„Mein Papa liest vor … und meine Mama auch!“
1
Matthias Sodtke
Gib mir die Kirsche – TOOOOR!
„Das hier sind die Letzten”, sagte Priesemut, „du kannst mich jetzt wieder
herunterlassen.“
Und langsam schwebte er mit einer Schale voll reifer Kirschen zu Boden.
„Fertig, Oma Bär!”, riefen Nulli und Priesemut. „Wir haben alle Kirschen vom Baum
gepflückt.“
„Gut gemacht, ihr zwei“, sagte Oma Bär. „Die fehlen mir noch für meine Kirschsuppe
mit Grießbällchen.“
„Bleibt in der Nähe, in einer halben Stunde
können wir essen!”
Zum Vorlesen für Kinder
ab 3 Jahren!
„Mein Papa liest vor … und meine Mama auch!“
2
„Ist gut, Oma Bär“, sagte Priesemut und kickte den
Gummiball, den sie mitgebracht hatten, in die Luft.
„Wir spielen so lange noch Fußball auf der Wiese“,
fügte Nulli hinzu.
„Und da ist wieder Prieseñio!”, rief Priesemut.
„Leichtfüßig dribbelt
Prieseñio auf das
gegnerische Tor zu ...
gekonnt umspielt er die Abwehr ...
einen nach dem anderen ... keiner kann Prieseñio
stoppen!“
„Und dann: Voll auf die Kirsche – und TOOOOR!”
„Von wegen Tor – ich hab den Ball abgewehrt!“,
beschwerte sich Nulli.
„Nein, der Ball ist gegen den Baum geprallt und von
dort hinter die Torlinie gesprungen!“, meinte Priesemut.
„Das stimmt nicht! Er war noch knapp davor! Du musst jetzt ins Tor!“,
erwiderte Nulli.
„Nein, muss ich nicht!“, rief Priesemut.
„Doch, musst du doch!“, rief Nulli.
Die beiden stritten so laut, dass selbst Oma Bär sie in der Küche
hören konnte.
„Heda, ihr zwei Streitgockel!“, rief sie energisch dazwischen. „Nutzt
lieber die Zeit und spielt weiter anstatt euch zu zanken ... sonst gibt
es gleich von mir die rote Karte!“
„Du hast gehört, was Oma Bär gesagt hat“, sagte Priesemut.
„Wir sollen uns nicht streiten, sondern weiterspielen!“
Und ehe Nulli sich versah, hatte Priesemut ihm den Ball auch
schon aus den Händen geschossen.
„Mein Papa liest vor … und meine Mama auch!“
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Im hohen Bogen flog der Ball durch die Luft ...
... und landete – Ojemine! – ausgerechnet auf der rostigen
Mistgabel von Omas Vogelscheuche.
Nulli wurde richtig sauer, als er sah, was Priesemut
angerichtet hatte.
„Volltreffer! Jetzt ist unser schöner Fußball
kaputt!“ Priesemut schluckte, als er die
Löcher im Gummiball sah.
„Du hast wohl gedacht, die olle
Vogelscheuche spielt auch mit”, machte sich
Nulli über Priesemuts Missgeschick lustig.
„Du bist ganz gemein! Ich habe doch nicht
mit Absicht dorthin geschossen!“, erwiderte
Priesemut traurig und wütend zugleich.
Oma Bär hatte von der Küche aus alles
beobachtet; Priesemut tat ihr leid.
„Hätte ich die alte Mistgabel doch nur im
Schuppen gelassen“, sagte sie und seufzte.
Sie schloss die Küchentür und ihr Blick fiel
auf das alte Foto an der Wand. Da kam ihr
plötzlich ein guter Gedanke ...
Sofort stieg Oma Bär hinauf auf den Dachboden; sie suchte etwas ganz Bestimmtes.
Im alten Dielenschrank wurde sie schließlich fündig.
„Hier hast du dich also versteckt“, sprach Oma Bär zu dem unscheinbaren
Pappkarton. „Nulli und Priesemut werden Augen machen, wenn sie dich sehen –
hihi!“
Die beiden Freunde saßen auf einem
Baumstamm und schmollten.
„Huhu, ihr zwei Ballkünstler!“, rief Oma Bär
gut gelaunt und stellte den Karton auf die
Wiese.
„Schaut mal, was ich hier habe!“
„Mein Papa liest vor … und meine Mama auch!“
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„Ein ... Fußball!”, rief Nulli freudig.
„Ein richtiger Lederfußball!“, fügte Priesemut
hinzu. „Wo hast du den denn her?“
„Den hat mir Bruno geschenkt“, sagte Oma Bär
und holte das alte Foto aus ihrer Schürze.
„Bruno?”, sagten Nulli und Priesemut wie aus einem
Munde.
„Bruno!“, wiederholte Oma Bär. „Er war Torwart und
Anführer unserer Dorfmannschaft. Oben stehen: Rübe,
Locke und Stöpsel. Und darunter: Sebi, Ente, Bruno ...
und das Mädchen mit den Zöpfen, das bin ich – hihi!“
„Du hast Fußball gespielt, Oma Bär?”, sagte
Priesemut ungläubig.
„Da staunst du, nicht wahr“, sagte Oma Bär,
während sie den alten Lederball wieder
aufpumpte.
„Und ich spielte sogar besser als so mancher
Bengel!“
„Zuerst hat mich Bruno ausgelacht”, erinnerte sich
Oma Bär. „Er war davon überzeugt, dass Mädchen niemals Fußball spielen können.
Aber ich war fasziniert von dem Spiel und wollte
unbedingt dabei sein. Ich flickte das kaputte
Tornetz, und ich ging zu jedem Spiel, auch wenn
es regnete, das hat Bruno gefallen. Und eines
Tages ...“
„... bekam ich ein Trikot von ihm geschenkt und
durfte endlich mitspielen!
Ich war ein guter Torschütze!”, sagte Oma
Bär nicht ohne Stolz. „Es verging kein Spiel,
ohne dass ich nicht einmal getroffen hätte! Mit
jedem Tor, das ich schoss, wuchs Brunos
Respekt vor mir ...
und ich glaube, ein klein wenig hatte er sich
auch in mich verliebt – hihi!“
„Mein Papa liest vor … und meine Mama auch!“
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„Doch dann, eines Tages, zog er mit seinen Eltern
fort ... weg aus unserem Dorf”, erzählte Oma Bär
und seufzte.
„Zum Abschied schenkte er mir seinen geliebten
Lederfußball ...“
„Da, Berta, der gehört jetzt dir, damit du ... damit ihr
weiterspielen könnt, wenn ich nicht mehr da bin“,
sagte Bruno mit leiser Stimme.
„Und dann lief er los ... so schnell wie er konnte ...
und er drehte sich nicht mehr um ...”
„Na bitte, wer sagt's denn, Brunos alter Lederball
hält immer noch dicht – nach all den Jahren!”, freute
sich Oma Bär ... und bemerkte erst jetzt, dass Nulli
und Priesemut vom Ende ihrer Geschichte ganz
gerührt waren.
„Hee, ihr zwei, kein Grund, Trübsal zu blasen!”,
sagte Oma Bär und munterte die beiden wieder auf,
indem sie ein paar Tricks mit dem Ball
vorführte.
„Ich habe Bruno später wiedergetroffen, und
wir sind immer noch ziemlich beste
Freunde, fast so wie ihr – hihi!“
Nulli und Priesemut staunten nicht schlecht,
als sie sahen, was Oma Bär mit dem Fußball
alles konnte.
„Willst du nicht mitspielen, Oma Bär?“, fragte
Nulli.
„Au ja, au fein!“, meinte Priesemut begeistert. „Wir spielen zu dritt, jeder gegen
jeden!“
Oma Bär lachte.
„Haha – meint ihr wirklich? Na ja, warum
eigentlich nicht ... so lange, bis die
Kirschsuppe abgekühlt ist!“
Und – hastenichgesehn – hatte sie Nulli auch
schon den Ball aus den Händen gekickt, ...
... täuschte vor Priesemut, der sich ihr in den
Weg stellte, erst links an und umlief ihn dann
geschickt auf der rechten Seite, ...
„Mein Papa liest vor … und meine Mama auch!“
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... wartete noch eine kleine Weile, bis Priesemut es zurück in das Tor geschafft hatte,
und machte mit einem tollen Fallrückzieher ein noch tolleres ...
rief Nulli.
„1:0 für Oma Bär!“
Kurze Zeit später saßen die drei am gedeckten Tisch und genossen Omas
erfrischend kühle Kirschsuppe mit den leckeren Grießbällchen.
„10:0!“, sagte Priesemut plötzlich ...
und kicherte. „Hihi – ich habe noch nie so
viele Bälle wie heute reingelassen!“
„Was meinst du ...?", wunderte sich Oma
Bär.
„Na ja, erst das Fallrückzieher-Tor auf der Wiese, Oma Bär”,
erklärte Priesemut – „und jetzt auch noch neun ...
... Grießbällchen-Tore!“
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Matthias Sodtke
Gib mir die Kirsche – TOOOR! Lappan Verlag
ISBN: 978-3-8303-1191-1
Gebundene Ausgabe: 72 Seiten
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