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66 MMW-Fortschr. Med. Nr. 10 / 2012 (154. Jg.)

PHARMAFORUM

Pertussis und Masern

Impfempfehlungen für Erwachsene_ Das Ziel der WHO, Masern weltweit bis zum Jahr 2010 zu eradizieren, ist fehlge-schlagen. In Deutschland kam es im Jahr 2011 zu 1573 gemeldeten Masernerkran-kungen, die mit einer deutlichen Verschie-bung in das Erwachsenenalter auftraten (Abb. 1).

Laut STIKO wird für die Eliminierung der Masern eine Durchimpfungsrate von 95% benötigt. Im Einschulungsalter liegt die Rate der Erstimpfung mit dem Masern-Mumps-Röteln-Impfstoff derzeit bei 96%, die der Zweitimpfung nur bei 91%, erklärte Prof. Klaus Wahle, Münster-Nienberge. Das Ziel sei also noch immer verfehlt und Deutschland werde weiter ein Masern-En-demiegebiet bleiben. Nach Empfehlung der STIKO sollten alle Kinder und Jugend-lichen bis zum 18. Lebensjahr zwei Masern-Mumps-Röteln-Impfungen erhalten, weil erst nach der zweiten Impfung eine Sero-konversion von über 99% erreicht wird.

Neuerdings empfiehlt die STIKO, auch junge Erwachsene vor Masern zu schützen. Empfohlen wird die Masern-Mumps-Rö-teln-Kombinationsimpfung (z. B. Priorix®) für alle nach 1970 geborenen Personen über 18 Jahren mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder mit nur einer Impfung in der Kindheit.

Auch Pertussis ist nicht auf das Kindesal-ter beschränkt, erinnerte Wahle. Da weder eine durchgemachte Keuchhustenerkran-kung noch die Impfung zu einem lebenslan-gen Schutz führen, werden Auffrischimp-fungen mit 5–6 Jahren und nochmals mit 9–17 Jahren empfohlen. Seit 2009 rät die STIKO, alle Erwachsene bei der nächsten fäl-ligen Tetanus-Diphtherie-Impfung (Td) ein-malig mit einem Kombinationsimpfstoff mit azellulärer Pertussiskomponente (Tdap) zu impfen (Boostrix®). Bei Reisenden in Polio-Endemiegebiete (Nigeria, Afghanistan,

Pakis tan und Indien) sowie Erwachsenen, die keinen Polio-Booster erhalten haben, kann die Tdap-IPV-Kombinationsimpfung (Boostrix® Polio) gegeben werden.

Die Impfung von Erwachsenen mini-miert die Morbidität der Zielgruppe und schützt Säuglinge, die erst ab dem dritten Lebensmonat geimpft werden können, vor der Infektion durch Kontaktpersonen.

■ Dagmar Jäger-Becker

Quelle: Symposium „Die internistische Impfpraxis – ein erreichbares Ziel!“ DGIM-Kongress, Wiesba-den, April 2012 (Veranstalter: GlaxoSmithKline)

Darmkrebsvorsorge

Inhalative Analgesie erleichtert Koloskopie_ Im Rahmen einer Darmspiegelung ist die inhalative Analgesie mit einem Lach-gas-Sauerstoff-Gemisch ebenso effektiv wie andere Schmerztherapien, ermöglicht aber eine raschere Erholung des Patienten nach dem Eingriff.

Mit zunehmender Verbreitung der Ko-loskopie, dem Goldstandard zur Darm-krebsfrüherkennung, wird ein optimiertes Patientenmanagement wichtig. Dazu ge-hören gutes Schmerzmanagement und kurze Patientenverweildauer. Bei etwa 40% aller Darmspiegelungen treten Schmerzen auf. Herkömmliche Sedativa und Narkotika können zu kardiorespiratorischen Kompli-

kationen führen. Aus diesem Grunde hat die Cochrane Collaboration sieben rando-misierte Studien mit 547 Patienten ausge-wertet, in denen ein N2O/O2-Gemisch (Li-vopan®) mit anderen Formen der Analgesie verglichen worden war. Die Vergleichsthe-rapien bestanden aus Midazolam plus Fen-tanyl, Midazolam/Meperidin, Midazolam/Pethidin, Midazolam/Ketobemidonhydro-chlorid, Pethidin, Propofol oder Buscopan.

Wie sich zeigte, war die inhalative Anal-gesie in vier von fünf Studien ebenso effek-tiv wie die Vergleichssubstanzen und ver-ursachte in zwei von drei Studien weniger Nebenwirkungen. In sechs von sieben Stu-

dien erholten sich die Patienten nach Lach-gas-Analgesie rascher und konnten schnel-ler wieder entlassen werden. Patienten und Ärzte stuften die inhalative Schmerz-behandlung als angenehm ein. Die Akzep-tanz war hoch.

Lachgas wirkt bereits in einer Konzen-tration von 20% ebenso stark analgestisch wie 15 mg Morphin s.c. Üblicherweise wird es in Konzentrationen von 25–50% ver-wendet. Der Patient bleibt dabei bei Be-wusstsein, ansprechbar und kooperativ.

■ DEQuelle: Pressemitteilung der Linde Gas Thera-peutics GmbH

Abbildung 1

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Fälle

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4

15–1

9

20–2

4

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30–3

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50–5

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55–5

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60–6

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65–6

9

70+

Fälle

Altersgruppe

Altersverteilung der Masernfälle in Deutschland 2001 und 2011

20012011

Nac

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