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4 Politik & Verwaltung Staatsanzeiger · Freitag, 7. März 2014 · Nr. 9

den Regierungspräsidien wahrge-nommen. Dem Verkehrsministeri-um zufolge gab es seit 1993 einenAbbau von rund 50 Prozent der Stel-len und bezogen auf 2005 – wie vonder Verwaltungsreform gewollt –von rund 30 Prozent.

Ist vorstellbar, dass auch andereMinisterien in die Situation kommen,Mittel nicht abrufen zu können?

Niemand kann ausschließen, dassdie in den Orientierungsplänen fürjedes einzelne Haus festgelegtenSparziele auf dem Weg zur Schul-denbremse einen Verzicht auf Dritt-mittel mit sich bringen. So ist vor-stellbar, dass das Sozialministeriumoder das Ministerium für den länd-lichen Raum künftig Gelder aus eu-ropäischen Töpfen nicht in An-spruch nehmen können, weil dieGegenfinanzierung aus dem Lan-desetat nicht steht.

Finanzminister Nils Schmid(SPD) legt aber größten Wert aufden Hinweis, dass jedes Ressort dieOrientierungspläne eigenverant-wortlich ausgestalten kann unddass deshalb solche Einschnitte beivon der EU kofinanzierten Pro-grammen nicht zwingend sind.

Verwaltung an derKapazitätsgrenze

Grün-Rot steht in der Kritik, weilvon anderen Ländern nicht ver-brauchte Straßenbaumittel desBundes in Millionenhöhe nichtabgerufen wurden. Das zustän-dige Verkehrsministerium er-klärt das auch mit dem Perso-nalabbau der vergangenen zweiJahrzehnte.

Von Brigitte JohannaHenkel-Waidhofer

Wer ist schuld daran, dass Gelder, die2013 aus anderen Ländern zurückflos-sen, nicht genutzt wurden?

„Wir haben bereits vor Jahren vorden Konsequenzen des personellenKahlschlags in den technischenVerwaltungen gewarnt“, sagt Rai-ner Wulle, Präsident der Inge-nieurskammer Baden-Württem-berg. Dementsprechend sei eben-falls schon vor Jahren vorgeschla-genen worden, die Verwaltungdurch sogenannte beliehene Inge-nieure zu unterstützen, „damit dieBauaufgaben des Landes nicht zumErliegen kommen“. Aufgaben dertechnischen Verwaltungen, dienicht hoheitlich sind, könnten vonsolchen externen Mitarbeiternübernommen werden. Laut Wullehaben sie die Kompetenz, zum Bei-spiel im Auftrag des Landes „Aus-schreibungen vorzunehmen oderAngebote zu prüfen“.

Bei Vermessungsingenieurengibt es solche Übertragungenschon. Warnungen vor Personal-mangel gab es bereits, als die Ver-kehrsabteilung zunächst noch beiInnenminister Heribert Rech undspäter bei Umweltministerin TanjaGönner (beide CDU) ressortierte.Zumal der öffentliche Dienst mitseinen Gehaltsstrukturen in hartemWettbewerb zur freien Wirtschaftsteht. Grün-Rot hat inzwischen 30neue Stellen geschaffen. Die Kam-mer schätzt allerdings, dass zur zü-gigen Abarbeitung des Investitions-volumens vom vergangenen Jahretwa hundert zusätzliche Mitarbei-ter notwendig wären.

Wieso konnten früher dennoch solcheMittel abgerufen werden?

Die grün-rote Landesregierungnimmt für sich eine neue Herange-hensweise in Anspruch. CDU-ge-

führte Landesregierungen haben,wie auch frühere Verkehrsministerbestätigen, mehr Projekte begon-nen, als Mittel dafür vorhanden wa-ren. Wurden Gelder von anderenBundesländern nicht genutzt,konnte Baden-Württemberg dannzugreifen. Inzwischen wird verbaut,was vorhanden ist.

Baden-Württemberg hat im Jahr2013, wie Verkehrsminister Win-fried Hermann (Grüne) betont, mit815 Millionen Euro im Jahr deutlichmehr Projekte – auch zur Instand-haltung – im Bundesfernstraßen-bau umgesetzt als in den Jahren zu-vor. „Wir sind an der Kapazitäts-grenze“, sagt MinisteriumssprecherEdgar Neumann. Beklagt werde ein

Missstand, den die CDU „über Jahr-zehnte selbst herbeigeführt hat undder auch nicht von heute auf mor-gen korrigiert werden kann“.

Wie hat sich die Straßenbauverwaltungentwickelt?

Mit der Verwaltungsreform des ehe-maligen Ministerpräsidenten ErwinTeufel (CDU) wurden 2005 die Stra-ßenbauämter aufgelöst und die vonihnen bis dahin wahrgenommenenAufgaben auf die unteren Verwal-tungsbehörden und die Regie-rungspräsidien übertragen. Pla-nung, Bau und Erhaltung der Auto-bahnen, Bundesstraßen und Lan-desstraßen werden seitdem von

In den Straßenbau ist 2013 so viel Geld wie selten geflossen. Dennoch konnten nicht alle Mittel des Bundes abgerufen werden. FOTO: DPA

Altpeter sieht mit Entwurf für neues Heimrechtden Südwesten bundesweit als VorreiterGrundsatz ambulant vor stationär / CDU und FDP kritisieren Begrenzung ambulanter Wohngemeinschaften

STUTTGART. „Ambulant vor sta-tionär“, so charakterisiert Sozialmi-nisterin Katrin Altpeter (SPD) dieLeitlinie des neuen Heimgesetzes.Der Entwurf soll Ende des Monats inden Landtag eingebracht werden.

Bisherige Gesetze gingen von derstationären Einrichtung aus – demHeim. Nun dagegen, so Altpeter, seies das Ziel, „vielfältige, selbstbe-stimmte, an der Häuslichkeit pfle-gebedürftiger Menschen orientierteWohnformen zu fördern“. Dement-sprechend biete das Gesetz, bei al-lem Fokus auf Qualität und Quali-tätskontrolle, „Gestaltungsspiel-raum für die unterschiedlichstenkonzeptionellen Angebote“.

Drei Kriterien für ambulant betreuteWohngemeinschaften vorgesehen

Ein besonders öffentlichkeitswirk-samer und umstrittener Punkt sinddie sogenannten ambulant betreu-ten Wohngemeinschaften, derenBewohner Leben und Alltag bloßnoch eingeschränkt selbst bestim-men können und für die ein Anbie-

terdie Verantwortung trägt. Bisherexistierten diese „unter Umgehungdes alten Heimgesetzes“, so Altpe-ter, besaßen also keine rechtlicheGrundlage. Sie geht von landesweitacht bis zehn solcher Einrichtungenaus, die Bestandschutz genössen.

Künftig rechnet die Ministerinmit deutlich mehr solcher Einrich-tungen. Drei Kriterien hätten sie zu

erfüllen: eine Präsenzkraft rund umdie Uhr, 25 Quadratmeter pro Per-son und maximal acht Bewohner.

Diese Einschränkung können dersozialpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Wilfried Klenk,und der pflegepolitische Sprecher,Helmut Rüeck, nicht nachvollzie-hen. Mehrere Verbände hätten„wiederholt dargelegt, dass Ange-

bote dieser Größe nicht wirtschaft-lich betrieben werden können“,heißt es in einer Mitteilung von ih-nen. In der „starren Grenze“ siehtJochen Haußmann (FDP) „einmalmehr die Planwirtschaft und dieKontrolllust von Grün-Rot“ amWerk. Der Pressesprecher der Mi-nisterin hält dagegen. Bei einer An-hörung hätten Verbände in Aussichtgestellt, darzulegen, warum ihrerMeinung nach ein wirtschaftlicherBetrieb in dieser Größe nicht mög-lich sei. „Ich warte bis heute auf die-ses Papier“, so der Sprecher.

Gewerkschaften wollen mehrFachkräfte und mehr Verbindlichkeit

In einem Punkt gab es auch von denGewerkschaften Kritik: Mehr Fach-kräfte als im Gesetzentwurf vorge-sehen seien sowohl für Pflegeheimeals auch in ambulant betreutenWohngemeinschaften notwendig,forderten DGB und Verdi in einerMitteilung. Sonst könne die ange-strebte Qualität der Versorgungnicht erreicht werden. (crim)

Einem Demenzkranken hilft eine Pflegerin beim Essen; in Baden-Württemberg soll dasneue Heimgesetz vielfältige Wohnformen für Pflegebedürftige ermöglichen. FOTO:DPA

313 Millionen Euro für den Erhalt von Bundesstraßen

Die Statistik des Verkehrsministeriumsweist aus, dass im vergangenen Jahr 313Millionen Euro in den Erhalt von Bun-desstraßen im Land geflossen sind. EineRekordsumme, sagt VerkehrsministerWinfried Hermann (Grüne), die noch nie„auch nur annähernd erreicht wurde“.Mit 80 Millionen Euro im Bereich desLandesstraßenerhalts sei darüber hinaus

auch da mit dem konsequenten Abbaudes Sanierungsstaus begonnen worden.Angesichts der Versäumnisse der Ver-gangenheit „werden wir weiterhin denSchwerpunkt auf die Sanierung der Stra-ßen legen, um das umfangreiche Netzfunktionsfähig zu erhalten und für diewachsenden Belastungen zu ertüchti-gen“, verspricht Hermann.

Porträt der Woche

Pascal Kober,Standortpfarrer inStetten am kalten Markt

Kaserne statt Bundestag

ihm überraschend der Einzug in denBundestag, wo er sich der Arbeits-und Sozialpolitik widmete.

Am Abend der Wahlpleite seinerPartei im September 2013 traf ihnder Schock nicht ganz so tief. „Ichhatte damit gerechnet, eventuellwieder ausscheiden zu müssen“,sagt Kober, „und ich wusste, dassich nicht ins berufliche Nichts falle.“Ein Punkt, den er bei Politikern fürganz entscheidend hält. „Weil esFreiheit gibt und unabhängigmacht“, sagt er. Die Interimszeitnutze der leidenschaftliche Joggerdazu, sein Trainingspensum zu er-höhen. Spätestens im Herbst will erseinen ersten Marathon laufen, an-gepeilt ist eine Zeit unter vier Stun-den. Und einen Kindheitstraum hatsich Kober auch noch erfüllt: Er hatreiten gelernt. „Das klappt gut, unddas Pferd macht überwiegend, wases soll“, sagt er.

Seine neue Aufgabe will Kober indem Bewusstsein antreten, dass Kir-che und Christen sich damit ausei-nandersetzen müssen, in einer Weltder Gewalt zu leben und darauf auchmit Gewalt zu reagieren. „Man darfdie Soldaten nicht damit alleine las-sen“, sagt Kober. (bub)

Zwei Fragen . . .

Was würden Sie Papst Franziskus gernefragen, wenn Sie ihn treffen würden?Welche Schritte er für seine Kircheauf dem Weg zu einer Stärkung derÖkumene sieht.

Pfarrer und Politiker – was können diegegenseitig voneinander lernen?Politiker könnten von Pfarrern ler-nen, genau zuzuhören. Und Pfar-rer oder insgesamt Amtsträger derKirche von Politikern, mutigerund schneller Entscheidungen zutreffen.

Die großen Themen im Leben vonPascal Kober (FDP) sind Glaube,Kirche und Politik. Jetzt kommteine neue Facette dazu: Der ehe-malige Reutlinger Bundestagsab-geordnete, der mit dem Scheiternseiner Partei bei der Bundestags-wahl sein Mandat verlor, geht indie Militärseelsorge und nimmtzum 1. März seinen Dienst als neu-er evangelischer Standortpfarreran der Albkaserne in Stetten amkalten Markt auf.

Geht es nach Kober, der im Bun-destag für die Verlängerung desBundeswehreinsatzes in Afgha-nistan stimmte, wird er auch Aus-landseinsätze absolvieren. „Seitmich der damalige Entwicklungs-hilfeminister Niebel einmal nachAfghanistan mitgenommen hatteund ich dort Kontakte zu Soldatenknüpfen konnte, habe ich diewichtige Aufgabe der Militärseel-sorge immer wieder reflektiert“,sagt er. Das Interesse war gegen-seitig – und als die Stelle des Mili-tärseelsorgers neu zu besetzenwar, musste die Landeskirche nurnoch zustimmen.

Kober, 1971 geboren und inBöblingen aufgewachsen, studier-te evangelische Theologie und tratals Pfarrer in den Dienst der Evan-gelischen Landeskirche ein. Paral-lel dazu engagierte er sich politischbei der FDP, deren Landesvor-stand er seit 2001 angehört. 2009erfüllte sich für ihn ein großes Ziel:Als Reutlinger Kandidat gelang

Ein Verfahren darf nichtacht Jahre dauernBundesfinanzhof billigt Kläger Entschädigung zu

MÜNCHEN/LEIPZIG/KARLSRU-HE. Das „Gesetz über den Rechts-schutz bei überlangen Gerichtsver-fahren und staatsanwaltschaftli-chen Ermittlungsverfahren“ giltseit Dezember 2011. Zu diesem Ge-setz, mit dem die unangemesseneDauer von Gerichtsverfahren ge-rügt und Wiedergutmachung, ge-gebenenfalls auch in Form einerGeldentschädigung, verlangt wer-den kann, sind inzwischen die ers-ten beiden höchstrichterlichen Ge-richtsurteile ergangen.

So stellte jetzt für Verfahren vorden Finanzgerichten in einem ak-tuellen Urteil der Bundesfinanzhof(BFH) in München erstmals allge-meine Leitlinien für die Beurtei-lung der Angemessenheit der Ver-fahrensdauer auf. Feste Fristen, indenen ein Verfahren im Regelfallabschließend erledigt sein muss,legte der BFH aber nicht fest. Eskomme auf den konkreten Einzel-fall an, so die Richter (Az. X K 13/12).

Den Ausgangsgerichten billigtder BFH damit einen erheblichenSpielraum zu. Je länger allerdingsdas Gerichtsverfahren dauert, des-to mehr verdichtet sich die Pflichtzu einer „nachhaltigen Förderung,Beschleunigung und Beendigungdes Verfahrens“, so der BFH.

Im konkreten Fall war das Ver-fahren beim Finanzgericht überacht Jahre anhängig gewesen. Dasbewerteten der BFH als zu langtrotz schwieriger Rechtsfragen undErmittlungen im Ausland.

Im Grundsatz ähnlich wie derBFH hatte im letzten Jahr das Bun-desverwaltungsgericht entschie-den. Für die Verwaltungsgerichts-barkeit könne es keine festen Richt-werte geben. Die Frage der Ange-messenheit der Verfahrensdauerhänge stets von den Umständendes Einzelfalles ab, insbesondere,

so die Richter aus Leipzig, von derSchwierigkeit des Verfahrens, vondessen Bedeutung und dem Ver-halten der Beteiligten (Az. 5 C 23.12D). Dem Kläger sprach das Bundes-verwaltungsgericht 6000 Euro alsEntschädigung zu. Es habe sich umeinen einfachen Fall gehandelt, dermindestens fünf Jahre zu lang ge-dauert habe.

Auch in Baden-Württemberggab es bereits eine Verurteilung desLandes zur Zahlung einer Entschä-digung. In einem zivilgerichtlichenFall hatte Ende letzten Jahres dasOberlandesgericht Karlsruhe dasLand Baden-Württemberg zur Zah-lung von 7900 Euro nebst Zinsenverurteilt (Az. 23 Sch 2/13 EntV).Das Verfahren vor dem Familienge-richt hatte sich um sechs Jahre undsieben Monate verzögert.

In einem weiteren Urteil über einVerfahren vor dem Landgericht miteiner Verfahrensdauer von 19 Mo-naten hatte das Oberlandesgerichteine Entschädigung allerdings ab-gelehnt. Grund: Der Antragstellerhatte die überlange Verfahrens-dauer nicht unverzüglicher gerügt(Az. 23 Sch 1/13 EntV).

Johannes Buschbeck,Richard-Boorberg-Verlag

Gerichtsentscheidungen

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Nachgehakt:Straßenbau