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Optik rnit isoliertem Ion Supernova

Grundzustand zuriickkehrt (Abbildung 2). Die mittlere Dauer der fluoreszenzlosen Pe- rioden ergibt die Lebensdauer T des D,,?- Zustandes. Urn z zu bestimmen, tragt man die Haufigkeiten, rnit der bestimmte Verweildau- ern auftreten, uber der Verweildauer auf (Ab- bildung 3). Aus dem Histogramm erfolgt durch den Fit rnit einer e-Funktion eine Le- bensdauer von (32 f 5) s. Der Literaturwert lag bisher bei (47 k 16) s. Man sollte betonen, daB zur Durchfuhrung dieses schonen Ex- perimentes zunachst die Abbremsung von Ionen beherrscht werden muB. Dies gelingt durch den Irnpulsubertrag resonanter Photo- nen, die gegen das Ion anlaufen. Wiederholte Absorption solcher Photonen fuhrt - da die Reemission irn Mittel isotrop erfolgt - letzt- Iich praktisch zum Stillstand der Ionen und zum Einfang in der elektromagnetischen Fal- le mit einer Lokalisierung des Ions auf etwa 1 pm. Wichtig ist auch die Elirninierung von StoBen rnit den Restgasatomen. Dies setzt ein Ultrahoch-Vakuurn von rnbar voraus. Weiter ist naturlich die Verfugbarkeit fein ab- stimmbarer und schmalbandiger Farbstoffla- ser unerlaBlich.

Fiir die Theorie ist das Dehmeltsche Experi- ment von grundlegender Bedeutung. Obwohl das Auftreten von Quantenspriingen in dem Barium-Experiment intuitiv einleuchtet, rnachte die theoretische Untermauerung der Vorgange einiges Kopfzerbrechen. Die Quan- tenmechanik kann namlich eine spezielle Se- quenz von Ubergangen nicht vorhersagen, sie vermag nur Wahrscheinlichkeiten anzugeben. Eine Alternative zu den beobachteten Quan- tenspriingen konnte bei gleichzeitiger Anre- gung die koharente Uberlagerung von Zu- standen sein. In diesern Fall nahrne die Fluo- reszenzintensitat etwas ab, ware aber zeitlich konstant. Das sogar mit blogem Auge beob- achtbare ,,Blinken" der Fluoreszenz im Deh- rneltschen Experiment spricht offensichtlich gegen diese Moglichkeit.

Eine andere Forschergruppe am National Bu- reau of Standards (NBS) in Boulder/Color- ado konnte fast zeitgleich rnit Dehmelt Quantenspriinge an einem gefangenen Quecksilber-Ion beobachten. J. Fricke

W. Nagourney, J. Sandberg, H. ,Dehmelt, Phys. Rev. Lett. 56, 2797 (1986). J. C. Bergquist, R. G. Hulet, W. M. Itano, D. J. Wineland, Phys. Rev. Lett. 57, 1699 (1986).

Supernova 1987 A Was der Astronom Ian Shelton am Las Cam- panas Observatorium in Chile in der Nacht vom 23./24. 2. 87 beinahe als Fehler auf der Fotoplatte abgetan hatte, enthullte sich bei der direkten Beobachtung des Nachthirnmels als helleuchtender Stern. Die Supernova 1987 A in der GroBen Magellanschen Wolke war entdeckt. Als Co-Entdecker wird der neusee- landische Amateurastronorn Albert Jones ge- nannt. In einer Entfernung von rund 170 000 Lichtjahren oder 1,6 . lo1* km war ein extrern massereicher Stern explodiert und leuchtete rnit einer Helligkeit von 100 000 Sonnen.

Die Menschheit hat wohl schon seit Urzeiten Supernovae beobachtet. Berichtet haben Jo- hannes Kepler und David Fabricius uber die Supernova von 1604; jene von 1572 ist in einer Abhandlung von Tycho Brahe diskutiert. Bei- de Ereignisse sind auch in fernostlichen Auf- zeichnungen enthalten. Die alteren Berichte uber Supernovae stammen (mit einer Ausnah- me) aus Fernost (Tab. l), wo friiher spezielle Staatsangestellte die Leuchterscheinungen am Himmel systematisch studierten.

Seit der Erfindung des Teleskopes ist das Ob- jekt 1987 A die erste Supernova in relativ ge- ringer Entfernung. Jene von 1885 im Andro- medanebel war immerhin rnehr als 2 Millio- nen Lichtjahre entfernt.

Supernovae werden heute folgendermagen charakterisiert: 0 Der erste Typ entsteht aus einem binaren System, in dern sich ein gewohnlicher Stern und ein WeiBer Zwerg umkreisen. Letzterer

ist das kompaktierte Uberbleibsel eines aus- gebrannten Sternes. Er besitzt die GroBe der Erde, aber die Masse der Sonne. Er saugt so lange Materie von seinern grogen Begleiter ab, bis eine kritische Masse von ca. 1,4 Son- nenrnassen uberschritten wird. Der mit Mate- rie uberhaufte Weige Zwerg beginnt zu kon- trahieren, dann erfolgt die nukleare Zundung und eine augerst schnelle und energiereiche Expansion, eben eine Supernova vom Typ I. 0 Besonders rnassereiche Sterne rnit acht und mehr Sonenmassen haben nach rund 7 Millionen Jahren in ihrem Inneren allen Was- serstoff zu Helium fusioniert, ,,verbrannt". Das nukleare Feuer erlischt und der Stern be- ginnt zu kontrahieren. Hierdurch steigt die Temperatur im Sternzentrurn auf ca. 180 Mil- lionen Kelvin, wodurch die Verschrnelzung von Heliumkernen und eine erneute Expan- sion eingeleitet wird. Nach Verbrauch des Heliumvorrats kontrahiert der Stern erneut. Nach mehreren weiteren Schritten, welche immer schneller aufeinander folgen, besteht der Kern schlieI3lich aus Eisen, urn den sich Schichten aus Silizium und Schwefel, Sauer- stoff und Neon, Kohlenstoff und Sauerstoff sowie schliefllich Helium und ganz auBen Wasserstoff anschliegen. Bekanntlich konnen leichte Elemente unter Energieabgabe zu schwereren fusionieren, wobei die Grenze bei Eisen liegt. Noch schwerere Elemente lassen sich durch Ener- gieabgabe spalten. Nach Bildung des Eisenkernes und AbschluB der moglichen Fusionsreaktionen beginnt der Stern nun endgultig zu kollabieren. Dabei werden Geschwindigkeiten von 90 000 krn/s

Tabelle 1. Historische Supernovae in unserer Galaxis rnit Konstellation und beobachte- ter maximaler Leuchtstarke in einer relativen logarithniischen Skala. Zunehmende Hel- ligkeit wird durch wachsende negative Zahlen charakterisiert, eine Helligkeitsstufe be- schreibt Zu- oder Abnahme der scheinbaren Helligkeit um cinen Faktor 2,7; Stufe 0 be- deutet eine Leuchstarke wie die von Wega, - 4 eine solche von Venus. Writer sind Leucht- dauer, der Winkel zur galaktischen Ebene sowie die historische Quellenangabe aufgeftkhrt (a = arabisch, c = chinesisch, e = europssch, j = japanisch, k = koreanisch).

Jahr Sternbild Helligkeit Dauer/Mon. Winkel/O hist. Quelle

185 Zentaur -8 20 O k 2 C

1006 Wolf -9 Jahre + 14,5 a c e j 393 Skorpion -1 8 O k 5 C

1054 Stier (Crab. N.) -5 22 -5,s c j 11 8 1 Kassiopeia 0 6 +2 _+ 2 c i 1572. Kassiopeia -4 18 +1,4 c e k 1604 Schlangentr. -2,5 12 +6,8 c e k

Pbysik in umerer Zeit / 18. Jabrg. 1987 / Nr. 3 0 VCH Verlagsgesellscbafi mbH, 0-6940 Weinheim, 1987 0031-9252/87/030J-O09J $ 02.JO/O

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Supernova Biicher -

und Dichten von 4 1OI4 kg/m3 erreicht und sogar Neutrinos, welche sonst groBe Schicht- dicken durchdringen konnen, werden mit ins Zentrum gerissen. SchlieBlich werden die Elektronen unter Freisetzung jeweils eines Neutrinos in die Protonen gequetscht (e + p -+ n + ve). Es bilden sich ein Neutronenstern mit einer Dichte von 2,7 . 10" kg/m2. Die weitere Kompression des Sternes iiber die Gleichgewichtsdichte von Kernmaterie hin- aus fiihrt zu einer auBerordentlichen kraft- vollen Reaktion: Eine nach auBen laufende Schockwelle ,,blast" den Stern in einer gigan- tischen Explosion auseinander, die iiber Ga- laxien hinweg zu sehen ist. Dabei bleibt in der Regel ein schnellrotierender Neutronenstern (Pulsar) und ein Nebel zuriick. Bei sehr mas- sereichen Sternen ist auch der Kollaps zu ei- nem Schwarzen Loch moglich. Bei der Explosion wird zunachst ein Neutri- noimpuls aus der Reaktion e + p --t n + ve und v-Energien um 10 MeV erwartet. Daran schliegt sich die Abstrahlung aller Neutri- noarten an. Die Neutrinoenergien nehmen von anfangs 15 MeV nach 10 bis 20 s auf rund 5 MeV ab.

Das schnelle Expandieren der Materie kann man heute bei der Supernova 1987 A iiber die Doppelverschiebung vermessen. Die Expan- sionsgeschwindigkeiten erreichten 25 km/s, was aus der groaen Breite (100 nm) der Ha- Linie der Wasserstoffemission abgeleitet wur- de. Die beobachtete, scheinbare Helligkeit er- reichte allerdings nur den Wert 4,5. Das Er- eignis SN 1987 A ist also vie1 lichtschwacher als die historischen Supernovae (siehe Tabelle 1) und auch als Sirius, der hellste Stern am Nachthimmel, rnit einer Helligkeit von -1,5. In der logarithmischen astronomischen Hel- ligkeitsskala bedeuten abnehmende positive/ zunehmende negative Werte zunehmende Helligkeit; eine Helligkeitsstufe entspricht der Zu/Abnahme der scheinbaren Helligkeit um den Faktor 2,7.

Die schnelle Abkiihlung der aufleren expan- dierenden Schichten fuhrte zu einer raschen Farbverschiebung von blau nach rot. Die Hel- ligkeit erhohte sich nach zwei Wochen auf den Wert 4,25.

Einige wenige, bei der Explosion freigesetz- ten Neutrinos wurden von drei auf der Erde verteilten Detektoren nachgewiesen: Im japa- nischen Kamiokande 11-Detektor wurden 12 Neutrinos rnit Energien zwischen 6 und 35 MeV innerhalb von 12,5 registriert, wobei 5 davon eine Richtungskorrelation mit SN

1987 A aufweisen. Der amerikanische Irvine- Midugam-Brookhaven Detektor zeigte zeit- gleich mit dem japanischen System 8 Ereig- nisse innerhalb von 6 s. Die Richtungs- und Energieauflosung ist hier nicht so gut wie beim japanischen Detektor. Der LSD-De- tektor im Mont Blanc registrierte ca 5 h vor den anderen Meastationen 5 Neutrinos mit Energien zwischen 1 und 11 MeV innerhalb von 7 s. Die Erklarung dieser zeitlichen Dis- krepanz macht groi3e Schwierigkeiten.

Gravitationswellendetektoren mit ausrei- chender Empfindlichkeit waren zur fragli- chen Zeit nicht eingeschaltet.

Inzwischen beobachten hunderte von Wis- senschaftlern das ,,Licht" der Sternenexplo- sion in allen Spektralbereichen. Mit beson- derer Spannung wird allerdings auf den Mo- ment gewartet, wenn sich die Explosions- schwaden verziehen und daB sich der erhalten gebliebene Kern - vermutlich ein schneller Pulsar - bemerkbar macht. Bislang sind schon 440 Pulsare im Radiowellen-Bereich gefunden worden; vermutlich sind sie alle Uberbleibsel von Typ 11-Supernovae. Nach- dem es offensichtlich schon viele Sternenka- tastrophen gegeben hat, liegt die Frage nicht allzu fern, ob man auch in ,,Erdnahe" mit Su- pernovae zu rechnen hat. Ein rnit 650 Licht- jahren besonders nahegelegener Kandidat ist der Rote Uberriese Beteigeuze im Orion. Moglicherweise ist dieser Stern Iangst explo- diert. Die Ankunft des Lichtsignals verspra- che ein spektakulares Bild am Firmament.

Scientific American 5/1985, S. 40; Time 23.3.1987, S. 44; ESO PR 04 + 05/1987; The Messenger Nr. 47, Marz 1987, S. 26 ff.

Redaktion

Nobel Dreams - Power, Deceit, and the U1- timate Experiment. Von G. Taubes. Random House, New York 1986, 19.95 $

To be first and to be correct is the most impor- tant. To befirst but to be wrong I think is not as good - so der Nobelpreistrager Sam Ting, der die Entdeckung des J-Teilchens gut einen Mo- nat mit sich herumgetragen hatte, ohne sie zu publizieren. Er hatte seinen Ergebnissen nicht ganz getraut. Dagegen hatte Burt Rich- ter die Entdeckung des (mit dem J identi- schen) y-Teilchens schon nach einem Tag pu- bliziert. Beide haben dann 1976 den Nobel- preis erhalten.

Als Carlo Rubbia's UAl-Team im November 1982 am CERN Super Proton Synchrotron bei Proton-Antiproton-StoBen das typische Zerfallsmuster eines W-Teilchens eingefan- gen zu haben glaubte, wollte Rubbia sofort publizieren. Dies konnten seine Mitarbeiter zwar verhindern, dennoch fuhr Rubbia nach USA und verbreitete dort die Neuigkeit so- gleich unter den Top-Fachleuten, wie Salem, Weinberg, Glashow und Richter - alles war natiirlich streng vertraulich ...

Im Dezember, als der CERN-Beschleuniger fur eine langere Periode abgeschaltet worden war, hatte das UAl-Team aus lo* Prozessen gerade fiinf Ereignisse herausgefischt, die sehr W-verdachtig aussahen. Durch eine ge- naue Analyse der Energiebilanz gelang es dem Team, die vom Neutrino im W-Zerfall weggetragene Energie (missing energy) zu bestimmen. Nun erst glaubte man Rubbia, den Robert R. Wilson, der Erbauer des Fermi- lab in Chicago, in hochster Verargerung ein- ma1 als ,,jet-flying clown" bezeichnet hatte.

Rubbia erhielt (zusammen mit Simon van der Meer) fur die Entdeckung der W- und Z-Teil- chen 1984 den Physik-Nobelpreis.

Die Geschichte dieses Nobelpreises hat Gary Taubes aufgezeichnet. Dem Autor gelingt es meisterhaft, die ubermenschlichen Anstren- gungen Rubbia's bei seiner Nobelpreis-Jagd

96 Pbysik in unserer Zeit / 18. Jdrg. 1987 / Nr. 3