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  • Krankheitslehre

    Hygiene, Infektiologie, Mikrobiologie

    Bearbeitet vonVon: Christian Jassoy, und Andreas Schwarzkopf

    3., aktualisierte Auflage 2018. Buch. 400 S. SoftcoverISBN 978 3 13 241368 9

    Format (B x L): 17 x 24 cm

    Weitere Fachgebiete > Medizin > Sonstige Medizinische Fachgebiete > MedizinischeMikrobiologie, Virologie, Parasitologie

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  • © Paavo Blåfield, Thieme

    Kapitel 16

    Risikofaktoren fürInfektionen

    16.1 Genetische Einflüsse 254

    16.2 Infektabwehr bei Neugeborenen 254

    16.3 Frühgeburt 254

    16.4 Infektabwehr im Alter 255

    16.5 Krankheiten, die Infektionenbegünstigen 255

    16.6 Weitere disponierendeErkrankungen 256

    16.7 Beeinträchtigungen derInfektabwehr 257

    16.8 Stärkung der Infektabwehr 259

    aus: Jassoy u.a., Hygiene, Infektiologie, Mikrobiologie (ISBN 9783132413689) © 2018 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

  • 16 Risikofaktoren für InfektionenChristian Jassoy, Andreas Schwarzkopf

    Die häufigsten Krankheiten überhaupt sind Infektions-krankheiten. Die meisten Erkrankungen heilen durch diekörpereigene Abwehr „von selbst“. Man denke nur an dieErkältung, an der eigentlich gesunde Menschen mehrmalsim Jahr leiden können. Ob es zur Krankheit kommt, ent-scheidet nicht alleine der Erreger mit seinen Eigenschaf-ten (siehe auch Bakteriologie (S.48), Virologie (S.80), My-kologie (S.112), Parasitologie (S.120)). Auch der potenzi-elle Wirt, also der Mensch, beeinflusst den Verlauf der Be-siedlung bzw. Infektion durch den Zustand seiner Im-munabwehr.

    16.1 Genetische EinflüsseMenschen sind hinsichtlich ihrer genetischen Ausstattungverschieden. Der bei der Zeugung zusammengestellteChromosomensatz kann über den Verlauf späterer Infek-tionen entscheiden. Gene können die Basis für eine Infek-tionsbereitschaft sein oder vor Infektionen schützen. Ne-ben den seltenen angeborenen Immunstörungen ent-scheidet z. B. das Vorhandensein von Rezeptoren, ob einbestimmtes Virus infizieren kann oder nicht. So haben20% der Bevölkerung eine Genmutation, die sie vor Infek-tionen mit bestimmten Noro- und Rotavirustypenschützt. Einige Personen haben genetische Veranlagungen(z. B. Mutation im CCR5-Gen oder positiv für HLA B-57),die sie vor der HIV-Infektion schützen oder dabei helfen,dass die Krankheit langsamer fortschreitet.

    Gene können sogar einen ungesunden Lebensstil wiestarkes Rauchen kompensieren und die Raucher sindnoch in hohem Alter geistig klar. Das sind jedoch rare Ein-zelfälle, die nicht vorhersehbar sind. Daher ist beim Kon-sum von Genussgiften Vorsicht geboten. Auf der anderenSeite bietet aber auch ein völlig gesunder Lebensstil keineGarantie, in gutem Allgemeinzustand ein hohes Alter zuerreichen.

    Genetisch bedingte körperliche und geistige Mehrfach-behinderungen beeinflussen die körpereigene Abwehr oftnicht nachteilig, was bei der Hygiene in Wohnheimen fürMenschen mit körperlichen und/oder geistigen Ein-schränkungen berücksichtigt werden kann.

    16.2 Infektabwehr beiNeugeborenen

    16.2.1 NestschutzNeugeborene Kinder haben noch kein ausgereiftes Im-munsystem. Sie erhalten im Uterus über die NabelschnurIgG-Antikörper der Mutter und sind dadurch nach derGeburt für einige Wochen bis Monate gegen Infektions-keime immun, gegen die die Mutter Antikörper besitzt.Dies wird auch als „Nestschutz“ bezeichnet. Mit der Mut-termilch werden weitere IgG- und IgA-Antikörper auf-genommen. IgG-Antikörper verlängern und stärken denallgemeinen Immunschutz. IgA-Antikörper wirken beson-ders auf den Schleimhäuten und schützen den Gastroin-testinaltrakt vor Infektionen. Deshalb ist besonders inLändern mit ungenügender Trinkwasserhygiene das Stil-len enorm wichtig. Das Immunsystem reift in den erstenLebenswochen nach.

    16.2.2 Besiedlung der Haut mitBakterienGesunde Neugeborene sind bei der Geburt steril, d. h. aufder Körperoberfläche bakterienfrei. Erst beim Durchtrittdurch die Gebäröffnung kommen sie mit Bakterien in Be-rührung. In den ersten Tagen werden Haut und Schleim-häute allmählich von Bakterien besiedelt. Auf Neugebore-nenstationen kommt es nicht selten zu einer Besiedlungdes Neugeborenen mit Staphylokokkus aureus. DiesesBakterium gehört nicht zur Normalflora eines Gesunden.Aus der Besiedlung des Neugeborenen mit S. aureus kön-nen eine Infektion des Nabelstumpfes und andere Infek-tionen hervorgehen.

    16.3 FrühgeburtFrühgeborene stellen – abhängig vom Geburtsgewicht –eine Herausforderung für die moderne pädiatrische In-tensivmedizin dar. Sämtliche Organsysteme sind nochunreif und die Empfänglichkeit für Infektionen ist hoch,mit erheblichen Konsequenzen. Frühgeborene besitzenweit weniger mütterliche Immunglobuline, also einen ge-ringeren Nestschutz, und sind allein deshalb wesentlichgefährdeter, an einer Infektion zu erkranken. Bei der Pfle-ge der kleinen Patienten ist eine strikte Hygiene obligat.Die KRINKO (Kommission für Krankenhaushygiene undInfektionsprävention am Robert Koch-Institut) hat hierfüreine eigene Empfehlung – Empfehlungen zur Präventionnosokomialer Infektionen bei neonatologischen Intensiv-pflegepatienten mit einem Geburtsgewicht unter 1500 g(2007) – herausgegeben (▶Abb. 16.1).

    Risikofaktoren für Infektionen

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  • 16.4 Infektabwehr im AlterIm fortgeschrittenen Alter lässt die Fähigkeit zur Abwehrvon Infektionskrankheiten nach. Zum Teil liegt dies daran,dass das Immunsystem selbst schwächer wird. Zusätzlichspielen andere Faktoren eine Rolle wie Begleiterkrankun-gen und eine schlechtere Organdurchblutung undschließlich, zum Lebensende, körperliche Schwäche undGebrechlichkeit.

    Je älter ein Mensch wird, desto langsamer heilen Wun-den. Der Stoffwechsel verändert sich, die Proteinsynthe-serate wird geringer. Auch die Durchblutung der Hautlässt nach und das Dekubitusrisiko steigt – begünstigtdurch eine Reihe weiterer Faktoren. Je mehr Erkrankun-gen im Alter dazukommen (z. B. Niereninsuffizienz, Herz-infarkt), desto anfälliger wird der Mensch für Infektionenund desto weniger Ressourcen hat der Körper für die Hei-lung. Ist der Körper erheblich geschwächt, z. B. durch Aus-zehrung bei Krebs oder eine ausgeprägte Herzschwächeund ist der Patient dadurch bettlägerig, lassen auch dieKräfte zum Abhusten nach. Sonst harmlose Bakterien ausdem Rachen gelangen mit dem Schleim in die Lunge undverursachen eine Lungenentzündung. Bei einer Lungen-entzündung ist die Sauerstoffaufnahme im geschädigtenLungengewebe vermindert, und wenn Organe bisher

    schon schlecht mit Blut und Sauerstoff versorgt wurden,z. B. das Herz oder das Gehirn, kann die Lungenentzün-dung dazu führen, dass die Organe vollkommen versagen.Dies ist eine häufige Todesursache.

    Aus pflegerischer Sicht sollten alte Menschen mög-lichst mobilisiert und geistig angeregt werden (sinn-gebende Pflege, Validierung bei Demenz). Dies wird invielen Altenpflegeeinrichtungen bereits aktiv durch Ver-teilung kleiner Aufgaben, Gemeinschaftsangebote undTierhaltung praktiziert.

    Bei der Pflege älterer Menschen im Krankenhaus isteine möglichst frühe Mobilisierung anzustreben. Auch beiIntensivpatienten soll die Ernährung möglichst früh ente-ral erfolgen. Leider reicht die Zeit des Pflegepersonalsi. a. R. nicht aus, um die Patienten auch geistig anzuregen.Hier können Angehörige, Ehrenamtliche und Kranken-hausseelsorger Gutes tun.

    16.5 Krankheiten, die Infektionenbegünstigen

    ●LDefinitionLeukopenie: einer Verringerung der Zahl neutrophilerGranulozyten im Blut

    ▶ Angeborene Immunschwäche. Es gibt eine Reihe erb-licher Störungen der Immunantwort, bei denen Infekti-onskrankheiten häufiger auftreten und schwerer verlau-fen. Die meisten Erkrankungen sind selten. Am häufigstenist der angeborene Antikörpermangel. Kinder und Er-wachsene mit schweren Ausprägungen dieser Veranla-gung haben vermehrt bakterielle Infekte der Atemwegewie eine eitrige Bronchitis und eine Nasennebenhöhlen-oder auch eine Lungenentzündung. Bei einer angebore-nen Störung der zellulären Immunantwort kommt es zu-sätzlich vermehrt zu Viruskrankheiten.

    ▶ Leukämie. Bei der Leukämie kann die Reifung funk-tionstüchtiger Abwehrzellen behindert sein, da v. a. unrei-fe Leukozyten gebildet werden. Außerdem können sichLeukämiezellen im Knochenmark und in lymphatischenOrganen dort ausbreiten, wo sonst die Abwehrzellen rei-fen, und sie verdrängen dadurch die gesunden Zellen. Fol-ge ist eine Leukopenie, die mitunter lebensbedrohlicheInfektionen nach sich zieht. Dies ist besonders bei derakuten lymphatischen Leukämie der Fall.

    ▶ Erworbenes Immunschwächesyndrom (AIDS). Ver-ursacht wird das erworbene Immunschwächesyndrom(Acquired Immunodeficiency Syndrome, AIDS) durch eineInfektion mit dem humanen Immunschwächevirus (HIV),siehe auch Humanes Immunschwächevirus (HIV) (S.101).Das Virus infiziert die Helfer-T-Lymphozyten und die Ma-krophagen. Die T-Lymphozyten, die eine zentrale Rollebei der Steuerung von anderen Teilen des Immunsystemsinnehaben, werden zerstört, sodass die Infektabwehr zu-

    Abb. 16.1 Frühgeborenes. (Foto aus: Jassoy, Schwarzkopf.Hygiene, Infektiologie, Mikrobiologie. Thieme; 2013)

    16.5 Krankheiten, die Infektionen begünstigen

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  • sammenbricht. HIV-Infizierte mit AIDS haben ein hohesRisiko, an einer Reihe von eher seltenen Infekten durchBakterien, Viren, Parasiten oder Pilzen zu erkranken.

    ▶ Diabetes mellitus. Bei einem Diabetes mellitus be-günstigen mehrere Faktoren gleichzeitig die Entwicklungvon Infektionen. Durch den erhöhten Blutzuckerspiegelwird die Funktion der Granulozyten eingeschränkt, so-dass Infektionen bei Diabetikern oft schwerer verlaufenals bei Gesunden. Das erhöht das Risiko von bakteriellenInfektionen. Diabetiker haben ein 5- bis 8-fach höheresRisiko als Nicht-Diabetiker, dass sich bei ihnen aus einemHarnwegsinfekt eine Nierenbeckenentzündung (Pyelo-nephritis) entwickelt, siehe auch Pyelonephritis (S.299).Wegen des höheren Zuckergehalts in Körpersekreten undim Urin sind bei Diabetikern mit nicht eingestelltem Blut-zuckerspiegel Infektionen von Haut und Schleimhaut mitHefepilzen und Dermatophyten häufiger (▶Abb. 16.2). Imfortgeschrittenen Stadium der Zuckerkrankheit kann dasSchmerzempfinden durch Schädigungen der sensiblenNerven ausfallen – v. a. in den Füßen. Dadurch werdenVerletzungen nicht wahrgenommen und die Gefahr be-steht, dass die Verletzungen nicht gut gepflegt werden,weil sie nicht schmerzen. Die Wunden können infiziertwerden mit Bakterien. Diabetiker, bei denen der Blut-zucker nicht gut eingestellt ist, bekommen häufig Arterio-sklerose. Die Arteriosklerose kleiner Blutgefäße stört dieDurchblutung und die Wundheilung.

    ▶ Harnabflussstörungen. Angeborene anatomische Be-sonderheiten an den Harnleitern und am Eintritt derHarnleiter in die Blase können den Harnabflusses störenund zum Rückfluss von Urin in die Niere führen. DieseVeränderungen und eine Schwangerschaft (die selbstver-ständlich keine Krankheit ist) begünstigen eine Infektiondes Nierenbeckens, wenn Bakterien in die Blase gelangen.Die Bakterien werden nicht wie normal vollständig mitdem Urin ausgeschwemmt, sondern sie gelangen mitdem Urin zur Niere. Dort kommt es zur bakteriellen Nie-renbeckenentzündung, siehe Pyelonephritis (S.299) undHarnwegsinfekt (S.338).

    ▶ Mukoviszidose. Ein weiteres Beispiel ist die Mukoviszi-dose, bei der ein erblicher Defekt der Schleimproduktionvorliegt. Durch den Defekt ist der in den Atemwegen ge-bildete Schleim sehr zähflüssig und stellt einen gutenNährboden für verschiedene Bakterien dar, die nicht gutzusammen mit dem zähen Schleim abgehustet werdenkönnen. Die Atemwege werden häufig von Pseudomonasaeruginosa besiedelt; das zähe Sekret bietet den ErregernNährstoffe und schützt vor Antibiotika. Unter diesen Be-dingungen entsteht viel leichter eine Lungenentzündung.

    ▶ Verletzungen. Verletzungen der Haut, z. B. durch Schnitt-wunden, Schürfwunden oder Verbrennungen, sind Eintritts-pforten für Bakterien.

    16.6 Weitere disponierendeErkrankungenBanale Erkältungen können den Boden für bakterielle In-fektionen z. B. mit Staphylokokkus aureus oder KlebstellePneumonie (Tracheitis, Bronchitis) bereiten oder auch ei-nen Herpesausbruch (Fieberbläschen) provozieren. Aus-geprägte Ernährungsstörungen wie Adipositas oder Ano-rexie erhöhen ebenfalls das Risiko, auch für postoperativeWund- oder Implantatinfektionen. Weitere typische Risi-kofaktoren sind Anämie und Tumore aller Art. Auch beichronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) undLungenemphysemen wird die Lunge viel häufiger bakte-riell besiedelt und infiziert als es bei einer gesunden Lun-ge der Fall ist.

    Obwohl für die Betroffenen und ihre Angehörigen sehreinschneidend, führen Herzinfarkt und Schlaganfall zu-nächst nicht zu einer erhöhten Infektneigung. Dies ändertsich, wenn die Kranken weniger mobil sind und haupt-sächlich liegen. Bei liegenden Patienten mit Vorerkran-kungen, v. a., wenn durch einen Schlaganfall große Kör-perteile gelähmt sind, kann sich eine Lungenentzündungund ein Dekubitus entwickeln.

    Im Krankenhaus steigt das Risiko für Infektionen mitmultiresistenten Bakterien. Die Ursachen dafür sind in▶ Tab. 16.1 zusammengefasst. Bei den Risikofaktoren füreine Besiedlung und Infektion mit multiresistenten Erre-gern unterscheidet man endogene und exogene Faktoren.

    Für zumindest einige Infektionen gibt es eine geneti-sche Disposition. Betroffen sind gesund, bis sie auf den Er-reger treffen. Die Gene des Betroffenen entscheiden dann,ob es überhaupt zu einer Infektion (z. B. Aspergillose)oder einem schweren Verlauf (z. B. Tuberkulose) kommt.

    Abb. 16.2 Diabetes mellitus. Pilzbefall mit Dermatophytenim Zehenbereich eines Diabetikers. (Foto aus: Oestreicheret. al. HNO, Augenheilkunde, Dermatologie und Urologiefür Pflegeberufe. Thieme; 2003)

    Risikofaktoren für Infektionen

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  • 16.7 Beeinträchtigungen derInfektabwehr

    16.7.1 Medizinische Behandlung undMedikamenteAuch die medikamentöse Behandlung kann die Infekt-abwehr stören. Chirurgische Eingriffe und andere medizi-nische Maßnahmen schaffen Eintrittspforten für Mikro-ben, Medikamente hemmen die Abwehr oder stören dienatürliche Bakterienflora (▶Abb. 16.3).

    ▶ Chirurgische Eingriffe. Aufgrund der Öffnung derschützenden Hautbarriere bedeuten chirurgische Eingrif-fe immer auch ein Infektionsrisiko. Gründliche Hygiene-maßnahmen sollen verhindern, dass Bakterien und Virenüber die Luft, von der Haut sowie aus Nase und Mund desOperationsteams, von Instrumenten und anderen Mate-rialien in den eröffneten Körper gelangen.

    ▶ Katheter, Drainagen und künstliche Beatmung. Auchüber Katheter und Drainage, die von außen in den Körpereingeführt werden und eine Verbindung zwischen Blut-gefäßen, Liquorraum oder Körperhöhlen und Außenweltdarstellen, gelangen Bakterien in den Organismus. DazuBeispiele: Blasenkatheter führen häufig, abhängig von derDauer der Verwendung, zu Harnwegsinfekten. Besondersgefürchtet sind die Nierenbeckenentzündung und dieUrosepsis. Über Venenkatheter gelangen harmlose Haut-bakterien ins Blut und verursachen eine Bakteriämie. Vor-geschädigte Herzklappen werden von den Bakterien be-siedelt und zerstört. Folge ist eine Endokarditis. Bei derBeatmung von intubierten Patienten können Bakterien indie Lunge gelangen und eine Pneumonie hervorrufen.

    Tab. 16.1 Risikofaktoren für eine Besiedlung und Infektion durch multiresistente Erreger (nach KRINKO/RKI: Infektionspräventionin Heimen, 2005).

    Mechanismus endogene Faktoren exogene Faktoren

    Bewegungsverlust reduziert Abwehr Immobilität durch Lähmungen Immobilität durch OP, Gipsverbände usw.

    Nahrungsquellen für ErregerSchluckstörungen, RestharnbildungDivertikel

    Eintrittspforten für ErregerHautläsionen, DekubitusEkzeme

    Gefäßkatheter, PortBlasenkatheterPEG/CAPDTracheostoma

    Beeinträchtigung von Leukozyten

    DialysepflichtMalignomeFehlernährung, Spurenelemente- undVitaminmangel

    Immunsupprimierende Therapien (z. B.Methotrexat, Kortikoide)

    Reduktion der Eiweißsynthese,verminderter Antikörpertiter

    Leberzirrhose –

    Verschiebung des Gleichgewichtszwischen Besiedlung und Abwehr

    MultimorbiditätDiabetes

    Antibiotikatherapie

    CAPD, kontinuierliche, ambulante Peritonealdialyse; PEG, perkutane endoskopische Gastroskopie

    Verletzungen vonHaut und Schleimhaut

    Alter undkörperlicheReserven

    genetischeDisposition

    Impfungen

    Erkrankungendes Immun-systems

    besondereVorerkrankungen

    Therapie mit Zytostatika,Kortison, Immunsuppressiva

    Unter-ernährung

    Infektabwehr

    Abb. 16.3 Einflüsse auf die Infektabwehr. Impfungenstärken die Immunabwehr gegen einzelne Krankheitserre-ger. Vorerkrankungen, Verletzungen der Haut undSchleimhaut, Schädigung der Bakterienflora, Erkrankungendes Immunsystems sowie Therapie mit Zytostatika undImmunsuppressiva machen den Organismus empfänglichfür Infektionen. Hohes Alter und damit einhergehendeVorerkrankungen der Organe, schwere Unterernährungsowie genetische Störungen des Immunsystems erleichterndie Ausbreitung von Infektionserregern im Körper.

    16.7 Beeinträchtigungen der Infektabwehr

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  • ▶ Zytostatika und Strahlentherapie. Die Therapie vonTumorpatienten mit Zytostatika und Bestrahlung soll dieGeschwulst zerstören, behindert aber gleichzeitig die Tei-lung von normalen Körperzellen (▶Abb. 16.4). Besondersbetroffen sind die sich schnell vermehrenden Zellen desBlut- und Immunsystems. So kann sich die Zahl der Gra-nulozyten unter der Chemotherapie stark verringern. Inder Folge steigt das Risiko für Erkrankungen durch Bakte-rien und Pilze. Krebspatienten mit Chemotherapie oderBestrahlung sind deshalb besonders infektionsgefährdet.Ein Beispiel sind Infektionen im Mund, wo die natürli-cherweise vorkommenden Bakterien durch das Abwehr-system nicht mehr in Schach gehalten werden und dasGewebe infizieren. Die Folge sind Geschwüre auf derMundschleimhaut.

    ▶ Organtransplantation. Damit bei Organtransplantatio-nen das Spenderorgan vom Körper angenommen wird,muss die Immunabwehr, die gegen alles Fremde feindse-lig reagiert, blockiert werden. Insbesondere müssen dieT-Zell- und die NK-Zell-Immunantwort durch Medika-mente (Immunsuppressiva) unterdrückt werden. Unterder Behandlung mit diesen Substanzen werden relativhäufig Herpesviren reaktiviert, eine Gruppe von Viren,die normalerweise weitgehend unauffällige und harmloseBewohner unseres Körpers sind. Das Zytomegalie- unddas Epstein-Barr-Virus aus der Familie der Herpesvirenwerden dabei besonders aktiv, breiten sich in die Organeaus und führen dort zu Gewebeschäden, schlimmstenfallsmit tödlichem Ausgang. Bei Knochenmarktransplantier-ten kommt es darüber hinaus zu Beginn der Therapie zueiner Leukopenie, während der die Patienten gegenüberbakteriellen Infektionen besonders gefährdet sind.

    ▶ Glukokortikoide und biopharmazeutische Immun-suppressiva. Kortison und andere glukokortikoidhaltigeMedikamente hemmen die Leukozytenfunktion. Bakte-rien- und Virusinfekte verlaufen schwerer. Glukokortikoi-de werden besonders häufig oder über längere Zeit beiAutoimmunkrankheiten wie Rheumatoide Arthritis, Lu-pus erythematodes oder Autoimmunhepatitis eingesetzt.Biopharmazeutische Immunsuppressiva sind eine neuereGruppe von Medikamenten, die nicht chemisch, sondernmit biotechnologischen Verfahren hergestellt werden.Chemisch handelt es sich dabei um Proteine. Die Substan-zen, z. B. Antikörper, hemmen die Aktivierung von Im-munzellen und unterbinden dadurch die Zerstörung kör-pereigenen Gewebes durch die Autoimmunreaktion. Alsunerwünschte Nebenwirkungen von immunsuppressivenMedikamenten kann es zur Reaktivierung von Infektions-erregern im Körper kommen, z. B. mit JC-Virus und Tuber-kulose.

    ▶ Antibiotika. Antibiotika, die zur Bekämpfung krank-machender Bakterien eingesetzt werden, hemmen auchdie Vermehrung von Bakterien der normalen Mikroflora.Da sie nur auf einen Teil der Bakterien wirken, könnensich andere Mikroorganismen umso besser vermehren.Das Ungleichgewicht kann zu Durchfall oder zur Ausbrei-tung von besonders aggressiven Mikroorganismen füh-ren. Gefürchtet ist die Vermehrung von Clostridium diffi-cile, einem Bakterium, das bei manchen Menschen natür-licherweise im Darm vorkommt und dessen Toxine eineschwere, lebensbedrohliche Dickdarmentzündung (pseu-domembranöse oder antibiotikaassoziierte Kolitis) her-vorrufen (▶ Tab. 16.2).

    Natürlich helfen Hygienemaßnahmen auch hier, dieZahl der Infektionen zu reduzieren, ein Restrisiko bleibtaber immer. Daher werden die Patienten vor medizini-schen Eingriffen auf das Infektionsrisiko hingewiesen.

    Abb. 16.4 Zytostatika. Da Zytostatikadas Immunsystem beeinträchtigen, un-terliegt ihre Handhabung strengen Si-cherheitsvorkehrungen. (Foto von:Alexander Fischer, Thieme)

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  • 16.7.2 Unterernährung undÜberlastung▶ Unterernährung. Schwere Unterernährung, wie sie zuHungerzeiten und in Hungergebieten der Welt sowie beibestimmten Erkrankungen auch bei uns gelegentlich vor-kommt, führt zu einer Beeinträchtigung der zellulärenspezifischen Immunantwort. Folgen sind eine erhöhte In-fektanfälligkeit und eine höhere Sterblichkeit durch Infek-tionskrankheiten. Aber auch das psychische Krankheits-bild der Magersucht (Anorexia nervosa) hat diesen Effekt.

    ▶ Körperliche Überlastung. Auch Lebensgewohnheitenspielen für die Abwehrlage eine gewisse Rolle. Ein durchausreichende körperliche Aktivität trainierter Körper er-holt sich nach einer Infektionskrankheit rascher als eingeschwächter. Bei Hochleistungssportlern findet man je-doch häufiger Infektionen der Atemwege als bei Freizeit-sportlern. Übermäßige körperliche Anstrengung im Hoch-leistungssport führt vorübergehend zu einer Schwächungder Abwehrkräfte, die durch ausreichende kohlenhydrat-und proteinhaltige Ernährung zumindest teilweise aus-geglichen werden kann. Übermäßige körperliche An-strengung während eines Infekts kann allerdings dazuführen, dass die Krankheit einen schwereren Verlaufnimmt.

    ▶ Stress. Körperlicher und psychischer Stress beeinflus-sen die Freisetzung von immunologisch wirksamen Zyto-kinen. Grund hierfür ist der über längere Zeit erhöhteKortisonspiegel. Während kurzfristiger Stress die Abwehrnicht beeinträchtigt, kann über lange Zeit anhaltenderStress die Immunantwort gegenüber Mikroben schwä-chen und die Infektanfälligkeit steigern. Solcher Stresskann auch die Wirksamkeit von Impfungen beeinträchti-gen. Ähnlich verhält es sich mit dem Schlaf. Länger anhal-tender Schlafentzug oder andauernde Schlafstörungenhaben negative Folgen für die Infektabwehr sowie den Er-

    folg von Impfungen. Dies kann bei Patienten im Kranken-haus und bei Bewohnern in Pflegeeinrichtungen von Be-deutung sein, wenn sie besonders häufig in ihrem Schlaf-rhythmus gestört werden.

    16.8 Stärkung der Infektabwehr▶ Impfung. Impfstoffe „schulen“ das Immunsystem, in-dem sie eine Immunantwort gegen einen bestimmten Er-reger oder ein bakterielles Toxin provozieren. Jede Auffri-schungsimpfung verstärkt die Immunreaktion. Auch dernatürliche Kontakt mit Krankheitserregern beim zufäl-ligen oder unvermeidlichen Kontakt mit einem frisch Infi-zierten trägt zur Stärkung des Immunschutzes bei.

    ▶ Braucht das Immunsystem im Frühjahr eine Stär-kung?. Im Winter gibt es mehr Atemwegsinfekte als imSommer. Auch Brechdurchfälle durch Rotaviren bei Kin-dern, die Windpocken und Mumps treten typischerweisehäufiger im Winter auf als in anderen Jahreszeiten. DieVirusmeningitis dagegen zeigt sich häufiger im Sommerals imWinter. Dies hat hauptsächlich etwas mit der Biolo-gie der Erreger zu tun und weniger mit der Infektabwehrdes Menschen.

    Eine Ursache für häufigere Erkältungen im Winter ist,dass Influenzaviren und andere Viren bei niedriger Luft-feuchtigkeit stabiler sind als bei hoher Feuchtigkeit unddie Raumluft im Winter trockener ist. Die Übertragungüber Tröpfchen hängt auch mit der Tröpfchengröße zu-sammen. Große Tröpfchen sinken schnell ab, währendkleinere länger in der Luft bleiben. Möglicherweise ist beiuns im Winter die Luftfeuchtigkeit optimal dafür, dass vi-rushaltige Tröpfchen lange genug in der Schwebe bleiben,um andere Personen anzustecken. Wennwir also imWin-ter häufiger Erkältung haben, liegt das nicht an einem ge-schwächten Immunsystem.

    Tab. 16.2 Beispiele für Infektionen bei der Behandlung.

    Maßnahme häufige Erreger Infektionen

    BeatmungE. coli, Klebsiella, Enterobacter u. a.Staphylokokkus aureusPseudomonas u. a. Wasserkeime

    beatmungsassoziierte Pneumonie (VAP)

    Gefäßkatheter(auch ZVK)

    Staphylokokkus epidermidis, S. aureus katheterassoziierte Sepsis

    HarnwegskatheterE. coli, Klebsiella, Enterobacter u. a., Enterokokken,Koagulase-negative Staphylokokken

    Harnwegsinfekt, Pyelonephritis, Urosepsis

    AntibiotikagabeClostridium difficileCandidaspeziesmultiresistente Erreger

    pseudomembranöse Kolitis, SoorBesiedlungen, div. Infektionen

    Zytostatikagabe Clostridium difficile u. a. Kolitis, diverse Infektionen

    Implantateinbau Staphylokokkus epidermidis, S. aureusWundinfektionen, septische Implantat-lockerung

    VAP, ventilator-associated pneumonia; ZVK, zentraler Venenkatheter

    16.8 Stärkung der Infektabwehr

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  • ▶ Ergänzende Maßnahmen. Ausreichende körperlicheBewegung, Sport, Saunieren und kaltes Abduschen regennicht nur den Blutkreislauf an. Sie können Stress abbauenund so zu einer „Normalisierung“ des Immunsystems bei-tragen. Möglicherweise ist dies für die Infektabwehr vor-teilhaft. Manche Menschen schwören auf Hausmittel, diezur Kräftigung des Immunsystems angewendet und ein-genommen werden. Die Wirksamkeit der meisten Sub-stanzen ist jedoch nicht wissenschaftlich belegt. Eine aus-

    gewogene und angemessene Ernährung reicht für eineoptimale Infektabwehr aus. Extravitamindosen könnendie Abwehrkräfte des Körpers i. d. R. nicht steigern oderInfektionen verhindern. Tees und Substanzen aus der Na-turheilkunde sowie physikalische Maßnahmen könnenaber die Heilung einer bereits bestehenden Infektion, z. B.einer Erkältung, beschleunigen und die Symptome lin-dern.

    Risikofaktoren für Infektionen

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    Kapitel 17

    Impfstoffe undImpfungen

    17.1 Aktive Immunisierung 262

    17.2 Passive Immunisierung 264

    17.3 Impfpraxis 264

    17.4 Impfreaktionen,Komplikationen undImpfversagen 267

    17.5 Kontraindikationen fürImpfungen 268

    17.6 Impfskepsis 268

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  • 17 Impfstoffe und ImpfungenChristian Jassoy

    17.1 Aktive Immunisierung

    17.1.1 PrinzipDas Prinzip der aktiven Immunisierung (Schutzimpfung)besteht darin, mit weniger gefährlichen, vermehrungsfähi-gen Erregern, toten Erregern, Erregerteilen oder unschäd-lich gemachten Bakterien-Toxinen eine Langzeitimmunitätzu bewirken, siehe Immunologisches Gedächtnis (S.45).Das immunologische Gedächtnis sorgt dann bei echtem Er-regerkontakt dafür, dass die Infektion symptomfrei, schwä-cher oder komplikationsärmer verläuft. Immunologisch ge-sehen geschieht bei der aktiven Immunisierung dasselbewie bei einer Infektion: Die spezifischen Lymphozyten wer-den aktiviert und es bilden sich langlebige Plasma- und Ge-dächtniszellen. Der Vorteil der aktiven Immunisierung be-steht darin, dass sie schützt, ohne krank zu machen, wennman einmal von seltenen Komplikationen absieht.

    ●dVertiefendes WissenWie die Impfung zu uns kam. Die Pocken (Variola) wa-ren früher eine gefürchtete Kinderkrankheit, an der fastalle Kinder in den ersten 3 Lebensjahren erkrankten. Je-des 10. Kind starb und viele Menschen behielten Pocken-narben zurück. Das Prinzip der Pockenimpfung kam An-fang des 18. Jahrhunderts aus Konstantinopel nach Mit-tel- und Westeuropa und in die Vereinigten Staaten vonAmerika. Dabei wurde folgendermaßen vorgegangen:Bei Kindern, die eine milde Form der Pocken hatten,wurde Eiter aus vereiterten Hautbläschen entnommen.Bei Personen, die geimpft werden sollten, wurde dieHaut eingeritzt und etwas vom Eitermaterial hineingege-ben. Es kam nach einigen Tagen zur Erkrankung, diemeist mild verlief, und anschließend war die Person vorweiteren Pockenerkrankungen geschützt.

    Das Verfahren wurde „Variolation“ genannt. Ende des18. Jahrhunderts wurde aufgrund von Untersuchungendes englischen Arztes Edward Jenner die Impfung mitMenschenpocken durch die Impfung mit Material vonKuhpocken ersetzt. Zu dieser Zeit war bekannt, dass einePerson, die an den harmlosen Kuhpocken erkrankte, nichtmehr an den Menschenpocken erkrankt. Jenner beobach-tete das wissenschaftlich an zahlreichen Patienten übermehrere Jahre. Er impfte auch Personen zunächst mit Kuh-pocken und anschließend mit richtigen Pocken. Normaler-weise hätten die Personen nach der Variolaimpfung Fieberund einige Pusteln bekommen. Wie sich jedoch zeigte,waren die Personen vor den Variolapocken geschützt.

    Die Impfung wurde wenig später in vielen LändernStandard. Inzwischen ist die Krankheit ausgerottet. Wegendes lateinischen Begriffs für Kuhpocken, Variolae vaccinae,wird ein Impfstoff heute auch als Vakzin bezeichnet. DasWort „Impfen“ kommt vom lateinischen Wort „imputare“,auf Deutsch „einpfropfen“. Es bezieht sich ursprünglichauf das Verfahren zum Veredeln von Obstgehölzen.

    17.1.2 Gesundheitlicher WertDer Sinn von Schutzimpfungen wird gelegentlich kritischhinterfragt. Das liegt paradoxerweise z. T. daran, dassSchutzimpfungen so erfolgreich sind. Nur die Großeltern-generation weiß noch, wie gefährlich die Diphtherie ist,und erinnert sich an wochenlange Krankenhausaufent-halte, die wegen der Erkrankung erforderlich waren. Siekennt auch noch die Kinderlähmung, die heute fast aus-gerottet ist. Aufgabe der Mitarbeiter im Gesundheits-wesen ist deshalb auch, auf die Gefahren der Krankheitenhinzuweisen, vor denen Schutzimpfungen schützen.Krankheiten wie Diphtherie, Wundstarrkrampf, Kinder-lähmung oder Röteln sind heute bei uns so selten, dass siekaum noch jemand kennt. Dennoch ist es wichtig, infor-miert zu sein und Auskunft geben zu können, siehe auchBakteriologie (S.48) und Virologie (S.80).

    17.1.3 ImpfstoffartenImpfstoffe enthalten entweder vollständige Krankheits-erreger, wichtige Teile der Viren und Bakterien oder einbakterielles Toxin (Gift), das unschädlich gemacht wurde.Man unterscheidet verschiedene Arten der Zusammen-setzung von Impfstoffen (▶Abb. 17.1):● Lebendimpfstoffe● inaktivierte Virus- und Bakterienimpfstoffe● Proteinimpfstoffe● Toxoidimpfstoffe● Polysaccharidimpfstoffe

    Häufig werden alle anderen als die Lebendimpfstoffe„Totimpfstoffe“ genannt (auch „inaktivierte Impfstoffe“).Heute werden vielfach nur einzelne Teile von Viren oderBakterien verwendet.

    Lebendimpfstoffe

    ●LDefinitionLebendimpfung: Erzeugung einer schützenden Immun-antwort unter Verwendung eines vermehrungsfähigenVirus oder eines lebenden Mikroorganismus.

    Lebendimpfstoffe enthalten Krankheitserreger, die sichim infizierten Organismus vermehren und dabei eine Im-munantwort hervorrufen, jedoch ihre krankmachende Ei-genschaft verloren haben. Man spricht bei diesen Erre-gern auch von „abgeschwächten“ Viren und Bakterien.Beispiele für virale Lebendvakzine sind die Impfstoffe ge-gen Masern, Mumps, Röteln, Windpocken und Rotaviren.Einen bakteriellen Lebendimpfstoff gibt es gegen Typhus.In ungünstigen Fällen können Lebendimpfstoffe bei Per-sonen mit angeborener oder erworbener Immunschwä-

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  • che die entsprechende Krankheit hervorrufen. Sie dürfendeshalb bei Immunschwäche, z. B. bei fortgeschrittenerHIV-Infektion, nicht eingesetzt werden.

    ●HMerkeLebendimpfstoffe dürfen nicht bei Immunschwäche und– von wenigen Ausnahmen abgesehen – auch nicht beiSchwangerschaft gegeben werden.

    Inaktivierte Virus- und Bakterien-impfstoffe

    ●LDefinitionInaktivierte Virus- und Bakterienimpfstoffe: Chemischinaktivierte Krankheitserreger, die zur Impfung verwen-det werden.

    Eingebürgert hat sich der im Folgenden synonym ver-wendete Begriff Totimpfstoff. Allerdings ist die Bezeich-nung nicht ganz zutreffend, denn in Bezug auf Viren kannman nicht von lebend und tot sprechen, da Viren keineLebewesen sind. Offiziell heißen die Impfstoffe deshalb„inaktivierte Impfstoffe“. Totimpfstoffe enthalten alle Be-standteile eines Krankheitserregers. Diese Impfstoffe wer-den z. B. für die Impfung gegen die Kinderlähmung (Po-liomyelitis), das Frühsommer-Meningoenzephalitis- unddas Hepatitis-A-Virus eingesetzt. Bakterielle inaktivierteImpfstoffe gibt es gegen einige seltene und exotische Er-krankungen.

    ●LDefinitionSpaltimpfstoffe: Zubereitung von inaktivierten Virus-impfstoffen, bei denen das Virus durch chemische Be-handlung aufgelöst wurde. Alle Virusteile sind vorhan-den, aber die Viruspartikel wurden bei dem Prozess zer-stört. Spaltimpfstoffe gibt es gegen Influenza (Grippe).

    Impfstoffe aus Proteinen undPolysaccharidenEin Proteinimpfstoff wird synthetisch hergestellt, indemz. B. gentechnisch veränderte Hefepilze das Virusproteinproduzieren. Beispiele dafür sind die Impfstoffe gegenHepatitis B-Virus und gegen Humane Papillomviren.

    In einigen Fällen werden die Viren und Bakterien ange-züchtet und anschließend Teile der Viren und Bakteriengewonnen und zu Impfstoff verarbeitet. Die Molekülestammen von den äußeren Teilen der Krankheitserreger.Beispiele dafür sind der Keuchhusten-Impfstoff sowie diePolysaccharid-Impfstoffe.

    ●dVertiefendes WissenPolysaccharidimpfstoffe.Manche bakterielle Krankheits-erreger produzieren eine aus Polysacchariden bestehen-de Schleimkapsel, die beim Eindringen der Bakterien inden Körper die Phagozytose durch Abwehrzellen er-schwert. Die Impfstoffe gegen Pneumokokken, Menin-gokokken und Haemophilus influenzae Typ b bestehenaus Polysaccharidmolekülen der Bakterienkapsel.

    Konjugatimpfstoffe. Um ihre Impfwirkung zu verstär-ken, v. a. um damit einen Immunschutz auch in Säuglin-gen zu erzielen, werden in einer Weiterentwicklung derPolysaccharidimpfstoffe die Polysaccharidmoleküle che-misch an Peptide gekoppelt. Resultat ist ein Konjugat-impfstoff (lat. „coniugare“ heißt „verbinden“).

    Influenzavirus mitzwei unterschied-lichen Molekülenan der Membran

    Lebendimpfstoff Totimpfstoff Spalt- undProteinimpfstoff

    „abgeschwächte“Viruspartikel

    chemisch behandelte,dadurch vermehrungs-unfähige Viruspartikel

    Abb. 17.1 Impfstoffe. Die verschiedenenImpfstoffarten am Beispiel der Influenza.

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  • Toxoidimpfstoffe

    ●LDefinitionToxoidimpfstoffe: Impfstoffe aus chemisch inaktiviertenBakteriengiften (Toxinen)

    Bei einigen bakteriellen Erkrankungen werden die Krank-heitssymptome nicht durch das Bakterium selbst, son-dern durch ein von den Bakterien produziertes Toxin her-vorgerufen. Beispiele dafür sind der Wundstarrkrampf(Tetanus) und die Diphtherie. Es hat sich gezeigt, dass beibeiden Erkrankungen eine Immunisierung gegen die To-xine allein ausreicht, um die Erkrankungen zu verhin-dern.

    17.1.4 Kombinationsimpfstoffe

    ●LDefinitionKombinationsimpfstoff: Impfstoff wirkt gegen mehrereKrankheitserreger.

    Um die Zahl der Arztbesuche und die Injektionen beiSäuglingen zu reduzieren, wurden Mehrfachimpfstoffeentwickelt, die Immunogene gegen mehrere Krankheits-erreger enthalten. Routinemäßig angewendet werdenz. B. die Kombinationsimpfstoffe gegen Masern, Mumpsund Röteln (Masern-Mumps-Röteln- =MMR-Impfung)oder gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten. Sie er-zeugen eine mit der Impfung von Einzelsubstanzen ver-gleichbare Wirkung bei gleich guter Verträglichkeit. Zwei-bis Sechsfachimpfstoffe stehen zur Verfügung.

    ●dVertiefendes WissenEinige Krankheiten, z. B. die Grippe, Lungenentzündungdurch Pneumokokken oder Muttermundkrebs, werdendurch mehrere Arten von Grippe- oder Papillomvirenhervorgerufen. Um möglichst gut zu schützen, enthaltendie Impfstoffe deshalb mehrere Varianten der Viren.Grippeimpfstoffe bestehen z. B. aus 3 oder 4 Grippevi-ren, Pneumokokken-Impfstoffe enthalten Teile von 13oder 23 verschiedenen Pneumokokken-Bakterien undPapillomvirus-Impfstoffe enthalten Proteine von 2, 4oder 9 Virustypen.

    ●dVertiefendes WissenDie immunitäterzeugende Wirkung (Immunogenität)von Totimpfstoffen ist geringer als die der Lebendimpf-stoffe. Um eine ausreichend wirksame Immunantwort zuerzeugen, werden den Impfstoffen meist Hilfsstoffe zu-gesetzt, sog. Adjuvanzien. Adjuvanzien sind häufig dieUrsache für lokale Reaktionen an der Injektionsstelle.Nicht alle Totimpfstoffe enthalten Adjuvanzien.

    17.2 Passive ImmunisierungVon der Schutzimpfung zu unterscheiden ist die passiveImmunisierung, bei der direkt Antikörper (Immunglobuli-ne) verabreicht werden. Die Antikörper stammen ausdem Serum von Personen, die zu einem früheren Zeit-punkt geimpft wurden oder die Krankheit gehabt haben.Bei der passiven Immunisierung wird das Immunsystemnicht angeregt, selbst ein immunologisches Gedächtnisaufzubauen. Deshalb schützen die Antikörper nur so lan-ge, wie sie im Körper sind. Die Antikörperkonzentrationim Serum halbiert sich alle 3 Wochen, sodass nach 2–3 Monaten kein Schutz mehr besteht.

    Die passive Immunisierung ist ein wichtiges Instru-ment zur Prophylaxe von einigen Infektionskrankheiten.Sie wird eingesetzt gegen● Hepatitis B bei Neugeborenen von Müttern, die mitdem Virus infiziert sind,

    ● Wundstarrkrampf nach umfassenden Verletzungen undwenn unbekannt ist, ob jemals eine vollständige Teta-nusimpfung durchgeführt wurde und

    ● andere Infektionen wie Tollwut, Diphtherie, Botulis-mus, Milzbrand.

    ▶ Simultanimpfung. Unter einer Simultanimpfung ver-steht man die gleichzeitige Gabe eines Impfstoffs und vonAntikörpern. Die 2 Injektionen erfolgen an unterschiedli-chen Körperstellen. Angewendet wird die Simultanimp-fung z. B. gegen Hepatitis B bei Neugeborenen.

    17.3 Impfpraxis

    17.3.1 Grundimmunisierung undAuffrischung

    GrundimmunisierungUnter der Grundimmunisierung versteht man die Gabealler Impfstoffdosen, die einen Impfschutz erzeugen. Oftreicht eine einzelne Dosis nicht für einen Impfschutz.Oder eine Dosis reicht, aber bei der Anwendung passiertein Fehler und die Impfung wirkt nicht. Um ausreichen-den Schutz für möglichst viele Personen zu bieten, wer-den die meisten Impfungen deshalb mehrfach ver-abreicht. Die Grundimmunisierung gegen Hepatitis B be-steht z. B. aus 3 Impfdosen. Die einzelnen Injektionen er-folgen nach einem festgelegten Zeitplan. In dringenden

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  • Fällen vor Reisen kann der Zeitplan auch beschleunigtwerden. Einen 100-prozentigen Schutz gibt es nicht. Im-mer gibt es einzelne Personen, die trotz Impfung erkran-ken. Das liegt an den Impfstoffen, am Immunsystem oderAlter der Person und hängt von der korrekten Impfungab.

    ●dVertiefendes WissenDie Impfempfehlungen ändern sich regelmäßig. NeueImpfstoffe kommen hinzu oder die Impfzeitpunkte än-dern sich und die Personengruppen, die geimpft werdensollen, werden ausgeweitet. Der aktuelle Impfplan fürDeutschland (außer Sachsen) kann auf den Internetsei-ten des Robert Koch-Instituts (www.rki.de), für Sachsenbei der Sächsischen Landesärztekammer (https://www.slaek.de/de/03/impfen.php), für die Schweiz beim Bun-desamt für Gesundheit (https://www.bag.admin.ch) undfür Österreich beim Bundesministerium für Arbeit, Sozia-les, Gesundheit und Konsumentenschutz (http://www.bmgf.gv.at/home/Impfplan) abgerufen werden. EineÜbersicht über Impfempfehlungen weltweit findet sichauf den Internetseiten der Weltgesundheitsorganisation(http://apps.who.int/immunization_monitoring/global-summary/schedules).

    AuffrischungBei der Auffrischungsimpfung handelt es sich um eineeinzelne Impfstoffdosis, die mehrere Jahre nach derGrundimmunisierung verabreicht wird, um die Immun-antwort wieder zu stärken. Sie stellt den Impfschutz wie-der her, wenn die Schutzwirkung abfällt. Meist wird nach10 Jahren aufgefrischt (z. B. Tetanus, Diphtherie, Keuch-husten). Es sollen mind. 5 Jahre zwischen den Auffri-schungen liegen, um verstärkte Nebenwirkungen (Ent-zündungsreaktionen) zu vermeiden.

    Masern-, Mumps- und Rötelnimpfung verleihen einenlebenslangen Impfschutz. Eine Auffrischung ist nicht er-forderlich. Bei manchen Impfungen ist eine Auffrischungauch deshalb nicht erforderlich, weil die Krankheit nurim frühen Kindesalter gefährlich ist. Deshalb wird z. B. aufAuffrischung gegen Haemophilus influenzae b (Hib) undRotaviren verzichtet.

    17.3.2 Durchführung derSchutzimpfungImpfstoffe werden kühl gelagert. Vor Applikation wirdder Impfstoff auf Raumtemperatur gebracht. Lyophilisier-te Impfstoffe werden mit der beigefügten Flüssigkeit ge-löst. Geimpft wird meist intramuskulär in den Musculusdeltoideus am Oberarm (▶Abb. 17.2). Bei Säuglingen wirdin den Oberschenkel (M. vastus lateralis) injiziert. Bereitstehen müssen außer der Impfspritze Desinfektionsmittelfür Hände und Injektionsstelle, steriler Tupfer, ein Abwurffür die Spritze und ein Notfallset bei allergischen Reaktio-

    nen (Adrenalin oder Kortison usw., evtl. eine Beatmungs-maske). Die Hände werden gewaschen und desinfiziert.Anschließend wird die Haut an der Injektionsstelle des-infiziert und der Impfstoff mit trockener Kanüle injiziert.Impfstofftropfen an der Kanüle können eine Entzün-dungsreaktion an der Einstichstelle hervorrufen.

    ●HMerkeGerinnungsstörungen. Bei einer gerinnungshemmen-den Behandlung, z. B. mit Marcumar, sind intramuskulä-re Spritzen kontraindiziert.

    Viele Impfstoffe, z. B. einige Grippe-Impfstoffe, Pneumo-kokken- und Herpes-zoster-Impfungen können auch tiefsubkutan gegeben werden. Subkutane Impfungen werdenoberhalb des Triceps-Muskels oder in den seitlichenOberschenkel injiziert.

    ●HMerkeImpfung. Die Grippeschutzimpfung sollte von Personen,die durch eine Infektion besonders gefährdet sind, jähr-lich durchgeführt werden. Dazu gehören v. a. Kinder un-ter einem Jahr, ältere Menschen und Personen mitschweren Vorerkrankungen an Herz und Lunge sowiePersonen, die beruflich in Krankenhaus und Pflegeein-richtung mit den zuvor genannten Personen zu tun ha-ben.

    Die Hepatitis-B-Impfung von Mitarbeitern im medizi-nischen Bereich soll alle 10 Jahre aufgefrischt werden,

    Die Impfung wird in den Impfausweis eingetragen. Dergelbe Ausweis hat die offizielle Bezeichnung „Internatio-nale Bescheinigung über Impfungen“ und umfasst mehre-re Seiten. Der Impfausweis soll zeitlebens aufbewahrtwerden.

    ●HMerkeDokumentation von Impfungen. Vor der Impfung er-folgt die Aufklärung durch den Arzt/die Ärztin und dasEinverständnis muss eingeholt und schriftlich dokumen-tiert werden. Die Impfungen werden im Impfausweis do-kumentiert. Wichtig sind: Produktname und Chargen-nummer des Impfstoffs, Datum und Unterschrift desimpfenden Arztes/der Ärztin. Statt Handelsname undChargennummer kann auch eine Vignette des Impfstoffseingeklebt werden.

    17.3 Impfpraxis

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  • 17.3.3 ImpfempfehlungenEs wird unterschieden zwischen allgemein empfohlenenImpfungen und solchen, die nur unter persönlichen, ge-sundheitlichen oder beruflichen Umständen angeratensind. In Deutschland werden die Impfempfehlungen vonder Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut,Berlin, (STIKO) herausgegeben. Im Freistaat Sachsen gibtes eine Impfkommission, deren Empfehlungen für Sachsengültig sind (Sächsische Impfkommission, SIKO). In Öster-reich gibt das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Ge-sundheit und Konsumentenschutz einen Impfplan herausund in der Schweiz veröffentlicht das Bundesamt für Ge-sundheit die aktuellen Impfempfehlungen. Die Empfeh-lungen werden jährlich überarbeitet, die aktuellen Richt-linien findet man auf den Internetseiten der Behörden.

    ▶ Allgemein empfohlene Impfungen. Diphtherie-, Teta-nus-, Keuchhusten-, Masern-, Mumps-, Röteln-, Wind-pocken-, Kinderlähmung-, Hepatitis-B- und einige andereImpfungen sind allgemein empfohlen und werden imSäuglingsalter oder zu Beginn des 2. Lebensjahres ver-abreicht. Allgemein empfohlene Impfungen gibt es aberauch für Ältere, wie die Grippeschutz- und die Pneumo-kokkenimpfung.

    ▶ Berufsindikation. Die Hepatitis-B-Impfung ist sinnvollbei Personen, die im Beruf mit infektiösem Material inKontakt kommen können. Das Virus wird dort über Blutund Speichel übertragen. Eine Infektionsmöglichkeit istdie Injektionsnadel, mit der einem Infizierten Blut abge-nommen wurde. Ein versehentlicher Stich mit der Nadelkann zur Infektion führen. Alle Personen im Gesundheits-wesen sollen deshalb gegen Hepatitis B geimpft werden.

    Haut

    Intramuskulär Subcutan

    90° Winkel 45° Winkel

    Unterhautfettgewebe

    Muskel

    i.m.-Injektionsstelle

    Acromion

    Ellbogen

    Achselhöhle

    s.c.-Injektionsstelle

    Acromion

    Ellbogen

    Abb. 17.2 Intramuskuläre und subkutane Injektionstechnik. I. m.-Injektionen werden in den M. deltoideus injiziert, dort woder Muskel am dicksten ist, ca. 6 cm unterhalb des Acromions. Dazu wird die Nadel senkrecht auf den Muskel aufgesetzt.Erwachsene erhalten s. c.-Injektionen am besten ins Unterhautfettgewebe oberhalb des M. triceps mit 16mm-Kanüle. Dazu wirddie Haut mit Unterhaut zu einem Wulst angehoben und im 45°-Winkel eingestochen.

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