Epidemiologie 4Maresa Buchholz
Institut für Community MedicineAbteilung Methoden
Universitätsmedizin Greifswald
Positiver prädiktiver Wert Der positiv prädiktive Wert gibt an, wie viele Personen, bei denen ein
positives Testergebnis vorliegt, auch tatsächlich krank sind Berechnung: a/(a+b)
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69% mit einem positivem Testergebnis sind auch wirklich krank.
Überblick
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Begriff Formel Definition
Sensitivität Anteil (in %) von Personen mit einer Erkrankung, die durch das Testergebnis korrekt „positiv“ klassifiziert wurden
Spezifität Anteil (in %) von Personen mit einer Erkrankung, die durch das Testergebnis korrekt „negativ“ klassifiziert wurden
Positiver prädiktiver Wert Anteil (in %) von Personen, deren positives Testergebnis korrekt war, an allen Personen mit positivem Testergebnis
Negativer prädiktiver Wert Anteil (in %) von Personen, deren negatives Testergebnis korrekt war, an allen Personen mit negativem Testergebnis
Siegrist J (2005): Medizinische Soziologie S.275 ff.
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Die Firma Secure-Tester möchte einen neuen besonders früh durchführbaren Schwangerschafts-test auf den Markt bringen. An einer Gruppe von Frauen in Kinderwunschbehandlung wurde der neue Test durchgeführt und anschließend wurde durch eine exakte Labordiagnose des HCG-Wertes im Blut das Ergebnis des neuen Tests überprüft.
Frage: Sollte man aufgrund des Ergebnisses den neuen Test auf den Markt bringen (Antwort Ja oder Nein) und würden sich der positive und der negative prädiktive Wert in einer anderen Population, zum Beispiel einer groß angelegten klinischen Studie zur Entwicklung einer neuen Malaria-Prophylaxe, in der der Schwangerschaftstest als Screeningtest vor Einschluss in die Studie genutzt werden soll, stark verändern (Ja oder Nein)?
a) Ja/Jab) Nein/Neinc) Ja/Neind) Nein/Ja
Deutsches Ärzteblatt (2010); 107(42):749
Aufgabe
Die Sensitivität eines neuen Tests zur Erkennung der Hepatitis-C-Infektion ist 0,50 und die Spezifität 0,75. Berechnen Sie den positiven prädiktiven Wert des neuen Tests in einer Gruppe von 200 Personen mit intravenösem Drogenkonsum, von der bekannt ist, dass die Prävalenz der Hepatitis-C-Infektion 20% beträgt. Zeigen Sie Ihre Berechnungsschritte!
Krank
Test
Ja Nein
positiv 50 25 75
negativ 50 75 125
100 100 200
Prävalenz= 50%
Krank
Test
Ja Nein
positiv 20 40 60
negativ 20 120 140
40 160 200
Prävalenz 20%
PV+ = 0,33
PV+ = 0,67
Je höher die Prävalenz, desto höher der positive prädiktive Wert Screening am aussichtsreichsten in einer Hoch-Risiko-
Zielgruppe Reihenuntersuchung in Bevölkerung in Hinblick auf
seltenen Erkrankungen: Finanziell (Verschwendung von Ressourcen) und ethisch nicht vertretbar
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Beziehung zwischen positiven prädiktiven Wert und Prävalenz
PSA (prostata-spezifisches Antigen) ist ein Test zur Früherkennung von Prostatakrebs. Testergebnisse von unter 4 Einheiten werden als normal beurteilt, Testergebnisse von 4 Einheiten und mehr werden als auffällig gewertet. Allerdings überlappen sich die Testwerte von Männern mit und ohne Prostatakrebs. Wendet man die Grenze von 4 Einheiten an, hat der PSA-Test eine Sensitivität von 80% und eine Spezifität von 80%.
Welchen Einfluss hätte die Verschiebung des Grenzwertes von 4 auf 3 Einheiten auf die Sensitivität und die Spezifität des Tests?
Aufgabe 3
Se= 0,25Sp= 0,9
Se= 0,85Sp = 0,3
Ziele Screening
Senkung der Inzidenz Sofern in der prä-klinischen Phase möglich
Senkung der Mortalität der Zielerkrankung Erwartung einer längeren Lebensdauer
Verbesserung der Lebensqualität Weniger eingreifende Therapie
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Lead-Time BiasBias: Fehler im Design, bei der Durchführung oder Analyse einer Studie/ Untersuchung, der zu einer falschen Einschätzung der Auswirkung einer Exposition auf das Erkrankungsrisiko führt.
Kein Screening
Screening
Screening
Tod
Tod
Tod
Lead time
Lead time Längere Lebensdauer
Ziel der Epidemiologie
Identifikation von beeinflussbaren Ursachen von Gesundheit und Krankheit
Um den Gesundheitszustand von Populationen zu verbessern
Verwendung von Zusammenhangsmaßen: RR und OR Assoziation kann verschiedene Gründe haben:
Zufälliger Fehler Systematische Fehler Tatsächlicher Zusammenhang
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Zufällige Fehler Epidemiologische Studien können allein aus Zufallsgründen
Gefahr laufen, ein Ergebnis zu produzieren, was nicht der Realität entspricht.
Beispiel: Übergewicht assoziiert mit Bluthochdruck Studie mit geringer Fallzahl kann überproportional viele
normgewichtige Hypertoniker beinhalten
Systematische Fehler Zentrale Bedeutung für die Epidemiologie Müssen adäquat berücksichtigt und kontrolliert werden, um
Fehlinterpretationen zu vermeiden Verzerrungseffekte durch Störgrößen (Confounding) Fehler bei der Auswahl der Studienteilnehmer (Selektionsbias) Fehler bei der Informations- und Datengewinnung (Informationsbias)
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Systematische Fehler Verzerrungseffekte durch Störgrößen Confounder:
Variable, die einen unabhängigen Risikofaktor für die Erkrankung (bzw. die Zielgröße) darstellt, zugleich aber einen Zusammenhang mit der Exposition aufweist, ohne ein Glied in der Kausalkette von der Exposition zur Erkrankung zu sein
Häufige Confounder: Alter, Sozialer Status, Geschlecht, geografische Herkunft, Rauchen,
Alkoholkonsum oder Vorerkrankungen
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Systematische Fehler
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Ösophaguskarzinom
Fälle Kontrollen
AlkoholkonsumJa 650 400
Nein 250 450
Assoziation von Alkoholkonsum und Ösophaguskarzinom
Odds Ratio: 2,9
Raucher
Fälle Kontrollen
Alkohol‐konsum
Ja 600 200
Nein 150 50
Nicht‐Raucher
Fälle Kontrollen
Alkohol‐konsum
Ja 50 200
Nein 100 400
Odds Ratio: 1,0
Schwartz et al. (2003). Public Health. Gesundheit und Gesundheitswesen. S. 403
Systematische Fehler Kontrolle von Confounding-Effekten Studiendesign
Beschränkung bei der Stichprobenauswahl Randomisierung Gematchte Stichproben
Analyse Stratifizierung Multivariate Analysen
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Systematische Fehler Randomisierung
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Systematische Fehler Kontrolle von Confounding-Effekten Studiendesign
Beschränkung bei der Stichprobenauswahl Randomisierung Gematchte Stichproben
Analyse Stratifizierung Multivariate Analysen
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Vorteile Nachteile
• Beschreibung der absoluten Größenordnung
• Leicht zu berechnen
Bei Vergleichen (zwischen Ländern und Regionen) aufgrund unterschiedlicher Altersstrukturen schwer zu interpretieren
Altersstandardisierung Vorliegen unterschiedlicher Altersstrukturen bei Bevölkerungen
verschiedener Regionen führen zu einer beschränktenVergleichbarkeit der Mortalitäts- oder Morbiditätsraten
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Altersstandardisierung
Direkte Altersstandardisierung Indirekte Altersstandardisierung
direkte Standardisierung
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Bei der direkten Standardisierung wird berechnet,wie viele Sterbefälle in zwei oder mehreren Ländernzu erwarten wären, wenn die Bevölkerung in den zuvergleichenden Ländern genau dieselbe Alters-verteilung wie eine Standardbevölkerung hätte.
Direkte Altersstandardisierung Standardbevölkerungen
Dienen als einheitliche Basis zur Berechnung von vergleichbaren Maßzahlen für die jeweilige(n) Bezugsbevölkerung(en) bei der Altersstandardisierung verwendet werden.
Beispiel: Krebsregister für den Vergleich von Morbiditäts-, oder Mortalitätsraten
Beispiele von Standardbevölkerungen Europastandardbevölkerung Standardweltbevölkerung Standardbevölkerung Deutschland
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Direkte Altersstandardisierung
Quelle: GBE (2019): http://www.gbe-bund.de/gbe10/abrechnung.prc_abr_test_logon?p_uid=gast&p_aid=0&p_knoten=FID&p_sprache=D&p_suchstring=10216
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Direkte Altersstandardisierung Bezug der beobachteten „Roh“-Daten auf eine Standardpopulation Schritt 1: Berechnung der rohen Sterberaten Schritt 2: Berechnung der altersspezifischen Sterberaten
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A-Stadt B-Stadt
Altersgruppen Population Todesfälle Mortalitätsratepro 1.000
Population Todesfälle Mortalitätsratepro 1.000
20-39 40.000 50 25.000 22
40-59 80.000 170 40.000 120
60-79 35.000 330 37.000 290
Gesamt 155.000 550 102.000 432
1,3
2,1
9,4
3,5
0,9
3,0
7,8
4,2
Direkte Altersstandardisierung
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A‐Stadt B‐Stadt
Alters‐gruppen
Standard Population Todes‐fälle
Mortalität ErwarteteFälle
Population Todes‐fälle
Mortalität ErwarteteFälle
20‐39 350.000 40.000 50 1,3 25.000 22 0,9
40‐59 600.000 80.000 170 2,1 40.000 120 3,0
60‐79 290.000 35.000 330 9,4 37.000 290 7,8
Gesamt 1.240.000 155.000 550 3,5 102.000 432 4,2
A-Stadt= 4.441/1.240.000 = 3,6
B-Stadt= 4.377/1.240.000 = 3,5
455
1.260
2.726
4.441
315
1.800
2.262
4.377
• Schritt 3: Auswahl einer Standardbevölkerung• Schritt 4: Berechnung der erwarteten Sterbefälle bezogen auf Standardbevölkerung
Direkte Altersstandardisierung
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A‐Stadt B‐Stadt
Alters‐gruppen
Standard Population Todes‐fälle
Mortalität ErwarteteFälle
Population Todes‐fälle
Mortalität ErwarteteFälle
20‐39 350.000 40.000 50 1,3 25.000 22 0,9
40‐59 600.000 80.000 170 2,1 40.000 120 3,0
60‐79 290.000 35.000 330 9,4 37.000 290 7,8
Gesamt 1.240.000 155.000 550 3,5 102.000 432 4,2
A-Stadt= 4.441/1.240.000 = 3,6
B-Stadt= 4.377/1.240.000 = 3,5
455
1.260
2.726
4.441
315
1.800
2.262
4.377
• Schritt 3: Auswahl einer Standardbevölkerung• Schritt 4: Berechnung der erwarteten Sterbefälle bezogen auf Standardbevölkerung
A-Stadt= 550/155.000 = 3,5
B-Stadt= 432/102.000 = 4,2
Ohne Standardisierung Mit Standardisierung
Direkte Altersstandardisierung Altersstandardisierung ermöglicht den Vergleich von
Daten unterschiedlicher Jahre oder Regionen Keine Verzerrung aufgrund unterschiedlicher Altersstrukturen
Altersstandardisierte Morbiditäts- oder Mortalitätsraten stellen keine realen, empirisch beobachtete Angaben dar
Beschreiben, wie Mortalitäts-oder Morbiditätsraten in der betrachteten Bevölkerung wären, wenn Bezugsbevölkerung der Standardbevölkerung entspräche
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Übung
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Schritt 1: Berechnung der rohen Sterberaten Schritt 2: Berechnung der altersspezifischen Raten Schritt 3: Auswahl einer Standardbevölkerung Schritt 4: Berechnung der erwarteten Sterbefälle bezogen auf
Standardbevölkerung
Altersstandardisierung Vorliegen unterschiedlicher Altersstrukturen bei Bevölkerungen
verschiedener Regionen führen zu einer beschränktenVergleichbarkeit der Mortalitäts- oder Morbiditätsraten
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Altersstandardisierung
Direkte Altersstandardisierung Indirekte Altersstandardisierung
Indirekte Standardisierung
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Bei der indirekten Standardisierung wird berechnet, wieviele Sterbefälle zu erwarten wären, wenn in den zuvergleichenden Populationen nicht die tatsächlichenMortalitätsraten, sondern die Mortalitätsrate derStandardbevölkerung wirken würde.
Indirekte Altersstandardisierung Altersspezifische Sterberaten einer Standardbevölkerung (z. B. des
Bundeslandes Bayern) werden mit der Altersverteilung der jeweilsuntersuchten Population gewichtet (z. B. Landkreis Forchheim)
Beispiel: Ermittlung von erwarteten Sterbefälle wenn im LandkreisForchheim die gleiche Sterberate bestehen würde wie in Bayern
Berechnung Standardisierte Mortalitätsratio (SMR) SMR= ä
ä
SMR von 1= Sterblichkeit gleich SMR von >1= Sterblichkeit in untersuchten Population höher als
Standardbevölkerung bzw. Bezugsbevölkerung SMR von < 1= Sterblichkeit in untersuchten Population geringer als
Standardbevölkerung bzw. Bezugsbevölkerung
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Indirekte Altersstandardisierung
AlterLandkreis Kreis A Kreis B
Population Todes‐fälleMortalität/
1.000 PopulationTodes‐fälle
erwartete Todesfälle Population
Todes‐fälle
erwartete Todesfälle
0‐25 4.000 400 1.000 100 2.000 10026‐50 8.000 800 3.000 300 2.000 10051‐75 5.000 500 2.000 200 1.000 50Gesamt 17.000 1700 6.000 600 5.000 250
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? ? ?
Indirekte Altersstandardisierung
AlterLandkreis Kreis A Kreis B
Population Todes‐fälleMortalität/
1.000 PopulationTodes‐fälle
erwartete Todesfälle Population
Todes‐fälle
erwartete Todesfälle
0‐25 4.000 400 100 1.000 100 2.000 10026‐50 8.000 800 100 3.000 300 2.000 10051‐75 5.000 500 100 2.000 200 1.000 50Gesamt 17.000 1700 100 6.000 600 5.000 250
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Indirekte Altersstandardisierung
AlterLandkreis Gemeinde A Gemeinde B
Population Todes‐fälleMortalität/
1.000 PopulationTodes‐fälle
erwartete Todesfälle Population
Todes‐fälle
erwartete Todesfälle
0‐25 4.000 400 100 1.000 100 100 2.000 100 20026‐50 8.000 800 100 3.000 300 300 2.000 100 20051‐75 5.000 500 100 2.000 200 200 1.000 50 100Gesamt 17.000 1700 100 6.000 600 600 5.000 250 500
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SMR= Kreis A 1,0
Kreis B 0,5
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Statistisches Monatshefte Niedersachsen 2009
Vielen Dank!39
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