Bedingungsloses Grundeinkommen
Eine Studie der Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH
Diese Studie wurde auf Anregung von Professor Götz W. Werner erstellt. Fü r die fi nanzielle Unterstü tzung danken ihm die Verfasser.
Projekt-Team:Dr. Stefan D. HaignerMag. Stefan JeneweinUniv.-Prof. Dr. Friedrich SchneiderDr. Florian Wakolbinger
Inhalt
Das Wichtigste in Kürze 5
Einleitung 6
I. Öffentliche Wahrnehmung 9 Bekanntheitsgrad 11
Grad der Zustimmung 14
Gründe für die Zustimmung 18
II. Reaktion des Arbeitsangebots 21 Leistungsanreize 23
Individuelles Arbeitsangebot 26
Schwarzarbeit 34
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen 39 Steuer und Bürokratie 41
Stellenwert der Arbeit 60
3
Die Idee eines Grundeinkommens, Bürgergeldes oder einer Mindestsicherung
ist 50 % der Deutschen bekannt. 75 % davon kennen das Bedingungslose
Grundeinkommen.
Der Bekanntheitsgrad steigt mit dem Bildungsgrad.
Die Deutschen stehen dem Bedingungslosen Grundeinkommen leicht
positiv gegenüber.
Wichtigster Grund für die Zustimmung zum Bedingungslosen Grundeinkommen
ist die „finanzielle Unabhängigkeit“, gefolgt vom Aspekt der „Bedingungslosigkeit“
und der „Gerechtigkeit“.
Die Zustimmung zum Bedingungslosen Grundeinkommen ist für jede Berufs-
gruppe und jeden beruflichen Status, über alle Bildungsniveaus und
Einkommensklassen sowie in jedem Bundesland positiv oder zumindest
statistisch neutral.
72 % aller Erwerbstätigen geben an, ihr Arbeitsangebot nach BGE-Einführung
nicht senken zu wollen. Die Reduktion des Arbeitsangebots seitens der
Erwerbstätigen wird durch den Eintritt von derzeit Nicht-Erwerbstätigen
in die Erwerbstätigkeit vollständig kompensiert.
Die Akzeptanz, Steuern zu zahlen, ist bei besser Verdienenden sowie höher
Gebildeten stärker ausgeprägt.
Das Empfinden, dass der deutsche Sozialstaat zu bürokratisch ist, ist sehr
stark ausgeprägt, wobei es deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen
Bundesländern gibt.
Mehr als 50 % der Deutschen glauben, dass mindestens 40 % der Steuer-
einnahmen nicht sinnvoll verwendet werden.
Für 40 % ist die derzeitige Steuerbelastung mehr oder weniger akzeptabel.
5
Das Wichtigste in Kürze
Einleitung
Die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens, so wie es derzeit diskutiert wird,
sieht vor, dass jedem Bürger von Geburt an bedingungslos ein Grundeinkommen
ausbezahlt wird. Das Bedingungslose Grundeinkommen soll dabei in seiner Höhe
derart bemessen sein, dass es nicht nur die bloße Existenz sichert. Es soll darüber
hinaus auch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Zentral dabei ist,
dass es – im Gegensatz zu bedarfsorientierten Sicherungssystemen – ohne Prüfung
der Bedürftigkeit und damit unabhängig von Alter, Einkommen, Familienstand
oder Beschäftigungsstatus ausbezahlt wird und von ihm auch keinerlei Zwang zur
Arbeit ausgeht.
Die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens ist dabei zum einen vor dem Hinter-
grund zu sehen, dass ein immer größerer Anteil der Menschen ihren Lebensunterhalt
nicht mehr durch eigene Erwerbsarbeit bestreiten kann (Stichwort: Working Poor).
Zum anderen hat sich darüber hinaus in den letzten Jahren der Eindruck verfestigt,
dass Vollbeschäftigung unter den derzeitigen Gegebenheiten faktisch nicht mehr
erreicht werden kann. Vor diesem Hintergrund erscheint es nur konsequent, Arbeit
und Einkommensgenerierung (zumindest teilweise) zu entkoppeln. Zudem würde dies
die Menschen vom „Zwang“ zur Arbeit aufgrund des Lebensunterhalts befreien und
den Menschen die tatsächliche Freiheit geben, sich für Arbeit zu entscheiden. Diese
Freiheit ist notwendig, um kreatives Potenzial freizusetzen und wirkt produktivitäts-
steigernd (Stichwort: Kreative Industrien und ihr überdurchschnittlicher Beitrag zur
Wertschöpfung, unabhängige Forschung, Pflege, Kulturarbeit).
Daneben würde die Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens eine gravie-
rende Verschlankung des staatlichen Verwaltungsapparates mit sich bringen,
da alle bisher ausbezahlten Transferleistungen im Bedingungslosen Grundeinkommen
zusammengeführt werden. Der bürokratische Aufwand sowohl auf der Seite des
Staats als auch auf der Seite der Steuer- und Abgabenpflichtigen könnte so deutlich
reduziert werden. Der Staat würde somit deutlich effizienter werden und die so
gewonnenen Ressourcen könnten produktiven Verwendungen zugeführt werden.
Ein Einwand, der an dieser Stelle häufig eingebracht wird ist jener, dass durch die
Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens die Arbeitsanreize massiv sinken
würden und Erwerbsarbeit an sich entwertet würde.
Vor diesem Hintergrund wurde im Mai 2010 erstmals in Deutschland von IMAS
International eine repräsentative Umfrage unter mehr als 2.100 Personen zum Thema
Bedingungsloses Grundeinkommen durchgeführt mit dem Ziel, folgende Fragen
zu beantworten:
Welchen Stellenwert besitzt Arbeit heute überhaupt?
Wie stehen die Bürgerinnen und Bürger zum Bedingungslosen Grundeinkommen?
Mit welchen Veränderungen ist hinsichtlich des Arbeitsangebots nach Einführung
eines Bedingungslosen Grundeinkommens zu rechnen?
Ist eine Verschlankung des Verwaltungsapparates wünschenswert und wofür
ist es „akzeptabel“ Steuern zu zahlen?
Diese und weitere Fragen sollen im nun Folgenden beantwortet werden. Kapitel I
widmet sich dabei der öffentlichen Wahrnehmung und der Akzeptanz des Bedingungs-
losen Grundeinkommens – im Folgenden kurz BGE genannt. In Kapitel II wird darge-
stellt, mit welchen Auswirkungen auf das Arbeitsangebot nach Einführung des BGE
gerechnet werden kann. Dabei wird zwischen offizieller Erwerbsarbeit und Schwarz-
arbeit unterschieden. Kapitel III beschäftigt sich in einem ersten Teil mit persönlichen
Einstellungen zu staatlicher Aktivität, Sozialleistungen, Steuern bzw. der Steuerlast.
In einem zweiten Teil wird die Wahrnehmung des Stellenwerts von Arbeit beleuchtet.
6 7
I. Öffentliche Wahrnehmung
I.1 Bekanntheitsgrad 11
I.2 Grad der Zustimmung 14
I.3 Gründe für Zustimmung 18
9
I. Öffentliche Wahrnehmung
I.1 Bekanntheitsgrad
50 % der Bevölkerung sind Grundeinkommen bzw. verwandte Systeme bekannt.
Bekanntheitsgrad steigt mit Bildungsgrad.
75 % davon kennen das BGE.
In Hessen, Thüringen und Schleswig-Holstein ist der Bekanntheitsgrad deutlich
überdurchschnittlich.
In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Brandenburg ist der Bekanntheitsgrad
deutlich unterdurchschnittlich.
Etwa der Hälfte der Befragten ist die Idee eines Grundeinkommens bzw. verwandter
Systeme (z.B. Solidarisches Bürgergeld oder Mindestsicherung) bekannt.
Sie haben schon öfter oder gelegentlich davon gehört. Ein Anteil von 40 % gibt jedoch
an, von derartigen Konzepten noch nie etwas gehört zu haben.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Haben Sie schon einmal etwas von der Idee eines Grundeinkommens,
Bürgergelds bzw. einer Mindestsicherung gehört?
Abb. 1
Keine Angabe 2%
Noch nie39%
Gelegentlich36%
Ö�er 14%
Weißnicht 9%
10 11
Fans auf Facebook (der jeweils größten Gruppe)
36 758 Bedingungsloses Grundeinkommen
13 596 SPD
11 584 Bündnis 90 / Die Grünen
9 985 Piratenpartei Deutschland
8 273 FDP
6 172 CDU
5 660 Die Linke
Stand: Oktober 2010
I. Öffentliche Wahrnehmung
Dabei gibt es einen klaren positiven Zusammenhang zwischen Bildungsgrad und
Bekanntheitsgrad. So kennen mehr als 80 % der Befragten mit Hochschulabschluss
derartige Konzepte, während dies auf lediglich 40 % derer, die einen Grund- oder
Hauptschulabschluss haben, und nur auf 27 % derer, die keinen Schulabschluss
haben, zutrifft.
Der Bekanntheitsgrad sozialer Sicherungssysteme ist in Hessen, Thüringen und
Schleswig-Holstein (mit 83 %, 69 % und 60 %) deutlich überdurchschnittlich,
wohingegen er in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Brandenburg unter-
durchschnittlich ist (mit 39 %, 35 % und 30 %).
Von jenen Personen, denen diese sozialen Sicherungssysteme zum Zeitpunkt der
Befragung bekannt sind, haben 70 % die mediale Diskussion darüber beiläufig und
12 % laufend verfolgt. Drei Viertel dieser Personen kennen das spezifische
System „Bedingungsloses Grundeinkommen“ und haben schon öfter oder gelegent-
lich davon gehört.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Anteil derer, die öfter oder gelegentlich von Grundeinkommen bzw.
verwandten Systemen gehört haben – getrennt nach Bildungsgrad
Abb. 2
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Anteil derer, die öfter oder gelegentlich von Grundeinkommen
bzw. verwandten Systemen gehört haben – getrennt nach Bundesland
Abb. 3
FH, Uni, Promo�on
Fachschulabschluss
Fachabitur/Abitur
Mi�lere Reife
Durchschni�
Lehre/Berufsausbildung im dualen System
Grund-/Hauptschule
Ohne allg. Schulabschluss
81%
65%
59%
52%
50%
46%
40%
27%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%
e
m
�
6%
e
r
s
n 8
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%
Hessen 83%
Thüringen
Schleswig-Holstein
Berlin
Sachsen-Anhalt
Nordrhein-Wes�alen
Mecklenburg-Vorpommern
Durchschni�
Bremen
Saarland
Niedersachsen
Sachsen
Hamburg
Bayern
Baden-Wür�emberg
Rheinland-Pfalz
Brandenburg
69%
60%
56%
55%
55%
52%
50%
50%
50%
48%
48%
47%
44%
39%
35%
30%
12 13
Tendenziell ist die Zustimmung zum BGE bei Personen mit niedrigerem Bildungsgrad
überdurchschnittlich und umgekehrt. Allerdings fällt die Zustimmung nicht stetig
mit steigendem Bildungsgrad. So unterscheiden sich etwa Personen mit Fachhoch-
schul- bzw. Hochschulabschluss hinsichtlich der Zustimmung nicht signifikant von
Personen mit mittlerer Reife sowie von Personen mit Fachschulabschluss oder
Personen mit Fachabitur oder Abitur. Lediglich die beiden Gruppen, die die höchste
Zustimmung aufweisen (Personen ohne Schulabschluss und Personen mit Grund- und
Hauptschulabschluss), unterscheiden sich statistisch signifikant von allen anderen
Gruppen.
Mittlere Zustimmung zum BGE – getrennt nach Bildungsgrad
Abb. 5
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0-0,5
Ohne allg. Schulabschluss
Grund-/Hauptschule
Mi�lere Reife
Durchschni�
Lehre/Berufsausbildung im dualen System
FH, Uni, Promo�on
Fachabitur
Fachschulabschluss
1,74
0,83
0,64
0,62
0,40
0,32
0,27
-0,16
I.2 Grad der Zustimmung
Die zentralen Ergebnisse sind:
Die Bevölkerung steht dem BGE grundsätzlich positiv gegenüber.
Zustimmung bei Arbeitslosen, Hausfrauen/-männern, Auszubildenden und aus
anderen Gründen nicht Erwerbstätigen überdurchschnittlich.
Zustimmung bei Erwerbstätigen und Rentnern unterdurchschnittlich.
Im Durchschnitt stehen die befragten Personen dem BGE tendenziell positiv gegenüber.
Zwischen den einzelnen Bevölkerungsgruppen sind allerdings deutliche Unterschiede aus-
zumachen. So ist die Zustimmung zum BGE bei selbständig und unselbständig Erwerbstätigen
sowie Rentnern schwächer ausgeprägt als bei Personen, die sich noch in Ausbildung befin-
den und denen, die im erwerbsfähigen Alter sind, aber keiner Erwerbsarbeit nachgehen
(Arbeitslose, Hausfrauen/-männer und aus anderen Gründen nicht Erwerbstätige). Lediglich
die Gruppe der selbständig Erwerbstätigen steht – auch wenn sie im Mittel leicht positiv ist –
der Idee des BGE statistisch neutral gegenüber.
Mittlere Zustimmung zum BGE – getrennt nach beruflichem Status
Abb. 4
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5
2,27
1,57
1,14
0,80
0,62
0,59
0,54
0,36
0,29
Nicht erwerbstä�g (andere Gründe)
Arbeitslos
In Ausbildung
Hausfrau/-mann
Durchschni�
Schüler/Student
Unselbständig erwerbstä�g
Rentner
Selbständig erwerbstä�g
I. Öffentliche Wahrnehmung
14 15
Bürgerini a ven zum Grundeinkommenin Deutschland
Saarbrücken
Rostock
Güstrow
Schwerin
Hamburg
Niedersachsen, allgemein
Ahrensburg
Schleswig-Holstein,allgemein
Bremen
Hannover
Halle
Leipzig
Gö ngen
Marburg
Off enbach
Darmstadt
Weissenburg
Amperland
München
Pi enhart-Oberbrunn
Krumbach
Augsburg
Coburg
Stockstadt am Main
Erfurt
Dresden
Freiberg
Chemnitz
Weimar
Wiesbaden
Gelsenkirchen
Bochum
Wuppertal
Köln
Bonn
Osnabrück
Berlin
Karlsruhe
Stu gart
Tübingen
Freiburg
Ulm
Die Zustimmung zum BGE ist in den Bundesländern unterschiedlich stark ausgeprägt.
Sie erreicht in Baden-Württemberg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin
und Thüringen Durchschnittswerte über 1 und ist in Nordrhein-Westfalen, im
Saarland, in Schleswig-Holstein und in Bremen im Durchschnitt negativ, wobei im Falle
Bremen die geringe Beobachtungszahl beachtet werden muss. Allerdings muss für
die vier letztgenannten Bundesländer festgehalten werden, dass die Ablehnung derart
schwach ist, dass statistisch eine neutrale Haltung gegenüber dem BGE unterstellt
werden kann.
Mittlere Zustimmung zum BGE – getrennt nach Bundesland
Abb. 6
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
-0,31
1,45
0,16
1,17
0,85
1,62
0,72
-2,00
-0,07
0,291,12
0,18
0,70
1,70
-0,13
0,42
16 17
Stand: Oktober 2010
I. Öffentliche Wahrnehmung
Bei einer Differenzierung nach beruflichem Status bzw. Bildungsgrad wird hinsichtlich
aller sechs Aspekte ein gemeinsames Muster erkennbar. Für jene Bevölkerungs-
gruppen, die der Idee des BGE überdurchschnittlich stark zustimmen (das sind Perso-
nen im erwerbsfähigen Alter, die nicht erwerbstätig sind sowie solche mit niedrigerem
Bildungsgrad) sprechen die genannten Aspekte tendenziell stärker für die Einführung
des BGE als für Bevölkerungsgruppen, bei denen die Zustimmung schwächer aus-
geprägt ist (Erwerbstätige und Rentner).
I.3 Gründe für Zustimmung
Die Befragten wurden gebeten, sechs Aspekte hinsichtlich ihrer Relevanz für
Zustimmung bzw. Ablehnung des BGE zu bewerten. Am stärksten für die Idee des BGE
sprechen
die dadurch entstehende finanzielle Unabhängigkeit von Arbeitgeber,
Partner, Eltern etc. sowie
die Bedingungslosigkeit des Einkommens.
Die Möglichkeit hingegen, die eigene Arbeitszeit zu reduzieren,
erachten die Befragten als unwichtigsten Aspekt.
Der Aspekt der finanziellen Unabhängigkeit von Arbeitgeber, Partner, Eltern etc.
spricht also von allen sechs Aspekten am stärksten für die Einführung des BGE.
Die Relevanz dieses Aspektes ist auch signifikant höher als die der anderen Aspekte.
Auch der Aspekt der Bedingungslosigkeit des BGE führt in stärkerem Ausmaß zur
Zustimmung als etwa die Möglichkeit, die eigene Arbeitszeit zu reduzieren oder die
Möglichkeit der anderen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren.
Gründe für/gegen das BGE – mittlere Zustimmung
Abb. 7
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
0,00 0,20 0,40 0,60 0,80 1,00 1,20 1,40 1,60 1,80
1,60
0,87
0,93
0,98
1,02
1,06
Finanzielle Unabhängigkeit von Partner, Eltern, etc.
Tatsache der Bedingungslosigkeit
Aspekte der Gerech�gkeit
Möglichkeit der anderen, Arbeitszeit zu reduzieren
Erwerbstä�gkeit für Lebensunterhalt nicht mehr notwendig
Möglichkeit, eigene Arbeitszeit zu reduzieren
18 19
II. Reaktion des Arbeitsangebots
II.1 Leistungsanreize 23
II.2 Individuelles Arbeitsangebot 26
II.2a Berufsfelder 29
II.2b Derzeitiges Stundenausmaß 31
II.2c Einkommen 32
II.3 Schwarzarbeit 34
21
23
II.1 Leistungsanreize
45 % erwarten Rückgang des gesamten Arbeitsangebots,
31 % erwarten keine Veränderung.
39 % erwarten, dass bei BGE-Einführung Leistungsanreize fallen werden,
30 % erwarten keine Veränderung.
Bezüglich der Auswirkungen einer Einführung des BGE auf das Arbeitsangebot liegen
zwei entgegengesetzte Erwartungshaltungen vor. Befürworter des BGE argumentieren,
dass durch dessen Einführung der „Zwang“ zur Arbeit aufgrund des Lebensunterhalts
wegfällt und die Menschen sich daher hin zu jenen Tätigkeiten, die sie „gerne“ verrich-
ten, orientieren können. Das Arbeitsangebot sollte daher steigen bzw. zumindest nicht
fallen, vor allem aber qualitativ besser werden. Kritiker hingegen erwarten einen
Rückgang des Arbeitsangebots, da sie annehmen, dass die Menschen vor allem
aufgrund ökonomischer Notwendigkeit arbeiten und sie, wenn diese Notwendigkeit
wegfällt, Arbeitszeit durch Freizeit substituieren werden.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Erwartungen über Veränderungen des gesamten Arbeitsangebots
Abb. 8
Die Befragungsteilnehmer wurden sowohl hinsichtlich der Veränderungen ihres eigenen
Arbeitsangebots als auch hinsichtlich ihrer Erwartungen über die Veränderung des
gesamten Arbeitsangebots bei einer möglichen Einführung des BGE befragt. Tatsächlich
erwartet die Mehrheit der Befragten einen Rückgang des Arbeitsangebots, wie aus Abbil-
dung 8 hervorgeht.
II. Reaktion des Arbeitsangebots
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50%
45%
31%
13%
10%
1%
Weniger als bisher
Gleich viel wie bisher
Mehr als bisher
Weiß nicht
Keine Angabe
22
Arbeitsbereitscha von Langzeitarbeitslosen
85,3 % aller SGB-II-Leistungsempfänger gehen einer Tä gkeit nach
53,7 % aller SGB-II-Leistungsempfänger gehen mindestens
einer Halbtagstä gkeit nach
29,3 % aller SGB-II-Leistungsempfänger
gehen einer Erwerbstä gkeit nach 28,8 % aller SGB-II-Leistungsempfänger betreuen Kinder
10,2 % aller SGB-II-Leistungsempfänger sind in Ausbildung
10,1 % aller SGB-II-Leistungsempfänger sind in einer
arbeitsmarktpoli schen Maßnahme
6,9 % aller SGB-II-Leistungsempfänger pfl egen Angehörige
Quelle: IAB-Kurzbericht 15/2010
24 25
Wie ersichtlich gehen 45 % der Befragten davon aus, dass bei einer Einführung des
BGE das Arbeitsangebot zurückgehen wird, während immerhin etwas weniger
als ein Drittel glaubt, dass das Arbeitsangebot gleichbleibt. Nur 13 % denken, dass
das gesamte Arbeitsangebot steigt.
Abbildung 9 zeigt, dass jene Gruppen, die dem BGE überdurchschnittlich positiv
gegenüberstehen, in geringerem Ausmaß von einem Rückgang des Arbeits-
angebots bei einer BGE-Einführung ausgehen, als Gruppen, bei denen die Zustimmung
schwächer ausgeprägt ist. So glauben nur 18 % der aus anderen Gründen nicht
Erwerbstätigen und 32 % der Arbeitslosen, dass die Einführung des BGE zu einem
Rückgang des Arbeitsangebots führen wird, während jeweils mehr als 45 % der
Erwerbstätigen und Rentner von einem Rückgang ausgehen.
Bei Personen mit mittleren Einkommen – das sind Personen mit einem Einkommen
zwischen € 1.500 bis € 2.500 pro Monat – ist der Anteil derer, die von einem Rückgang
des Arbeitsangebots ausgehen, mit 49 % leicht überdurchschnittlich. In Ostdeutsch-
land ist der Anteil leicht unterdurchschnittlich (41 %).
Anteil der Personen, die von einem Rückgang des Arbeitsangebots
bei Einführung des BGE ausgehen – getrennt nach beruflichem Status
Abb. 9
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Bei einer Differenzierung nach Einkommen oder Bildungsgrad wird kein eindeutiges
Muster erkennbar. Zudem sind die Unterschiede in der Einschätzung zwischen den
einzelnen Bildungs- bzw. Einkommensgruppen nur sehr gering.
Veränderung der Leistungsanreize bei BGE-Einführung
Abb. 10
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Die Erwartungen über die Veränderungen des Arbeitsangebots gehen mit der
Einschätzung der Leistungsanreize, die das BGE bietet, einher. Etwa derselbe Anteil
an Personen, die von einem Rückgang des Arbeitsangebots ausgehen, erwartet fallen-
de Anreize. Ein Drittel der Befragten geht, wie aus Abbildung 10 ersichtlich, von keiner
Veränderung des Arbeitsangebots bei einer Einführung des BGE aus, und auch etwa
ein Drittel der Befragten erwartet, dass sich die Leistungsanreize bei einer Einführung
nicht wesentlich verändern werden.
46%Unselbständig erwerbstä�g
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50%
46%
46%
46%
45%
44%
43%
32%
18%
Hausfrau/-mann
Rentner
Selbständig erwerbstä�g
Durchschni�
In Ausbildung
Schüler/Student
Arbeitslos
Nicht erwerbstä�g (andere Gründe)
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45%
Ja, werden fallen
Nein, bleiben im Wesentlichen gleich
Weiß nicht
Ja, werden steigen
Keine Angabe 1%
13%
17%
30%
39%
II. Reaktion des Arbeitsangebots
II. Reaktion des Arbeitsangebots
II.2 Individuelles Arbeitsangebot
72 % aller Erwerbstätigen wollen ihr Arbeitsangebot bei BGE-Einführung
nicht verändern.
Dennoch wollen Erwerbstätige im Durchschnitt nach BGE-Einführung
4,3 Stunden pro Woche weniger arbeiten.
Bei Hilfsberufen, in der Landwirtschaft und im Handel ist ein Rückgang des
Beschäftigungsausmaßes überdurchschnittlich.
Rentner, Arbeitslose, Hausfrauen und aus sonstigen Gründen nicht
Erwerbstätige wollen ihr Arbeitsangebot nach BGE-Einführung erhöhen.
Im Bevölkerungsdurchschnitt Erhöhung des Arbeitsangebots um 2,4 Wochen-
stunden pro Person.
Entgegen den weiter oben dokumentierten Erwartungen vieler Befragter über das
gesamte Arbeitsangebot sinkt das durchschnittliche individuelle Arbeitsangebot bei
einer Einführung des BGE nicht. Während die Befragten gegenwärtig im Durch-
schnitt 21 Stunden pro Woche einer regulären Erwerbsarbeit nachgehen, ist das
geplante Arbeitsangebot nach einer möglichen Einführung mit durchschnittlich
22 Stunden pro Person und Woche sogar höher als das gegenwärtige.
Wie aus Abbildung 11 hervorgeht, ändert sich allerdings die Verteilung des Arbeits-
angebots auf die einzelnen Personengruppen deutlich. Personen, die derzeit er-
werbstätig sind, planen demgemäß, ihr Arbeitsangebot um durchschnittlich 4,2
Stunden (unselbständig Erwerbstätige) bzw. 4,6 Stunden (selbständig Erwerbstätige)
zu reduzieren. Der Rückgang des Arbeitsangebots bei gegenwärtig Erwerbstätigen
wird jedoch durch einen Anstieg bei Personengruppen, die momentan nicht er-
werbstätig sind, mehr als kompensiert. Arbeitslose planen nach einer Einführung
des BGE, ihr Arbeitsangebot um mehr als 18 Stunden pro Woche zu erhöhen, wäh-
rend die momentan aus anderen Gründen nicht Erwerbstätigen angeben, nach einer
BGE-Einführung im Durchschnitt 11 Stunden pro Woche zu arbeiten. Rentner und
Hausfrauen/-männer wollen durchschnittlich 7 bzw. 6 Stunden pro Woche arbeiten.
Veränderung des Stundenausmaßes (Std./Woche) der Erwerbsarbeit bei
BGE-Einführung – getrennt nach beruflichem Status
Abb. 11
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Es liegt zumindest nahe, dass eine derartige Umverteilung des Arbeitsangebots von
den derzeit Erwerbstätigen zu den Nicht-Erwerbstätigen durch die Bedingungslosigkeit
des BGE ermöglicht wird. Während im gegenwärtig implementierten Sozialsystem
Transferempfänger wie Rentner oder Arbeitslosengeldbezieher keine oder nur sehr
geringe monetäre Anreize vorfinden, ihre Arbeitskraft anzubieten, weil sie sonst den
Transfer verlieren, ist dies in einem BGE-System anders. Denn wie bereits mehrmals
gesagt: Der Bezug des BGE ist, abgesehen von Statusbedingungen wie Staatsbürger-
schaft bzw. Aufenthaltserlaubnis, an keinerlei Bedingungen geknüpft.
3,0 6,0 15,0 18,0 21,00 9,0 12,0-3,0-6,0
Arbeitslos
Nicht erwerbstä�g (andere Gründe)
Rentner
Hausfrau/-mann
Durchschni�
Unselbständig
Selbständig erwerbstä�g
18,6
11,2
7,0
6,3
2,4
-4,2
-4,6
Zu bedenken ist dabei, dass ein eventuell höheres Arbeitsangebot, etwa von Arbeits-
losen, von den Unternehmen nicht vollständig nachgefragt werden muss. Jedoch sinkt
selbst unter der strengen Annahme, dass alle Arbeitslosen nach einer BGE-Einführung
weiterhin arbeitslos bleiben würden, das gesamte Arbeitsangebot im Durchschnitt le-
diglich um 0,3 Stunden pro Person und Woche.
26 27
Anteil derer, die Arbeitsangebot reduzieren oder vollständig einstellen –
getrennt nach Berufsfeld
Abb. 12
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
II.2a Berufsfelder
Wie aus Abbildung 12 und Abbildung 13 hervorgeht, ist der Anteil der Erwerbs-
tätigen, die ihr Arbeitsangebot nach einer BGE-Einführung reduzieren oder vollständig
einstellen wollen, im Durchschnitt etwas kleiner als ein Fünftel. Die durchschnitt-
liche Reduktion des Arbeitsangebots von etwas mehr als 4 Wochenstunden beträgt bei
der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit der befragten Erwerbstätigen hingegen
nur etwas mehr als ein Zehntel.
Am deutlichsten fällt der Rückgang der Arbeitsstunden bei Hilfsberufen bzw. Aus-
hilfskräften aus. Hier gibt ein Drittel der Befragten an, ihr Arbeitsangebot reduzieren
bzw. vollständig einstellen zu wollen. Die durchschnittliche Reduktion der Wochen-
arbeitszeit beträgt dabei mehr als 6 Stunden. In der Landwirtschaft, im Gastgewerbe,
im Handel, bei sonstigen Dienstleistungen sowie im Baugewerbe ist der Anteil derer,
die das Arbeitsangebot reduzieren oder vollständig einstellen, deutlich geringer, aber
überdurchschnittlich. Bei Handwerkern, Wissenschaftlern und Künstlern sowie in der
Verwaltung tritt nur ein unterdurchschnittlicher Rückgang des Arbeitsangebots auf.
0,0 5% 10% 15% 20% 30%25% 35%
Hilfsberufe/Aushilfskrä�e
Landwirtscha�/Natur
Gastgewerbe/Tourismus/Freizeit
Handel/Verkauf/Vertrieb
Sons�ge Dienstleistungen
Baugewerbe
Durchschni�
Soziales/Bildung/Gesundheit
Industrie/Bergbau
Verwaltung/Wirtscha�
Wissenscha�/Kunst/Kultur/Forschung & Entwicklung (F&E)
Handwerk/technischer Beruf
33%
23%
21%
21%
21%
20%
18%
16%
15%
15%
14%
14%
Erich Fromm
„Zwanghaftes Arbeiten allein würde die Menschen ebenso verrückt machen wie absolutes Nichtstun. Erst durch dieKombination beider Komponenten wird das Leben erträglich.“
28 29
Mittlere Veränderung des gesamten Arbeitsangebots (Std./Woche) –
getrennt nach derzeitigem Stundenausmaß
Abb. 14
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
II.2b Derzeitiges Stundenausmaß
Abbildung 14 zeigt, dass die geplante durchschnittliche Reduktion mit dem derzeit
bereitgestellten Arbeitsangebot naturgemäß steigt. Personen mit einer Vollzeit-
beschäftigung von über 35 Stunden reduzieren das Arbeitsangebot um 4,7 Stunden,
während Teilzeitbeschäftigte mit weniger als 20 Stunden Wochenarbeitszeit ihr
Arbeitsangebot im Durchschnitt nur um 2 Stunden reduzieren. Nicht Erwerbstätige
hingegen wollen, wie bereits in Abbildung 11 dokumentiert, ihr Arbeitsangebot um
durchschnittlich ca. 10 Wochenstunden erhöhen.
II. Reaktion des Arbeitsangebots
Es ist somit zu vermuten, dass es durch die Veränderungen des Arbeitsangebots bei
den verschiedenen Berufsgruppen nach der BGE-Einführung auch zu einer Verände-
rung der Lohnstruktur kommt. Um die Arbeitsnachfrage bedienen zu können, müssen
die Löhne in den Bereichen mit überdurchschnittlichem Rückgang des Arbeitsangebots
stärker wachsen als in den Bereichen mit unterdurchschnittlichem Rückgang. Da in
traditionellen Niedriglohnbereichen der Rückgang des Arbeitsangebots besonders
stark zu sein scheint, würde dies eine Angleichung der Löhne bedeuten. Allerdings ist
nicht abzuschätzen, inwieweit die derzeit nicht Erwerbstätigen in den einzelnen Berufs-
feldern den Rückgang des Arbeitsangebots der Erwerbstätigen kompensieren können.
Mittlere Reduktion des Arbeitsangebots (Std./Woche) von derzeit
Erwerbstätigen – getrennt nach Berufsfeld
Abb. 13
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
-7 -6 -5 -4 -3 -1-2 0
-3,4 Soziales/Bildung/Gesundheit
Gastgewerbe/Tourismus/Freizeit
Handwerk/technischer Beruf
Wissenscha�/Kunst/Kultur/F&E
Verwaltung/Wirtscha�
Industrie/Bergbau
Durchschni�
Baugewerbe
Handel/Verkauf/Vertrieb
Sons�ge Dienstleistungen
Hilfsberufe/Aushilfskrä�e
Landwirtscha�/Natur
-3,4
-3,5
-3,8
-4
-4,2
-4,3
-4,5
-4,9
-5,1
-6
-6,6
2,0 4,0 10,0 12,00 6,0 8,0-2,0-4,0
10,6
-6,0
Nicht erwerbstä�g
2,4
-2
-2,9
-4,7
Durchschni�
Weniger als 20 Std.
20 bis 35 Std.
Mehr als 35 Std.
30 31
II.2c Einkommen
Personen mit mittleren und hohen Einkommen reduzieren bei einer Einführung
des BGE ihr Arbeitsangebot, während es Personen mit niedrigem Einkommen
erhöhen. Wie aus Abbildung 15 ersichtlich, ist die Reduktion bei Personen mit
einem monatlichen Nettoeinkommen von € 3.000 bis € 3.500 am stärksten.
Steigt das Einkommen über diesen Betrag hinaus, so wird die geplante Reduktion
des Arbeitseinkommens bei einer BGE-Einführung wieder geringer.
Mittlere Veränderung des gesamten Arbeitsangebots (Std./Woche) –
getrennt nach Einkommen
Abb. 15
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
14,1
Durchschni�
5,0 15,010,00-5,0
2,4
5,4
0,5
-1,1
-2,6
-3,6
-4,6
-2,3
Unter 500 Euro
500 bis 1.000 Euro
1.000 Euro bis 1.500 Euro
1.500 bis 2.000 Euro
2.000 bis 2.500 Euro
2.500 bis 3.000 Euro
3.000 bis 3.500 Euro
Über 3.500 Euro
Friedrich Schiller
„Der Mensch ist noch sehr wenig, wenn er warm wohnt und sich satt gegessen hat, aber er muß warm wohnen und satt zu essen haben, wenn sich die bessre Natur in ihm regen soll.“
II. Reaktion des Arbeitsangebots
drich Schiller
3332
Schwarzarbeit wird dabei insbesondere im Bereich Dienstleistungen im privaten
Haushalt sowie im Bereich Handwerk/technischer Beruf angeboten. Jeweils mehr als
ein Viertel der befragten Anbieter von Schwarzarbeit geben an, in mindestens einem
dieser Bereiche tätig zu sein. Überraschend selten wird Schwarzarbeit im Bereich
Soziales/Bildung/Gesundheit angeboten (2,46 %). 15 % bieten Schwarzarbeit im
Baugewerbe, im Bereich Gartenarbeit/Landwirtschaft bzw. im Rahmen sonstiger
Dienstleistungen an. Der Durchschnittslohn für Schwarzarbeit beträgt dabei € 12,19
pro Stunde. Männer verdienen im Durchschnitt mit € 13,23 mehr als Frauen mit
durchschnittlich € 10,07 pro Stunde.
Etwas mehr als ein Drittel der befragten Anbieter von Schwarzarbeit bieten in dem
Bereich an, in dem sie auch offiziell tätig sind, während etwas weniger als ein Drittel in
einem anderen Bereich tätig sind. Das restliche Drittel der Schwarzarbeits-Anbieter
geht keiner offiziellen Erwerbstätigkeit nach.
Schwarzarbeits-Angebot nach Tätigkeitsbereichen
Abb. 17
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
II. Reaktion des Arbeitsangebots
II.3 Schwarzarbeit
Derzeitige Schwarzarbeits-Anbieter wollen nach BGE-Einführung 6,6 Stunden
pro Monat weniger schwarz arbeiten.
Wegfall der finanziellen Notwendigkeit ist wichtigster Grund für Reduktion.
25 % der Befragten wollen nach BGE-Einführung keine Schwarzarbeit
mehr anbieten.
13,5 % der Befragten geben an, im letzten Jahr Schwarzarbeit angeboten zu haben.
Wenig überraschend zeigt sich dabei, dass für 80 % der Zuverdienst ein Grund für ihr
Angebot an Schwarzarbeit ist. Hingegen geben lediglich 8 % an, die Tätigkeit deshalb
schwarz durchzuführen, weil sie die Arbeit offiziell gar nicht ausführen dürften.
Auch geben nur etwas mehr als ein Zehntel der Befragten an, im inoffiziellen Sektor
tätig zu sein, um Transferleistungen wie Arbeitslosengeld I oder II (Hartz IV) nicht
zu verlieren, oder weil die Auftraggeber die Dienstleistungen inoffiziell nachfragen
wollen.
Gründe für Schwarzarbeits-Angebot
Abb. 16
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%
80%Um mehr Geld zu verdienen
Weil es andere auch machen
Die Tä�gkeit befriedigt mich
Andere Gründe
Weil ich ALG/Hartz IV nicht verlieren will
Meine Au�raggeber möchten das so
Weil es flexibler ist
Dür�e die Arbeit nicht offiziell ausführen
21%
14%
13%
13%
11%
11%
8%
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%
3%Soziales/Bildung/Gesundheit
Gartenarbeit/Landwirtscha�
Handwerk/technischer Beruf
Sons�ge Dienstleistungen
Andere bzw. mehr als ein Bereich
Handel/Verkauf/Vertrieb
Baugewerbe
Gastgewerbe/Tourismus/Freizeit
Dienstleistungen im priv. Haushalt
15%
27%
17%
3%
6%
15%
12%
26%
34 35
Etwa zwei Drittel der Schwarzarbeits-Anbieter, die angeben, bei einer Einführung
des BGE das Angebot zu reduzieren oder gänzlich einzustellen, begründen die
Reduktion mit dem Wegfall der finanziellen Notwendigkeit. Weitere 18 % stellen die
Schwarzarbeit ein, da sie das BGE für ein faires System halten und sich, wenn es
eingeführt wird, daher gesetzeskonform verhalten wollen. 7 % der Anbieter versuchen
bei einer Einführung des BGE, die Schwarzarbeit durch eine offizielle Arbeit zu
ersetzen.
Während diejenigen, die gegenwärtig Schwarzarbeit anbieten, das Angebot bei
einer BGE-Einführung um etwas mehr als ein Drittel reduzieren wollen, werden 11 %
der Befragten nach einer BGE-Einführung schwarz arbeiten, obwohl sie dies momentan
nicht tun. Etwa 45 % dieser nach einer BGE-Einführung neu hinzukommenden
Schwarzarbeiter sind unselbständig beschäftigt. Sie reduzieren dabei ihr reguläres
Arbeitsangebot von durchschnittlich 37 auf 26 Stunden.
Der Anteil derjenigen, die nach einer BGE-Einführung Schwarzarbeit anbieten werden,
ist beinahe so groß wie der Anteil derer, die gegenwärtig schon schwarz arbeiten
(10,5 % versus 13,5 %). Es ist also davon auszugehen, dass der Rückgang des Schwarz-
arbeits-Angebots bei derzeitigen Anbietern vollständig kompensiert wird, sodass es
insgesamt zu keiner Veränderung des Angebots kommt.
II. Reaktion des Arbeitsangebots
Etwa die Hälfte dieser Personen bietet auch nach einer Einführung des BGE Schwarz-
arbeit an, während ein Viertel die Schwarzarbeit einstellt. 7 % werden in einem
geringeren Ausmaß als zuvor Schwarzarbeit anbieten. Dies führt zu der in Abbildung 18
dargestellten durchschnittlichen Reduktion des Schwarzarbeits-Angebots von
6,6 Stunden pro Monat. Gegenwärtig beträgt das durchschnittliche Angebot 17,5
Stunden pro Monat, sodass die durchschnittliche Reduktion des Angebots etwas mehr
als ein Drittel beträgt.
Die Reduktion ist in den Bereichen „Dienstleistungen im privaten Haushalt“, „Gast-
gewerbe/Tourismus/Freizeit“ sowie im Baugewerbe überdurchschnittlich, während sie
im Bereich „Soziales/Bildung/Gesundheit“ sowie bei „Gartenarbeit/Landwirtschaft“
deutlich unterdurchschnittlich ist.
Mittlere Veränderung des Schwarzarbeits-Angebots (Std./Monat) von
derzeit schwarz Arbeitenden – getrennt nach Berufsfeld
Abb. 18
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
-12 -10 -8,0 -6,0 -2,0-4,0 0,0
Gartenarbeit/Landwirtscha�
-4,6
-4,6
-6,4
-6,6
-6,7
-8,8
-8,9
-9,7
Handwerk/technischer Beruf
Sons�ge Dienstleistungen
Andere bzw. mehr als ein Bereich
Durchschni�
Handel/Verkauf/Vertrieb
Baugewerbe
Gastgewerbe/Tourismus/Freizeit
Dienstleistungen im priv. Haushalt
-2,1
0,0 Soziales/Bildung/Gesundheit
36 37
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
III.1 Steuer und Bürokratie 41
III.1a Staatliche Bürokratie 47
III.1b Verschwendung der Steuereinnahmen? 52
III.1c Steuerbelastung akzeptabel? 55
III.2 Stellenwert der Arbeit 60
III.2a Jeder Mensch soll arbeiten, um sich selbst zu verwirklichen 60
III.2b Es ist Aufgabe der Regierung, für Vollbeschä igung zu sorgen 61
III.2c Nur Bürger, die erwerbstä g sind oder waren, sollen das Recht auf staatliche Unterstützung besitzen 62
III.2d Bürger bringen sich durch Erwerbstä gkeit in den Staat ein 63
III.2e Unsere heu ge Gesellscha misst den Wert von Bürgern zu stark an deren Einkommen aus Erwerbstä gkeit 65
III.2f Vollbeschä igung ist nicht zu verwirklichen 66
III.2g Der deutsche Staat verlangt zu wenig Eigen-verantwortlichkeit 67
III.2h Der Stellenwert von Arbeit ist zu hoch 68
III.2i Ehrenamtliche Tä gkeiten werden wenig geschätzt 70
III.2j Einkommensunterschiede als Anreize für persönliche Leistungen 71
III.2k Ich fi nde die sozialen Unterschiede im Großen und Ganzen gerecht 72
39
Wie bereits in der Einleitung angesprochen, ist mit einer BGE-Einführung durch die
Zusammenführung sämtlicher Transferleistungen eine deutliche Reduktion des
Verwaltungsaufwandes verbunden. Daher wird in Kapitel III.1 dargestellt, wofür und in
welchem Ausmaß die Bürgerinnen und Bürger das Bezahlen von Steuern akzeptabel
finden, wie hoch nach ihrer Einschätzung der nicht sinnvoll verwendete Steueranteil ist
und wie sie allgemein die Belastung durch Steuern und Abgaben einschätzen.
Da sich mit der BGE-Einfü hrung voraussichtlich auch der Stellenwert der Arbeit
verändert, wird im darauf folgenden Kapitel III.2 der heutige Stellenwert der Arbeit
beleuchtet und weiteren gesellschaftpolitisch relevanten Fragen nachgegangen.
III.1 Steuer und Bürokratie
Steuern für öffentliche Leistungen zu zahlen ist akzeptabler als für Sozialleistungen.
Höchste Akzeptanz staatlicher Aktivität bei Gutverdienern, höher Gebildeten und
Personen, die in Wissenschaft, Kunst bzw. Forschung & Entwicklung (F&E) tätig sind.
Auf die Frage, ob es akzeptabel ist, dass der Staat mit den Steuereinnahmen
öffentliche Leistungen wie Schulen, Krankenhäuser, öffentliche Sicherheit, das
Justizsystem u. a. finanziert, antworten mehr als 87 % der Befragten, dass dies
akzeptabel sei, wobei 27 % aller Befragten hier die höchstmögliche Akzeptanz
bekunden.
Die Steuereinnahmen für Sozialleistungen einzusetzen, finden immerhin noch
knapp 80 % der Befragten akzeptabel, wobei hier knapp 20 % die höchstmögliche
Akzeptanz äußern.
Die mittlere Zustimmung beträgt im Falle der Verwendung der Steuereinnahmen
für öffentliche Leistungen 2,31 und ist damit signifikant höher als im Falle der
Verwendung für Sozialleistungen (1,87).
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
4140
Umfrage: Bürger wollen kein Wachstum um jeden Preis
88 % der Deutschen wünschen sich eine neue Wirtscha sordnung –
unter anderem soll ein neues System den sozialen Ausgleich
stärker berücksich gen.
28 % der Deutschen glauben an die Selbstheilungskrä e der Märkte
Quelle: TNS-Emnid-Umfrage im Au rag der Bertelsmann S ung
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
Verwendung von Steuereinnahmen für
• öffentliche Leistungen bzw.
• Sozialleistungen
Mittlere Akzeptanz der Verwendung von Steuereinnahmen –
getrennt nach Einkommen
Abb. 19 Abb. 20
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4. Akzeptabel: +4 bis +1; Neutral: 0; Nicht akzeptabel: -1 bis -4;
„Weiß nicht“ / „Keine Angabe“: 1 % (öffentl. Leistungen) / 1 % (Sozialleistungen)
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Die durchschnittliche Akzeptanz der Verwendung der Steuereinnahmen sowohl für
öffentliche Leistungen als auch für Sozialleistungen ist bei Personen mit höheren
Einkommen (monatliches Nettoeinkommen über € 2.500) tendenziell größer als bei
Personen mit niedrigeren Einkommen. Bei der Verwendung für öffentliche Leistungen
schwankt die mittlere Akzeptanz zwischen 2,09 und 3,05, bei der Verwendung für
Sozialleistungen liegt die mittlere Akzeptanz ausnahmslos bei allen Einkommensklas-
sen darunter, wobei sich die Spanne von 1,74 bis 2,32 erstreckt.
Personen mit einem Fachhochschul- oder Hochschulabschluss weisen mit einer
mittleren Akzeptanz von 3,03 eine signifikant höhere Akzeptanz auf als Personen mit
Grund- bzw. Hauptschulabschluss (2,14).
Hinsichtlich der Berufsfelder fällt auf, dass Personen, die in Wissenschaft, Kunst,
Kultur und F&E tätig sind, mit durchschnittlich 3,06 die größte Akzeptanz äußern,
was die Verwendung von Steuern zur Finanzierung öffentlicher Leistung betrifft.
Im Falle der Verwendung der Steuereinnahmen zur Finanzierung von Sozialleistungen
verringert sich die durchschnittliche Akzeptanz in dieser Berufsgruppe auf 2,60,
fällt aber auch hier höher aus als bei allen anderen Berufsfeldern.
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%
Akzeptabel80%
Neutral
Nicht akzeptabel
87%
7%
4%
12%
8%
Sozialleistungen Öffentliche Leistungen
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5
Durchschni�1,91
Unter 500 Eruo
500 bis 1.000 Euro
1.000 bis 1.500 Euro
1.500 bis 2.000 Euro
2.000 bis 2.500 Euro
2.500 bis 3.000 Euro
3.000 bis 3.500 Euro
Über 3.500 Euro
2,34
1,98
2,36
1,85
2,09
1,80
2,28
2,06
2,42
1,74
2,46
2,04
2,68
2,32
3,05
2,26
2,81
Sozialleistungen Öffentliche Leistungen
42 43
Mittlere Akzeptanz der Verwendung von Steuereinnahmen –
getrennt nach Berufsfeld
Abb. 21
Zwischen den einzelnen Bundesländern gibt es große Unterschiede, was die Akzep-
tanz des Steuerzahlens zum Zweck der Finanzierung öffentlicher Leistungen anbelangt.
Grundsätzlich gilt, dass kein eindeutiges West-Ost-Gefälle festgestellt werden kann,
die Unterschiede innerhalb West- und Ostdeutschlands jedoch zum Teil beträchtlich
sind. In Westdeutschland erstreckt sich die mittlere Zustimmung von 2,09 (Bayern) bis
2,93 (Schleswig-Holstein). In Ostdeutschland reicht die mittlere Zustimmung von
1,99 (Sachsen) bis 2,73 (Mecklenburg-Vorpommern), wobei diese Unterschiede hier
statistisch nicht signifikant sind.
Mittlere Akzeptanz der Verwendung von Steuereinnahmen für öffentliche Leistungen –
getrennt nach Bundesland
Abb. 22
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Sehr ähnlich fallen die Ergebnisse aus, wenn es um die Akzeptanz der Verwendung
von Steuern zur Finanzierung von Sozialleistungen geht. Die Spanne der mittleren
Zustimmung erstreckt sich von 1,22 (Sachsen) bis 2,85 (Hamburg).
Innerhalb Westdeutschlands liegt Bayern mit einem mittleren Wert von 1,58 am
untersten und Hamburg mit 2,85 am obersten Ende der Akzeptanzskala. In Ost-
deutschland ist die mittlere Zustimmung mit 2,48 in Thüringen am höchsten, in
Sachsen mit 1,22 am niedrigsten. In beiden Fällen sind die Unterschiede statistisch
signifikant.
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5
2,32
1,87
3,06
2,60
2,56
2,06
2,53
1,95
2,42
2,07
2,38
1,79
2,34
1,98
2,33
1,85
2,30
1,78
2,15
1,59
2,10
1,82
2,03
1,56
1,98
1,91Hilfsberufe/Aushil�rä�e
Handwerk/Technische Berufe
Industrie/Bergbau
Ohne allg. Schulabschluss/nicht erwerbstä�g
Baugewerbe
Handel/Verkauf/Vertrieb
Sons�ge Dienstleistungen
Gastgewerbe/Tourismus/Freizeit
Landwirtscha�/Natur
Verwaltung/Wirtscha�
Soziales/Bildung/Gesundheit
Wissenscha�/Kunst/Kultur/F&E
Durchschni�
Sozialleistungen Öffentliche Leistungen
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 3,02,5 3,5
Schleswig-Holstein
Hamburg
Rheinland-Pfalz
Mecklenburg-Vorpommern
Bremen
Baden-Wür�emberg
Thüringen
Berlin
Hessen
Brandenburg
Durchschni�
Nordrhein-Wes�alen
Niedersachsen
Sachsen-Anhalt
Saarland
Bayern
Sachsen 1,99
2,09
2,10
2,16
2,17
2,23
2,31
2,39
2,40
2,42
2,44
2,46
2,70
2,73
2,84
2,91
2,93
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte
Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
44 45
Mittlere Akzeptanz der Verwendung von Steuereinnahmen für Sozialleistungen –
getrennt nach Bundesland
Abb. 23
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
III.1a Staatliche Bürokratie
Hohe Zustimmung zu „Der deutsche Sozialstaat ist zu bürokratisch“.
Höhere Zustimmung bei Männern und Selbständigen, geringere Zustimmung
beim Mittelstand.
Deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern.
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4. Zustimmend: +4 bis +1; Neutral: 0; Nicht zustimmend: -1 bis -4;
„Weiß nicht“ / „Keine Angabe“: 1 %
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Der deutsche Sozialstaat ist zu bürokratisch
Abb. 24
Der Aussage „Der deutsche Sozialstaat ist zu bürokratisch“ stimmen knapp 82 % aller
Befragten zu, wobei mehr als die Hälfte (53 %) eine sehr große Zustimmung (Werte 3
und 4) bekunden. Der Mittelwert der Zustimmung unter allen Befragten beträgt 2,23.
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 3,02,5
Hamburg
Schleswig-Holstein
Thüringen
Bremen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Berlin
Brandenburg
Mecklenburg-Vorpommern
Hessen
Durchschni�
Niedersachsen
Nordrhein-Wes�alen
Sachsen-Anhalt
Baden-Wür�emberg
Bayern
Sachsen
2,85
2,70
2,48
2,40
2,34
2,31
2,27
2,23
2,16
2,10
1,87
1,83
1,73
1,71
1,68
1,58
1,220%
20%
Nichtzus�mmend
Neutral Zus�mmend
40%
60%
80%
100%
82%
8%9%
46 47
Der deutsche Sozialstaat ist zu bürokratisch – im Detail
Abb. 25
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Die mittlere Zustimmung liegt mit 2,28 bei Männern signifikant höher als bei Frauen,
deren mittlere Zustimmung 2,18 beträgt. Die Aussage, dass der deutsche Sozialstaat
zu bürokratisch sei, bejahen Selbständige mit einer mittleren Zustimmung von 2,53
signifikant stärker als Angestellte (2,14). Darüber hinaus zeigt sich, dass Personen,
die in Wissenschaft, Kunst, Kultur und F&E tätig sind, mit 2,58 eine höhere mittlere
Zustimmung kundtun als Personen in anderen Berufsfeldern.
Die Zustimmung zur Aussage, dass der deutsche Sozialstaat zu bürokratisch sei, ist an
den Rändern der Einkommensverteilung höher als in der Mitte. So ist die Zustimmung
zu dieser Aussage bei Personen in den mittleren Einkommensklassen (monatliches
Nettoeinkommen von € 1.000 bis € 2.500) signifikant geringer als bei Beziehern mit
einem Einkommen von unter € 1.000 und von über € 2.500.
Auch hinsichtlich der Einschätzung, dass der deutsche Sozialstaat zu bürokratisch sei,
gibt es große Unterschiede innerhalb des deutschen Bundesgebietes. Während die
mittlere Zustimmung zu dieser Aussage in Ostdeutschland 2,58 beträgt, liegt sie in
Westdeutschland mit 2,13 signifikant darunter. Die mittlere Zustimmung reicht von
1,80 in Nordrhein-Westfalen bis 3,25 in Thüringen.
Der deutsche Sozialstaat ist zu bürokratisch – getrennt nach Einkommen
Abb. 26
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
0% 5% 10% 15% 20% 25% 35%30%
4
3
2
1
0
-1
-2
-3
-4
31%
22%
17%
11%
8%
5%
2%
1%
1%
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0
Durchschni� 2,24
Unter 500 Euro
500 bis 1.000 Euro
1.000 bis 1.500 Euro
1.500 bis 2.000 Euro
2.000 bis 2.500 Euro
2.500 bis 3.000 Euro
3.000 bis 3.500 Euro
Über 3.500 Euro
2,39
2,47
2,15
2,06
2,11
2,31
2,39
2,32
48 49
Der deutsche Sozialstaat ist zu bürokratisch – getrennt nach Bundesland
Abb. 27
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 3,02,5 3,5
Thüringen 3,25
Saarland
Mecklenburg-Vorpommern
Sachsen-Anhalt
Hamburg
Bremen
Brandenburg
Berlin
Baden-Wür�emberg
Hessen
Durchschni�
Bayern
Sachsen
Schleswig-Holstein
Niedersachsen
Rheinland-Pfalz
Nordrhein-Wes�alen
2,76
2,75
2,73
2,69
2,67
2,49
2,43
2,40
2,36
2,23
2,19
2,14
2,07
2,04
2,01
1,80
„[…] die Programme der Vergangen-heit [haben] alle einen gemeinsamen Mangel – sie sind indirekt. […] Ich bin heute davon überzeugt, dass der ein-fachste Ansatz sich als der effektivste erweisen wird – die Behebung der Armut durch ihre direkte Beseitigung mittels einer heute breit diskutierten Maßnahme: Dem garantierten Einkommen.“Martin Luther King
5150
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
Zwischen Männern und Frauen gibt es hinsichtlich der Einschätzung über die nicht
sinnvolle Verwendung der Steuereinnahmen keine signifikanten Unterschiede (Mittel-
wert Männer: 42 %; Mittelwert Frauen: 41 %). Ebenso wenig unterscheiden sich
Selbständige (Mittelwert 43 %) und Angestellte (Mittelwert 41 %) stark in ihrer dies-
bezüglichen Einschätzung. Auch zwischen Personen mit unterschiedlichem Bildungs-
abschluss lassen sich keine signifikanten Unterschiede erkennen. So erachten zwar
Personen mit einem Fachhochschul- oder Hochschulabschluss durchschnittlich 39 %
der Steuereinnahmen als nicht sinnvoll verwendet, während es bei Personen mit
Grundschul- bzw. Hauptschulabschluss 43 % sind, doch sind auch diese Unterschiede
statistisch nicht signifikant.
Selbst zwischen Einkommensklassen und der Einschätzung der nicht sinnvollen
Verwendung von Steuereinnahmen lässt sich kein klarer Zusammenhang erkennen.
Zwar halten Personen mit einem monatlichen Nettoeinkommen von € 500 bis € 1.000
durchschnittlich 46 % der Steuereinnahmen für nicht sinnvoll verwendet, während
es bei Personen mit einem monatlichen Nettoeinkommen von € 2.500 bis € 3.000 mit
38 % weniger sind. Doch obwohl dieser Unterschied statistisch signifikant ist, lässt
sich kein allgemeiner Zusammenhang zwischen der Höhe des Einkommens und der
Einschätzung der nicht sinnvollen Verwendung von Steuergeldern ableiten.
Unterschiede sind jedoch zwischen West- und Ostdeutschland festzustellen. Während
die Befragten in Westdeutschland im Mittel angeben, dass sie 41 % der Steuer-
einnahmen als nicht sinnvoll verwendet ansehen, liegen die Befragten in Ostdeutsch-
land mit 44 % signifikant darüber. Aus Abbildung 29 ist für die einzelnen deutschen
Bundesländer ersichtlich, welchen Anteil der Steuereinnahmen die Bürger im Schnitt
als nicht sinnvoll verwendet erachten.
III.1b Verschwendung der Steuereinnahmen?
Mehr als die Hälfte der Befragten glaubt, dass mindestens 40 %
der Steuereinnahmen nicht sinnvoll verwendet werden.
Kaum Unterschiede zwischen Personengruppen.
Deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern.
Hinsichtlich der sinnvollen Verwendung der Steuereinnahmen ist ein großer Teil der
Bürgerinnen und Bürger skeptisch. Mehr als die Hälfte der Befragten (52 %) gibt an,
dass der Staat mindestens 40 % der Steuereinnahmen nicht sinnvoll verwendet.
Lediglich jede fünfte befragte Person (18 %) ist der Ansicht, dass der Staat weniger als
20 % der Steuereinnahmen nicht sinnvoll verwendet. Nach Einschätzung der Bürgerin-
nen werden im Durchschnitt 42 % der Steuereinnahmen nicht sinnvoll verwendet.
Wie viel Prozent der Steuereinnahmen nicht sinnvoll verwendet werden
Abb. 28
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
0
2
4
6
8
10
12
14
0%
1%
3%
4%
9%
10%
12%
8%
12%
5%
10%
2%
5% 5%
2%
3% 3%
2% 2%
1%
0%
0% 5% 10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
45%
50%
55%
60%
65%
70%
75%
80%
85%
90%
95%
100%
Anteil nicht sinnvoll verwendeter Steuereinnahmen
52 53
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
III.1c Steuerbelastung akzeptabel?
Für 40 % ist die derzeitige Steuerbelastung mehr oder weniger akzeptabel.
Geringe Unterschiede zwischen Personengruppen.
Große Unterschiede zwischen den Bundesländern.
Höchste Akzeptanz der Steuerbelastung bei im Sozialbereich Tätigen.
Für vier von zehn Befragten (40 %) stellt sich die derzeitige Belastung durch Steuern
und Abgaben als mehr oder weniger akzeptabel dar. Knapp die Hälfte der Befragten
(47 %) findet diese – unterschiedlich stark – nicht akzeptabel. 10 % der befragten
Personen stehen dieser Frage neutral gegenüber. Der Durchschnitt liegt mit -0,31
leicht im negativen Bereich.
Akzeptanz der derzeitigen Steuer- und Abgabenbelastung
Abb. 30
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4. Akzeptabel: +4 bis +1; Neutral: 0; Nicht akzeptabel: -1 bis -4;
„Weiß nicht“ / „Keine Angabe“: 3 %
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Wie viel Prozent der Steuereinnahmen nicht sinnvoll verwendet werden –
getrennt nach Bundesland
Abb. 29
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
Schleswig-Holstein 29%
Rheinland-Pfalz
Hessen
Berlin
Niedersachsen
Brandenburg
Bayern
Sachsen
33%
39%
39%
40%
41%
41%
42%
42%
45%
46%
47%
50%
50%
50%
58%
34%
Durchschni�
Nordrhein-Wes�alen
Sachsen-Anhalt
Hamburg
Thüringen
Baden-Wür�emberg
Mecklenburg-Vorpommern
Saarland
Bremen
0%
20%
Nichtakzeptabel
Neutral Akzeptabel
40%
60%
80%
100%
40%
10%
47%
54 55
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
Auch wenn Männer die derzeitige Belastung durch Steuern und Abgaben mit durch-
schnittlich -0,40 im Mittel als weniger akzeptabel erachten als Frauen (-0,22), ist
dieser Unterschied statistisch nicht signifikant. Personen mit Fachhochschul- bzw.
Hochschulabschluss äußern mit durchschnittlich 0,05 die relativ größte Akzeptanz.
Darüber hinaus gibt es allerdings keinen signifikanten Zusammenhang zwischen dem
Bildungsgrad und der Akzeptanz der derzeitigen Belastung. Ebenso wenig lässt sich
ein Zusammenhang zwischen dem Status von Personen und deren Akzeptanz der
derzeitigen Steuer- und Abgabenbelastung erkennen. Obschon Unterschiede zwischen
Selbständigen (-0,11), Angestellten (-0,38), Arbeitslosen (-0,27) und Rentnern (-0,25)
in ihrer mittleren Akzeptanz der derzeitigen Belastung bestehen, sind diese statistisch
allesamt nicht signifikant.
Obwohl sich West- und Ostdeutschland in ihrer Einschätzung der Akzeptanz der der-
zeitigen Steuerbelastung ähneln (mittlere Akzeptanz in Ostdeutschland -0,32 und in
Westdeutschland -0,30), sind große Unterschiede zwischen den einzelnen Bundes-
ländern festzustellen. Die mittlere Akzeptanz schwankt zwischen -1,37 (Saarland) und
0,27 (Berlin).
Mittlere Akzeptanz der derzeitigen Steuer- und Abgabenbelastung –
getrennt nach Bundesland
Abb. 31
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Mit einer durchschnittlichen Akzeptanz von 0,07 empfinden jene Personen, die im
Bereich Soziales, Bildung und Gesundheit tätig sind, die derzeitige Belastung aus
Steuern und Abgaben am relativ höchsten. Signifikant geringer ist die Akzeptanz
unter Handwerkern und bei technischen Berufen (-0,74) sowie unter Aushilfskräften
und Hilfsberufen (-0,89).
Darüber hinaus sind signifikante Unterschiede in der Akzeptanz zwischen jenen
Personen, die in den letzten 10 Jahren einmal unfreiwillig arbeitslos waren und jenen,
die dies nicht waren, festzustellen. Während jene, die bereits einmal arbeitslos waren,
eine mittlere Akzeptanz von -0,56 aufweisen, bekunden interessanterweise jene,
die nicht arbeitslos waren, mit durchschnittlich -0,23 eine relativ größere Akzeptanz,
was die derzeitige Belastung aus Steuern und Abgaben betrifft.
-2 -1,5 -1,0 -0,5 0,0 0,5
Berlin
Nordrhein-Wes�alen
Brandenburg
Rheinland-Pfalz
Niedersachsen
Mecklenburg-Vorpommern
Schleswig-Holstein
Sachsen-Anhalt
Thüringen
Durchschni�
Hamburg
Baden-Wür�emberg
Bayern
Sachsen
Hessen
Bremen
Saarland
0,27
0,10
0,04
0,03
-0,07
-0,10
-0,21
-0,27
-0,28
-0,31
-0,33
-0,58
-0,65
-0,90
-0,93
-1,11
-1,37
56 57
58
„Das Recht auf Arbeit ist ein Missbrauch der Sprache, da es nicht erzwingbar ist; das Recht, nicht zu arbeiten, ist hingegen ein liberales Prinzip.“Ralf DahrendorfRalf Dahrendorf
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
Des Weiteren ist ein Zusammenhang zwischen Einkommen und Akzeptanz der der-
zeitigen Belastung aus Steuern und Abgaben zu erkennen. Die Akzeptanz ist bei
den höchsten Einkommen (monatliches Nettoeinkommen über € 3.000) jeweils im
leicht positiven Bereich und damit höher als bei den niedrigeren Einkommen, die
alle ausnahmslos im Mittel einen negativen Wert aufweisen.
Mittlere Akzeptanz der derzeitigen Steuer- und Abgabenbelastung –
getrennt nach Einkommen
Abb. 32
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
0 0,2 0,4 0,6-0,6 -0,4 -0,2
Durchschni�
Unter Euro 500
500 bis 1.000 Euro
1.000 bis 1.500 Euro
1.500 bis 2.000 Euro
2.000 bis 2.500 Euro
3.000 bis 3.500 Euro
Über 3.500 Euro
-0,01
-0,25
-0,13
-0,28
-0,42
-0,26
-0,17
2.500 bis 3.000 Euro
0,55
0,35
59
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
III.2b Es ist Aufgabe der Regierung, für Vollbeschäftigung zu sorgen
Es ist Aufgabe der Regierung, für Vollbeschäftigung zu sorgen
Abb. 34
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis –4. Nicht zustimmend: -4 bis –1; Neutral: 0; Zustimmend: +1 bis +4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Drei von vier Befragten (76 %) stimmen dieser Aussage prinzipiell zu, immerhin
15 % stimmen ihr – in unterschiedlicher Intensität – nicht zu. Die mittlere Zustimmung
beträgt 1,72.
Die mittlere Zustimmung ist …
in Ostdeutschland (2,24) höher als in Westdeutschland (1,56).
unter Arbeitslosen (2,06) höher als unter Angestellten (1,63).
bei Personen, die in den letzten 10 Jahren einmal unfreiwillig arbeitslos waren,
höher (2,04) als bei jenen, die dies nicht waren (1,62).
bei Personen, die im Baugewerbe beschäftigt sind, am höchsten (2,12)
und höher als bei Personen, die im Bereich Soziales, Bildung und Gesundheit
tätig sind (1,40) bzw. bei Personen aus Verwaltung und Wirtschaft (1,59).
III.2 Stellenwert der Arbeit
Ein wesentlicher Punkt der Idee des BGE ist die Entkopplung des Einkommens von
Erwerbsarbeit. Viele Befürworter des BGE erachten Einkommen als ein Bürgerrecht und
sehen Vollbeschäftigung gleichzeitig als eine Illusion an. Die folgenden Auswertungen
und Erläuterungen ergänzen die theoretischen Überlegungen zu dieser Entkopplung
und sollen einen Überblick darüber geben, wie die heutige deutsche Gesellschaft Arbeit
bewertet bzw. welchen Stellenwert sie der Erwerbstätigkeit beimisst.
III.2a Jeder Mensch soll arbeiten, um sich selbst zu verwirklichen
89 % der Befragten stimmen dieser Aussage – unterschiedlich stark – zu, wobei 37 % aller
Befragten die höchste Zustimmung äußern. Die durchschnittliche Zustimmung liegt bei 2,56.
Die mittlere Zustimmung ist …
in Ostdeutschland (3,03) höher als in Westdeutschland (2,41).
bei Personen mit Fachhochschul- oder Hochschulabschluss (2,88) höher als bei
Personen mit Grund- bzw. Hauptschulabschluss (2,38).
bei Personen mit höheren Einkommen tendenziell höher als bei jenen mit
geringeren Einkommen.
Jeder Mensch soll arbeiten, um sich selbst zu verwirklichen
Abb. 33
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis –4. Nicht zustimmend: -4 bis –1; Neutral: 0; Zustimmend: +1 bis +4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
0%
20%
Nichtzus�mmend
Neutral Zus�mmend
40%
60%
80%
100%
89%
5%6%
0%
20%
Nichtzus�mmend
Neutral Zus�mmend
40%
60%
80%
100%
76%
9%15%
60 61
0%
20%
Nichtzus�mmend
Neutral Zus�mmend
40%
60%
80%
100%
58%
14%
28%
0%
20%
Nichtzus�mmend
Neutral Zus�mmend
40%
60%
80%
100%
81%
12%8%
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
III.2d Bürger bringen sich durch Erwerbstätigkeit in den Staat ein
Bei der Frage, ob sich die Bürger insbesondere durch Erwerbstätigkeit in den Staat
einbringen, ergibt sich ein relativ eindeutiges Bild. So stimmen dieser Frage –
unterschiedlich stark – mehr als 80 % der Befragten zu, 8 % stimmen ihr nicht zu
und 12 % stehen ihr neutral gegenüber. Die mittlere Zustimmung liegt bei 1,95.
Die mittlere Zustimmung ist …
in Ostdeutschland (2,23) höher als in Westdeutschland (1,87).
bei Personen, die in den letzten 10 Jahren einmal unfreiwillig arbeitslos waren,
geringer (1,72) als bei jenen, die dies nicht waren (2,05).
bei Personen, die in Industrie und Bergbau tätig sind, am höchsten (2,30)
und signifikant höher als bei Personen, die in Gastgewerbe, Tourismus und
Freizeit beschäftigt sind (1,67) sowie bei Hilfsberufen bzw. Aushilfskräften (1,67).
III.2c Nur Bürger, die erwerbstätig sind oder waren, sollen das Recht auf
staatliche Unterstützung besitzen
Nur Bürger, die erwerbstätig sind oder waren,
sollen das Recht auf staatliche Unterstützung besitzen
Abb. 35
Die Frage, ob nur jene Bürger ein Recht auf staatliche Unterstützung besitzen sollen,
die auch erwerbstätig sind oder waren, bejahen 58 % der Befragten. 28 % der Befragten
stimmen dieser Aussage – in unterschiedlicher Stärke – nicht zu, 14 % sind neutral.
Die mittlere Zustimmung beträgt 0,74.
Die mittlere Zustimmung ist …
in Ostdeutschland (1,06) höher als in Westdeutschland (0,65).
bei Personen, die in den letzten 10 Jahren einmal unfreiwillig arbeitslos waren,
höher (2,04) als bei jenen, die dies nicht waren (1,62).
bei Personen, die in Wissenschaft, Kunst, Kultur und F&E tätig sind,
mit 0,08 am geringsten.
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis –4. Nicht zustimmend: -4 bis –1; Neutral: 0; Zustimmend: +1 bis +4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Bürger bringen sich insbesondere durch Erwerbstätigkeit in den Staat ein
Abb. 36
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis –4. Nicht zustimmend: -4 bis –1; Neutral: 0; Zustimmend: +1 bis +4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
62 63
III.2e Unsere heutige Gesellschaft misst den Wert von Bürgern zu stark an deren
Einkommen aus Erwerbstätigkeit
Unsere heutige Gesellschaft misst den Wert von Bürgern zu stark
an deren Einkommen aus Erwerbstätigkeit
Abb. 37
Dieser Aussage stimmen in unterschiedlicher Intensität ca. zwei Drittel der Befragten (70 %)
zu, 18 % stimmen ihr nicht zu. 13 % haben zu dieser Aussage eine neutrale Einstellung.
Die Zustimmung beträgt im Mittel über alle Befragten 1,30.
Die mittlere Zustimmung ist …
in Ostdeutschland (1,72) höher als in Westdeutschland (1,18)
bei Personen, die im Bereich Wissenschaft, Kunst, Kultur und F&E tätig sind,
am höchsten (1,81).
bei Arbeitslosen höher als bei Erwerbstätigen.
bei Personen mit mittleren Einkommen (monatliches Nettoeinkommen € 1.000 bis
€ 2.500) signifikant niedriger als an den oberen und unteren Einkommensrändern.
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis –4. Nicht zustimmend: -4 bis –1; Neutral: 0; Zustimmend: +1 bis +4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
0%
20%
Nichtzus�mmend
Neutral Zus�mmend
40%
60%
80%
100%
70%
13%18%
Leistung in Deutschland in Arbeitsstunden im JahrQuelle: Letzte Zeitbudgeterhebung 2001/2002 des Sta s schen Bundesamtes
56 Milliarden
bezahlt
96 Milliarden
unbezahlt
64 65
III.2f Vollbeschäftigung ist nicht zu verwirklichen
Das politische Programm von Vollbeschäftigung – also der Absicht, dass jeder Bürger
erwerbstätig ist – ist in unserer heutigen Gesellschaft nicht zu verwirklichen
Abb. 38
71 % der Befragten stimmen zu, dass das politische Programm von Vollbeschäftigung
in unserer heutigen Gesellschaft nicht zu verwirklichen sei. Jeweils 14 % bzw. 15 %
der Befragten stimmen dieser Aussage nicht zu bzw. stehen ihr neutral gegenüber.
Die mittlere Zustimmung beträgt 1,53.
Die mittlere Zustimmung ist …
bei Selbständigen (1,17) geringer als bei Angestellten (1,62).
bei Personen, die in den letzten 10 Jahren einmal unfreiwillig arbeitslos waren,
höher (1,67) als bei jenen, die dies nicht waren (1,48).
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis –4. Nicht zustimmend: -4 bis –1; Neutral: 0; Zustimmend: +1 bis +4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
0%
20%
Nichtzus�mmend
Neutral Zus�mmend
40%
60%
80%
100%
71%
15%14%
III.2g Der deutsche Staat verlangt zu wenig Eigenverantwortlichkeit
Der deutsche Sozialstaat verlangt zu wenig Eigenverantwortlichkeit
vom einzelnen Bürger
Abb. 39
Auf diese Frage antworten 58 % der Befragten zustimmend, 25 % ablehnend. 17 %
sind in dieser Frage neutral. Die mittlere Zustimmung zu dieser Aussage beträgt 0,82.
Die mittlere Zustimmung ist …
bei Selbständigen (1,34) höher als bei Angestellten (0,83).
bei Arbeitslosen (0,34) geringer als bei Erwerbstätigen.
bei Personen, die im Bereich Wissenschaft, Kunst, Kultur und F&E tätig sind,
am geringsten (0,62).
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis –4. Nicht zustimmend: -4 bis –1; Neutral: 0; Zustimmend: +1 bis +4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
0%
20%
Nichtzus�mmend
Neutral Zus�mmend
40%
60%
80%
100%
58%
17%25%
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
66 67
„Alles, was sich güterwirtschaftlich herstellen lässt [...], lässt sich auch finanzieren unter der einzigen Bedingung, dass man es ehrlich und ernstlich will.“Oswald von Nell-BreuningOswald von Nell-Breuning
III.2h Der Stellenwert von Arbeit ist zu hoch
Der Stellenwert von Arbeit ist in der heutigen Gesellschaft zu hoch
Abb. 40
Dass der Stellenwert von Arbeit in der heu gen Gesellscha zu hoch ist, bejahen 50 % der
Befragten. Ein Dri el der Befragten (33 %) empfi ndet dies nicht so und s mmt der Aussage
nicht zu. 17 % äußern sich neutral. Die mi lere Zus mmung liegt mit 0,36 rela v nahe am
neutralen Bereich.
Die mittlere Zustimmung ist …
mit zunehmendem Bildungsgrad abnehmend. Die größte Zus mmung ist unter
Personen ohne allgemeinen Schulabschluss (0,58) und Personen mit Grund- bzw.
Hauptschulabschluss (0,55) zu fi nden, die geringste Zus mmung unter Personen
mit Fachhochschul- bzw. Hochschulabschluss (-0,31).
bei Personen, die im Bereich Wissenscha , Kunst, Kultur und F&E tä g sind, mit 0,04
am geringsten und bei jenen, die im Bereich Gastgewerbe, Tourismus und Freizeit tä g
sind, mit 0,57 am höchsten, wobei die Unterschiede sta s sch nicht signifi kant sind.
bei Personen, die in den letzten 10 Jahren einmal unfreiwillig arbeitslos waren,
höher (0,58) als bei jenen, die dies nicht waren (0,29).
bei Personen mit mi leren Einkommen (monatliches Ne oeinkommen von € 1.000
bis € 2.500) am geringsten (0,24).
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis –4. Nicht zustimmend: -4 bis –1; Neutral: 0; Zustimmend: +1 bis +4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
0%
20%
Nichtzus�mmend
Neutral Zus�mmend
40%
60%
80%
100%
50%
17%
33%
6968
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
III.2i Ehrenamtliche Tätigkeiten werden wenig geschätzt III.2j Einkommensunterschiede als Anreize für persönliche Leistungen
Gesellschaftliche Tätigkeiten wie ehrenamtliche Tätigkeiten oder bürgerschaftliches
Engagement werden in unserer heutigen Gesellschaft zu wenig geschätzt
Abb. 41
Drei Viertel aller Befragten stimmen der Aussage zu, dass ehrenamtliche Tätigkeiten
oder bürgerschaftliches Engagement zu wenig geschätzt werden. Ein Viertel der
Befragten stimmt dieser Aussage nicht zu (12 %) bzw. steht ihr neutral gegenüber (14 %).
Die mittlere Zustimmung liegt mit 1,68 im positiven Bereich.
Die mittlere Zustimmung ist …
in Ostdeutschland (1,98) höher als in Westdeutschland (1,60).
bei Personen mit niedrigen Einkommen (monatliches Nettoeinkommen bis € 1.000)
am relativ höchsten, wenn auch nicht statistisch signifikant.
bei Rentnern (1,90) höher als bei Personen, die sich in Ausbildung befinden (1,60),
und höher als bei Erwerbstätigen (Selbständige 1,74 und Angestellte 1,60).
Allerdings sind diese Unterschiede statistisch nicht signifikant.
Es sind unter anderem ausgeprägte Unterschiede im Einkommen notwendig,
damit Anreize für persönliche Leistungen bestehen
Abb. 42
Mehr als zwei Dri el der Befragten (69 %) erachten Einkommensunterschiede als
notwendig, damit Anreize für persönliche Leistungen bestehen. 17 % s mmen dieser
Aussage nicht zu, 15 % geben sich neutral. Die mi lere Zus mmung liegt bei 1,18.
Die mittlere Zustimmung ist …
bei Personen mit einem sehr hohen Einkommen (monatliches Ne oeinkommen
über € 3.500) signifi kant größer als bei Personen mit geringen Einkommen (monatliches
Ne oeinkommen unter € 1.000).
bei Personen, die im Bereich Wissenscha , Kunst, Kultur und F&E tä g sind, mit 0,75
am geringsten, im Baugewerbe mit 1,42 am höchsten, wobei diese Unterschiede
sta s sch nicht signifi kant sind.
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis –4. Nicht zustimmend: -4 bis –1; Neutral: 0; Zustimmend: +1 bis +4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis –4. Nicht zustimmend: -4 bis –1; Neutral: 0; Zustimmend: +1 bis +4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
0%
20%
Nichtzus�mmend
Neutral Zus�mmend
40%
60%
80%
100%
74%
14%12%
0%
20%
Nichtzus�mmend
Neutral Zus�mmend
40%
60%
80%
100%
69%
15%17%
70 71
III. Einstellung zu gesellschaftspolitischen Fragen
III.2k Ich finde die sozialen Unterschiede im Großen und Ganzen gerecht
Stellenwert der Arbeit – mittlere Zustimmung
Abb. 44
Ich finde die sozialen Unterschiede in unserem Land im Großen und Ganzen gerecht
Abb. 43
Auf diese Frage antwortet ein Drittel der Befragten (33 %) zustimmend, 16 % äußern
sich neutral und mehr als die Hälfte (51 %) stimmt dieser Aussage nicht zu. Der Mittelwert
liegt mit -0,63 im nicht-zustimmenden Bereich.
Die mittlere Zustimmung ist …
in Westdeutschland mit -0,48 größer als in Ostdeutschland (-1,12).
bei Selbständigen (-0,11) höher als bei Angestellten (-0,53).
bei Personen, die im Bereich Wissenschaft, Kunst, Kultur und F&E tätig sind,
mit -1,46 am geringsten und damit signifikant geringer als bei Personen,
die im Bereich Soziales, Bildung und Gesundheit (-0,62), Verwaltung und Wirtschaft
(-0,36) oder Handel, Verkauf und Vertrieb (-0,63) tätig sind.
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis –4. Nicht zustimmend: -4 bis –1; Neutral: 0; Zustimmend: +1 bis +4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Anmerkung: Auf einer Skala von +4 bis -4.
Quelle: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, IMAS
Abbildung 44 fasst die Ergebnisse des Kapitels Stellenwert der Arbeit zusammen.
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 3,02,5-1,5 -1,0 -0,5
Jeder Mensch sollte arbeiten, um sich selbst zu verwirklichen
Bürger bringen sich insbesondere durch Erwerbstä�gkeit in den Staat ein
Es ist die Aufgabe der Regierung, für Vollbeschä�igung zu sorgen
Gesellscha�liche Tä�gkeiten (...) werden in unserer heu�gen
Gesellscha� zu wenig geschätzt
Das poli�sche Programm von Voll-beschä�igung (...) ist in unserer heu�gen
Gesellscha� nicht zu verwirklichen
Unsere heu�ge Gesellscha� misst den Wert von Bürgern zu stark an deren
Einkommen aus Erwerbstä�gkeit
Es sind u. a. ausgeprägte Unterschiede im Einkommen notwendig, damit Anreize
für persönliche Leistungen bestehen
Der deutsche Sozialstaat verlangt zu wenig Eigenverantwortlichkeit
vom einzelnen Bürger
Nur Bürger, die erwerbstä�g sind oder waren, sollen das Recht auf
staatliche Unterstützung besitzen
Der Stellenwert von Arbeit ist inder heu�gen Gesellscha� zu hoch
Ich finde die sozialen Unterschiede in unserem Land im Großen und Ganzen gerecht
2,56
1,95
1,72
1,68
1,53
1,30
1,18
0,82
0,74
0,36
-0,63
0%
20%
Nichtzus�mmend
Neutral Zus�mmend
40%
60%
80%
100%
33%
16%
51%
72 73
Albert Einstein
„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“
Impressum
Herausgeber: Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH, Amraserstraße 15, 6020 Innsbruck, Österreich, Dr. Stefan D. Haigner, Tel.: 0043 699 1905 9201, [email protected]
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Druck: Engelhardt und Bauer, Karlsruhe
November 2010
74
Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH www.gaw-mbh.at
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