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Operationstischsysteme

Bernhard Kulik

Inhalt1 Kurzer Abriss der technologischen Entwicklung der

OP-Tischsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

2 Technik der Operationstischsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.1 Aufbau eines OP-Tischsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.2 Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.3 Ausbaustufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.4 Mobilit€at und Flexibilit€at von OP-Tischsystemen . . . . . . . . . . . . 4

3 Patientenlagerung und Vermeidung vonLagerungssch€aden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

3.1 Dekubitusschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73.2 Weitergehende Lagerungssch€aden und rechtliche

Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83.3 Patientenlagerung bei der Anwendung von monopolaren

HF-Chirurgieger€aten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

4 Wichtige sicherheitstechnische Vorschriften f€urOP-Tischsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

5 Aufbereitung: Pflege, Wartung und Hygiene . . . . . . . . . . . . . . 105.1 Manuelle Reinigung und Desinfektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105.2 Automatische OP-Tischsystemreinigung und -hygiene . . . . . . 105.3 Wartung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

6 Der Hybrid-OP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

7 Planerische Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Das zentrale Element eines jeden Operationssaals bildetunbestreitbar der OP-Tisch. Überall dort, wo operative Ein-griffe vorgenommen werden, sind OP-Tische unentbehrlich.Dementsprechend breit ist deren Palette, die vom einfachenmobilen OP-Tisch bis hin zu OP-Tischsystemen mit diversenSpezial-OP-Lagerfl€achen reicht.

Einfache Ausf€uhrungen des OP-Tischs werden meist inKrankenh€ausern mit kleineren Operationsabteilungen einge-setzt sowie in größeren Kliniken mit ausgegliederten Opera-tionsr€aumen wie beispielsweise Ambulanz-OP-Eingriffsr€au-men. Des Weiteren werden sie h€aufig in der ambulantenChirurgie (Tageskliniken bzw. ambulante Operationszentren)eingesetzt. Im Verh€altnis zum kompletten OP-Tischsystem istdie Funktionalit€at auf die speziellen Anforderungen abge-stimmt, wie beispielsweise in der HNO, Dermatologie,Gyn€akologie oder Ophthalmologie. Diese OP-Tische sinddurch verschiedene Zusatzteile auf- und umr€ustbar und jenach Ausf€uhrung manuell oder elektromotorisch verstellbar.

Die modernen OP-Tischsysteme zeichnen sich dadurchaus, dass sie durch ihre eingriffsbezogenen Lagerfl€achenzum einen den speziellen Anforderungen der einzelnen chir-urgischen Disziplinen in Bezug auf optimale Lagerung desPatienten und bestmöglichen Zugang zum Operationsfeldgerecht werden und insofern durchaus mitentscheidend f€urden Erfolg des chirurgischen Eingriffs sind, zum anderenaber auch den technischen Anforderungen an Röntgentaug-lichkeit, Stabilit€at und Hygiene entsprechen (Abb. 1).

1 Kurzer Abriss der technologischenEntwicklung der OP-Tischsysteme

Noch vor 150 Jahren, als Asepsis noch keinen Diskussions-punkt darstellte, wurden Operationen €ublicherweise im Bettdes Patienten vorgenommen. Aufgrund der niedrigen Bett-höhe ging der Chirurg dazu €uber, den zu operierenden Pati-enten auf einen höheren Tisch zu lagern, um zum einenbesseren Zugang zum Operationsfeld zu erhalten und zum

Die Originalversion dieses Kapitels wurde revidiert: DerHerausgebername wurde korrigiert.

B. Kulik (*)Maquet GmbH, Rastatt, DeutschlandE-Mail: [email protected]; [email protected]

# Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015R. Kramme (Hrsg.), Medizintechnik, Springer Reference Technik,DOI 10.1007/978-3-662-45538-8_49-1

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anderen sich selbst eine ergonomischere Arbeitshaltung zuermöglichen.

Die Entwicklung von OP-Tischen vollzog sich im Gleich-schritt mit der Entwicklung der Chirurgie. Sie erfolgte quasiparallel zum st€andig erweiterten Wissen und Können derChirurgen und wurde im Laufe der Zeit maßgeblich von derSpezialisierung der einzelnen chirurgischen Disziplinengepr€agt.

Die medizinische Weiterentwicklung stellte Anforderun-gen an einen verbesserten Zugang zum Operationsfeld unddamit an eine verbesserte Lagerung des Patienten. So ent-standen „OP-Möbel“, deren Lagerfl€ache unterteilt war inKopf-, R€ucken-, Sitzteil und Beinplatte.

Die Verfeinerung der Operationstechniken machte eserforderlich, bestimmte Körperstellen aufzuwölben (Wund-schnitte), zwecks besserem Zugang ins Körperinnere, um siedann zum Wundverschluss wieder in Flachlage zu bringen.

Aus der allgemeinen Chirurgie haben sich in den vergan-genen 60 Jahren die einzelnen chirurgischen Disziplinenentwickelt. Die Folge der Spezialisierung der Chirurgie wie-derum war die Entwicklung von Spezial-OP-Tischen, diesich in Bezug auf Lagerfl€achenunterteilung und Anordnungvon Bedienelementen unterschieden. Bei Kopfoperationenbeispielsweise durften in diesem Bereich des OP-Tischskeine Bedienelemente angebracht sein, da sie vom unsterilenPersonal w€ahrend der Operation nicht bet€atigt werden durf-ten; dies h€atte die Verletzung der Sterilit€at bedeutet. In derFolge wurden spezielle OP-Tische f€ur Kopfoperationen ent-wickelt.

Die Entwicklung von OP-Tischen mit immer komplexe-ren Verstellmöglichkeiten der OP-Lagerfl€achen f€ur andereSpezialdisziplinen der Chirurgie erfolgte analog (Abb. 2).

Ein weiterer wesentlicher Einflussfaktor auf die OP-Tischentwicklung waren die technischen Errungenschaften

bei der intraoperativen Bildgebung. Der mobile Röntgenbild-verst€arker ist aus dem OP nicht mehr wegzudenken. WeitereBildgebungsverfahren wie CT und MR sollten in ihrerAnwendung mit OP-Tischen kombiniert werden, was dazuf€uhrte, dass außer Stahl nunmehr auch andere Werkstoffe,wie z. B. Kohlefaser-verst€arkter Kunststoff, der artefaktarmdurchleuchtbar ist, eingesetzt wurden.

Da von Operateuren also immer speziellere, auf die jewei-lige Operation zugeschnittenen OP-Tische benötigt wurden,erstreckte sich die Weiterentwicklung der mobilen OP-Tischenicht nur auf die Unterteilung der OP-Lagerungsfl€ache, son-dern auch auf die Tischs€aule bzw. deren Trennung von derOP-Lagerfl€ache, was weitere Vorteile und Erleichterungenmit sich brachte.

Die Vorg€angermodelle der heutigen modernen OP-Tischsysteme hatten zwar eine auf Rollen fahrbare Tisch-s€aule, sodass der OP-Tisch mobil und nicht ortsgebundenwar, die Lagerfl€ache war aber fest mit der S€aule verbunden.Dies hatte den Nachteil, dass das kompakte Ger€at von einerPerson nur sehr schwer zu bewegen war, was wiederum dieMobilit€at einschr€ankte. In der Folge wurden S€aule und La-gerfl€ache getrennt.

Moderne OP-Tischsysteme gibt es in station€arer, d. h.ortsgebundener, und mobiler Ausf€uhrung. Bei der station€arenAusf€uhrung ist die Tischs€aule fest im Fußboden verankert,die Elektroinstallation verl€auft unsichtbar im Boden. DieOP-Lagerfl€ache ist abnehmbar und wird durch einen Trans-porter (synonym: Lafette) €uber die Tischs€aule geschoben,von dieser €ubernommen, sodass der Transporter wieder ent-fernt werden kann. Da die Tischs€aule mit dem Boden festverschraubt ist, kann hier auf die ausladende Geometrie einesmobilen OP-Tischfußes verzichtet werden. Den Operateurenwird somit mehr Beinfreiheit ermöglicht. Ein weiterer Vorteilist, dass zus€atzlich notwendige medizintechnische Ger€ate,

Abb. 1 OP-Tischsystem alszentrales Element des OP-Saals.(Quelle: Maquet GmbH)

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wie beispielsweise ein fahrbarer Bildverst€arker bzw.C-Bogen, problemlos an das Operationsfeld herangef€uhrtund positioniert werden kann. Bei einem mobilen OP-Tischsystem hingegen liegt der wesentliche Vorteil darin,dass dieses System mit einem Transporter frei im Operations-saal bzw. der OP-Abteilung bewegt werden kann. Hier ent-f€allt die Installation, da wiederaufladbare Akkus die notwen-dige elektrische Energie liefern, deren Kapazit€at ausreicht,um im normalen OP-Betrieb etwa 100 Operationen mit die-sem Operationstischsystem durchzuf€uhren.

Die OP-Tische bzw. OP-Tischsysteme werden mit einemHandbedienger€at entweder kabellos €uber Infrarotsignale oderkabelgebunden angesteuert. Die motorisch verstellbarenFunktionen können somit aus der Distanz aktiviert werden,ohne dabei das sterile OP-Umfeld zu beeintr€achtigen. Ein-zelne Segmente der Lagerfl€ache, wie beispielsweise Bein-platten oder Kopfplatten, lassen sich abnehmen. Die Polster-segmente sind integralgesch€aumt und bilden mit dereigentlichen Tragplatte eine Einheit. Sie sind leicht abnehm-bar, röntgenstrahlendurchl€assig und elektrisch leitf€ahig.

Der technologische Fortschritt im Bereich der Medizin-technik hat letztendlich dazu gef€uhrt, dass hochwertigeOP-Tischsysteme mit multifunktionalen Systemeigenschaf-ten entwickelt wurden, die den heutigen hohen medizini-schen, hygienischen und technischen Anforderungen gerechtwerden.

2 Technik der Operationstischsysteme

2.1 Aufbau eines OP-Tischsystems

Im Einzelnen l€asst sich der Aufbau eines Operationstischsys-tems wie folgt beschreiben (Abb. 3):

Tischs€aule Ein OP-Tischsystem ist erh€altlich mit einer sta-tion€aren, d. h. mit dem Fußboden fest verbundenen unddamit ortsgebundenen S€aule oder mit einer mobilen unddamit ortsungebundenen S€aule. Beide Arten bieten gleicher-maßen große Vorteile.

OP-Lagerfl€ache Die OP-Tischs€aule kann mit vielf€altigen,auswechselbaren Lagerfl€achen ausgestattet werden, die spe-ziell auf die einzelnen chirurgischen Disziplinen abgestimmtsind und deren Segmente unabh€angig voneinander in diegew€unschte Lage zu verstellen sind. Das heißt, die OP-Lager-fl€ache ist mehrfach unterteilt (z. B. 4-, 5-, 6- oder 8-fach) in

• Kopfteil/Fußteil, das auf- und abschwenkbar ist und sichbei Bedarf auch abnehmen l€asst,

• Mittelteil bzw. R€uckenteil, das meist mehrfach unterteiltund in spezielle Neigungswinkel verstellbar ist,

• Beinteil, das aus einem quer- und/oder l€angsgeteiltenBeinplattenpaar bestehen kann, das automatisch verstell-bar ist mit den Möglichkeiten, beide Teile gleichzeitig,einzeln bzw. unabh€angig voneinander in bestimmte Rich-tungen zu bewegen bzw. zu spreizen.

Die OP-Lagerfl€ache ist so ausgestattet, dass sie bei Bedarfdurch Hinzuf€ugen oder Abnehmen von einzelnen Segmentenverl€angert oder verk€urzt werden kann. Ferner sollte siel€angsverschiebbar sein, um die Ganzkörpererfassung mitdem C-Bogen zu ermöglichen.

Polsterung Kommt kein großfl€achiges Polster zum Einsatz,sind die Polsterplatten integralgesch€aumt, wobei die „Kan-ten“ mit großen weichen Radien ausgef€uhrt sind, um Druck-stellen zu vermeiden. Die Polsterung ist strahlendurchl€assig,sodass sie sich auch zum Röntgen oder zum intraoperativen

Abb. 2 Vom Operations- und Untersuchungstisch zum modernen OP-Tischsystem. a Operations- und Untersuchungstisch um 1840, b modernesOP-Tischsystem. (Quelle: Maquet GmbH)

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Durchleuchten eignet. Entsprechend der ISO 2882 sowieDIN EN 60601-1 (VDE 0750, Teil 1) ist sie elektrisch leit-f€ahig.

Ansteuerung Die Ansteuerung von Tischs€aule und den jewei-ligen Lagerfl€achen erfolgt drahtlos €uber eine Infrarotsteuerung.Alternativ kann sie auch mit einem Kabelbedienger€at durchge-f€uhrt werden. In speziellen Anwendungsbereichen kann dieAnsteuerung zus€atzlich €uber einen Fußschalter erfolgen, dervom Operateur bedient wird. Weitere Ansteuerungsmöglichkei-ten w€aren das wandgebundene Bedientableau oder ein integrier-tes OP-Steuerungssystem, das die wesentlichen OP-Funktionenwie z. B. Leuchten, OP-Tisch, Endoskopieger€ate etc. €uberTouchscreenmonitor oder sprachgesteuert regelt.

Transporter Mit dem leicht fahr- und manövrierbarenTransporter (Lafette) wird die OP-Lagerfl€ache zur (mobilenoder station€aren) Tischs€aule transportiert, die die Lagerfl€achef€ur die Dauer des Eingriffs €ubernimmt. Des Weiteren wird€uber Lafetten der Transport €uber l€angere Wege sowie derWechsel der Lagerfl€achen im Kreisverkehr zwischen Umbet-traum, Einleitung, Operationssaal, Ausleitung und Umbet-traum bew€altigt.

Zubehör Zum Standardzubehör gehören u. a. Armlage-rungsvorrichtungen, Seitenhalter, Infusionshalter, Beinhalter,Kopfring, R€ucken- und Ges€aßst€utzen, Seitenst€utze, Hand-und Körpergurte.

2.2 Systematik

Aufgrund der Vielzahl und Vielfalt von OP-Tischsystemen,die f€ur allgemeine oder spezielle Eingriffe eingesetzt werden,lassen sich diese Systeme nach ihrer Systemeigenschaftsowie nach ihrer Betriebsart einteilen (Abb. 4).

2.3 Ausbaustufen

Da alle OP-Lagerfl€achen so konzipiert sind, dass sie zurStandardtischs€aule passen, wurde hiermit sozusagen einGrundelement geschaffen, das problemlos um- und aufger-€ustet werden kann und damit – entsprechend dem Baukasten-prinzip – speziellen Anforderungen gerecht wird.

2.4 Mobilit€at und Flexibilit€at vonOP-Tischsystemen

Moderne OP-Tischsysteme zeichnen sich durch Mobilit€at,Flexibilit€at und Kompatibilit€at aus. Nicht nur, dass bei einermobilen OP-Tischs€aule der Standort im OP-Saal nach Bedarfgew€ahlt werden kann, sondern auch dadurch, dass dieKompatibilit€at zwischen verschiedenen, preislich unter-schiedlichen OP-Tischsystemen, mobil oder station€ar,gegeben ist.

Um Flexibilit€at zu gew€ahrleisten, sind die heutigenOP-Tischsysteme so konzipiert bzw. umr€ustbar, dass sie

Universal-Lagerfläche mitelektromotorischer Längsverschiebung

Exzenterhebel zum Öffnen bzw.Schließen-eines virtuellenDrehgelenks

Exzenterhebel zum Aufstellenbzw. Abknicken der Kopfplatte

Griffschraube zur Arretierungder abnehmbaren Kopfplatte

Auslösehebel fürzusätzlichen Lägsauszug

Exzenterhebel mit Sicherheitsverriegelungfür die manuelle Verstellung des oberenRückenteils

Mobile Säule mit Akku-betriebenen elektromotorischen Antrieb

Sicherheitsadapter für abnehmbareOP-Lagerfläche und OP-Tischsäule

Elektromotorisch angetriebene Gelenkezur intraoperativen Patienten-Lagerungsveränderungen

Abb. 3 Aufbau und Elemente eines modernen Operationstischsystems. (Quelle: Maquet GmbH)

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unterschiedlichen chirurgische Disziplinen lagerungstech-nisch gerecht werden. Sollten sich in der Zukunft Operations-und Lagerungstechniken €andern, ist es bei einem OP-Tischsystem nur noch erforderlich, eine entsprechend modi-fizierte Lagerfl€ache zu beschaffen, die kompatibel zumGrundelement OP-Tischs€aule ist. In einer OP-Abteilung, diemit mobilen Operationstischen ausger€ustet ist, w€are in einemsolchen Fall ein kompletter neuer OP-Tisch anzuschaffen,was einen nicht unerheblichen Kostenfaktor darstellt.

Zeiteinsparung ist heute mehr denn je ein wesentlichesKriterium zur effizienten Nutzung eines Operationssaals. DerEinsatz eines OP-Tischsystems, d. h. einer OP-Tischs€aule,zweier Transporter sowie zweier OP-Lagerungsfl€achenerlaubt einen sog. „Kreisverkehr“: W€ahrend im OP-Saal einchirurgischer Eingriff beendet wird, ist es möglich, denn€achsten Patienten auf der zweiten Lagerfl€ache aus demUmbettraum in den Vorbereitungsraum zu bringen, um dieAn€asthesie einzuleiten. Nach Ausleitung des letztoperiertenPatienten kann nach einer Zwischenreinigung des Opera-tionsraums der bereits narkotisierte Patient in den OP-Saalgefahren werden, wo er, auf der OP-Lagerfl€ache liegend undeventuell bereits vorgelagert, von der OP-Tischs€aule€ubernommen wird. Dieser „Kreisverkehr“ bietet den Vorteil,dass der Operationsbetrieb ohne große zeitliche Verzögerungablaufen kann, auch speziell unter den zu ber€ucksichtigendenEinwirkzeiten bei Lokalan€asthesien (Abb. 5).

3 Patientenlagerung und Vermeidung vonLagerungssch€aden

Mit Operationslagerungen wird die Körperlage bezeichnet, indie der Körper des Patienten gebracht wird, um dem Opera-teur den bestmöglichen Zugang zum Operationsgebiet zugew€ahrleisten. Dar€uber hinaus wird angestrebt, die anatomi-schen Strukturen des Operationsfeldes optimal darzustellen.

Folgende Standardlagerungen (Abb. 6) haben sichbew€ahrt:

• R€uckenlage/spezielle R€uckenlage• Bauchlage/Bauchfreilage• Seitenlage• Steinschnittlage• Knie-Ellenbogen-Lage• Sitzende/halbsitzende Lage.

F€ur die Narkoseeinleitung und die Operation sollte derPatient in Zusammenarbeit von An€asthesist und Chirurgsowie den OP-Pflegekr€aften gelagert bzw. in die optimaleOperationslage gebracht werden. Zuvor ist erforderlich,dass die verantwortlichen Fach€arzte aufgrund des Allge-meinzustandes des Patienten entscheiden, welchen Belas-tungen – bedingt durch die Lagerung auf dem OP-Tisch – erausgesetzt werden kann. Zu ber€ucksichtigen sind hierbeiAlter des Patienten, Gewicht, Konstitution, der augenblick-liche Gesundheitszustand im Hinblick auf Herz, Lunge,Kreislauf, Stoffwechsel, Nervensystem, Muskulatur, Haut-gewebevorbelastungen, die u. a. herr€uhren von Stoffwech-selstörungen, Fettleibigkeit, rheumatischer Arthritis, Herz-und Gef€aßschw€achen oder Durchblutungsstörungen. Diegenannten Faktoren beeinflussen in erheblichem Maße dieBelastbarkeit des Patienten und m€ussen bei der Lagerungunbedingt ber€ucksichtigt werden, da jede Form der Lage-rung f€ur den Patienten eine zus€atzliche Belastung darstellt.

Hinzu kommt, dass Narkosemittel und Muskelrelaxanziendie Belastung insofern noch verst€arken, als sie insbesondereauf Atmung, Blutzufuhr und Nerven Einfluss nehmen.W€ahrend der Narkose ist das Schmerzempfinden ausgeschal-tet, sodass der Patient weder Schmerzen durch Druck oderZerrung empfindet noch aufgrund von unterbrochenenSchutzreflexen und abgebautem Muskeltonus reagierenkann. Das bedeutet: Der Patient kann schon zu Schaden

Abb. 4 Übersicht und Einteilung von OP-Tischsystemen

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kommen, bevor der eigentliche chirurgische Eingriff vorge-nommen wird. Es ist bereits bei einfachen Lagever€anderun-gen w€ahrend der Operation erhöhte Vorsicht geboten.

Die Intubationsnarkose wird beim Patienten in normalerR€uckenlage eingeleitet. Erst nachdem das tiefe Narkosesta-dium mit entspannter Muskulatur erreicht ist, erfolgt dieeigentliche Operationslagerung unter Ber€ucksichtigung pa-tientenspezifischer Merkmale (s. oben).

Zu beachten ist, dass der f€ur die Narkose und Infusionvorgesehene Arm des Patienten in seiner gesamten L€angeund eben auf der gut gepolsterten Armlagerungsvorrichtungaufliegt; notfalls muss die Armlagerungsvorrichtung miteiner gepolsterten Cramer-Schiene verl€angert werden. Beifalscher Lagerung kann es trotz weichem OP-Tischpolsterbeispielsweise zu Irritationen bzw. L€ahmungen durchSch€adigung oder Beeintr€achtigung des N. radialis oder

Abb. 5 Mobilit€at und Flexibilit€atvon OP-Tischsystemen (Quelle:Maquet GmbH)

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N. ulnaris kommen. Eine Überdehnung des Arms €uber denWinkel von 90� hinaus (Abduktion sowie Supination) kanneine Plexusl€ahmung zur Folge haben.

Bei der Beinlagerung lassen sich die in sich abknickbarenBeinplatten von modernen OP-Tischen gut an die Beineanpassen, sodass der Auflagendruck auf eine ausreichendgroße Fl€ache verteilt wird und zudem eine möglichst opti-male Operationslagerung erreicht wird.

Die Verwendung von Beinhaltern dagegen (z. B. beigyn€akologischen oder urologischen Eingriffen) bergen beiunsachgem€aßer Lagerung bzw. Anwendungen in erhöhtemMaß die Gefahr, Drucksch€aden und Zerrungen zu verursa-chen, u. a. durch Überstreckung der in der Narkose entspann-ten Beine, durch Druck falsch eingestellter (angelegter)

Beinschalen sowie Anliegen der unteren Extremit€aten anden Beinhalterstangen.

Bei der Lagerung des Rumpfes muss mit derselben Sorg-falt vorgegangen werden. Die unver€anderte Lagerung desPatienten €uber eine l€angere Zeitdauer hinweg kann zu einemweiteren Problem f€uhren: dem Dekubitus (Wundliegen bzw.Sichdurchliegen).

3.1 Dekubitusschaden

Da Narkosemittel und Muskelrelaxanzien das Gewebe soentspannen können, dass der arterielle Druck schw€acher istals der €außere – vom Körpergewicht beeinflusste – Druck,

Abb. 6 Schematische Darstellungen der unterschiedlichen Patientenla-gerungen in Abh€angigkeit vom operativen Eingriff. Auff€uhrung derLagerungen von links nach rechts: 1. Reihe: Universallagerfl€ache f€urGallen-OP mit Bildverst€arker, Nieren-/Thoraxeingriff, gyn€akologischeEingriffe, Struma-OP, neurochirurgische Eingriffe. 2. Reihe: alternativeUniversallagerfl€ache f€ur Gallen-OP mit integrierter Körperbr€ucke, Bild-verst€arkereinsatz f€ur Abdomen, Becken und untere Extremit€aten, f€urgyn€akologische/urologische Eingriffe mit Beinhalterkombination. 3.Reihe: Extensionslagerfl€ache f€ur Schenkelhals-OP mit Bildverst€arker-einsatz, Oberschenkeleingriffe in Seitenlage, Unterschenkeleingriffe mitBildverst€arkereinsatz. 4. Reihe: einfache, l€angsverschiebbare OP-Lager-

fl€ache. Spezielle Lagerungen f€ur Orthop€adie, Traumatologie und Ge-f€aßchirurgie: Lagerfl€ache fußw€arts l€angsverschiebbar f€ur Bildverst€ar-kereinsatz im Thoraxbereich, Lagerfl€ache z. B. f€ur HWS-Eingriffe. 5.Reihe: Urologielagerfl€ache. Lagerfl€ache fußw€arts verschiebbar f€ur Bild-verst€arkerkontrolle vom Becken bis zur Niere, Lagerfl€ache eingerichtetf€ur TUR-Eingriffe. 6. Reihe: kopfchirurgische OP-Lagerfl€ache f€ur sit-zende Position bei neurochirurgischen Eingriffen, f€ur HNO-Eingriffe. 7.Reihe: CFK-Lagerfl€ache. Artefaktarme Durchleuchtbarkeit 360� aufeiner L€ange von 1530 mm. 8. Reihe: Kinderchirurgielagerfl€ache. Ange-steckte Beinplatten f€ur Eingriffe bei großen Kindern, abgenommeneBeinplatten f€ur Kleinkinder. (Quelle: Maquet GmbH)

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kann die Blutzufuhr gestört und infolgedessen das Gewebenur mangelhaft ern€ahrt werden, sodass f€ur den Patienten beil€angerer Liegedauer in o. g. unver€anderter Lage die Gefahrvon Haut- und Gewebesch€aden besteht.

Ein so entstandener Dekubitus kann sich insbesondere anKörperstellen, die nur ein d€unnes Hautgewebe €uber demKnochen aufweisen, zur Nekrose (örtlicher Gewebstod) wei-terentwickeln. Zu diesen besonders gef€ahrdeten Körperstel-len gehören:

• in R€uckenlage: Fersen, Kreuzbein, Ellenbogen, Schulter-bl€atter, Hinterkopf,

• in Bauchlage: Becken, H€ufte, Knie, Zehenspitzen,• in Sitzposition: Fersen, Kreuzband, Ellenbogen, Kopf,• in Seitenlage: H€ufte, Zehen, Knie.

Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass keine Hautquet-schungen entstehen, die infolge von Durchblutungsmangelauch zu Nekrosen f€uhren können. Diese Gefahr besteht ins-besondere w€ahrend l€anger dauernder Operationen.

So wurden nach Herzoperationen, in deren Verlauf derPatient hypothermiert wurde und monopolare Hochfrequenz-ger€ate zum Einsatz kamen, großfl€achige Gewebenekrosenfestgestellt, die prim€ar als Verbrennungen diagnostiziert wur-den. Eingehende Pr€ufung der Ursache dieser als Verbrennungdeklarierten Nekrose durch das Operationsteam, das techni-sche Personal des Krankenhauses, den Technischen Über-wachungsverein und den Herstellern des HF-Chirurgieger€atsergaben keine physikalisch begr€undete Erkl€arung. Erst einedifferenzialdiagnostische Untersuchung des Verdachts aufDrucknekrosen konnte exogene Verbrennungsursachen ein-deutig ausschließen.

Einen ersten Hinweis auf eine Drucksch€adigung gibt eineRötung der Haut, die nicht unmittelbar nach einem Lager-ungswechsel zur€uckgeht.

Grunds€atzlich ist die Dekubitusgef€ahrdung bei einer€ubergewichtigen Person nicht größer als bei einer unterge-wichtigen. Der Unterschied besteht darin, dass bei Überge-wichtigen die gesch€adigten Hautregionen zwar größer, dieHautsch€aden aber meist weniger ausgepr€agt sind; w€ahrendbei Untergewichtigen die gesch€adigten Hautregionen kleiner,die Hautsch€aden meist aber ausgepr€agter sind.

3.1.1 Mögliche Ursachen für die Entstehungvon Dekubitus aufgrund der OP-Lagerung

Als mögliche Ursachen f€ur das Entstehen eines Dekubitusaufgrund der OP-Lagerungen sind zu nennen:

• Harte und/oder durchgelegene Operationstischpolsterung.• L€angere Operationsdauer bei zunehmend €alteren Men-

schen.• Hohe Eigenlast besonders bei Adipositas. Andererseits

aber auch bei kachektischen Patienten, bei denen Knochen

der Haut aufgrund des fehlenden oder reduzierten Fett-unterhautgewebes unmittelbar anliegen. Bevorzugte Kör-perstellen sind hier u. a. das Kreuzbein und die Fersen.

• Medikamentöse Beeinflussung (An€asthetika), die denMuskel- und Gef€aßtonus herabsetzen.

• Punktuelle Belastungen, die durch notwendige Lagerun-gen w€ahrend der Operation entstehen.

3.1.2 DekubitusprophylaxeDekubiti können durch folgende Maßnahmen vermiedenwerden:

• Kurze Operationsdauer anstreben, da erfahrungsgem€aß nachsp€atestens 2 h mit Hautgewebesch€aden zu rechnen ist.

• Rechtzeitiges Auswechseln von €alteren und durchgelege-nen OP-Tischpolstern gegen ausreichend dicke und weiche.

• Sorgf€altige Anpassung der einzelnen Segmente derOP-Lagefl€achen an den Körper des Patienten.

• Druckentlastung durch Abpolsterungen an den pr€adispo-nierten Stellen.

• Vermeiden von Hautquetschungen und Faltenbildungbeim Patienten, aber auch dem OP-Tischpolster beimLagern und intraoperativen Umlagern des Patienten.

" Eine optimierte Patientenlagerung ist die beste De-kubitusprophylaxe!

3.2 Weitergehende Lagerungssch€aden undrechtliche Verantwortung

Wie Analysen der Schadensf€alle seitens der Sachverst€andi-gen ergeben haben, kommen bei vielen angemeldeten Scha-densf€allen Operationslagerungssch€aden dennoch regelm€aßigvor, die f€ur die Patienten und f€ur die Nachsorge (Folgekos-ten) ein ernstes Problem darstellen.

Durch eine unsachgem€aße und inkorrekte Lagerung desPatienten auf dem Operationstisch kann es von tempor€arenBeeintr€achtigungen bis zu irreversiblen schwerwiegendenSch€aden kommen. Betroffen sind in erster Linie

• Nerven, die traumatisiert werden (hier insbesondere derPlexus brachialis),

• Augen,• Haut,• Muskulatur,• Sehnen und B€ander.

Zur Kl€arung der Frage der rechtlichen Verantwortung f€urentstandene Lagerungssch€aden haben der BerufsverbandDeutscher An€asthesisten und der Berufsverband der Deut-

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schen Chirurgen zwei richtungsweisende Regelungenerstellt: Die „Vereinbarung €uber die Zusammenarbeit beider operativen Patientenversorgung“ sowie die Vereinbarung„Verantwortung f€ur die pr€a-, intra-, und postoperative Lage-rung des Patienten“. Sie besagen, dass die Lagerung desPatienten auf dem OP-Tisch zwar vor der Operation Aufgabedes An€asthesisten ist und w€ahrend der Operation die desOperateurs (wohlgemerkt unter Ber€ucksichtigung des an€as-thesiologischen Risikos). Doch grunds€atzlich bildet sie diegemeinsame Aufgabe des Chirurgen und An€asthesisten.

F€ur den Chirurgen bedeutet dies, dass er die €arztliche undrechtliche Verantwortung daf€ur tr€agt, dass eine eventuelleRisikoerhöhung im an€asthesiologischen Bereich, die auseiner ver€anderten (gew€unschten) Lagerung resultiert, sach-lich gerechtfertigt ist. Dem An€asthesisten obliegt die rechtli-che Verantwortung daf€ur, im Rahmen seines intraoperativenAufgabenbereichs den spezifischen Risiken Rechnung zutragen bzw. durch besondere Vorsichtsmaßnahmen entgegen-zuwirken, die aus der Lagerung entstehen. Im Zusammen-hang mit der Lagerung des Patienten bei Operationen, beidenen monopolare Hochfrequenzchirurgieger€ate zum Einsatzkommen, ist auf den wichtigen Punkt der Verbrennungsge-fahr hinzuweisen.

3.3 Patientenlagerung bei der Anwendungvon monopolaren HF-Chirurgieger€aten

Das HF-Chirurgieger€at (Kap.▶Hochfrequenzchirurgie – Ge-r€ate und Methoden) wird eingesetzt, um gezielt Gewebedurch thermische Energie zu trennen und gleichzeitig zukoagulieren. Hierzu sind monopolare HF-Chirurgieger€atemit einer aktiven und einer passiven Elektrode versehen.An der aktiven Elektrode, der sog. Schneide- oder Koagula-tionselektrode, tritt aufgrund ihrer Anwendungsformgebungeine hohe Stromdichte auf, im Gegensatz zur großfl€achigen,passiven Elektrode (Neutralelektrode), die den Strom ablei-ten soll und daher eine niedrige Stromdichte aufweist.

Urs€achlich f€ur Komplikationen bei der Anwendung dermonopolaren HF-Chirurgie ist zum einen die nicht sachge-rechte, erdschlussfreie Lagerung des Patienten und zumanderen die fehlerhafte Applikation der Neutralelektrode.Um lokale Verbrennungen, verursacht durch HF-Chirurgie-ger€ate, zu vermeiden, muss der Patient vollkommen isoliertvom OP-Tisch und seinen Zubehörteilen gelagert werdensowie durch die sachgerechte Anbringung der Neutralelek-trode gesichert sein. Das heißt:

• Der Patient ist so zu lagern, dass er mit keinen elektrischleitf€ahigen Teilen wie Metallteile des OP-Tisches, Halte-rung, feuchte T€ucher etc. in Ber€uhrung kommt (auf Extre-

mit€aten ist besonders zu achten). Zwischen Patient,OP-Tisch und Halterung muss eine elektrisch isolierende,trockene, dicke Unterlage gelegt werden, die w€ahrend derAnwendung der HF-Chirurgie nicht nass werden darf(u. a. durch Blut, Sp€ulfl€ussigkeiten).

Da zwischen Patient und Tischpolster trockene undnichtleitf€ahige T€ucher gelegt werden m€ussen, ist zur Ver-meidung elektrostatischer Aufladung f€ur die Polster eineMindestleitf€ahigkeit vorgeschrieben. W€are diese nichtgegeben, könnten Entladungsfunken (aufgrund derReibungselektrizit€at) mit einer gef€ahrlichen Z€undenergief€ur brennbare Narkosegase oder Alkohold€ampfe entste-hen.

• Die neutrale Elektrode ist ganzfl€achig gut am Körper desPatienten zu applizieren (bevorzugte Applikationspunktesind die oberen und unteren Extremit€aten), sodass sie sichauch dann nicht lösen kann, wenn sich der Patient bewegtoder bewegt wird. Hierdurch wird ein zu hoher Über-gangswiderstand vermieden, der den Stromr€uckfluss €uberdie Neutralelektrode stört.

4 Wichtige sicherheitstechnischeVorschriften für OP-Tischsysteme

Nach DIN EN 60601-1 (VDE 0750, Teil 1) ist es ausGr€unden des Explosionsschutzes notwendig, dass

• das Operationstischsystem an den Potenzialausgleichslei-ter angeschlossen ist (Ausnahme: Station€are OP-Tischsysteme, die der Schutzklasse 1 entsprechen, brau-chen nicht separat an den Potenzialausgleich angeschlos-sen werden, da deren Schutzleiter (PE) diese Funktion€ubernimmt) und

• die Operationstischauflage elektrisch leitf€ahig ist, damitReibungselektrizit€at ohne Funkenbildung €uber das geer-dete Operationstischsystem abfließen kann. Ohne eineleitf€ahige Operationstischunterlage kann es zu sogenann-ten B€uschelentladungen kommen. Diese können ein even-tuell vorhandenes Luft-Gas-Gemisch entz€unden.

Es d€urfen nur Materialien aus Gummi oder Kunststoffemit einem Oberfl€achenwiderstand zwischen 5 � 104 und106 Ohm als Abdeckung der Operationstischlagerfl€ache ver-wendet werden. Auf das geerdete Operationstischsystemkommt zun€achst die ableitf€ahige Operationstischauflage.Darauf wird eine isolierende, starke und reißfeste Unterlageangebracht. Auf diese Tischpolsterung kommt weiterhin einesaugf€ahige Patientenunterlage.

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Nach VDE 0100-710 können Operationstischsysteme€uber eine FI-Schutzschaltung betrieben werden anstatt €uberein IT-Netz (alter Begriff f€ur Schutzleitersystem).

OP-Tischsysteme sind der Klasse 1 gem€aß Medizinpro-duktegesetz (MPG) zugeordnet.

5 Aufbereitung: Pflege, Wartung undHygiene

5.1 Manuelle Reinigung und Desinfektion

Nach jeder Operation m€ussen speziell die OP-Lagerfl€achensowie die benutzten Transporter des OP-Tischsystems neuaufbereitet, d. h. sorgf€altig gereinigt und desinfiziert werden.Die Reinigung und Desinfektion wird insbesondere in klei-neren Krankenh€ausern vielfach vom Hilfspersonal im Opera-tionsbereich, gegebenenfalls auch vom Pflegepersonal,manuell durchgef€uhrt. In Anbetracht der vielf€altigen Unter-teilung des gesamten OP-Tischsystem und des hohen hygie-nische Anspruchs stellt sich eine manuelle Reinigung alsnicht immer zuverl€assig dar. Sie ist €uberdies zeit- und perso-nalaufwendig.

Den hygienischen Aspekten, Wartungsarbeiten und even-tuellen Reparaturen wird bereits bei der Konstruktion inso-fern Rechnung getragen, als z. B. das Oberteil desOP-Tisches ebenso wie die Verkleidung von S€aule und Fu߀uberwiegend aus glattfl€achigen einzelnen Bauteilen ausChromnickelstahl, die sich problemlos entfernen lassen,bestehen bzw. insofern, als die elektrisch leitf€ahigen Kugel-lagerrollen, durch die der mobile OP-Tisch in alle Richtungenbewegt werden kann, f€ur Inspektion und Reinigung von obenleicht zug€anglich sind. Speziell hier zeigen sich deutlicheVorteile beim OP-Tischsystem, da sich Lagerfl€achen undTransporter leicht und problemlos in die entsprechendenReinigungsr€aume fahren lassen; eventuell anstehende Repa-raturen können, ohne dass der OP-Ablauf gestört wird, eben-falls außerhalb des OP-Traktes durchgef€uhrt werden.

5.2 Automatische OP-Tischsystemreinigungund -hygiene

Eine zweite Möglichkeit bieten Dekontaminationsmaschinen,die die Reinigung, Desinfektion und Trocknung von geeigne-ten OP-Lagerfl€achen, Lafetten sowie OP-Zubehör automati-siert ausf€uhren. Diese Alternative findet bisher haupts€achlichin größeren Operationszentren Anwendung, da sie im Gegen-satz zur manuellen Reinigung und Desinfektion weder perso-nal- noch zeitintensiv ist. Ein weiterer, nicht unerheblicherVorteil ist darin zu sehen, dass ein automatisierter Ablaufmittels Maschine – Einhaltung der Bedienungsanweisung vor-ausgesetzt – ein Maximum an Hygiene bietet. Bei der manu-

ellen Reinigung dagegen ist das Ergebnis von der Sorgfalt desPersonals, aber auch vom Zeitaufwand abh€angig.

In der Dekontaminationsmaschine betr€agt die Zykluszeit,darunter sind die einzelnen Vorg€ange wie Reinigung, Des-infektion, Zwischentrocknung, Klarsp€ulvorgang und End-trocknung zu verstehen, im Mittel zehn Minuten. Hierbeimuss angef€ugt werden, dass die Zykluszeit abh€angig istvom Grad der Verschmutzung und somit variiert. Allew€ahrend dieses Prozesses anfallenden Daten werden in einerChargendokumentation festgehalten, um nachvollzogen wer-den zu können.

Aus der Sicht des Pflegepersonals stellt dies nicht nur eineErleichterung und damit eine erhebliche Verbesserung derArbeitsbedingungen dar, sondern tr€agt dar€uber hinaus zur Opti-mierung sicherer Arbeitsabl€aufe im Operationsbereich bei.

5.3 Wartung

Neben der laufenden Reinigung und Desinfektion desOP-Tisches als Voraussetzung f€ur aseptisches Arbeiten istes aufgrund der vielf€altigen elektromotorischen bzw. hydrau-lischen oder elektrohydraulischen Ansteuerung unerl€asslich,das OP-Tischsystem regelm€aßig zu warten, um Ausfallzeitenzu vermeiden und die Betriebssicherheit f€ur Patient undOP-Personal sicherzustellen.

6 Der Hybrid-OP

Mit der Entwicklung minimalinvasiver, kathetergest€utzterOperationstechniken entstand der Bedarf an hochwertigerBildgebung, um im OP in Echtzeit den Eingriff und dessenErgebnis verfolgen zu können. Unter anderem, um bei Kom-plikationen zu einem offenen Eingriff wechseln zu können,ergab sich die Forderung, diese Prozeduren vom Katheter-labor in den OP zu verlagern. Initiiert durch die endovaskul€art€atigen Gef€aßchirurgen entstanden 2001 die ersten Hybrid-OPs (Kap. ▶Hybrid-Operationsr€aume) (Abb. 7), die eineboden- oder deckengest€utzte Angiographieanlage mit einemf€ur Röntgenstrahlen durchl€assigen OP-Tisch kombinierten.Weitere Kombinationen im technischen Sinne waren die Ver-kn€upfung der Magnetresonanztomographie und der Compu-tertomographie (Hybrid-Bildgebung) mit einem OP-Tisch,€uberwiegend f€ur neurochirurgische Anwendungen. In diesemSinne entstehen zwei Definitionen f€ur einen Hybrid-OP: dieKombination zweier Technologien, d. h. einem bildgebendenSystem mit einem OP, sowie die Kooperation von Kardiolo-gen und interventionell t€atigen Radiologen mit der Chirurgie.

Eine dritte Definition des Hybrid-OPs f€uhrt nunmehr zurKardiovaskularchirurgie, die diesen Begriff besetzt hat, imSinne der Verschmelzung eines komplett ausgestatteten Ope-rationssaales mit einem fach€ubergreifend nutzbaren Katheter-

10 B. Kulik

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labor. Lediglich der Patiententisch des Originalherstellerswird durch ein vollst€andig integriertes, synchron laufendesund f€ur Röntgenstrahlen durchl€assiges OP-Tischsystemersetzt. Der Vorteil eines OP-Tischsystems im Hybrid-OPliegt in der Vielseitigkeit des OPs, da sowohl minimal-invasive, kardiovaskul€are Eingriffe als auch elektive chirur-gische Eingriffe, bei denen eine vielf€altig verstellbare, allge-meinchirurgische Lagerfl€ache benötigt wird, durchgef€uhrtwerden können.

Dieser multidisziplin€ar nutzbare, vollst€andig integrierteHybrid-OP ist sehr komplex hinsichtlich seiner Ausstattungund Funktion und erfordert daher sorgf€altige Planung. Bereitsin der Planungsphase m€ussen Funktionsteams, bestehend ausÄrzten, Technikern, OP-Pflegern, An€asthesisten und Verwal-tungsfachleuten, gebildet werden, die mit den Abl€aufen ver-traut und imstande sind, die Anforderungen an die Funktio-nen klar zu definieren, sodass der medizintechnischeFachplaner und Krankenhausarchitekt die Planung optimaldurchf€uhren kann.

Eine weitere Herausforderung ist die Raumgröße. Auf-grund der Größe und Anzahl der benötigten Ger€ate(u. a. Röntgenanlage, OP-Tisch, Herz-Lungen-Maschine,An€asthesieger€at, Cell-Saver, Ultraschall, EKG, Kontrastmit-telinjektor, HF-Chirurgieger€at, Monitoring) liegt die Größedes Raumes zwischen 60 und 90 m2. Je nach Art des Eingriffssind in einem Hybrid-OP gleichzeitig 15 bis 20 Personent€atig, z. B. Kardiologen, Chirurgen, Radiologen, An€asthesis-ten, Kardiotechniker, OP-Pfleger und Röntgentechniker.

Die Etablierung des Hybrid-OPs leistet auch einen signi-fikanten Beitrag zur schonenden Versorgung €alterer herz-kranker Patienten. Mit zunehmendem Alter und bei Vorliegenvon Begleiterkrankungen steigt das Operationsrisiko erheb-

lich. Bei vielen dieser Patienten war daher beispielsweiseeine erforderliche Herzklappenoperation nicht möglich. Der-artige Behandlungshindernisse wurden durch den Hybrid-OPbeseitigt.

7 Planerische Hinweise

Die Planung der Einrichtung eines Operationssaals wirdwesentlich von der chirurgischen Disziplin beeinflusst, dieje nach Größe des OP-Raumes auch die Wahl des Fixpunkteseiner fest montierten OP-Tischs€aule bestimmt. An diesemFixpunkt unter Einschluss der einzusetzenden OP-Lagerfl€a-chen orientieren sich wiederum OP-Leuchten, Deckenstativf€ur die An€asthesie und Chirurgie, deckengebundeneC-Bogen oder Operationsmikroskope sowie Klimadecken,Klimafelder u. a. Die Abstimmung des Umfelds um ein festinstalliertes OP-Tischsystem stellt eine sinnvolle Unterst€ut-zung der wirtschaftlich effektiven und ergonomischen Nut-zung des OP-Raumes dar. Dieser ökonomische Aspekt wirdauch in Zukunft weiterhin an Bedeutung gewinnen.

Literatur

DIN 57 753, Teil 1/VDE 0753, Teil I/2.83, IV: OperationstischsystemeKrettek C, Aschemann D (2005) Lagerungstechniken im Operationsbe-

reich. Springer Medizin Verlag, HeidelbergLauven PM et al (1992) Lagerungssch€aden – ein noch immer ungelöstes

Problem? Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther27:391–392

Oehmig H (1994) OP-Tisch-Technik heute. Trennung von S€aule undPlatte. Krankenhaus Technik 7:18–21

Abb. 7 Hybrid-OP. (Quelle:Maquet GmbH)

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Roos E (1992) Sinn und Zweck der erdschlussfreien Patientenlagerungauf OP-Tischen. MTD 11:38–40

Schindler H (1985) Arbeitsgebiet Operationssaal. Lagerungen, Hygiene,Verfahren. Enke, Stuttgart

von der Mosel H (1992) Medizintechnik f€ur Pflegekr€afte. Bibliomed,Melsungen

Witzer K (1991) FMT-Fachwissen Medizin-Technik, Foge 7. MTD,Amtzell

12 B. Kulik