Wald und Holz NRW, Regionalforstamt Rureifel-Jülicher Börde, Kirchstraße 2, 52393 HürtgenwaldE-Mail: [email protected], Telefon: 02429 / 9400 - 0
RegionalforstamtRhein-Sieg-Erft
Auch unsere Gesellschaft verändert sich. Autoritäten
werden hinterfragt. Kaum jemand vertraut heute zum
Beispiel allein dem Urteil eines Arztes ohne parallel im
Internet zu recherchieren. Diese Veränderungen spüren
wir auch im Wald. Vor allem im Ballungsraum unserer
Großstädte werden Waldsperrungen für Fällarbeiten
immer häufiger ignoriert oder kritisch hinterfragt. Auch
diese Veränderungen haben wir im Blick und stellen uns
mit dem Projekt Baustellenkommunikation darauf ein.
Herzlich einladen möchte ich Sie zu unserem 8. Arns-
berger Waldforum, 3. und 4. November 2016, www.
arnsberger-waldforum.de, auf dem wir uns intensiv um die
zahlreichen Ressourcen kümmern, die in unseren Wäldern
stecken und die der Waldbesitz der Gesellschaft zu einem
großen Teil kostenlos zur Verfügung stellt. Wir freuen uns
auf Sie und Ihre Diskussionsbeiträge in Arnsberg.
Ihr Andreas Wiebe
wenn Buchen schon im September ihr Laub abwerfen,
dann ist der Herbst zu warm gewesen. Ein sichtbares
Zeichen für den Stress, mit dem unsere Waldbäume
zurechtkommen müssen.
Die trockene Zeit hat uns
andererseits bei der Wald-
arbeit sehr geholfen. Das
Holz kommt jetzt besser
aus dem Wald. Mit den
Herausforderungen des
Klimawandels fertig zu wer-
den ist eine große Aufgabe,
bei der wir den Waldbesitz
mit guten Konzepten und
klugem Rat unterstützen.
Dazu erarbeiten wir ein
Waldbaukonzept mit der Betonung von Mischung (Alter
und Baumarten) und Risikostreuung.
Die Landeswaldinventur, über die wir in diesem Waldblatt
NRW berichten, liefert uns sehr viele interessante Daten.
Es ist viel Holz vorhanden. Die Wälder sind älter gewor-
den. Waldbau im Klimawandel heißt, bisher wenig verbrei-
tete Baumarten für die Mischwälder der Zukunft in den
Blick zu nehmen. Damit meinen wir ausdrücklich auch
Nadelbäume. Über die Douglasie haben wir im vergange-
nen Waldblatt berichtet. Die Weißtanne – ein Schatten-
künstler – ist ein weiterer Kandidat, der uns bei einem
erfolgreichen Waldbau im Klimawandel helfen kann.
Veränderungen beobachten wir aber nicht nur im Klima.
Andreas Wiebe (Foto: S. Freitag)
Liebe Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer,
Inhalt Die Landeswaldinventur für Nordrhein-Westfalen ............. 2
Baustellenkommunikation ................................................... 4
Die Weißtanne - Die (un)bekannte Baumart ...................... 6
Einladung zum 8. Arnsberger Waldforum ........................... 8
Verträge zum umweltverträglichen Weihnachtsbaum-
und Schmuckreisiganbau im Wald ...................................... 9
Förderung für Biotop- und Artenschutz ............................. 10
Schulung für Wolfsexperten in Arnsberg ............................ 11
Entgelte für Holzverkaufsvermittlung bleiben konstant .... 11
Aus Ihrem Regionalforstamt ................................................ 12
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Waldblatt NRW - Herbst 2016 RegionalforstamtRhein-Sieg-Erft
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Wie sieht er aus, unser Wald? Welche Bäume stehen
auf welcher Fläche? Wie alt und stark sind sie und wem
gehören sie? Diese und viele weitere Fragen beantwortet
die neue Landeswaldinventur.
Um eine nachhaltige Waldbewirtschaftung zu sichern,
sind genaue Informationen über die Wälder unentbehr-
lich. Daher hat sich das Land Nordrhein-Westfalen ent-
schlossen, zusätzlich zu der im Jahre 2012 durchgeführ-
ten bundesweiten Walderhebung (BWI) eine Landes-
waldinventur (LWI) vorzunehmen. Zukünftig sollen die
Bundes- und die Landeswaldinventur zusammengelegt
werden, sodass es nur noch eine Großrauminventur
geben wird.
Bereits 1998 hat schon mal eine Landeswaldinventur
in NRW stattgefunden. Diese ist jedoch nach anderen
Erhebungskriterien und Auswertemethoden durchge-
führt worden und damit nicht mehr mit der aktuellen LWI
vergleichbar.
Die Landeswaldinventur für Nordrhein-Westfalen - Information über die Wälder
Das Ökosystem Wald ist eine vielgestaltige Lebensgemeinschaft(Foto: Lutz Falkenried, Wald und Holz NRW)
Hier einige wichtige Kerndaten aus der neuen Wald-
inventur:
• Knapp 935.000 ha Wald bedecken Nordrhein-West-
falen. Das entspricht 27 % der Landesfläche. Der
Bundesdurchschnitt liegt bei 32 %.
• Unser Wald besteht zu 58 % aus Laubbäumen und zu
42 % aus Nadelbäumen. Dies ist auch ein Erfolg des
aktiven Waldumbaus, der die Zunahme des Laubhol-
zes im Focus hat.
• Mit 30 % ist die Fichte die häufigste Baumart. Ihr
folgen Buche (19 %) und Eiche (17 %).
• Den höchsten Waldflächen-Anteil nimmt mit 63 %
der Privatwald ein, gefolgt vom Körperschaftswald
(21 %) und Landeswald (13 %). Der Bundeswald
beträgt 3 %. NRW ist Privatwald-Land. In keinem
anderen Bundesland gibt es einen höheren Anteil
davon. Deshalb spielt die Beratung und Betreuung
des privaten Waldbesitzes traditionell eine herausra-
gende Rolle.
• Holz dient als Basis für eine der größten Wirtschafts-
branchen in Nordrhein-Westfalen. Der Holzvorrat je
ha liegt für NRW bei 318 m³. Im Privatwald erreicht er
324 m³ und 318 m³ in Landeswald. Insgesamt stehen
damit 277 Mio. m³ Holz in unseren Wäldern. Trotz der
schweren Schäden durch den Orkan Kyrill in 2007
befindet sich der Holzvorrat auf hohem Niveau.
• Das flächengewogene Durchschnittsalter liegt über
alle Baumarten bei 75 Jahren. Insgesamt werden
unsere Wälder im statistischen Durchschnitt immer
älter.
• Mehr als die Hälfte der Wälder sind zweischichtig
oder plenterartig aufgebaut. Strukturreiche Bestän-
de erhöhen die Fitness und stärken den Wald für die
Herausforderungen des Klimawandels.
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Waldblatt NRW - Herbst 2016 RegionalforstamtRhein-Sieg-Erft
• In NRW gibt es mehr als 19 Mio. m³ Totholz. Totholz
steckt voller Leben und fördert die Artenvielfalt im
Wald. Es ist für seltene Pilze und Insekten ein wich-
tiges Fundament im biologischen Waldkreislauf.
Um zu den Ergebnissen der Waldinventur zu kommen,
waren sechs Teams aus Forst-Fachleuten in unseren
Wäldern unterwegs und haben an mehr als 9.300 Stich-
probenpunkten über 60.000 Bäume vermessen.
An jedem Stichprobenpunkt wurden etwa 150 Merkmale
erhoben. Das gibt eine Menge Daten, mit denen dann
noch weitere Resultate errechnet worden sind. Für die
Ergebnisdarstellung wurde eine Datenbank verwendet,
die auch schon für die deutschlandweite Bundeswaldin-
ventur eingesetzt worden ist. Und darin liegt auch der
große Vorteil der aktuellen Landeswaldinventur: alle
Ergebnisse können frei und öffentlich im Internet abge-
rufen werden (Link siehe rechts).
Für die Inventur sind modernste Messgeräte eingesetzt
worden. Zur Bestimmung der Position der Stichproben-
punkte wurden Satelliten-Navigationsgeräte benutzt,
die neben den amerikanischen GPS- auch die russischen
GLONASS- Satelliten auswerten. Die unterirdischen
Eisenrohre oder Ringmagnete, die den Stichprobenpunkt
im Wald markieren, wurden mit Kombigeräten detektiert,
die sowohl auf metallische als auch auf magnetische
Impulse reagieren. Baumdurchmesser im oberen Stamm-
bereich sind mit Laserkluppen vermessen worden.
Für Distanz- und Höhenmessungen kamen Ultraschall-
messgeräte zum Einsatz.
Forstliche Großrauminventuren werden im Abstand von
etwa zehn Jahren durchgeführt. Deshalb haben die An-
gaben der aktuellen LWI die nächsten zehn Jahre Bestand
und sind für Nordrhein-Westfalen die Datenbasis für
Aussagen zu unserem Wald.
Für weitere Informationen gelangen Sie unter
www.wald-und-holz.nrw.de/lwi auf die Themenseite zur
Landeswaldinventur. Von dort können Sie auch die
Ergebnisdatenbank aufrufen.
Lutz Falkenried
Ein strukturreicher Mischwald entsteht (Foto: Lutz Falkenried, Wald und Holz NRW)
Totholz bietet Lebensraum für zahlreiche Organismen(Foto: Lutz Falkenried, Wald und Holz NRW)
Die modernen Messgeräte der LWI (Foto: Lutz Falkenried, Wald und Holz NRW)
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Waldblatt NRW - Herbst 2016 RegionalforstamtRhein-Sieg-Erft
Ein Förster berichtete, wie ihm ein aggressiver Spazier-
gänger ins Gesicht spuckte. Der Forstmann hatte
versucht den Waldbesucher daran zu hindern eine Ab-
sperrung zu umgehen. Das war sicher eine extreme
Erfahrung, aber gewundert haben sich die Teilnehmerin-
nen und Teilnehmer des sogenannten „Baustellensemi-
nars“ darüber nicht. Über Rempeleien und Aggression
am Absperrbanner konnten alle berichten.
Weil die Aggression im Wald vor allem in den städtischen
Ballungsräumen in NRW zunimmt, hatte Wald und Holz
NRW zu einem Pilotseminar in den Wald bei Bonn einge-
laden. Das Team Aus- und Fortbildung der Münsteraner
Wald und Holz NRW Zentrale hatte zwei Experten des
polizeilichen Deeskalationstrainings verpflichtet, um mit
Forstleuten zu üben, wie man mit aggressiven Waldbesu-
cherinnen und -besuchern umgehen kann.
Zwei wichtige Botschaften der Trainer: Erstens geht es
in der Konfliktsituation nicht in erster Linie darum Sach-
fragen zu klären, sondern die Konfliktsituation zu lösen.
Und zweitens: Man muss sich nicht alles gefallen lassen.
Niemand muss ich anpöbeln lassen! Wie man aggres-
sionsgeladene Situationen erfolgreich auflöst, konnten
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in zahlreichen
Trainingssituationen üben. Nach einer Auswertung des
Pilotseminars wird das Team Aus- und Fortbildung im
nächsten Jahr weitere Seminare anbieten.
Eine sinkende Akzeptanz von Absperrungen im Zuge von
Fällarbeiten ist ein bundesweites Problem, mit dem sich
die Öffentlichkeitsarbeiter aller Landesforstverwaltungen
intensiv beschäftigen. Ein rot-weißes Flatterband und
ein Hinweisschild „Durchgang verboten - Fällarbeiten“
reicht nicht mehr. Auch die Waldbesucherinnen und
-besucher, die nicht gleich mit Aggression auf Absper-
rungen reagieren sind kritischer geworden. Infoschilder,
ausgeschilderte Umleitungen, Faltblätter und zusätzliche
Informationen im Internet gehören heute zu einer zeitge-
mäßen kommunikativen Begleitung von Waldpflegearbei-
ten im Ballungsraum. Wald und Holz NRW hat sich für die
Entwicklung dieser Medien mit Prof. Dr. Michael Suda von
der Technischen Universität München die Unterstützung
eines der renommiertesten Experten in der forstlichen
Kommunikation im deutschsprachigen Raum gesichert. Der Wald als Seminarraum (Foto: Ulla Giesen, Wald und Holz NRW)
Wegen Baumfällarbeiten vorübergehend gesperrt!Seminare und Medien sollen Konflikte an Wegsperrungen lösen
Erfolgreiche Konfliktkommunikation kann man trainieren(Foto: Ulla Giesen, Wald und Holz NRW)
Prof. Dr. Michael Suda erläutert erfolgreiche Strategien zur Kommunikation in Konfliktsituationen (Foto: Michael Blaschke, Wald und Holz NRW)
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Waldblatt NRW - Herbst 2016 RegionalforstamtRhein-Sieg-Erft
In einer Testphase werden die entwickelten Schilder und
Faltblätter in den nächsten Wochen an besonders kri-
tischen Punkten im Wald ausprobiert. Die Internetseite,
auf die die Waldbesucher an der Absperrung verwiesen
werden, soll helfen die zahlreichen Fragen rund um die
Waldbewirtschaftung zu erklären. Die Seite kann man
natürlich auch direkt ansteuern und Waldbesitzerinnen
und Waldbesitzer können den Link auch für ihre Kommu-
nikation nutzen: www.wald-und-holz.nrw.de/baustelle
Das Ziel von Wald und Holz NRW ist es, die dringend
erforderliche Holzmobilisierung wo immer es geht zu er-
leichtern. Dazu gehört auch, die Menschen die draußen
im Wald an den Sägen und Maschinen die wertvolle Wald-
pflegearbeit verrichten, mit Medien und Fortbildungen zu
unterstützen.
Die zunehmend kritische Haltung breiter Bevölkerungs-
schichten empfinden Waldbesitzerinnen und Waldbe-
sitzer häufig als Kritik an ihrer Person und als generelle
Fundamentalkritik an der forstwirtschaftlichen Nutzung
unserer Wälder. Dieser Eindruck ist naheliegend, aber
in der Regel nicht zutreffend. Wir haben es mit einer in
allen Belangen kritischeren Öffentlichkeit zu tun. Auch
Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer „googlen“ nach dem
Arztbesuch die Diagnose des medizinischen Experten,
suchen eine zweite Meinung, hinterfragen die Fachmei-
nung und suchen Alternativen. Nichts anderes geschieht
im Wald, wenn Wanderer die fundierten Hinweise von
Forstleuten und Waldbesitzenden kritisch hinterfragen.
Authentisch bleiben! Eine wichtige Grundregel der Konfliktkommuni-kation. (Foto: Ulla Giesen, Wald und Holz NRW)
Die Veränderungen in der Gesellschaft machen auch vor
der Forstpartie nicht halt. Das ist kein Grund zu Frust-
ration und Verzweiflung. Die Waldbesitzenden und die
Forstleute in NRW haben gute Argumente, ein umfang-
reiches Wissen und auch die kommunikativen Mittel die
neuen Herausforderungen im Wald anzunehmen. Aller-
dings müssen wir aktiv auf die Menschen zugehen und
immer wieder darüber sprechen, dass unsere Wälder viel
mehr sind, als die inspirierende Kulisse für den Sonntags-
spaziergang. Ein Teil der aktiven Öffentlichkeitsarbeit
sind die neuen Informationsmaterialien, mit denen Wald
und Holz NRW sich für eine bessere Kommunikation an
den bei Waldpflegearbeiten erforderlichen Absperrungen
engagiert.
Michael Blaschke
Waldblatt NRW - Herbst 2016 RegionalforstamtRhein-Sieg-Erft
Die Weißtanne – Die (un)bekannte Baumart
Als die Baumarten nach der letzten Eiszeit aus den
wärmeren Gebieten in Süd- und Osteuropa, in der die
Bäume die kalte Phase überdauert hatten, langsam nach
Deutschland zurückkehrten, schaffte es die Weißtan-
ne zwar nach Süddeutschland zurück, jedoch nicht bis
ins heutige Nordrhein-Westfalen. Die Ursachen dieses
Wegestopps werden noch wissenschaftlich erforscht. Die
Baumart Weißtanne ist somit in Deutschland heimisch,
in NRW aber eine eingeführte Baumart. Dies ist aber
schon lange her: Der früheste Anbau der Weißtanne in
Nordrhein-Westfalen stammt wahrscheinlich aus dem
Jahre 1750 und wurde im Bereich der Eifel (im ehemaligen
Forstamt Schleiden) durchgeführt. Erste Anpflanzungen
der Weißtanne im Sauerland – Briloner Stadtwald – wur-
den 1790 durchgeführt. Bereits 1811 wurden Weißtannen
aus Rumbeck/Arnsberg beerntet und das Saatgut im
Briloner Stadtwald ausgebracht.
Weißtannen gehören zu den eindrucksvollsten Bäumen
in den Wäldern von Nordrhein-Westfalen; vermag die
Weißtanne doch bis über 60 m hoch und einen Brust-
höhendurchmesser von über 2 m zu erreichen.
Die Weißtanne hat aber noch mehr zu bieten: Ihre tiefrei-
chende Pfahlwurzel macht die Tanne nicht nur zu einer
gegen Windwurf sehr stabilen Baumart, sondern sie kann
hierdurch auch Nährstoffe aus tieferen Bodenschichten
erschließen und über ihre Nadelstreu mittelfristig auch
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anderen Bäumen zur Verfügung stellen.
Als eine leistungsfähige Mischbaumart kommt die
Weißtanne im Naturwald mit Fichte und Buche gemein-
sam vor. Da sie etwas mehr Wärme aber weniger Wasser
benötigt als die Fichte, setzt man große Hoffnungen auf
die Weißtanne und ihre Anpassungsfähigkeit im Klima-
wandel. Im Zuge von möglichen Klimaveränderungen
zeichnen sich für die Wälder in NRW und insbesondere für
die Baumart Fichte gravierende Folgen ab. Die Weißtanne
gilt als eine mögliche Ersatzbaumart für die Fichte. Die
Weißtanne produziert ein gleichmäßig gelblich-weißes
Holz, das Fichtenholz optisch und in der Verwendung
sehr stark ähnelt. In ihren klimatischen Ansprüchen liegt
sie zwischen Buche und Fichte und vereint in sich etliche
Eigenschaften, die sie für die zukünftige Gestaltung klima-
plastischer Wälder interessant macht.
Stammscheibe zur Jahrringanalyse einer Weißtanne (Pflanzung 1876) aus dem Arnsberger Wald (Foto: Bertram Leder, Wald und Holz NRW)
Die Weißtanne erreicht auf entsprechenden Standorten erhebliche Brusthöhendurchmesser und Höhen (Foto: Bertram Leder, Wald und Holz NRW)
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Waldblatt NRW - Herbst 2016 RegionalforstamtRhein-Sieg-Erft
Die Weißtanne ist ein Schattenkünstler: Weißtannenver-
jüngung kann notfalls Jahrzehnte im Schatten anderer
Bäume ausharren und auf das Entstehen einer Lichtlücke
im Kronendach warten. Wenn das Licht sie dann erreicht,
geht es los mit dem Wachstum. Diese Eigenschaft kann
man sich zu Nutze machen, wenn man beispielsweise
Reinbestände aus Fichte in Mischbestände umbauen
möchte: Durch Voranbau (Pflanzung) und Voraussaat
unter dem vorhandenen Kronenschirm kann man die
Weißtanne bereits Jahrzehnte vor der Ernte der Fichten
im Bestand etablieren (Anmerkung: Zu dieser Etablie-
rungstechnik erscheint demnächst ein Flyer von Wald
und Holz NRW) und der Weißtanne einen Vorsprung
gewähren, denn in ihrer Jugend wächst die Weißtanne
etwas langsamer als die Fichte. Dafür hält das Wachstum
bis ins hohe Alter stetig an. Mit einem geeigneten Pflege-
konzept, kann der Zuwachs auch im hohen Alter noch
gesteigert werden. Ein stufiger Bestandesaufbau ist von
Vorteil, weil er zugleich das frühe Aufkommen von Natur-
verjüngung ermöglicht.
Die Weißtanne bietet Habitatfunktionen für etliche Tier-
und Pilzarten. Weißtannenverjüngung ist aus der Pers-
pektive des Wilds schmackhaft und wird gern verbissen.
Verbissinventuren zeigen, dass Wildverbiss die Verjün-
gung der Weißtanne erheblich beeinträchtigen kann.
Dies kann – regional unterschiedlich – für die Sicherung
der standörtlich notwendigen Weißtannenbeteiligung in
der Verjüngung ein besonderes Problem sein.
Weisergatter geben hier wertvolle Hinweise.
Aus verschiedenen Gründen ist die Weißtanne in NRW
bislang nicht häufig. Das derzeit in Erstellung befindliche
„Waldbaukonzept klimaplastische Wälder NRW“ erarbei-
tet Waldentwicklungstypen, in denen die Weißtanne mehr
als bisher zum Baumartenportfolio zählen kann. In einem
aktuellen Projekt werden daher die verstreuten Vorkom-
men älterer Weißtannen aufgespürt und untersucht.
Denn diese Vorkommen haben unter den nordrhein-
westfälischen Standortsbedingungen der letzten 70 bis
140 Jahre überleben und sich erfolgreich behaupten
können. Damit bieten diese Bestände und Einzelbäume
eine gute Grundlage, um einerseits waldbauliche und
waldwachstumskundliche, sowie standörtliche Parame-
ter über Weißtannen in NRW abzuleiten, und andererseits
an Hand von Untersuchungen der genetischen Struktur
„der Überlebenden“ geeignete Herkünfte (Provenienzen)
für NRW zu identifizieren.
Dr. Bertram Leder und Karoline Flume
Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen
Waldbau und Forstvermehrungsgut
Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberger Wald
Ersatzbaumart zur Fichte kann die Weißtanne sein (Foto: Bertram Leder, Wald und Holz NRW)
Förderung der Weißtanne bedeutet auch die Schaffung von (Natur-) Verjüngungsvorräten unter Schirm (Foto: Bertram Leder, Wald und Holz NRW)
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Waldblatt NRW - Herbst 2016 RegionalforstamtRhein-Sieg-Erft
Ein Waldthema mit vielen Experten und einem diskus-
sionsfreudigen Publikum von verschiedenen Seiten zu
beleuchten, ist das Konzept des Arnsberger Waldforums.
In diesem Jahr möchten wir die vielen Ressourcen, die
wir in unseren Wäldern nutzen, in einer 360° Betrachtung
gebührend würdigen.
Holz ist und bleibt dabei die wichtigste Ressource. Holz-
nutzung ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz.
Nicht zuletzt ist es der Holzverkauf, der die vielen Wald-
besitzerinnen und Waldbesitzer in die wirtschaftliche
Lage versetzt, die zahlreichen anderen kostenlosen
Leistungen ihrer Wälder für die Natur, die Umwelt und
unsere Freizeit und Erholung zu erbringen.
Allerdings können die Waldbesitzerinnen und Waldbe-
sitzer für die meisten Leistungen, die ihre Wälder für die
Natur und die Gesellschaft erbringen, keine Rechnungen
schreiben. Die „Wohlfühloase“ Wald betreten wir, ohne
Eintritt zu zahlen. Wir gehen auf gepflegten Waldwegen
spazieren und genießen kostenlos die gute Waldluft.
Und unser Trinkwasser filtern unsere Wälder ebenfalls
ohne einen Cent für die Reinigungsleistung zu berech-
nen. Unsere Wirtschaftswälder sind die naturnächsten
Lebensräume, die wir haben. Die Schatzkammer Wald
ist gefüllt mit wertvollen Ressourcen. Diese unzähligen
Leistungen unserer Wälder exakt in Euro und Cent zu
berechnen, wird nicht gelingen. Unsere Aufgabe ist es,
dieses Geschenk der Natur mit forstlichem Sachverstand
nachhaltig zu nutzen. Wie dies am besten gelingt und
dabei möglichst vielen gesellschaftlichen Ansprüchen
gerecht wird, ist ein ständiger Abwägungs- und Optimie-
rungsprozess. Den Dialog über die wertvollen Ressourcen
des Waldes führen wir gern und besonders intensiv auf
dem 8. Arnsberger Waldforum, zu dem wir sie herzlich
einladen.
Anmeldungen per E-Mail:
Veranstaltungsort:
Forstliches Bildungszentrum des Landesbetriebes Wald
und Holz Nordrhein-Westfalen
Alter Holzweg 93
59755 Arnsberg
Tagungsgebühr:
55,00 € / 25,00 € für Schüler-/innen, Auszubildende,
Praktikanten/innen und Studierende. Die Tagungsge-
bühren beinhalten eine Tagungsmappe, Mittagessen und
Getränke
Rückfragen:
Elke Hübner-Tennhoff
Projektleitung Arnsberger Waldforum
E-Mail: [email protected]
Michael Blaschke
Einladung zum 8. Arnsberger Waldforum am 3. und 4. November 2016Ressource Wald – wie viel Nachhaltigkeit ist in uns?
Verträge zum umweltverträglichen Weihnachtsbaum- und Schmuck-reisiganbau im Wald
Waldblatt NRW - Herbst 2016 RegionalforstamtRhein-Sieg-Erft
Mit der Unterschrift von Umweltminister Johannes
Remmel und den Vorsitzenden der beteiligten Verbände,
dem Waldbauernverband NRW e.V., dem Landesver-
band Familienbetriebe Land und Forst NRW e.V., sowie
dem Landesverband Gartenbau NRW e.V. wurde am 25.
Juni 2016 die Möglichkeit geschaffen die Änderung des
Landesforstgesetzes vom Dezember 2013 praktisch
umzusetzen.
Um Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen im
Wald auch nach dem Jahr zu nutzen, haben Wald-
besitzerinnen und Waldbesitzer nun die Möglichkeit,
Verträge mit den Regionalforstämtern abzuschließen.
Die Vertragsbedingungen zum umweltverträglichen
Anbau wurden in dem Rahmenvertrag festgelegt. Dieser
Vertrag wurde einvernehmlich zwischen den beteiligten
Verbänden, sowie dem Ministerium für Klimaschutz,
Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Landesbetrieb
Wald und Holz Nordrhein-Westfalen abgestimmt.
Für die konkreten Weihnachtsbaum- und Schmuckreisig-
kulturen können nun Einzelverträge zwischen Waldbe-
sitzerinnen bzw. Waldbesitzern und den Regionalforst-
ämtern abgeschlossen werden. Damit verpflichten sich
die Waldbesitzenden einerseits die im Rahmenvertrag
festgelegten Kriterien einzuhalten, andererseits ermög-
licht der Vertragsabschuss einen Kulturbetrieb bis
mindestens 2043.
Vertragsinhalte sind im Wesentlichen die Reduzierung
von Herbiziden, eine bodenschonende Bewirtschaftung
und die Anlage von Innen- und Außensäumen zur Verbes-
serung des Landschaftsbildes und der Biodiversität.
Wichtig: Der Abschluss solcher Verträge ist aufgrund der
gesetzlichen Regelung nur bis zum 12. Dezember 2016
möglich. Danach können keine Verträge mehr abge-
schlossen werden.
Die Bewirtschaftung der vertraglich betroffen Kulturen
wird jährlich auditiert. Entweder nach den Regelungen
der Zertifizierung durch PEFC Deutschland oder durch
einen von Wald und Holz NRW beauftragten Auditor. Die
Verträge haben eine erste Laufzeit bis zum Jahr 2043
und können sich dann gegebenenfalls verlängern. Wald-
besitzerinnen und Waldbesitzer haben die Möglichkeit die
Verträge jederzeit zu kündigen. In einem solchen Fall gilt
dann der Bestandschutz der Kulturen bis zum Jahr .
Für bestehende, außerhalb sonstiger Waldflächen gelege-
ne Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen werden
keine Verträge abgeschlossen, da diese nicht dem Forst-
recht unterliegen und in der Regel ohnehin dauerhaft
betrieben werden dürfen.
Unabhängig von vertraglichen Vereinbarungen können
Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen im nach-
gewiesenen Gesamtumfang von weniger als 2 Hektar
Waldfläche eines Waldbesitzers genutzt werden. Derar-
tige Flächen müssen den Regionalforstämtern allerdings
gemeldet beziehungsweise angezeigt werden.
Unter Energieleitungen ist die Bewirtschaftung von Weih-
nachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen übrigens ohne
besondere Einschränkungen zulässig.
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Weihnachtsbaumkultur im Wald(Foto: Marc Messerschmidt, Wald und Holz NRW)
Zusätzliche Informationen erhalten Sie bei den
Fachgebieten Hoheit der für Sie zuständigen
Regionalforstämter.
Weitere Informationen
Kriterien für den Weihnachtsbaumanbau im Wald
www.wald-und-holz.nrw.de/fileadmin/Presse/
Dokumente/160711_Kriterien_fuer_umweltv._
Weihnachtsbaumanbau_im__Wald.pdf
Muster Bearbeitungsschema
www.wald-und-holz.nrw.de/fileadmin/Presse/
Dokumente/160711_Muster_Bearbeitungsschema.pdf
Muster EV öffentlich-rechtlicher Vertrag
https://www.wald-und-holz.nrw.de/fileadmin/Presse/
Dokumente/160711_Muster_EV_oeffentlich-rechtlicher_
Vertrag_Mai_2016.pdf
Rahmenvertrag WBK
www.wald-und-holz.nrw.de/fileadmin/Presse/
Dokumente/160711_Rahmenvertrag_WBK-px.pdf
Pressemitteilung vom 15.07.2016
www.wald-und-holz.nrw.de/aktuelle-meldungen/2016/
neue-vertraege-zum-umweltvertraeglicheren-
weihnachtsbaumanbau-im-wald-in-nrw/
Ansprechpartner
Zu den Regionalforstämtern
www.wald-und-holz.nrw.de/ueber-uns/einrichtungen/
regionalforstaemter/
Marc Messerschmidt
Waldblatt NRW - Herbst 2016 RegionalforstamtRhein-Sieg-Erft
Seite 10
Wald und Holz NRW fördert Biotop- und Artenschutz
Über die Förderrichtlinien des Landes, des Bundes und
der EU fördert Wald und Holz NRW Maßnahmen des
Biotop- und Artenschutzes. Hierzu erteilte die EU erst
kürzlich die Freigabe und machte damit den Weg frei, für
den dauerhaften Erhalt von Alt-, Biotop-, Horst- und Höh-
lenbäumen eine finanzielle Entschädigung zu gewähren.
Neben weiteren Maßnahmen, wie der Beseitigung nicht
erwünschter Jungbestockung oder der Pflege von Wald-
rändern können auch Ihre eigenen Ideen zum Biotop- und
Artenschutz mit Fördergeldern unterstützt werden. In
Schutzgebieten kann bei entsprechender Verordnung
oder Festsetzung eine Hiebsunreifeentschädigung für
eine gebotene vorzeitige Umwandlung von nicht heimi-
schem Laubholz oder Nadelholz in Laubwald gewährt
werden. Als Zuschuss kommen bis zu 100 Prozent Ihrer
Ausgaben in Betracht.
Ist in Schutzgebieten
die Anpflanzung von
Laubbäumen vorge-
geben, wird hierfür ein
Wertausgleich zu der
gewünschten Baumart
gezahlt.
Seine Höhe richtet
sich nach der Ertrags-
klasse und reicht von
450 EUR je ha bis
1.120 EUR je ha bei
Buchen- oder Eichen-
beständen mit der
Ertragsklasse III,5.
Für weitere Fragen oder Informationen wenden Sie sich
bitte an Ihr Regionalforstamt.
Heiko Schürmann
Alt- und Biotopholz (Foto: Stefan Befeld, Wald und Holz NRW)
Waldblatt NRW - Herbst 2016 RegionalforstamtRhein-Sieg-Erft
Seite 11
2016 hat das Auftauchen einzelner Wölfe auch in NRW
für mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Meldungen über
Sichtbeobachtungen oder Funde von tot aufgefunden
Tieren gehen die zuständigen Behörden intensiv nach,
damit die Anwesenheit des Wolfes sicher bestätigt, oder
ausgeschlossen und dokumentiert werden kann. Dafür
zuständig ist das Landesamt für Natur, Umwelt und
Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV); die
unmittelbare Arbeit vor Ort leisten 39 speziell geschulte
Luchs- und Wolfsberater und -beraterinnen. Wald und
Holz NRW ist mit seinen Forstämtern und Forstbetriebs-
bezirken auf der gesamten Landesfläche vertreten und
unterstützt das LANUV mit Förstern und Försterinnen bei
dessen Aufgaben.
Am 5. und 6. Oktober wurden zusätzlich zu bisherigen
Luchs- und Wolfsberatern und -beraterinnen, davon fünf
von Wald und Holz NRW, weitere 21 Forstbedienstete von
Wald und Holz NRW geschult. Die Schulung durch Frau
Dr. Ingrid Hucht-Ciorga und Herrn Dr. Matthias Kaiser
vom LANUV fand im Forstlichen Bildungszentrum in
Neheim-Hüsten und im Lehrrevier Breitenbruch des Lehr-
und Versuchsforstamtes Arnsberger Wald statt.
Am ersten Tag wurden
den Förstern und Förs-
terinnen, die aus dem
Studium auch über
profunde wildbiologi-
sche und ökologische
Kenntnisse verfügen,
theoretische Inhalte
vermittelt; am zwei-
ten Tag erfolgte die
praktische Begutach-
tung von Hinweisen auf
Wölfe im Gelände und
die Untersuchung und
Probenahme an toten Wildtieren aus Verkehrs unterfällen.
Zum Abschluss der Veranstaltung betonte Peter Bergen
vom zuständigen Fachbereich „Hoheit, Schutzgebiete, Um-
weltbildung“ von Wald und Holz NRW die Bedeutung des
sensiblen Themas zur erwarteten Rückkehr des Wolfes und
dankte den Försterinnen und Förster für deren Mitwirken.
Alle Akteure hielten die Schulung für sehr gut gelungen.
Peter Bergen
Schulung für Wolfsexperten in Arnsberg
Übung von Probenentnahme (Foto: Lena Christensen, Wald und Holz NRW)
Für die anderen Entgeltsätze (z. B. Basispaket oder Ein-
zelleistungen) erhöhen sich die Entgelte um moderate
%. Das entspricht dem Nominallohnindex des Statisti-
schen Bundesamtes für die öffentliche Verwaltung ab
1. Januar 2017.
Wald und Holz NRW bedankt sich für das entgegenge-
brachte Vertrauen. Als verlässlicher und kalkulierbarer
Partner freuen wir uns auch im kommenden Jahr über die
zahlreiche Inanspruchnahme unserer Leistungen durch
den Waldbesitz.
Die einzelnen Entgeltsätze können bei den Bediensteten
Vermittlungsentgelte für den Holzverkauf bleiben 2017 konstant
von Wald und Holz NRW abgefragt oder im Internet
eingesehen werden.
www.wald-und-holz.nrw.de/forstwirtschaft/waldbesitz/
dienstleistung-fuer-den-waldbesitz
Gemäß Beschluss des Ausschusses für Klimaschutz, Um-
welt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 5. November 2014
ist eine jährliche Anpassung der Entgelte für die Dienst-
leistungen von Wald und Holz NRW vorgesehen. Wir legen
unsere Zahlen und Leistungen gegenüber der Aufsichtsbe-
hörde offen.
Waldblatt NRW - Herbst 2016
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RegionalforstamtRhein-Sieg-Erft
Liebe Leserinnen und Leser,
die vor wenigen Wochen veröffentlichte jüngste
Landeswaldinventur in Nordrhein-Westfalen wartet mit
erfreulichen Zahlen auf.
Eine landesweite Zunahme der Waldfläche auf 935.000 ha
bedeutet höhere Nutzungsmöglichkeiten der wichtigen,
nachhaltigen Ressource Holz.
Der Wald ist unsere Lebens- und Arbeitsquelle. Wir wissen
jetzt mehr von dem, womit wir arbeiten und argumentie-
ren können.
Zu den 277 Millionen m³ lebendem Holz kommen
19 Millionen m³ liegendes und stehendes Totholz mit
riesigem ökologischem Potential, obwohl oder weil der
Wald über Durchforstungen genutzt wird.
Die landesweit positiven Zahlen gelten übertragen auch
in unserem Forstamtsbereich. Aber wir müssen auch –
zum Glück auf kleiner Fläche – negative Entwicklungen
hinnehmen.
So bereitet uns das Eschentriebsterben, hervorgerufen
durch einen winzigen, 1 bis 3 Millimeter großen Pilz,
Sorgen um stabile Wälder im Bereich der Ruraue bei
Jülich und Linnich. Dieser Raum hatte bereits durch
einen Sommerorkan vor zwei Jahren erheblich gelitten.
Mittlerweile sind aber große Teile der Schäden beseitigt
und Pappeldriesche wiederhergestellt oder durch Baum-
arten der Hartholzaueflächig ersetzt.
Auch wenn uns Witterungsextreme immer wieder zeit-
weise aufhalten, kommen wir doch erfreulich voran.
Ihr
Konrad Hecker
Leiter des Regionalforstamtes Rureifel-Jülicher Börde
Forstamtsleiter Konrad Hecker (Foto: Jochen Knoth)
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Die Pappel und der Driesch
Driesche oder auch Dreesch, Driesch, Triesch, Trischer
sind alte Bezeichnungen für eine vorübergehend oder aber
auch generell für den Ackerbau nicht nutzbare Fläche.
Beispielsweise wurden in der früheren Feldwirtschaft er-
schöpfte Äcker regional unterschiedlich als Driesche, im
Norden auch als Dreisch oder Dreesch, bezeichnet.
Sie lagen dann erst über einige Jahre brach und wurden
danach als Weide genutzt, bis sie wieder in Ackerland
umgewandelt wurden. Auch eine Doppelnutzung war weit
verbreitet, so wurden beispielsweise schnell wachsende
Baumarten wie Pappel und Weiden gepflanzt oder Flächen
langfristig als Streuobstwiesen genutzt.
Aufgrund der langen kulturhistorischen Vergangenheit
fanden die Bezeichnungen oft auch Eingang in Flur-, Orts
und sogar Familiennamen und sind teilweise zurück zu
führen auf das Frühmittelalter (rund 900 n. Chr.).
In den Kreisen Düren und Heinsberg waren lange Zeit gan-
ze Wirtschaftszweige von der Doppelnutzung mit lukra-
tiver Holzproduktion und Weidewirtschaft der Driesche
abhängig. Hier waren entlang der Rur die Holzschuhpro-
duktion und die Korbweberei noch bis in die 1950 Jahre
verbreitet und wichtige Abnehmer für das vergleichsweise
schnell produzierte Holz.
Pappel war seinerzeit sehr gefragt und vergleichsweise
gut bezahlt, so dass der Anbau in den Nachkriegsjahren
auch unter dem Eindruck erheblicher Zerstörungen und
Vorratsverluste in den heimischen Wäldern – stark forciert
wurde.
Helga Schuhmacher von der Stadt Jülich und Revierleiter Moritz Weyland (Foto: Moritz Weyland)
Drieschfläche mit Altpappeln in der Ruraue bei Jülich(Foto: Moritz Weyland)
Daher stammt auch die Tradition der sogenannten Haus-
nummernpappeln. Denn jede Familie mit eigener Feuer-
stelle hatte das Recht, auf Allmendeflächen (Driesch der
Gemeinden) Pappeln und Weiden anzupflanzen und später
für die Mitgift der heiratsfähigen Tochter zu verkaufen.
Klar ist, dass inzwischen vielerorts diese kulturhistorische
Nutzungsform über die Jahre verloren gegangen ist, so
auch in der Ruraue bei Jülich. Dort hat zudem ein Orkan-
sturm am Pfingstmontag 2014 erhebliche Teile der Alt-
pappeln geworfen. Aktuell kann man hier somit nur noch
wenige Fragmente „echter“ Drieschflächen vorfinden.
Aufgrund dessen hat das Regionalforstamt Rureifel-
Jülicher Börde in Zusammenarbeit mit der Stadt Jülich
als Waldbesitzer und der Unteren Landschaftsbehörde
des Kreis Düren im Bereich Broich in diesem Jahr eine
rund sieben Hektar große Fläche wieder als Pappeldriesch
hergestellt.
Ziel ist die nachhaltige Sicherung der geschilderten histo-
rischen Nutzungsform bei gleichzeitiger hohen Wertigkeit
für den Biotop- und Artenschutz. Voraussetzung dazu
ist, eine dauerhafte Nutzung bzw. Pflege als Grünland zu
organisieren.
Moritz Weyland
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zumindest regional wertvoll. Der häufige Gaststättenname
„Zur Linde“ ist ein Beleg dafür.
Einzigartig, mystisch, bizarr und angeblich (fast) 1000
Jahre alt – ein diesbezüglich herausragendes Beispiel im
Rheinland ist die Forster Linde im Süden der Kaiserstadt
Aachen.
Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um eine
Gerichtslinde.
Markant ist, dass aus einem mächtigen, aber nur knapp
drei Meter hohen Stammfuss fünf Einzelstämme senk-
recht nach oben wachsen.
Dieser fremd und sicher auch verwunschen wirkende
Habitus ist wohl Ergebnis eines Kronenbruches vor ge-
schätzt rund 300 Jahren – Blitz und Sturm formten
einen schon damals herausragenden Altbaum neu und
einzigartig! Geschichten und Geheimnisse jeglicher
Art sind mithin mit diesem besonderen Baum – einer
Winterlinde – automatisch verbunden.
Dass die Sanierungs- und Schutzmaßnahmen mit Beton
und Stahlseiten aus der Nachkriegsgeschichte eher künst-
lich und unmodern anmuten, tut der Forster Linde irgend-
wie keinen Abbruch – der Baum des Jahres 2016 ist mit
diesem besonderen Exemplar Erinnerung und lebendige
Geschichte vielleicht wirklich für das letzte Jahrtausend.
Jochen Knoth
Baum des Jahres 2016: Die WinterlindeBaum des Jahrtausends: Die Forster Linde
Baum des Jahres 2016 ist die Winterlinde (Tilia cordata);
ihre große Schwester Sommerlinde war dies bereits 1991.
Winterlinden sind in den europäischen Wäldern als Misch-
baumart, vorzugsweise auf sommerwarmen, tiefgründigen
Standorten im Mittelgebirge, verbreitet.
Mehr noch ist aber die Winterlinde ein Park-, Garten-
oder Alleebaum. Einzelbäume oder kleine Baumgruppen
wurden früher an markanten Stellen quasi als Attraktion
angepflanzt.
Herauszustellen ist als erstes die Holznutzung in der Bild-
hauerei. Bedeutende sakrale Schnitzereien insbesondere
aus der späten Gotik wurden aus Lindenholz gefertigt.
Praktische Bedeutung hat die Winterlinde für die Imkerei
aufgrund der extrem späten Blüte erst im Juli und der
hohen und zuckerreichen Erträge. Und auch die Natur-
heilkunde setzt zum Beispiel mit Lindenblütentee auf den
Baum des Jahres.
Die herausragende Gewichtung und Wertschätzung der
Baumart Winterlinde ist in der Mythologie zu finden:
Winterlinden können wirklich uralt werden, wenngleich
die meisten „Tausendjährigen“ dieses Greisenalter nicht
wirklich erreichen.
Sie tragen bedeutende Namen und stehen oft, beispiels-
weise als Gerichtslinden, an exponierten Stellen und
werden mit erheblichem Aufwand gehegt und gepflegt.
Solche Linden - in aller Regel sind das Winterlinden -
prägen ihre Umgebung, bilden einen Mittelpunkt und sind
Die Forster Linde Anfang März 2016 (Foto: Jochen Knoth)
Stabilisierung der einzelnen Stämme mit Seilen (Foto: Jochen Knoth)
Die vor wenigen Wochen veröffentlichte, jüngste Landes-
waldinventur (LWI) in Nordrhein-Westfalen wartet mit
erfreulichen Ergebnissen auf.
Das Land NRW hat diese Zahlen erstmalig in einem ver-
dichteten Raster von 2 x 2 Kilometern ermittelt. Dadurch
waren jetzt auch Aussagen auf regionaler Forstamtsebene
möglich.
Danach beträgt die Waldfläche in unserem Forstamt rund
41.250 ha, 61 % davon sind Laubbäume und damit erheb-
lich mehr als im Landesdurchschnitt mit 52 %.
Hauptbaumart ist die Fichte mit 30 %, dann folgen Baum-
arten mit niedriger Lebensdauer wie zum Beispiel Birke
und Erle mit 24 %, die Eiche mit 19 % und die Buche mit
11 %.
Der Altersschwerpunkt der Wälder liegt kriegsbedingt bei
40-60 Jahren.
Mit 37 % gehört aber der größte Teil des Waldes Privat-
leuten, weitere 30 % gehören den Kommunen und 29 %
dem Land NRW.
Der Holzvorrat in den Wäldern des Forstamtes Rureifel-
Jülicher Börde beträgt 11 Millionen m³, dazu kommen
0,7 Millionen m³ liegendes und stehendes Totholz.
Ein großer Zahlenhaufen, den die LWI gebracht hat, der
aber nun wertvolle Grundlagen zur Beurteilung unserer
Wälder liefert.
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Landeswaldinventur (LWI) 2014
Buchenbestand auf reichem Kalkstandort (Foto: Jochen Knoth)
Mit Hilfe dieser Daten wissen wir u.a. mehr über unser
Holzvermarktungspotenzial, welche Käufer wir benötigen
und bei welchen Waldbesitzern wir noch Holz akquirieren
können.
Wir wissen auch, dass mehr Holz zuwächst als wir nutzen
und dass auch durch das große Totholzpotential ein
großes ökologisches Gewicht im Wald liegt, trotz, oder
weil wir ihn auf großer Fläche nutzen (in der Regel ohne
Kahlschlag).
Stehendes Totholz mit Spechtlöchern und Baumpilzen(Foto: Jochen Knoth)
Nachruf
Am 24.6.2016 verstarb der frühere Mitarbeiter der
Landesforstverwaltung und langjährige Vorsitzender der
FBG Selfkant Helmut Merkelbach im Alter von 90 Jahren.
Geboren in Mariadorf bei Aachen, begann Helmut Merkel-
bach während des zweiten Weltkrieges im Forstamt Wenau
eine Ausbildung als sogenannter „schwarzer“ Beamter,
die dann durch seine Einberufung zur Wehrmacht unter-
brochen wurde. Nach kurzer Kriegsgefangenschaft konnte
er schon Ende 1945 seine Ausbildung weiterführen.
Nun folgten Verwendungen als Büroleiter im Forstamt
Monschau und als Büroleiter der Forstabteilung beim
Regierungsbezirk Aachen. Gegen seinen Willen wurde
Helmut Merkelbach 1969 zur Kommunalaufsicht versetzt.
Bereits 1972 rief ihn der Rat der Gemeinde Waldfeucht und
wählte ihn als Gemeindedirektor. Er übte dieses Amt bis zu
seiner Pensionierung 1991 aus.
Aus der Tätigkeit als Gemeindedirektor heraus gründete
Helmut Merkelbach 1976 zusammen mit seinem Selfkän-
ter Amtskollegen Josef Laumen die Forstbetriebsgemein-
schaft Selfkant, die er von Anfang an bis zu seinem Tod als
Vorsitzender führte. Am Herzen lagen ihm vor allem die
kleinen Waldbesitzer.
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Helmut Merkelbach (re.) mit „seinem“ Revierleiter Wolfgang von der Heiden (Foto: Jochen Knoth)
Wenn es um sie oder den Wald ging, mischte er sich auch
in die Politik ein, wie bei der letzten Organisationsreform.
Durch seine langjährige Tätigkeit in der Landesforstver-
waltung hatte er für die Sorgen des Revierleiters immer
ein „offenes Ohr“. So wurde er mir in fast 30 Jahren der
Zusammenarbeit ein väterlicher Freund.
Wolfgang von der Heiden,
Forstbetriebsbezirk Selfkant
Kurzmitteilungen
• Zum 1. Juni konnten wir mit Frau Claudia Berg die
Forstamtszentrale wieder neu besetzen, und haben
damit unseren Personalbestand wieder fast
komplettiert.
• Zwei neue Forstwirtsauszubildende begannen
am 1. August ihre Ausbildung im Revier Zweifall.
• Eine neue Küchenhilfe, Frau Gabriele Winden, ver-
stärkt zum 1. September unser Jugendwaldheim.
• Ebenfalls neu im Forstamt Rureifel-Jülicher Börde
sind die Forstwirte Björn Thomas im FBB Vicht und
Jens Schruff in Zweifall sowie die beiden Anwärter
Simon Becker und Fabian Tryse.
• Die FGB Selfkant feierte am . September ihr 40.
jähriges Bestehen. Anlässlich der Festveranstaltung
wurde Josef Offergeld zum Vorsitzenden gewählt.
Im nächsten Waldblatt erfolgt ein kurzer Bericht.
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