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Sicherheitsaspekte

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R. Leppek1 · S.S. Bertrams1 · W. Höltermann2 · K.J. Klose1

1 Medizinisches Zentrum für Radiologie, Abteilung für Strahlendiagnostik (Leiter:Prof.Dr.K.J.Klose),

Philipps-Universität Marburg2 Interdisziplinäres Medizinisches Zentrum, Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin

(Leiter:Prof.Dr.H.Lennartz), Philipps-Universität Marburg

Strahlenexposition durchRöntgenthoraxaufnahmenauf der Intensivstation

Dosiskumulation und Strahlenkrebsrisikobei Langzeittherapie

diesen Patienten die kumulierte Dosisund das fiktive Strahlenkrebsrisiko vonInteresse.

Öffentlichkeit und Patienten wer-den durch beträchtlich differierendeDosisangaben und Risikoabschätzun-gen röntgendiagnostischer Verfahrenverunsichert [30, 31]. Obwohl die Ge-nauigkeit physikalischer Dosismessun-gen etwa 10% beträgt, variiert im Ver-gleich verschiedener Institute und Kli-niken die applizierte Dosis bei gleichar-tigen Untersuchungen um den Faktor 2bis 10, für die Keimdrüsendosen sogarim Bereich von 3 Größenordnungen [3,39]. Bei Thoraxaufnahmen auf der In-tensivstation addiert sich dazu die grö-ßere Variationsbreite der Expositions-daten infolge der nur begrenzt stan-dardisierbaren Untersuchungssituation[20].Vor diesem Hintergrund stellt sichdie Frage, in welchem Maße wiederhol-te radiologische Verlaufskontrollenlangzeitbehandelter Intensivpatientendas Morbiditätsrisiko erhöhen.

Material und Methoden

Patientenkollektiv

2 Männer und 7 Frauen, mittleres Alter36±12 Jahre, mittlere Größe 169±5 cm,

Im Zuge des medizinischen Fort-schritts mit immer weiter reichendenBehandlungsoptionen nimmt auch dieRöntgendiagnostik jährlich um ca. 10%zu. Im Vergleich zu 1960 hat sich in Eu-ropa die Anzahl der medizinischenRöntgenuntersuchungen etwa verdop-pelt [37]. Pro Jahr werden in Deutsch-land je 1000 Einwohner ca. 1240 Rönt-genuntersuchungen durchgeführt [14].Die Röntgenuntersuchung der Lunge istdabei die am häufigsten durchgeführteröntgendiagnostische Maßnahme [30].Der Anteil hospitalisierter Patienten,die eine langdauernde Intensivtherapieerhalten, nimmt ebenfalls zu [8, 9]. Aufder Intensivstation ist die a.p.-Thorax-aufnahme im Liegen von allen bildge-benden Verfahren die häufigste Unter-suchung und in der Überwachung be-atmungspflichtiger Intensivpatientenunverzichtbar [4, 10, 17, 19, 38]. In Ab-hängigkeit von der Schwere des Krank-heitsbildes können bei einer Behand-lungsdauer von mehreren Wochen bisMonaten bis zu über 100 Röntgenauf-nahmen der Thoraxorgane eines Pati-enten notwendig werden. Daher ist bei

SicherheitsaspekteRadiologe1998 · 38:730–736 © Springer-Verlag 1998

Zusammenfassung

Ziel: Abschätzung des zusätzlichen individu-

ellen Krebsrisikos gemäß ICRP 60 bei mehr-

fachen Röntgenaufnahmen des Thorax a.p.

liegend bei langdauernder Intensivtherapie.

Methodik: Bei 2 Männern und 7 Frauen,

mittleres Alter 36±12 Jahre, mittlere Größe

169±5 cm, mittleres Körpergewicht

74±8 kg, unter Langzeitbeatmung bei Adult

Respiratory Distress Syndrome (ARDS) wer-

den bei Thoraxaufnahmen mit Thermolumi-

neszenzdosimetern eintrittseitige Oberflä-

chendosen im Zentralstrahl und inguinal

bzw. abdominal repräsentativ für die Gona-

den erfaßt.

Ergebnisse: Innerhalb von 18 bis 126 Tagen

Behandlungsdauer erhalten 9 Patienten ins-

gesamt 348 Thoraxaufnahmen, pro Patient

im Mittel 39±22 Aufnahmen, Median

31 Aufnahmen. Bei 217 Thoraxaufnahmen

werden eintrittseitige Oberflächendosen

gemessen. Patientenbezogen beträgt die

mittlere Oberflächendosis im Zentralstrahl

minimal 0,31±0,12 mGy, maximal 0,56±

0,09 mGy. Die Gonadenbelastung ist kleiner

als 0,03 mGy Oberflächendosis pro Exposi-

tion. Die mittlere effektive Dosis beträgt

0,15 mSv pro Exposition, kumuliert für alle

Expositionen zwischen 2,49 mSv und

14,09 mSv. Das strahlenbedingte Krebsrisiko

beträgt zwischen 0,01 und 0,07%.

Schlußfolgerungen: Das zusätzliche Le-

benszeitkrebsrisiko infolge wiederholter

Thoraxaufnahmen a.p. im Liegen ist im Ver-

gleich zur Mortalität schwerstkranker Pati-

enten zu vernachlässigen.

Dr. R. LeppekMedizinisches Zentrum für Radiologie,

Abteilung für Strahlendiagnostik, Klinikum der

Philipps-Universität, Baldinger Straße,

D-35033 Marburg&/fn-block:&bdy:

Schlüsselwörter

Thoraxaufnahme · Strahlenbelastung ·

Risikoabschätzung · Dosimetrie ·

Intensivtherapie

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R. Leppek · S.S. Bertrams · W. Höltermann

K.J. Klose

Radiation exposure due to bedsidechest radiography during intensive care.Cumulative dose and additional morbi-dity risk of long term therapy

Summary

Purpose: Assessment of the additional mor-

bidity risk due to repeated bedside chest ra-

diography according to ICRP 60 during in-

tensive care.

Material and Methods: Ventral surface do-

ses were recorded by thermoluminescence

dosimetry in 2 man and 7 women, mean age

36±12 years, mean height 169±5 cm, mean

weight 74±8 kg, receiving long-term ventila-

tion therapy due to Adult Respiratory

Distress Syndrome (ARDS).

Results: From 18 to 126 days duration of

therapy 9 patients received a total of 348

bedside chest radiographs, mean 39±22 ra-

diographs per patient. 217 chest radiographs

yielded 217 surface doses and 217 gonadal

doses. Patient’s mean surface dose varys be-

tween at least 0,31±0,12 mGy and at most

0,56±0,09 mGy.The surface dose represen-

ting gonadal exposure is less than 0,03 mGy

per exposure.The mean effective dose is

about 0,15 mSv per exposure.The cumula-

tive effective dose Heff ranges between

2,49 mSv and 14,09 mSv, thus estimating the

additional individual cancer risk ranges be-

tween 0,01% and 0,07%.

Conclusion: In comparison with the de-

creased prognosis of severely ill long-term

ventilated patients the additional morbidity

risk due to chest radiographs is a negligible

quantity.

Key words

Chest radiography · Radiation exposure ·

Risk assessment · Dosimetry · Intensive care

therapy

nur geringfügige Abweichungen vonweniger als 5%.

Dosismessungen

Als Meßsonden wurden 0,8 mm dickeLithiumfluoridpellets mit einem Durch-messer von 4,5 mm (LiF-N-Pellets Typ160–084, Vinten Instruments) benutzt.Das Mikroformat dieser Detektoren ge-stattet punktförmige Messungen mit ei-ner hohen Strahlenempfindlichkeit ineinem umfangreichen Meßbereich [24].20 empfindlichere LiF(Mg, Cu, P)-Dosi-meter mit einer unteren Nachweisgren-ze von mindestens 5 µGy wurden zu-sätzlich zur Bestimmung von Gonaden-dosen eingesetzt [29]. Die Thermolu-mineszenz-Dosimeter (TLD) wurdenmit Hilfe einer Saugpipette einzeln inquadratische Plexiglashüllen (Kanten-länge 1,5 cm, Dicke 2 mm) verpackt, nu-meriert und zur Identifizierung aufdem Röntgenbild mit einem Barium-streifen markiert. Das ermöglichte dieeindeutige Zuordnung von Meßwert zuMeßort und individuellen Kalibrie-rungsprofil der jeweiligen TLD-Sonde.Die Dosismessung erfolgte auf demThorax im Zentralstrahl entsprechendder eintrittseitigen Oberflächendosisund an der Oberschenkelinnenseitebzw. auf der Bauchdecke repräsentativfür die Gonadendosis. Die Einzelkali-brierung jeder TLD-Meßsonde und dieBenutzung von Nulldosimetern zur Be-stimmung des Verhältnisses von Meß-effekt zu applizierter Dosis berücksich-tigte sowohl Störgrößen (Untergrund-strahlung, Lagerung und Transport,Fading) als auch Empfindlichkeits-schwankungen bei gering unterschied-lichen Abmessungen der Detektoren [6,12]. Durch eine für jedes Dosimeter se-parate Untergrundsubtraktion konnteeine untere Nachweisgrenze von 0,03mGy erreicht werden. Die Kalibrierung,Auswertung und Regenerierung derTLD-Pellets erfolgte im Verein fürKernverfahrenstechnik und Analytike.V. in Rossendorf (s. Anhang).

Dosiskumulation

Da nicht alle Thoraxaufnahmen im Be-obachtungszeitraum dosimetrisch er-faßt werden konnten, erfolgte die Ab-schätzung der patientenindividuellenGesamtexposition in 2 Schritten. Zu-nächst wurde aus den im Zentralstrahl

mittleres Körpergewicht 74±8 kg, mitrespiratorischer Globalinsuffizienz beiARDS im Stadium III–IV wurden in dieStudie aufgenommen. ARDS bezeich-net eine unspezifische, jedoch identi-sche pulmonale Reaktion und Kompli-kation bei nicht vorgeschädigter Lungeauf eine schwere extrapulmonale Er-krankung [40]. Ursächliche Grunder-krankungen waren eine fulminanteAspiration nach Sectio caesarea, Herni-eninkarzeration, Pneumomediastinumnach Magenulkusperforation, Lyell-Syndrom mit Peritonitis, Mukoviszido-se mit akuter respiratorischer Insuffizi-enz, atypische Pneumonie, ketoazidoti-sches Koma bei Pneumonie, Verbren-nungen nach Starkstromunfall undeine perforierte Sigmadivertikulitis. Bei8 von 9 Patienten mußte zeitweise eineECCO2-R-Beatmungstechnik („Extra-Corporal CO2-Removal“) eingesetzt wer-den. Diese von Kolobow und Gattinonientwickelte Methode ist durch eine ex-trakorporale venovenöse CO2-Elimina-tion über eine Membranlunge charak-terisiert, die mit einer apnoischenOxygenierung der Patientenlunge undniederfrequenter Überdruckbeatmungkombiniert wird [11]. Im Studienzeit-raum verstarben 4 der 9 Patienten.

Röntgentechnik

Die a.p.-Thoraxaufnahmen im Liegenwurden ausnahmslos bei maximalerLungenblähung mit einem mobilenRöntgengerät angefertigt („Mobilett“,Siemens, Erlangen, Eigenfilterung2,5 mm Aluminium).Vorgegebene tech-nische Parameter waren Fokus-Film-Abstand 100 cm, Kassettenformat 35×43 cm ohne Raster, Film-Folien-System&fnn.1:1der Empfindlichkeitsklasse 200, Sie-mens Titan 2 U Folie, Dupont Cronex 4Film, Dosisbedarf für die Dichte 1 überSchleier 5 µGy. Die Kontrolle der Film-verarbeitung erfolgte nach § 16 RöVund DIN 6868. In Vorversuchen zeigtedie Prüfung des mobilen Röntgengerätsauf Homogenität des Strahlenfeldesund Dosiskonstanz im Zentralstrahl bei10 aufeinanderfolgenden Expositionen

Radiologe1998 · 38:730–736 © Springer-Verlag 1998

1 Mittlerweile gelten die Leitlinien derBundesärztekammer zur Qualitätssiche-rung in der Radiologie vom 28.8.1995, dieFilm-Folien-Systeme der Empfindlich-keitsklasse 400 vorschreiben&/fn:

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gemessenen Oberflächendosen die mitt-lere patientenbezogene Oberflächendo-sis bestimmt (Tabelle 1). Für die Extra-polation der nicht dosimetrisch erfaßtenThoraxaufnahmen wurde jeweils eineExposition mit der mittleren patienten-individuellen Oberflächendosis ange-nommen und dieser extrapolierte Anteilmit dem gemessenen Anteil zur Gesamt-oberflächendosis addiert. Die effektiveDosis erhält man durch Summation allerentsprechend der Organempfindlichkei-ten gewichteten Organ- bzw. Teilkörper-dosen [1]. Ihr Betrag erlaubt eine Ab-schätzung des genetischen und soma-tischen Gesamtrisikos für Strahlen-spätschäden infolge nicht homogenerExposition des Körpers [36].Die Berech-nung des Strahlenkrebsrisikos erfolgtenach ICRP 60 gemäß der Annahme ei-nes zusätzlichen Krebsrisikos von 5%pro Sievert effektiver Dosis.

Ergebnisse

Röntgentechnik

Innerhalb einer Intensivbehandlungs-dauer von 18 bis 126 Tagen (Mittelwert42 Tage, Median 29 Tage) wurden bei 9Patienten insgesamt 348 a.p.-Thorax-aufnahmen im Liegen angefertigt, wo-von 217 Aufnahmen dosimetrisch er-faßt wurden. Die Patienten erhieltenminimal 15 bzw. maximal 86 Aufnah-

einzelmessungen, d.h. 217 eintrittseitigeOberflächendosen im Zentralstrahl so-wie 217 Gonadendosen. Im Gesamtkol-lektiv wurden für eine a.p.-Thoraxauf-nahme Oberflächendosen zwischen0,16 mGy und 0,69 mGy gemessen. Pati-entenbezogen beträgt die mittlereOberflächendosis 0,26±0,05 mGy bis zu0,51±0,05 mGy. Im Gesamtkollektiv be-trägt die Oberflächendosis bei 217 Tho-raxaufnahmen im Mittel 0,42±0,08mGy. Tabelle 1 gibt eine patientenindi-viduelle Übersicht der mittleren Ober-flächendosen und der daraus abgeleite-ten kumulierten Gesamtoberflächendo-sis. Der relative Fehler beträgt zwischen7% und 22%. Repräsentativ für die Go-nadenbelastung werden 217 einzelneOberflächendosismessungen durchge-führt. Alle Energiedosen liegen unter-halb der Nachweisgrenze von 0,03 mGy.Auch nach 10facher Exposition einzel-ner TLD und Verwendung der bis zu0,005 mGy empfindlichen LiF(Mg, Cu,P)-Dosimeter ist eine Strahlenbela-stung oberhalb dieser Grenzen nichtnachweisbar.

Effektive Dosen und Morbiditätsrisiko

Die effektive Dosis wird durch Multipli-kation der Organdosis mit dem körper-teilbezogenen Wichtungsfaktor nachICRP 60 ermittelt. Tabelle 2 im Anhanggibt eine Übersicht der Teilkörperdo-sen HT für die Organe Haut, Knochen-oberfläche, Knochenmark, Schilddrüse,Brust und Lunge. Schilddrüse, Brustund Lunge sind bei Thoraxaufnahmendie am stärksten belasteten Organe. DieBetrachtung der mittleren effektiven

men, im Mittel 39±22 Aufnahmen, Me-dian 31 Aufnahmen. Bei konstanterRöhrenspannung (66 kV) und festge-legten Aufnahmebedingungen ist daszur Exposition notwendige mAs-Pro-dukt maßgeblich dosisrelevant. Bei 5Patienten betrug der Median der vorge-wählten Dosis 3,2 mAs. Bei je einem Pa-tienten wurden im Median 1,8 mAs, 2,6mAs, 2,8 mAs und 3,6 mAs zur Belich-tung gewählt.

Dosisberechnungen

Bei jeweils 2 Meßsonden pro Patientund Exposition ergeben sich 434 Dosis-

Tabelle 1

Patientenbezogene Bestimmung der mittleren eintrittseitigen Oberflächendosisin mGy aus den jeweils dosimetrisch erfaßten a.p.-Thoraxaufnahmen (Mess.). DieStandardabweichung ist als relativer Fehler in Prozent angegeben. Nach Extrapo-lation des Dosisanteils aus nicht dosimetrisch erfaßten Thoraxaufnahmen ist diepatientenbezogen kumulierte Gesamtoberflächendosis aus allen Thoraxaufnah-men (Exp.) in mGy angegeben

Einzelmessungen Kumulation

Patient Mess. Spannweite Mittelwert Rel. Fehler Exp. Gesamtober-flächendosis

1 7 0,42–0,51 0,45 ±7% 15 6,782 16 0,40–0,60 0,51 ±10% 23 11,773 25 0,29–0,69 0,46 ±22% 28 12,844 16 0,29–0,51 0,41 ±12% 30 12,325 18 0,21–0,45 0,32 ±19% 31 11,606 34 0,16–0,39 0,26 ±19% 36 9,307 21 0,33–0,55 0,41 ±12% 36 14,748 48 0,36–0,61 0,48 ±12% 63 30,019 32 0,37–0,57 0,45 ±11% 86 38,69

n=9 Σ=217 0,16–0,69 0,42 ±19% Σ=348

Tabelle 2

Patientenbezogene kumulierte Teilkörperdosen HT sowie effektive Dosen Heff inmSv infolge aller erhaltenen Thoraxaufnahmen

Patient Teilkörperdosen HT [mSv] Effektive Dosis Heff

Haut Knochen- Knochen- Schild- Brust Lungeoberfläche mark drüse

1 0,08 0,06 0,24 0,76 0,75 0,60 2,49 mSv2 0,13 0,10 0,42 1,31 1,29 1,04 4,29 mSv3 0,14 0,11 0,45 1,42 1,40 1,13 4,65 mSv4 0,14 0,11 0,40 1,37 1,35 1,09 4,46 mSv5 0,11 0,09 0,35 1,12 1,10 0,89 3,66 mSv6 0,03 0,03 0,25 0,94 0,93 0,75 2,93 mSv7 0,16 0,13 0,52 1,64 1,61 1,30 5,36 mSv8 0,33 0,26 1,06 3,33 3,28 2,64 10,90 mSv9 0,43 0,34 1,38 4,30 4,23 3,41 14,09 mSv

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Interindividuelle Dosisbetrachtung

Ohne nähere Angaben zur Röntgen-technik ermittelte Mini 1989 Abwei-chungen der mAs-Produkte um das10fache [22]. Insbesondere Thoraxauf-nahmen weisen bei unterschiedlicherPatientenkonstitution (Gewebedichte,Luftgehalt,effektive Ordnungszahl,Mus-kulatur) Dosisunterschiede zwischen–50% und +200% auf [37]. Tabelle 1zeigt bezogen auf die mittlere Oberflä-chendosis im Gesamtkollektiv eineSpannweite der Oberflächendosis zwi-schen –38% und +164%. Die Standard-abweichung aller gemessenen Oberflä-chendosen beträgt im Kollektiv 19%des Mittelwerts. Dies liegt in der Grö-ßenordnung von 12,9%, die von Pado-vani angegeben wird [25]. Im Gegensatzzur Studie von Meiler [21] kann eine di-rekte Proportionalität zwischen an-thropometrischen Abmessungen undOberflächendosis nicht nachgewiesenwerden.

Dosisberechnungen

Die gemessenen Oberflächendosen wer-den in ihrer Größenordnung durch denVergleich mit nach DIN 6812 berechne-ten Dosen bestätigt. Diese ergeben sichnach der Formel D=Kx·i·t/r2. Bei einerEigenfilterung von 2,5 mm Al und einerSpannung von 66 kV beträgt die Äquiva-lentdosiskonstante Kx=0,3 J/kg m2/h mA [35]. Für i·t wird das entsprechendemAs-Produkt eingesetzt, r entsprichtdem Fokus-Haut-Abstand. Für eineThoraxaufnahme mit den Einstellungen66 kV, 3,6 mAs, FHA=0,8 m berechnetsich beispielsweise nach der oben ge-nannten Formel eine Dosis von 0,468mGy. Der Mittelwert der patientenbezo-gen minimalen Oberflächendosen be-trägt 0,31±0,12 mGy. Der Mittelwert derpatientenbezogen maximalen Oberflä-chendosen beträgt 0,56±0,09 mGy. ImGesamtkollektiv beträgt die eintrittseiti-ge Oberflächendosis bei 217 Thoraxauf-nahmen im Mittel 0,42±0,08 mGy. Lite-raturangaben zur Oberflächendosis beiThoraxaufnahmen, deren Übertragbar-keit auf die jeweils aktuelle Situationeingeschränkt ist, geben je nach Autor,Röntgentechnik, Meßmethode und Ver-öffentlichungsjahr eine Oberflächendo-sis zwischen 0,3 und 21 mGy an. Rosen-stein [28] und Panzer [26] verzichten aufdirekte Dosismessungen und geben die

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Dosen für Haut, Knochenoberfläche,Knochenmark, Schilddrüse, Brust undLunge ergibt im Gesamtkollektiv einemittlere effektive Dosis von 0,15 mSvpro Aufnahme. Die in Tabelle 2 aufgeli-steten effektiven Teilkörperdosen HT

führen kumuliert zu einer individuel-len effektiven Dosis zwischen 2,49 mSvund 14,09 mSv. Nach ICRP 60 ist ein zu-sätzliches Krebsrisiko von 5% pro Sie-vert effektive Dosis anzunehmen. Dasfiktive Strahlenkrebsrisiko, dem die 9Patienten des Gesamtkollektivs ausge-setzt sind, kann Tabelle 3 entnommenwerden. Es liegt noch unter der Promil-legrenze in der Größenordnung von0,01% bis maximal 0,07%.

Diskussion

Indikation zur a.p.-Thoraxaufnahmeim Liegen

Wegenius [42] fand in einer radiologi-schen Verlaufsbeobachtung des ARDSeine nur geringe Korrelation zwischender akuten respiratorischen Dysfunkti-on und dem Thoraxbild. Vielmehr istdie a.p.-Thoraxaufnahme zur Verlaufs-beobachtung, zur Diagnostik therapie-relevanter Komplikationen wie Pleura-erguß, Pneumothorax oder Atelektasegeeignet und zur Dokumentation vonDrainagen- und Katheterlagen („life-li-nes“) unverzichtbar [42]. Betrachtetman die mediane Behandlungsdauervon 29 Tagen und mediane Anzahl von31 Thoraxaufnahmen kann als Anhalts-wert pro Tag und Patient eine Thorax-aufnahme angenommen werden. Beitäglichen „Routinethoraxaufnahmen“

auf Intensivstation konnten Garten-schläger [10] und Beyermann [4] bei 40beatmeten Patienten, die 741 Thorax-aufnahmen erhielten, in 26 Prozent the-rapierelevante Befunde erheben.

Röntgentechnik

Die Strahlenbelastung des Patientenwird von vorgegebenen technischen Pa-rametern (Röntgengenerator, Röhren-spannung, Fokus-Film-Abstand, Film-Folien-Kombination, Rasterbenutzung,Filmverarbeitung) bestimmt. Die Feld-größe („Einblendung“) und das jeweilsnotwendige mAs-Produkt („Dosis“) va-riieren situations- und krankheitsab-hängig und können sich deutlich aufdie Strahlenexposition auswirken [18].Erwartungsgemäß weisen die 3 Pati-enten mit den kleinsten anthropome-trischen Maßen (Körpergewicht, Kör-pergröße, Thoraxdurchmesser) daskleinste mittlere und mediane Strom-Zeit-Produkt von 1,8 mAs auf. Dies ent-spricht ungefähr der Hälfte des mittle-ren mAs-Produktes der schwersten Pa-tienten. Bezieht man die patientenindi-viduelle Standardabweichung auf diejeweilige mittlere Oberflächendosis er-geben sich gemäß Tabelle 1 Abweichun-gen zwischen 7% (Patient 1) und 22%(Patient 3). Dosisrelevante Änderungender Belichtungsparameter kommendann in Betracht, wenn Lungenödeme,Pleuraergüsse oder Infiltrationen dieAbsorptionsverhältnisse ändern. Krank-heitsbedingte Dosisanpassungen sindbei der Interpretation des relativenFehlers der mittleren Oberflächendo-sen aus Tabelle 1 zu berücksichtigen.

Tabelle 3

Patientenbezogenes Morbiditätsrisiko infolge Strahlenexpositionbasierend auf der Annahme eines Risikos von 0,005% pro mSv effek-tive Dosis. Heff entspricht der patientenbezogenen Summe der Teil-körperdosen aus Tabelle 2

Patient Expositionen Effektive Dosis Heff Strahlenkrebsrisiko

1 15 2,49 mSv 0,01%2 23 4,29 mSv 0,02%3 28 4,65 mSv 0,02%4 30 4,46 mSv 0,02%5 31 3,66 mSv 0,02%6 36 2,93 mSv 0,01%7 36 5,36 mSv 0,03%8 63 10,90 mSv 0,06%9 86 14,09 mSv 0,07%

Page 5: Strahlenexposition durch Röntgenthoraxaufnahmen auf der Intensivstation

Oberflächendosis für eine a.p.-Thorax-aufnahme mit 60 kV nach dem Monte-Carlo-Modell mit 13 mGy bzw. 12 mGyan. Shrimpton [34] und Padovani [25]bestimmen eine Oberflächendosis beiThoraxaufnahmen mit 60 kV mittelsTLD von 0,3 mGy bzw. 1,3 mGy, währendBengtsson [3] in vivo gemessene Ober-flächendosen von 21 mGy angibt. In eu-ropäischen Feldstudien wurden im Mit-tel Oberflächendosen für a.p.-Thorax-aufnahmen von 0,36 mGy errechnet [37].Die für die Gonadenbelastung repräsen-tativen Oberflächendosen auf derBauchdecke bzw. an der Oberschenkel-innenseite liegen in Übereinstimmungmit der Literatur unterhalb der Nach-weisgrenze von 0,03 mSv pro Exposition[3]. Da auch die bis zu 0,005 mGy emp-findlichen TLD keine Strahlenexpositi-on nachwiesen, ist die von Shrimptonund Padovani pro Exposition einer Tho-raxaufnahme angegebene Größenord-nung der Keimdrüsendosis von 0,01mGy plausibel [25, 34].

Kumulierte Dosen

Dosisangaben sind letztlich Schätzwer-te, welche die wirkliche Exposition nurnäherungsweise wiedergeben. Im Ein-zelfall können sie unter ungünstigenBedingungen von den wirklich appli-zierten Dosen erheblich abweichen[24]. Die Anzahl der Thoraxaufnahmenbestimmt die Gesamtexposition we-sentlich. Aus 86 Thoraxaufnahmen re-sultiert eine effektive Dosis von 14,09mSv, d.h. 0,16 mSv effektive Dosis proAufnahme. Der Patient mit der gering-sten Anzahl von Thoraxaufnahmen(n=15) erhielt eine effektive Dosis von2,49 mSv, d.h. 0,17 mSv pro Aufnahme,was mit den Angaben von Keske [16]übereinstimmt.

Morbiditätsrisiko

Die 1991 von der ICRP veröffentlichtenRisikokoeffizienten betragen 0,5% Sv–1

für Leukämie und 4,5% Sv–1 für alle üb-rigen Krebserkrankungen [1]. Für Er-wachsene liegen dabei die mittleren La-tenzzeiten für die strahleninduzierteLeukämie bei etwa 15 Jahren, bei denKrebserkrankungen bei über 40 Jahren[13]. Im Bereich kleiner Dosen und klei-ner Dosisleistung beträgt das gesamteStrahlenkrebsrisiko 500 Fälle, wenn100000 Personen jeweils einer Strah-

Nach Schuster [32] beträgt diedurchschnittliche Hospitalmortalität fürPatienten nach Intensivtherapie inDeutschland 15%. Die Überlebenskur-ven von Intensivpatienten gleichen sichnach etwa 2 Jahren den Kurven der All-gemeinbevölkerung an. In einer retro-spektiven Analyse von 62 Patienten, dieinfolge eines abdominalchirurgischenEingriffs eine mindestens 30tägige In-tensivtherapie erhielten, kommen Neippet al. [23] zu einer Hospitalmortalitätvon 40,3% und einer 3-Jahres-Überle-bensrate von 56,4%. Patienten, die in-folge einer chronisch obstruktiven Lun-generkrankung eine beatmungspflich-tige respiratorische Insuffizienz erlei-den, haben nach Braghiroli et al. [5]eine 1-Jahres-Überlebensrate von weni-ger als 40%.

Trotz der unstrittigen, vom Verord-nungsgeber vorgeschriebenen und zubeachtenden Indikationsrichtlinien fürRöntgenaufnahmen läßt sich zusam-menfassen, daß Mehrfachexpositionender Thoraxorgane mit patientenindivi-dueller Dosiskumulation beim Thorax-monitoring langzeitbeatmeter Intensiv-patienten auch unter Berücksichtigungdes Strahlenschutzes gerechtfertigtsind. In einem Kollektiv von 9 Patien-ten, die im ungünstigsten Fall bis zu 86Thoraxaufnahmen, d.h. eine effektiveDosis von etwa 14 mSv erhalten, ver-sterben trotz Maximaltherapie ein-schließlich der extrakorporalen Lun-genassistenz 4 Patienten. Das statisti-sche Strahlenkrebsrisiko von maximal0,07% fällt im Vergleich zur krankheits-bedingten Prognose nicht ins Gewicht.

Besonderer Dank gilt Herrn Dr. ThomasSchönmuth, Verein für Kernverfahrenstech-nik und Analytik e.V., Rossendorf, für Kon-zept, Durchführung und Qualitätssicherungder Thermolumineszenzdosimetrie. HerrnProf. Dr. H. Jungclas, Med. Zentrum für Ra-diologie der Philipps-Universität, verdankenwir wertvolle methodenkritische Hinweise.Für die technische Unterstützung der Studiesind wir Herrn Dr. Christian Blendl, AgfaSparte Röntgen – Medizin, zu besonderemDank verpflichtet. Ohne die tatkräftige Un-terstützung durch das ärztliche, pflegendeund medizinisch-technische Personal deranästhesiologischen Intensivstation des In-terdisziplinären Medizinischen Zentrumsbzw. der Abteilung Strahlendiagnostik derPhilipps-Universität Marburg hätten dieaufwendigen Messungen am Patienten nichtdurchgeführt werden können.

lendosis von 0,1 Sv ausgesetzt waren,was einem individuellen Risiko von 5%pro Sievert entspricht. Im Dosisbereichunterhalb von 0,2 Sv ist das Strahlen-krebsrisiko direkt proportional zur ab-sorbierten Dosis, so daß sich prinzipielldas Risiko einer Ganz- oder Teilkörper-exposition durch Multiplikation vonRisikokoeffizient und erhaltener Dosisabschätzen läßt [13]. Schmidt [31] weistdarauf hin, daß die Anwendung der ef-fektiven Dosen zur Risikoabschätzungstrittig, zumindest sachlich nicht ganzunproblematisch ist. Ursprünglich wur-de das Modell von der Strahlenschutz-kommission zur Abschätzung von Kör-perdosen beruflich strahlenexponierterPersonen bei Ganzkörperexpositioneingeführt. Wendet man die Risikoko-effizienten auf ein Patientenkollektivan, das ionisierender Strahlung zu dia-gnostischen Zwecken ausgesetzt ist,wird weder die gänzlich andere Alters-verteilung der Patienten noch die derberufstätigen Bevölkerung berücksich-tigt. Da etwa die Hälfte aller Röntgen-leistungen von Patienten über 65 Le-bensjahren in Anspruch genommenwerden, müßten die berechneten Risi-kozahlen halbiert werden [13].

Jung [13] führt aus, daß heute etwajeder Vierte an einer Krebserkrankungverstirbt. Dieses Risiko erhöht sich beieiner einmaligen Thoraxaufnahme um0,001% auf 25,001%. Kellerer [15] be-rechnet unter der Annahme einer effek-tiven Dosis von 0,5 mSv pro Röntgen-bild und einer strahlenbedingtenKrebsmortalität von 0,0001 pro mSvdas Risiko auf 1 zu 20000 pro Aufnah-me. Jung [13] berechnet eine Wahr-scheinlichkeit von 1:100000, nach einerRöntgenuntersuchung des Thorax aneinem strahleninduzierten Karzinomzu versterben. In einer umfänglichenArbeit haben Cohen et al. [7] basierendauf den Angaben des BEIR-V-Reportsden Verlust an Lebenserwartung („lossof life expectancy“) unterschiedlicherKausalitäten zusammengestellt. Reiners[27] hat dieses Konzept aufgegriffenund als Risikoschätzgröße den Verlustan Lebenserwartung auf der Grundlageder ICRP 60 angegeben. Nach einer ein-maligen Applikation von 1 mSv beträgtder individuelle Verlust an Lebenser-wartung 0,3 Tage. Bei einer lebenslan-gen Strahlenbelastung mit 1 mSv/Jahrergibt sich ein Verlust an Lebenserwar-tung von 18,8 Tagen.

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Sicherheitsaspekte

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Anhang

Dosisberechnungen

Die Oberflächendosis wird im Zentral-strahl des Nutzstrahlenbündels an derOberfläche des bestrahlten Körpers alsIonendosis gemessen. In der Röntgen-diagnostik kann die Luft-Kerma (KL)der Energiedosis in Luft gleichgesetztwerden, so daß sich unter Berücksichti-gung von Korrektur- und Konversions-faktoren Körper- und Organdosen ab-schätzen lassen. Die Organdosis ist alsÄquivalentdosis für Weichteilgewebedefiniert. Man versteht sie als die überdas Volumen des betrachteten Organsgemittelte Energiedosis [26, 33]. Die ef-fektive Energie läßt sich aufgrund dervorliegenden heterogenen Röntgen-strahlung aus den Daten der Röntgen-einrichtung (66 kV Röhrenspannung,2,5 mm Al-Filterung) zu 35 keV abschät-zen. Die Werte für die Luft-Kerma (KL)werden zur Berücksichtigung der Emp-findlichkeitssteigerung für LiF-Dosi-meter bei Energien kleiner als 100 keVmit dem Korrekturfaktor fLiF(E)=1,3korrigiert. Unter Berücksichtigung derPlexiglasabschirmung der Meßsondenund der Fehlerabschätzung der Ener-giedosis wird fLiF(E) letztlich gleich 1gesetzt. Die Rückstreuung der Strah-lung vom Körper des Patienten, die indie Oberflächendosismessung zusätz-lich zur Eintrittsdosis eingeht, wirddurch den Korrekturfaktor fR(E) be-rücksichtigt. Dessen Werte sind in Ab-hängigkeit von der Strahlenqualitätund der Feldgröße tabelliert. Für eineeffektive Energie von 35 keV und eineFeldgröße von ca. 1000 cm2 wurde ver-gleichbar mit den Angaben der Strah-lenschutzkommission ein Faktor von0,8 abgeschätzt [2].

DL=D·fLIF(E)·fR(E)

DL, Energiedosis frei Luft; D, mittelsTLD gemessene Energiedosis

Die Luft-Kerma (KL) wird aus der Do-sismessung im Zentralstrahl bestimmt.Für die in Gonadenhöhe positioniertenTLD sind weder Energie- noch Winkel-verteilung des Strahlenfeldes bekannt.Zur Abschätzung wird mit fR(E)=1 undfLIF(E)=1 gerechnet. Im nächsten Schritt

wird die Luft-Kerma (KL) in die Orts-dosis H*(10) entsprechend der Umge-bungsäquivalentdosis in 10 mm Tiefeder ICRU-Kugel nach ICRU 39 umge-rechnet. Unter Zugrundelegung derKonversionsfunktion fK=fK(E) ergibtsich [41]:

H*(10)=KL·fK(E)

KL, Kerma in Luft; fK(E), Konversions-faktor=1,3 Sv bzw. Gy.

Für die Abschätzung der Induktions-wahrscheinlichkeit strahlenbiologischerEffekte müssen die Organäquivalentdo-sen bestimmt werden. Diese Dosen sindvon der Strahlenschutzkommission 1991in Abhängigkeit von der Ortsdosis (Hx)angegeben worden [2].

Hx=KL·1,15 Sv(Gy)

Hx, Ortsdosis; KL, Kerma in Luft; 1,15,Umrechnungsfaktor von kV zu keV.

Die entsprechende Organdosis (HK) be-rechnet sich unter Berücksichtigung ta-bellierter Werte nach der Formel [2]:

HK=Hx·f0(K)· k0(K)

f0(K), energieabhängiger Wert, der dasVerhältnis Körperdosis zur Ortsdosisfür das Organ K beschreibt; k0(K), Kor-rekturfaktor für divergente Felder.

Mit einem Unsicherheitsfaktor von et-wa 40% (Fehlerfortpflanzungsgesetz)lassen sich Körper- und Organdosenunter Zugrundelegung von Korrektur-und Konversionsfaktoren aus den ge-messenen Energiedosen abschätzen:

HK=D·fLiF·fR·f0(K)··k0(K)·1,15 Sv(Gy)

D, Oberflächendosis im Zentralstrahl;fLiF, Korrekturfaktor Energiedosis/Ple-xiglas; fR, Rückstreufaktor; k0(K), Kor-rekturfaktor für divergente Felder; f0(K),Verhältnis Organdosis/Ortsdosis.

Die Wahrscheinlichkeit der Induktionstrahlenbiologischer Effekte ergibt sichaus der Multiplikation der jeweiligenOrgandosis H(K) mit dem Risikofaktorfür das jeweilige Organ RfOrg(K) gemäßAngaben aus ICRP 60.

Die Normenentwürfe sind ab August 1998 bei der

Beuth Verlags-GmbHD-10772 Berlin

verfügbar.

Neue Normen-Entwürfe des Deutschen Institutsfür Normung e.V. (DIN)

Normenausschuß für Materialprüfung (NMP) - Fachbereich 7 - Kerntechnik

Mitteilung