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Moderne Zahnheil-kunde ist ohne Im-plantate nicht mehr
denkbar. Wenn noch im Jah-re 1980 in Deutschland nur et-wa 5.000 Implantate inseriertwurden, so waren es im letz-ten Jahr nach Angaben derHersteller zirka 600.000 Im-plantate; die Tendenz ist wei-ter deutlich steigend. Dabei weisen einige Studienbei immer kürzeren Einheil-zeiten angebliche Erfolgsquo-ten von nahezu 100 Prozentauf. Fragwürdige Pressever-öffentlichungen mit geradezukühnen Versprechungen ver-anlassen Patienten zu aben-teuerlichen Wunschvorstel-lungen und bewirken nichtimmer erfüllbare Erwartungs-haltungen. Leider werdenauch auf Fortbildungsveran-staltungen und Kongressen inder Regel nur perfekte Be-handlungsergebnisse demon-striert. Das Problem der knöchernenEinheilung scheint gelöst, imAugenblick konzentriert mansich auf die „Rote Ästhetik“;die Rekonstruktion der Papil-len mit mikrochirurgischerNahttechnik unter dem Mi-kroskop ist hierzu das aktuel-le Thema.Die Wirklichkeit sieht jedochnicht selten anders aus: Trotzder großen Fortschritte derletzten Jahrzehnte und dervielen therapeutischen Mög-lichkeiten, die durch die mo-derne Implantologie eröffnet
werden, gibt es leider nichtnur Erfolge, sondern es sindauch Komplikationen undMisserfolge zu verzeichnen.So werden in Verbindung mitaufwändigen Augmentatio-nen oder in Zusammenhangmit Sofortversorgung und So-fortbelastung durchaus Kom-plikations- und Verlustquotenvon bis zu 25 Prozent be-schrieben. Das kritikloseÜberschreiten von Indikati-onsgrenzen fordert Problemedabei manchmal geradezuheraus. Schwierigkeiten beim opera-tiven Vorgehen sind meistFolgen einer mangelhaftenpräoperativen Planung undeiner ungenügenden Berück-sichtigung der individuellenVerhältnisse. Das voraus-schauende Erkennen poten-zieller Probleme und eine ent-sprechende Behandlungspla-nung und Diagnostik helfenKomplikationen in den meis-ten Fällen zu vermeiden.
Ursachen vonKomplikationen
Wenngleich die folgendenAusführungen über Kompli-kationen und Misserfolge auf-grund der besseren Darstell-barkeit in erster Linie nachdem klinischen Bild bezie-hungsweise der resultieren-den Symptomatik strukturiertsind, lassen sich die Ursachenvon Komplikationen und
Misserfolgen wie folgt klassi-fizieren:n Misserfolge, die ihre Ursa-
che im Implantattyp haben n Frühmisserfolge, bedingt
durch Knochennekrose, In-fektionen, ungenügendePrimärstabilität oder zufrühe und zu starke Belas-tung in der Einheilphase
n Spätmisserfolge durch bio-logische und/oder mecha-nische ätiologische Fakto-ren a) Pathogenese wie beiParodontalerkrankungenb) Gestörtes biomechani-sches Gleichgewicht durchein Missverhältnis zwi-schen Knochenveranke-rung und Belastung
n Technische Fehler und Pla-nungsfehler
Die moderne Implantologie derenossalen Implantate mit wur-zelähnlichem Design blickt aufeine etwa 40-jährige Entwick-lung zurück. Bis zu dieser Zeitwaren es in erster Linie sub-periostale Gerüstimplantate(Abb. 1 bis 4) und später die sogenannten Extensionsimplan-tate (Abb. 5 und 6), die denmeisten unter dem Namen desEntwicklers als Linkow-Bladesbekannt sein werden, die dieAnfänge der Implantologie be-gründeten. Wenngleich auch viele dieserImplantate erfolgreich warenund beiden Systemen in derEntwicklung der Implantolo-gie eine wichtige historische
Wissenschaft & Praxis
Komplikationen und Misserfolge in der Implantologie
Problemfall Implantat Ein Beitrag von Martin Bonsmann, Wolfgang Diener und Ralf Vollmuth
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Die enossale Implantologie undder implantatgetragene
Zahnersatz haben in dermodernen, zeitgemäßen
Zahnheilkunde mittlerweileeinen sehr hohen Stellenwert
erreicht. AusgereifteImplantatsysteme und
Operationstechniken habenbereits vor mehr als 20 Jahren
zur wissenschaftlichenAnerkennung geführt. Die
Implantologie bietet für zahlrei-che Indikationen sinnvolleBehandlungsalternativen,
erweitert das Spektrum prothe-tischer Lösungsmöglichkeiten
um eine Vielzahl von Varianten,und auch der Patientenwunschwird zunehmend hiervon beein-
flusst. Einer hohen Erfolgsratestehen aber immer noch
Komplikationen undMisserfolge gegenüber, die in
sehr vielen Fällen durch diekonsequente Beachtung von
Indikationen und Kontra-indikationen vermeidbar wären.
Indizes:Enossale Implantologie
IndikationKontraindikation
KomplikationMisserfolg
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Bedeutung zukommt, so warund ist das Hauptproblemdieser Implantate die größereTendenz der bindegewebigenEinheilung, die auf eine sys-tembedingte initial schlech-tere Passgenauigkeit zumKnochenlager zurückzufüh-ren ist.
Des Weiteren ist im Falle vonerforderlichen Explantationenbei Periimplantitis aufgrundder großen Oberfläche der Im-plantate und Ausdehnung zumTeil auch in horizontaler Di-mension nicht selten mit um-fangreichen Knochendefektenzu rechnen (Abb. 7 bis 9).Diese Defekte können dabeisolche Ausmaße erreichen,dass spätere erneute Implan-tationen in der gleichen Regi-on nur noch nach aufwändi-gen Knochentransplantaten(Beckenkamm) zu realisierensind. Die Entfernung einessubperiostalen Implantates imzahnlosen Kiefer gelingt nurselten in toto; häufig muss einsolches Gerüst mehrfachdurchtrennt werden und hin-terlässt entsprechende De-
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Abb. 3 und 4SubperiostaleGerüstimplantate im Oberkiefer undExtensionsimplantateim Unterkiefer
Abb. 5 und 6 Versorgung mit multiplen
Extensionsimplantaten
Abb. 1 Subperiostales Gerüstimplantat zurFixation in der rechten Tuberregion fürEinzelzahnimplantat 17
Abb. 2 Subperiostales Gerüstimplantat mit4 Pfeilern zur Fixation im zahnlosenOberkiefer
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struktionen. Die Folge ist, dasseine konventionelle Total-Pro-thetik häufig nicht mehr mög-lich ist (Abb. 10 bis 13).
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Abb. 7 und 8 Periimplantitis mit umfangreicher peri-implantärer Osteolyse bei ExtensionsimplantatRegio 36–37
Abb. 9 Umfangreiche perira-dikuläre Osteolyse einesExtensionsimplantates Regio 43 und 33
Abb. 10 und 11 Klinisches Bild einer massiven Periimplantitis
eines gelockerten subperiostalen Gerüstimplantates im zahnlosen Oberkiefer
Abb. 12 und 13 Zustand nach Entfernung des subperiosta-len Gerüstimplantates aus Abb. 10 und 11
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IntraoperativeKomplikationen
Blutungen und HämatomeBei entsprechender Operati-onsplanung und Schnitt-führung ist in der Regel nichtmit größeren intraoperativenBlutungen zu rechnen. Blu-tungen aus der Spongiosa sis-tieren normalerweise spontanoder kommen spätestens mit
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Abb. 14 und 15 Nicht untypischer Häma-tombefund bei Zustand nach Insertion von5 interforaminalen Implantaten im zahnlo-sen Unterkiefer und 6 Implantaten in Regio15–25 im zahnlosen Oberkiefer
Lebensgefährliche Blutungen im Rahmen von UK-Implantationenaufgrund variierender Mundbodengefäße
Krenkel et al. 1986 Alle Patienten stationär bis maximal 14 Tage
Laboda 1990 7 Patienten intensivpflichtig Masonet et al. 1990 6 Patienten intubiertBruggenkate et al. 1993 2 Patienten nottracheotomiertDarvila et al. 1997Modenfeld et al. 1997Panula und Oikarinen 1999Givolet et al. 2000Weibrich et al. 2002
Abb. 18 und 19 Eindimensionale Röntgendiagnostik überOrthopantomogramm und dreidimensionale Diagnostik mit-tels Digitaler Volumentomographie (DVT) vor ImplantationRegio 46 und 47. Beachte die typische linguale Einziehungim Bereich des seitlichen Unterkiefers.
Abb. 16 und 17 Typischer anatomischer Befund im seitli-chen Unterkiefer mit Gefahr der lingualen Perforation (sieheauch Abb. 18 und 19)
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Insertion der Implantate zumStillstand. Trotzdem findensich nach umfangreicherenImplantationen im Ober- oderUnterkiefer nicht selten aus-gedehnte Hämatome, die diePatienten häufig erschrecken,wenn diese nicht im präope-rativen Beratungs- und Auf-klärungsgespräch ausdrück-lich darauf hingewiesen wor-den sind (Abb. 14 und 15).
Stärkere arterielle oder venö-se Blutungen weisen dagegenauf eine größere Gefäßverlet-zung hin. Diese Verletzungenentstehen in der Regel durchEröffnung des Alveolarkanalsoder durch Eröffnung von Be-gleitgefäßen der Arteria lingu-alis. Im letzteren Fall werdenin der Literatur auch lebens-bedrohliche Komplikationenmit Mundbodenhämatomenund Verlegung der Atemwegebeschrieben (siehe Kasten).
Eine Gefahr der Schädigungvon Begleitgefäßen der Arte-ria lingualis besteht immerdann, wenn im seitlichen Un-terkiefer implantiert wird unddabei die typische lingualeEinziehung des Knochens un-terhalb der Linea mylo-hyoidea nicht beachtet wird(Abb. 16 und 17). Die beidenAbbildungen 18 und 19 zei-gen, dass die eindimensiona-le Röntgendiagnostik mit Hil-fe des Orthopantomogrammsnicht selten ein besseres Kno-chenangebot vorgibt als essich schließlich in einer drei-dimensionalen Röntgendia-gnostik über eine Digitale Vo-lumentomographie (DVT)oder eine Computertomogra-phie (CT) darstellt.Aus forensischen Gründen
kann daher nur die dringen-de Empfehlung ausgespro-chen werden, in diesen Re-gionen in unklaren Fällenpräoperativ mit einer ent-sprechenden Bohr- bzw. Dia-gnostikschablone eine 3D-Diagnostik durchführen zulassen. Zur Anfertigung einersolchen Bohrschablone solltedem Dentallabor immer auchein Orthopantomogramm derSituation zur Verfügung ge-stellt werden, damit entspre-chende Wurzelkrümmungen
beachtet werden können, umdas Risiko der Verletzung vonNachbarzähnen auszuschlie-ßen (Abb. 20 bis 24).
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Abb. 20 bis 24Typischer Arbeitsablaufzur Anfertigung einerBohrschablone
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Verletzungen von Nachbarzähnen Die Problematik der Verlet-zung von Nachbarzähnen trittnicht nur bei implantologi-schen Einzelzahnrestauratio-nen auf, sondern bei mangel-hafter Planung und Diagnos-tik auch in anderen Fällen.Um diese Komplikation zuverhindern, sollte auch inRoutinefällen eine Bohrscha-blone genutzt werden, die ei-ne entsprechende optimaleanatomische und prothetischePosition für die Implantationvorgibt (Abb. 25 bis 29).
Eröffnung der KieferhöhleBei Implantationen im seitli-chen Oberkiefer könnenEröffnungen der Kieferhöhlein der Regel sicher über einesorgfältige präoperative Pla-nung ausgeschlossen werden.Bei kleineren Perforationenkann eventuell ein kürzeresImplantat inseriert werdenund eine entsprechende be-gleitende Antibiotika-Thera-pie erfolgen. Ansonsten soll-ten Implantate, die fehlerhaftweit in die Kieferhöhle ragen,entfernt werden (Abb. 30 bis32).
Wissenschaft & Praxis
Abb. 30 Korrekt mittels entsprechender Bohrschablonepositionierte Implantate ohne Perforation vonNasenboden oder Kieferhöhle
Abb. 31 und 32 Weit in die Kieferhöhle reichende bzw. inder Kieferhöhle liegende Implantate
Abb. 28 und 29 Vollständige Zerstörung des Zahnes 33 mitFolge des Verlustes von Implantat und Zahn
Abb. 25 bis 27 Zustand nach Entfernung
des bereits mehrfach rese-zierten Zahnes 36 mit erneu-ter apikaler Beherdung und
Implantation Regio 35 mit„Resektion“ der nach distal
abgekrümmten Wurzel-spitze des Zahnes 34.
Beschwerdefreiheit erstnach Wurzelkanalfüllung.
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KieferfrakturenFrakturen des Unterkieferswerden in Zusammenhangmit implantologischen Maß-nahmen glücklicherweise nurselten beobachtet. Die Gefahrist meist dann gegeben, wennmehrere Implantate in engerNachbarschaft in einem be-reits stark atrophierten Un-terkiefer inseriert werdenoder wenn sich im Rahmen ei-ner Periimplantitis in schma-len KieferkammabschnittenPrädilektionsstellen für pa-thologische Frakturen ent-wickeln (Abb. 33 und 34).
NervenverletzungenBei Implantation in engeranatomischer Lagebeziehungzum Nervus alveolaris inferi-or sollte eine präoperativeDiagnostik über eine dreidi-mensionale Röntgenaufnahme(Digitale VolumentomographieDVT oder Computertomogra-phie CT) mit Anfertigung einerentsprechenden Bohrschablo-ne veranlasst werden. Grund-sätzlich sollte der Patient überdas mögliche Risiko der gege-benenfalls auch bleibendenSchädigung des Nervus alveo-laris inferior präoperativ auf-geklärt und diese Aufklärungdokumentiert werden. Um das Risiko einer Nerv-schädigung zu minimieren,empfiehlt es sich, gegebenen-falls auch intraoperativ nachder ersten Bohrung entspre-chende Röntgenkontrollen mitpositionierten Richtungsin-dikatoren beziehungsweiseImplantatbohrern durchzu-führen. Im Falle einer klinisch
und röntgenologisch nach-weisbaren Schädigung desNervs ist die sofortige Entfer-nung der Implantate ange-zeigt und die Überweisung ineine Klinik zu veranlassen,die entsprechende instru-mentelle und fachliche Vo-raussetzungen bietet, um ge-gebenenfalls eine Reanasto-mosierung des geschädigtenNervs durchzuführen (Abb.35 und 36).
PostoperativeKomplikationen
NahtdehiszenzenNahtdehiszenzen erfolgenmeist dann, wenn kein span-nungsfreier Wundverschluss,insbesondere nach augmen-tativen Maßnahmen, erfolgt.Der Versuch eines sekundärenNahtverschlusses ist in der Re-gel erfolglos. Meist kommt esin der Folgezeit zu einer se-kundären Heilung ohne Pro-bleme für die Einheilung derImplantate, wenn die Pati-enten eine angemesseneMundhygiene mit vorsichtigerReinigung der dehiszentenRegionen durchführen. Re-gelmäßige Kontrollen sind zuveranlassen (Abb. 37).
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Abb. 33 Periimplantitis Regio 33 mit Gefahr der pathologischen Fraktur
Abb. 34 Zustand nach Implantation von 7[!] Implantaten imschmalen, zahnlosen Unterkiefer mit intraoperativer Fraktur.Im Bereich des bereits entfernten Implantates ist die Osteo-syntheseplatte zu erkennen.
Abb. 35 und 36 Zustandnach Implantation mit irre-versibler Destruktion desNervus alveolaris inferior
Abb. 37 Schleimhautdehiszens Regio 42 bis 32 bei Zustandnach Implantation und gleichzeitiger Augmentation
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SchleimhautperforationenSchleimhautperforationen fin-den sich bei augmentativenMaßnahmen nicht selten nachEinsatz von Membranen. ImFalle resorbierbarer Membra-nen können die freiliegendenMembranteile eingekürzt unddie Patienten zur vorsichtigenReinigung der Bezirke ange-wiesen werden. Bei expo-nierten Anteilen nicht resor-bierbarer Membranen solltegrundsätzlich die gesamteMembran entfernt werden,
um eine aszendierende bak-terielle Kontamination ent-lang der Membran zu verhin-dern (Abb. 38 und 39).
Periimplantäre InfektionenAkute periimplantäre Osteo-lysen, die nicht selten mit star-ken postoperativen Schmer-zen verbunden sind, stellenhäufig die Folge einer trau-matischen Präparation des Im-plantatbettes (mangelndeKühlung beim Bohren oderEinbringen des Implantatesmit einem zu hohen Drehmo-ment > 40 N/cm) dar. Die Ent-scheidung zur Explantationfällt sicherlich nicht leicht, soll-te aber immer dann erfolgen,wenn trotz eingeleiteter Anti-biose auch nach mehreren Ta-gen keine Besserung der Be-schwerden erfolgt (Abb. 40).Als „Burned Bone Syndrom“stellt sich dagegen eine aku-te Schwellung im Bereich desperiimplantären Knochensmeist erst nach mehreren Wo-
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Abb. 38 und 39Schleimhautdehiszensen mitfreiliegender resorbierbarer
Membran (38) und nicht resorbierbarer Membran (39)
Abb. 40 Unfangreiche periimplantäre Osteolysen Regio 13bis 15
Abb. 41 und 42 Burned Bone Syndrom mit
typischer periapikaler Aufhellung
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chen einer zunächst unauf-fälligen Wundheilung dar; esgeht mit einem typischenRöntgenbefund einer scharfbegrenzten periapikalen Auf-hellung des verantwortlichenImplantates einher (Abb. 41und 42). Auch dieser Befundist Folge einer Überhitzungbei der Insertion des Implan-tates. Wenngleich sich in derLiteratur vereinzelte Fälle fin-den lassen, in denen solcheBefunde nach lateralem Zu-gang analog einer Wurzel-spitzenresektion mit Küretta-
ge des periimplantären Gra-nulationsgewebes ausheilten,wird doch empfohlen, diese inden seltensten Fällen os-seointegrierten Implantate zuentfernen. Eine Nachimplan-tation sollte erst nach Reossi-fikation des Defektes erfol-gen.
Lockerungen und Frakturenvon prothetischen Aufbautei-len und Implantatfrakturen Ursachen von Frakturen vonprothetischen Aufbauteilen(Abb. 44 und 45) bis hin zuImplantatfrakturen (Abb. 46und 47) finden sich sowohl inPassungenauigkeiten der Su-prakonstruktion, ungünstigerokklusaler Belastung beiParafunktionen des Patienten,als auch in systembedingtenSchwächen der prothetischenAnschlüsse.Bei wiederholten Lockerun-gen oder Brüchen von Ok-klusalschrauben sollten Pass-
genauigkeit, Lagestabilitätund Okklusion der Supra-struktur überprüft werden. Implantatfrakturen treten alsErmüdungsfrakturen meisterst nach längerer Zeit auf.Die Therapie besteht im Re-gelfall in der Entfernung derfrakturierten Fragmente. Ineinigen Fällen kann, um wei-tere Knochendefekte zu ver-meiden oder im Falle gefähr-deter anatomischer Nachbar-strukturen (Nervus alveolarisinferior), auch über eine Be-lassung des apikalen Frag-
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Abb. 43 Zunächst unauffälliger Röntgen-befund direkt postoperativ
Abb. 44 und 45 Fraktur sogenannter intramobilerElemente, prothetischeAufbauteile des IMZ Im-plantatsystems (Fa. Friadent)
Abb. 48 und 49 Zu geringer interimplantärerAbstand mit entsprechenderästhetischer Konsequenz
Abb. 46 und 47Ermüdungsfraktur einesBranemark-Implantates
(Fa. Nobel Biocare)
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mentes nachgedacht werden.Ästhetische MisserfolgeDie meisten ästhetischenMisserfolge sind auf Pla-nungsfehler zurückzuführen,die sich meist in Fehlpositio-nierungen der Implantate dar-stellen (Abb. 48 bis 51). Einekonsequente präoperative
Modellanalyse mit Vermes-sung der notwendigen Ab-stände (Zahn – Implantat bzw.Implantat – Implantat) undBeachtung der biologischenBreite sind die wichtigstenVoraussetzungen, um die Ri-siken zu mindern. Auch hierkann wieder nur eindringlich
auf die Anfertigung einer ent-sprechenden Bohrschablonehingewiesen werden. Nach der Entfernung paro-dontal vorgeschädigter Zäh-ne beziehungsweise nach vor-hergegangenen Wurzelspit-zenresektionen finden sich imBereich der Lücken häufig
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Abb. 50 und 51 Zu hoch liegende Implantatschulter einesITI Implantates (Fa. Straumann) mit entsprechender ästheti-scher Konsequenz
Abb. 52 bis 54Knochenblocktransplantataus der Kinnregion
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ausgedehnte Knochendefektein vertikaler und horizontalerDimension, so dass eine Im-plantation ohne vorherigesKnochentransplantat (Abb. 52bis 57) meist auf eine „ästhe-tische Katastrophe“ hinaus-läuft (Abb. 58 und 59). Auch bei perfekter Einhei-lung eines Knochenblock-transplantates ist eine exakteVorhersagbarkeit für einezukünftig gute „Rote Ästhe-tik“ ausgeschlossen. Die op-timale Ausformung einer Pa-pille wird allein durch die un-terstützenden interdentalenKnochensepten determiniert
(Abb. 60), und die Wieder-herstellung des ursprüngli-chen anatomischen Befundesdieser Septen ist so gut wie niemöglich. Wenngleich von vie-len Referenten Behandlungs-fälle mit perfekten Ergebnis-sen demonstriert werden, beidenen solche Augmentationengar in Kombination mit Kno-chentransplantaten, Osteo-syntheseschrauben, Knochen-ersatzmaterialien, Membra-nen, Fixationsnägeln undzusätzlichen Bindegewebs-
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Abb. 58 und 59 Ohne Kommentar
Abb. 55 bis 57Knochenblock-transplantat aus der Kinnregion
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transplantaten erfolgen, erhöhtsich das Risiko einer Dehiszensmit Infektion gerade in derSummation des Augmentates(Abb. 61 und 62).
Die letzten Fälle (Abb. 63 bis70) sollen demonstrieren, dassgerade das kritiklose Über-schreiten von Indikations-grenzen zu problematischenGegebenheiten führt. EinGroßteil möglicher Kompli-kationen lässt sich von vorn-herein ausschließen, wennman als Behandler berück-sichtigt, dass das Überschrei-
ten bestimmter Grenzen nichtimmer nötig ist – nicht allesMachbare ist schließlich auchunbedingt sinnvoll. n
DanksagungUnser Dank gilt Prof. Dr. Dr.Rolf Singer, Prof. Dr. Dr. Hu-bertus Spiekermann, Prof. Dr.Dr. Volker Strunz und Prof. Dr.Murat Yildirim für die Über-lassung wichtigen Bildmate-rials.
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Abb. 63 und 64 Zustand nach gefäßgestieltem
Beckenkammtransplantat von der dor-salen Beckenkammschaufel. Nach ein-
jähriger LeidensgeschichteTotalverlust des gesamten
Transplantates. Zuletzt Versorgungmit vier interforaminalen Implantaten
in bereits vor der aufwändigenAugmentation hierfür vorhandenem
ausreichendem Knochen.
Abb. 61 und 62Umfangreiche Dehiszensenbei Zustand nach aufwändi-gen Augmentationen mitTransplantatverlust
Abb. 60 Interdentale Knochensepten
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Abb. 65 bis 68 (linke Spalte) und 69 und70 (rechte Spalte) Distraktionsosteogenese im zahnlosenUnterkiefer mit anschließenderVersorgung mit 4 interforaminalenImplantaten. In der Folgezeit Verlustaller Implantate und nahezu des gesam-ten augmentierten Knochens. Schon vorder Distraktion wäre sowohl in vertikalerwie horizontaler Dimension ein ausrei-chendes Knochenangebot für dieInsertion von 4 Implantaten vorhandengewesen. (Vergleiche die prä- und post-operativen Röntgenbilder Abb. 65 und70).
Korrespondenzadresse:Dr. Dr. Martin Bonsmann Königsallee 6840212 Düsseldorf
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