komponente ist meist
zwingend enthalten. Für Trainingsun-
erfahrene ist die Instruktion durch
eine kompetente Fachperson aber
unerlässlich. Abb. 4: Unphysiologische Belastung ohne Widerstands-adaptation durch Cam (exzentrische Umlenkrolle).
Abb. 5: Tiefe Hantelkniebeuge (squat) zur funktionellen Kräftigung der Beinstreckmuskelkette.
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Die sanfte Trainingsmethode
Pilates – Körper und Geist in HarmonieDie Pilates Methode ist eine einzigartige Trainingsmethode, die mit Konzentration, gezielten Bewegungen und Atmung in-nere Kraft schenkt und dem Körper Ausdauer, Stärke und Ge-schmeidigkeit verleiht. Körper und Geist werden gleichzeitig beansprucht und das Wohlbefinden wird gefördert.
Text: Beatrice Eggimann, Pilates Bern; Bilder: zvg
Im Pilates geht es nicht um Quantität,
sondern um Qualität: Ein wesentlicher
Grundsatz des Trainings ist die kontrol-
lierte Ausführung aller Übungen und Be-
wegungen. Durch die Kontrolle werden
die Übungen sicher und die Effizienz wird
gesteigert. Genaue Ausführungen helfen
die gewünschte Wirkung zu erzielen. Alle
Übungen werden in fliessenden Bewe-
gungen ausgeführt, ohne längere Unter-
brechungen. Mit der Kontinuität werden
neue Bewegungsmuster erlernt und ge-
speichert. Ziel ist es, Pilates in den Alltag
einfliessen lassen und ein neues Bewe-
gungsgefühl zu erhalten. Mit Hilfe der
Imagination und Visualisierung werden
kleinste Aktivitäten ausgelöst, welche die
Methode unterstützen.
Was bewirkt Pilates?• Pilates verbessert die Haltung
• Mobilisiert und stabilisiert die
Wirbelsäule
• Kräftigt den Rumpf
• Schenkt mehr Kraft und Beweglichkeit
• Schult die Körperwahrnehmung
• Verhilft zu mehr Entspannung und
Harmonie
• Verbessert die Balance
Pilates ist ein ganzheitliches Training,
welches Körper und Geist gleichzeitig
beansprucht. Bewegungsmuster wer-
den analysiert und können verbessert
werden, Verspannungen und Fehlhal-
tungen kann entgegengewirkt werden.
Die Pilates Methode arbeitet mit Prin-
zipien, welche sich optimal ergänzen:
Die 7 Prinzipien von Pilates (nach der PILATES Bodymotion Methode)• Zentrierung
• Atmung
• Bewegungslänge und -weite
• Gewichtsverlagerung und Alignement
• Lockerheit und Entspannung
• Schultergürtelorganisation
• Gelenkartikulation
Das Pilates kann in den ver-schiedensten Formen ausgeführt werdenFür gesunde Personen verschiedenster
Altersklassen und Fitness ist das gene-
relle Pilates Training auf der Matte in der
Gruppe geeignet. Gruppen können jedoch
auch spezifisch auf ein Thema wie bei-
spielsweise Schwangerschaft und Rück-
bildung, Seniorentraining, Rückenbe-
schwerden, Osteoporose, sportspezifisch
etc. ausgelegt und das Pilates Training an-
gepasst werden. Optimal berücksichtigt
Joseph Pilates (1880–1967)
Pilates wurde von
Joseph Hubertus
Pilates entwickelt.
Schon im Kindesalter litt er an Ra-
chitis, Asthma und rheumatischem
Fieber. Pilates war fest entschlossen,
diese gesundheitlichen Probleme zu
überwinden, und so widmete er sich
dem körperlichen Training. 1912 ver-
liess Joseph Pilates seine Heimat in
der Nähe von Düsseldorf, um nach
England zu gehen. Während des Ers-
ten Weltkrieges war er Gefangener
in einem Lager und kümmerte sich
um die Kriegsverletzten. Gerade un-
ter diesen Umständen entwickelte er
seine Trainingsmethode weiter. Sein
Ziel war es, eine Art Rehabilitations-
training zu entwickeln. Bettlägerige
Patienten sollten die Übungen ausfüh-
ren können, um so Kraft und Flexibi-
lität zu entwickeln. So entstanden die
ersten Geräte mit Federnwiderstand.
Nach dem Krieg zog es Joseph Pilates
nach Amerika, in New York eröffnete
er 1923 sein erstes Studio. Er starb im
Jahre 1967.
werden die Ziele und Schwachstellen
eines Klienten beim Pilates Personal Trai-
ning. Pilates kann von Kindern bis hin
zu Senioren praktiziert werden und wird
ebenfalls in der Rehabilitation und Phy-
siotherapie angewendet.
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05/2008/09 · gesundsitzen
Gesunderhaltung mit PilatesPilates soll in erster Linie der Gesund-
erhaltung und dem individuellen Fit-
nessmanagement dienen. Besonders im
Pilates Personaltraining werden durch
eine ausführliche Haltungsanalyse die
Schwachstellen aufgedeckt. Ein indi-
vidueller Trainingsplan wird unter der
Berücksichtigung von Krankheits- und
Beschwerdebildern erstellt und falsche
Haltungs- und Bewegungsmuster kön-
nen korrigiert werden.
Pilates für SeniorenMit zunehmendem Alter reduziert sich
Beweglichkeit, Muskelspannung und
Muskelkraft jedes Menschen. Diese Re-
duzierungen vermindern die allgemeine
Aktivität ebenso wie die Konzentrations-
fähigkeit und Motivation. Diesem Leis-
tungsverlust kann jedoch durch Training
wie Pilates entgegengewirkt werden.
Pilates für KinderViele Einflüsse der modernen Zivilisa-
tion beeinträchtigen das gesunde Be-
wegungsverhalten des Kindes. Langes
Sitzen in der Schule, vor dem Fernseher
oder dem Computer, intensive, zu einsei-
tig belastende Sportarten oder Überge-
wicht führen zu Haltungsschwächen und
muskulären Dysbalancen. Das Kinder
Pilates unterstützt das Kind, sich besser
wahrzunehmen, sich zu entspannen und
Ruhe zu finden. Die Konzentration des
Kindes wird gefördert und die Kreativität
gesteigert. Mit einem spielerischen Pila-
tes Training wird die Stabilität in der Tiefe,
Balance, Aufrichtung erhöht und somit
eine gesunde Haltung erzielt.
Für welche Kinder ist Pilates geeignet?Grundsätzlich ist Pilates für alle Kinder
im Schulalter geeignet.
Insbesondere aber für Kinder mit:
Weitere Informationen:
Pilates Bern
Studio für Pilates und Personal Training
Beatrice Eggimann, dipl. Pilates Trainerin
E-Mail: [email protected]
Web: www.pilates-bern.ch
Mobile: + 41 79 600 22 09
Partner für Ausbildungen
Pilates Bodymotion
www.pilates-bodymotion.ch
• Haltungsschwächen
• Fehlhaltungen der Wirbelsäule oder
Beinlängsachse
• Körperwahrnehmungsschwierigkeiten
• chronischen Atemwegserkrankungen
Der beste Einstieg in die Pilates MethodePilates anhand eines Buches oder einer
DVD zu erlernen, ist enorm schwierig und
kann ohne präzise Anleitung gesundheit-
liche Probleme mit sich bringen. Umso
mehr empfiehlt es sich, bei einer ausge-
bildeten Fachperson die Einsteigertrai-
nings zu besuchen. Ein professioneller
Pilates Trainer fragt zuerst nach gesund-
heitlichen Beschwerden und kann so
auf die körperlichen Schwachstellen des
Kunden eingehen. Im Training werden die
Übungen erlernt, und der Pilates Trainer
überprüft die richtige Ausführung.
Über Pilates BernPilates Bern wurde von Beatrice Eggi-
mann im September 2004 gegründet
und entwickelt sich seither stetig weiter.
Von einer med. Masseurin zur Physiothe-
rapeutin, von Tänzern zu Bewegungspä-
dagogen, einer Hebamme und Erwachse-
nenbildnerin bildet das Team von Pilates
Bern eine wunderbare ergänzende Einheit
von Pilates Trainern, deren Leidenschaft
es ist, die Pilates Methode zu vermitteln
und Erfahrungen weiterzugeben.
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Die letzte Januarausgabe des «Beobachters» hat es auf den Punkt gebracht: Die Wirtschaft-lichkeitsverfahren von santésuisse nehmen derzeit ungewöhnliche Formen an, die gravie-rende Auswirkungen auf die Physiotherapie haben. Die Ärzte sehen sich gezwungen, die durch sie veranlassten Kosten drastisch zu reduzieren und so keine oder deutlich weniger Physio-therapie zu verordnen. Im Kanton Tessin beispielsweise hat das Volumen neu verordneter Phy-siotherapie gemäss einer aktuellen Erhebung von physioswiss um mehr als 30 % abgenom-men. Dies mit gravierenden Folgen für Patient und Physiotherapiepraxis.
Die Krankenversicherer haben gemäss
KVG den gesetzlichen Auftrag, die Wirt-
schaftlichkeit der Leistungserbringer zu
kontrollieren. santésuisse verpflichtet die
in ihrer Kostenstruktur auffälligen Ärzte
(in der Regel jene, die signifikant über den
durchschnittlichen Kosten liegen) zur
Rechenschaft und Begründung der Kos-
ten. Im Positionspapier von santésuisse
vom 25.10.2007 zu den Wirtschaftlich-
keitsverfahren steht: «Damit (gemeint
sind die Wirtschaftlichkeitsverfahren für
die Ärzte) soll der Anreiz, Leistungen zu
verschreiben statt sie selber auszufüh-
ren, verkleinert werden.» Indes berück-
sichtigt santésuisse bei der Messung
der Kosten nur einen Teil der verordneten
Leistungen (Eigenleistungen, Medika-
mente, Labor und Physiotherapie). Ande-
re veranlasste Leistungen werden dem-
gegenüber nicht berücksichtigt. Für die
Physiotherapie, die in der Grundversiche-
rung ausschliesslich auf ärztliche Verord-
nung erfolgt, hat dies gravierende Folgen.
Der Arzt wird angehalten, auf die medizi-
nisch indizierte Verordnung von Physio-
therapie zu verzichten, oder er weicht auf
eine andere paramedizinische Leistung
aus, obwohl Physiotherapie im jeweiligen
Fall wirksamer, zweckmässiger und wirt-
schaftlicher wäre. physioswiss verurteilt
ein solches Vorgehen in aller Form und
spricht sich gegen eine verdeckte Leis-
tungsbeschränkung aus.
Die Umsetzung der Wirtschaftlichkeits-
kontrolle zeigt regionale Unterschiede.
Der Kanton Tessin ist gegenwärtig sehr
stark betroffen. Bereits sind Physiothe-
rapiepraxen gezwungen, Angestellte zu
entlassen oder deren Arbeitspensum zu
reduzieren, weil die Zahl der Patienten
innert kürzester Zeit drastisch abgenom-
men hat.
Die Physiotherapie hilft erwiesenermas-
sen Kosten zu sparen. Seit zehn Jahren
werden PhysiotherapeutInnen für ihre
Leistungen mit dem gleichen Preis ent-
schädigt und mussten in der Folge einen
Medienmitteilung physioswiss
Physiotherapie verboten?
Kaufkraftverlust ihres Einkommens von
über 10 % hinnehmen. Es ist nicht akzep-
tabel, dass sie nun auch noch unter einer
in dieser Form unsinnigen Wirtschaftlich-
keitskontrolle zu leiden haben.
Auskunft erteilt Ihnen gerne die Ge-
schäftsstelle von physioswiss, Tel. 041
926 07 80 oder [email protected].
Für ein Praxisbeispiel zum geschilderten
Problem wende man sich an: Physiothe-
rapie M. Schuurmans Stekhoven, Zürich,
Tel. 044 383 12 11 oder
PhysioswissDie Physiotherapie ist mit den Ärzten
und den Pflegenden eine der grossen
Berufsgruppen im Gesundheitswesen.
physioswiss – der Schweizer Physio-
therapie Verband – vertritt die Inte-
ressen von über 7’500 selbstständig
erwerbenden und angestellten Physio-
therapeutInnen. 68
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Möbel
Checkliste Stuhl Text: ChiroSuisse
Mit dieser Checkliste können Sie prüfen, ob Ihre Stühle gut genug sind und worauf Sie bei einem Kauf achten sollten.
Stühle können sehr unterschiedlichen
Zwecken dienen und werden auf sehr
unterschiedliche Art genutzt. Dement-
sprechend sind auch die Anforderungen
sehr vielfältig. Grundsätzlich gilt: Je mehr
Zeit man auf einem Stuhl verbringt, des-
to wichtiger ist es, dass er die Anforde-
rungen an die Ergonomie erfüllt: Richtige
Sitzhöhe, richtige Länge, Neigung und
Beschaffenheit der Sitzfläche, Arm- und
Rückenlehnen, Stütze des Rückens an
der richtigen Stelle, insbesondere beim
dynamischen Sitzen.
Die vollständige Checkliste ist in erster
Linie für Bürostühle gedacht, bei denen
sämtliche Punkte erfüllt sein müssen.
Bei jenen Stühlen, auf die man sich in
der Regel nur kurze Zeit setzt und die für
alle passen sollten, kann man die Punkte
überspringen, die sich auf individuelle
Abstimmung beziehen.
Zweck des Stuhls• Stellt höchste Anforderungen an die
Ergonomie.
• Gemischte Büroarbeiten: Stellen hohe
Anforderungen an die Ergonomie.
• Gespräche, Konferenzen, Symposien:
Bequem, rückenschonend, ergonomisch.
• Essen und Trinken: Bequem, praktisch,
stabil, gut zu reinigen.
• Ausruhen: Gute, atmungsaktive, nicht
zu weiche Polsterung.
Nutzungsart des Stuhls• Dauer des Sitzens kurz oder lang.
• Abwechslung zwischen Stehen und Sit-
zen oder dauerndes Sitzen.
• Arbeit oder Entspannung und Erholung.
Richtige Sitzhöhe• Die Füsse stehen flach auf dem Boden,
ohne dass die Sitzfläche Druck auf die
Oberschenkel ausübt.
• Die Oberschenkel sind annähernd
waagrecht, leicht nach vorne abfallend.
• Bei einem Bürostuhl ist die Sitzhöhe
stufenlos verstellbar.
Richtige Länge der Sitzfl äche• Bei aufrechter Haltung des Rückens
wird dieser von der Rückenlehne ge-
stützt, ohne dass die vordere Kante der
Sitzfläche in den Kniekehlen spürbar ist.
• Zwischen vorderer Kante der Sitzfläche
und den Kniekehlen bleibt nicht wesent-
lich mehr Raum frei als eine Handbreite.
Richtige Neigung der Sitzfl äche• Die Sitzfläche ist leicht nach vorne ge-
neigt.
• Bei einem Bürostuhl ist die Neigung
der Sitzfläche stufenlos verstellbar.
Beschaffenheit der Sitzfl äche• Es sind keine harten Kanten spürbar.
• Bei einem Bürostuhl ist die Sitzfläche
so hart gepolstert, dass sie guten Halt
gibt, und so weich, dass keine Druck-
stellen zu spüren sind.
• Bei einem Polstermöbel ist die Sitzflä-
che so weich gepolstert, dass sie be-
quem ist, aber so hart, dass man nicht
einsinkt. Sie ist mit einem atmungsak-
tiven Material überzogen.
Armlehnen• Erlauben Abstützen der Unterarme oder
Ellbogen bei normaler Sitzposition.
• Geben stabilen Halt auch bei stärkerem
Aufstützen.
• Erlauben beim Bürostuhl dynamisches
Sitzen.
Richtige Höhe der Rückenlehne• ca. 50 cm, gemessen von der Sitzfläche.
Richtige Stütze des Rückens• Bürostuhl: Die Rückenlehne stützt
den Rücken deutlich oberhalb der Be-
ckenkante und deutlich unterhalb der
Schulterblätter, an der Stelle des «hoh-
len Kreuzes» (Lordose).
• Bürostuhl: Die Rückenlehne folgt dem
Rücken bei der Bewegung nach vorne,
nach hinten und zur Seite mit einem
möglichst konstanten Druck (dyna-
misches Sitzen).
• Essstuhl: Die Rückenlehne gibt dem
Rücken bei Bedarf festen Halt und
stützt optimal zwischen Beckenkante
und Schulterblättern.
• Polsterstuhl: Die Rückenlehne ist weich,
aber doch fest gepolstert und mit einem
atmungsaktiven Material überzogen.
Dynamisches Sitzen• Wechsel zwischen aufrechter Position
der Wirbelsäule und Neigung bis etwa
45 Grad nach hinten, bei steter Stütze
des Rückens.
• Wechsel zwischen aufrechter Position
und Neigung nach links oder rechts,
bei steter Stütze des Rückens.
• Wechsel zwischen freier aufrechter Sitz-
position und Stütze im Kreuz, zwischen
Beckenkante und Schulterblättern.
• Aufstützen auf der Armlehne, links
und/oder rechts.
• Rotieren des Rumpfs nach links oder
nach rechts, mit oder ohne Stütze im
Rücken.
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