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Verletzungen in der Kindheit
Sind häufig Zusammentragen: Welche Verletzungen in
der Kindheit haben Sie in der Beratung erlebt
Einteilen in Kategorien
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Drei grosse Gruppen („abuse“)
Emotionale Vernachlässigung und Verletzung.
Körperliche Misshandlung und Vernachlässigung.
Sexueller Missbrauch in vielfältigen Schweregraden
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Tiefenpsychologie: Ist die Mutter schuld?
Wenn in der Tiefenpsychologie von „Verletzungen“ die Rede ist, werden nicht nur schwerste Kindheitserfahrungen gemeint, wie Vernachlässigung, Mißhandlung, sexueller Mißbrauch oder die innere Zerrissenheit als Folge einer Scheidung. Die Belastung durch solche schweren Erfahrungen ist allgemein erkennbar und unbestritten.
Vielmehr sollen es ganz alltägliche Enttäuschungen und Ängste des Kindes sein, die zum späteren Lebensproblem führen. Beispiele:– Reinlichkeitserziehung– Festlegen von festen Zeiten im Alltag (Essen, Schlafen)– Tadel / kleine Strafen für Fehlverhalten
Falsche Schlussfolgerung: „Die Mutter ist schuld!“
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Paradox
Nicht jede seelische Verletzung in der Kindheit führt auch zu psychischen Problemen im Erwachsenenalter
Psychische Probleme im Erwachsenenleben lassen sich nicht immer auf seelische Verletzungen in der Kindheit zurückführen.
Was sind die Gründe?
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Paradox
Sensible Menschen haben meist eine recht normale Jugend hinter sich, ohne faßbare Grausamkeiten und überdurchschnittliche Verluste. Sie kommen oftmals aus normalen Familien, die versuchten, ihren Kindern das Beste zu geben. Nicht selten sind andere Geschwister seelisch gesund.
Wie kommt es dann, dass ängstliche und depressive Menschen sosehr unter ihrer Kindheit leiden?
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Genetik und Persönlichkeit
Ein wesentlicher Teil der Persönlichkeit ist angeboren.
Wissenschaftliche Forschungen (z.B. Kagan) zeigen, dass Kinder schon im ersten Lebensjahr unterschiedlich ängstlich oder gehemmt sind.
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1. Zurückhaltung bei spontanen Äußerungen gegenüber unbekannten Kindern und Erwachsenen.
2. Mangel an spontanem Lächeln gegenüber unbekannten Leuten3. Relativ lange Zeit notwendig um sich in neuen Situationen zu
entspannen4. Beeinträchtigung der Erinnerung nach Stress5. Zurückhaltung, Risiken einzugehen und vorsichtiges Verhalten in
Situationen, die eine Entscheidung verlangen6. Interferenz bei bedrohlichen Worten im Stroop Test7. Ungewöhnliche Ängste und Phobien 8. Starker Pulsanstieg bei Stress und beim Aufstehen9. Starker Anstieg des diastolischen BD beim Aufstehen10. Starke Pupillenerweiterung bei Stress11. Erhöhte Muskelanspannung12. Größere kortikale Aktivierung im rechten Stirnhirnbereich13. Mehr Allergien14. hellblaue Augen häufiger
Eigenschaften gehemmter (sensibler) Kinder (im Vergleich zu ungehemmten Kindern)
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Untersuchung
Physiologie und Gefühle eng miteinander verbunden; die Ausprägung physiologischer Reaktionen bei Säuglingen und Kleinkindern sagt etwas aus über ihre spätere Persönlichkeitsentwicklung.
Studien zeigen, dass es schon in den ersten Tagen unterschiedliche Verhaltensmuster bei Neugeborenen gibt (z. B. Saugverhalten beim Wechsel von normalem Wasser zu gesüßtem Wasser = neuer Stimulus); zwei Jahre später erwiesen sich diejenigen Kinder, die am stärksten reagiert hatten, auch am sensibelsten der ganzen Gruppe.
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Beobachtung
gehemmte vs. ungehemmte Kinder:
gehemmte Kinder habe eine intensivere Reaktion vom limbischen zum sympathischen Nervensystem als ungehemmte Kinder.
Reaktion auf Ungewohntes mit Zurückhaltung, Vermeiden, Verstummen und manchmal Weinen.
„Andere beginnen das Leben mit einer Physiologie, die es ihnen leichter macht, spontan, entspannt und eifrig im Erkunden von neuen Situationen zu sein.“
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Studien-Design
500 Babies aus geordneten Mittelklass-Familien ohne extremes Gesundheitsrisiko (Alkohol, Dogen, Zigaretten) Jungen = Mädchen; Erst- und Spätergeborene.
Beobachtung im Alter von 2, 4, 9, 14 und 21 Monaten und später mit 3 ½ Jahren.
Jedes 4-monatige Kind wurde beurteilt, wenn es zufrieden in einem 60 ° geneigten Babystuhl saß. Nach dem Anlegen der Elektroden für das EKG bat die Untersucherin die Mutter, ihr Kind anzuschauen und zu lächeln, aber nicht zu sprechen, während die Herzfrequenz gemessen wurde (= Baseline).
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Neue Situationen
Ausgangslage („Baseline“): Kind sitzt neben der Mutter Mutter verlässt den Raum Abspielen einiger Sätze von Tonband
(Frauenstimme) Drei farbige Mobiles vor dem Gesicht Ein Wattestäbchen mit Alkohol wird
unter die Nase gehalten eine fremde Stimme spricht ein paar
Silben ohne Sinn hinter dem Kind wird ein Ballon zerplatzt Rückkehr der Mutter (Baseline)
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Reaktionsweisen der Kinder
Diese kurzen Handlungen führten zu unterschiedlichen Reaktionen:
Mobiles --- vermehrte Bewegungen, aufmerksames Beobachten
Sätze, Silben: --- Zuhören, Plaudern -- aber bei 1/3 Angst vor den Silben Zuhören, ängstlich verzerrtes Gesicht, kurzer Schrei (Angstauslösend: kein Gesicht sichtbar)
Wattestäbchen mit Alkohol -- am meisten Jammern, 1/3 motorisch aktiv und unruhig
Ballon -- meist keine Reaktion, 1/3 plötzliche Bewegung (motorische Aktivität); 1/4 kurzes Weinen nach einer Pause von 5 - 6 Sekunden.
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a) high-reactive (20 %): lebhafte Bewegungen bei 2 oder mehr Episoden, keine spontanen ungezielten Bewegungen sondern manchmal fast spastisch wirkend, gelegentlich mit einem Bogen des Rückens; zudem angespanntes unglückliches Gesicht; manchmal Weinen.
b) aroused (10 %): häufige, lebhafte Bewegung von Armen und Beinen, aber sie machten keinen Rückenbogen oder weinten.
c) distressed (25 %): weniger motorische Aktivität, aber
zweimal oder mehr Weinen.
d) low reactive (40 %): blieben gelassen, bewegten manchmal Arm oder Bein, aber minimale Spastizität, kein Bogen, selten weinerlich. Lächelten häufiger.
Vier Typen
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gehemmt15 %
ungehemmt15 %
im Alter von 21 Monaten
im Alter von 7,5 Jahren:25 % (von 15 %) weiterhin gehemmt42 % (von 15 %) weiterhin ungehemmt
Einfluss des Geschlechtes: 12 v 14 sehr gehemmten Kindern waren Mädchen12 v 19 ungehemmten Kindern waren Jungen
FAZIT: eine positive Entwicklung bei gehemmten Kindern ist möglich, aber es besteht ein erhöhtes Risiko einer bleibenden Hemmung bzw. Ängstlichkeit (Neurotizismus)
Langzeitentwicklung verschiedene Studien
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• 18 % zeigen "low reactivity", wenig Angst und häufiges Lächeln(„sanguinisch“)
• 8 % zeigen Anspannung, hohe Ängstlichkeit und seltenes Lächeln („melancholisch“)
"Es scheint, dass diejenigen Faktoren, die zur Abweichung vom vorhergesagten Angstniveau führen, bei den "low reactive" Kindern in erster Linie durch Umweltfaktoren, während sie bei "high reactive" durch Biologie und Umwelt bedingt sind.“
Soziales Verhalten: Angespannte Kinder lächeln deutlich weniger als entspannte Kinder. Temperament schon mit 1 Jahr
sichtbar
Schlussfolgerungen
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1. einfach (easy)2. langsam auftauend (slow-to-warm-up)3. schwierig (difficult)
unterscheiden: hat jemand nur Schwierigkeiten, warm zu werden in fremder Umgebung, oder ist jemand auch schüchtern in einer bekannten Umwelt?
Drei Konstellationen
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Quelle: Möller-Streitbörger, W. (1995) Die "Farbe" der Persönlichkeit. Die Psychologie hat das Temperament wiederentdeckt. Psychologie Heute, März 1995, S. 20-29.
Was macht einen Menschen „schwierig“?
Unregelmäßigkeit biologischer Funktionen Rückzugsreaktionen angesichts neuer
Situationen und Menschen langsames Anpassen an Veränderungen hohe Intensität von Reaktionen negative Stimmungslage unregelmäßige Ess- und Schlafgewohnheiten
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1. Ich bin nicht leicht beunruhigt.6. Ich fühle mich anderen oft unterlegen.11.Wenn ich unter starkem Stress stehe,
fühle ich mich manchmal, als ob ich zusammenbräche.
16.Ich fühle mich selten einsam oder traurig.
21.Ich fühle mich oft angespannt und nervös.
26.Manchmal fühle ich mich völlig wertlos.
31.Ich empfinde selten Furcht oder Angst.
Testfragen für Neurotizismus (NEO-FFI)
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36.Ich ärgere mich oft darüber, wie andere Leute mich behandeln.
41.Zu häufig bin ich entmutigt und will aufgeben, wenn etwas schief geht.
46.Ich bin selten traurig oder deprimiert.51.Ich fühle mich oft hilflos und wünsche
mir eine Person, die meine Probleme löst.
56.Manchmal war mir etwas so peinlich, dass ich mich am liebsten versteckt hätte.
Testfragen für Neurotizismus (NEO-FFI) -- 2
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10 Thesen
1. Kinder sind von ihrer genetischen Anlage her unterschiedlich begabt und temperamentvoll.
2. Schwangerschaft und Geburt sind natürliche Ereignisse und führen als Erlebnis allein nicht zu seelischen Störungen. Problematisch können aber minimale Gehirnschädigungen sein, die zu späteren Lern- und Verhaltensstörungen führen können.
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10 Thesen
3. Die frühkindliche Entwicklung ist weitgehend unabhängig von der Form der Erziehung (Mutterbrust oder Flasche, heile Kleinfamilie oder Kibbutz-Kinderhort), solange das Kind eine feste Bezugsperson hat, die ihm Vertrauen und Sicherheit gibt.
4. Das Temperament des Kindes prägt auch den Beziehungs- und Erziehungsstil seiner Eltern. Unruhige und ablenkbare Kinder brauchen z.B. viel mehr elterliche Ermahnungen und erleben daher mehr Frustration.
5. Einzelne schmerzliche Ereignisse prägen weniger als eine lang dauernde negative Gesamtatmosphäre.
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10 Thesen
6. Es gilt zu unterscheiden zwischen schweren Problemen (z.B. Alkoholismus oder psychische Krankheit der Eltern, Scheidungsstress) und leichteren Besonderheiten des Erziehungsstils (z.B. freiheitlich oder behütend, unbewußte Erwartungen und Ängste der Mutter).
7. Erinnerungen an die Kindheit werden durch die Stimmungslage und die Persönlichkeit des Erwachsenen gefärbt.
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10 Thesen
8. Kinder haben Bewältigungsmöglichkeiten, die ihnen auch bei schlechter Ausgangslage eine gute Entwicklung ermöglichen. Zwei Faktoren sind wichtig: 1. Die Anlage (z.B. fröhliches Naturell) und 2. Die Umwelt (z.B. stabile Schulsituation, christliche Jungschar, verlässliche Freunde).
9. Die Nöte sensibler Menschen sind nicht nur auf äußeren Umstände der Kindheit zurückzuführen, sondern vielmehr auf ihre übersensible Verarbeitung von Erfahrungen in Kindheit, Jugend und Erwachsenenalter.
10. Wenn sich objektiv und im breiten Vergleich die Kindheit nicht als Schicksal erweist, so muss man doch die persönliche Verarbeitung von Erfahrungen in der Kindheit ernst nehmen und den Betroffenen helfen, diese in einer reifen Form zu verarbeiten.
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Resilienzforschung
Die kalifornische Psychologieprofessorin Emmy Werner hat in einer Studie 698 Kinder von der Geburt bis zum 32. Lebensjahr nachuntersucht. Ihr Ziel war es, die Schutzfaktoren herauszufinden, die einem Kind helfen, mit schweren Erfahrungen umzugehen; die es widerstandsfähig machen gegen negative Einflüsse in der Kindheit.
Erfaßt wurden alle Kinder einer Insel auf Hawaii, die im Jahre 1955 geboren wurden. Die Bevölkerung wurde über das Projekt orientiert und die Eltern konnten zur Mitarbeit in der großen Untersuchung motiviert werden.
Gefährdet waren Kinder, wo die Geburtsprobleme verbunden mit Armut, Streit in der Familie, psychischer Krankheit der Eltern oder dauernden schweren Erziehungsfehlern.
Diesen verletzlichen Risikokindern galt das besondere Interesse der Forscherin. Wie würden sie wohl das Leben meistern? Rund zwei Drittel hatten auch im späteren Leben echte Probleme: sie kamen mit dem Gesetz in Konflikt, beendeten ihre Ausbildung nicht und erlebten das Zerbrechen einer Ehe.
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Hilfreiche Faktoren
Zwei Faktoren seien es, die einem Kind in der Bewältigung widriger Umstände helfen:
1. Ein angeborenes ausgeglichenes Temperament, das es den Betreuern leicht macht, sie gern zu haben.
2. Ein günstiges Umfeld, in dem sie wenigstens eine feste Bezugsperson hatten. Dazu kam oft die Unterstützung in einer kirchlichen Jugend gruppe, die ihrem Leben Sinn und Halt gab.
Auffallend war, dass sich auch problematische junge Menschen gegen Ende der 20er-Jahre stabilisierten und ihr Leben meisterten. Hilfe erhielten die meisten allerdings nicht von den bezahlten Helfern wie Sozialarbeitern oder Psychotherapeuten, sondern sie holten sich, was sie brauchten, bei Freunden und Angehörigen.
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Gibt es ein Leben nach der Kindheit?
Wer die Schwierigkeiten des Erwachsenen nur auf unerfüllte Wünsche und Bedürfnisse in der Kindheit zurückführt, der blendet die Tatsache aus, dass es auch ein Leben nach der Kindheit gibt.
Ratsuchenden in seinem persönlichen Erleben ernst zu nehmen – in seinen enttäuschten Hoffnungen und Wünschen, in seinen Verletzungen und in seinem ganz persönlichen Erleben der Kindheit.
Seelsorge hat auch die Aufgabe, die Sichtweise des Lebens zu erweitern und eine umfassende Betrachtung der Lebensentwicklung zu fördern.
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Leben in der Gegenwart
Ermutigung, nicht nur im Negativen der Kindheit zu verharren, sondern in die Bearbeitung der Gegenwart führen.
Annehmen seiner schwierigen Lebensgeschichte – das Rad lässt sich nicht zurückdrehen
Trauer über Verletzungen zulassen, aber Balance mit Dankbarkeit für das, was geholfen hat in er Bewältigung.
Der Sinn schweren Erlebens mag ihm oft verdunkelt sein. Dennoch weiß er, dass Gott Wunden heilt, und auch aus dem Bösen und Dunklen Gutes schaffen kann.
Vergeben, wie uns vergeben wurde.
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Wie ist Vergebung möglich?
Eine Betroffene erzählt: "In der Seelsorge hat man mir gesagt: Solange du nicht vergibst, wirst du keine Befreiung erleben. Ich wollte ja frei werden, aber der Schmerz und die Scham stand mir jeden Tag wieder vor Augen. Sollte ich die Mißhandlungen und den Mißbrauch einfach vergessen? Wie denn?! Meine Gefühle schrieen lauter als mein schwacher Wille. Ich bin fast verzweifelt!"
Diesen Fragen muß sich die Seelsorge stellen. Oft ist es ein langer, steiniger Weg, den eine Betroffene zu gehen hat, bis sie die Verletzungen der Kindheit loslassen kann.
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Wie ist Vergebung möglich?
Geduld und das Mittragen auch in den Zeiten, wo die Anklage hervorbricht, der Schmerz, all die gerechtfertigten Gründe, warum Vergebung so schwer ist.
Neue Sichtweisen einbringen, die den Weg zur Vergebung ebnen. – Bei geistlichen Grundlagen – vorsichtig einbringen, dass ja auch ihr
vergeben wurde.– Selbst ohne geistliche Bezüge gilt die Erfahrung, daß mit dem
Loslassen der Schuldvorwürfe an den Täter auch eine Last abfallen kann, die man durch den ständigen Groll mit sich herumschleppte.
Hindernisse: – schmerzlichen Erinnerungen, – abgrundtiefen Gefühlen, – kreisenden Grübeleien und – immer neuen Enttäuschungen.
Aufforderungen zum Umdenken reichen oft nicht aus („kognitive Therapie“); selbst geistliche Höhenerfahrungen tragen nicht immer durch die Niederungen des Lebens.
Oft braucht es schlichtweg Zeit, Monate bis Jahre, Zeit, die allmählich Wunden vernarben läßt und den Boden für einen bewußten Abschluß durch Vergebung legt.
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Leitlinien zur Vergebung
a) Das Eingeständnis, daß mir Unrecht getan wurde. Ich muß nicht beschönigen oder verleugnen. Vergebung wird erst dort nötig, wo Unrecht vorliegt.
b) Der Täter verdient die Vergebung nicht (so wie auch ich vor Gott letztlich nicht bestehen kann). Meine Vergebung ist nicht das Gutheißen seiner Ausflüchte, Rechtfertigungsversuche und Schönfärbereien des Vorgefallenen. Meine Vergebung ist auch nicht ein Eingeständnis seiner unterschwelligen Vorwürfe, daß ich ja Mitschuld hätte an seinem sexuellen Handeln. Wenn ich vergebe, dann vergebe ich aus freien Stücken.
c) In der Vergebung gebe ich meinen Zorn auf, und gleichzeitig auch meine Rachegelüste und meine Ansprüche an den Täter. Ich gebe den Täter frei. Doch damit gebe ich auch mich frei: Wie ein Ringer, der seinen Kontrahenten losläßt, löse ich mich aus der Umklammerung, in der ich mich durch den ständigen Groll befand.
d) Den Täter lieben lernen? – Bei dem was oft zwischen Täter und Opfer vorgefallen ist, wäre das ein hochgestecktes Ideal. Manchmal allerdings darf eine Beziehung derart heilen, daß eine Frau in ihrem Vater auch die schwache, die tragische Seite sieht, die es ihr ermöglicht aus tiefer Überzeugung zu sagen: Ich liebe ihn – trotz allem was vorgefallen ist.
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Vergebung löst die Bindung zum Täter
Vergebung kann wirklich neue Perspektiven eröffnen. Es geht nicht nur um das Umsetzen eines christlichen Gebotes. Natürlich bekommt Vergebung für den, der selbst um die Erlösung weiß, eine tiefe Bedeutung der Verbundenheit mit Jesus, der seine Schuld auf sich genommen hat.
Vergebung ist im Grunde aber auch ein Weg zur Heilung, den selbst Menschen ohne bewußte Gottesbeziehung erleben und die auch psychotherapeutisch ihren Wert hat: Das Annehmen des Vorgefallenen als Teil des Lebens und der bewußte Entschluß, nicht mehr zurückzublicken, die Entschlossenheit, den Weg trotz der Lasten der Vergangenheit fortzusetzen.
Der Verzicht auf ständige vorwurfsvolle Rückschau löst auch die Bindung zum Täter und befreit zu neuen Schritten.
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