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Versicherungswirtschaft Heft 13/1999926

Analysen . . . Berichte . . . Aufsätze

Risikoaggregation mittelsMonte-Carlo-SimulationDr. Werner Gleißner, Günter Meier, Nürnberg

Im Rahmen des Risikomanagements eines Un-ternehmens werden zunächst einzelne Risiken

identifiziert und inventarisiert. Erforderlich ist an-schließend immer eine Aggregation – also Zu-sammenfassung – aller Risiken. In der Stellung-nahme des Instituts der deutschen Wirtschaft(IdW) zum KonTraG vom Oktober 1998 wird dazufolgendes ausgeführt: „Die Risikoanalyse beinhal-tet eine Beurteilung der Tragweite der erkanntenRisiken in bezug auf Eintrittswahrscheinlichkeitund quantitative Auswirkungen. Hierzu gehörtauch die Einschätzung, ob Einzelrisiken, die iso-liert betrachtet von nachrangiger Bedeutung sind,sich in ihrem Zusammenwirken oder durch Kumu-lation im Zeitablauf zu einem bestandsgefährden-den Risiko aggregieren können.“Die ökonomische Bedeutung der Risikoaggrega-tion ist offensichtlich, weil sich alle Risiken letzt-endlich gemeinsam auf das Eigenkapital des Un-ternehmens auswirken. Risikoaggregation ist alsonicht nur eine KonTraG-Anforderung, sondern vorallem eine Realität, auf die jedes sinnvolle Verfah-ren der Risikoanalyse und Risikobewertung Rück-sicht nehmen sollte. Von besonderer praktischerBedeutung ist dabei die Kenntnis, welche Einzelri-siken (z. B. externen Störungen) maßgeblich dieGesamtrisikoposition beeinflussen. Mit dem Auf-zeigen der relativen Bedeutung einzelner Risiken(Sensitivitätsbetrachtung) wird die Basis für ge-zielte, klar priorisierte und aktive Risikomanage-mentmaßnahmen gelegt.Da jedoch die so wichtige Aggregation von Einzel-risiken methodisch relativ schwierig ist, wird siein der Praxis des Risikomanagements oft vernach-lässigt oder zumindest mit ungeeigneten Metho-den „gelöst“. Nachfolgend ist daher ein wirksamesVerfahren zur Aggregation von Risiken dargestellt:die Monte-Carlo-Simulation.

Value-at-Risk als Risikomaß

Um einzelne Risiken vergleichen zu können, sollte– soweit möglich – für alle Risiken ein objektives,einheitlich eingesetztes Bewertungs- oder Meß-verfahren angewendet werden. Häufig wird als einsolches Risikomaß nur der „Risikoerwartungs-wert“ angegeben, also das Produkt von „Abwei-chungsumfang“ (= „Schaden“) und der zugehöri-gen Eintrittswahrscheinlichkeit. Im allgemeinenverursachen Risiken aber im Fall des Eintretens

nicht immer genau den gleichen Schaden, was dieErmittlung einer statistischen Verteilung derSchadenshöhen erforderlich macht. Beispielswei-se kann sich – mit unterschiedlichen Eintritts-wahrscheinlichkeiten – ein Absatzmarktrisikodurch einem Schaden in Form eines 1%igen,2%igen oder auch 5%igen Marktpreisrückgangsmanifestieren.Alternativ oder zumindest ergänzend kann manRisiken auch als sogenannten Value-at-Risk –eine Art „wahrscheinlicher Höchstschaden“ –messen. Der Value-at-Risk (VaR), der sich unmit-telbar aus einer Schadensverteilung ableiten läßt,ist dabei definiert als Schadenshöhe, die in einembestimmten Zeitraum („Halteperiode“, z. B. einJahr) mit einer festgelegten Wahrscheinlichkeit(„Konfidenzniveau“, z. B. 95%) nicht überschrit-ten wird. Formal gesehen ist ein VaR ein Quantileiner Wahrscheinlichkeitsverteilung.Während der Schadenserwartungswert nur Infor-mationen über die „durchschnittliche Ertragsbela-stung“ eines Risikos liefert, berücksichtigt derVaR explizit die – für KonTraG relevanten – Kon-sequenzen einer besonders ungünstigen Entwick-lung für das Unternehmen. Dieses kardinale, ein-deutige Risikomaß, das schon seit Jahren beiKreditinstituten angewendet wird, ist daher vorzu-ziehen.Ein geeignetes Risikomaß alleine garantiert natür-lich noch keine möglichst exakte Beurteilung derRisikosituation eines Unternehmens. Die Qualitätjeder Folgerung – natürlich auch die Aussagenzum Umfang der Unternehmensrisiken – hängtoffensichtlich von der Qualität der Ausgangsdaten(Annahmen) ab. Grundsätzlich sind Ausgangsda-ten wünschenswert, die● objektiv nachvollziehbar bzw. begründbar sind● durch empirische Daten gestützt werden sowie● möglichst geringe Unsicherheit („Varianz“)

aufweisen und erwartungstreu sind.Wegen des Fehlens objektiver Daten muß leider inder Praxis häufig auf subjektive Einschätzungenfachkompetenter Experten zurückgegriffen wer-den. Diese Schätzungen erreichen jedoch eine zu-mindest akzeptable Datenqualität, wenn● alle subjektiven Daten von den Experten disku-

tiert und detailliert begründet und● die Schätzungen möglichst nachträglich noch-

mals auf Plausibilität geprüft werden.Die Verwendung subjektiver Daten im Rahmendes Risikomanagements ist grundsätzlich ge-rechtfertigt, wenn keine besseren Daten verfügbarsind, weil eine völlige Vernachlässigung nicht ob-

Risiko Wahrschein- Schadens- Schadens-lichkeit höhe (Ertrag) stufe

1. Großkunden- 5 % 250 Mill DM 4 verlust

2. Haftpflicht- 10 % 50 Mill DM 3 schaden bei Kunden

3. Zusatzkosten 25 % 12 Mill DM 2 durch Maschi- nenausfall

Tabelle 2 Identifizierte Risiken bei der Mustermann AG:

Schadensstufe/ Tragweite Höhe 1 „gering“ 0-10 Mill DM 2 „mittel“ 10-40 Mill DM 3 „hoch“ 40-150 Mill DM 4 „existenzgefährdend“ 150-400 Mill DM 5 „tödlich“ � 400 Mill DM

Tabelle 1 Skala der Risikobewertung derMustermann AG:

jektiv bewertbarer Risiken meist zu einer größerenFehleinschätzung der momentanen Risikositua-tion führt. Ergänzend zur Value-at-Risk-Analysebietet es sich an, mittels Sensitivitätsanalysen undWorst-Case-Szenarien (Streßanalysen) die Kon-sequenzen extremer Störungen und Marktschwan-kungen abzuschätzen.

Vernetzte Risikobetrachtung mittelsMonte-Carlo-Simulation

Das Risikoinventar ist eine bereinigte, kompri-mierte Zusammenfassung aller im Verlauf derRisikoanalyse identifizierten Einzelrisiken einesUnternehmens, bei der insbesondere Doppelzäh-lungen und Überschneidungen eliminiert wurden.Die nun anstehende Risikoaggregation ist metho-disch schwierig:(A) Beispielsweise zeigt sich, daß man – mögli-cherweise entgegen der intuitiven Vorstellung –nicht die möglichen Schäden zweier Risiken A undB, die jeweils eine 5%ige Eintrittswahrscheinlich-keit haben, bei der Aggregation addieren kann. DieWahrscheinlichkeit des gemeinsamen Eintretensbeider Risiken ist mit 0,25% nämlich in der Regelvernachlässigbar. Für die Risikobeurteilung inter-essanter ist damit das Szenario, daß A oder Beintritt.(B) Selbst wenn man von diesem Problem derEintrittswahrscheinlichkeiten absieht, ergeben sichbei einer gelegentlich zu sehenden Addition von(ordinalen) Schadensstufen erhebliche Probleme,wie folgendes Beispiel belegt (Tabelle 1 und 2).Aggregiert man das zweite und das dritte Risikodurch Addition der Schadensstufen, also 3 und 2,ergibt sich für beide Risiken gemeinsam die Stufe

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„5“, was eine „tödliche“ Bedrohung implizierenwürde. Dieses Ergebnis ist offensichtlich falsch;die Risiken zwei und drei würden bei gleichzeiti-gem Eintreten (2,5% Wahrscheinlichkeit) einenSchaden von 62 Mill DM verursachen, was immernoch nur der Schadensstufe 3 („hoch“) zuzuord-nen wäre. Für eine sinnvolle Risikoaggregationbenötigt man immer die kardinale Informationüber die Schadenshöhe; die Angabe von Scha-densklassen hat bestenfalls klassifizierende Be-deutung. Bei der Aggregation von Risiken ist alsodie Addition von Schadenshöhen – oder gar vonSchadensklassen – eine ungeeignete Methode.(C) Ein grundsätzliches Problem bei der Risikoag-gregation ergibt sich dadurch, daß man immer dieZusammenhänge (Abhängigkeiten) zwischen ver-schiedenen Risiken berücksichtigen muß. Die Be-schreibung der Zusammenhänge zwischen Risi-ken erfolgt mit Hilfe einer Korrelationsmatrix. EinePlausibilitätsprüfung einer erarbeiteten Korrela-tionsmatrix ist möglich, weil man grundsätzlichdavon ausgehen kann, daß Risiken positiv korre-liert sein müßten, wenn sie gemeinsame deter-minierende Ursachen aufweisen.Während vollständig korrelierte Risiken (Korrela-tion = 1) bei der Aggregation zu addieren sind,berechnet sich die Summe völlig unkorrelierterRisiken gemäß dem „Wurzel-Ansatz“: Gesamtri-siko = � (Summe der Einzelrisiken2).Eine Aggregation für andere Korrelationstypen istim allgemeinen sehr schwierig und nur mittelsSimulationsverfahren möglich. Bei dieser im all-gemeinen relativ komplizierten Aggregation derEinzelrisiken ergibt sich allerdings eine wesentli-che Vereinfachung dadurch, daß eine Vielzahl un-korrelierter Einzelrisiken sich aufgrund des Di-versifikationseffektes weitestgehend aufheben,sofern die Risiken eine ähnliche (kleine) Grö-ßenordnung haben. Solche „kleinen Risiken“müssen also nicht einzeln berücksichtigt werden.Grundsätzlich lassen sich somit die Risiken (unterSimulationsgesichtspunkten) in zwei Gruppen un-tergliedern:1. Einerseits beschreibt man Risiken durch

Schwankungen von (Markt-)Parametern (z. B.Absatzmenge) in denen sich eine Vielzahl vonEinzelstörungen� widerspiegeln, die nicht ge-trennt werden können („verteilungsorientierteRisiken“). Gemäß dem „Zentralen Grenzwert-satz“ konvergiert die Summe solcher Einzel-störungen gegen eine Normalverteilung.

2. Andererseits können Zielabweichungen auchdurch (größere) besondere einzelne Ereignissehervorgerufen werden („ereignisorientierte Ri-siken“), die sich meist nicht mit einer Normal-verteilung beschreiben lassen.

Ein Unternehmen ist einer Vielzahl von Risikenausgesetzt, die sich durch völlig unterschiedlicheSchadensverteilungen – z. B. Normalverteilungoder Binomialverteilung – und Wirkungen – z. B.

auf Umsatz oder auf Personalkosten – beschrei-ben lassen. Eine Aggregation der Risiken läßt sichbei dieser Komplexität nicht oder nur sehr schwermathematisch-analytisch exakt lösen. In der Rea-lität findet man häufiger solche komplizierten Pro-bleme. Eine Alternative zur analytischen Lösungist in solchen Fällen die Simulationstechnik. Manvereinfacht dabei die komplexe Realität durch einemöglichst realitätsnahe Modellbildung. Aus demVerhalten des Simulationsmodells kann manRückschlüsse auf das tatsächliche Verhalten zie-hen. Dazu verändert man Ausgangsparameter unduntersucht das Verhalten von Zielvariablen.Bei einer Monte-Carlo-Simulation werden durchZufallszahlen stochastische Stichproben erzeugt,wodurch die unbekannten Parameter, mit denendie Risiken beschrieben werden, durch Zufalls-größen bestimmt sind. Beispielsweise wird alsofür den Verkaufspreis eine Zufallszahl gesetzt, dieeiner – eventuell aus Daten der Vergangenheitabgeleiteten – Verteilung folgt.Zunächst kann man vereinfachend nur die Auswir-kungen der einzelnen Risiken auf die Gewinn- undVerlustrechnung (GuV) eines Jahres betrachten.Risiken sind dann Zielverfehlungen durch uner-wartete Schwankungen um die jeweiligen Plan-werte (Erwartungswerte) der GuV. Für die Monte-Carlo-Simulation wird zunächst ein Excel-Modellder GuV des Unternehmens aufgebaut. Die Wir-kungen der Einzelrisiken sind dabei möglichst denentsprechenden Posten der GuV zugeordnet. Kanneine derartige Zuordnung nicht eindeutig vorge-nommen werden, bietet es sich an, ein Risiko dem„außerordentlichen Ergebnis“ zuzuweisen.Bei der Risikoaggregation wird beispielsweise inunabhängigen Simulationsläufen eines Excel-Mo-dells insgesamt 5000 mal das Jahr 1999 „durch-gespielt“ und jeweils eine Ausprägung der GuV

berechnet. Dazu werden Zufallszahlen erzeugt, dieden Wahrscheinlichkeitsverteilungen zu den ein-zelnen Risiken gehorchen. Mit diesen Zufallszah-len wird ermittelt,● welche konkrete Ausprägung bei den vertei-

lungsorientierten Risiken die entsprechendenMarkt-Parameter (also z. B. die Absatzpreise)haben und

● ob ein bestimmtes ereignisorientiertes Risikoinnerhalb eines der simulierten Jahre wirksamwurde und welche Schadenshöhe gegebenen-falls eingetreten ist.

Die so berechneten Realisationen der ereignisori-entierten Risiken und die Ausprägungen der Para-meter verteilungsorientierter Risiken werden ent-sprechend den Zusammenhängen in einer Ge-winn- und Verlustrechnung ausgewertet, wasletztendlich in jedem Simulationslauf zu einemWert für Betriebsergebnis, Gewinn vor Steuer undCash-Flow führt. Durch das Simulationsverfahrenwird somit die nicht oder nur sehr schwer lösbareAufgabe der analytischen Aggregation einer Viel-zahl unterschiedlicher Wahrscheinlichkeitsvertei-lungen durch eine mehrfache, beispielsweise5000fache, aber numerisch einfache Aggregationvon konkreten Ausprägungen der Wahrscheinlich-keitsverteilungen ersetzt.Aus den so ermittelten Realisationen für Betriebs-ergebnis, Gewinn vor Steuer und Cash-Flow erge-ben sich aggregierte Verteilungen dieser Zielva-riablen. Berechnet wird dann für diese Zielgrößen– außer dem Erwartungswert und dem Median –insbesondere als Risikomaß der Value-at-Risk,d. h. es wird angegeben, welche Werte dieserKennzahlen mit beispielsweise 95%iger Wahr-scheinlichkeit nicht unterschritten werden. Sowird eine „Bandbreite“ der wahrscheinlichen Un-ternehmensentwicklung ermittelt. Mit Hilfe einer

Grafik 1

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solchen Simulation werden zudem die wesentli-chen Einflußfaktoren auf diese Gesamtrisikoposi-tion ausgewiesen.Die damit ermittelte Gesamtrisikoposition eines Un-ternehmens sollte unterhalb eines definierten, inAbhängigkeit des Eigenkapitals festzulegenden Le-vels – dem Risikolimit – liegen (vgl. Grafik 1 und 2).Wesentlich ist aber, daß eine abschließende Beur-teilung der Relevanz eines Risikos durch die Risi-kosimulation auf alleiniger Basis einer einjährigenGewinn- und Verlustrechnung nicht möglich ist,weil hierbei systematisch Risiken unterschätztbzw. vollständig vernachlässigt werden, die● erst nach dem Simulationsjahr zu Schäden

führen können oder● eine über das Simulationsjahr hinausgehende

anhaltende Wirkung aufweisen (z. B. anhalten-der Ertragsrückgang durch eine bleibendeSenkung der Marktpreise).

Beide Probleme lassen sich prinzipiell durch einSimulationsmodell mit einem Value-at-Risik be-zogen auf den Unternehmenswert lösen, was je-doch ein Unternehmensbewertungsmodell (meistein Discounted-Cash-Flow-Modell) erfordert.Entscheidend ist, daß neben den Risiken, die dieErtragssituation des aktuellen Geschäftsjahresmaßgeblich beeinflussen, auch solche Risiken indas organisierte Risikomanagementsystem einbe-zogen werden müssen, die eine langfristige odererst in fernerer Zukunft liegende wesentliche Wir-kung zeigen.

Ein einfaches Beispiel zurRisikosimulation

Die Anwendung der Monte-Carlo-Simulation sollnachfolgend durch ein sehr einfaches Beispielverdeutlicht werden. Die Stuttgarter Maschinen

AG, deren Gesamtrisikoumfang ermittelt werdensoll, zeigt folgende Ausgangssituation:Umsatz: 3,0 Mrd DM

davon (deutlich)größter Einzelkunde: 0,6 Mrd DM

Übliche Schwankungs- 4% (Standard-breite des Umsatzes: abweichung)Variable Kosten 1,5 Mrd DM, also(Materialkosten): 50% des UmsatzesGewinn: 0,1 Mill DMBilanzsumme: 2,0 Mrd DMEigenkapital: 0,4 Mrd DMIm Unternehmen wurden nur drei (ereignisorien-tierte) Risiken identifiziert, die in der folgendenTabelle 3 dargestellt sind1:

Risiko Wahrschein- Schadenshöhelichkeit (Ertrag)

Umsatzverlust 5% 300 Mill DM(insb. durchGroßkundenverlust)Imageschaden 10% 130 Mill DMdurchAbwasserproblemeZusatzkosten durch 25% 80 Mill DMMaschinenausfall

Tabelle 3

Quantil Gewinn 0,0% Minimum -622 2,5% -403 5,0% VaR(5%) -277 50,0% Median -27 95,0% 84 97,5% 107100,0% Maximum 217

Tabelle 4

Frequency Chart

,000

,009

,017

,026

,034

0

42,5

85

127,5

170

-350,00 -200,00 -50,00 100,00 250,00

5.000 Trials 177 Outliers

Forecast: Gewinn

Grafik 3

Grafik 2

Zu berücksichtigen ist, daß das Risiko „Großkun-denverlust“ zu den beiden anderen Risiken jeweilseine Korrelation von +0,5 aufweist, weil das Ein-treten eines dieser beiden Risiken, zu einer erhöh-ten Abwanderungswahrscheinlichkeit dieses Kun-den führt.Bei einer Risikobewertung wird ein Geschäftsjahrnun mittels Monte-Carlo-Simulation 5000 mal„durchgespielt“. Wie die obigen Angaben zeigen,wird dabei in 5% (= 250) aller Fälle (Jahre) zufäl-lig ein Großkundenverlust eintreten und jeweilseinen Schaden von 300 Mill DM verursachen. Diebeiden anderen Risiken werden entsprechend be-handelt. „Normale Absatzschwankungen“ werdendurch eine Normalverteilung mit einer aus denvergangenen Jahren ermittelten Standardabwei-chung von 4% dargestellt.In jedem der simulierten Geschäftsjahre ergibtsich ein bestimmter Gewinn, der davon abhängt,welche Risiken in welchem Umfang wirksam wur-den (Tabelle 4).

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Diese Verteilungsfunktion des Gewinns (Grafik 3)weist ein arithmetisches Mittel von -48 Mill DMund eine Standardabweichung von 114 Mill DMauf. Nur in 5% der Fälle wird ein Verlust von 277Mill DM unterschritten, womit dieser Wert derValue-at-Risk ist.Eine einfache Sensitivitätsanalyse (s. Tabelle 5)zeigt, daß die Gewinnschwankungen stärker durch„übliche Absatzschwankungen“ als durch die dreianderen Risiken bestimmt werden; letztere beein-flussen aber – wie eine ergänzende Untersuchungzeigt – entscheidend den VaR.

Absatzmengenschwankung 55,9%* Maschinenausfall 19,8%* Großkundenverlust 13,6%* Image 10,6%

Tabelle 5 Target Forecast: Gewinn

* = Correlated assumption

Eine Vielzahl von Risiken bei einem Unternehmenzu identifizieren, ist eine relativ einfache Aufgabe.Anspruchsvoll ist dagegen die Systematisierungund insbesondere die Aggregation von Risiken,wenn man den Gesamtrisikoumfang eines Unter-nehmens – und seine wesentlichen Bestim-mungsfaktoren – fundiert beurteilen will. Hier istals sehr leistungsfähiges und flexibles Verfahrender Einsatz von Simulationsverfahren erforderlich,um die zusammengefaßten Wirkungen der Risikenauf Zielgrößen wie Gewinn, Cash-Flow oder Un-ternehmenswert aufzeigen zu können. Die hoheBedeutung einer fundierten Risikoanalyse für dasgesamte Risikomanagement und letztlich auch fürdie Unternehmensstrategie rechtfertigt den Einsatzsolcher etwas anspruchsvolleren, aber bewährtenMethoden.Die Autoren: Günter Meier ist Geschäftsführer, Dr. Wer-ner Gleißner Mitarbeiter der Günter Meier & Cie. Mana-gement GmbH & Co., Nürnberg.

Anmerkung

1 Häufig sind solche Risiken nur durch subjektiveSchätzungen bestimmbar. Auch dann ist jedoch derEinsatz von Simulationsmethoden zur Risikoaggre-gation sinnvoll. Denn auch „schlechte“ Ausgangs-daten werden durch den Einsatz „schlechter“ Aggre-gationsmethoden nicht besser.