Das bfu-Magazin für Präventionspartner 2/2013
FUSSVERKEHR
Risiken und Präventions-massnahmen
BADESTRAND IN DELÉMONT
Sicher und attraktiv
75 JAHRE BFU
Die neue Präventions-ausstellung – ein Publi-kumsmagnet
2 sicher leben 2 / 2013
Wir alle gehen zu Fuss Es ist wie Maus und Elefant. Fussgän-ger und Motorfahrzeuge – zwei völlig ungleiche Partner – teilen sich densel-ben Verkehrsraum. Manchmal kommt es gut, manchmal nicht. Als in den 50er- und 60er- Jahren eine rasante Motorisierung einsetzte, entstanden zahlreiche Kampagnen zum Schutz der Fussgänger. Slogans wie «Achtung, Kinder!» oder «Nid so gschwind, dänk a d Chind!», die man heute noch kennt, zeugen davon.
Seit Mitte der 90er-Jahre erfreut sich die sanfte Mobilität eines wachsenden Interesses, unter anderem dank dem neuen Konzept der «Human Powered Mo-bility» («Bewegung durch Muskelkraft»). Gleichzeitig trat im Jahr 2002 eine neue Verordnung über die Tempo-30- und Begegnungszonen in Kraft, die die Ein-führung von Zonen mit reduziertem Tempo erleichterte. Dank Fusswegen, Sicherheitsnormen für Fussgängerstrei-fen und weiteren Massnahmen zur Ver-besserung der Infrastruktur ist das zu Fuss Gehen sicherer geworden.
Trotzdem sind 20 % der Todesopfer auf Schweizer Strassen Fussgänger. Mehr als die Hälfte davon ist älter als 65 Jahre. Während die Schweiz die Sicherheit der Fahrzeuginsassen ver-bessert und hier sogar Vorbilder wie Schweden, Grossbritannien oder Hol-land eingeholt hat, bleibt noch viel zu tun, um auch die schwächsten Ver-kehrsteilnehmenden gleichermassen zu schützen.
Die bfu nimmt sich dieser Aufgabe an, wie das vorliegende Magazin zeigt. Schliesslich geht das Thema alle etwas an: Wir alle sind Fussgängerinnen und Fussgänger!
Magali Dubois
Inhalt Editorial
imprEssum
Herausgeberin: bfu – Beratungsstelle für Unfallverhütung, Hodlerstrasse 5a, CH-3011 Bern, [email protected], www.bfu.ch, Tel. + 41 31 390 22 22
Adressänderungen: [email protected]
Redaktion: Ursula Marti (wortreich gmbh), Magali Dubois (bfu), Rolf Moning (bfu), Tom Glanzmann (bfu)
Redaktionsadresse: Ursula Marti, wortreich gmbh, Maulbeerstrasse 14, 3011 Bern, [email protected], Tel. + 41 31 305 55 66
Korrektorat: Hedy Rudolf (bfu)
Bildnachweise: Seiten 1, 5, 7, 8, 10, 11, 12, 14, 15: Iris Andermatt; Seite 2: Daniel Rihs; Seite 4: Ruben Wyttenbach; Seiten 11 (Kasten), 16: bfu; Seite 13 (Kasten): Glas Trösch
Layout: SRT Kurth & Partner AG, Ittigen Druck: UD Print AG, Luzern, klimaneutral gedruckt
Auflage: Deutsch: 9 200, Französisch: 3 300, Italienisch: 1 100. Das Magazin erscheint vierteljährlich.
ISSN 2235-8846 (Print) / ISSN 2235-8854 (PDF)
© Wiedergabe von Artikeln nur mit Genehmigung der Redaktion und unter vollständiger Quellenangabe.
diE ZaHlBerg-, Schnee- und Wassersport fordern am meisten Todesopfer 3
FoKus FUSSVERKEHR Verkehrsnetze und Tempolimiten: bitte fussgängerfreundlich! 4
Standpunkt von Nationalrat Matthias Aebischer: Die Fussgänger gehen bei der Planung oft vergessen 7
Castel San Pietro geht mit gutem Beispiel voran 8
NEtZWErK GEMEINDEN bfu-Sicherheitsdelegierter von Delémont: «Für die Sicherheit haben wir das Maximum getan» 10
NEtZWErK GESUNDHEITIm Alter kräftig und mobil bleiben 12
75 JaHrE BFu Die neue Präventionsausstellung – ein Publikumsmagnet 14
KampaGNEBergwandern – aber sicher 16
sicher leben 2 / 2013 3
Beinahe drei Viertel der Schweizer Wohnbevölkerung sind gemäss einer Untersuchung des Observatoriums für Sport und Bewegung zumindest ab und zu sportlich aktiv. Der positive Einfluss von regelmässiger Bewegung auf die Gesundheit ist heute denn auch all-gemein anerkannt. Die Schattenseite: Jahr für Jahr verletzen sich in unserem Land mehr als 300 000 Sportlerinnen und Sportler.
Durchschnittlich 183 Personen ver-loren in den letzten 13 Jahren beim Sporttreiben gar ihr Leben. Fast die Hälfte der Getöteten verunfallte beim Bergwandern oder Bergsteigen. Zudem kommen jährlich einige Dutzend Per-sonen beim Skifahren abseits der mar-kierten Pisten sowie beim Baden und
Schwimmen in offenen Gewässern ums Leben. Die Anzahl der Getöteten sagt jedoch noch nichts über das Sterberisiko
einer Sportart aus. Dafür müssten die Anzahl aktiver Sportler sowie die Ex-positionszeiten einer Sportart berück-sichtigt werden. Diese sind aber meist zu wenig differenziert bekannt, um das effektive Risiko bestimmen zu können.
Je nach Sportartengruppe ist der Anteil der ausländischen Gäste an den Getö-teten unterschiedlich hoch, da einige Sportarten einen grösseren Anteil an Touristen aufweisen. So betreiben mehr Touristen Bergsport als Wassersport. Die Anzahl der Getöteten schwankt über die Jahre stark, was auf die unterschied-lichen Expositionszeiten zurückzufüh-ren ist. Diese hängen bei Outdoor-Sport-arten wie Bergwandern, Skifahren oder auch Baden / Schwimmen vor allem vom Wetter ab. Klar ist ausserdem: Über 80 Prozent der Getöteten sind Männer. mor
bfu-Grundlage «Tödliche Sportunfälle in der Schweiz, 2000 – 2012» auf www.bfu.ch
diE ZaHl
tÖdliCHE sportuNFÄllE Eine neue bfu-Auswertung zeigt: In der Schweiz verunfallten bei sportlichen Aktivitäten in den letzten 13 Jahren insgesamt 2 383 Menschen tödlich. Das sind durchschnittlich 183 Personen pro Jahr, darunter 61 Touristen aus dem Ausland.
Berg-, Schnee- und Wassersport fordern am meisten Todesopfer
183
Als der Bundesrat zur Jahrtausendwende
das Ziel einer Halbierung der schweren
Unfälle beschlossen hatte, bewirkte das
eine Bündelung der Kräfte. In der Folge
konnte die Zahl der Getöteten tatsäch-
lich um beinahe 50 % reduziert werden.
Im Gegensatz zur EU hat die Schweiz
derzeit keine politischen Zielvorgaben
mehr. Am diesjährigen bfu-Forum soll
deshalb mit Entscheidungsträgern und
Experten die Frage diskutiert werden,
ob ein neues Reduktionsziel formuliert
werden soll. Auch die anzustrebende
Zielgrösse wird diskutiert. Heute zählen
wir im Strassenverkehr über 300 Ge-
tötete, 500 Invalide und 4 000 Schwer-
verletzte pro Jahr. Um welchen Anteil
wollen wir diese Zahlen in den nächsten
10 Jahren reduzieren, bis wann streben
wir eine Halbierung an?
Das Forum wird durch ein Referat
eines ausländischen Experten zur
Bedeutung von Zielvorgaben einge-
leitet und richtet sich an Politiker,
Behörden und Präventionsfachleute
sowie anderweitige involvierte
Experten. Es findet am 26. November
2013, um 15.00 Uhr im Zentrum Paul
Klee in Bern statt. Melden Sie sich
an auf www.bfu.ch.
Vorschau bfu-Forum 2013: Was bringt ein neues Verkehrssicherheitsziel?
Zoom
4 sicher leben 2 / 2013
FoKus FUSSVERKEHR
Verkehrsnetze und Tempolimiten: bitte fussgängerfreundlich! risiKEN uNd prÄVENtioNsmassNaHmEN Der positive Trend zu insgesamt rückläufigen Unfallzahlen gilt nicht für Fussgängerunfälle: Ihre Zahl konnte in den letzten Jahren nicht gesenkt werden. Verbesserte Fusswegnetze, an gepasste Geschwindigkeiten und eine wirkungsvolle Verkehrserziehung sind angesagt.
Fussgängerinnen und Fussgänger sollen besser geschützt werden: Ein neuer Gesetzesartikel nimmt die Behörden in die Pflicht.
Die bfu hat kürzlich ihr Sicherheitsdos-sier «Fussverkehr» aktualisiert. Weitge-hend unverändert blieben die Unfall-zahlen: Pro Jahr werden in der Schweiz durchschnittlich 68 Fussgänger getötet und 700 schwer verletzt. «Während die Unfallzahlen insgesamt rückläufig sind,
können wir bei den Fussgängerunfällen leider keine Reduktion feststellen», hält Esther Walter fest, Verkehrspsychologin bei der bfu und Autorin des Sicherheits-dossiers. So tragen Fussgänger beispiels-weise mittlerweile ein deutlich höheres Unfallrisiko als PW-Insassen. Sie ma-
chen 20 % aller im Strassenverkehr töd-lich Verunfallten aus.
Besonders betroffen sind Senioren und Kinder. Rund ein Drittel der schwer und gar die Hälfte der tödlich verun-fallten Fussänger sind über 65-jährig. Eine solche Häufung von Todesfällen in
sicher leben 2 / 2013 5
einer Altersgruppe ist gemäss Esther Walter selten. Darauf muss bei der Prävention ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Dasselbe gilt für Kinder bis 9 Jahre, die mit durchschnittlich 5 tödlichen Fussgängerunfällen pro Jahr ebenfalls ein erhöhtes Risiko aufweisen.
Infrastruktur und Tempolimiten Beim Betrachten der Unfallursachen fällt auf, dass die signalisierten Tempo-limiten eine grosse Rolle spielen. Diese stehen in direktem Zusammenhang mit der Sterbensrate der Fussgänger: Je höher das Tempo der Fahrzeuge, desto häufiger und schwerer die Unfälle beim Fussverkehr. Die meisten der schweren Unfälle geschehen beim Überqueren ei- ner Strasse – davon mehr als die Hälfte auf Fussgängerstreifen. Im Winter, bei früh einsetzender Dunkelheit, ist das Risiko besonders gross.
Aufgrund dieser und weiterer Fak-ten kann die bfu die nötigen Präven-tionsmassnahmen klar benennen: «Am wirkungsvollsten ist es, bei der Infra-struktur anzusetzen», so Esther Walter. Dazu gehört in erster Linie eine syste-
matische Planung der Verkehrsnetze, die die Bedürfnisse des Fussverkehrs aufnimmt. Die Fusswegnetze müssen lückenlos sein und ein gefahrloses Überqueren von Strassen sicherstellen. Ebenfalls hohe Priorität hat aus Sicht der Unfallforschung ein angepasstes Geschwindigkeitsmanagement. Zwar weniger wirkungsvoll, aber trotzdem ein wichtiges Element ist die Verhaltens-prävention, konkret die Förderung der Risikokompetenzen bei den Fussgän-gern wie auch den PW-Lenkenden.
«Am wirkungsvollsten ist es, bei der
Infrastruktur anzusetzen.» Esther Walter, Verkehrspsychologin bfu
Verkehrserziehung Die Verkehrserziehung der Kinder, kombiniert mit der Sensibilisierung der Eltern, gilt laut dem bfu-Sicherheits-dossier als sehr empfehlenswerte Mass-nahme. Wie dies möglichst optimal erfolgen soll, wurde ergänzend zum Dossier näher untersucht. Erkenntnisse aus verschiedenen Ländern weisen dar-auf hin, dass Verkehrserziehung, die vor allem Wissen vermittelt, allein nicht sehr wirkungsvoll ist. Wird der
Fokus hingegen auf das Erlernen von Fertigkeiten durch praktische Übun-gen gelegt, so erweist sie sich schon bei Kindern ab dem Alter von 4 bis 5 Jah-ren erfolgreich. Bis zum Alter von mindestens 8 Jahren sollten Kinder bei komplexen Querungsstellen aber von Erwachsenen begleitet werden.
Die Schweiz hat teilweise noch Ver-besserungspotenzial: Während in eini-gen Kantonen ein beachtlicher Teil des
Verkehrsunterrichts aus Übungen im realen Verkehr besteht, findet in an de-ren Gegenden in der 1. und 2. Primar-klasse nur Theorieunterricht statt. Stär-ker zu fördern ist auch der Einbezug der Eltern. Sie müssen beispielsweise an Elternabenden und mit Broschüren in-formiert werden, was ihre Kinder im Verkehrsunterricht lernen, damit sie die erworbenen Fertigkeiten im Alltag mit ihnen vertiefen können. um
Handlungsbedarf ortet die bfu insbe-sondere bei der Verkehrserziehung der Kinder (siehe Kasten).
Neuer Gesetzesartikel Die Chancen stehen gut, dass bei der Infrastruktur in den nächsten Jahren wesentliche Verbesserungen erreicht werden. Seit Anfang 2013 ist nämlich der neue Artikel 6a des Strassenver-kehrsgesetzes (SVG) in Kraft. Darin sind erstmals auf nationaler Ebene die Aufgaben der Strasseneigentümer für
«Der neue Artikel im Strassenverkehrs-
gesetz ist ein grosser Fortschritt.» Patrick Eberling, Leiter Verkehrstechnik bfu.
6 sicher leben 2 / 2013
Strassen netze systematisch auf Un-fallschwerpunkte und Gefahrenstellen zu analysieren und nach einheitlichen Sicherheitsstandards auszugestalten.»
«ISSI» und SicherheitsbeauftragteBei diesem Unterfangen sind die ver-antwortlichen Behörden nicht auf sich alleine gestellt. Ein Paket an Infrastruk-tur-Sicherheitsinstrumenten, kurz ISSI, steht Ihnen zur Unterstützung zur Verfügung. Diese Instrumente zeigen auf praxisnahe Art die Verfahren auf, wie Verkehrssicherheitsbewertungen, Safety-Audits, Inspektionen, Unfallana-lysen oder Verkehrsplanungen durch-zuführen sind. Das Bundesamt für Strassen ASTRA hat sie in enger Zu-sammenarbeit mit der bfu entwickelt.
Bund und Kantone sind zudem neu verpflichtet, eine verantwortliche An-sprechperson für den Verkehrssicher-heitsbereich zu ernennen. Deren Haupt-aufgabe ist es, die ISSI-Instrumente anzuwenden und entsprechende Pro-jekte zu koordinieren. Diese neue Funk-tion der Sicherheitsbeauftragten wird zu einer grösseren Sensibilisierung und mehr Aktivitäten führen, ist Patrick Eberling überzeugt: «Die Sicherheits -beauftragten haben Einblick in die na-tio nale Datenbank mit allen polizeilich
erfassten Unfälle in ihrem Kanton – sie sehen auf Knopfdruck, wo die Unfall-schwerpunkte liegen, und können die nötigen Projekte lancieren.»
Fussgängerstreifen im Visier Die bfu erwartet durch diese ganz-heitlichere Herangehensweise deutliche Verbesserungen in der Verkehrssicher-heit, besonders auch einen stärkeren Schutz der Fussgängerinnen und Fuss-gänger. Speziell im Visier des neuen Gesetzesartikels sind die Fussgänger-streifen. Diese werden heute ihrer Funktion als Hilfe zum sicheren Über-queren einer Strasse oft nicht gerecht. Nicht immer sind die Streifen an ge-eigneten Stellen platziert, genügend gut markiert und beleuchtet, zudem fehlen häufig sichere Warteräume oder Mittel inseln. Der Bund erlässt deshalb neu Vorschriften, wie die Fussgän- gerstreifen baulich ausgestaltet sein müssen.
Es bleibt zu hoffen, dass mit den neuen gesetzlichen Bestimmungen, den ISSI-Instrumenten sowie mit weiteren Sicherheitsmassnahmen (siehe Kasten) auch die Fussgängerunfälle dem Trend der sinkenden Unfallzahlen folgen.
Ursula Marti
Das ist zu tun
Die wichtigsten Ziele zur Verbes-
serung der Fussgängersicherheit: • Durch Netzplanung und Berück-
sichtigung der Bedürfnisse des
Fussverkehrs lückenlose Fussweg-
netze erstellen sowie insbeson-
dere bei Querungen adäquate
fussgängerspezifische Infrastruk-
turelemente projektieren• Forschungslücken zu infrastruk-
turellen Einflussfaktoren bei
Querungsstellen schliessen • Fussgängerfreundliches Ge-
schwindigkeitsmanagement
erwirken• Optimierung der PW-Fronten
hinsichtlich Partnerschutz• Optimierte Beleuchtungsfunktio-
nalität (z. B. adaptives Kurvenlicht)• Unterstützung der Lenkenden
durch elektronische Assistenz-
systeme (z. B. Notbremssysteme)• Fördern eines vorausschauenden
Fahrstils, insbesondere der
Einhaltung der Anhaltepflicht
an Fussgängerstreifen• Fördern der Risikokompetenz bei
Fussgängern und PW-Lenkenden
Aus dem bfu-Sicherheitsdossier
«Fussverkehr», auf www.bfu.ch
(Bestellen, Art.-Nr. 2.109)
Strassenverkehrsgesetz: neuer Artikel 6a
1. Bund, Kantone und Gemeinden
tragen bei Planung, Bau, Unterhalt
und Betrieb der Strasseninfrastruk-
tur den Anliegen der Verkehrssi-
cherheit angemessen Rechnung.
2. Der Bund erlässt in Zusammen-
arbeit mit den Kantonen Vorschrif-
ten über die bauliche Ausgestal-
tung von Fussgängerstreifen.
3. Bund, Kantone und Gemeinden
analysieren ihr Strassennetz auf
Unfallschwerpunkte und Gefah-
renstellen und erarbeiten eine
Planung zu deren Behebung.
4. Bund und Kantone ernennen eine
für den Verkehrssicherheitsbereich
verantwortliche Ansprechperson
(Sicherheitsbeauftrager).
die Ausgestaltung einer sicheren Stras-seninfrastruktur explizit fesgelegt.
Der neue Gesetzesartikel ist eine Folge von Via sicura, dem nationalen Verkehrssicherheitsprogramm. Sehr zu-frieden zeigt sich Patrick Eberling, Leiter Verkehrstechnik bei der bfu: «Dieses Gesetz ist ein grosser Fort-schritt, denn es nimmt Bund, Kantone und Gemeinden in die Pflicht, ihre
sicher leben 2 / 2013 7
Die Fussgänger gehen bei der Planung oft vergessenstaNdpuNKt von Matthias Aebischer, Nationalrat (SP) und Präsident von Fussverkehr Bern, zur Verkehrspolitik.
Die Planung der Dreifachturnhalle ist in der Schlussphase. Die Anfahr-
ten für Velos und Autos sind geklärt. Parkplätze hat es für Zwei- und Vierrä-der genug. Unweit von der Halle entfernt befindet sich eine Bushaltestelle. Alles perfekt also. Oder doch nicht? Denn der Haupteingang liegt von der Bushalte-stelle aus gesehen auf der Rückseite des Gebäudes. Alle Fussgängerinnen und Fussgänger müssen also um die Dreifach-turnhalle herum laufen. Der kürzeste Weg führt über den Parkplatz. Separate Fusswege würden dann schon noch ge-plant, heisst es auf Anfrage.
Immer noch zu oft gehen die Fussgän-gerinnen und Fussgänger bei der Planung vergessen. Nicht zuletzt deshalb setze ich mich als Politiker für deren Anliegen ein. So habe ich zum Beispiel im National- rat erreicht, dass bei der Revision des Stras senverkehrsgesetzes (SVG) auch die Qualität der Fussgängerstreifen aufge-nommen wird (siehe Seite 6). Viele der rund 50 000 Fussgängerstreifen haben die Kantone seither überprüft. Liegt der Fuss gängerstreifen am richtigen Ort? Ist er richtig beleuchtet? Haben Fussgänger und Autofahrer genügend Sicht? Braucht es eine Mittelinsel? Das sind Fragen, die es zu klären gilt. Nur so können wir die Anzahl der verletzten und getöteten Fuss-gängerinnen und Fussgänger reduzieren, im Idealfall auf das Niveau anderer euro-päischer Länder.
Doch nicht nur auf Fussgängerstreifen lauert die Gefahr. Oft, so finde ich, fehlt
bei der Planung die nötige Empathie. Eine zu wenig durchdachte Verkehrs-führung kann für Fussgängerinnen und Fussgänger zu einem grossen Risiko wer-den. Bereits kleine Unebenheiten stellen für ältere Personen gefährliche Stolper-fallen dar. Es ist deshalb wichtig, dass die Fussverkehr-Spezialistinnen und -Spe-zialisten von Beginn weg in die Planung miteinbezogen werden.
Hätte man dies bei der Dreifachturn-halle gemacht, würde man nicht kurz vor Planungsschluss realisieren, dass alle Fussgängerinnen und Fussgänger den Parkplatz queren werden. Es gibt noch viel zu tun. Wir bleiben dran. •
Nationalrat Matthias Aebischer setzt sich für fussgängerfreundliche
Planung ein. Gar nichts auszusetzen
hat er am Bundesplatz. Dieser ist
nämlich ein ausgezeichnetes Beispiel
für eine Fussgängerzone: Er ist sehr
übersichtlich und durch die Gestaltung
und das verwendete Material sofort
erkennbar als Fläche, die nicht für den
motorisierten Verkehr vorgesehen ist.
Der Platz ist hindernisfrei gebaut und
somit auch für gehbehinderte Men-
schen problemlos zugänglich. Es besteht
höchstens die Gefahr nass zu werden,
wenn man sich in die Nähe des Wasser-
spiels wagt …
FoKus FUSSVERKEHR
8 sicher leben 2 / 2013
FoKus FUSSVERKEHR
Castel San Pietro geht mit gutem Beispiel voranFussGÄNGErstrEiFEN Die Tessiner Gemeinde Castel San Pietro ist dem Aufruf der bfu gefolgt und hat alle Fussgängerstreifen auf ihre Sicherheit hin überprüft. Dank den Fachinformationen und der individuellen Beratung durch die bfu hat sie gute Lösungen gefunden und problematische Streifen saniert.
Im Winter 2011 ereigneten sich in der Schweiz eine Reihe schwerer Unfälle auf Fussgängerstreifen, was in den nati-onalen Medien breite Diskussionen ausgelöst hat. Die bfu reagierte umge-hend und forderte die Gemeinden auf, die Sicherheit der Fussgängerstreifen auf ihrem Gebiet zu überprüfen. Dafür stellte sie ihnen eine Checkliste mit dem Titel «Sicherheit von Fussgänger-streifen» zur Verfügung, mit deren Hilfe diese überprüft werden können.
Viele Kantone und Gemeinden nah-men die Anregungen der bfu auf und wurden sofort aktiv. Die Abteilung Ver-kehrstechnik der bfu bietet ihnen auch weitergehende Hilfe an, um die Ver-kehrssicherheit zu erhöhen. In Zwei-felsfällen oder bei besonders schwieri-gen Situationen berät sie die betroffenen Gemeinden direkt.
Eine dieser Gemeinden ist Castel San Pietro im Südtessin. Sie hat unter der Leitung des bfu-Sicherheitsdele-gierten Massimo Cristinelli alle Fuss-gängerstreifen systematisch überprüft. Zu sammen mit Patrick Eberling, Leiter Verkehrstechnik der bfu, wurden die verschiedenen Verkehrssituationen vor Ort angeschaut und Lösungen disku-tiert. Die bfu gab dabei Sicherheits-
«im Vordergrund standen die sicherheit und die sorgen der Bevölkerung.»
Massimo Cristinelli vor einem sanierten Fussgängerstreifen. Dank der neuen
Mittelinsel und der Leuchte ist das Überqueren der Strasse viel sicherer geworden.
sicher leben 2 / 2013 9
Überprüfung aller Fussgänger-
streifen in Kantonen und
Städten
Praktisch alle Kantone und alle
grösseren Städte sowie das
Fürstentum Liechtenstein haben
letztes Jahr begonnen, ihre
Fussgängerstreifen zu überprü-
fen. Gestützt auf eine Umfrage
schätzt die bfu, dass dies bei
rund drei Viertel aller Fussgänger-
streifen erfolgt ist. Die erhobenen
Daten werden mit den Vorgaben
der VSS-Normen und -Beleuch-
tungsrichtlinien verglichen und
allfällige notwendige Sanierungs-
massnahmen geplant und umge-
setzt. Das nimmt einige Zeit in
Anspruch. Bei ca. 5 bis 10 % der
überprüften Fussgängerstreifen
wurden bereits Massnahmen
realisiert.
Der Turboschlaf-Bus ist an Musikfestivals
im Einsatz. Die Besucherinnen und
Besucher werden daran erinnert, wie
wichtig genügend Schlaf für das sichere
Lenken eines Fahrzeugs ist.
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05.07. – 07.07. Touch the Lake, Zürich
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18.07. – 21.07. Gurtenfestival, Bern
31.07. – 03.08. Estivale, Estavayer-le-Lac
15.08. – 18.08. Openair Gampel
05.09. – 08.09. Electrosanne, Lausanne
aNGEsaGt
Turboschlaf on tour
«Der Schulweg hatte Priorität»Massimo Cristinelli von der Gemeinde Castel San Pietro erläutert, wie die Gemeinde bei der Sanierung der Fussgängerstreifen vorgegangen ist.
sicher leben: Herr Cristinelli, wie kam das Projekt zustande?Massimo Cristinelli: Als bfu-Sicher-heitsdelegierter der Gemeinde stehe ich in regelmässigem Kontakt mit dem bfu-Verantwortlichen des Kantons, deshalb kannte ich auch die bfu-Check-liste «Sicherheit von Fussgängerstrei-fen». Nach verschiedenen Rückmel-dungen aus der Bevölkerung schien es uns angebracht zu reagieren.
Nach welchen Kriterien wählten Sie die zu sanierenden Fussgängerstreifen aus?Im Vordergrund standen die Sicherheit und die Sorgen der Bevölkerung. Prio-rität hatte der Schulweg: Castel San Pietro ist eine der ersten Tessiner Ge-meinden, die den sogenannten «Piano di mobilità scolastica» (Kantonales Pro- jekt «Mobile Schule») umgesetzt und nach optimalen Lösungen für sichere Schulwege gesucht hat.
Gibt es einen Austausch unter den Gemeinden?Ja, denn wir sind kleine Gemeinden, die rasch und effizient reagieren kön-nen – jede Gemeinde trifft dabei ihre
Entscheide autonom und frei unter Berücksichtigung der bfu-Kriterien für sichere Fussgängerstreifen.
Welche technischen Massnahmen haben Sie getroffen? Bei den besonders stark frequentier- ten und schlecht sichtbaren Streifen er-stellten wir in der Strassenmitte eine Fussgängerinsel als zusätzliche Sicher-heitsmassnahme. Zudem montierten wir eine Leuchte. So sind die Über-gänge auch nachts gut sichtbar.
Wie sah die Zusammenarbeit mit der bfu aus, welche Hilfe erhielten Sie?Die Zusammenarbeit klappte hervorra-gend, auch weil ich regelmässig Kontakt mit dem bfu-Chef-Sicherheitsdelegier-ten des Tessins habe. Zudem organisiert die bfu jedes Jahr verschiedene Kurse, man kennt sich also gut. Im vorliegen-den Fall füllte unsere Gemeinde das bfu-Formular aus und ergänzte es mit Fotos, Plänen, Skizzen und Anregun-gen. Aufgrund dieser Informationen konnte die bfu eine Bewertung vorneh-men und für jeden einzelnen Fussgän-gerstreifen Vorschläge machen – und das in sehr kurzer Zeit. mz
empfehlungen ab, für die Entscheide war dann die Gemeinde zuständig. Das Resultat überzeugt: Die wichtigsten Fussgängerstreifen von Castel San Pietro wurden unter Berücksichtigung der bfu-Checkliste neu gestaltet. Gegenwärtig werden die letzten Querungen saniert.
Manuela Zaugg
10 sicher leben 2 / 2013
BadEstraNd Seit Juli 2012 können sich die Einwohnerinnen und Einwohner von Delémont an einem gesicherten Badestrand entspannen – einem der wenigen im Kanton. Er erfreut seither Gross und Klein. An seiner Entstehung waren verschiedene Partner beteiligt, auch Gabriel Meusy, der bfu-Sicherheitsdelegierte.
«Für die Sicherheit haben wir das Maximum getan»
NEtZWErK GEMEINDEN
Das Resultat einer erfolgreichen Zusammenarbeit: ein neu gestalteter Strand
mit schützender Barriere, Rettungsring, Sicherheitsbojen und Informationstafeln.
In der Vergangenheit hat die Sorne mit ihren Hochwassern der Stadt Delémont übel mitgespielt und zum Teil schwere Überschwemmungen verursacht. 2007 lancierte die Gemeinde ein Projekt für die Neugestaltung des Flusslaufs, um das Leben am und mit dem Fluss zu erleich-tern. Dabei wurde auch der TCS-Cam-pingplatz am Ufer untersucht. Es wurde entschieden, dort einen sicheren Bade-strand zu schaffen, wo es bisher nur ei-nen kleinen Zugang zum Wasser gab.
Nach dem T-O-P-PrinzipGabriel Meusy, Mitarbeiter des De par-tements Stadtplanung, Umwelt und öf-fentliche Arbeiten sowie bfu-Sicher-heitsdelegierter, erhielt den Auftrag, das Projekt zu begleiten. Er wurde durch den bfu-Chef-Sicherheitsdelegierten Cédric Eschmann sowie durch Vertreter der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesell-schaft (SLRG) unterstützt. «Um die Sicherheit zu verbessern, haben wir die Bereiche Technik (T) und Organisa-tion (O) sowie die beteiligten Personen (P) einbezogen», unterstreicht Gabriel Meusy. In dieser Hinsicht folgt das Pro-jekt mustergültig der Vorgehensweise, die die bfu empfiehlt.
Im baulichen Bereich haben die Pla-nungsfachleute beispielsweise darauf geachtet, strömungsarme und untiefe Zonen zu schaffen und zu verhindern, dass der Grund steil abfällt. So ist das Risiko geringer, dass die Badegäste un-angenehme Überraschungen erleben.
sicher leben 2 / 2013 11
Es wurde sorgfältig geprüft, an welchen Stellen Rettungsbojen angebracht wer-den sollen, damit sich Schwimmende in Not festhalten können. Der Cam-pingleiter, der sich während der Cam-pingsaison vor Ort befindet, wurde da-rüber informiert.
Tafeln mit Piktogrammen informie-ren die Gäste über die Wassertiefe in den einzelnen Zonen, über das Verbot, den Wasserfall zu betreten, oder die Empfehlung, nur in den tieferen Zonen zu tauchen. Auch die Notfallnummern sind aufgeführt. Schliesslich wird der Strand nachts, bei Hochwasser sowie ausserhalb der Badesaison durch eine Barriere geschlossen.
Appell an Eigenverantwortung Das Projekt wurde von der Stadtver-waltung von Anfang an gutgeheissen und mitgetragen. Anfang Juli 2012, rechtzeitig vor Ferienbeginn, waren die Arbeiten abgeschlossen. Zur grossen Freude aller, wie sich zeigte – der Strand fand sofort zahlreiche Anhänger. Es ist sogar geplant, dass die SLRG einen Kurs für Lehrpersonen anbietet und über das richtige Verhalten in gefährli-
chen Situationen sowie den Einsatz der Bojen informiert. Gabriel Meusy hält zum Schluss fest: «Für die Sicherheit haben wir das Maximum getan. Jetzt
liegt es an den Badegästen, sich verant-wortungsvoll zu verhalten.»
Magali Dubois
Gabriel Meusy, bfu-Sicherheitsdelegierter von Delémont (rechts) und Cédric Eschmann,
Chef-Sicherheitsdelegierter der bfu am Badestrand. Im Hintergrund der Wasserfall.
Über Alkoholprobleme wird zu wenig
gesprochen – finden das Bundesamt für
Gesundheit BAG sowie viele weitere
Organisationen, darunter die bfu. Eine
vom BAG initiierte Kampagne will
deshalb das Thema aus der Tabuzone
holen. Die breite Bevölkerung soll
besser Bescheid wissen über Alkohol,
zum Beispiel, dass Gemeinplätze wie
«Alkohol wärmt» oder «Ein guter Wein
schadet nicht» ins Reich der Märchen
gehören. Während der nationalen Dia-
logwoche «Alkohol» im Mai wurden
zahlreiche Aktivitäten lanciert. Unser
Tipp: die neue App «After Party» – ein
Gemeinschafts projekt von BAG und
bfu. Ein witziges Spiel, bei dem man auf
dem Heimweg von einer Party vielen
Hindernissen ausweichen muss, um den
Alkohol pegel im Griff zu behalten und
heil nach Hause zu kommen. Die Besten
schaffen es in die Highscore-Liste!
Die Kampagne: www.ich-
spreche-ueber-alkohol.ch
Die App: www.game-
afterparty.ch
EiNFaCH GENial
Alkohol ist (k)ein Spiel
Für Spielfreudige: die App von BAG und bfu
12 sicher leben 2 / 2013
Gleichgewichtsstörungen gehören zu den grössten Risikofaktoren, um im Alter zu stürzen. Mit einem passen- den Training können Seniorinnen und
Senioren ihre Fitness verbessern und somit Stürze besser abwenden.
Die Ausbildungsverantwortlichen werden an der bfu-Tagung mit dem neuen Manual «Training zur Sturz-prävention» vertraut gemacht. Dieses wurde von einem interdisziplinären
NEtZWErK GESUNDHEIT
Im Alter kräftig und mobil bleibentaGuNG sturZprÄVENtioN Stürze sind mit Abstand die häufigste Unfallart. Besonders oft und schwer verunfallen ältere Personen. Im Rahmen ihres neuen Präventionsprogramms schult die bfu Ausbildungsverantwortliche von Gesundheits- und Altersorganisationen. Ein neues Manual zeigt, wie sie Sturzpräventionstrainings gezielt fördern können.
Ex pertenteam unter der Leitung von Barbara Pfenninger erabeitet. Neben einem Theorieteil mit Grundlagen wis-sen zeigt ein ausführlicher Pra xisteil genau auf, wie Fachpersonen bei Se-nioren intervenieren können. In einem ersten Schritt werden mit verschie- denen Tests (Gleichgewicht, Mobili- tät, Geh geschwindigkeit, Beinkraft) die Sturz gefährdung einer Person einge-schätzt und individuelle Trainings-schwerpunkte festgelegt. Dies erlaubt, danach ein Trainingsprogramm aus Gruppenaktivitäten und individuali-sierten Übungen festzulegen.
In Theorieblöcken und Workshops erfahren die Ausbildungsverantworli-chen einen Tag lang, wie sie die Sturz-prävention fördern können. Die praxis-nahen Hilfsmittel und der gegenseitige Austausch motivieren sie sichtlich und die meisten kehren mit der Idee eines konkreten Projekts in ihre Institutio- nen zurück. Für Barbara Pfenninger ein schöner Erfolg: «Gleichgewichts-trai ning und Kräftigung der Bein- und Rumpfmuskulatur sollten fortan zu jedem Bildungs- und Bewegungsan-gebot für ältere Menschen gehören. Und Personen, die aufgrund eines Tests sturz gefährdet sind, sollten von einem auf sie abgestimmten Präventionspro-gramm profitieren können.» Dafür wurde an der Tagung ein wichtiger Grund stein gelegt.
Ursula Marti
Sie machen sich stark für die Sturzprävention bei Senioren: Reto W. Kressig
(Universitätsspital Basel) und Barbara Pfenninger (bfu) an der Tagung.
Barbara Pfenninger, Projektleiterin des bfu-Schwerpunktprogramms «Stürze» kann rund 50 Ausbildungsverantwort-liche von Gesundheits- und Altersorga-nisationen aus der Deutschweiz und der Romandie im bfu-Schulungszent-rum in Bern. Sie alle sind wichtige Mul-tiplikatorinnen und Multiplikatoren, um bei Menschen im Seniorenalter aktive Sturzprävention zu betreiben. Über 52 000 Stürze auf gleicher Ebene ereignen sich jedes Jahr bei den über 65-Jährigen, dazu kommen 8 800 Stürze auf der Treppe und 8 400 Stürze aus der Höhe. Da die Menschen immer älter werden, steigen diese Zahlen lau-fend. Muskelschwäche, Mobilitäts- und
«das sturzpräventionstrai-ning sollte fortan zu jedem Bildungsangebot gehören.»
sicher leben 2 / 2013 13
Die Hände sind geschützt bei dieser Glaspendeltüre mit Klemmschutz.
In Österreich entwickelt – in der
Schweiz seit kurzem erhältlich: das
neue Klemmschutzsystem «Swissdoor
A2» für Pendeltüren aus Glas. Es
verhindert, dass Hände oder Füsse
beim Schliessen der Türe eingeklemmt
werden. Das Türblatt weist einen
separaten Glasstreifen auf, der auf
Widerstand reagiert und sich auf die
Seite abdreht. Somit wird ein Quet-
schen von Körperteilen verunmöglicht.
Roberto Jäckle von der Glas Trösch
AG ist überzeugt vom neuen Produkt:
«Es funktioniert technisch einwandfrei
und ist auch optisch kaum erkennbar,
da alle zusätzlichen Komponenten aus
Glas sind.» Das Klemmschutzsystem ist
für alle Arten von Glaspendeltüren ge-
eignet und kann auch bei besteheden
Türanlagen nachträglich eingbaut wer-
den. Besonders zu empfehlen ist es bei
öffentlichen Gebäuden, Kindergärten
und Schulen sowie Hotel und Wellness-
anlagen. «Swissdoor A2» trägt das
bfu-Sicherheitszeichen. Informa tionen
unter www.glastroesch.ch. um
EiNFaCH GENial
Kein Einklemmen mehr
«Wissenschaftlich fundiert und praktisch umsetzbar» Prof. Dr. med. Reto W. Kressig vom Universitätsspital Basel lieferte wichtige Grundlagen zur Erarbeitung des vorliegenden Manuals. Er legte seine Erkenntnisse an der Tagung in einem Referat dar.
sicher leben: Welchen Stellenwert hat für Sie das neue Manual für die Sturzprävention in der Schweiz?Reto W. Kressig: Es vermittelt den aktu-ellen Stand unseres Wissens zu den wirksamsten Massnahmen in der Sturz-prävention – wissenschaftlich fundiert und von einer breiten interdisziplinären Expertengruppe im Schweizer Kontext als erfolgreich umsetzbar beurteilt. Mit diesem «Best Practice»-Ansatz unter-scheidet sich das Manual wesentlich von anderen wissenschaftlichen Publi-kationen in der Sturzprävention. Es ist aufs Wesentliche beschränkt, verständ-lich geschrieben und illustriert. Fach-personen aus dem Bewegungssektor und dem Gesundheitswesen erhalten praxisorientiertes Wissen zu Sturzrisi-koerkennung und Sturz verhütung. Das Manual ist die Grund lage, um wissen-schaftlich fundierte, aber gleichzeitig auch machbare und sinnvolle Interven-tionen anzubieten.
Welche weiteren Schritte wären sinnvoll?Eine gezielte Abgabe dieses Manuals an Fachpersonen aus dem Bewegungs-
und Gesundheitsbereich im Rahmen von begleitenden kurzen Weiterbildun-gen ist aus meiner Sicht die beste Art, das hier zusammengetragene Wissen in der Praxis zu verankern. Diese Umset-zung dann auch auf ihre Wirksamkeit hin wissenschaftlich zu evaluieren, wäre ein nächster wichtiger Schritt.
Welche Wirkung erhoffen Sie sich von dieser Tagung?Die Erkenntnis, dass Sturzpräventions-massnahmen wirksam sind und gleich-zeitig Spass machen können, ist hoffent-lich für die anbietenden Fachpersonen wie auch für die betroffenen Senioren eine positive Erfahrung. Das praxisori-entierte Wissen wird helfen, die Sturz-präventionsangebote noch zielführen-der zu gestalten. Für Entscheidungs- träger im Gesundheitswesen können die hier vermittelten Inhalte Garanten für Qualität und Erfolg bei der Lancierung von neuen Sturzpräventionsprogram-men für Senioren sein. Und das Wich-tigste: Senioren erhalten wirksame Methoden, um ihre Gangsicherheit zu verbessern! um
Weitere Informationen
Das Manual «Training zur Sturz-
prävention» (Art.-Nr. 2.104) ist für
Fachpersonen gratis erhältlich.
Zudem hat die bfu eine Broschüre
zum Übungsprogramm für den
Alltag (Art.-Nr. 3.143) und ein Video
veröffentlicht. Damit können Se-
nio rinnen und Senioren auch ohne
externe Anleitung mit einfachen,
wirkungsvollen Übungen ihre Fitness
verbessern. Alles erhältlich auf
www.stuerze.bfu.ch.
14 sicher leben 2 / 2013
Die neue Präventionsausstellung – ein Publikumsmagnet lYsspo «Das ist megacool» ruft der 10-jährige Sandro Müller, als er an der Lysspo die interaktive Ausstellung der bfu ausprobiert. Besonders begeistert ist er von den Filmen von «Franky Slow Down», die ihm auf drei Monitoren entgegen-flimmern. Mit einer Handbewegung wechselt er zum nächsten Thema.
75 JaHrE BFu
Im Rahmen des Jubiläums «75 Jahre mit Voraussicht» entwickelte die bfu eine in-teraktive Ausstellung. Herzstück ist eine berührungslose Steuerung, die aus einer Spielkonsole stammt. Gesteuert wird über Handbewegungen. Die Ausstel-lung umfasst 6 Themen: Alkohol und Übermüdung, persönliche Schutzaus-rüstung, Sicherheit im Auto, Stürze, Si-cherheit im und ums Haus sowie Stras-senverkehr. «Ich bin sehr überrascht, dass die meisten Besucherinnen und Besucher den Bereich Stürze anwählen. Obwohl diese Wahl sehr berechtigt ist,
denn Stürze sind tatsächlich ein unfall-trächtiges Thema», erklärt Rolf Winkel-mann, Leiter Sicherheitsdelegierte der bfu. «Weniger überraschend ist, dass die meisten eines der zahlreichen Quiz machen wollen. Zum einen sind die vor-gegebenen Antworten witzig und zum anderen testet jeder gerne sein Wissen.»
Das Publikum ist begeistert …«Sobald sich etwas bewegt oder ein gros ser Bildschirm zu sehen ist, wirkt das wie ein Publikumsmagnet. Vor al-lem, wenn die Besucherinnen und Be-
sucher aktiv etwas machen können», meint Rolf Winkelmann. Er ist erfreut über das grosse Interesse des Publikums an der Lysspo. Das Ausstellungsmodul mit der neuartigen Technik wurde zum ersten Mal an einer Gewerbeausstellung gezeigt. «Es kommt natürlich unter-schiedlich an. Die etwas älteren Leute brauchen mehr Hilfe mit der Steuerung durch Handbewegungen. Aber die Jün-geren, die sich den Umgang mit Spiel-konsolen gewöhnt sind, lernen es schnell. Ich bin begeistert, dass es auf so grossen Anklang stösst.» Trotz der spie-
Die Ausstellung buchen
Die Präventionsausstellung kann
auf der Webseite www.75.bfu.ch
gebucht werden. Ein Kalender
zeigt auf, wann und wo bereits ein
Einsatz vorgesehen ist. Es stehen
6 Geräte zur Verfügung, alle
ausgestattet mit den Themen
Alkohol und Übermüdung,
persönliche Schutzausrüstung,
Sicherheit im Auto, Stürze,
Sicherheit im und ums Haus und
Strassenverkehr. Für die Ausleihe
müssen verschiedene Bedingungen
erfüllt sein. So ist die Ausstellung
nur in einem Raum mit ebenem
Boden einsetzbar, idealerweise
wird sie betreut. Im Jubiläumsjahr
stellt die bfu den Gemeinden die
Geräte inklusive Hin- und Rück-
transport kostenlos zur Verfügung.Junge sind oft schon vertraut mit der Spielkonsolentechnik. Den andern Besuchenden steht
Rolf Winkelmann von der bfu beim Navigieren mit Handbewegungen unterstützend zur Seite.
sicher leben 2 / 2013 15
lerischen Form werden die Präventions-inhalte aufgenommen, ist er überzeugt. «Die Botschaften sind sehr plakativ. Eine Botschaft bleibt besser hängen, wenn sie mit Humor vermittelt wird statt mit dem erhobenen Mahnfinger.»
Das bestätigen auch die begeisterten Kommentare der Besucherinnen und Besucher. Eine Mutter hat zuerst noch ein Durcheinander mit den Handbewe-gungen, aber nach kurzer Zeit ist sie mitten drin in der Themeninsel zu den Stürzen. «Das ist super und das Quiz ist auch ganz leicht», lacht sie und beant-wortet die nächste Frage mit einer ein-fachen Handbewegung. Ihre 13-jährige Tochter braucht keine Einführung mehr, sie hat bereits bei ihrer Mutter abgeschaut, wie es funktioniert. «Ich will mir lieber die Filme von Franky Slow Down anschauen, der ist echt kul-tig!», meint sie und wischt locker das gute Resultat ihrer Mutter beim Quiz vom Bildschirm.
… und die Medien ebenso Das Medieninteresse ist sehr gross. An der Lysspo wird die Direktorin der bfu, Brigitte Buhmann, von TeleBielingue befragt. Das Interview dreht sich nicht nur um die neue Ausstellung, sondern auch um die letzten 75 Jahre erfolg rei-cher Präventionsarbeit der bfu. Bereits am Morgen kamen Journalisten der
beiden regionalen Radiosender und das Lokalfernsehen vorbei. Die interaktive Ausstellung und das Jubiläum interes-sierten aber auch national. So wurde im Schweizer Radio SRF die Sendung Treff-punkt zum Thema ausgestrahlt. Unter anderem auch mit einer Fra gerunde, bei der die Zuhörenden der Direktorin Bri-gitte Buhmann und Geschäftsleitungs-mitglied Paul Reichardt, Entwickler der neuen Ausstellung, auf den Zahn fühlen
konnten. Und nicht zuletzt befasste sich die Konsumentensendung Espresso mit dem bfu-Jubiläum.
Verschiedene EinsatorteDie Ausstellung, bestehend aus 3 Mo-nitoren, einem Soundsystem und der Spielkonsolensteuerung, musste ein-fach in der Anwendung sein und von einer Person aufgestellt werden kön-nen. Das ist gelungen. Als Einsatzorte sind nicht nur Messen und Ausstellun-gen vorgesehen. Rolf Winkelmann hat bei den Präventionspartnern schon fleissig Werbung gemacht. «Wir wollen, dass das Modul an den unterschied-lichsten Orten eingesetzt wird. Zum Beispiel durch die bfu-Sicherheitsdele-gierten, die Verkehrsinstruktoren, die Sicherheitsfachleute in den Betrieben oder in Schulen. Es ist ein attraktives Instrument, um vor Ort wirkungsvoll Präventionsarbeit zu leisten.» Der Er-folg gibt Rolf Winkelmann Recht. Die 6 Geräte sind bis Ende Jahr schon sehr gut gebucht.
Vanessa Kuhn
bfu-Direktorin Brigitte Buhmann im Interview mit TeleBielingue.
Seit einiger Zeit gibt es die LiPo-Akkus
(Lithium-Polymer), die wegen ihrer
hohen Leistung und dem geringen
Gewicht besonders im Modellbau, aber
auch für eine Reihe anderer Elektroge-
räte eingesetzt werden. Die bfu warnt
jedoch: Die LiPo-Akkus können zur
Gefahr werden, wenn die Gebrauchs-
anleitung nicht genau eingehalten wird.
Robert Nyffenegger, bfu-Berater für
Produk tesicherheit: «Bei unsachgemäs-
sem Umgang kann es beim Laden oder
während der Lagerung leicht zu einer
Überhitzung des Akkus kommen.» Die
Folge: eine Explosion, die zu Verletzun-
gen und Bränden führen kann.
Damit das nicht geschieht, rät die bfu:• Gebrauchsanleitung sowie Warn-
und Sicherheitshinweise unbedingt
beachten• Nur ein für LiPo-Akkus geeignetes
Ladegerät verwenden.• Keine äusserlich beschädigten
LiPo-Akkus aufladen.• Die LiPo-Akkus in speziellen
Sicherheitsladetaschen aufladen
und während der Ladung über-
wachen.• Lagerung und Transport der
LiPo- Akkus nur in den Sicherheits-
lade- und Aufbewahrungstaschen
oder -koffern. um
FrEiZEitKiCK
Aufgepasst bei LiPo-Akkus
16 sicher leben 2 / 2013
KampaGNE
Bergwandern – aber sicher
Berggängerinnen und Berggänger werden in nächster Zeit öfters auf den gelben Klappstän-der mit der Aufschrift «Bergwandern – aber sicher» stossen. Bekannt als Warnsignal auf nassen Böden, weist das «Slippery Sign» nun auch auf die Sturzgefahr beim Bergwandern hin. Zu sehen ist es an Bergbahnstationen und in Tourismusbüros, auf Plakaten und Lepo-rellos. Die Botschaft der neuen Kampagne: Auf exponierten Bergwanderwegen (weiss-rot-weiss markiert) ist das Wandern mit Gefahren verbunden und braucht eine gute Vorbereitung. Mit einem Kurz-Check (siehe Kasten) und konkreten Handlungsempfeh-
lungen werden Wanderfreudige dafür sensibi-lisiert, wie sie eine passende Route auswählen und planen, sich richtig ausrüsten und im Gebirge sicher verhalten.
Die Gemeinschaftskampagne von Schwei-zer Wanderwege, bfu, Seilbahnen Schweiz sowie den Partnern Atupri und Athleticum startet im Juni dieses Jahres und wird in den Wandersaisons 2014 und 2015 fortgesetzt. Sie soll einen Beitrag leisten, um die jährlich 8 500 Bergwanderunfälle – rund 40 davon tödlich – zu reduzieren. Weitere Informatio-nen auf www.sicher-bergwandern.ch. um
Für schöne Wandererlebnisse ohne Zwischen-
fälle: Gut geplant ist halb gewonnen.
Bereit fürden Berg?informieren Sie Sich: Sicher-Bergwandern.ch
PEAK – der Bergwander-Check
Planung Was habe ich vor?
Einschätzung Ist diese Wanderung
für mich geeignet?
Ausrüstung Habe ich das Richtige
dabei?
Kontrolle Bin ich noch gut unter-
wegs?
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