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Die warmen Quellen von Landmannalaugar: Ein Highlight beim Trekking von Pórsmörk nach Skógar.

Im praktisch unbewohntenisländischen Hochland eröffnen sich dem Wanderer grossartige Panoramen, farbigeVulkanlandschaften – undheisse Quellen locken zum Bad.

VON DAVID EPPENBERGER

Noch einmal kämpfen sich die breitenReifen des Geländefahrzeuges durchden knietiefen Fluss. Das Ziel ist er-reicht: der Zeltplatz von Landmannalau-gar im Hochland von Island. Ausgangs-punkt für eine der zehn schönsten Wan-derstrecken der Welt. Das behauptet aufjeden Fall der einheimische Tourenorga-nisator Jón Baldur.

Und in der Tat: Die farbigen Berge,die sich oberhalb des Zeltplatzes auf-türmen, beeindrucken. Der von Asche-und Lavaströmen blauschwarz gefärbteVulkan Bláhnjúkur steht gleich hinterdem Zeltplatz. Ein Berg zum Warmlau-fen. Bis zum Gipfel dauert es nur knappeine Stunde. Das Panorama ist überwäl-tigend: eine rotbraune Vulkanland-schaft, durchzogen von giftgrün leuch-tenden Pflanzen. Der Rückweg zumZeltplatz führt vorbei an dampfendenQuellen durch ein holpriges Lava-Feld.Der Kurz-Trip macht Lust auf mehr.

AUF DEM ZELTPLATZ herrscht ein regesTreiben. Der Duft von Fertigsuppenhängt in der Luft. Geländefahrzeugemit grossen Rädern und hochgelegteBusse belegen den Parkplatz. FarbigeZelte stehen in Reih und Glied. Irgend-wie erinnert das Ganze an ein Basis-camp im Himalaja. Hier machen sichdie Trekking-Fans bereit für die mehrtä-gige Tour, die nach Pórsmörk und vondort über den Pass Fimmvörduháls andie Südküste nach Skógar führt. Ob-wohl Wanderschuhe, Proviant und vorallem ein guter Regenschutz dazugehö-ren, eignet sich die Strecke auch fürganz normale Wanderer.

Das Gebiet ist weitläufig, und dieanfängliche Vielzahl an Trekkern ver-kleinert sich schnell. Am Abend aller-dings stauen sie sich wieder bei den Hüt-ten. Die Übernachtungsplätze sind rar,und ohne Reservation läuft gar nichts.Bleibt das Zelt als taugliche Alternative.Doch es muss ein gutes sein. Denn dasKlima in Island ist rau mit starken Win-den und manchmal sehr unangeneh-mem Regen. Zum Glück gibt es da unter-wegs die zahlreichen warmen Quellen,die kalte Körper wieder auf normale Be-triebstemperatur bringen.

Natürlich hat das Hochland von Is-land noch viel mehr zu bieten als Land-mannalaugar: Naturpisten führen vor-

bei an aktiven und erloschenen Vulka-nen, unberührten Landschaften mitweichem Moos und Flüssen mit glaskla-rem Wasser. Nur während weniger Mo-nate im Sommer sind die Strassen ge-öffnet. Den grössten Teil des Jahres istdie Natur ganz sich selbst überlassen.Mit normalen Fahrzeugen gibt es keinDurchkommen, 4×4 mit grossen Rädernund möglichst hoch gelegt ist angesagt.Freunde von grossen und schwerenFahrzeugen müssen sich hier nichtrechtfertigen.

Doch zu viel Abenteuerlust kannim Hochland gefährlich sein. «Eskommt vor, dass unvorsichtige Touris-ten ihre Autos in den Flüssen versen-ken», sagt Jón Baldur. Ein teurer Spassübrigens, denn die Autovermieter über-nehmen keinerlei Haftung. Wer alleinunterwegs ist, muss sich deshalb vor derFlussdurchquerung zu Fuss ein Bild vonder Tiefe machen. Oder er wartet aufden nächsten Wagen und beobachtet,wie der durch den Fluss kommt.

WER GENUG HAT von Vulkanen, Glet-schern und Geysiren, aber trotzdemnicht «den harten Schnitt» in der StadtReykjavik machen möchte, für den bietetsich das Hotel Glymur an. Nur eine halbeStunde von der Hauptstadt entfernt, giltdas Haus als eines der besten der Inselund überzeugt auch kulinarisch. Im war-men «heitur pottur» noch einmal dieReise Revue passieren lassen. Den Aus-blick auf das spektakuläre Panorama vonHvalfjordur geniessen.

Und sich wundern, weshalb auch inder Nacht immer eine Türe des Hotelsgeöffnet ist. «Die Elfen sollen sich beiuns wärmen können», erklärt die Besit-zerin Hansina Einarsdottir. Sie hat dasmehrfach ausgezeichnete Hotel vor einpaar Jahren übernommen und sich ge-wundert, weshalb alle Hausbesitzer zu-vor gescheitert waren. Eine Fachfrau fürElfen hatte die Antwort parat. Die Elfenvermissten nicht nur die Wärme, son-dern auch die Zuneigung. Darum küm-mert sich nun Hansina Einardottir per-sönlich. Im täglichen Gespräch. Es hatsich bewährt. Die angenehme Stim-mung ist greifbar. Zwischen afrikani-schen Statuen, ausgestopften Gänsenund einer reichlich bestückten Biblio-thek fühlt man sich eher in einer Stubeals in einem Hotel.

Als Hansina Einarsdóttir mit ihremMann das Haus übernahm, mussten siezuerst den ganzen Hausrat von frühe-ren Wohnungen unterbringen. Er stehtnoch heute im Hotel. Auch in den liebe-voll eingerichteten Suiten. Zum Glückhatten die Beiden schon vor ihrer Zeitals Hoteliers einen guten Geschmack.

REISEN Sonntag | Nr. 10 | 9. März 2008Seite 33

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EIN TAG IN REYKJAVIK

BLICK VOM HAFEN auf die Hallgrímskirkja.

8 UHR: DER TAG DANACHSommernächte in Reykjavik sind kurz.Weil es knapp unterhalb des Polarkrei-ses kaum dunkel wird. Und weil die Isländer jedes Wochenende feiern, alssei es das letzte. Wir feiern mit und be-zahlen mit Kreditkarte, damit es weni-ger wehtut – Reykjavik ist teuer. Weilman trotzdem mal schlafen muss: Das Hotel Phoenix mit seinen neunZimmern liegt im Zentrum des Gesche-hens und überzeugt mit viel Charme(www.phoenix.is, Doppelzimmer ab 225Franken).

9.00 UHR: DIE BLAUE LAGUNEUm den Kater zu besänftigen, unter-nehmen wir eine Fahrt ins Blaue – imwahrsten Sinn des Wortes. Die BlaueLagune in einem rabenschwarzen Lava-feld vor Reykjavik ist eines der spekta-kulärsten Thermalbäder der Welt(www.bluelagoon.com), Körperanwen-dungen finden unter dem freien Him-mel statt. Am besten gleich bei Türöff-nung hingehen: Mit jährlich 120 000Besuchern ist sie eines der beliebtestenZiele Islands. Busverbindungen abReykjavik.

11 UHR: DER NEUE MENSCHFrisch thermalgebadet fühlt man sichwie neu geboren. Zeit für einen Spa-ziergang entlang den malerischenFischkuttern am Hafen, bis der Magenknurrt. Als Futterstopp eignet sich dieurchige, preiswerte Fischbeiz Sægrei-finn (Geirsgata 8, www.saegreifinn.is).Unbedingt probieren: fangfrischeFischspiesschen und Hummersuppe.Ebenfalls empfehlen können wir dieEdelburger im romantischen, ehemali-gen Hafenwaage-Häuschen Hamborgar-búllan (Geirsgata 1).

15 UHR: DAS ULTIMATIVE FEUERWERKWir bummeln kreuz und quer durchsschmucke Zentrum und landen in VilliKnudsens «Volcano Show». Das RedRock Cinema des Filmemachers, der Island seit 1963 nicht mehr verlassenhat, um keinen Vulkanausbruch zuverpassen, liegt im Hinterhof desWohnhauses (Hellusund 6 A; im Sommer täglich Vorführungen, auchauf Deutsch).

19.30 UHR: DAS DICKE ENDEEssen wie die Götter und sich fühlenwie zu Hause: Im stubengemütlichenRestaurant Vid Tjörnina von Alt-HippieRunar Marvinsson wird die isländischeKüche täglich neu erfunden. Die Rezep-te lässt sich der Chef direkt «von denElfen einflüstern» (Templarasund 3,www.vidtjornina.is). Danach packt uns doch tatsächlich wieder die Lustauf Glanz und Gloria. Wir finden allessamt Schlummertrunk im trendigen«Thorvaldsen» (Austurstræti 8,www.thorvaldsen.is). Skál!

CHRISTOPH ZURFLUH

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IWer Einsamkeit sucht, findetsie im isländischen HochlandVorbei an erloschenen Vulkanen, hinein ins warme Wasser der Blauen Lagune

Blaue Stundenauf der Insel

Vorsicht bei der Flussdurchquerung.

Hotel Glymur: Von Elfen besucht.

Die Blaue Lagune – eine Lavasenke.

Island ist zweieinhalbmal so grosswie die Schweiz, hat aber nur290 000 Einwohner. Das Klima istdank dem Golfstrom gemässigtmit frischen Sommern und mildenWintern. Die beste Zeit für eineReise nach Island ist Mitte Junibis Anfang September. Kontiki-Saga Reisen AG bietet währendder Saison direkte Charterflüge an– vom 7. Juni bis 30. August 2008jeden Mittwoch und Samstag mitIceland Express von Basel nachKeflavik, dem internationalenFlughafen Islands (nur Flug: 690

Franken). Basel ab (samstags)13.30 Uhr, Reykjavik an 15.30 Uhr;Reykjavik ab (mittwochs) 15.00Uhr, Basel an 20.45 Uhr. Der «Fly-bus» ins Stadtzentrum von Reyk-javik kostet pro Weg 30 Franken.Arrangements inklusive Flug,Transfer und vier Übernachtungenim Mittelklasshotel ab 1630 Fran-ken (pro Person im DZ). Günsti-ger: die isländischen Internats-schulen, die im Sommer alsHotels genutzt werden. Veranstal-ter in der Schweiz: Kontiki-SagaReisen, Baden: www.kontiki.ch.

Reiseinformationen zu Island

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Wer Einsamkeit sucht, findetsie im isländischen HochlandVorbei an erloschenen Vulkanen, hinein ins warme Wasser der Blauen Lagune