Quarks & Co Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels
Schimmel? Igitt! Schimmel finden die meisten Menschen einfach nur eklig. Er verdirbt Lebensmittel, kann krank machen und sogar
töten. Doch Schaden und Nutzen liegen eng beieinander. Quarks & Co stellt die wunderbar vielfältige Welt des Schimmels vor und
zeigt seine gefährlichen, aber auch seine schönen Seiten.
Autoren: Thomas Hillebrandt, Jakob Kneser, Markus Schall, Lars Westermann
Redaktion: Lorenz Beckhardt
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Quarks&CoQuarks&Co
Brötchen, Brot und SchimmelgifteDer Mutterkorn-Pilz und seine Geschichte
Seite 2
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Die Schrecken des „Antoniusfeuers“ kennen wir heute nur noch aus den Geschichtsbüchern und
von alten Gemälden. Schwere Bauchkrämpfe, absterbende Finger und Zehen und auch
Halluzinationen quälten die Betroffenen, die dies oft nicht überlebten. Vor allem im Mittelalter
raffte das “Antoniusfeuer” ganze Dörfer dahin. Dass ein Pilz für diese Krankheit verantwortlich ist,
enträtselte die Naturwissenschaft erst Mitte des 19. Jahrhunderts im vollen Umfang. Der
Mutterkorn-Pilz befällt Getreideähren besonders stark, wenn es in der Blütezeit viel geregnet hat.
Und er versteckt sich gut, weil er selbst die Form eines Korns annimmt. In seinem Inneren bildet
der Pilz unterdessen hochgiftige Stoffwechselprodukte, die auch das Backen zu Brot unbeschadet
überstehen. Schon wenige Gramm Mutterkorn können einen Menschen nach qualvollem Dahin -
siechen töten. Getreideschimmelpilze können das zentrale Nervensystem angreifen, krebserregend
und auch erbgutschädigend sein.
Die kritische Grenze einer Vergiftungsgefahr ist heute bei Brotgetreide bei etwa einem Prozent
Mutterkorn-Anteil festgelegt. Aber in Notzeiten hat das Mehl in vergangenen Jahrhunderten manch-
mal bis zu 30 Prozent aus zermahlenem Mutterkorn bestanden...
Der ewige Kampf gegen den Schimmelpilz
Die für Getreide typischen Schimmelpilze gehören zur Gattung der sogenannten Fusarien, von
denen es sehr viele Arten gibt, die man aber nur schwer unterscheiden kann. In der Landwirtschaft
ist die Bekämpfung des Mutterkorn-Pilzes und anderer Getreideschimmelpilze jede Saison eine
neue Herausforderung. Zwar können die Bauern die Risikofaktoren für Schimmelbefall auf ihren
Feldern minimieren – hier spielen die richtige Bodenbearbeitung, die Düngung und der Saat zeit -
punkt eine wichtige Rolle – aber auch die grundsätzliche Ausrichtung des Betriebes beeinflusst
das Schimmelpilz-Risiko. Wer etwa erst Mais anbaut, die Stoppeln lange stehen lässt und dann
Weizen direkt in die Maisstoppeln sät, kann sich große Probleme einhandeln. Denn die Pilze über-
dauern lange auf verrottetem Pflanzenmaterial und eben besonders gerne auf Maisstoppeln. Die
Mykotoxinwerte, das haben Untersuchungen gezeigt, erhöhen sich um ein Vielfaches, wenn neben
Weizen nach Mais angebaut wird.
Risikofaktor Wetter
Die andere Hälfte des Risikos ergibt sich aus dem Wetter während der Getreideblüte. Bei feucht-
warmer Witterung gedeihen die Schimmelpilze besonders gut. Regentropfen und Wind übertra-
gen die Sporen auf die Weizenblüten. Dort dringt der Pilz in das Pflanzengewebe ein und breitet
sich aus. Die Folgen für das Getreide: Während Teile der Ähre noch grün sind, erscheint der befal-
lene Teil gelblich blass und ist bereits abgestorben. Ein solcher Schimmelbefall kann dann für dra-
matische Ernteausfälle sorgen. Durch Schimmelpilze im Getreide sinkt das sogenannte Tausend -
korngewicht, die Kornzahl pro Ähre, und das reduziert den Ertrag um bis zur 50 Prozent.
So gab es zum Beispiel 1998 und 2003 in großen Teilen Europas einen massiven Schimmelpilz-
Befall. In diesen Jahren zog Ende der zweiten Maihälfte, während der Blütezeit des Weizens, eine
riesige Gewitterfront über Nordwesteuropa. Von der Normandie über Schweden und bis ins
Baltikum war es zudem recht warm. Ideale Bedingungen für Getreideschimmelpilze. Alle vier bis
fünf Jahre, so rechnen Experten, kommt es aufgrund ungünstiger Wetterlagen zu solchen Epide -
mien.
Mit einem Farbausleser werden die
dunklen Mutterkörner aussortiert
Schon auf dem Weizenfeld lauert der
Schimmelpilz
Seite 3
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Schimmelpilzgifte sind weit verbreitet
Nach Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO enthalten etwa ein Viertel der weltweit
produzierten Lebens- und Futtermittel Schimmelpilzgifte. Schimmelpilzgifte entstehen und ver-
mehren sich auf unterschiedliche Weise. Pilze können die Getreidepflanzen nicht nur auf dem Feld
oder später das Erntegut während der Lagerung befallen. Auch etwa beim Transport an Bord eines
Schiffs kann es an kühlen Stellen, an denen sich Wasser sammelt, zu einer explosionsartigen
Ausbreitung von Schimmelpilzgiften kommen.
Bei der Verarbeitung des Getreides in den Mühlen zu den verschiedenen Mehlprodukten fällt
jedoch ein großer Teil der Gifte weg, da während der Produktion die Teile des Korns entfernt wer-
den, in denen die Schimmelpilze sitzen. Bei Vollkornmehl ist das nicht so – deshalb ist der Schim -
mel pilzgehalt in Vollkornprodukten häufig höher als in Produkten aus gereinigtem Mehl, etwa vom
Typ 405.
Forschungsprojekt gegen Schimmelgifte
Für den Kampf gegen den Schimmelpilz sind daher zwei Strategien nötig. Zum einen will man ver-
hindern, dass Schimmelpilze überhaupt die Getreidepflanzen befallen und zum andern muss man
schnell und exakt messen können, ob, und wenn ja, wie viel Schimmelpilzgift in den Getreide -
produkten enthalten ist.
In einem großen Forschungsprojekt arbeiten Wissenschaftler der Universitäten Dortmund, Münster
und Bonn zusammen, um neue, zuverlässige und schnelle Nachweismethoden für einzelne
Mykotoxine zu entwickeln, die Kombinationswirkung der biologischen Gifte zu untersuchen und
herauszufinden, wie Schimmelpilzgifte über die Atemluft aufgenommen werden. In Bonn geht es
etwa am Institut für Pflanzenkrankheiten darum, Strategien zu entwickeln, Schimmelpilze schnell
am Getreide zu erkennen, neue Anbaumethoden zu entwickeln und möglicherweise auch pilzresi-
stentere Pflanzen zu züchten.
An der Universität Dortmund haben Wissenschaftler des Instituts für Umweltforschung Techno -
logien entwickelt, um Mykotoxine auch in Mengen von weniger als einem Milliardstel Gramm nach-
weisen zu können. Diese Größenordnung ist notwendig, weil die Gifte in viel kleineren Mengen
als etwa Pestizide in den Getreidekörnern sitzen und gleichzeitig viel gefährlicher sind. Außerdem
gibt es nicht das Schimmelpilzgift, sondern jede Art produziert ihre eigenen Stoffe.
Grenzwerte
Das Problem ist bekannt. Seit 2001 hat die Europäische Union zwar Grenzwerte für die wesent-
lichen Giftstoffe in Getreide erlassen. Zur exakten Bestimmung des Mykotoxingehaltes müssen
jedoch nach wie vor Stichproben des angelieferten Getreides genommen, zu Speziallabors
geschickt und aufwändig untersucht werden. Die Ergebnisse liegen dann meist erst nach einigen
Tagen vor. Solange wird die möglicherweise belastete Lieferung in den bis zu 4.000 Tonnen gro-
ßen Getreidesilos zurückgehalten. Nachteilig sind zudem die vielen „falsch positiv“ Ergebnisse der
herkömmlichen Tests, auf Grund derer schimmelfreie Lieferungen unnötigerweise vernichtet
werden.
Schimmelpilzgifte im Getreide müssen
in kleinsten Mengen gemessen werden
Seite 4
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Ein schnellerer und sicherer Mengennachweis von Mykotoxinen im verarbeiteten Getreide soll
deshalb dafür sorgen, dass Lieferungen, bei denen die Grenzwerte überschritten werden, sofort
bei der Lieferung aus dem Verkehr gezogen werden können und andererseits unbelastetes Mehl
sofort verarbeitet werden kann.
Autor: Thomas Hillebrandt
Mutterkorn-Pilz
Der Mutterkornpilz, Claviceps purpurea, ist ein Parasit, der sich während der Gras- und Getreideblüte an der Ähre
festsetzt und sich zu einem blauschwarzen, kornähnlichen Gebilde entwickelt. Mutterkorn enthält die stark gifti-
gen Alkaloide Ergotamin, Ergotoxin und Ergometrin. Die Vergiftung beginnt mit Kribbeln in Fingern und Zehen,
der Vergiftete leidet unter Durchfällen, Pupillenerweiterung und Durstgefühl. Es kann zu starken Nervenstörungen
kommen, die in Wahnsinnsanfällen gipfeln. Anfälle kehren wochen- und monatelang wieder und können stun-
denlang anhalten. Die Vergiftung kann so weit gehen, dass Gliedmaßen brandig werden und amputiert werden
müssen. In vielen Fällen ist eine starke Mutterkornvergiftung auch tödlich.
Die im Mutterkorn enthaltenen Alkaloide werden bei der Geburtshilfe als Wehenmittel und nachgeburtlich als
Mittel zum Blutstillen eingesetzt. Daher kommt wohl auch der Name. Aus den Wirkstoffen des Mutterkorns kann
auch das stark halluzinogen wirkende LSD (Lysergsäurediäthylamid) hergestellt werden.
Mykotoxine
Mykotoxine oder Schimmelpilzgifte sind Stoffwechselprodukte der Schimmelpilze. Aktuell sind etwa 200 ver-
schiedene bekannt. Menschen sind hauptsächlich durch Mykotoxine in Lebensmitteln bedroht, denn alle ver-
schimmelten Nahrungsmittel können diese Gifte enthalten.
Die Wirkung der Gifte ist so vielfältig wie die Pilze, die sie bilden. Sie können krebserregend wirken, das
Zentralnervensystem und das Immunsystem schädigen, das Erbgut beeinträchtigen, eine Gefahr während der
Schwan gerschaft sein, zahlreiche Organschäden verursachen, etwa an Leber und Niere, bei Berührung Haut -
schäden verursachen und allergische Reaktionen auslösen.
Erst seit den 1970er-Jahren existieren analytische Methoden, die empfindlich genug zum Nachweis von Myko -
toxinen sind. Warum genau die Schimmelpilzgifte entstehen, ist jedoch noch nicht bekannt. Möglicherweise han-
delt es sich um einen Schutzmechanismus der Pilze untereinander. Warmes Klima und Regen während der Blüte
begünstigt das Pilzwachstum und somit die Mykotoxin-Produktion. Daher sind Getreideprodukte aus Regionen
mit einem solchen Klima häufig stärker belastet.
Der Fluch des PharaoSchimmel kann für Archäologen lebensgefährlich sein
Seite 5
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Es ist der Februar 1923, als Howard Carter im ägyptischen Tal der Könige bei Luxor ein scheinbar
unberührtes Grab öffnen lässt. Heute weiß man: Carter war zuvor schon einige Male in dem Grab,
hat es untersucht und später wieder verschlossen. Das Besondere an diesem Grab: Es ist abge-
sehen von Carters Untersuchungen tatsächlich weitgehend unberührt. Grabbeigaben und die
Mumie eines Pharao sind noch vorhanden. Es ist das Grab des Kindkönigs Tutanchamun. Neben
zahlreichen lokalen Größen und Journalisten ist auch Carters Finanzier Lord Carnarvon angereist.
Vor laufenden Kameras und den Augen der Weltöffentlichkeit wird das Grab untersucht und
geleert, inklusive der Mumie des 19 Jahre alten Königs.
Nur wenige Monate später beginnt eine Welle mysteriöser Todesfälle. Lord Carnarvon ist der erste
Tote, er stirbt an einer Lungenentzündung. Ihm folgen in den nächsten Jahren weitere an der
Grabung beteiligte Menschen. In den Zeitungen der 1920er-Jahre Jahre macht „der Fluch des
Pharao“ von sich reden. Angeblich räche sich der Pharao für die Störung seiner ewigen Ruhe. Für
viele Jahrzehnte scheint es keine rationale Erklärung für die Todesfälle zu geben.
Schimmelsporen in der Lunge
1973 öffnen Wissenschaftler das Grab des polnischen Königs Casimir Jagiello und seiner Frau. 600
Jahre zuvor waren die beiden in der Wavelsburg in Krakau bestattet worden. Das Grabmal soll
restauriert werden. Lange hat es gedauert, den Hausherren und Erzbischof von Krakau zu über-
zeugen, das Grab zu öffnen, denn Casimir hat den Status eines Heiligen. Der Bischof und spätere
Papst Johannes Paul II stimmt aber schließlich zu.
In den Folgemonaten sterben 14 der 16 an der Öffnung beteiligten Forscher. Die rätselhaften
Todes fälle erinnern an den Fluch des Pharao und jetzt ist vom Fluch Casimirs die Rede. Mediziner
beschließen, der Sache auf den Grund zu gehen. Im Lungengewebe der Toten finden sich schließ-
lich Sporen von Aspergillus flavus, einem giftigen Schimmelpilz. Auch im Grab des Königspaares
kann dieser Pilz nachgewiesen werden. Wahrscheinlich haben sich die Forscher dort mit einer gro-
ßen Menge Sporen infiziert.
Wiederholt sich die Geschichte?
Diese Ergebnisse aus Krakau könnten auch die Todesfälle aus den 1920er-Jahren erklären. Im Grab
des Pharao gab es viele Lebensmittel, die für einige Jahre Schimmelpilzen als Nahrung gedient
haben könnten. Nachdem die Nahrungsmittel eingetrocknet waren, hätten die Pilze als Sporen
überleben können. Von den Archäologen wurden sie dann vielleicht eingeatmet.
Moderne Forscher haben allerdings festgestellt, dass die Sterblichkeit in Carters Team damals nicht
überdurchschnittlich war, denn die meisten der Toten waren gesundheitlich angeschlagen oder in
relativ hohem Alter. Trotzdem bleibt die Häufung an Lungenerkrankungen unter den Toten aus dem
Tal der Könige – vielleicht doch ein Hinweis auf eine mögliche Schimmelpilz-Vergiftung?
Lord Carnarvon und Howard Carter vor
dem geöffneten Grab Tutanchamuns
Rechte: EVN
Das Grab König Casimirs auf der
Wavelsburg in Krakau
Seite 6
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Mit Handschuhen und Mundschutz
Moderne Archäologen wissen um die Gefahr, die von Schimmel und Schimmelsporen ausgeht.
Inzwischen gibt es sogar eine Regelung der Berufsgenossenschaft, die den Forschern unter
bestimmten Bedingungen vorschreibt, Handschuhe und Mundschutz zu tragen. In manchen Fällen
ist sogar ein Schutzanzug nötig.
So wird beispielsweise in den 1980er-Jahren im rheinischen Bergheim die Kirche St. Remigius
restauriert. Der Anlass: Die Firma Rhein-Braun soll aufgrund tektonischer Verschiebungen die Kirche
sicherheitshalber auf eine federnde Betonplatte stellen. Dafür wird eine Art Keller unter der Kirche
angelegt, in dem die Stahlfedern für das neue Fundament aufgestellt werden. Zuvor wird inner-
halb des Gebäudes eine Grabung von den örtlichen Denkmalpflegern durchgeführt. Mehrere Grüfte
kommen zum Vorschein mit Bestattungen, die bereits einige Hundert Jahre alt sind. Die Wände
einer der Grüfte sind von Schimmel bedeckt, wie auch die Reste der Bestattungen. Der
Grabungsleiter wagt mit Schutzvorrichtungen einen Blick in die Gruft und beschließt dann, den
Schimmel zunächst professionell beseitigen zu lassen. Erst nachdem der Schimmel abgetötet ist
und die Gruft durchgelüftet, wagen sich die Forscher hinein.
Gefahr unter dem Kölner Dom
Auch bei der Grabung unter dem Kölner Dom werden immer wieder Bestattungen gefunden.
Manchmal aber auch nur einzelne Knochen oder Textilreste. Das ist für die Ausgräber immer ein
Anlass zu äußerster Vorsicht, denn solche Funde können gefährliche Sporen enthalten. Besonders
in engen, schlecht durchlüfteten Räumen kann das zu gesundheitlichen Folgen führen. Gefährdet
sind aber auch die Personen, die in den Magazinen die Funde reinigen und restaurieren oder nach
langer Zeit das erste Mal wieder aus dem Schrank holen.
Autor: Lars Westermann
Bei Knochenfunden oder ganzen
Bestattungen schützen sich moderne
Archäologen mit Handschuhen und
Mundschutz
Rechte: HR
Wenn Menschen innerlich verschimmeln Wie ein Schimmelpilz Schwerstkranken gefährlich werden kann
Seite 7
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Es trifft fast immer Patienten mit einer schweren Vorerkrankung: Organ- oder Stamm zell -
transplantierte zum Beispiel und Leukämie-Patienten, die unter Chemotherapie stehen. Die
Krankheit, von der hier die Rede ist, heißt Aspergillose und sie hat einen furchtbaren Verlauf. Die
gerade mal einen tausendstel Millimeter großen Sporen des Pilzes schweben in der Luft und wer-
den eingeatmet. So befällt Aspergillus meistens zuerst die Lunge. Von da aus gelangt der Pilz in
den Blutkreislauf und wird in den ganzen Körper gepumpt. Aspergillus befällt weitere Organe: die
Nieren, den Darmtrakt und oft auch das Gehirn. Die Patienten „verschimmeln“ bei lebendigem
Leibe. Ist der Pilz erstmal im Gehirn angekommen, ist die Überlebenschance gering: Über zwei
Drittel der Infizierten sterben. Damit gehört eine Infektion mit Aspergillus fumigatus zu den
Krankheiten mit der schlechtesten Prognose überhaupt.
Den Verlauf der Krankheit kennen die Mediziner mittlerweile zwar recht genau, sie wissen aber
nicht, wo sich die Patienten anstecken. Woher stammen die Pilzsporen, die in Kliniken die schwer-
kranken Patienten befallen? Schweben die winzigen Sporen in der Krankenhausluft? Oder bringen
die Patienten die Sporen aus ihrem häuslichen Umfeld mit?
Mit Sporenmessgeräten auf Schimmeljagd
Forscher der Universität Köln wollten Antworten finden: In einem Forschungsprojekt, das von
Dezember 2007 bis November 2008 lief, nahmen die Wissenschaftler die Sporenbelastung der
Kölner Uniklinik unter die Lupe. Mit mobilen Analysegeräten führten sie an verschiedenen Stellen
in der Klinik Messungen zur Sporenbelastung durch: Zum einen im Krankenhaus auf verschiedenen
Stationen und zum anderen im Außenbereich der Klinik und im Foyer. Die Messungen liefen immer
nach dem gleichen Schema ab: Das Analysegerät saugte in acht Minuten 400 Liter Luft an und die
eingefangenen Keime und Sporen wurden anschließend im Labor identifiziert und ausgezählt.
Von den Ergebnissen waren die Forscher selbst überrascht: Im Freien fanden sie durchschnittlich
17,5 Sporen pro Kubikmeter Luft. Auf den Stationen hingegen waren es deutlich weniger: Auf der
normalen Station zählten sie 6,2 Sporen pro Kubikmeter Luft und der Wert für die Intensivstation
war ähnlich niedrig: 4,6 Sporen pro Kubikmeter. Die Sporenbelastung im Freien war also deutlich
höher als im Krankenhaus.
Infizieren sich die Patienten zu Hause?
Wenn die Sporendichte im Freien größer ist als in der Klinik, liegt der Verdacht nahe, dass sich die
Patienten bereits außerhalb des Krankenhauses anstecken. Deshalb suchen die Forscher weiter, vor
allem im privaten Umfeld der Erkrankten. Messungen in den Wohnungen von Aspergillose-
Patienten wollen die Wissenschaftler der Kölner Uniklinik im Jahr 2010 durchführen. Aufgrund
bereits veröffentlichter Studien vermuten sie, dass die Patienten in den meisten Fällen die Schim -
melpilzsporen in die Klinik mitbringen, wenn sie eingeliefert werden. In Wohnungen fand man
nämlich bislang sehr unterschiedliche Sporenbelastungen: Manche Sporenzahlen sind ähnlich nie-
drig wie die im Krankenhaus, andere deutlich höher. Zwei Quellen für Aspergillus-Sporen in
Wohnungen werden in der Fachliteratur immer wieder genannt: Komposteimer und Blumenerde.
Sie können extrem viele Aspergillus-Sporen enthalten. Deshalb wird zum Beispiel Leukä -
miepatienten und Menschen, die eine Organ- oder Stammzelltransplantation hinter sich haben,
dringend geraten, Zimmerpflanzen und Komposteimer aus der eigenen Wohnung zu entfernen.
Hat der Schimmelpilz erst einmal
das Gehirn befallen, ist die Überlebens -
chance äußerst gering
Forscher haben die Schimmelsporen -
belastung in der Kölner Uniklinik
analysiert
Blumenerde kann sehr viele
Aspergillus-Sporen enthalten
Seite 8
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Keine Gefahr für Gesunde
Heute weiß man: Jeder Mensch atmet im Durchschnitt 50 bis mehrere hundert Aspergillus-Sporen
pro Tag ein. Aber gesunde Menschen mit einem intakten Immunsystem werden mit dem Pilz fer-
tig: Wenn Sporen in die Lunge eindringen, töten Fresszellen den Pilz ab, bevor er sich im Körper
ausbreiten kann. Wenn einzelne Sporen diese erste Verteidigungslinie überleben sollten, stoßen
weiße Blutkörperchen hochreaktive Moleküle aus und machen die Keime unschädlich.
Für Gesunde geht also keine Gefahr von den Aspergillus-Sporen aus. Aber für Patienten, deren
Immunsystem nicht intakt ist, kann selbst eine einzelne Spore tödlich sein.
Indes suchen Mediziner aus aller Welt nach besseren Diagnose-Methoden für die Aspergillose.
Denn je früher eine Aspergillose diagnostiziert wird, desto besser sind die Heilungschancen. Eine
Studie der Universität Münster, die in den 1990er-Jahren durchgeführt wurde, bestätigt das: Die
Heilungschancen einer Aspergillus-Infektion liegen bei etwa 60 Prozent – aber nur, wenn der
Patient innerhalb der ersten zehn Tage behandelt wird. Beginnt die Therapie erst später, sinken
die Heilungschancen auf gerade mal zehn Prozent.
Autor: Markus Schall
Ein intaktes Immunsystem wird mit den
Aspergillus-Sporen problemlos fertig
Der Feind in meiner WohnungMit dem Schimmelhund auf der Spur der Sporen
Seite 9
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Die sieben Jahre alte Labrador-Retriever-Hündin Ally ist ein Schimmel-Profi: Mit ihrem extrem leis -
tungsfähigen Geruchsinn soll sie Schimmelpilzbefall in Gebäuden aufspüren und anzeigen. Die
Ausbildung verläuft dabei genauso wie für einen Drogen- oder Sprengstoffspürhund der Polizei:
Ally wurde mit Rein-Kulturen der am häufigsten in Gebäuden vorkommenden Schimmelpilzarten
trainiert. Und hat dabei gelernt, dass der Job sich für sie lohnt: Bei Erfolg ist ihr ein Leckerchen
sicher.
Ein Schimmelhund kann mehr leisten als eine normale Untersuchung der Innenluft: Er zeigt punkt-
genau an, wo sich der Pilz verborgen hält, auch wenn noch gar keine grün-braunen oder schwar-
zen Flecken zu sehen sind.
Was Schimmel zum Wachsen braucht
Auch wenn der Putz oder die Tapete für die Bewohner noch weiß, unbefleckt und überhaupt nicht
feucht aussieht: Schimmelhund Ally riecht die Stoffwechselprodukte der im Verborgenen wuchern-
den Schimmelpilze und zeigt mit dem Heben der Pforte an: Da ist der Wohnungsfeind!
Der Schimmelpilz braucht für sein Wachstum sowohl die Wärme der Innenräume als auch das
organische Material in den Baustoffen. Vor allem aber benötigt er Wasser. Ein Wasser- oder Feuch -
teschaden begünstigt daher die Entstehung von Schimmelpilzen. Dampfschwaden beim Baden,
Duschen oder Kochen oder ein kaputtes Dach, ein Rohrbruch oder Baumängel – es gibt viele
Möglichkeiten für Feuchtigkeit, einen Weg in die Innenräume zu finden. Typische Schimmelpilze,
die bei Feuchtigkeit entstehen, sind Aspergillus versicolor, Acremonium spp. oder Stachybotrys
chartarum. Experten nennen sie „Indikatororganismen“. Tauchen diese Schimmelarten auf, muss
ein Feuchteschaden vorliegen.
Schimmel macht krank
Sitzt der Schimmel erst einmal fest in der Wand, verbreitet er sich durch seine Sporen – und die
sind eine echte Gesundheitsgefahr. Selbst wenn der Feuchteschaden getrocknet ist, heißt das noch
lange nicht, dass der Schimmelpilz vollständig verbannt ist. Die Sporen lagern sich überall ab, kön-
nen, wenn sie klein sind, sehr lange in der Innenluft schweben, sind widerstandsfähig und über-
leben auch extreme Trockenheit und Nässe, Minus-Temperaturen und große Hitze.
Manche Menschen bekommen von Schimmelsporen Kopfschmerzen, leiden unter Müdigkeit, unter
Konzentrationsschwäche, Husten, Bronchitis oder sind insgesamt anfälliger für Infekte. Allergien
können grundsätzlich alle Schimmelpilzarten hervorrufen. Es reicht bei allen Beschwerden schon
aus, wenn die Pilzsporen eingeatmet werden oder ein Hautkontakt besteht.
Die Architektin Katja Jacobs mit Ally auf
Schimmelsuche
Nach zehn Tagen: ein Schimmelrasen
aus der Luftprobe
Seite 10
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
4 Was tun, wenn’s wuchert?
Hat der Schimmelhund den Schimmel entdeckt, muss als nächstes die Ursache für den Schimmel
beseitigt werden. Das heißt: den Rohrbruch abdichten, den Baumangel beheben oder das
Aquarium vor einem weiteren Wasserverlust schützen.
Das Umweltbundesamt gibt folgende Tipps zur Vermeidung des Schimmelbefalls:
4 Grundsätzlich
Zur Verringerung der Feuchte im Raum mehrmals täglich kurz lüften – fünf bis zehn Minuten bei weit geöffnetem Fenster
Können wegen Abwesenheit der Bewohner die Fenster einer Wohnung nicht mehrmals täglich geöffnet werden,
wenigs tens die Innentüren offen halten, damit noch vorhandene Luftfeuchtigkeit aus den feuchteren Bereichen (z.B.
Küche, Bad) gleichmäßig über alle Räume verteilt wird
In Räumen, die längere Zeit nicht benutzt und beheizt wurden, bei erneutem Gebrauch vorher vermehrt lüften
4 Im Bad
Im Bad, insbesondere bei Räumen mit ungenügender Lüftungsmöglichkeit, nach dem Duschen das Wasser von Wänden
und Boden entfernen
Nach dem Duschen die Fenster im Bad (soweit vorhanden) kurzzeitig weit öffnen
Da nasse Handtücher und Wände im Badezimmer noch viel Wasser enthalten, kann es im Raum trotz Lüften sehr feucht
werden. Deshalb Türen zu anderen beheizten Räumen nach dem Lüften offen halten
Bei kleinen fensterlosen Räumen empfiehlt sich außerdem die Installation einer, möglichst über Feuchte-Sensoren
gesteuerten, mechanischen Belüftung
4 In der Küche
In der Küche kann man durch einen Dunstabzug mit Abführung der Abluft ins Freie viel Feuchtigkeit aus dem Raum ent-
fernen. Dunstabzugshauben mit Umluftführung sind dagegen zur Verringerung der Luftfeuchtigkeit in der Küche nicht
geeignet
4 Im Schlafzimmer
Weniger beheizte Räume wie etwa Schlafzimmer nicht mittels warmer Luft aus anderen Räumen aufwärmen. Im kälte-
ren Raum kann es sonst an Wänden oder Fensterscheiben zu Tauwasserbildung kommen
Bei Nutzung des – wenig beheizten – Schlafzimmers durch gute Lüftung für die Abfuhr von Feuchtigkeit (jeder Schlafende
gibt Wasserdampf ab) sorgen, da es sonst zu Tauwasserbildung kommen kann
Regelmäßiges Lüften als Maßnahme gegen Schimmel
Autor: Thomas Hillebrandt
Seite 11
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Geruchsinn bei Hunden
Hunde können rund tausend Gerüche unterscheiden. Der Geruchsinn gibt Hunden jede gewünschte Information, denn sie können
gleichzeitig unterschiedliche Duftmoleküle in praktisch unbegrenzter Anzahl wahrnehmen – selbst dann, wenn nur winzigste
Spuren dieser Duftmoleküle vorhanden sind. Das Riechzentrum unserer Hunde ist etwa 40 Mal größer als das des Menschen. Auf
der Riechschleimhaut des Hundes befinden sich – je nach Rasse – bis zu 220 Millionen Riechzellen. Beim Menschen sind es ledig-
lich circa fünf Millionen. Je nach Länge der Hundeschnauze erreicht diese Schleimhaut eine Größe von 85 bis 200 Quadrat -
zentimeter beim Menschen sind es dagegen nur circa fünf. Ein Hund atmet bei intensivem Gebrauch seiner Nase bis zu 300 Mal
pro Minute um Duftstoffe aufzunehmen. Er analysiert und speichert so die Duftinformationen und kann sie später sicher wieder-
erkennen. Circa zehn Prozent des Hunde-Gehirns sind ausschließlich dazu da, Geruchsinformationen zu verarbeiten.
Ein Schimmel – das erste AntibiotikumAlexander Fleming und die Entdeckung des Penicillins
Seite 12
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Im Jahr 1928 macht der schottische Mediziner Alexander Fleming am Londoner St. Mary’s Hospital
eine eigenartige Beobachtung. Auf einer Petrischale mit Staphylokokken, unter anderem der
Erreger verschiedener Wundinfektionen, hat sich ein Schimmelpilz abgesetzt. Das ist an sich keine
Seltenheit. Aber Fleming wirft die Schale nicht weg, denn er hat etwas Merkwürdiges entdeckt:
Der Nährboden um den Schimmel ist glasig geworden. Die Bakterien sind verschwunden. Fleming
macht weitere Versuche und stellt fest, dass der Schimmelpilz nicht nur Staphyolokokken abtötet,
sondern auch andere Bakterien, unter anderem die Erreger von Lungen- oder Hirnhautentzündung.
Zugleich ist er harmlos für Menschen. Fleming lässt den Schimmelpilz bestimmen. Sein Name ist
Penicillium notatum. Fleming nennt den Wirkstoff daher „Penicillin“. Flemings Entdeckung wird die
Welt verändern und das Zeitalter der Antibiotika einläuten – doch die Karriere des Wundermittels
beginnt mit einem Fehlstart.
Machtlos gegen Mikroben
Die Geschichte von Alexander Fleming und dem Penicillin beginnt im Ersten Weltkrieg. Während
dieser Zeit ist der junge Bakteriologe Stabsarzt im französischen Militärhospital Bologne-sur-Mère.
Millionen Soldaten sterben durch Granaten und Gewehrkugeln – aber noch mehr durch infizierte
Wunden: Tetanus, Wundbrand, Blutvergiftung. Seit Robert Koch und Louis Pasteur ist bekannt, dass
Mikroben – in diesem Fall Bakterien – die tödlichen Infektionen verursachen. Ein wirksames Mittel
gegen Bakterien gibt es aber nicht. Um Infektionen zu vermeiden, wäscht man die Wunden mit
chemischen Desinfektionsmitteln wie Bor- oder Karbolsäure aus. Die meisten Verwundeten ster-
ben trotzdem. Fleming erkennt den Fehler: die Desinfektionsmittel töten die Bakterien nur zum Teil
ab, schwächen aber das Immunsystem der Verwundeten. Die Bakterien vermehren sich und haben
leichtes Spiel. Fleming beschließt, sein Leben fortan einer Aufgabe zu widmen: ein Mittel zu fin-
den, das Mikroben effektiv tötet.
Fehlstart eines Hoffnungsträgers
Das wissenschaftliche Klima der Zeit ist nicht günstig für Flemings Mission. Außer ihm glaubt kaum
einer daran, dass es organische Substanzen gibt, die Mikroben zerstören, den menschlichen Körper
aber in Ruhe lassen. Aber Fleming hat bereits solche Stoffe entdeckt – in Nasenschleim, Blut und
Speichel des Menschen. Fleming nennt sie „Lysozyme“. Doch diese Stoffe sind zwar für den
Menschen harmlos, töten aber auch nur weniger gefährliche Bakterien. Bei Penicillium notatum ist
es anders: Dieser Pilz wird auch mit gefährlichen Erregern fertig. Fleming glaubt sich am Ziel sei-
ner Bemühungen. 1929 reicht er den ersten Bericht über die „Antibakterielle Wirkung von
Penicilliumkulturen“ ein. Aber die Entdeckung wird in der wissenschaftlichen Welt kaum wahrge-
nommen – vor allem, weil es Fleming nicht gelingt, den Wirkstoff in größeren Mengen zu isolie-
ren. Das Penicillin gerät in Vergessenheit.
Alexander Fleming (1881-1955) in
seinem Labor im St. Mary’s Hospital
in London im Jahr 1908
Rechte: Mauritius images
Gegen Pneumokokken ist zur Zeit
des Ersten Weltkriegs noch kein Kraut
gewachsen
Rechte: Picture Alliance
Zufallsentdeckung des Jahrhunderts:
Flemings Schimmelpilz
Rechte: Picture Alliance
Seite 13
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Durchbruch im Zweiten Weltkrieg
Das ändert sich erst, als zwei Wissenschaftler aus Oxford, Ernest Chain und Howard Florey, 1939
auf Flemings Schimmelsaft stoßen. Sie sind auf der Suche nach antibakteriellen Wirkstoffen. Florey
und Chain gelingt es endlich, den Wirkstoff zu isolieren. Und sie beweisen seine Heilkraft: Mäuse,
die mit tödlichen Streptokokken infiziert wurden, überleben dank Penicillin. Als kurz darauf der
Zweite Weltkrieg ausbricht, wird die Forschung um das Penicillin intensiviert. 1941 wird der erste
Mensch mit Penicillin behandelt, 1942 gelingt in den USA die Massenproduktion von Penicillin.
Anfang 1944 steht der Wirkstoff den alliierten Truppen zur Verfügung. Tausenden von Soldaten ret-
tet er in den letzten Kriegsmonaten noch das Leben. 1945 erhalten Fleming, Chain und Florey für
ihre Entdeckung den Nobelpreis für Medizin. Mit dem Penicillin treten die Antibiotika ihren welt-
weiten Siegeszug an: Infektionskrankheiten, die noch vor kurzem tödlich waren, können jetzt
geheilt werden.
Wie Penicillin wirkt
Alexander Fleming hat die Bakterien abtötende (bakterizide) Wirkung von Schimmelpilzen als
erster systematisch untersucht – dass Schimmelpilze antibakterielle Substanzen produzieren, fiel
allerdings bereits anderen auf, wie beispielsweise im 19. Jahrhundert dem britischen Chirurgen
Joseph Lister und dem französischen Studenten Ernest Augustin Duchesne. Bereits im Mittelalter
legte man grünes, schimmliges Brot auf Wunden, natürlich ohne etwas über die Wirkungsweise
des Schimmels zu wissen.
Inzwischen ist bekannt, wie Penicillin wirkt: Es blockiert ein Enzym, das entscheidend ist für den
Aufbau – die Synthese – der Zellwand. Dadurch wird die Zellwand instabil, es entstehen Löcher.
Schließlich halten die Bakterien dem enormen Druck, der in ihrem Inneren herrscht – vergleichbar
dem Druck in einem Autoreifen – nicht mehr stand: Sie platzen und sterben ab.
Der Wirkstoff des ersten Antibiotikums ist der eines Schimmelpilzes. Heute produzieren
Schimmelpilze noch rund ein Fünftel aller Antibiotika! Und gerade die Penicilline gehören wegen
ihres weiten Wirkungsspektrums und ihrer guten Verträglichkeit immer noch zu den wichtigsten
Antibiotika – und gelten nach wie vor als Mittel der Wahl vor allem bei Streptokokken- und
Staphylokokken-Infektionen, zum Beispiel bei Scharlach, Lungen- oder Hirnhautentzündung.
Autor: Jakob Kneser
Mikroben
Mikroben ist ein Sammelbegriff für alle Mikroorganismen, also mikroskopisch kleine, einzellige Lebewesen. Dies
können Archebakterien oder Bakterien sein, aber auch einzellige Algen oder Tiere wie zum Beispiel Pantoffel -
tierchen oder Amöben.
1942 gelingt die Massenproduktion von
Penicillin in den USA
Rechte: Interfoto science
Lesetipps
Seite 14
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Schimmelpilze in Wohnungen. Wenn der Pilz zur Untermiete wohnt
Autor: Frank Frössel
Verlagsangaben: Baulino Verlag GmbH; 2. Auflage 2007
ISBN-10: 3938537207
ISMB-13: 978-3938537206
Sonstiges: 452 Seiten, 74,00 Euro
In diesem Fachbuch zum Thema Schimmelpilze in Wohnungen geht es um alle Aspekte, die mit
diesem Thema zu tun haben: von der mikrobiologischen, bauphysikalischen und technischen Seite
bis zu baubiologischen, umweltmedizinischen und rechtlichen Themen.
Das Buch ist anspruchsvoll verfasst, aber nicht nur für Architekten, Juristen und Bauplaner inter-
essant, sondern auch für alle, die bauen wollen, gebaut haben oder sich für die Aus -
einandersetzung mit dem Schimmel in ihrer Wohnung wappnen und informieren wollen.
Schimmel im Haus: Erkennen – vermeiden – bekämpfen
Autor: Michael Köneke
Verlagsangaben: Fraunhofer Irb Verlag; 3. Auflage 2008
ISBN-10: 3816772951
ISMB-13: 978-3816772958
Sonstiges: 111 Seiten, 18,50 Euro
Das gesamte Spektrum des Problems Schimmelpilz wird in diesem Buch leicht verständlich dar-
gestellt. Von den möglichen Risiken und gesundheitlichen Auswirkungen der Schimmelbildung in
Wohnungen und Gebäuden über die bauphysikalischen Hintergründe der Schimmelbildung bis zu
den besten Messmethoden und Tipps zur Bekämpfung und Vermeidung von Schimmel. Dazu kom-
men Auszüge aus Gerichtsurteilen, die deutlich machen, wie kontrovers dieses brisante Thema in
der Rechtsprechung behandelt wird.
Mykotoxine in der Landwirtschaft und in der Nahrung: Vorkommen und Bedeutung von
Mykotoxinen in der landwirtschaftlichen Urproduktion und Nahrungsmitteln
Autor: Holger Gniffke
Verlagsangaben: VDM-Verlag 2009
ISBN-10: 3639153952
ISMB-13: 978-3639153958
Sonstiges: 116 Seiten, 49,00 Euro
Vom Beginn der landwirtschaftlichen Produktion durch alle Schritte der Lebensmittelherstellung
bis zum Verbraucher ist die menschliche Nahrung vom Verderb durch Schimmelpilze bedroht –
diese einzelnen Stationen werden in diesem Buch jeweils genau angesprochen. Einen
Schwerpunkt hat diese auch für interessierte Laien lesenswerte Lektüre bei der Rolle der
Schimmelpilzgifte in der Backwarenproduktion. Der Autor geht außerdem auf die derzeitigen
Möglichkeiten des qualitativen und quantitativen Nachweises von Schimmelpilzgiften ein.
Linktipps
Seite 15
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Umweltmykologie
www.umweltmykologie.de
Homepage des Labors für mikrobiologische Analytik Berlin mit weiterführenden Informationen
zum Thema Schimmel.
Links zum Schimmelpilz
www.schimmelpilz.de
Das Informationsforum zum Thema Schimmel mit vielen interessanten Links.
Schimmelpilzleitfaden
www.umweltbundesamt.de
Hier können Sie sich einen übersichtlichen Schimmelpilzleitfaden herunterladen.
Schimmelhund Ally
www.jacobs-architekten.de
Hier arbeitet Schimmelhündin Ally.
Infos der Welternährungsorganisation
http://www.fao.org/giews/english
Das Global Information and Early Warning System der Welternährungsorganisation informiert
regelmäßig über die weltweite Nahrungsmittelsituation. Alle zwei Monate wird über die Crop
Prospects and Food Situation berichtet.
Wissenschaftliche Infos zu Schimmelpilzgiften
http://www.mycotoxins.org
Die Webseite des European Mycotoxin Awareness Network liefert wissenschaftliche
Informationen und Nachrichten für die Nahrungsmittelindustrie, Verbraucher und Wissenschaftler.
Gesellschaft für Mykotoxinforschung
http://www.mycotoxin.de
Die Gesellschaft für Mykotoxinforschung fördert verschiedene Forschungsprojekte zu Pilzgiften
und bietet allgemeine Informationen und Daten zu Schimmelpilzgiften.
Fluch des Pharao
http://de.wikipedia.org/wiki/Fluch_des_Pharao
Der Artikel geht der Frage nach, ob es den Fluch des Pharao wirklich gibt.
Domgrabung Köln
http://www.dombau-koeln.de/index.php?id=4&ssl=0
Die Seiten der Domgrabung Köln, mit vielen Geschichten und viel Geschichte.
Baugeschichte des Kölner Doms
http://www.koelner-dom.de
Die offizielle Seite des Kölner Doms mit einem Einblick in die Baugeschichte.
Seite 16
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Forschungsverbund MANASP
http://www.manasp.org/
Seite des europäischen Forschungsverbunds „Development of novel management strategies for
invasive aspergillosis“ zur Erforschung der Aspergillose, in englischer Sprache.
Resistente Schimmelpilze
http://www.uni-heidelberg.de/presse/news08/pm281008-4gef.html
Seite der Uni Heidelberg, auf der Wissenschaftler einen neu entdeckten Mechanismus beschrei-
ben, wie sich der Schimmelpilz Aspergillus fumigatus durch Biofilme gegen das menschliche
Immunsystem und Medikamente schützen kann.
Warum sind immunschwache Patienten gefährdet?
http://www.dmykg.de/fileadmin/download/WeigandPressekonferenz_2009.pdf
Artikel auf Basis eines Vortrags der deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft e. V., der auf-
grund seines wissenschaftlichen Vokabulars medizinische Grundkenntnisse voraussetzt.
Impressum:
Herausgegeben
vom Westdeutschen Rundfunk Köln
Verantwortlich:
Quarks & Co
Claudia Heiss
Redaktion:
Lorenz Beckhardt
Gestaltung:
Designbureau Kremer & Mahler
Bildrechte:
Alle: © WDR
© WDR 2010
Seite 17
Quarks & Co | Igitt – die wunderbare Welt des Schimmels | Sendung vom 09.02.10http://www.quarks.de
Top Related