Regionale Schulberatungsstelle
Psychisch belastete Kinder und Jugendliche –
Herausforderung für Schule und Jugendhilfe
Dr. Alexandra BerglezCarsten Hoffmann
Vorlage von Nina Heimanns RSB Gütersloh
Regionale Schulberatungsstelle
Ablauf1. Aktuelle Zahlen2. Konkrete Störungsbilder
1. Depression2. Angst
3. Konkrete Unterstützungsmöglichkeiten der RSB
4. Fallbeispiele
Regionale Schulberatungsstelle
1. Aktuelle Zahlen
Kiggs-Studie Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (2003-2006)
Bella-Studie (Vertiefte Befragung zur psychischen Gesundheit)
DAK-Studie (Erfassung von Depression und depressiver Verstimmung, 2011)
Aktuelle Studien
Regionale Schulberatungsstelle
Kiggs-Studie (2003-2006)
drei Jahre dauernde Erhebung zur allgemeinen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen
deskriptiv, keine kausalen Zusammenhänge
Themen (u.a.): Körperliche GesundheitImpfungen
Soziale LageFreizeitverhalten Gewalterfahrungen
1. Aktuelle Zahlen
Regionale Schulberatungsstelle
Bella-Studie:
Hinweise auf psychische Auffälligkeit bei 12,2% der Kinder und Jugendlichen
sind sehr wahrscheinlich psychisch auffällig sind 9,7%
Insgesamt liegen also bei 21,9% zumindest Hinweise auf psychische Auffälligkeit vor.
1. Aktuelle Zahlen
Regionale Schulberatungsstelle
Bella Studie:
Verteilung psychischer Erkrankungen (Elternangaben):
• Angst 10%
• Störungen des Sozialverhaltens 7,6%
• Depression 5,4%
• ADHS 2,2%
1. Aktuelle Zahlen
Regionale Schulberatungsstelle
DAK-Studie
Nahezu ein Drittel der Schülerinnen und Schülern leiden unter depressiven Stimmungen
Achtung: nicht klinische Depression
1. Aktuelle Zahlen
Regionale Schulberatungsstelle
6-Monatsprävalenz (Ihle & Esser, 2002)
Angststörungen: 10,4 %Dissozial-aggressive Störungen: 7,5%Depressive Störungen: 4,4%Hyperkinetische Störungen: 4,4%Tics &Stereotypien: 2,8%Enuresis: 2,5%Enkopresis: 0,4%
1. Aktuelle Zahlen
Regionale Schulberatungsstelle
Depression
2. Konkrete Störungsbilder- Depression
Regionale Schulberatungsstelle
2. Konkrete Störungsbilder- Depression
Regionale Schulberatungsstelle
Hauptsymptomedepressive Stimmung (unabhängig von äußeren Umständen)Interessenverlust, FreudlosigkeitAntriebsmangel, erhöhte Ermüdbarkeit
ZusatzsymptomeVerlust des Selbstvertrauens oder des Selbstwertgefühlsunbegründete Selbstvorwürfe oder ausgeprägte, unangemessene
SchuldgefühleSuizidgedanken oder –handlungenVermindertes Denk- und Konzentrationsvermögen, UnentschlossenheitPsychomotorische Agitiertheit oder HemmungSchlafstörungenVerminderter oder gesteigerter Appetit
Leicht: 2 Hauptsymptome + 2 ZusatzsymptomeMittelgradig: 2 Hauptsymptome + 3 bis 4 ZusatzsymptomeSchwer: 3 Hauptsymptome + mind. 5 Zusatzsymptome
2. Konkrete Störungsbilder- Depression
Regionale Schulberatungsstelle
•Häufige körperliche Beschwerden wie Kopf-, Muskel-, Magenschmerzen oder Müdigkeit•Gelangweiltsein•Kein Interesse an Kontakten mit Gleichaltrigen•Alkohol- oder Drogengebrauch•soziale Isolation•Angst vor dem Tod•Erhöhte Reizbarkeit•Beziehungsprobleme
2. Konkrete Störungsbilder- Depression
Was kann bei Kindern undJugendlichen zusätzlich vorkommen?
Regionale Schulberatungsstelle
Die Symptome gehören im einzelnen zum gewöhnlichen menschlichen Leben
Traurigkeit, Schlafstörungen und Minderwertigkeitsgefühle sind jedermann vertraut
Diese Beschwerden sind sinnvolle Signale für die Lebensunstimmigkeiten, die zu korrigieren sind
2. Konkrete Störungsbilder- Depression
Wann ist es pathologisch?
Regionale Schulberatungsstelle
Von einer Depression als psychische Erkrankung kann man erst sprechen, wenn
•eine Kombination von Symptomen im emotionalen, kognitiven und körperlichen Bereich vorliegt.
•durch die Symptomatik alters- und entwicklungstypische Lebensanforderungen nicht mehr angemessen bewältigt werden können
•das depressive Syndrom mind. 2 Wochen anhält
Wann ist es pathologisch?
2. Konkrete Störungsbilder- Depression
Regionale Schulberatungsstelle
2. Konkrete Störungsbilder- Depression
Depression traurig und lustlos sein
Ausmaß und Dauer ab dem man von einer Depression spricht ist DEUTLICH größer
Regionale Schulberatungsstelle
Mögliche Warnsignale in verschiedenen Altersgruppen
Vorschulalter Schulalter Adoleszenz
Emotionalität Reizbarkeit Frustrationsintoleranz Ausdruck derAnhänglichkeit Einsamkeit Gefühle von LeereApathie Freudlosigkeit
Selbstvorwürfe
Verhalten Eingeschränktes Selbstschädigendes Verlangsamung derSpielen Verhalten Denk- undGestörtes Ess- Schulversagen Handlungsabläufeverhalten Gedankenkreisen
Somatische Entwicklungsver- Enuresis SchlafstörungenBefunde zögerungen Regressive Tendenzen Unfähigkeit zur
Häufiges „Kränkeln“ Entspannung
2. Konkrete Störungsbilder- Depression
Regionale Schulberatungsstelle
Ursachentheorien
•Genetische Ursachen•Neurobiologische Ursachen (Störungen im Neurotransmittersystem- Ursache oder Folge?)•Erworbene, negative Denkmuster•Psychosoziale Faktoren
–Arbeitslosigkeit–Folge körperlicher Erkrankung–Psychische Erkrankung der Eltern
2. Konkrete Störungsbilder- Depression
Regionale Schulberatungsstelle
•Jeder Verlauf ist individuell und lässt sich schwer voraussagen•In vielen Fällen verläuft die Depression bei Kindern und Jugendlichen chronisch. •Die durchschnittliche Länge liegt bei etwa 30 Wochen. •Rückfälle sind möglich•Rückfallrisiko durch einen niederen sozioökonomischen Status noch mehr erhöht wird.
Verlaufsformen der Depression
2. Konkrete Störungsbilder- Depression
Regionale Schulberatungsstelle
•Eine Episode•Mehrere Episoden mit Vollremision•Mehrere Episoden mit Restsymptomatik•Chronische Depression•Dysthymie•Dysthymie mit einer bwz. mehreren Depressionen•Bipolare Störung•Rapid Cycling
Verlaufsformen der Depression
2. Konkrete Störungsbilder- Depression
Regionale Schulberatungsstelle
•Jede Therapie“schule“ hat ihre eigenen Modelle zur Entstehung und zur Behandlung von Depressionen•Wissenschaftlich am Besten erforscht ist die Verhaltenstherapie•Die Besten Ergebnisse erzielt im Erwachsenenalter eine Kombination aus medikamentöser Therapie und kognitiver Verhaltenstherapie•Kurzfristige Erfolge durch Medikamente•Langfristige Erfolge durch VT besser
2. Konkrete Störungsbilder- Depression
Behandlung von Depression
Regionale Schulberatungsstelle
Kleine Schritte gegen die Depression
•Aktivitäten, Bewegung (z.B. Sport)
•Frische Luft/Sonne/Helligkeit
•Kontakt mit anderen
2. Konkrete Störungsbilder- Depression
Regionale Schulberatungsstelle
Ängste
2. Konkrete Störungsbilder- Ängste
Regionale Schulberatungsstelle
2. Konkrete Störungsbilder- Ängste
Entwicklung von Ängsten I(nach Carr und Schneider)
Alter Psychologische bzw. soziale Kompetenz
Quelle Entwicklungsphasen –typischer Ängste
Beginnende Angststörung
0 – 6 Monate
Sensorische Fähigkeiten dominieren
Intensive sensorische ReizeVerlust von ZuwendungLaute Geräusche
6 – 12 Monate
Sensomotorische Schemata Ursache und Wirkung Objektkonstanz
Fremde MenschenTrennung
2 – 4 Jahre
Fähigkeit zu imaginieren, aber unfähig, Fantasie und Realität zu trennen
FantasiegestaltenPotenzielle EinbrecherDunkelheit
TrennungsangstSpezifische Phobie vor Dunkelheit, Monstern etc.
Regionale Schulberatungsstelle
2. Konkrete Störungsbilder- Ängste
Entwicklung von Ängsten IIAlter Psychologische bzw.
soziale KompetenzQuelle entwicklungsphasen –typischer Ängste
Beginnende Angststörung
5 – 7 Jahre
Fähigkeit, konkret-logisch zu denken
Naturkatastrophen (Feuer, Überschwemmungen)TiereMedienbasierte Ängste
Spezifische Phobie vor Tieren, Blut, med. Eingriffen
8 – 11 Jahre
Selbstwert basiert auf akademischen und sportlichen Leistungen
Schlechte schulische und sportliche Leistungen
Prüfungsangst
12 – 18 Jahre
Fähigkeit, Gefahr zu antizipierenSelbstwert durch Alterskameraden bestimmt
Ablehnung durch Gleichaltrige
Soziale PhobieAgoraphobiePanikstörung
Regionale Schulberatungsstelle
2. Konkrete Störungsbilder- Ängste
3 Ebenen der Angstreaktion Erlebensebene Verhaltensebene Physiologische Ebene
z.B. …
Sorgen und Befürchtungen
Gedanken an Gefahren
Angst vor negativen Bewertungen
Versagensängste
Selbstzweifel
Überlegung zur Vermeidung oder Kontrolle von befürchteten Situationen
z.B. …
Weinen
Jammern
Schreien
An die Eltern klammern
Stottern
Zappeln
Verringerter Blickkontakt
Vor sich hin murmeln
Zittrige Stimme
Nägelkauen
Daumenlutschen
Vermeidung, Weglaufen, Verstecken
Erstarrung
z.B. …
Herzklopfen
Übelkeit
Bauchschmerzen
Kopfschmerzen
Schwitzen
Erröten
Atembeschleunigung
Erhöhter Puls
Muskelanspannung
Regionale Schulberatungsstelle
2. Konkrete Störungsbilder- Ängste
• Übermäßig ausgeprägte Angstintensität (quantitativer Aspekt)• Ungewöhnliche Inhalte bzw. Objekte der Angst (qualitativer Aspekt)• Unangemessenheit der Angstreaktion im Verhältnis zur Situation, in der sie auftritt• Chronifizierung der Angstreaktion• Fehlende Möglichkeiten des Individuums zur Reduktion bzw. Bewältigung der Angst• Spürbare Beeinträchtigung der alterstypischen Lebensvollzüge durch die Angstzustände
Kriterien für pathologische Angst
Regionale Schulberatungsstelle
2. Konkrete Störungsbilder- Ängste
Kinder, die nicht zur Schule gehenSchulphobie Schulangst Schulschwänzen
Existenziell erlebte Angst, evtl. in Kombination mit verschiedenen körperlichen Beschwerden
Angst aufgrund allgemeiner Scheu, Leistungsversagen oder wirklicher bzw. vermeintlicher Kränkung
MotivationsstörungEvtl. ist schulische Leistungssituation ungelöst
Angst vor Trennung mit Bezugsperson
Realer Grund für Angst liegt vor, aber überschätzt
Wechsel in lustbetonte Verhaltensweisen
Beginn Grundschulalter evtl. kurz nach Einschulung oder später, am Beginn der Adoleszenz
Soziale Überempfindlichkeit liegt schon vor 6. LJ vor, evtl. nicht behandelt
Emotionale Störung des Kindesalters mit Trennungsangst
Emotionale Störung des Kindesalters mit sozialer Überempfindlichkeit
Störung des Sozialverhaltens (und der Emotionen?)
Regionale Schulberatungsstelle
2. Konkrete Störungsbilder- Ängste
Biologische FaktorenBiologische Faktoren Angststörungen treten familiär gehäuft auf, bei eineiigen Zwillingen häufiger gemeinsam als bei zweieiigen
Ängstliche Kinder haben ein erhöhtes physiologisches Erregungsniveau
Prinzip der Prepardness (Seligmann): Menschen sind evolutionsbedingt prädisponiert bestimmte Reize eher zu fürchten als andere
Temperament
Entstehung von Angststörungen
Regionale Schulberatungsstelle
2. Konkrete Störungsbilder- Ängste
UmweltfaktorenUmweltfaktoren Angst als gelerntes Verhalten: z.B. Angst vor Hunden nach Hundebiss
Angst wird verstärkt durch Zuwendung oder Reduktion der Anforderung
Modelllernen
Erziehungsstil
Zusammenwirkung verschiedener Faktoren
Entstehung von Angststörungen
Regionale Schulberatungsstelle
2. Konkrete Störungsbilder- Ängste
Wegfall eines negativen Gefühls wird als Belohnung erlebt
Ängste, die vermieden werden, neigen dazu sich auszudehnen
Problem: Angstvermeidung
Regionale Schulberatungsstelle
2. Konkrete Störungsbilder- Ängste
Problem: TeufelskreisAngst vor X
X wird aus dem Weg gegangen
Umgang mit X kann nicht gelernt werden
Erlebnis, dass X nicht bedrohlich ist, wird nicht gemacht
Regionale Schulberatungsstelle
2. Konkrete Störungsbilder- Ängste
Angstvermeidung oder Wachstum
• Therapeutische Schritte:
• Entspannung
• Ablenkung
• Arbeit an Gedanken
• Schrittweises Vorgehen
Lösung: Ängste angehen
Regionale Schulberatungsstelle
2. Konkrete Störungsbilder- Ängste
Schrittweises Vorgehen
Gute Einsatzmöglichkeit in der Schule
• einzelne Schritte kennt/ benennt in der Regel das Kind
• 1 Schritt = leichtes Angstgefühl entsteht, ist aber zu bewältigen
Regionale Schulberatungsstelle
2. Konkrete Störungsbilder- Ängste
Unterstützungsmöglichkeiten
Kinder- und Jugendpsychiater
In erster Linie Diagnostik, manche auch Therapie
Über gelbe Seiten: Ärzte: Kinder- und Jugendpsychiatrie, teilweise auch angegliedert an Ambulanzen der Kinder- und Jugendpsychiatrie
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut
Diagnostik und Therapie
Über gelbe Seiten: Psychotherapie: Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten oder www.kjp-owl.de
Schulpsychologie
Diagnostik, Zusammenarbeit mit Eltern und Schule, ersetzt keine Therapie
Regionale Schulberatungsstelle
Aufgabenbeschreibung per Erlass des MSW v. 2007:
1. Unterstützung von Schulen bei Entwicklung von Förderkonzepten und präventiven Angeboten
2. Intervenierende Beratung und Krisenintervention
3. Unterstützung von Schulen mit belastetem Klientel durch niedrigschwellige Beratungsangebote
4. Einzelfallhilfe zur Vorbeugung und somit Vermeidung von Lernschwierigkeiten und Verhaltensstörungen
3. Konkrete Unterstützungmöglichkeiten der RSB
Regionale Schulberatungsstelle
Aufgabenbeschreibung per Erlass des MSW v. 2007:
5. Schullaufbahnberatung auch im Hinblick auf individuelle Förderung
6. Beratung / Unterstützung von Lehrkräften bei Lösung psychosozialer Probleme
7. Mitwirkung bei der Lehrerfortbildung, auch Beratungslehrerfortbildung
8. Kooperation mit anderen Beratungsdiensten zur Beratung und Förderung von Schüler/innen
3. Konkrete Unterstützungmöglichkeiten der RSB
Regionale Schulberatungsstelle
Wir arbeiten: Wir arbeiten: •VertraulichVertraulich
Schweigepflicht•FreiwilligFreiwillig
Gespräche mit dem/ der Schulpsychologen/ -in sind immer freiwillig
•Neutral Neutral Schulpsychologen/ -innen sind in ihrer
psychologischen Arbeit unabhängig von Schulleitung oder Behörde•KostenfreiKostenfrei
die Beratung ist nicht mit Kosten verbunden
3. Konkrete Unterstützungmöglichkeiten der RSB
Regionale Schulberatungsstelle
Kontakt
Telefon: 0521/516916
e-Mail:[email protected]
www.schulberatungsstelle-bielefeld.de
3. Konkrete Unterstützungmöglichkeiten der RSB
Regionale Schulberatungsstelle
Fallbeispiele
Top Related