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Highlights 2015Neue Wege in der Diagnostik von Infektionen
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Abschlusserklärung zum G7-Gipfel von Schloss Elmau, 8. Juni 2015, Punkt 17
„Wir werden eine fachgerechte Verwendung von Antibiotika fördern und uns daran
beteiligen, die Grundlagenforschung, die Forschung zu Epidemiologie,
Infektionsprävention und -bekämpfung und die Entwicklung von neuen
Antibiotika, alternativen Therapien, Impfstoffen und Schnelltests zu stärken…“
Der InfectoGnostics Forschungscampus Jena verfolgt das Ziel, Lösungen
für die schnelle und kostengünstige Vor-Ort-Analyse von Infektionen
zu erforschen und mit industriellen Partnern in marktreife Lösungen zu
überführen.
PARTNER UND INTERESSIERTE DES INFECTOGNOSTICS FORSCHUNGSCAMPUS JENA E. V.
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Der InfectoGnostics Forschungscampus Jena beschreitet als öffentlich-
private Partnerschaft neue Wege in der Infektionsdiagnostik und Infektions-
forschung. Mehr als 30 Partner aus Wissenschaft, Medizin und Wirtschaft
erforschen und entwickeln im Dreiklang von Technologie, Anwendung
und Herstellung marktreife Lösungen für die schnelle und kostengünstige
Vor-Ort-Analyse (Point-of-Care Testing) von Infektionen in der Humanme-
dizin – wie Lungenentzündung (die z. B. durch antibiotikaresistente Erreger
verursacht werden) und Tuberkulose –, Testsysteme für Tiererkrankungen
sowie für den Erregernachweis in Lebensmitteln. Im Rahmen des zentralen
Campus-Projektes „Innovative Diagnostik für Pneumonien bei Immunsup-
pression“ erforschen und entwickeln sieben Partner aus Wissenschaft und
Wirtschaft handliche Tests für die schnelle und nicht-invasive Diagnostik
von Erregern der Lungenentzündung und deren Resistenzen.
INFECTOGNOSTICS – FORSCHUNGSCAMPUS ZUR INFEKTIONSDIAGNOSTIK UND INFEKTIONSFORSCHUNG
Öffentlich-private Partnerschaft für Innovationen
Der InfectoGnostics Forschungscampus ist einer von neun Gewinnern
der Förderinitiative „Forschungscampus – öffentlich-private Partner-
schaft für Innovationen“ des Bundesministeriums für Bildung und
Forschung (BMBF). Diese Initiative ist ein Instrument der „Hightech-
Strategie“ der Bundesregierung. Nach positiver Evaluierung durch die
Jury ist der InfectoGnostics Forschungscampus Jena im Februar 2015 in
die erste fünfjährige Hauptphase eingetreten.
Mit Hilfe der öffentlich-privaten Partnerschaft soll ein Europäisches
Zentrum für Diagnostik von Infektionen errichtet werden, welches sich
durch exzellente Forschung und Weiterbildung im Zusammenspiel von
Grundlagenforschung, Anwendung und Transfer auszeichnet.
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NEUE WEGE IN DER DIAGNOSTIK VON INFEKTIONEN
Vor drei Jahren nahm der InfectoGnostics
Forschungscampus seine Arbeit auf. Die
öffentlich-private Partnerschaft lebt von der
engen Zusammenarbeit, dem Vertrauen und dem
fortlaufenden Austausch zwischen den Partnern
aus Wissenschaft, Medizin und Industrie. Die drei
Gründungspartner und InfectoGnostics Vorstände
Professor Dr. Jürgen Popp, Leibniz-Institut für
Photonische Technologien, Professor Dr. Michael
Bauer vom Universitätsklinikum Jena und Dr. Ralf
Ehricht von der Alere Technologies GmbH trafen
sich zum Gespräch, um eine erste Bilanz zu ziehen
und einen Blick in die Zukunft zu wagen.
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Unsere Expertise geben wir an die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
in den Forschungsinstituten weiter, damit sie ihre Labormuster von Anfang
an praxistauglich gestalten können. Wir diskutieren kontinuierlich mit den
Medizinern, was die aktuellen Anforderungen für Tests sind, z. B. vor dem
Hintergrund der zunehmenden Antibiotikaresistenzen. Die Rückmeldung der
Mediziner ist für uns auch sehr wichtig, damit neu entwickelte Geräte leicht
bedienbar sind und in den Klinik- oder Praxisalltag passen.
Jürgen Popp: Das ist die Besonderheit des Forschungscampus: Arbeiten
unter einem Dach im Dreiklang von Forschung, Medizin und Industrie. Das
IPHT und das Universitätsklinikum Jena arbeiten schon seit einigen Jahren
eng zusammen, um sich auszutauschen und passgenaue Lösungen für den
‚unmet medial need‘ zu generieren. Durch den Forschungscampus haben
wir diese Zusammenarbeit verstetigt und können weitere Partner mit an
Bord holen, v. a. aus der Industrie. Dadurch decken wir die gesamte Innova-
tionskette ab und erhalten Produktlösungen, die den Patienten nutzen.
Michael Bauer: Der Bedarf nach einer strukturierten Zusammenarbeit und
das Interesse an dem Thema des Forschungscampus ist groß. Die Idee
der Zusammenarbeit muss sich dennoch weiter verstetigen – auch beim
wissenschaftlichen Nachwuchs.
Ralf Ehricht: Die Nachwuchsförderung im Rahmen des Forschungscampus
sehen wir daher als eine sehr wichtige Aufgabe. Junge Akademikerinnen
und Akademiker, die mit der Struktur der „Arbeit unter einem Dach“ in
den ersten Berufsjahren vertraut gemacht werden, tragen dies weiter. In
einigen Jahren werden wir ein spürbares Umdenken in der Qualität der
Zusammenarbeit wahrnehmen.
Wo sehen Sie den InfectoGnostics Forschungscampus in fünf Jahren?
Jürgen Popp: Wichtig ist es, die bislang erfolgreiche Arbeit in den
kommenden Jahren weiter zu verstetigen und die Arbeit im Rahmen des
zentralen Campus-Projekts „Innovative Diagnostik für Pneumonien bei
Immunsuppression“ entsprechend der Zielstellungen weiter voranzutreiben.
Gleichzeitig müssen wir die Themen überregionale Vernetzung und Interna-
tionalisierung stärken. Denn eine verbesserte Diagnostik für Infektionen ist
nicht nur ein Thema für Thüringen sondern ein weltweites Ziel.
Michael Bauer: Im Rahmen des Campus-Projekts beschäftigen wir uns
mit der schnelleren Diagnostik von Lungenentzündungen bei immun-
geschwächten Patienten. Wir müssen in den nächsten Jahren aber auch
aktuelle Entwicklungen, z. B. die Entstehung neuer Antibiotikaresistenzen,
im Blick haben. Denn nur wenn wir unsere technologischen Lösungen an
den medizinischen Bedarf anpassen können, werden wir erfolgreich sein.
Ralf Ehricht: InfectoGnostics hat die spannende und sehr herausfordernde
Aufgabe, die Entwicklung der technologischen Lösungen zu beschleunigen
und die besten Systeme aus den sich bietenden technischen Neuerungen
herauszufiltern. Unser Ziel ist es, aus dem Forschungscampus heraus
möglichst bald marktreife Lösungen für die schnelle und kostengünstige
Vor-Ort-Analyse von Infektionen zu entwickeln. Die ersten Lösungen sind
bereits auf den Weg gebracht und wir freuen uns, sie begleiten zu können.
Herr Bauer, warum entstand die Idee, einen Forschungscampus zum
Thema „neue Wege in der Diagnostik von Infektionen“ zu gründen?
Michael Bauer: Wir brauchen schnellere Analysesysteme in Kranken-
häusern für die Identifizierung von Erregern von Infektionskrankheiten
wie Sepsis oder Lungenentzündung. Die bisherigen Standard-Diagnosever-
fahren benötigen häufig 12-24 Stunden um verlässliche Informationen über
den Erreger und sein Resistenzpotential zu liefern, Ärzte brauchen jedoch
schnelle Ergebnisse, um bei lebensbedrohlichen Infektionen eine passende
Therapie einzuleiten. Derzeit wird bei Verdacht auf eine Infektion oft ein
Breitbandantibiotikum gegeben. In Zeiten von steigenden Resistenzen kann
das aber keine dauerhafte Lösung sein. Neben einer verbesserten Hygiene
in Krankenhäusern und der Entwicklung von neuen Antibiotika muss das Ziel
sein, eine schnellere Diagnose zu stellen.
Herr Popp, wie wollen Sie das lösen?
Jürgen Popp: Gemeinsam mit unseren Partnern aus der Medizin und der
Industrie wollen wir neueste wissenschaftliche Erkenntnisse aus den
Bereichen Optik und Photonik, Molekularbiologie und Mikrofluidik schnellst-
möglich in anwendergerechte diagnostische und analytische Methoden
überführen. Gerade die optischen Technologien entwicklen sich rasant und
haben das Potential, in der Diagnostik und Therapie der Infektionsmedizin
gewinnbringend eingesetzt zu werden. Mit Licht können wir schnell, berüh-
rungslos und schonend biochemische und molekulare Informationen von
Infektionserregern und die Immunantwort des Wirtes direkt aus Körper-
flüssigkeiten und dem Gewebe erhalten.
Herr Ehricht, den medizinischen Bedarf hat Herr Bauer konkret formu-
liert, Herr Popp hat eine technologische Lösung. Was ist die Aufgabe
der Industrie?
Ralf Ehricht: Der Weg von der Idee bis zur Umsetzung in ein reales Produkt
ist lang. Unsere Aufgabe ist es, die marktreifen Verfahren in den Markt und
somit zum Patienten zu bringen – und das zu einem bezahlbaren Preis.
Wir kennen die Marktanforderungen und Zulassungshürden und können
die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diesbezüglich beraten. Wir
haben umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet der Vor-Ort-Diagnostik,
beispielsweise von HIV, Tuberkulose und anderen Erkrankungen, die wir in
den Forschungscampus einbringen.
Vorstände des InfectoGnostics Forschungscampus e. V.:
Professor Dr. Jürgen Popp, Leibniz-Institut für Photonische Technologien,
Professor Dr. Michael Bauer, Universitätsklinikum Jena und
Dr. Ralf Ehricht, Alere Technologies GmbH (v.l.n.r.)
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Ausgewählte Publikationen
Einen umfassenden Überblick über neue Diagnose-Methoden für Infek-
tionskrankheiten gibt das Buch „Modern Techniques for Pathogen
Detection“, herausgegeben von den InfectoGnostics-Vorstandsmitgliedern
Prof. Dr. Jürgen Popp und Prof. Dr. Michael Bauer. Die Publikation richtet
sich an eine breite Zielgruppe – vom Technologen über den medizini-
schen Anwender bis hin zu Firmen, die medizi-
nische Diagnosegeräte entwickeln und vertreiben.
An der Beschreibung der neuesten Methoden haben
sich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des
InfectoGnostics Forschungscampus beteiligt.
Jürgen Popp (Hrsg.), Michael Bauer (Hrsg.): Modern
Techniques for Pathogen Detection, Wiley-Blackwell,
ISBN: 978-3-527-33516-9
Eine weitere Publikation beschäfitgt sich mit dem Thema „Microrarray-
basierten Detektion von Staphylokokken-Proteinen“.
Direct, Specific and Rapid Detection of Staphylococcal Proteins and
Exotoxins Using a Multiplex Antibody Microarray.
Stieber B, Monecke S, Müller E, Büchler J, Ehricht R.
PLoS One. 2015 Dec 1;10(12):e0143246. doi: 10.1371/journal.pone.0143246.
eCollection 2015.
Eine aktuelle Liste der Publikationen, die im Rahmen des Forschungs-
campus entstanden sind, finden Sie unter www.infectognostics.de
Brückenbau stärkt interdisziplinäres Arbeiten
Eine etwa 13 Meter lange Brücke wurde im September 2015 zwischen dem
Zentrum für Angewandte Forschung (ZAF) und dem Institut für Physika-
lische Chemie (IPC) der Friedrich-Schiller-Universität Jena eingesetzt. Durch
die räumliche Verbindung wird vor allem die interdisziplinäre Arbeit unter
einem Dach am InfectoGnostics Forschungscampus verbessert. Damit
stehen den InfectoGnostics-Partnern mehr als 1.000 Quadratmeter direkt
miteinander verbundene Labor- und Büroflächen zur Verfügung. Dies ist
grundlegende Voraussetzung für einen optimalen Austausch der Wissen-
schaftlerinnen und Wissenschaftler.
JAHRESRÜCKBLICK 2015
Neue Partner der öffentlich-privaten Partnerschaft
InfectoGnostics konnte in 2015 drei neue Partner begrüßen:
Das Darmstädter Diagnostikunternehmen R-Biopharm ist der erste Partner
des Forschungscampus außerhalb Thüringens. Ziel der Partnerschaft ist
die enge Zusammenarbeit in den Themenfeldern klinische Diagnostik und
Wasseranalytik. Zudem bringt R-Biopharm seine Expertise in den Bereichen
Vermarktung in die öffentlich-private Partnerschaft ein.
Die QUANTIFOIL Instruments GmbH mit Sitz in Jena entwickelt Labor-
geräte und Module zur Automatisierung und wird im Rahmen der öffentlich-
privaten Partnerschaft seine Expertise in diesem Bereich einbringen.
Das Start-Up Unternehmen BLINK AG aus Jena entwickelt eine neue offene
Produkt-Plattform für die In-vitro-Diagnostik (IVD), um unterschiedlichsten
Partnern die Entwicklung und den Vertrieb eigener IVD Produkte auf einer
gemeinsamen technischen Basis zu ermöglichen.
Biotechnologie in Deutschland vorantreiben
Der InfectoGnostics Forschungscampus ist
seit September 2015 Mitglied im Arbeits-
kreis der BioRegionen. Damit ist Infecto-
Gnostics in diesem Netzwerk die einzige
Initiative aus der Bioregion Thüringen.
Ziel der Mitgliedschaft ist es, die Zusam-
menarbeit mit den anderen Bioregionen
zu fördern, sowie die Forschung, Entwicklung und Vermarktung der Biotech-
nologien voranzutreiben.
Konstituierende Sitzung des fachlichen Beirats
Der fachliche Beirat des InfectoGnostics Forschungscampus hat sich am
19. Juni 2015 zur konstituierenden Sitzung getroffen. In dieser Sitzung wurde
der Biochemiker und Molekularbiologe Dr. Konrad Sachse zum Vorsitzenden
des Beirats gewählt. Die Beiratsmitglieder unterstützen mit wissenschaft-
lichem und wirtschaftlichem Sachverstand die strategische Entwicklung des
Forschungscampus. Das Kuratorium des InfectoGnostics Forschungscampus
hat den Beirat im Oktober 2014 einstimmig benannt. Mit der Beiratssitzung
sind alle InfectoGnostics-Gremien bestellt und handlungsfähig.
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InfectoGnostics bei YouTube
Der Forschungscampus InfectoGnostics hat seit 2015 einen eigenen
YouTube-Kanal. Zu sehen gibt es bislang zwei Filme über die Arbeit des
Forschungscampus und das Campus-Projekt „Innovative Diagnostik für
Pneumonien bei Immunsuppression“. Weitere thematisch passende Filme
von den InfectoGnostics-Partnern sollen fortlaufend ergänzt werden.
Medizintechnik: Von der Idee zum Produkt – aber wie?
Am 3. und 4. Juli 2015 fand in Jena der Workshop „Optische Diagnostik
– Potentiale und Trends. Von der Idee zum Produkt – aber wie?“ statt.
Im Rahmen des Workshops haben sich Vertreterinnen und Vertreter aus
Medizin, Wissenschaft und Industrie aus ganz Deutschland darüber ausge-
tauscht, wie optische und photonische Verfahren aus der Forschung auf
den Markt und somit in die Kliniken kommen. Diese optischen und photoni-
schen Technologie-Verfahren haben ein großes Potential, in der Diagnostik
und der Therapie von Krankheiten gewinnbringend eingesetzt zu werden.
Allerdings ist der Transfer innovativer Technologien in ein marktfähiges
Produkt oft schwierig. Die Gründe dafür wurden während des Workshops
in intensiven Diskussionen mit Vertretern von Industrieunternehmen
aufgezeigt. Der Workshop wurde organisiert vom Leibniz-Forschungs-
verbund „Medizintechnik: Diagnose, Monitoring und Therapie“, dem
Leibniz-Institut für Photonische Technologien und dem InfectoGnostics
Forschungscampus. Unter den etwa 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern
waren auch Vertreter von Projektträgern und Landesorganisationen.
Internationaler Workshop zur optischen Diagnose von Infektionskrankheiten
Im Rahmen des Workshops „Optical Diagnosis of Infectious Diseases“,
diskutierten 40 Wissenschaftler, Industrievertreter und Mediziner Anforde-
rungen an optische Methoden (z.B. Raman-Spektroskopie) zur Diagnostik
von Infektionserregern und deren Resistenzen. Bestehende Goldstandards
und neue Ansätze zu der Analytik wurden verglichen. Der Workshop wurde
vom InfectoGnostics Forschungscampus und der europäischen COST Action
Raman4Clinics organisiert und fand am 21. und 22. Oktober 2015 in Jena
statt.
Messeauftritte und Veranstaltungen
Der Forschungscampus InfectoGnostics hat sich in 2015 auf Messen und
Veranstaltungen der Öffentlichkeit und dem Fachpublikum präsentiert:
• Ausstellung zum Internationalen Jahr des Lichts,
15. bis 17. Januar 2015, Jena
• 16. Deutsche Biotechnologietage, 22. bis 23. April 2015, Köln
• LASER World of Photonics, 22. bis 25. Juni 2015, München,
Organisation eines Application Panels zum Thema „Visions for future
Diagnostics“ mit Technologen, Klinikern und Wirtschaftsunternehmen.
• Sepsis-Kongress der Deutschen Sepsis-Gesellschaft (DSG),
9. bis 11. September 2015, Weimar
• Biotechnica, 6. bis 8. Oktober 2015, Hannover
Direkt zum InfectoGnostics YouTube-Kanal
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Im Rahmen der vom BMBF geförderten Initiative Forschungscampus erforschen sieben Partner von Infec-toGnostics seit Februar 2015 zuverlässige, schnelle und minimal invasive Methoden der Diagnostik von Erregern der Lungenentzündung und deren Resistenzen. Ziel ist es, handliche und leicht bedienbare Systeme zu erforschen und zu entwickeln, die eine patientennahe Diagnostik ermöglichen.
Lungen- und Atemwegserkrankungen gehören weltweit zu den zehn
häufigsten Todesursachen. Die Kosten für Erkrankungen der Atemwege
summieren sich in Deutschland auf fünf Prozent des Gesundheitsbudgets
(rund zwölf Milliarden Euro). Bei Menschen mit geschwächtem Immun-
system kann eine Lungenentzündung von einer Vielzahl von Erregern verur-
sacht werden, die sich teilweise schlecht nachweisen lassen und die durch
Standardantibiotika nicht immer erfasst werden. Viele dieser Erreger haben
zudem Resistenzen gegen Antibiotika, die eine Behandlung erschweren
oder gar unmöglich machen.
Die technologische Grundlage bildet eine direkte und von der Kultivierung
des Erregers weitgehend unabhängige Diagnostik. Aufnahme und Verar-
beitung der Probe werden vereinfacht und miniaturisiert. Anstelle von
Proben, die aus der Lunge mittels aufwendiger Bronchoskopie (Lungen-
spiegelung) gewonnen werden, können Sputum, Urin oder Blut direkt
untersucht werden. Zur Bestimmung der Erreger oder der Wirtsantwort
auf die Infektion werden neue Methoden zur Vervielfältigung des Erbgutes
erforscht und direkte lichtbasierte Verfahren wie Mikroskopie oder Spektro-
skopie weiterentwickelt.
Das Projekt ist ein Verbund zwischen fünf Hochschulen und Forschungsein-
richtungen sowie zwei Unternehmen, allesamt Partner des InfectoGnostics
Forschungscampus. Die Teilprojekte bewegen sich entlang der Innovations-
kette von der Feststellung des medizinischen Bedarfs über die Entwicklung
neuer Technologien zur Probenaufbereitung bis hin zur Herstellung von
Prototypen und neuen Tests.
Beteiligte Partner
• Alere Technologies GmbH
• Analytik Jena AG
• Universitätsklinikum Jena
• Leibniz-Institut für Photonische Technologien e. V.
• Leibniz-Institut für Infektionsbiologie und Naturstoffforschung –
Hans-Knöll-Institut e. V.
• Friedrich-Schiller-Universität Jena
• Ernst-Abbe-Hochschule Jena
Forschungsziele
• Patienten richtig und personalisiert behandeln,
• Zeit und Kosten sparen,
• eine nicht-invasive Diagnostik entwickeln und
• eine Vor-Ort-Versorgung ermöglichen.
Laufzeit: 01.02.2015 – 31.01.2020
Projektvolumen: 14,7 Mio. Euro
DIAGNOSTIK FÜR PNEUMONIEN BEI IMMUNSUPPRESSION
Grafische Übersicht des InfectoGnostic Campus-Projekts „Innovative Diagnostik für Pneumonien bei Immunsuppression“
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Staphylococcus aureus ist ein Bakterium, das den Nasenrachenraum vieler
gesunder Menschen besiedelt. Etwa ein Drittel der Bevölkerung ist mit
S. aureus kolonisiert. Eine Kolonisation kann die Ursache für eine schwere
Infektion, wie eine Lungenentzündung, sein. Verschiedene Isolate von
S. aureus unterscheiden sich teilweise sehr stark in ihren Virulenzfaktoren.
Zu den Faktoren zählen beispielsweise Toxine, die vom Bakterium produ-
ziert werden. Welche Einzelfaktoren und Kombinationen von Faktoren bei
der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, ist bislang unzureichend
bekannt.
Der Nachweis von S. aureus erfolgt mittels einer Probe aus dem Nasen-
rachenraum des Patienten. Ein positiver Befund führt derzeit nicht zu einer
Behandlung, da für den Arzt nicht erkennbar ist, ob eine Kolonisation zu
einer Infektion führen wird oder nicht. „Dies ist ein diagnostisches Problem
– gerade bei immungeschwächten Patienten, die sehr anfällig für Infek-
tionen wie eine Lungenentzündung sind“, so Professorin Löffler. Vor allem
S. aureus Stämme, die Methicillin-resistent sind (MRSA-Stämme), also
resistent gegen alle bisher marktverfügbaren ß-Lactam Antibiotika wie
Penicillin, wird bei diesen Patienten häufig eine teure und belastende
antibiotische Therapie eingeleitet. Die Notwendigkeit einer solchen Therapie
kann aber derzeit nicht genau abgeschätzt werden.
„Um eine verlässlichere Diagnose stellen zu können, wollen wir im Rahmen
des Campus-Projekts Virulenz-Muster identifizieren, die eine Infektion
durch S. aureus wahrscheinlich machen“, so Professorin Löffler. Die Virulenz
eines Stammes wird durch das Zusammenwirken vieler Faktoren bestimmt.
Die genauere Analyse dieser Faktoren und deren Wirkung wird die Basis für
die Entwicklung eines Testsystems bilden.
Dazu charakterisiert Professorin Löffler gemeinsam mit ihrem Team von
sechs Kolleginnen und Kollegen RNA-Moleküle von S. aureus Isolaten von
Pneumonie-Patienten (Transkriptomanalyse).
Mit der ebenfalls angewandten Proteomanalyse werden die Proteine quanti-
tativ bestimmt, die von den S. aureus Isolaten gebildet werden können. Im
Vergleich mit Isolaten Gesunder können Rückschlüsse auf die Virulenzfak-
toren gezogen werden, die Pneumonie auslösen. Mit den Virulenzfaktoren
von S. aureus, im Besonderen der Toxine, und dem Zusammenwirken der
Bakterien mit dem Wirt beschäftigt sich Professorin Löffler schon seit über
10 Jahren. „Im Rahmen des Forschungscampus haben wir die Möglichkeit,
uns auf eine bestimmte Infektion zu konzentrieren. Uns interessiert dabei
vor allem, welcher Toxin-Cocktail eine Pneumonie auslöst“, erklärt Löffler.
Die Basis ihrer Arbeit im Rahmen des InfectoGnostics-Projekts bildet
eine Kohorte immunsupprimierter Patienten und der Aufbau einer
InfectoGnostics-Pathogen-Biobank. Erst dadurch können ausreichend viele
Proben genommen und bestimmt werden. Auch das passiert innerhalb des
Campus-Projekts. Die auf dieser Grundlage basierende Entwicklung eines
Testsystems, um kolonisierende S. aureus Stämme von infizierenden zu
unterscheiden, ermöglicht eine therapeutische Optimierung der derzei-
tigen Therapieoptionen. „In Kombination mit der ebenfalls im Rahmen des
Projekts stattfindenden Erarbeitung eines Schnelltestes zum Nachweis von
multi-resistenten Gram-negativen Bakterien, können wir die Diagnostik von
Erregern bei Lungenentzündung und die schnelle Testung deren Resistenzen
spürbar verbessern“, so Löffler.
Im Rahmen des Projekts führt Professorin Löffler auch eine Kolonisations-
studie durch. Dabei wird untersucht wie hoch die Kolonisationsrate mit
S. aureus bei Kindern in Jena im Vergleich zu Erwachsenen ist. Zudem
werden die kolonisierenden Stämme näher analysiert. Diese Informationen
sind sehr wichtig, um Richtlinien zu erarbeiten, bei welchen Patienten vor
Krankenhausaufenthalten und Operationen gegebenenfalls Dekolonisations-
maßnahmen durchgeführt werden sollten.
VIRULENZFAKTOREN VON STAPHYLOCOCCUS AUREUS BESTIMMEN
An der Bestimmung und
Charakterisierung der Virulenzfaktoren
von Staphylococcus aureus bei Pneumonie
arbeitet Professorin Dr. Bettina Löffler,
Leiterin des Instituts für Medizinische
Mikrobiologie des Universitätsklinikums
Jena, im Rahmen des InfectoGnostics
Campus-Projekts „Innovative Diagnostik
für Pneumonien bei Immunsuppression“.
Ziel ihrer Arbeit ist eine verlässlichere
Diagnose als Basis für bessere Therapie-
entscheidungen.
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Vorstand
Prof. Dr. Jürgen Popp, Leibniz-Institut für Photonische Technologien
Prof. Dr. Michael Bauer, Universitätsklinikum Jena
Dr. Ralf Ehricht, Alere Technologies GmbH
Berater
Prof. Dr. Bettina Löffler und Prof. Dr. Mathias Pletz, Universitätsklinikum Jena
Kuratorium Mitgliederversammlung Fachlicher Beirat
Geschäftsstelle Gutachter Komitee
ORGANIGRAMM IMPRESSUM
Der Vorstand repräsentiert und vertritt den Verein nach
außen und steuert zusammen mit dem Kuratorium und
der Mitgliederversammlung die Aktivitäten des Vereins
und des Forschungscampus. Er ist gemeinsam mit dem
Kuratorium für die Koordination und die Strategieent-
wicklung zuständig und überprüft die Umsetzung der
IP-Richtlinien und die Vorgaben zur Verwertung. Der
Vorstand wird durch zwei medizinische Berater unter-
stützt. Das Kuratorium setzt als Aufsichtsgremium
die Richtlinien um und ist neben der Steuerung des
Vereins auch für die Campusentwicklung zuständig.
Die Mitgliederversammlung bietet allen Mitgliedern
ein Podium zur Darstellung und Äußerung ihrer Inter-
essen. Der fachliche Beirat berät den Verein in wissen-
schaftlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten. Für
die unabhängige Projektbegutachtung wird ein ad-hoc
Gutachter-Komitee eingesetzt, welches aus Experten
für die jeweiligen Projektthemen zusammengesetzt ist,
die eine Vorbegutachtung der eingereichten Projekte
übernehmen. Die Geschäftsstelle ist zentraler Ansprech-
partner für alle Partner, Mitglieder und Interessierte. Sie
ist für die Kommunikation, das Management und die
Öffentlichkeitsarbeit zuständig.
Herausgeber
InfectoGnostics Forschungscampus
Jena e. V.
Philosophenweg 7, 07743 Jena
Redaktion
Britta Opfer, IPHT Jena
Gestaltung & Satz
Daniel Siegesmund, IPHT Jena
Bildnachweis
• Sven Döring, Agentur Focus
(Hamburg), S. 4, 12, 19
• Friedrich-Schiller-Universität
Jena, S. 11
• Fotostudio Ebenbild (Jena), S. 6,
8, 10, 16
• shutterstock.com, Umschlag
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