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M AG A Z I N | M E N S C H E N

138 | Biol. Unserer Zeit | 2/2009 (39) www.biuz.de © 2009 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Als wir Hans Hass anlässlich einesGespräches, das wir in Wien mitihm führen können, fragen, ob erdie Aufgabe der eigenen wissen-schaftlichen Arbeit zugunsten desWissenschaftsmanagements nie be-dauert habe, verblüfft seine Ant-wort: Dies sei kein Verzicht gewe-sen, sondern er habe sich einerStudie über ein anderes wissen-schaftliches Objekt, ein „zusätzli-ches Organ“ – eben der „Xarifa“ –gewidmet. Zwischen natürlichenund künstlichen Organen, wieetwa einem Schiff, bestehe nureine scheinbare Trennung – beidesdiene der Förderung des Energie-erwerbs und dem Erhalt des „Leis-tungsgefüges“. Hass’ Schriften zurtheoretischen Biologie, wie „Ener-gon“ und „Hyperzeller“, verfügenin mittelständischen und großenUnternehmen über eine hohe Ak-zeptanz und haben Eingang in dieso genannte Energo-KybernetischeManagement-Strategie gefunden.

Zur Rolle Darwins in seinemLeben befragt, antwortet uns Hass:„Ein Gedanke der letzten Jahre ist,wie sehr die Zufälligkeit der Evolu-tion durch die Evolution des Men-schen bestätigt wird“. Er verweistauf den Bevölkerungszuwachs voneiner auf über sechs MilliardenMenschen in einem Jahrhundert.„Wir müssen das Wachstum aufNull bringen ... es muss schnell ge-schehen, wir haben keine Zeitmehr.“ Hass sieht die Bewahrungder Biosphäre vor einem durchden egoistischen Menschen verur-sachten Kollaps als schwierigste aller Aufgaben.

Im Leben von Hans Hass ist im-mer wieder Neues entstanden.Und uns, den Autoren, war er inunserer Kindheit mit seinen Fil-men zur Unterwasserwelt eine derwesentlichen Inspirationen, unsselbst der Zoologie zu widmen.Wir bedanken uns und gratulierenzum Geburtstag.

Joachim Scholz, Frankfurt am Main

Emmy Wöss, Wien

derung annimmt, statt sich mitdem Studium einfacherer, krusten-förmiger Wuchsformen zu begnü-gen. Seine mit summa cum laudeausgezeichnete Dissertation „Bei-trag zur Kenntnis der Retepori-den“ (1948) ist im Bereich der ma-thematischen Morphologie ihrerZeit um Jahrzehnte voraus undbleibt dennoch seine einzige Ar-beit im Fachgebiet der Bryozoen-kunde. Fortan stellte Hass seinSchaffen vornehmlich in die Förde-rung seiner Kollegen und verbin-det dies mit seiner Begeisterungfür Schiffe.

Mehr als ein Schiff: die „Xarifa“als Organ der Wissenschaft1951 wird aus einer ehemaligenbritischen Rennjacht das For-schungsschiff „Xarifa“ (350 Ton-nen, 43 Meter Länge), das für eineReihe weltumspannender Reisendiente, darunter die erste deutscheForschungsexpedition ins RoteMeer nach dem 2. Weltkrieg. Dienicht ausreichende finanzielle Un-terstützung der öffentlichen Handzwingt Hass dazu, die Ausstattungdes Schiffes für die an Bord arbei-tenden Wissenschaftler, darunterEibl-Eibesfeldt, Klausewitz, Scheerund Gerlach, anteilig selbst zu be-zahlen. Allein aus der zweiten RoteMeer-Expedition resultieren über150 wissenschaftliche Publikatio-nen. Hass dreht zudem 26 Fernseh-filme, ein Kraftakt, der ihm nurdurch die aktive Beteiligung seinerEhefrau Lotte ermöglicht wird. Imkommenden Jahr kann das Paarseinen 60. Hochzeitstag feiern.

M E N S C H E N

Hans Hass – ein Leben für die UnterwasserweltIm Jahre 2009 feiern wir in den Lebenswissenschaften neben dem Darwin-Jahr auch weitere Jubiläen. Der 90. Geburtstag von ProfessorHans Hass (*1919) ist Anlass dieses Artikels. Hans Hass wird oft als„Tauchpionier“ bezeichnet, eine dem Jubilar nicht vollständig gerechtwerdende Bezeichnung. Sein Lebenswerk umfasst mehr als 100 Filmeund 30 Bücher.

Als Hans Hass am 23. Ja-nuar 1919 in Wien alsSohn des RechtsanwaltesDr. Hans Hass geborenwird, weist noch alles darauf hin, dass er einesTages die Kanzlei seinesVaters übernehmen wird.Anlässlich seiner Abitur-reise 1937 an die französi-sche Mittelmeerküstezieht ihn allerdings dieJagd mit der Handhar-

pune des amerikanischen Journa-listen Guy Gilpatric in ihren Bann.Schon bald tauscht Hans Hass dieHarpune gegen die Kamera ein –und erfindet die erste Unterwas-serkamera, den Taucheranzug ausGummi und das Flaschentauchen.

In den Jahren 1942 und 1943entdeckt er an griechischen unditalienischen Inseln als erster Tau-cher in Unterwasserhöhlen Ge-bilde, die er später als rote Rosenaus Kalk bezeichnet – Bryozoen(Moostierchen), genauer Neptun-schleier (Reteporidae bzw. Phido-loporidae). Diese äußerlich koral-lenähnlichen Kolonien repräsentie-ren die komplexesten Kolonie-strukturen rezenter Bryozoen. Esist gewiss kein Zufall, dass derSportsmann Hass diese Herausfor-

ZU M N AC H - UND WEITERL E S E N :

[1] H. Hass, Aus der Pionierzeit des Tauchens. Ein Buch derZeitschrift Tauchen. Hamburg, 1996.

[2] H. Hass, Die Hyperzeller. Das neue Menschenbild derEvolution. Carlsen Verlag, Hamburg, 1994.

[3] H. Hass, Beitrag zur Kenntnis der Reteporiden. Zoologica101, Stuttgart, 1948.