Landau • 19.05.2016 • 1Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Grundvorstellungenzur Integral- und Differentialrechnung
Prof. Dr. Jürgen Roth
Landau • 19.05.2016 • 2Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Inhalt
Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
1 Grundvorstellungen
2 Ableitungsbegriff Ableitung als Tangentensteigung Ableitung als lokale Änderungsrate Ableitung als lokale lineare Approximation
3 Integralbegriff Integral als Rekonstruktion der Gesamteffekts Integral als Mittelung Integral als orientierter Flächeninhalt
Danckwerts, R.; Vogel, D. (2006): Analysis verständlich unterrichten. Heidelberg: Spektrum Akademischer VerlagBüchter, A.; Henn, H.-W. (2010): Elementare Analysis. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag
Landau • 19.05.2016 • 3Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Inhalt
Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
1 Grundvorstellungen
2 Ableitungsbegriff Ableitung als Tangentensteigung Ableitung als lokale Änderungsrate Ableitung als lokale lineare Approximation
3 Integralbegriff Integral als Rekonstruktion der Gesamteffekts Integral als Mittelung Integral als orientierter Flächeninhalt
Danckwerts, R.; Vogel, D. (2006): Analysis verständlich unterrichten. Heidelberg: Spektrum Akademischer VerlagBüchter, A.; Henn, H.-W. (2010): Elementare Analysis. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag
Landau • 19.05.2016 • 4Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Grundvorstellungen
Grundvorstellungen …
sind tragfähige mentale Modelle für einen Begriff
repräsentieren abstrakte Begriffe anschaulich
stellen Verbindung zwischen abstrakter Mathematik und außer- sowie innermathematischen Anwendungszusammenhängen her
vom Hofe, R.; Hattermann, M. (2014): Zugänge zu negativen Zahlen. mathematik lehren 183, S. 2-7
Landau • 19.05.2016 • 5Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Typen von Grundvorstellungen
Primäre Grundvorstellungen haben ihre Wurzeln in gegenständlichen Handlungserfahrungen
Sekundäre Grundvorstellungenwerden zunehmend mit mathematischen Darstellungsmitteln (Zahlenstrahl, Koordinatensystem, Graph, …) repräsentiert
vom Hofe, R.; Hattermann, M. (2014): Zugänge zu negativen Zahlen. mathematik lehren 183, S. 2-7
+ =
𝑦𝑦
Landau • 19.05.2016 • 6Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Ziele der Ausbildung von Grundvorstellungen
Sinnkonstituierung Anknüpfung an Sachzusammenhänge oder Handlungsvorstellungen
Aufbau visueller RepräsentationenErmöglicht operatives Handeln in der Vorstellung
Fähigkeit zur Anwendung auf die WirklichkeitErkennen der entsprechenden Struktur in Sachzusammenhängen oderModellieren des Sachproblems mit Hilfe der mathematischen Struktur
Landau • 19.05.2016 • 7Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Zuordnung
Landau • 19.05.2016 • 8Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Änderungsverhalten(Kovariation)
Kova
riatio
n
Varia
tion
Variation
Landau • 19.05.2016 • 9Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Zuordnung und Kovariation
Zuordnungsaspekt
Kovariationsaspekt
Wie groß ist Peter mit 15 Jahren?
Welche Aussage über das Wachstum im Alter von 11 Jahren ist richtig?
O Peter wächst schneller als Maria
O Maria wächst schneller als Peter
O Maria und Peter wachsen gleich schnell
Landau • 19.05.2016 • 10Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Grundvorstellungen zu Funktionen
Zuordnungsaspekt Funktionen beschreiben / stiften Zusammenhänge zwischen Größen: Einer Größe wird eine zweite zugeordnet, die abhängig von der ersten ist.
In einem Experiment laufen die Schüler/innen so schnell wie möglich eine Treppe nach oben. Sie messen vorher ihren Ruhepuls und nach dem Lauf in Abständen von 30s ihren aktuellen Puls. So erfassen sie wie einem Zeitpunkt jeweils der aktuelle Puls zugeordnet wird und halten diesen Zusammenhang paarweise in einer Tabelle fest.
Änderungsverhalten/KovariationDurch Funktionen wird deutlich, wie sich die Änderung einer Größe auf eine von ihr abhängige Größe auswirkt.
Wie ändert sich der Puls, wenn er in gleichen Zeitschritten gemessen wird? Ändert er sich auch gleichmäßig, oder zunächst langsamer und dann schneller, oder umgekehrt? Um diese Frage zu beantworten reicht es nicht mehr einzelne Wertepaare zu betrachten. Hier müssen jeweils mehrere benachbarte Werte zueinander in Beziehung gesetzt werden.
Roth, J. (2014): Experimentieren mit realen Objekten, Videos und Simulationen – Ein schülerzentrierter Zugang zum Funktionsbegriff. Der Mathematikunterricht 60(6), S. 37-43
Landau • 19.05.2016 • 11Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Grundvorstellungen zu Funktionen
Zuordnungsaspekt
Änderungsverhalten/Kovariation
Sicht als Ganzes Mit Funktionen sieht man einen Zusammenhang als etwas Ganzes. Man betrachtet nicht mehr einzelnen Wertepaare sondern die Menge aller Wertepaare.
Zum Erfassen des funktionalen Zusammenhangs zwischen der verstreichenden Zeit und der Pulsfrequenz des Läufers nach einem Treppenlauf muss man systematisch Daten aufnehmen, in einer Tabelle festhalten und anschließend in einen Graph umsetzen. Erst auf dieser Basis können der funktionale Zusammenhang zwischen Zeit und Puls eines Läufers als Ganzes betrachtet und anhand der Verläufe der Graphen für verschiedene Läufer verglichen werden – auch im Hinblick auf deren jeweilige Fitness.
Roth, J. (2014): Experimentieren mit realen Objekten, Videos und Simulationen – Ein schülerzentrierter Zugang zum Funktionsbegriff. Der Mathematikunterricht 60(6), S. 37-43
Landau • 19.05.2016 • 12Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Inhalt
Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
1 Grundvorstellungen
2 Ableitungsbegriff Ableitung als Tangentensteigung Ableitung als lokale Änderungsrate Ableitung als lokale lineare Approximation
3 Integralbegriff Integral als Rekonstruktion der Gesamteffekts Integral als Mittelung Integral als orientierter Flächeninhalt
Danckwerts, R.; Vogel, D. (2006): Analysis verständlich unterrichten. Heidelberg: Spektrum Akademischer VerlagBüchter, A.; Henn, H.-W. (2010): Elementare Analysis. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag
Landau • 19.05.2016 • 13Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Ableitung als Tangentensteigung
Beispiel: 𝑓𝑓:ℝ → ℝ0+, 𝑥𝑥 ↦ 𝑥𝑥2
𝑃𝑃 1,1 ;𝑄𝑄 𝑥𝑥, 𝑓𝑓 𝑥𝑥Sekantensteigung:
Tangentensteigung:
𝑓𝑓 𝑥𝑥 − 1𝑥𝑥 − 1 =
𝑥𝑥 + 1 ⋅ (𝑥𝑥 − 1)𝑥𝑥 − 1=
𝑥𝑥2 − 1𝑥𝑥 − 1
= 𝑥𝑥 + 1
𝑥𝑥 ≠ 1
lim𝑥𝑥→1
𝑓𝑓 𝑥𝑥 − 1𝑥𝑥 − 1 = lim
𝑥𝑥→1
𝑥𝑥2 − 1𝑥𝑥 − 1 = lim
𝑥𝑥→1(𝑥𝑥 + 1) = 2
Die Tangentensteigung kommt der Zahl 𝟐𝟐 beliebig nahe, wenn
𝒙𝒙 gegen 𝒙𝒙𝟎𝟎 = 𝟏𝟏 strebt.
Landau • 19.05.2016 • 14Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Zeitintervall [𝒙𝒙,𝒙𝒙𝟎𝟎] Mittlere Geschw. 𝒇𝒇 𝒙𝒙𝟎𝟎 −𝒇𝒇(𝒙𝒙)𝒙𝒙𝟎𝟎−𝒙𝒙
im Zeitintervall [𝒙𝒙,𝒙𝒙𝟎𝟎]
[0 s; 1 s] 12 m− 02 m1 s −0 s
= 1ms
[0,9 s; 1 s] 12 m− 0,92 m1 s −0,9 s
= 1,9ms
[0,99 s; 1 s] 12 m− 0,992 m1 s −0,99 s
= 1,99 ms
[0,999 s; 1 s] 12 m− 0,9992 m1 s −0,999 s
= 1,999 ms
Formale Darstellung Inhaltliche Erläuterung𝑓𝑓 𝑥𝑥0 Zum Zeitpunkt 𝑥𝑥0 zurückgelegter Weg.
𝑓𝑓 𝑥𝑥 − 𝑓𝑓 𝑥𝑥0 In der Zeit von 𝑥𝑥0 bis 𝑥𝑥 zurückgelegter Weg.
𝑓𝑓 𝑥𝑥 − 𝑓𝑓 𝑥𝑥0𝑥𝑥 − 𝑥𝑥0
In der Zeit von 𝑥𝑥0 bis 𝑥𝑥 zurückgelegter Weg bezogen auf die Zeitspanne 𝑥𝑥 − 𝑥𝑥0.
(Durchschnittsgeschwindigkeit im Zeitintervall [𝑥𝑥0, 𝑥𝑥])
𝑓𝑓𝑓 𝑥𝑥0 = lim𝑥𝑥→𝑥𝑥0
𝑓𝑓 𝑥𝑥 − 𝑓𝑓 𝑥𝑥0𝑥𝑥 − 𝑥𝑥0
Momentane Geschwindigkeit zum Zeitpunkt 𝑥𝑥0.
Ableitung als lokale Änderungsrate
𝑓𝑓 𝑥𝑥= 1 m
s2 ⋅ 𝑥𝑥2
Formale Darstellung Inhaltliche Erläuterung𝑓𝑓 𝑥𝑥0 Zum Zeitpunkt 𝑥𝑥0 zurückgelegter Weg.
𝑓𝑓 𝑥𝑥 − 𝑓𝑓 𝑥𝑥0 In der Zeit von 𝑥𝑥0 bis 𝑥𝑥 zurückgelegter Weg.
𝑓𝑓 𝑥𝑥 − 𝑓𝑓 𝑥𝑥0𝑥𝑥 − 𝑥𝑥0
In der Zeit von 𝑥𝑥0 bis 𝑥𝑥 zurückgelegter Weg bezogen auf die Zeitspanne 𝑥𝑥 − 𝑥𝑥0.
(Durchschnittsgeschwindigkeit im Zeitintervall [𝑥𝑥0, 𝑥𝑥])
𝑓𝑓𝑓 𝑥𝑥0 = lim𝑥𝑥→𝑥𝑥0
𝑓𝑓 𝑥𝑥 − 𝑓𝑓 𝑥𝑥0𝑥𝑥 − 𝑥𝑥0
Momentane Geschwindigkeit zum Zeitpunkt 𝑥𝑥0.
Zeitintervall [𝒙𝒙,𝒙𝒙𝟎𝟎] Mittlere Geschw. 𝒇𝒇 𝒙𝒙𝟎𝟎 −𝒇𝒇(𝒙𝒙)𝒙𝒙𝟎𝟎−𝒙𝒙
im Zeitintervall [𝒙𝒙,𝒙𝒙𝟎𝟎]
[0 s; 1 s] 12 m− 02 m1 s −0 s
= 1ms
[0,9 s; 1 s] 12 m− 0,92 m1 s −0,9 s
= 1,9ms
[0,99 s; 1 s] 12 m− 0,992 m1 s −0,99 s
= 1,99 ms
[0,999 s; 1 s] 12 m− 0,9992 m1 s −0,999 s
= 1,999 ms
Landau • 19.05.2016 • 15Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Beschrei-bungsebene Schritt 1 Schritt 2 Schritt 3 Schritt 4
formal 𝑓𝑓 𝑥𝑥0 𝑓𝑓 𝑥𝑥 − 𝑓𝑓 𝑥𝑥0𝑓𝑓 𝑥𝑥 − 𝑓𝑓 𝑥𝑥0
𝑥𝑥 − 𝑥𝑥0
𝑓𝑓′ 𝑥𝑥0= lim
𝑥𝑥→𝑥𝑥0
𝑓𝑓 𝑥𝑥 − 𝑓𝑓 𝑥𝑥0𝑥𝑥 − 𝑥𝑥0
inhaltlichBestand
zum Zeitpunkt 𝑥𝑥0
absoluterZuwachs in der Zeit
von 𝑥𝑥0 bis 𝑥𝑥
relativerZuwachs
im Zeitinter-vall [𝑥𝑥0, 𝑥𝑥](mittlere
Änderungs-rate)
momentane (lokale)
Änderungsratezum Zeitpunkt 𝑥𝑥0
termino-logisch
Funktions-wert
Differenz der Funktions-
werte
Differenzen-quotient Ableitung
Ableitung als lokale Änderungsrate
algebraisch
Beschrei-bungsebene Schritt 1 Schritt 2 Schritt 3 Schritt 4
formal 𝑓𝑓 𝑥𝑥0 𝑓𝑓 𝑥𝑥 − 𝑓𝑓 𝑥𝑥0𝑓𝑓 𝑥𝑥 − 𝑓𝑓 𝑥𝑥0
𝑥𝑥 − 𝑥𝑥0
𝑓𝑓′ 𝑥𝑥0= lim
𝑥𝑥→𝑥𝑥0
𝑓𝑓 𝑥𝑥 − 𝑓𝑓 𝑥𝑥0𝑥𝑥 − 𝑥𝑥0
inhaltlichBestand
zum Zeitpunkt 𝑥𝑥0
absoluterZuwachs in der Zeit
von 𝑥𝑥0 bis 𝑥𝑥
relativerZuwachs
im Zeitinter-vall [𝑥𝑥0, 𝑥𝑥](mittlere
Änderungs-rate)
momentane (lokale)
Änderungsratezum Zeitpunkt 𝑥𝑥0
termino-logisch
Funktions-wert
Differenz der Funktions-
werte
Differenzen-quotient Ableitung
analytisch
Landau • 19.05.2016 • 16Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Ableitung als lokale lineare Approximation
Parabel mit Tangente im Punkt 𝑃𝑃(1,1)
Danckwerts/Vogel (2006): Analysis verständlich unterrichten. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, S. 68-91
www.funktionenlupe.de • http://tube.geogebra.org/student/b411373
Landau • 19.05.2016 • 17Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Ableitung als lokale lineare Approximation
Parabel mit Tangente im Punkt 𝑃𝑃(1,1)
Danckwerts/Vogel (2006): Analysis verständlich unterrichten. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, S. 68-91
www.funktionenlupe.de • http://tube.geogebra.org/student/b411373
Landau • 19.05.2016 • 18Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Inhalt
Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
1 Grundvorstellungen
2 Ableitungsbegriff Ableitung als Tangentensteigung Ableitung als lokale Änderungsrate Ableitung als lokale lineare Approximation
3 Integralbegriff Integral als Rekonstruktion der Gesamteffekts Integral als Mittelung Integral als orientierter Flächeninhalt
Danckwerts, R.; Vogel, D. (2006): Analysis verständlich unterrichten. Heidelberg: Spektrum Akademischer VerlagBüchter, A.; Henn, H.-W. (2010): Elementare Analysis. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag
Landau • 19.05.2016 • 19Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
TIMSS-Aufgabe
𝑺𝑺𝟏𝟏 ist der Inhalt der Fläche, die vom Graphen 𝑮𝑮𝒇𝒇 der Funktion 𝒇𝒇, von der 𝑥𝑥-Achse und der Geraden 𝑥𝑥 = 𝒂𝒂 eingeschlossen wird.
𝑺𝑺𝟐𝟐 ist der Inhalt der Fläche, die vom Graphen 𝑮𝑮𝒇𝒇 der Funktion 𝒇𝒇,von der 𝑥𝑥-Achse und der Geraden 𝑥𝑥 = 𝒃𝒃 eingeschlossen wird.
Es ist 𝒂𝒂 < 𝒃𝒃 und 0 < 𝑺𝑺𝟐𝟐 < 𝑺𝑺𝟏𝟏.
Der Wert des Integrals ∫𝒂𝒂𝒃𝒃 𝒇𝒇 𝑥𝑥 𝑑𝑑𝑥𝑥 ist dann:
a) 𝑺𝑺𝟏𝟏 + 𝑺𝑺𝟐𝟐b) 𝑺𝑺𝟏𝟏 − 𝑺𝑺𝟐𝟐c) 𝑺𝑺𝟐𝟐 − 𝑺𝑺𝟏𝟏d) 𝑺𝑺𝟏𝟏 − 𝑺𝑺𝟐𝟐
e) 12⋅ 𝑺𝑺𝟏𝟏 + 𝑺𝑺𝟐𝟐
Landau • 19.05.2016 • 20Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Wert des Integrals
Landau • 19.05.2016 • 21Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Differenzieren und Integrieren sind Umkehroperationen
𝑔𝑔 𝑔𝑔𝑓 𝐼𝐼𝑎𝑎 = 𝑔𝑔
Übergang zur lokalen Änderungsrate
Differenzieren
Übergang zur Integralfunktion
Integrieren(„Rekonstruieren“)
𝑓𝑓 𝐼𝐼𝑎𝑎 𝐼𝐼𝑎𝑎′ = 𝑓𝑓
Übergang zur Integralfunktion
Integrieren(„Rekonstruieren“)
Übergang zur lokalen Änderungsrate
Differenzieren
Landau • 19.05.2016 • 22Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Inhalt
Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
1 Grundvorstellungen
2 Ableitungsbegriff Ableitung als Tangentensteigung Ableitung als lokale Änderungsrate Ableitung als lokale lineare Approximation
3 Integralbegriff Integral als Rekonstruktion der Gesamteffekts Integral als Mittelung Integral als orientierter Flächeninhalt
Danckwerts, R.; Vogel, D. (2006): Analysis verständlich unterrichten. Heidelberg: Spektrum Akademischer VerlagBüchter, A.; Henn, H.-W. (2010): Elementare Analysis. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag
Landau • 19.05.2016 • 23Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Integrieren als Rekonstruieren
BadewannenbeispielIn eine leere Badewanne wird 1 Minute lang Wasser eingelassen, dann die Wasserzufuhr gestoppt und gleichzeitig der Abfluss geöffnet. Nach weiteren 1,5 Minuten wird der Abfluss wieder geschlossen.Wie lässt sich aus der Zuflussgeschwindigkeit auf die Wassermenge 𝑉𝑉 in der Wanne zum Zeitpunkt 𝑡𝑡 schließen?
Landau • 19.05.2016 • 24Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Integrieren als Rekonstruieren
BadewannenbeispielZuflussphase10 Liter
min ⋅ 𝑡𝑡 min = 10 ⋅ 𝑡𝑡 LiterAlso: 𝑉𝑉 𝑡𝑡 = 10 ⋅ 𝑡𝑡 für 0 ≤ 𝑡𝑡 ≤ 1Nach einer Minute sind 10 Liter
min ⋅ 1 min = 10 Literin der Wanne.
10 ⋅ 𝑡𝑡 und 5 ⋅ 𝑡𝑡 − 1 sind Rechteckinhalte. 𝑉𝑉 𝑡𝑡 ist die Summe vorzeichenbehafteter Rechteckinhalte, also ein orientierter Flächeninhalt.
Abflussphase10 − 5 ⋅ 𝑡𝑡 − 1 Liter𝑉𝑉 𝑡𝑡 = 10 − 5 ⋅ 𝑡𝑡 − 1 für 1 < 𝑡𝑡 ≤ 2,5Nach zweieinhalb Minuten sind also 10 − 5 ⋅ 2,5 − 1 Liter = 2,5 Literin der Wanne.
𝑉𝑉 𝑡𝑡 = �10 ⋅ 𝑡𝑡 für 0 ≤ 𝑡𝑡 ≤ 110 − 5 ⋅ (𝑡𝑡 − 1) für 1 < 𝑡𝑡 ≤ 2,52,5 für 𝑡𝑡 > 2,5
Landau • 19.05.2016 • 25Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Integrieren als Rekonstruieren
𝑉𝑉 𝑡𝑡 = �10 ⋅ 𝑡𝑡 für 0 ≤ 𝑡𝑡 ≤ 110 − 5 ⋅ (𝑡𝑡 − 1) für 1 < 𝑡𝑡 ≤ 2,52,5 für 𝑡𝑡 > 2,5
Landau • 19.05.2016 • 26Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Integrieren als Rekonstruieren
𝑉𝑉 𝑡𝑡 =
12 ⋅ 𝑡𝑡 ⋅ 10𝑡𝑡 für 0 ≤ 𝑡𝑡 ≤ 112 ⋅ 10 − 5 ⋅ (𝑡𝑡 − 1) für 𝑡𝑡 > 1
Landau • 19.05.2016 • 27Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Integrieren als Rekonstruieren
RückblickAus der Zuflussgeschwindigkeit des Wasser zu jedem Zeitpunkt wurde die Wassermenge 𝑉𝑉(𝑡𝑡)zu jedem Zeitpunkt rekonstruiert.Die Zuflussgeschwindigkeit ist die Ableitung 𝑉𝑉𝑓(𝑡𝑡)(momentane Änderungsrate der Wassermenge in der Wanne).Aus der Änderungsrate 𝑉𝑉𝑓 wurde die Funktion 𝑉𝑉wiederhergestellt. [wiederherstellen = integrare (lat.)]
Vorteile des BeispielsFokussiert auf das Grundverständnis Integrieren als Rekonstruieren.Unterstützt die VorstellungIntegral als orientierter Flächeninhalt.
Landau • 19.05.2016 • 28Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Nichtlinearer Zufluss
Zuflussgeschwindigkeit 𝑉𝑉𝑓(𝑡𝑡) in Liter/Minute
Zeit 𝑡𝑡in Minuten
𝑡𝑡
Landau • 19.05.2016 • 29Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Nichtlinearer Zufluss
IdeeDie Zuflussgeschwindigkeit 𝑉𝑉𝑓 ist in genügend kleinen Zeitintervallen 𝑡𝑡, 𝑡𝑡 + Δ𝑡𝑡 nahezu konstant.
In jedem Zeitintervall 𝑡𝑡, 𝑡𝑡 + Δ𝑡𝑡gilt also 𝑉𝑉′ ≈ 𝑐𝑐𝑐𝑐𝑐𝑐𝑐𝑐𝑡𝑡.
Was trägt 𝑉𝑉𝑓 im Zeitintervall 𝑡𝑡, 𝑡𝑡 + Δ𝑡𝑡zum Gesamteffekt bei?
Da 𝑉𝑉𝑓 die momentane Änderungsrate von 𝑉𝑉 ist, gilt für kleine Δ𝑡𝑡 in guter Näherung
𝑉𝑉′ 𝑡𝑡 ≈ Δ𝑉𝑉Δ𝑡𝑡
also Δ𝑉𝑉 ≈ 𝑉𝑉′ 𝑡𝑡 ⋅ Δ𝑡𝑡.
Dies ist der Zuwachs der Wassermenge im Zeitintervall Δ𝑡𝑡, geometrisch zu deuten als kleiner (orientierter) Rechteckinhalt.
𝑉𝑉𝑓
Δ𝑡𝑡𝑡𝑡
𝑉𝑉𝑓
𝑡𝑡
Landau • 19.05.2016 • 30Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Nichtlinearer Zufluss
Zur Rekonstruktion der Wassermenge zum Zeitpunkt 𝑡𝑡Zuwächse längs aller Teilintervalle aufzusummieren, in die das Intervall [0, 𝑡𝑡] zerlegt wurde.
Geometrische Deutung Der rekonstruierte Wert 𝑉𝑉(𝑡𝑡)ist die Summe aller kleinen (orientierten) Rechteckinhalte.Diese unterscheidet sich bei genügend kleiner Streifenbreite Δ𝑡𝑡beliebig wenig von dem (orientierten) Inhalt der Fläche unter 𝑉𝑉𝑓.
GrundverständnisIntegrieren als Rekonstruieren stützt sich auf die Vorstellungen vom Kumulieren und vom Gesamteffekt.
𝑉𝑉𝑓
𝑡𝑡
𝑉𝑉𝑓𝑉𝑉𝑓
𝑡𝑡
Landau • 19.05.2016 • 31Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Integralfunktion
+
−−+
𝒂𝒂
𝒙𝒙 𝒃𝒃
𝒇𝒇
BemerkungFür den Übergang zum orientierten Flächeninhalt muss die berandendeFunktion nicht die Ableitung einer anderen Funktion sein.
DefinitionZu einer Berandung 𝑓𝑓: 𝑎𝑎, 𝑏𝑏 → ℝ gehört die Integralfunktion 𝑰𝑰𝒂𝒂, die jedem 𝑥𝑥 ∈ [𝑎𝑎, 𝑏𝑏] den orientierten Inhalt der Flächen zuordnet, die 𝑓𝑓 mit der 𝑥𝑥-Achse zwischen 𝑎𝑎 und 𝑥𝑥 einschließt.Die Funktionswerte der Integralfunktion heißen Integrale.
𝑰𝑰𝒂𝒂 𝒙𝒙 ≔ (Summe der Inhalte aller oberhalb der 𝑥𝑥-Achse gelegenen Flächenstücke zwischen 𝑎𝑎 und 𝑥𝑥) − (Summe der Inhalte aller unterhalb der 𝑥𝑥-Achse gelegenen Flächenstücke zwischen 𝑎𝑎 und 𝑥𝑥)
Landau • 19.05.2016 • 32Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Auf dem Weg zum Hauptsatz
BehauptungDie Ableitung der Integralfunktion ist die Berandungsfunktion.
BegründungDer absolute Zuwachs von 𝐼𝐼𝑎𝑎, das Flächenstück 𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥 + ℎ − 𝐼𝐼𝑎𝑎(𝑥𝑥), lässt sich durch Rechteckflächen abschätzen:
𝑓𝑓 𝑥𝑥 ⋅ ℎ ≤ 𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥 + ℎ − 𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥 ≤ 𝑓𝑓 𝑥𝑥 + ℎ ⋅ ℎ
Für den relativen Zuwachs von 𝐼𝐼𝑎𝑎 (mittl. Änderungsrate Δ𝐼𝐼𝑎𝑎ℎ
) folgt:
𝑓𝑓 𝑥𝑥 ≤ 𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥+ℎ −𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥ℎ
≤ 𝑓𝑓 𝑥𝑥 + ℎ (*)
Wenn 𝑓𝑓(𝑥𝑥 + ℎ) für ℎ → 0 gegen 𝑓𝑓(𝑥𝑥) strebt (d. h. 𝑓𝑓 stetig in 𝑥𝑥 ist), folgt aus (*):
𝑓𝑓 𝑥𝑥 ≤ limℎ→0
𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥+ℎ −𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥ℎ
≤ 𝑓𝑓 𝑥𝑥
𝑎𝑎 𝑥𝑥 𝑥𝑥 + ℎ
𝑓𝑓
𝑎𝑎 𝑥𝑥 𝑥𝑥 + ℎ
𝑓𝑓
𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥 + ℎ − 𝐼𝐼𝑎𝑎(𝑥𝑥)
| ∶ ℎ
⇒ 𝐼𝐼𝑎𝑎′ 𝑥𝑥 = 𝑓𝑓 𝑥𝑥
Landau • 19.05.2016 • 33Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Genauer: Auf dem Weg zum Hauptsatz
BehauptungDie Ableitung der Integralfunktion ist die Berandungsfunktion.
BegründungDer absolute Zuwachs von 𝐼𝐼𝑎𝑎, das Flächenstück 𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥 + ℎ − 𝐼𝐼𝑎𝑎(𝑥𝑥), lässt sich durch Rechteckflächen abschätzen:
min 𝑓𝑓 𝑥𝑥 , 𝑓𝑓 𝑥𝑥 + ℎ ⋅ ℎ ≤ 𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥 + ℎ − 𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥 ≤ max 𝑓𝑓 𝑥𝑥 , 𝑓𝑓 𝑥𝑥 + ℎ ⋅ ℎ
Für den relativen Zuwachs von 𝐼𝐼𝑎𝑎 (mittl. Änderungsrate Δ𝐼𝐼𝑎𝑎ℎ
) folgt:
min 𝑓𝑓 𝑥𝑥 , 𝑓𝑓 𝑥𝑥 + ℎ ≤ 𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥+ℎ −𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥ℎ
≤ max 𝑓𝑓 𝑥𝑥 , 𝑓𝑓 𝑥𝑥 + ℎ (*)
Wenn 𝑓𝑓(𝑥𝑥 + ℎ) für ℎ → 0 gegen 𝑓𝑓(𝑥𝑥) strebt (d. h. 𝑓𝑓 stetig in 𝑥𝑥 ist), folgt aus (*):
𝑓𝑓 𝑥𝑥 ≤ limℎ→0
𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥+ℎ −𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥ℎ
≤ 𝑓𝑓 𝑥𝑥
𝑎𝑎 𝑥𝑥 𝑥𝑥 + ℎ
𝑓𝑓
𝑎𝑎 𝑥𝑥 𝑥𝑥 + ℎ
𝑓𝑓
𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥 + ℎ − 𝐼𝐼𝑎𝑎(𝑥𝑥)
⇒ 𝐼𝐼𝑎𝑎′ 𝑥𝑥 = 𝑓𝑓 𝑥𝑥
Landau • 19.05.2016 • 34Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Hauptsatz der Differential-und Integralrechnung (HDI)
VorstellungWenn man die von 𝑓𝑓 berandete Fläche mit Farbe streicht und dabei gleichmäßig von 𝑎𝑎 nach rechts läuft, dann ist der Verbrauch an Farbe proportional zum Funktionswert von 𝑓𝑓 an der Stelle, an der man sich gerade befindet.
Hauptsatz der Differential- und IntegralrechnungIst 𝑓𝑓: 𝑎𝑎, 𝑏𝑏 → ℝ in 𝑥𝑥 ∈ [𝑎𝑎, 𝑏𝑏] stetig, dann ist die Integralfunktion 𝐼𝐼𝑎𝑎dort differenzierbar und es gilt:
𝐼𝐼𝑎𝑎′ 𝑥𝑥 = 𝑓𝑓(𝑥𝑥)Kurz: Die Integralfunktion ist eine Stammfunktion
der Berandungsfunktion.
𝑎𝑎 𝑥𝑥
𝒇𝒇
Landau • 19.05.2016 • 35Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Hauptsatz der Differential-und Integralrechnung (HDI)
BemerkungDie Formulierung des HDI auf der letzten Folie kann nur voll durchschaut werden, wenn Stetigkeit, Differenzierbarkeit und Integrierbarkeit als analytisch definierte Begriffe verfügbar sind.Dies wird im Analysisunterricht der Oberstufe nicht erreicht.Die schulische Bedeutung des HDI liegt darin, dass er ein Instrument zur Berechnung von Integralen zur Verfügung stellt.
Hauptsatz der Differential- und IntegralrechnungIntegralfunktionen zu einer Funktion 𝑓𝑓 lassen sich finden, wenn man irgendeine Stammfunktion 𝐹𝐹 von 𝑓𝑓 sucht und die Differenz
𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥 = 𝐹𝐹 𝑥𝑥 − 𝐹𝐹 𝑎𝑎 mit 𝑥𝑥 ∈ 𝑎𝑎, 𝑏𝑏berechnet.
Landau • 19.05.2016 • 36Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Differenzieren und Integrieren sind Umkehroperationen
𝑔𝑔 𝑔𝑔𝑓 𝐼𝐼𝑎𝑎 = 𝑔𝑔
Übergang zur lokalen Änderungsrate
Differenzieren
Übergang zur Integralfunktion
Integrieren(„Rekonstruieren“)
𝑓𝑓 𝐼𝐼𝑎𝑎 𝐼𝐼𝑎𝑎′ = 𝑓𝑓
Übergang zur Integralfunktion
Integrieren(„Rekonstruieren“)
Übergang zur lokalen Änderungsrate
Differenzieren
Landau • 19.05.2016 • 37Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Wasserhahn-Appletshttp://www.geogebra.org/m/M5tkJrUV#
Landau • 19.05.2016 • 38Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Inhalt
Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
1 Grundvorstellungen
2 Ableitungsbegriff Ableitung als Tangentensteigung Ableitung als lokale Änderungsrate Ableitung als lokale lineare Approximation
3 Integralbegriff Integral als Rekonstruktion der Gesamteffekts Integral als Mittelung Integral als orientierter Flächeninhalt
Danckwerts, R.; Vogel, D. (2006): Analysis verständlich unterrichten. Heidelberg: Spektrum Akademischer VerlagBüchter, A.; Henn, H.-W. (2010): Elementare Analysis. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag
Landau • 19.05.2016 • 39Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
𝑓𝑓
𝑎𝑎 𝑥𝑥0 𝑏𝑏
𝑓𝑓(𝑥𝑥0)
Mittelwertbildung bei linearen Funktionen
GesuchtMittelwert einer linearenFunktion in einem Intervall [𝑎𝑎, 𝑏𝑏].
Der Mittelwert 𝑓𝑓 𝑥𝑥0 wird in der Mitte des Intervalls angenommen.
Mittleren Funktionswert nutzen, um den Flächeninhalt 𝐼𝐼𝑎𝑎(𝑏𝑏) unter dem Graph von 𝑓𝑓 als Rechteck zu realisieren.
Damit gilt:𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑏𝑏 = 𝑏𝑏 − 𝑎𝑎 ⋅ 𝑓𝑓 𝑥𝑥0
Für den Mittelwert 𝑓𝑓 𝑥𝑥0 folgt:
𝑓𝑓 𝑥𝑥0 = 1𝑏𝑏−𝑎𝑎
⋅ 𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑏𝑏
𝑥𝑥
𝑦𝑦
Landau • 19.05.2016 • 40Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Mittelwertbildung einer Messreihe
Gesucht: Mittelwert einer Messreihe aus 𝑐𝑐 Messwerten 𝑦𝑦1,𝑦𝑦2, … , 𝑦𝑦𝑛𝑛 zu äquidistanten Zeitpunkten 𝑥𝑥1, 𝑥𝑥2, … , 𝑥𝑥𝑛𝑛.
Ergebnis: Der gesuchte Mittelwert �𝑦𝑦 ist das arithmetische Mittel der Messwerte 𝑦𝑦1, 𝑦𝑦2, … ,𝑦𝑦𝑛𝑛
�𝑦𝑦 =1𝑐𝑐 ⋅ 𝑦𝑦1 + ⋯+ 𝑦𝑦𝑛𝑛 =
1𝑐𝑐 ⋅�
𝑖𝑖=1
𝑛𝑛
𝑦𝑦𝑖𝑖 .
Messwerte als diskrete Realisierung eines stetigen Funktionsverlaufs 𝑓𝑓.
Algebraische Umformung der arithmetischen Mittels liefert:
�𝑦𝑦 =1𝑐𝑐 ⋅�
𝑖𝑖=1
𝑛𝑛
𝑦𝑦𝑖𝑖
=1
𝑏𝑏 − 𝑎𝑎 ⋅�𝑖𝑖=1
𝑛𝑛
𝑓𝑓 𝑥𝑥𝑖𝑖 ⋅𝑏𝑏 − 𝑎𝑎𝑐𝑐
=1𝑐𝑐 ⋅�
𝑖𝑖=1
𝑛𝑛
𝑓𝑓 𝑥𝑥𝑖𝑖
≈1
𝑏𝑏 − 𝑎𝑎 ⋅ 𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑏𝑏
𝑥𝑥1
𝑦𝑦1
𝑥𝑥2
𝑦𝑦2
𝑥𝑥𝑛𝑛
𝑦𝑦𝑛𝑛
𝑥𝑥𝑛𝑛−1
𝑥𝑥1
𝑦𝑦1
𝑥𝑥2
𝑦𝑦2
𝑥𝑥𝑛𝑛 = 𝑏𝑏
𝑦𝑦𝑛𝑛
𝑎𝑎
𝑓𝑓
𝑥𝑥𝑛𝑛−1
�𝑦𝑦
Landau • 19.05.2016 • 41Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Mittelwert einer Funktion 𝒇𝒇 im Intervall [𝒂𝒂,𝒃𝒃]
BemerkungAus den Beispielen folgt, dass es sinnvoll ist, unter der Zahl 𝜇𝜇 𝑓𝑓 = 1
𝑏𝑏−𝑎𝑎⋅ 𝐼𝐼𝑎𝑎(𝑏𝑏) den Mittelwert 𝜇𝜇(𝑓𝑓) der Funktion 𝑓𝑓 im Intervall
[𝑎𝑎, 𝑏𝑏] zu verstehen.
Es gilt:
Speziell:
Definition
ist der Mittelwert 𝜇𝜇(𝑓𝑓) der Funktion 𝑓𝑓 im Intervall [𝑎𝑎, 𝑏𝑏].
𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑥𝑥 = �𝑎𝑎
𝑥𝑥
𝑓𝑓 𝑡𝑡 𝑑𝑑𝑡𝑡
𝐼𝐼𝑎𝑎 𝑏𝑏 = �𝑎𝑎
𝑏𝑏
𝑓𝑓 𝑡𝑡 𝑑𝑑𝑡𝑡 = �𝑎𝑎
𝑏𝑏
𝑓𝑓 𝑥𝑥 𝑑𝑑𝑥𝑥
𝜇𝜇 𝑓𝑓 =1
𝑏𝑏 − 𝑎𝑎⋅ 𝐼𝐼𝑎𝑎(𝑏𝑏) = �
𝑎𝑎
𝑏𝑏
𝑓𝑓 𝑥𝑥 𝑑𝑑𝑥𝑥
Landau • 19.05.2016 • 42Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Entwicklung des Integralbegriffs
zune
hmen
de A
bstra
ktio
n
Rekonstruieren
allgemeine Rekonstruktion𝒇𝒇 → 𝑰𝑰𝒂𝒂 (Hauptsatz)
(konkrete) Rekonstruktion𝒇𝒇𝑓 → 𝒇𝒇
Mitteln
Mittelwert einer Funktion
(diskretes) arithmetisches Mittel
analytisch-exaktgeometrisch-naiv
Produktsummen
Integralals Grenzwert von Produktsummen
Landau • 19.05.2016 • 43Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Inhalt
Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
1 Grundvorstellungen
2 Ableitungsbegriff Ableitung als Tangentensteigung Ableitung als lokale Änderungsrate Ableitung als lokale lineare Approximation
3 Integralbegriff Integral als Rekonstruktion der Gesamteffekts Integral als Mittelung Integral als orientierter Flächeninhalt
Danckwerts, R.; Vogel, D. (2006): Analysis verständlich unterrichten. Heidelberg: Spektrum Akademischer VerlagBüchter, A.; Henn, H.-W. (2010): Elementare Analysis. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag
Landau • 19.05.2016 • 44Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Integral als orientierter Flächeninhalt
Landau • 19.05.2016 • 45Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Komplementarität von Flächeninhalt und Integral
naiver Standpunkt
theoretischer (analytischer) Standpunkt
(orientierter)Flächeninhalt Integral
Landau • 19.05.2016 • 46Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Integralbegriff: Inhaltliche Aspekte und Vorstellungen
Rekonstruieren MittelnAspekte
Unterliegende Vorstellungen
Kumulieren(Prozess)
Gesamteffekt(Produkt) Flächeninhalt
Stammfunktion
Landau • 19.05.2016 • 47Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Integral-Quiz
AnleitungReihen Sie die Kennbuchstaben der richtigen Aussagen aneinander.Es ergibt sich ein Lösungsspruch auf sprachlich mäßigem Niveau.Wichtig: Bei jeder Frage sind mehrere richtige Antworten möglich.
Aufgabe 1:Was bedeutet die Aussage „𝑓𝑓 ist auf [𝑎𝑎, 𝑏𝑏] integrierbar“ genau?
E 𝑓𝑓 ist im Intervall [𝑎𝑎, 𝑏𝑏] differenzierbar.K 𝑓𝑓 ist im Intervall [𝑎𝑎, 𝑏𝑏] stetig.O 𝑓𝑓 hat im Intervall [𝑎𝑎, 𝑏𝑏] eine Stammfunktion.M Obersummengrenzwert = Untersummengrenzwert
Klaus-Dieter Arndt (1995). Integral-Quiz. In: Die etwas andere Aufgabe. mathematik lehren 72, S. 67
Landau • 19.05.2016 • 48Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Integral-Quiz
Aufgabe 2:Unter welchen Bedingungen gilt: ∫𝑎𝑎
𝑏𝑏 𝑓𝑓 𝑥𝑥 𝑑𝑑𝑥𝑥 ≤ ∫𝑎𝑎𝑏𝑏 𝑔𝑔 𝑥𝑥 𝑑𝑑𝑥𝑥
A Es ist 𝑎𝑎 ≤ 𝑏𝑏 und 𝑓𝑓 𝑥𝑥 ≤ 𝑔𝑔(𝑥𝑥) auf [𝑎𝑎, 𝑏𝑏].Z Es ist 𝑎𝑎 > 𝑏𝑏 und 𝑓𝑓 𝑥𝑥 ≤ 𝑔𝑔(𝑥𝑥) auf [𝑎𝑎, 𝑏𝑏].D Es ist 𝑎𝑎 < 𝑏𝑏 und 𝑓𝑓 𝑥𝑥 ≥ 𝑔𝑔(𝑥𝑥) auf [𝑎𝑎, 𝑏𝑏].T Es ist 𝑎𝑎 > 𝑏𝑏 und 𝑓𝑓 𝑥𝑥 ≥ 𝑔𝑔(𝑥𝑥) auf [𝑎𝑎, 𝑏𝑏].
Aufgabe 3:Unter welchen Bedingungen gilt: ∫𝑎𝑎
𝑏𝑏 𝑓𝑓 𝑥𝑥 𝑑𝑑𝑥𝑥 = ∫𝑏𝑏𝑎𝑎 𝑓𝑓 𝑥𝑥 𝑑𝑑𝑥𝑥
(𝑓𝑓 sein integrierbar.)H Falls 𝑓𝑓(𝑥𝑥) ≡ 0 auf [𝑎𝑎, 𝑏𝑏] ist.E Falls 𝑎𝑎 = 𝑏𝑏 ist.I Falls 𝑓𝑓 eine ungerade Funktion und 𝑎𝑎 = −𝑏𝑏 ist.T Falls 𝑓𝑓 eine gerade Funktion und 𝑎𝑎 = −𝑏𝑏 ist.
Klaus-Dieter Arndt (1995). Integral-Quiz. In: Die etwas andere Aufgabe. mathematik lehren 72, S. 67
Landau • 19.05.2016 • 49Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Integral-Quiz
Aufgabe 4:Unter welchen Bedingungen gilt: ∫−𝑎𝑎
𝑎𝑎 𝑓𝑓 𝑥𝑥 𝑑𝑑𝑥𝑥 = 0(𝑓𝑓 sein integrierbar; 𝑎𝑎 ≠ 0)
A Falls 𝑓𝑓 𝑥𝑥 = 𝑥𝑥2 ist.
Z Falls 𝑓𝑓 𝑥𝑥 = 1𝑥𝑥
ist.
S Falls 𝑓𝑓(𝑥𝑥) ≡ 0 ist.M Falls 𝑓𝑓 eine gerade Funktion ist.
Aufgabe 5:Unter welchen Bedingungen gilt: ∫−𝑎𝑎
𝑎𝑎 𝑓𝑓 𝑥𝑥 𝑑𝑑𝑥𝑥 = 2 ⋅ ∫0𝑎𝑎 𝑓𝑓 𝑥𝑥 𝑑𝑑𝑥𝑥
(𝑓𝑓 sein integrierbar und 𝑎𝑎 > 0.)T Falls 𝑓𝑓(𝑥𝑥) ≡ 0 auf [−𝑎𝑎,𝑎𝑎] ist.G Falls 𝑓𝑓 auf [−𝑎𝑎,𝑎𝑎] eine gerade Funktion ist.O Falls 𝑓𝑓 auf [−𝑎𝑎,𝑎𝑎] eine ungerade Funktion ist.E Falls 𝑓𝑓 𝑥𝑥 = 𝑥𝑥 auf [−𝑎𝑎,𝑎𝑎] ist.
Klaus-Dieter Arndt (1995). Integral-Quiz. In: Die etwas andere Aufgabe. mathematik lehren 72, S. 67
Landau • 19.05.2016 • 50Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
Integral-Quiz
Aufgabe 6:Berechnen Sie ∫𝐿𝐿
𝐼𝐼 𝑑𝑑𝑑𝑑, und geben Sie an:[ ] ist der Minuend des Ergebnisses.[ ] ist der Subtrahend des Ergebnisses.
Lösungsspruch
MATHE IST GEIL
Klaus-Dieter Arndt (1995). Integral-Quiz. In: Die etwas andere Aufgabe. mathematik lehren 72, S. 67Au
fgab
e 1
Aufg
abe
2
Aufg
abe
3Au
fgab
e 4
Aufg
abe
5Au
fgab
e 6
Landau • 19.05.2016 • 51Jürgen Roth • Grundvorstellungen zur Integral- und Differentialrechnung
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