Klatschmarsch
Abmarsch
Frohes Fest
Geschichte(n)
einer Präs identschaft
präsentiert von der KG UHU
von 1924 e.V. Köln-Del lbrück
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Die Autorin
Petra Alefeld, Jahrgang 1964,
Journalistin und Dipl.-Übersetzerin,
lebt seit 1987 in Köln. In den vielen
Jahren ihrer PR-Arbeit in verant-
wortlicher Position beim weltgröß-
ten Automobilhersteller war Schrei-
ben für sie stets mehr als die Weitergabe
von Informationen. Geschichtliche und
gesellschaftliche Zusammenhänge fi nden
ihr besonderes Interesse. Die Überzeu-
gung, dass nichts spannender ist als das
Leben selbst, hat sie dazu inspiriert, die
Erinnerungen von Willi Hölzgen
niederzuschreiben.
Petra Alefeld wohnt seit 2005 in
Köln-Brück, wo sie erstmals in
Kontakt zur KG UHU von 1924
e.V. Köln-Dellbrück kam.
3
58-59
„Et Hätz op d´r Zung“ − die Bläck Fööss
Jezielte Frogen - passende Antwote60-61
Zwei Messdiener im Schwarzwald − von Hans Hachenberg62-63
„Et es alles joot, su wie et jekumme es!“ − von Wicky Junggeburth64-69
Der hochelegante, vornehme Präsident − von Ulrich Remmel und Georg Blum70-73
„ding Libblingswöötsche heiss Kölle Alaaf.“ − von Dieter Friedmann74-77
„Ming Frau, dat wor ne Jlöcksjreff“78-79
Danksagung, Impressum82-83
Vorwort
Dat Pennche vun Dellbrück
„Wellem, du mähst dat“
„Vun he bovve weed bestemmp, wo et lang jeiht“
Ein Garant für jede Sitzung − von Heiner Mühr
Paraplü, Pääd en Persifl age
Die Schnäuzer auf Tour
Vereinsdiener mit Säge und Sohn − von Fritz Esser
Willi, Freund der sechs großen „F“ − von Dr. Bruno Wasser
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einzigartiges Kapitel in der 86-jährigen
Geschichte der KG UHU Dellbrück. Willi
hat sein Feld bestellt und dafür gesorgt,
dass die Nachfolge in der Präsidentschaft
gesichert ist. Jetzt geht der Blick nach
vorn - eine neue Ära beginnt! Mit einer
solch tiefgreifenden Zäsur darf man aber
auch noch einmal zurückblicken,
dürfen alte Geschichten noch einmal in
die Gegenwart geholt und Entwicklungen
über vier Jahrzehnte in einen Zusammen-
hang gebracht werden, darf man einem
langjährigen Weggefährten Danke sagen.
Dass ausgerechnet eine Fränkin dieses
Projekt angeht, vor 23 Jahren nach Köln
immigriert und „nur“ als Senators-Gattin
dem UHU verbunden ist, mag verwundern.
Doch traf hier eine spontane Idee auf
eine Leidenschaft: Mein Mann Manfred
Draschner trug mir die Idee vor,
Willis Erinnerungen aufzuschreiben.
Meine Freude am Schreiben und mein
Interesse an geschichtlichen und gesell-
schaftlichen Zusammenhängen ließen
mich spontan zusagen. Willi legt Wert
darauf, nicht der Initiator dieses Büch-
leins gewesen zu sein. „Wat han ich
schon ze verzälle“, war sein bescheide-
ner Kommentar. Doch er willigte in das
Projekt ein, unter der Voraussetzung, die
beiden ein unvergleichliches Duo im
Kölner Karneval. 35 Jahre lang konnten
sich die Besucher der UHU-Sitzungen auf
die humorvollen Dialoge zwischen
Präsident und Vereinsdiener freuen. Ge-
meinsam mit seinem „Sohn“ Eddy Enkler
gaben sie Jahr für Jahr ihre eigene Vor-
stellung auf der Bühne – dramaturgisch
durchdacht und immer mit demselben
vermeintlichen Hintersinn: Der Diener
sägt am Stuhl des Präsidenten – natürlich
vergebens. Verständlich, dass mit dem
Abgang des Präsidenten auch sein Stuhl
uninteressant geworden ist und so endete
mit der Session 2009/2010 ein
onnerstag, 18. Februar 2010.
Fischessen der KG UHU in Knippschild´s
Restaurant, genannt Werk 1. Was beginnt
wie ein zufriedener Ausklang einer ge-
lungenen Session, endet mit einer Zeiten-
wende für die Gesellschaft: Ihr Präsident
und Ehrensenator Willi Hölzgen erklärt
nach 40 Jahren Amtszeit seinen Rücktritt.
Als 76-Jähriger möchte er lieber selbst-
bestimmt den Schlussstrich ziehen, „bevör
ich anfange ming Texte ze verjesse“. Als
wäre das nicht genug, nimmt am selben
Abend auch Fritz „Stoppe“ Esser, ebenfalls
Ehrensenator, seinen Hut als Vereins-
diener. 35 Jahre lang bildeten die
Warum dieses Buchentstanden ist
onnerstag, 18. Februar 2010.D Gesellschaft wollte es so. Die Gesellschaft
wollte. So kam es zu zahlreichen ausgie-
bigen Gesprächen zwischen Willi und mir
im Ühle-Ness in der Humperdinckstraße,
in denen ich nicht nur die ganz per-
sönlichen Erinnerungen des Präsidenten
erfahren durfte, sondern auch erkennen
konnte, wie wichtig für eine prosperie-
rende Gemeinschaft Menschen sind, die
ihre Zeit der Allgemeinheit zur Verfügung
stellen. Ein immer selteneres Gut, da ganz
selbstverständlich erwartet wird, dass je-
der seine ganze Energie dem Arbeitsplatz
widmet. Mit der Perfektionierung dieses
Systems wird unsere Gesellschaft ärmer.
Wir alle sollten uns bewusst machen, was
das in letzter Konsequenz für uns und
unsere Kinder bedeutet.
Ein letzter Satz sei hier erlaubt: Dieses
Buch erhebt keinen Anspruch auf sach-
liche Korrektheit und Vollständigkeit. Es
sind die persönlichen Erinnerungen eines
Mannes (und seiner Weggefährten),
dem ich herzlich danke für seine Offen-
heit und die Zeit, die er diesem Projekt
widmet.
Petra Alefeld
6 7
Willis KindheitDat Pennche vun Dellbrück
Dellbrück in den späten 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts:
ein Veedel zwischen Boore Dorf und städtischem Vorort.
Gepfl asterte Straßen gab es kaum, Bauernhöfe waren noch mitten im Ort,
an jeder Ecke stand ein Wirtshaus, Kleinindustrie gab den Arbeitern ihr Auskommen,
deren Frauen zur Mittagszeit das warme Essen im Henkelmännchen brachten.
Abseits der Hauptstraße war die Bebauung weitläufi g und lückenhaft,
jeder freie Platz war ein Bolzplatz für die vielen Dutzend Jungen, die dort tagein,
tagaus auf den Ball droschen. Unter ihnen Willi Hölzgen, genannt Pennche
(= kleines Stöckchen), aus der Von-Quadt-Straße, im Volksmund Kohjass genannt,
denn dort hindurch trieben früher die Bauern ihr Vieh in Richtung
Mühlheimer Schlachthof. „Jeboren am 11.11.33 in Dellbrück,
getauft am 19.11.33 in St. Josef, in St. Norbert Kommunion am 25.04.44
und Heirat dortselbst am 14.06.62“. Wenn Willi Hölzgen anfängt zu erzählen,
dann meint man, er zitiert detailgetreu aus einem Buch – seinem Lebensbuch.
WILLIRodeln in der Kohjass: Willi und seine Schwester
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In seiner Erzählung werden die Kriegs-
jahre lebendig, in denen Bomben auch
auf Dellbrück fi elen und die der 9-jährige
folglich ab ´44 mit der drei Jahre jünge-
ren Schwester, der Mutter, Großmutter
und Urgroßmutter in Brachbach an der
Sieg verbrachte, dem Heimatort der Groß-
mutter väterlicherseits. Man wohnte bei
der Tante des Vaters, der „Tant Drees“ und
Willi fühlte sich auch dort sehr wohl. „Em
Summer ham mer Fußball jespillt un em
Winter han ich met dä Junge us dem Dorf
Ski jefahre.“ Als dann auch noch der bes-
te Freund aus Dellbrück Otto Wasser bei
seiner Verwandtschaft im nächstgelege-
nen Ort Mudersbach einzog, war die Idylle
perfekt. Bis die Bomben auch auf die bei-
den Dörfer im Siegtal fi elen, weil Hitler-
jungen erbitterten Widerstand gegen die
anrückenden Amerikaner leisteten.
Kaum waren die Amerikaner durch, stand
im April ´45 der Heimweg nach dem be-
freiten Köln an. Ein Ereignis, das Willi in
besonderer Erinnerung blieb: Bis Waldbröl
konnten die Frauen und Kinder auf dem
motorisierten Milchwagen mitfahren.
Dann, nach einer Übernachtung in Ove-
rath bei der Frau Karlsbach, einer Freun-
din von Frau Peters aus der Dellbrücker
Fidele Kohjass, marschierten sie zu Fuß
weiter - immer vorneweg die 70-jährige
Urgroßmutter. Erst als ihr Blick von Bens-
berg ins Rheintal schweifte, fand sie die
Muße zum Innehalten. „Hä steiht noch!“
Freudig und erleichtert betrachteten die
Frauen den Kölner Dom, das Sinnbild
ihrer Heimat, das aus den Trümmern der
untergegangenen Stadt herausragte.
Welch ein Glück, wieder zurück in der
Heimat zu sein, im eigenen Bett zu schla-
fen und endlich wieder die schmerzlich
vermissten Freunde zu treffen.
Auch Otto Wasser war zurück. Schon als
kleine Pänz gingen die beiden gemein-
sam in die „Verwahrschul“ der Vinzenz-
schwestern. Jetzt drückten sie wieder die
Schulbank zusammen und verbrachten
ansonsten ihre Tage auf dem Bolzplatz
und der Straße. Die Mutter sorgte alleine
für das Auskommen der Familie, da der
Vater bis `49 in Gefangenschaft war.
Tagelang war sie mit dem Zug zum „Mag-
geln“ unterwegs. Sie holte Tabak aus der
Pfalz, der im Hof geschnitten und gegen
Eier und Speck in Friesland getauscht
wurde. Die Oma führte in dieser Zeit das
Regiment zu Hause. Die Mutter war es
auch, die 1948 ihrem 14-Jährigen sagte,
wo er in die Lehre gehen würde: Ein Be-
kannter arbeitete beim Telegrafenbauamt
in Köln, dort sollte er zum 1. April in die
Berufswelt eintreten. „Ich wör’ su jähn
Schreiner oder Bäcker gewode“, erinnert
sich Willi noch ein wenig wehmütig, denn
schwere körperliche Arbeit war ihm lieber,
als die Feinmechanik und Elektrotechnik.
„Äver en dä drei Liehrjohre han ich Freud
dran krähje, un de Jesellenpröfung dann
och met sihr jot bestande.“
Körperliche Höchstleistungen erbrachte er
trotzdem täglich, denn so wie Hunderte
Jungs auf all den Bolzplätzen ringsum war
es das heimliche Ziel des jugendlichen
Willi, ein großer Fußballer zu werden. Die
Faszination für diesen Sport kam durch
den Vater, der Zeit seines Lebens Anhän-
ger von Preussen Dellbrück war. Damals,
noch vor dem Krieg, kamen die beiden
jeden Sonntag auf dem Weg zur Oma auf
der Gladbacher Straße und zurück am
Seitenkistenrennen - Willi in Brachbach
Die Eltern Gertrud und Wilhelm Hölzgen mit Willi
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Preussen-Platz vorbei, der mit Brettern
vernagelt einer Festung glich. Der Vater
nahm Willi auf die Schultern und ließ ihn
durch die Astlöcher gucken - noch heute
leuchten die Augen bei der Erinnerung an
das Gefühl, das den kleinen Jungen dabei
erfasste. Die ersten Fußballschuhe
schickte der Vater aus dem Krieg in
Holland nach Hause – was für ein Glück!
Doch wie herb war die Enttäuschung –
die Schuhe waren ihm zu klein! Keinen
Staub, keinen Schlamm und keinen Stein
sahen diese Schuhe. Der 9-jährige Willi
hielt sie jedoch in Ehren: „Ich ging jeden
Abend mit ihnen ins Bett.“
So gerne wäre er schon als Kind in den
Verein eingetreten, doch drei Armbrü-
che im frühen Alter hatten die Mutter
alarmiert. So hieß es „erst wenn der
Papa wieder da ist oder du in die Lehre
gehst, darfst du in den Verein“. Am 1.4.48
begann die Lehrzeit zum Fernmeldebau-
Handwerker, am 4.4.48 war Willi stolzes
Mitglied der Jugendabteilung von
Preussen Dellbrück. Ganz zum Glück und
Stolz des Vaters, der 1949 auf Nikolaus
aus der Gefangenschaft nach Hause kam.
Als die Familie wieder komplett, der Vater
in Lohn und Brot bei der Firma Radium
in Dellbrück war und die Mutter wie-
der Mutter sein konnte, gab es auch bei
Hölzgens in der Von-Quadt-Straße wieder
mehr Raum und Zeit für die schönen
Dinge des Lebens. An allererster Stelle
stand natürlich der Fastelovend. „Ming
Mutter dat wor e Kölsch’ Mädche“, und
auch Willi war mit Feuereifer an den
tollen Tagen dabei. Mit alten Frauenklei-
dern verkleidet, zog er mit seinem Freund
Otto Wasser, selbst in eine Karnevalsfa-
milie hineingeboren, durch den Ort. Das
karnevalistische Treiben nahm nach den
entbehrungsreichen Jahren schnell wieder
Fahrt auf, auch den Dienstagszug gab es
ab 1955 wieder. Da Ottos Vater Mitglied
bei der 1924 gegründeten Karnevals-
gesellschaft UHU war, durfte der Junior
schon als Panz bei besonderen Anlässen
die Fahne tragen. Am liebsten hätte die-
ser seinen Freund Wellem schnell auch zu
den UHUs geholt, doch der dachte nur an
das runde Leder zu seinen Füßen: „Otto“,
entgegnete ihm Wellem, „ich hänge am
Fußball. Ich krieg nicht beides geregelt“.
Die Lust dabei zu sein, wenn die Men-
schen im Gesellenhaus sangen, schunkel-
ten und den Büttenrednern lauschten, war
jedoch schon längst erwacht.
„Die Red, dat wor dat Salz in dä Supp. Do
wor ich bejeistert! Wat för Type do Rede
jeschwunge han“, schwärmt Willi Hölzgen
in der Rückschau noch immer: Et Heinche
vun de Feuerwehr, De Doof Noß, De Buur
us dem Vörjebirch – große Künstlerna-
men dieser Zeit. Mit 14 erlaubte ihm
die Mutter auf der Samstagssitzung der
Fidele Kohjasser im Gesellenhaus dabei zu
sein, doch nach dem Programm ging’s die
200 Meter im Laufschritt nach Hause. Am
nächsten Morgen musste er ausgeschlafen
sein: Dann stand Fußball auf dem Pro-
gramm.
Willi Hölzgen mit Mutter,
Opa, Oma und Schwester
Willi: „Ich wor ne Päds Jeck“
12 13
„Wellem, du mähst dat“Die große Fasteolvends Karriere des Willi Hölzgen begann schon in den 50er-Jahren.
Ob als Büttenredner, Vereinspräsident oder einfach nur zu Fuß im Rosenmontagszug - sein
großes Talent und der Spaß an der Freud waren die Wegbereiter für den späteren UHU-Präsidenten.
Seit 1955 sah man Willi Hölzgen mit den
UHUs im Rosenmontagszug mitgehen und
in dieser Zeit übte sich Wellem, wie ihn
die ahl Fründe seit dieser Zeit nennen,
bereits im Redefach. „Beim Fußball gab’s
in der sogenannten dritten Halbzeit tüch-
tig was zu trinken. Die Sponsoren spen-
deten damals kein Geld, sondern Bier-
stiefel. Der gute Brauch wollte es, dass
der Sponsor eine Dankesrede bekam. Es
dauerte nicht lange, dann war das meine
Aufgabe“, erinnert sich Willi. Treffpunkt
für die dritte Halbzeit war u.a. der Dell-
brücker Hof auf der Bergisch Gladbacher
Straße/Ecke Biesfelder Straße. Heinz
Kooistra war Wirt des Vereinslokals der
Preussen Dellbrück. Willis engster Freund
seit Kindertagen, Otto Wasser, spielte
ebenfalls bei den Preussen und war schon
damals seine Verbindung zu den UHUs.
Er versuchte mich immer zu werben, aber
ich sagte ihm „ich kann nit Fußball spille
un Fastelovend fi ere,“ erklärt Willi. „Der
Sauhund kunnt dat“, fuchst es ihn noch
im Nachhinein, „dä kunnt de janze Naach
an der Thek ston,
un wor am nökste Morje fi t om Platz“.
Und wehmütig fügt er über seinen 2005
verstorbenen Freund hinzu: „Dä Otto wor
en Urvieh! Ävver, vielleich hät hä sech ze
vill zojemoht.“
„Do muss bei uns en de Bütt“
1958, ein Jahr nach der Fusion der
Preussen mit Rapid Köln zu SC Vikto-
ria 04, vereinten sich auch für Willi die
Redekunst mit dem Karnevalstreiben, als
sein Spielerkamerad Manfred Buschmann
auf ihn zukam und sagte „Do muss bei
uns, bei de KAJUJA, en de Bütt jon“. „Bes
do beklopp? Dat es in 14 Däch!“, war
die erste Reaktion des 25-Jährigen, doch
schnell ließ er sich überreden und kreierte
die Figur des „Jinsterfööschter Hubäät“.
Die Idee war nicht weit hergeholt. Der
Ginster blühte auf der Dellbrücker Heide.
Den entdeckte er auf dem Weg in den
Königsforst zum „Dierche beloore“ mit
seinem Kameraden, dem Torwart „Bub-
ba“ Krein. Die Kostümierung kam auch
von ihm: die grüne Lodenjacke, die Botz
und der passende Hut. Die kostbare
Porzellanpfeife stammte hingegen vom
Großonkel. Mit dem Luftgewehr über
der Schulter und falschen Schnäuzer im
Gesicht pirschte sich „Hubäät“ an die
Bütt ran und landete einen Volltreffer im
Saal. Kein Wunder, dass man ihn im Jahr
darauf wieder engagierte, als er dann von
seiner Reise zur Fußball-WM in Schweden
zu berichten wusste.
Jinsterfööschter Hubäät 1958 (links),
Drei Stroßenmusikante, v.l. Peter Mehlis,
r. Willi Hölzgen und Otto Wasser
14 15
1962 Präsident der Fidele Kohjasser
Der Schritt von der Bütt an den Präsidi-
umstisch erfolgte 1962. Beim gemütli-
chen Abend der Fidele Kohjasser-Junge
auf der Kegelbahn im Herbst 1961 kam
der Siebertz Willi, seines Zeichens Präsi-
dent des Heimatverein “Fidele Kohjasser“
und Vetter der Mutter, auf ihn zu und
sagte unverblümt „Du wirst bei uns Präsi-
dent!“ Als Mitglied der Tanzgruppe „Maat
Wiever“ gehörte Wellem den Kohjassern
schon seit 1958 an und so manches Mal
konnte er dort sein Bühnentalent unter
Beweis stellen. Nun also der offi zielle
Auftrag der „Fidele Kohjasser“, die quasi
Familienangelegenheit waren. Schließ-
lich hatte dieser Veedelsverein seinen
Ursprung auf der Goldenen Hochzeit der
Urgroßeltern Katharina und Peter Siebertz
in der Ahl Kohjass genommen, wie die
Von-Quadt-Straße damals im Volksmund
hieß. Die Urgroßeltern hatten dort vor
dem Krieg einen Bauernhof, feierten ihre
Goldene Hochzeit in einer eigens errich-
teten großen Holzbude im Hof. Bei Bier
und Flönz, Gesang und Tanz kam die Idee
zum Veedelsverein, dessen einziger Zweck
es war, gemeinsam Spaß an der Freud zu
haben. „Die Feste wurden gefeiert, wie
sie fi elen – ob Fastelovend, Kirmes oder
Namenstag“, so Willi.
1948 folgte die offi zielle Vereinsgrün-
dung. Der Vetter der Mutter übernahm
das Präsidentenamt und entwickelte die
Fidele Kohjasser zum Heimatverein, der
das Brauchtum hoch hielt. Das damalige
Gesellenhaus an der Ecke Von-Quadt- /
Haupt-Straße mit seinem Saal für 400
Personen war Treffpunkt der Kohjas-
ser und seine Schließung im Jahr 1963
bewirkte eine tiefe Zäsur für das ge-
sellschaftliche Leben im Herzen von
Dellbrück. Es bedeutete das Ende für die
Samstag-Sitzung und damit auch für den
jungen, fi delen Präsidenten, der sei-
ner Herkunft, der Ahl Kohjass, alle Ehre
machte. Den Siebertz-Hof gibt es noch
heute - frisch renoviert, wenngleich die
Scheune die Zeit nicht überdauert hat.
Fünf Jahre Büttenredner
Insgesamt fünf Jahre zog Willi von Bütt
zu Bütt – mal als Jinsterfööschter, mal als
„ne liebe Jung“ oder „ne boore Frengel“,
was soviel heißt wie ungehobelter Klotz.
Die freche und kesse Schnauze war in
dieser Zeit sein Markenzeichen. „In Dell-
brück“, so Willi, „haben sie mich immer
bejubelt. Allein schon, weil sie meinen
Mut bewunderten. Außerhalb – bei den
Lustigen Ubiern am Chlodwigplatz, toll
anjekumme, in Dünnwald oder Brück –
musste ich mich gegen die Konkurrenz
behaupten. Wenn ich nach „Schlauch und
Schläuchelche“ dran war, konnte das hart
werden. Die waren seinerzeit eine Top-
nummer!“ Aus dieser Zeit stammt auch
die bis heute freundschaftliche Beziehung
zu Hans Hachenberg, der Doof Noss, der
ebenfalls 2010 mit 84 Jahren seinen Hut
an den Nagel hing. „Wir haben öfter
darüber sinniert, warum dieselbe Rede im
einen Saal wie eine Bombe einschlug, und
im nächsten die Lück offenbar langweilte.
Ein Phänomen!“
Willi als „Maatwiev em Dellbröcker Diensdagszoch“
(Anfang der 60er-Jahre)
16 17
Die Ahl Kohgasser sind fi del wie eh: Ihnen
gebührt die Ehre, die erste Gruppe im
Dellbrücker Dienstagszug zu sein.
13 Jahre Präsident der KAJUJA
Ein neues Präsidentenamt lockte ab 1965.
Die KAJUJA, die sich in Dellbrück 1949
gegründet hatte, war Willi nicht erst ab
der Jinsterfööschter Zeit verbunden.
„Ich war von 1944 bis 48 Messdiener in
St. Norbert. Daher stammte meine Ver-
bindung zur Pfarrjugend“, erklärt Willi.
1964 trug ihm der Programmgestalter das
Präsidentenamt an. Zwei Sitzungen galt
es zu leiten: freitags die Altensitzung und
samstags die Hauptsitzung. Von 1965 bis
1978 blieb er der KAJUJA Dellbrück als
Präsident treu und überstand in dieser
Zeit die schwerste Krise, nicht nur für
die KAJUJA. Denn: 1969 wurde auch der
Heidehof geschlossen, das letzte Tanz-
lokal in Dellbrück, das die Karnevalisten
und feierfreudigen Dellbrücker heimatlos
machte. Bis heute vermissen diese ein
neues Lokal mit entsprechendem Saal.
WILLIDie UHU-Fußgruppe im Rosenmontagszug am Kölner Neumarkt, Anfang der 60er
Willi Hölzgen und Otto Wasser
18 19
„Vun he bovve weed bestemmp,wo et lang jeiht“
Die Höhepunkte aus 40 Jahren Präsidentschaft,
die wichtigsten Wegbegleiter,die schönsten Ideen, aber auch die
größten Herausforderungen – eine persönliche Chronik von Willi Hölzgen.
Herbst 1970. Die Session soll in wenigen
Wochen beginnen, doch die KG UHU steht
ohne Präsident da. Theo Häck hatte 1969
nach 34 Jahren Vorsitz und Präsident-
schaft in Personalunion seinen Abschied
gegeben. Ein Nachfolger ist nicht in
Sicht. Der Heidehof samt Festsaal ist
verkauft und nicht mehr nutzbar, es fand
erstmals seit dem Krieg keine Sitzung
statt. Die Gesellschaft zählt kaum 40
Mitglieder.
Keine guten Aussichten für die Zukunft.
Zwei engagierte Männer der Stunde -
Otto Wasser und Wilbert Mühr – nehmen
die Sache in die Hand. Jetzt ist die Zeit
gekommen, um ihren Freund Willi Hölz-
gen endlich zu den UHUs zu holen. Der
hatte sich schon als KAJUJA-Präsident
seit 1965 einen hervorragenden Na-
men als Humorist und Sitzungspräsident
gemacht, doch aufgrund vieler Verpfl ich-
tungen stets abgelehnt, bei den UHUs
mitzumachen. Auch diesmal knüpft Willi
seine Zusage an eine Bedingung, die für
die Gesellschaft eine Satzungsänderung
bedeutet: „Ich bin bereit, aber nur für das
Präsidentenamt, nicht für den Vorsitz“.
„Dat jeiht nit“, hieß es zunächst, doch
schon nach einer Woche „sät der Otto
‚dat es en Odenung’“.
7.11.1970, Haus Maar (Ortsteil Strunden).
Die KG UHU begeht die Feier des Elften
im Elften und präsentiert ihren neuen
Präsidenten, der gerade erst die Mit-
gliedschaft erworben hat. Auf dem Kopf
die Mütze seines Vorgängers noch aus
Vorkriegszeiten, hinten mit einer
Sicherheitsnadel auf die richtige Größe
zurechtgemacht. Lampenfi eber hatte Willi
nach eigenen Angaben nicht, schließlich
war er schon äußerst erfahren im Prä-
sidieren und im Reden vor vielen Men-
schen. Auch im Zwiegespräch mit den
Künstlern auf der Bühne:
An jenem Abend sollte eine junge
Gruppe auftreten, die in dieser
Session ihr Karnevalsdebüt gab:
Bläck Fööss war Name und Programm
zugleich. Mitten im Vortrag wandte sich
einer der Sänger zum Präsidenten um und
fragte „Häs do keine Teppich?“ „Woför
dat dann?“ „Mir han kal Fööss!“
Die 1970er-Jahre
Kommando zwei: Präsident beim Zünden einer Rakete
20 21
An jenem Abend sollte eine junge
Gruppe auftreten, die in dieser
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Dass die UHUs mit ihrem neuen Front-
mann zufrieden waren, ist im Geschäfts-
bericht 1970/71 nachzulesen: „Die
Sitzungen wurden von unserem Freund
Willi Hölzgen geleitet, der seine erste
Präsidenten-Session mit großem Erfolg
bestand“. Zwölf neue Mitglieder wurden
in diesem Jahr gezählt. Zwei Wegbegleiter
waren in dieser Zeit besonders wichtig:
Otto Wasser, der laut Willi „die ersten
Jahre die KG über Wasser hielt“, Mitglie-
der und Mitmacher warb und somit auch
die Gebrüder Mühr gewinnen konnte,
Wilbert (Wib), der später Literat wurde,
und Heiner, der ab 1972 für 18 Jahre den
Vorsitz innehatte. Heiner war der für Willi
„ohne Einschränkung entscheidende Mann
für die Gesellschaft“. Er war als kreativer
Kopf der Ideengeber unermüdlich damit
beschäftigt, der KG UHU ein unverwech-
selbares Gesicht im Kölner
Karneval zu geben. Die größte Herausfor-
derung jener Zeit war der fehlende Fest-
saal in Dellbrück. Nach der Schließung
des Gesellenhauses 1963 und des Heide-
hofs 1969 gab es keinen Raum mehr, der
600 Menschen fassen konnte und somit
für eine ordentliche Sitzung taugte. In
der Not wich man 1971 für zwei Sessio-
nen ins Offi zierskasino der Belgier Kaser-
ne an der Bergisch Gladbacher Straße aus,
doch wollten das die Gastgeber danach
nicht mehr. So gab es nur noch einen
Raum: Die neu gebaute Aula der Real-
schule am Dellbrücker Mauspfad. „Der
Saal war für 360 Personen und so eng,
dass an eine normale Gastronomie gar
nicht zu denken war“, erinnert sich Willi.
Da kam Heiner Mühr auf die Idee „Loss
die Lück sech dat Esse metbrenge“ – die
Idee von der „Frikadellen-Sitzung“ war
geboren. Die schönsten Ideen kamen mit
der Erfi ndung der Booresitzung – 1975
erstmals „nor för Häre“, 1976 erstmals
„met Mädcher un Madämmcher“ – und
ihrer sukzessiven Weiterentwicklung.
Sie bedeutete die Abkehr vom traditio-
nellen, ja steifen Sitzungskarneval und
läutete eine neue Form des urwüchsigen
und ursprünglichen Frohsinns für jeder-
mann ein. Nicht allein, dass man seine
Verpfl egung selbst mitbrachte, auch das
Geschehen auf der Bühne hatte man bis
dahin in dieser Form noch nie gesehen.
Ab 1975 gab es jenen Vereinsdiener Fritz
„Stoppe“ Esser, dessen „kesse, freche
Schnauze gegenüber dem Präsidenten
der Knüller war“, sagt Willi heute. Doch
damals waren die Gäste zunächst beinahe
schockiert, wussten sie doch nicht, ob die
Uhus den Präsidenten wirklich „absägen“
wollten. „Später musste ich den Stoppe
immer wieder ermuntern, auf mich drauf-
zuhauen. Um des Erfolges willen!“ Für
Willi kein Problem, „schließlich kannten
wir uns seit Kindestagen und haben uns
immer schon auf die Schippe genommen.
Auch beim Fußball, wo Tricks und Täu-
schungen dazu gehören.“
Bemerkenswert in dieser Zeit war, dass
sich die Hauptakteure mit den Erfolgen
keinesfalls zufrieden gaben. Immer neue
22 23
Immer am Stuhl des Präsidenten gesägt: Vereinsdiener „Stoppe“
Ideen wurden gesponnen und auch um-
gesetzt. So fragte man sich schon eine
ganze Weile, womit die UHUs – ohne
Tanzkorps oder Gesangsgruppe – Besuche
bei befreundeten Gesellschaften machen
konnten. Ein Männerballett sollte es sein
– wiederum eine Idee von Heiner Mühr,
der die Gesangsgruppe „Schnorreswack-
ler“ in Frankfurt Pate stand. Deshalb
also „Schnäuzer Ballett“, das allerdings
nicht aus schmucken Burschen bestehen
sollte, die die Beine im Takt schwingen,
sondern aus „echten Typen“, wie Willi
seinen Freund Heiner zitiert. „Das müssen
gestandene Männer sein“. Musikalität war
kein Eignungskriterium, vielmehr stabile
berufl iche Verhältnisse und Trinkfestig-
keit, wenn es darauf ankam. „Dat wor ne
Trupp’! Do moots de allt laache, bevör se
danze däte!“
Besonders in Erinnerung ist Willi noch
heute das „grüne Ungeheuer“ Johann
„Addi“ Roggmann, der stets im grünen
Trikot trainierte und vom Choreograph
und Ballettmeister Peter Schnitzler immer
nur kommentiert wurde: „Dat darf doch
nit wohr sin! Dat jröne Unjeheuer! Heiner,
wat häs do mir do anjeschleif!“ Doch der
Erfolg war überwältigend: Allein im ers-
ten Jahr ihres Bestehens zählte das Boore
Schnäuzer Ballett mehr als 40 Auftritte!
Von Anfang an vorne mit dabei: Willi
Hölzgen als Ansager.
Die 1980er-Jahre
Fastelovends-Diensdach 1979: Der Zug
durch Dellbrück ist vorüber, Heiner Mühr
wendet sich Willi zu: „Ich jon met dir noh
Huus“. Unterwegs wurde die Stimmung
ernst: Heiner wollte ins Kölner Festko-
mitee, doch zunächst die Meinung des
Freundes hören, die eindeutig ausfi el:
„Heiner, das ist für die Gesellschaft ein
Riesenverlust. Dein ganzes Denken gehört
heute einem Verein. Das ist dann vorbei.“
Tatsächlich wurde Heiner Mühr 1979 für
drei Jahre Präsident des Kölner Festkomi-
tees.
„Er wollte etwas verändern. Aber der köl-
sche Fastelovend ist ihm nicht gefolgt“,
resümiert sein Freund Willi. Obgleich der
UHU den Verlust des kreativsten Kopfes
in den ersten Jahren schmerzlich spürte,
tat es dem Erfolg der Sitzungen und der
Gesellschaft in den 80er-Jahren keinen
Abbruch. Das Feld war bestellt, „wir ritten
auf einer Erfolgswelle, die Menschen hat-
ten Spaß an dem was wir machten“. Der
Präsident machte seinem „Boore“-Anse-
hen alle Ehre, wenn er den Saal mit „Ehr
boore Poppeköpp“ oder „Klotzköpp“ be-
grüßte, wie im Geschäftsbericht von 1981
zu lesen ist. Neben Stoppe kam bald sein
„Sohn Eduard“ in Person von Eddy Enkler
mit auf die Bühne und komplettierte ein
24 25
Die Schnäuzer mit ihrem ehemaligen Tanzpaar
Jubiläums Herren-Kommers 1974, v.l. Jupp Blank, Protokolant und
Heimatdichter, Heiner Mühr 1. Vorsitzender, Anton Rütten,
UHU-Gründungsmitglied und Willi Hölzgen als Präsident
Trio, das 30 Jahre für erstklassige Unter-
haltung und Witz auf höchstem Niveau
sorgen sollte. Die besten Ideen und die
schönsten Erinnerungen an die 80er-
Jahre sind für Willi damit verbunden.
„Eddys hintersinniger und trockener
Humor war einmalig. Hatten Stoppe und
ich mal Sendepause, kam garantiert Eddy
aus der Reserve und setzte den richtigen
Punkt“. Der Zulauf zu den UHU-Sitzungen
ermöglichte es ab 1980, die Große Prunk-
sitzung erst im Kristall-, dann im Con-
gress-Saal der Kölner Messe auszurichten,
wo man 1200 Gästen Raum bieten konn-
te, was für die fi nanzielle Ausstattung der
KG unerlässlich wurde.
Auch neue Formate wurden eingeführt:
die 1. Dellbrücker Booresitzung för Frün-
de und Frembcher fand 1985 statt, 1987
leitete Willi die neue Dellbrücker Stra-
ßensitzung, die es bis heute gibt. Durch-
aus stolz ist Willi auf die Qualität seiner
Herrensitzungen in all diesen und auch
den nachfolgenden Jahren. Zoten waren
verpönt (Programmgestalter Klaus Fischer
wurde angewiesen: Keine Sauerei!) statt-
dessen herrschte ein strenges Regiment
von der Bühne, was die Herren im Saal
gerne über sich ergehen ließen.
Willis wichtigste Begleiter dieser Zeit
waren die Wasser-Brüder. Bruno, der
später selbst Vorsitzender werden sollte,
führte den Dellbrücker Verdienstorden
ein und integrierte die Verleihung an „Ich
ben ne janz verdeente Dellbröcker“ in die
Sitzung.
Sommer 1991: Dem 57-jährigen Willi,
wird vom Arzt eröffnet, sein Herz brauche
zwei Bypässe. Die Operation im August
verläuft gut, im November steht Willi
wieder auf der Bühne. Doch schon 1992
und 1993 warten die nächsten großen
Herausforderungen persönlicher Art:
jeweils im Sommer eine Hüftoperation.
Willis Disziplin und Verantwortungs-
bewusstsein sind zu verdanken, dass
in dieser kritischen Zeit keine einzige
Sitzung ausfi el: „Ich hab’ alle Operati-
onen so gelegt, dass ich im November
wieder fi t war“. Doch eine schmerzvolle
Entscheidung musste getroffen werden:
„Ich trat 1991 als Schnäuzer-Ansager
zurück“, wenngleich Willi bis heute als
inaktives Mitglied einmal pro Session
mit den Schnäuzern auf Tour geht. Seine
beste Idee in diesem Jahrzehnt war und
ist für Willi bis heute der Eintritt in den
Vorruhestand im Jahr 1995. Die Tatsache,
dass er laut Publikum mit fortschrei-
tendem Alter immer besser wurde, führt
26 27
Die 1990er-Jahre
Aus dieser Zeit stammt eine
Erinnerung von Willi: „Vun he
bovve weed bestemmp, wo et lang jeiht!“
Aus dem Auditorium ruft Hans Höhr:
„Und wir sind das Volk“. Antwort des
Präsidenten: „Hans, do kriß nöchs Johr en
Freikaat!“
Willi genau darauf zurück: Ab ´95 keine
Arbeit mehr, ab ´97 kein Posten mehr im
Fußball, ab dann konnte er abends auch
mal den Kopf zwischen die Hände nehmen
und in Ruhe nachdenken.
„Ab dieser Zeit haben wir uns in der Ses-
sion jeden Dienstagmorgen im Ühle-Ness
in der Humperdinkstraße 2a getroffen“.
In der Vörstands-Stuff, am Tisch mit der
rot-weiß karierten, mit Eulen bestickten
Tischdecke, saß man ab November Woche
für Woche beisammen, um Witze zu
schmieden. Auch die Ansagen der
Künstler änderten sich. Sie wurden kürzer,
Aus dieser Zeit stammt eine
Erinnerung von Willi:
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Die 2000er-Jahre
Fastelovend 2001: Schon wieder Prob-
leme mit dem Raum, oder besser dies-
mal mit einem Anwohner, der sich über
Lärm beschwert und eine Fortsetzung der
Sitzungen in der Schul-Aula in der Folge
unmöglich macht. Über so viele Jahre
gestaltete sich der passende Festsaal nun
schon als fortwährende Herausforderung,
die sich von Jahr zu Jahr steigerte. Die
Gesellschaft war mittlerweile auf rund
260 Mitglieder angewachsen und die
Schul-Aula platzte aus allen Nähten. „Wir
waren froh, dass wir so einen Zulauf hat-
ten – was wieder ein Verdienst von Heiner
war, der schon früh meinte, wir müssten
uns öffnen, doch zum Schluss konnten
wir nicht einmal allen unseren Mitglie-
dern Karten anbieten!“ Im Bahnhof Thie-
lenbruch sah man eine neue Chance, doch
nach zwei Sitzungen im Jahr 2002 und
einer erneuten Anwohner-Klage, die vor
dem Verwaltungsgericht Münster landete,
hieß es 2003 wieder umziehen. Seitdem
residiert der UHU im Forum der Gesamt-
schule Holweide. Die beste Idee seiner
letzten Präsidentenjahre ist laut Willi „der
Rücktritt, bevor man mich tritt!“ Im April
2009 kündigte er diesen dem Vorstand
für das Jahr 2010 an und machte auch
einen Vorschlag für einen Nachfolger.
Doch wollte nicht er entscheiden, sondern
er schlug die Einrichtung einer Findungs-
kommission vor. In seiner Abschieds-
Session präsentierte Willi noch ein neues
Format, die Schnäuzer-Jalla im Stile einer
Flüstersitzung. Sie ist der Versuch, die
Sitzung ein Stück weit zu ihrer Ursprüng-
lichkeit zurückzuführen, mit mehr Platz
für Redner und Krätzjessänger, und selbst
große Gruppen zeigten sich bereit, mitzu-
machen. „Ich wäre glücklich und dankbar,
wenn diese Ursprünglichkeit wieder mehr
Raum bekäme“, resümiert Willi.
Der Präsident unter Seinesgleichen: das Trifolium der KG UHU im Jubiläumsjahr 1999
28 29
prägnanter und auf den Punkt. „Das hat
den Künstlern auch gefallen“, was Willi
eine Freude in doppelter Hinsicht war,
denn „es ist das A und O, dass man die
Menschen, die Spaß machen sollen, so
ansagt, dass sie mit Freude dabei sind“.
Die Folge seiner Akribie war nicht selten
Ärger mit dem Literaten, dem die Zeit
davonlief … Bei aller Bescheidenheit gibt
es doch eine Begebenheit, die Willi auch
in der Rückschau noch „ein wenig stolz“
macht. Ferdi Leisten stellte einst auf dem
Alter Markt den Dellbrücker Karnevalisten
mit den Worten vor:
„der humorvollste Präsident vun Kölle“.
unglaublich, welchen Mutterwitz Willi
versprühte, ne richtije Fastelovensjeck.
Etwa im gleichen Jahr trat der langjährige
Präsident des UHU, Theo Häck, nach 35
Jahren im Amt aus Altersgründen zurück.
Er war 75 Jahre. Ein Nachfolger war nicht
vorhanden, ebenso fehlte ein Veranstal-
tungssaal. Bei einer UHU-Versammlung
fragte ich, warum man nicht den KAJU-
JA-Präsidenten Willi Hölzgen frage, das
Amt zu übernehmen. Dem KLEINEN RAT
der KG UHU, mehrheitlich in gesetztem
Alter, war dieser „zu wild“. Doch im Jahr
darauf wagte der Vorstand schließlich,
diesen „jungen Wilden“ probeweise zum
Präsidenten der KG zu berufen. Und so
kam es, dass Willi im Januar 1971 als
Präsident der UHU-Herren-Sitzung im
Kasino der Belgischen Kaserne sein Debüt
gab. Und damit begann eine Präsidenten-
Ära für den UHU, die ich in der Rück-
schau nur als einmaligen, unwahrschein-
lichen Glücksfall bezeichnen kann.
Sitzung in drei Abteilungen
Wie letztlich die erste Sitzung mit dem
neuen Präsidenten verlaufen ist, weiß
ich heute nicht mehr, ich hatte zuviel
mit organisatorischen Dingen im neuen
Saal und den unkooperativen Hausherren
zu kämpfen. Es war aber der Beginn der
erfolgreichsten Phase der Gesellschaft
seit ihrem Bestehen. Willi entpuppte sich
als Garant für jede Sitzung. So „durfte“
er im Jubeljahr der KG UHU, 1974, eine
Sitzung in drei Abteilungen leiten. Und
das kam so: Die Gesellschaft war schon
in die Aula am Mauspfad umgezogen und
bei der Sitzung mit Damen sollte zum
Abschluss unser Dreigestirn aufziehen.
Doch die Ankunft verzögerte sich durch
Willi Hölzgen:Ein Garant für jede Sitzung
Das traf mich völlig überraschend.
Hatte ich doch in voller Überzeugung
vor wenigen Tagen meinen Gästen auf
der Sitzung erklärt, dass Willi gewiss
noch viele Jahre amtieren werden, so fi t
wie er sei. Und nun das! Mir blieb
zunächst einmal die Luft weg. Dann regte
sich natürlich Verständnis für den Ent-
schluss, nach 40 Jahren Präsidentschaft
und im Alter von 76 Jahren die Pritsche
Aschermittwoch 2010. Fastelovend eröm. Kein Kopping, alles em Lot. Das Telefon.
Willi Hölzgen in der Leitung. Kurz und knapp informiert er mich,
dass er aufhören will und das mit dem Vorstand bereits besprochen hat,
es aber erst nach der Session offiziell machen wollte.
Vor etwas mehr als 40 Jahren begegnete
ich Willi zum ersten Mal. Ich denke, es
war in der Session 1969. Wir
waren nach einer Veranstaltung im
Vereinslokal „Dellbrücker Hof“, ich selbst
noch neu beim UHU und in Dellbrück.
Eine Schar junger Leute kam herein, in
bester Stimmung und wie sich heraus-
stellte, Freunde der KAJUJA Dellbrück, die
von ihrer Sitzung kamen. Dabei
deren junger Präsident: Willi Hölzgen. Der
war außer Rand und Band und
unterhielt das Lokal mit herrlichem
Blödsinn. Er sprang wie ein Heizefeiz auf
Stühle und Tische, hatte die Präsiden-
tenjacke auf links gewendet, die Mütze
quer auf dem Kopf und sprudelte nur so
vor witzigen Ideen. Er hielt eine Bütten-
rede oder auch nur Teile daraus. Es war
30 31
aus der Hand zu legen. 40 Jahre Präsident
Willi Hölzgen. Es fällt schwer, sich die KG
UHU zukünftig ohne ihn vorzustellen.
Als “bester Präsident” gehandelt
wieder gern zum UHU. Übrigens stammt
von den Fööss für unsere Boore-Sitzung
der Name „Frikadellen-Sitzung“.
Aber alle - namhafte und weniger
bekannte Kräfte, Künstler, Büttenredner,
Krätzchessänger, Nachwuchsamateure,
Duette und Musikbands und wie sie alle
da waren – erhielten von Willi Hölzgen
immer einen aufmerksamen Saal, eine
dankende und anerkennende Replik, eine
herzliche Verabschiedung, die vielfach
mit den Worten endete: „Abmarsch,
Klatschmarsch, Frohes Fest!“ Und später,
unter Einbeziehung des Publikums: „Die
Junge wore jot, jitz sid esu jot un joht!“
Es gäbe zahlreiche Beispiele anzufüh-
ren, welche Bravourstücke Willi auf dem
Podium vollbrachte, wie er aus Sitzungen
mit schwachem Programm ein nach-hal-
tiges Erlebnis für die Gäste bereitete, die
begeistert nach Hause gingen. Oder wenn
er bei der Prunk-Sitzung die ersten zehn
Minuten in (fast) akzentfreiem Hoch-
deutsch den Saal instruierte, was er wann
zu tun habe, um dann wieder mit seinem
Temperament ins Kölsche zu verfallen und
mundartlichen Witz zu versprühen.
Ich würde es im Nachhinein als Phäno-
men Willi Hölzgen bezeichnen und ich
habe meinem Freund stets meinen Dank
für seine Leistung ausgesprochen. Die KG
UHU erlebte mit diesem Präsidenten den
absoluten Glücksfall über diesen langen
Zeitraum von nunmehr 40 Jahren. Ich
weiß, dass viele Gäste zum UHU kamen,
um wieder eine Sitzung mit Willi Hölzgen
zu erleben, weil es Vergleichbares im
Kölner Karneval nicht gab, sondern eben
nur beim UHU. Ich vermute, dass sich
Willi in einer anderen Gesellschaft nicht
so hätte entfalten und agieren können.
Zu Recht wurde er als „bester Präsident
im Kölner Karneval“ gehandelt.
Die Bläck Fööss als Stammgäste
Andererseits war der Präsident
Willi Hölzgen auch immer auf Augenhöhe
mit seinen auftretenden Künstlern. Schon
1970, bei Willis erstem Auftritt am 7.11.
im Haus Maar, hatten wir die jungen
„Bläck Fööss“ zu Gast, die doch tatsäch-
lich ohne Schuhe auftraten. Die freund-
schaftliche Verbindung hat Willi bis heute
gepfl egt und die Fööss kommen immer
den übervollen Terminplan so sehr, dass
Willi die Sitzung morgens um halb zwei
bereits geschlossen hatte, als wir endlich
eintrafen. So eröffnete er um zwei Uhr
kurzerhand die dritte Abteilung!
Dem Dellbrücker Jung’ Willi kam na-
türlich eine Sache sehr entgegen: Die
Erfi ndung und Einführung der Dellbrö-
cker Boore-Sitzung in den Jahren 1975
(„nor för Häre“) und 1976 (met Mädcher
un Madämmcher). Hier konnten sich
sein Mutterwitz, sein Humor und seine
Schlagfertigkeit so richtig entfalten, hier
war er in seinem Element. Hier wurden
die Herren mit „Ihr Poppeköpp“, begrüßt,
eine von vielen Gästen alljährlich erwar-
tete Ansprache. Hier erfand Willi den
Begriff der Traditions- oder Tanz-ZORPS,
deren Protagonisten er namentlich ge-
nüsslich mit allerlei Verballhornung dem
Auditorium vorstellte. Hier beförderte er
auch den einen oder anderen namhaften
Bühnengast zum „Hauptmann der Hanut-
zen“, einen Begriff, den man in keinem
Lexikon der Welt fi ndet. Willis Erklärung,
um welchen Dienstgrad es sich dabei han-
delt, erspare ich mir an dieser Stelle.
32 33
den Zugweg zurückzugehen und in den
Gaststätten und bei bekannten Geschäfts-
leuten Stärkung zu sich zu nehmen.
Jedenfalls hatte ich Willi versprochen, ihn
heute nach Hause zu bringen. Mit von der
Partie waren Otto Wasser, Hans Jungkenn
und andere von der Wagenbesatzung. Es
war schon ein schönes Stück Arbeit, auf
dem Rückweg keine Kneipe auszulassen
und an keinem Laden vorbeizugehen, der
uns einlud.
So war es schon reichlich spät, als wir
endlich Knippschilds Werk 1 erreichten.
Unser Grüppchen war auf eine Handvoll
zusammengeschmolzen, aber immer noch
fest entschlossen, Willi persönlich nach
Hause zu begleiten. Nun wohnt Willi,
wie bekannt, in Gierath, kurz hinter der
Stadtgrenze zu Bergisch Gladbach, also
vom Knippschilds noch ein ordentliches
Stück des Wegs. Die Stationen wurden
spärlicher, da wusste Otto Rat. Er kannte
in Dellbrück alle und jeden. So klingel-
te er bei diesem oder jenem und es gab
weitere Stärkung in später Nacht. Ich
erinnere mich, dass wir irgendwo in einer
Ein langer Heimweg
Zu erwähnen ist an dieser Stelle,
dass über Jahrzehnte viele Präsidenten-
Kollegen ständige Gäste auf der UHU-
Herrensitzung waren. Einer der treuesten
Gäste unserer Herren-Sitzung war Robert
Schumann, seines Zeichens Literat der
Kölschen Funken Rut-Wieß, der dafür
bekannt war, dass er nie lachte oder eine
Miene verzog. Schließlich machte er
diesen Job mehr als 30 Jahre und brach-
te es fertig, seine Programme zusam-
menzuklüngeln, während die Sitzung im
Saal bereits lief. Worüber sollte er noch
lachen? Doch er kam alljährlich zum
UHU, um sich an Willi Hölzgen und seiner
Sitzung zu erfreuen. Und hat dabei auch
gelacht.
Als Präsident war Willi auch bei vielen
anderen Aktivitäten der Gesellschaft
dabei, insbesondere bei den Zügen an
Rosenmontag und Karnevalsdienstag. An
einen Dienstagszug erinnere ich mich
besonders, d.h. an die Nachfeier nach dem
Zug. Es muss in den 70er-Jahren
gewesen sein. Denn zu dieser Zeit nahmen
zahlreiche Geschäftsleute der Dellbrücker
Hauptstraße noch persönlich an diesem
Fest teil, indem sie in ihren Geschäften
und Läden anwesend waren, mit Kunden
und Bekannten den Zug ansahen und
dabei auch für das leibliche Wohl sorg-
ten. Dies sieht man heute nur noch bei
ganz wenigen Anliegern. Jedenfalls war es
alljährlich üblich, vom Zugende
Die “Poppeköpp” vom Festkomitee
Ich erinnere mich an eine
Episode, als Willi – ich glau-
be es war sein erstes Mal – zu einem
Präsidenten-Abend ins Festkomitee kam.
Bei dieser Runde, zu der in regelmäßigen
Abständen alle Präsidenten der dem Fest-
komitee angeschlossenen Gesellschaften
geladen sind, hob Willi Hölzgen zu einer
kurzen Rede an, um sich vorzustellen
und begann mit den Worten „Meine sehr
geehrten Heeren, lev Poppeköpp“. Eine
allgemeine Entgeisterung der hochverehr-
ten Kollegen brachte den Redner etwas
aus dem Konzept, hatte er doch mehr
Humor an dieser ehrwürdigen Stelle ver-
mutet. Wir haben später herzlich darüber
gelacht.
Der UHU Boore Rot (Mitte der 70er Jahre):
Senatspräsident Ulrich Remmel, 1. Vorsitzender Heiner Mühr,
Präsident Willi Hölzgen, Vereinsdiener Fritz Esser jenannt
„D´r Stoppe“, 2. Vorsitzender Otto Wasser
34 35
Ich erinnere mich an eine
Episode, als Willi – ich glau-
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mit Vereinsdiener Stoppe den Ablauf
diskutieren, kleine Verse für die Ansage
der Künstler verfertigen. Unwägbarkeiten
bei Zeitverschiebung (z.B. bei Glatteis
oder Dreigestirn) planen. Gästeliste für
Begrüßungen zusammenstellen, nach-
fragen. Dieses und mehr waren für Willi
selbstverständlich vor jeder Sitzung. Und
wer ihn sah und kannte, bemerkte bei
aller Routine auch das Lampenfi eber bei
ihm. Ich glaube, all das zusammen machte
den unglaublichen Erfolg von Willi Hölz-
gen aus: Er erfand sich und seine Sitzung
jedes Mal wieder neu. Wie gesagt: Unser
Glücksfall. Willi Hölzgen. Danke für alles.
Heiner Mühr
verbreitete, ist seine Disziplin vorbildlich.
Ich kann mich nicht erinnern, dass er in
diesen 40 Jahren auch nur eine einzige
Sitzung nicht geleitet hätte. Selbst in den
90er-Jahren, als Herz- und Hüftoperatio-
nen anstanden, hat er sie so legen lassen,
dass er im Fastelovend fi t war.
Zu den Sitzungen traf er immer pünkt-
lich ca. 30 Minuten vor Beginn ein. Zu
der Frage „Willste jet drinke?“ immer
die Bitte „Jo, ne kleine Klore“. Disziplin.
Vorbereitung zu den Sitzungen: Immer
das vorgesehene Programm besprechen,
Frühstück mit Margret
Daraufhin zeigte sich Margret hocher-
freut und bat uns alle hereinzukommen.
Sie kochte Kaffee und machte uns ein
ausgiebiges Frühstück, das wir in dieser
fröhlichen Runde genossen. Erst als die
Morgendämmerung des Aschermittwochs
heraufzog, machten wir uns auf den
Heimweg. In den Folgejahren ist Willi
nach dem Zug immer irgendwo im Trubel
verschwunden, sodass wir ihm unser Ge-
leit nicht anbieten konnten.
Bei all den Erinnerungen dieser miter-
lebten 40 Jahre der Präsidentschaft darf
eines nicht unerwähnt bleiben: Neben
dem Spaß den Willi persönlich hatte und
Wohnung auf dem Sofa gesessen haben
und Kaffee mit Schnaps aus Kaffeetassen
getrunken haben. Der Kaffee schmeckte
sehr nach Schabau. In der Früh erreich-
ten wir dann doch Willis Heimstatt und
er führte uns zum hinteren Eingang, um
seine liebe Margret nicht zu wecken. Das
war aber nicht nötig, denn Margret war
schon wach und fragte Willi direkt, wa-
rum er erst jetzt nach Hause käme. Willi
erklärte sogleich, dass er nicht alleine sei
und wir ihn nach Hause gebracht hätten.Heiner Mühr
36 37
Paraplü, Pääd en Persiflage:Die Zeit als Ansager beim
Dellbröcker Boore Schnäuzer Ballett„Zwei Dinge waren in meiner
Präsidentschaft für mich persönlich die
wichtigsten: die Einführung der Boore-
Sitzung und die Gründung des Schnäuzer
Balletts“, resümiert Willi Hölzgen. Im
Oktober 1975 wurde das erste rechts-
rheinische Männerballett aus der Taufe
gehoben, nach einer Idee von Heiner
Mühr, der damals Vorsitzender der KG
Uhu, und – so Willi Hölzgen – auch der
kreativste Kopf war und vor guten Ideen
nur so sprühte.
Eines fehlt den UHUs in dieser Zeit: Eine
Gesangs- oder Tanzgruppe für die übli-
chen Gegenbesuche bei befreundeten Ge-
sellschaften. Der Anlass war also prakti-
scher Natur und es brauchte nicht lange,
da war die Idee des Schnäuzer Balletts
erdacht. Die Gesangsgruppe „Schnorres-
wackler“ aus Frankfurt mit den großen
Schnurrbärten gaben die optische Vorlage.
Die Schnäuzer aus Dellbrück wollten nicht
singen, sondern tanzen und so traf man
sich zum Training im Herbst 1975 bei Pe-
ter und Hilde Schnitzler, die ein Tanzstu-
dio am Hohenzollernring hatten, jedoch
entsetzt über die tänzerischen Fähigkeiten
der ambitionierten Balletttänzer waren.
„Wat häste mir denn do anjeschlepp?“,
lautete die vorwurfsvolle Frage an Heiner
Mühr. Jedoch war von Anfang an klar,
dass nicht die tänzerischen Fähigkeiten
im Vordergrund stehen würden, sondern
Stand- und Trinkfestigkeit. Man such-
te „echte Typen“, so Willi, die in jeder
Hinsicht eine „Bühnenkarriere“ verkraf-
ten konnten. Peter Schnitzler motivierte
die Truppe mit dem Satz: „Nät nur e
bissche doll, JECK möht Ihr sin!“ – über
viele Jahre ein gefl ügeltes Wort bei den
Schnäuzern, die ihre eigene tänzerische
Beschränktheit immer mit großer Toleranz
ertrugen. Denn weder Charaktertanz noch
Arabesque hatten die Gründer im Sinn:
„Wir wollten eine Persifl age auf die Tra-
ditionskorps der Karnevalsgesellschaften
geben“, so die Grundidee.
Natürlich brauchte es ein unverwechsel-
38 39
Erster Ansager vum Dellbröcker Boore Schnäuzer Ballett, Willi Hölzgen
bares Kostüm: Dreispitz, Brille, Schnäuzer,
Gehrock, dreiviertellange weiße Hose, rote
Stutzen, schwarze Schuhe, weiße Hand-
schuhe und ein rot-weißer Paraplü, eine
Idee von Heiner Mühr und Uli Remmel.
Die Brille hatte Willi ohnehin schon auf
der Nase: Mit Übernahme seiner
Präsidentschaft 1970 war die runde
Nickelbrille seines Großonkels sein
Markenzeichen auf der Bühne. Mit dem
Schnäuzer war es da schon schwieriger.
Klebte er ihn die ersten Jahre noch mühe-
40 41
aber wenig wirkungsvoll an, ließ er ihn
später eigens für die Schnäuzer wach-
sen: „Der 1. Dezember war für mich der
Stichtag.“
Der erste Auftritt war im Januar 1976 bei
der Dellbrücker Booresitzung nor för Häre,
die gerade ein Jahr davor aus der Taufe
gehoben worden war. Ein sensationeller
Erfolg! 40 Auftritte schon in der ersten
Session sprachen für sich! „Mir hatten
einen Heidenspaß, uns selver und andere
auf die Schöpp zu nemme“, schmunzelt
Willi, der die ersten Jahre mittanzte, be-
vor er „nur noch“ den Ansager gab.
Aufmarsch in den Saal. Es lag am Ansa-
ger, das Publikum auf den Auftritt einzu-
stimmen. „Joht in die schwierije Position
1 brengt dä Paraplü in Stellung - maht
en äußerst fründlich Jeseech“ eine Ansage
mit trockenernster Miene. In der Rück-
schau sind es genau diese Momente,
41
Unverwechselbar den Schnäuzern zugehörig: Pääd fürre un Pääd hinge
42 43
ohne das kein Korps auskommen kann!
Bis heute ist das Schnäuzer Tanzpaar
mit der riesigen Tanzmarie Olli Merten
- und dem schmächtigen Offi zier Fritz
Esser - ein Kracher in allen Sälen Kölns
und Umgebung. Zwischen Düsseldorf und
Euskirchen, Aachen und Lindlar waren
die Schnäuzer schon in den ersten Jahren
ihres Bestehens ein karne-
valistischer Höhepunkt. Willi: „Von An-
fang an der Fahnenträger vum Schnäuzer
Ballett, de Wassers Otto. Bald folgten
Pääd vürre un Pääd hinge.“
die Willi besonders freudvoll in Erinne-
rung geblieben sind. Ob ein Auftritt beim
Apotheker-Ball in der Flora, wo der Witz
mit dem Fritzchen und dem „Dönndress“
die feine Gesellschaft zum Toben brachte,
oder einfach nur Worte in sauber arti-
kuliertem Kölsch – mit der humorvoll
hintergründigen Ansage wurde der Erfolg
des Schnäuzer-Auftritts vorbereitet.
Beseelt von diesem großartigen Einstieg
entwickelten Heiner Mühr und Peter und
Hilde Schnitzler das Ballett stetig wei-
ter. Schon im Jahr 1977 gab es neben
den damals 20 Tänzern ein Tanzpaar,
Der jähe Ausstieg als Ansager bei den
Schnäuzern folgte 16 Jahre nach der
Gründung: Eine Herzoperation im Jahr
1991 verlangte in der Folge auch mehr
Rücksicht auf die Gesundheit des mitt-
lerweile 58-Jährigen. Doch ist und bleibt
Willi den Schnäuzern und bleiben die
Schnäuzer ihm mit dem Herzen verbun-
den. „Seitdem bin ich jedes Jahr einen
Tag lang mit der Truppe auf Tour“
als guter Geist und Ehrenschnäuzer.
Das erste und legendäre Tanzpaar Olli Merten und Fritz Esser
Die Schnäuzer auf Tour:„Oxford am Rhing“
Auf einem Fest der Venetia in
Düsseldorf waren die Schnäu-
zer eingeladen. Im Vorraum hörten wir
Arien. Ich saht zo minge Fründe: „Wat
sollen mir dann he?“ Die Tür ging auf, wir
marschierten ein, steige auf ein kleines
Podium mit Mikrofon und beginne mit
meiner Ansage. Auf einmal ruft einer aus
dem Publikum: „Wir verstehen Sie nicht,
wir hören nichts!“
Ich saht: „Es dat Mikrofon kapott?“
Man brachte mir ein Neues und ich hob an:
„Muss ich jetz’ die janze Scheiße noch
ens vun vürre verzälle“ da lachte sich
der Saal weg. Ich hatte Lunte gerochen.
Wenn die über das lachten, dann freuen
die sich, wenn einer platt spricht, war
meine Schlussfolgerung. Da hab ich mir
den Präsidenten aufs Korn genommen. Ich
saht: „Herr Präsident, et stünd ihne jot zo
Jesech, wenn Sie och platt sprechen däte
und nit mit ihrem Düsseldorfer Oxford“.
Bis dahin kam ich, dann ein Gebrüll in
dem Laden! Die Lück, die krähten sich nit
mieh en. Im Nachhinein saht de Ers-
felds’ Pitter, der damals für die Verträge
zuständig war: „der Präsident von denen,
der heißt Ochsenfort.“ Dat kunnt’ ich jo
nit wisse, su ne Name, un dat en
Düsseldorf…
Willi Hölzgen44 45
Auf einem Fest der Venetia in
Düsseldorf waren die Schnäu-
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Etiam ultricies nisi vel augue.
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Vereinsdiener mit Säge und Sohn
Als im Jahre 1975 Heiner Mühr die Idee
hatte, die „Boore-Sitzung nor för Häre“
ins Leben zu rufen, war noch nicht abzu-
sehen, was sich daraus entwickeln würde.
Die Vorstellung von ihm bestand darin,
eine Sitzung zu gestalten, die sich von
dem allgemein üblichen Schema
unterscheiden sollte. An Stelle von
vornehm gekleideten Gästen sollten sich
bäuerlich ausgestattete Männer
ungezwungen amüsieren. Von den Gästen
mitgebrachte Speisen sollten die
allgemeine Lockerheit noch unter-
streichen. Mir wurde die Aufgabe über-
tragen, als Vereinsdiener Orden und
Ein Präsident allein macht noch keine Sitzung. Im Falle der KG UHU gab es 35 Jahre
lang ein Triumvirat auf der Bühne – Willi als Präsident, Fritz „Stoppe“ Esser als Ver-
einsdiener und Eddy Enkler als dessen „Sohn“ -, das Garant für einen humorvollen
Abend war. Erinnerungen vom Stoppe.
Geschenke an die Künstler zu verteilen
und dabei ein paar freche Sprüche und
Bauernregeln von mir zu geben. Da dies
natürlich im Dialog leichter ist, hatte ich
darum gebeten, mir dabei Eddy Enkler als
Assistenten zur Seite zu stellen. Eddy mit
seiner Körpergröße von 2,09 Meter in der
Rolle meines „Sohnes Eduard“ und seinem
unvergleichlich trockenen Humor erwies
sich als der ideale Partner.
Das Konzept ging auf: die Sitzung war ein
toller Erfolg. So bot es sich an, im fol-
genden Jahr auch eine Sitzung mit Damen
in der gleichen Form abzuhalten. Damit
war die „Boore-Sitzung met Mädcher un
Madämcher“ geboren.
Am Präsidentenstuhl sägen
Da ich mit Willi Hölzgen schon seit unse-
rer gemeinsamen Fußballzeit bei Preu-
ßen Dellbrück zu Beginn der 50er-Jahre
befreundet bin, ist es gang und gäbe, sich
gegenseitig „auf die Schippe“ zu nehmen.
Dies habe ich dann während der Sitzung
ausgiebig praktiziert. Sprüche wie „Willst
Du Dir den Tag versauen, musst Du in
den Spiegel schauen“ oder der Bauernre-
gel „Ne Boor, dä Hölzgen ligge kann, dä
muss jet an der Waffel han“ haben dazu
geführt, dass ich einmal gefragt wurde:
“Sag’, wollt Ihr den Hölzgen eigentlich
abschießen!“. So wurde die Idee geboren,
in unser Rollenspiel meinen Anspruch
auf das Präsidentenamt einzubinden,
was unter den Sitzungsbesuchern große
Heiterkeit auslöste und schon bald zum
ständigen Ritual gehörte. Dies geschah
entweder verbal oder auch deftig, indem
ich mich hinter seinen Stuhl schlich und
mit einer großen alten Säge ein Stuhlbein
bearbeitete. Willi mit seiner gespielten
Empörung ob meines despektierlichen
Verhaltens leitete trotzdem die Sitzung
souverän mit Schlagfertigkeit und
Mutterwitz.
46 47
Natürlich waren Dialoge und Gags vorher
miteinander abgesprochen, wobei auch
Eddy mit guten Ideen einen wesentlichen
Anteil hatte. Es kam aber auch häufi g
vor, dass im Verlaufe der Veranstaltung
der Vortrag eines Künstlers Stoff für eine
neue Bauernregel oder ähnliches lieferte.
Irgendwann kam die Idee auf, Werbung
zu machen, die allerdings nicht ganz
ernst gemeint war und hauptsächlich
Mitglieder der Gesellschaft betraf. Ich
trat also zwischendurch mit einem Gong
bewaffnet an das Mikrofon und brachte
einen Werbespruch. Beispielweise für die
Gaststätte Knippschild: „Trinkt dä Bauer
20 Biere, jeit hä heim op alle Viere!“ oder
für Kriesel an der Oper: “Der Eunuch, der
hodenlose, trägt stets Kriesel’s Loden-
hose!“. Solche Einlagen wurden stets
dankbar aufgenommen und zum Teil auch
gefordert: “Maach ens widder Werbung!“.
Aber auch ich war manchmal Ziel für
Eddy Enklers Überraschungen. Wenn nach
dem Auftritt eines Künstlers von Willi der
Befehl kam: „Stoppe, dä Orden!“ und ich
dann Eddy aufforderte: „Eduard, den
Orden“, kam „mein Sohn Eduard“
würdevoll, den Orden auf einem silbernen
Tablett tragend über die Bühne, hielt das
Tablett so hoch, dass ich nur auf
Zehenspitzen den Orden entgegennehmen
konnte, oder er übergab mir einen Orden,
der mir dann auf die Füße fi el, weil er an
einem zwei Meter langen Band hing.
Das „Loch-Lied“ angestimmt
Bisweilen kommt es vor, dass während
einer Veranstaltung durch Ausfall oder
Verspätung von Kräften ein so genanntes
„Loch“ entsteht. Diese Situation gab es
beim UHU auch schon, war aber nie ein
Problem. Abgesehen davon, dass unser
Willi stets in der Lage war, dies elegant
zu überbrücken, hatten wir aber auch
immer schnell eine Möglichkeit gefun-
den, die Gäste zu unterhalten. Entweder
sangen wir gemeinsam das „Loch-Lied“
(Mir han e Loch, mir han e Loch) oder ich
lieferte mir mit Willi ein Wortgefecht.
Wir hatten ausgemacht, dass er hin und
wieder mit einer positiven Eigenschaft
angab und dann von mir einen ordent-
lichen Dämpfer bekam. Einmal erklärte
er mir, er sei sehr sportlich und würde
häufi g große Strecken wandern.
Daraufhin stellte ich fest, jetzt wäre mir
klar, wieso an der Straße vor seinem Haus
ein Schild mit den Worten „Achtung
Krötenwanderung!“ angebracht sei.
In einem anderen Fall konterte ich seine
Aussage, als vornehmer Mensch sei er
jetzt Mitglied im „Lions-Club“ mit der
lapidaren Feststellung: “Dat nötz nix, die
leihen (Lion) dir jo doch nix!“
Sohn Eduard reicht dem Diener die Orden
48 49
Fritz EsserVereinsdiener „Stoppe“ mit „Sohn Eduard“
50 51
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“Janz einfach, do jeihs an et
Mikrofon, klopps der met d‘r
Fuus op de Bross un sähs:
`Ich – Robinson!` Dann mähst do en
Verbeujung un et Publikum klatsch.
Dann jon ich an et Mikrofon, klopp mer
met d‘r Fuus op de Bross un sage: `Ich
- Freitag!` Maache en Verbeujung un
et Publikum klatsch. Un domet es dat
Stöck fädich.“ „Jot, dat kann ich!“Gesagt,
getan. Willi geht an das Mikrofon, klopft
sich mit der Faust an die Brust: `Ich –
Robinson!` Verbeugung – Beifall. Ich
gehe an das Mikrofon, klopfe mir mit
der Faust an die Brust: `Ich – Freitag!`
Verbeugung. Beifall. Damit taucht aus
dem Hintergrund Eddy mit einem großen
Panamahut auf dem Kopf auf, geht an das
Mikrofon, klopft sich an die Brust: “Ich –
langer Donnerstag!“ Der Gag war gelun-
gen, das Publikum brüllte vor Lachen.
So wurden im Laufe der Jahre viele Ideen
geboren. Trotzdem hatte ich Bedenken, ob
diese Art über Jahre hinaus vom Publikum
noch angenommen würde. Mein Freund
Willi sah darin keine Probleme. Als ich
1995 – inzwischen waren 20 Jahre
vergangen - wieder meine Bedenken
vortrug, war Willi unerbittlich und nahm
mir das Versprechen ab, diese Rolle
weiterzuspielen, solange er noch
Präsident wäre. Leichtsinnigerweise ließ
ich mich darauf ein, nicht ahnend, dass
daraus noch weitere 15 Jahre würden.
Nun, inzwischen schreiben wir das Jahr
2010, hat Willi nach 40-jähriger Präsi-
dentschaft seinen Abschied genommen,
und auch ich habe verabredungsgemäß
meine Rolle als Vereinsdiener beendet.
Auch Eddy, der aus gesundheitlichen
Gründen ohnehin nicht mehr immer dabei
sein konnte, ist nun im karnevalistischen
Ruhestand. Meine alte Säge, die ich nun
nicht mehr brauche, rostet still vor sich
hin. Obwohl – Senatspräsident wäre auch
kein schlechter Posten!
Willi, Freund der sechs großen „F““Ne Boor, dä Hölzgen ligge kann, dä muss jet an d’r Murmel han!“ Was hat sich unser lieber Willi von seinem „Präsidentenanwärter“
Stoppe nicht alles bieten lassen müssen!? “Jeder Bauer dä hät Geist, es sei denn, dass er Hölzgen heißt!“ Der Kern von Willis Beliebtheit
und seinem nie erreichten Erfolg ist der Umstand, dass er als Präsident eben solche “Boshaftigkeiten“ seines Freundes Stoppen zuließ,
und auch dass dieser oft genug (und im wahrsten Sinne des Wortes) an seinem Präsidentenstuhl sägte! Man ist versucht zu sagen,
dass die Lacher letztlich auf seine Kosten gingen, doch trifft dies nur die halbe Wahrheit.
Die chronische Saalnot in Dellbrück
brachte es mit sich, dass die “Heimspiel-
Sitzungen“ schon 1973 in der Aula der
Realschule stattfi nden mussten, bei
Linoleumboden, grellem Neonlicht und
einer Aula, die einer “Wurstküche“ glich.
Vielleicht nicht allein dadurch, aber
sicherlich besonders auch durch diese
miserablen Umstände, diesem fehlenden
Ambiente war Willis phänomenales Talent
zur Sitzungsleitung gefragt –
und gefunden. In den dreißig Jahren
meiner Vorstandstätigkeit (alle mit ihm
zusammen, davon von 1990 bis 2002 als
1. Vorsitzender) sind mir einige Begeben-
heiten besonders in Erinnerung geblieben,
bei denen Willi Hölzgen in unnachahm-
licher Manier zur einmaligen Hochform
aufl ief (ist ja auch kein Wunder, wenn
man am 11.11.33 geboren ist!). Im Jahr
des 1. Golfkriegs 1991 war – zwei Tage
vor Beginn der Kampfhandlungen und in
äußerst angespannter politischer Lage –
der 1. Sekretär der sowjetischen Botschaft
in Bonn, Nikolay J. Kasatschuk, zu Besuch
bei unserer “Frikadelle–Sitzung“. Von Willi
Hölzgen wurde er politisch dermaßen
korrekt, warmherzig und zugleich staats-
männisch empfangen und begrüßt, dass
etlichen Sitzungsbesuchern die Tränen in
den Augen standen.
„Die Aap“ bei Willi zu Gast
Eine völlig andere Facette zeigte Willi
beim Überraschungsgast einer Herren-
sitzung Anfang der neunziger Jahre.
Dabei handelte es sich um die “Müllers
Aap“, den legendären Profi boxer, Catcher
und Dellbrücker Bananenverkäufer Peter
Müller. Der ließ sich vom entwaffnen-
den Charme Hölzgens dermaßen aus der
Reserve locken, dass er unfreiwillig für
Höhepunkte kölscher Komik sorgte. So
meinte „die Aap“ beispielsweise zu seiner
Niederlage gegen Bubi Scholz: “Dat kann
ich bis hück nit bejriefe, dat ich en der
1. Rund k.o. jejange ben. Die müsse mer
irjendjet en et Fresse jedonn han!“
Weitere ganz besondere Höhepunkte der
UHU–Sitzungen lieferte der Präsident
Willi Hölzgen in den Jahren 1974 und
1999, als die KG UHU jeweils das Kölner
Dreigestirn stellen durfte und Willi dieses
in einmaliger und emotionsgeladener
Weise dem eigenen Publikum vorstell-
ten konnte. Absolute Höhepunkte nicht
nur für das Trifolium, sondern auch für
Willi und seine UHUs! Welcher kölsche
Karnevalspräsident kann schon von sich
52 53
Das Trifolium der KG UHU im Jahr 1999 2. v.l. Bruno Wasser, r. Willi Hölzgen
Ausgefeilte Lochfüller
Wenn Willi Dieper als Literat die UHU–
Ampel auf Rot stellte, war weit und
breit kein Auftrittskünstler zu sehen. Bei
„Gelb“ hieß es “ziehen“, bei „Rot-Gelb“:
“glich jeiht et wigger!“ Bei solchen Ein-
fällen, aber insbesondere bei der stadt-
bekannten Qualität der Hölzgen’schen
Sitzungsleitung verwundert es nicht,
dass unzählige Prominente immer wie-
der gerne zum UHU kommen, auch ohne
dass sie sonderlich hofi ert werden. Wo
gehobelt wird, fallen aber bekanntlich ja
auch schon mal Späne: Als Verena Gräfi n
Berghe von Trips vor einigen Jahren
die UHU–Prunksitzung besuchte, fragte
Willi Hölzgen sie unvermittelt: “Mädche,
kannste och Auto fahre?“ (worauf Verena
nie wieder beim UHU gesehen wurde).
Für solche verbalen Attacken und großen
Lacher war Willi stets gut!
Herrensitzung als Kunstform erhalten
Selbst über die größten Krisen der
Herrensitzungen Mitte der 80er-Jahre
schaffte es die KG UHU – trotz unüb-
lichem Weinzwang, aber dank der Sit-
zungsleitung eines Willi Hölzgen – diese
schöne Sitzungsform hochzuhalten und
den Saal zu füllen. Dabei ließ Willi noch
nicht einmal die sonst üblichen Zoten
durchgehen und brach eher einen Vor-
trag ab, als “sich das Niveau versauen zu
lassen“. Einzig Heinz Willi Odenthal war
seinerzeit als “Nummerngirl“ zugelassen!
Dagegen heimste sich Willi schon mal
wütende Proteste ein, wenn er vermeint-
liche Honorationen feierlich zu „Leut-
nants der Hanutzen“ erklärte (Bernd
Stelter, Helmut Urbach u.a.). Originalton
Paveier: “Fastelovend pur – ohne Stötz!“
Ein Leben in Disziplin
Mit welch unglaublicher Disziplin Willi
sein Leben meistert, zeigte sich 1994,
als er – frisch genesen – mit zwei neuen
Hüftgelenken über die Fastelovendsbühne
sprang! Natürlich ist eine solche “Karrie-
re“ gar nicht denkbar ohne eine verständ-
nisvolle und unterstützende Frau wie
54 55
Als überzeugter Anhänger der großen
„F’s“: Freud’, Fründe, Fraue, Famillich,
Fußball un Fastelovend hatte Willi nie
Probleme, da sein Motto lautet: “Unjefähr
sechs Woche Fastelovend em Johr, dä Rest
Fußball un alles andere zweschendurch!“
behaupten, in 40 Jahren Präsidentschaft
gleich zweimal das eigene Dreigestirn
begrüßt zu haben?
Vielfach wurde schon versucht, nicht
nur die Mühr’sche Erfi ndung der Frika-
dellesitzung zu kopieren, sondern auch
die einmalige Sitzungsleitung von Willi
Hölzgen („Hev Dich-Beifall-Setz Dich!“;
„Klatschmarsch, Abmarsch, Frohes Fest!“
u.ä.m.). Gleiches galt auch für Willis
Ansage beim Dellbröcker Boore Schnäuzer
Ballett. Gemeinsam mit seinem Freund
Stoppen und dessen „Sohn“ Eddy Enkler
schaffte er es, selbst die größten Pro-
gramm–Löcher zu abendlichen Sonder-
nummern und Höhepunkten zu machen.
(Leider gehen uns diese „Löcher“ im Zeit-
alter der Handys mehr und mehr verloren!)
Willis Margret, der die KG UHU über 40
Jahre Präsidentschaft ihres Mannes un-
endlich viel zu verdanken hat.
Die zeitliche Trennung von Karneval
und Fußball ermöglichte Willi Hölzgen
überhaupt erst, neben der Karnevals-
präsidentschaft auch noch den Vorsitz
der Verbandsgruppe Nordrhein im Bund
Deutscher Fußball–Lehrer zu bekleiden
(zwischendurch auch noch 2. Vorsitzen-
der beim SC Viktoria Köln). Mit Recht
ist er Träger höchster karnevalistischer
Orden, was infolge seiner Bescheidenheit
kaum bekannt ist. Auch die KG UHU hat
ihn mehrfach mit eigenen Orden ausge-
zeichnet (so z.B. 1981: “Hohe Schule des
Humors“).
Zu seiner Fußball–Affi nität gehört es sich
von selbst, dass er mit mir gemeinsam in
den neunziger Jahren die „Alten Preu-
ßen“ um Paffraths Jean, Schmidte Jupp
und Droste Paul näher an die KG UHU
heranführte und eine echte Partnerschaft
begründete (Wiederaufl age des Preußen
Dellbrück–Wimpels, viele Jahre eigene
Preußenseite im Liederheft, Verleihung
des Dellbrücker Verdienstordens u.ä.m.).
Wie ihm die „Fußball–Alten“ am Herz
lagen, so hat sich Willi mindestens seit
1988 auch für den karnevalistischen
Nachwuchs eingesetzt und diesen vehe-
ment gefördert (J’UHUs, Schnäuzer–Pänz,
Mini–Schnäuzer, Puutesitzung u.a.).
Der von Bernhard Schütz (Schütze–
Bumm) und mir 1992 ins Leben gerufene
“UHU-Dämmerschobbe“ brachte in– und
ausländische Gäste, Freunde, Karneva-
listen und Auftrittskünstler zusammen
und begründete ein ganz besonderes
Verhältnis zum Karnevalspräsidenten auch
außerhalb der Session.
Für meine Tochter Stephanie und mich
stand beim Entwurf für das UHU–Büh-
nenbild Willis karnevalistische Philoso-
phie Pate. Wir sind schließlich nicht nur
Fastelovendsjecke, sondern auch unserem
Heimatort Dellbrück stark verbunden, dem
mit den wichtigsten Stationen im Leben
der KG UHU und Willi Hölzgens Rechnung
getragen wurde: Kohjass, Dellbrücker
Hauptstraße, Gesellenhaus, Heidehof,
die Strunde, Ballhaus Lenzen und vieles
andere mehr. Wie sagte Oberbürger-
meister Norbert Burger so richtig beim
Sessionsauftakt auf dem Altermarkt am
11.11.1999: “Jo, mer vun Dellbröck, mer
sin en eijen Aat. Mer sin kein Boore un
kein Lück us d’r Stadt.“
Bruno Wasser
1999 beim Rosenmontagszug mit Bruno Wasser
56 57
„Et Hätz op d´r Zung,ne echte Kölsche Jung“
Willi Hölzgen, ein Mann, ein Präsident,
den wir über 40 gemeinsame Jahre gut
kennen und sehr schätzen gelernt haben.
Einer der wenigen Fähigen, die „us d´r
Lameng“, sozusagen „us däm decke Zih“
immer spontane, treffende, schöne und
humorvolle Worte fi ndet, weil er eben
lebt was er darstellt. „Hä hät et Hätz op
d´r Zung, ne echte kölsche Jung!!!“
Bläck Fööss
58 59
Die jungen Bläck Fööss
Jezielte Frogen - passende Antwote
60 61
Willi, du warst ein ausgesprochen
erfolgreicher Präsident. Welche deiner
Prinzipien glaubst du, waren dafür
entscheidend?
“Villeich han de Minsche jespört, dat
ich inne einfach nor Freud mache
wollt.“
Wärst du gerne einmal Prinz
geworden?
“Nä!“
Woraus hast Du in den 40 Jahren
Präsidentschaft deine größte Befriedigung
gezogen?
“Wenn de Minsche en Lächeln em
Jeseech hatte.“
Hast Du jemals auf der Bühne deinen Text
vergessen und was passierte dann?
“Als KAJUJA - Präsident ben ich bei
dr Bejrößung hange jeblevve!
Han ne Moment üverlaht:
´Leck mich em Jade, ich han minge
Bejrößungstex verjesse.´Han frech
wigger jeschwaad, wie mir dr
Schnabel jewahse, de Minsche han
bejeistert applaudeet!“
Welche Karriere im Karneval hättest du dir
vorstellen können, wärst du nicht Präsident
geworden?
“Velleich en de Bütt?“
Hast du jemals in den 40 Jahren
vorzeitig ans Aufhören gedacht?
“Nä!“
Was denkt der Präsident in dem
Moment, wenn die Sitzung vorbei ist?
“Et hät noch immer jot jejange!
Hatte de Minsche Spaß, hat ich am
Spaß vun dä Minsche minge Spaß!“
Was hättest du gerne besser gekonnt in den
Jahren? Wo warst du mit dir selbst nie ganz
zufrieden?
“Ich wor eijentlich, su wie ich wor,
met mir zefridde! Wor immer jot
präpareet!“
Wie wird man dich künftig im Karneval
erleben und was wirst du vermissen?
“Als ne jroße Fründ vum Sitzungs-
karneval! Ov ich jet vermesse?
Dat weiß ich noch nit!“
Was wäre dein Rat an einen jungen
Karnevalisten?
“All sing Talente en dr Deens vun dr
Saach ze stelle, ohne selvs em
Meddelpunk ston ze welle.
Dä Minsche Spaß un Freud mache ze
welle, dat muß et sinn,
dat merken die!“
nach Oberkirch. Dort fand in den 60er-
Jahren ein Rheinischer Abend mit Stein-
gass-Terzett, Schlauch und Schläuchelche,
Doof Noss, Michael Hoch und anderen
statt. Im privaten Kreis des Vereins traten
Willi Hölzgen und ich als Messdiener bei
einer improvisierten Trauung auf.
Der Erfolg war riesengroß. Bei einer
Sitzung des Heimatvereins im Dellbrücker
Gesellenhaus trat Willi Hölzgen in der
Bütt als „Ginster-Förster“ auf. Wo Willi
war, war immer was los und so wunderte
es keinen, dass eines Tages die KG UHU
an ihn herantrat und ihn bat,
die Präsidentschaft zu übernehmen.
Die Werbung der KG an Willi war erfolg-
reich, denn er übernahm das Zepter als
Präsident im Jahre 1970. Was Willi
Hölzgen als Präsident in der KG und vor
allem aus der KG gemacht hat, haben in
all den Jahren tausende Menschen
miterlebt. Wenn Willi und sein Freund
Zwei Messdiener im Schwarzwald
Willi Hölzgen? Willi Hölzgen!
40 Jahre Präsident der KG UHU in Köln-Dellbrück,
sowie 7 x 11 Jahre alt: Jecker jit et jo kein Daach,
die mer su fiere kann.
Ich kenne den Willi schon weit über 40
Jahren, als er mit seinem Vater im
Heimatverein „Ahl Kohgasser“ tätig war.
Auch Vater Hölzgen war überaus humor-
voll und Willi hat das Talent absolut vom
Vater.
Durch familiäre Verbindung des
Vorsitzenden Willi Siebertz vom Heimat-
verein fuhren wir in den Schwarzwald
Fritz Esser, besser bekannt als „Stoppe“
die Sitzungen moderierten, war alles
gelaufen, die beiden waren das Salz in der
Suppe. Alle auftretenden Karnevalisten
kamen gerne zur KG UHU, wussten sie
sich dort gut aufgehoben. Dass ich ein
besonders gutes Verhältnis zu Willi hatte,
versteht sich von selbst.
Nun geht Willi Hölzgen nach 40 Jahren
als Präsident der KG UHU in den
verdienten Ruhestand.
Willi über Hans Hachenberg:
„Ne jode Fründ, ne Seelenverwandte“
62 63
Lieber Willi,
vielen Dank für all das, was Du für den Kar-
neval, besonders für die KG UHU getan hast.
Ich persönlich wünsche Dir weiterhin alles
Gute und beste Gesundheit.
Dein Freund
Hans Hachenberg „Die Doof Noss“
„Et es alles joot,su wie et jekumme es!“
Es gab in Köln zu allen Zeiten Karnevals-
präsidenten, die es mit ihrer Aura ver-
standen, ihr Publikum zu fesseln. Damit
ich jetzt keinem auf die Füße trete, nenne
ich nur einige, bereits verblichene dieser
Spezies:
Thomas Liessem, der große Präsident
der Prinzengarde Köln (und ehemaliger
Festkomitee-Präsident), der – unabhängig
von seiner Vergangenheit vor 1945 –
Zeichen gesetzt hat und „seine“ Prinzen-
garde auch durch schwierigstes Gewässer
höchst erfolgreich manövrierte.
Ferdi Leisten, ein ganz großer der Ehren-
Garde der Stadt Köln (und ehemaliger
Festkomitee-Präsident). Nicht nur als
stimmgewaltiger Sitzungsleiter höchst
beliebt, sondern auch als Korpskamerad
innerhalb der EhrenGarde äußerst
geschätzt und bewundert.
Albrecht Bodde, Präsident der Großen
Kölner von 1883 (und ehemaliger Fest-
komitee-Präsident), der es in den schwe-
ren Nachkriegsjahren verstand, seiner
„Großen Kölner“ rasch wieder zu hohem
Ansehen zu verhelfen mit geschliffener
Zunge und typischem zeitgenössischen
Kölner Humor.
Friedel Haumann, Präsident der
EhrenGarde der Stadt Köln, der
vielleicht einer der letzten typischen
Vertreter des allmächtigen Präsiden-
tentypus war. Der, wenn er nur seine
Stimme erhob, auch den lautesten Saal
zur Raison, d.h. zum Zuhören bringen
konnte.
Ävver die woren all nix jäjen dich, leeven
Willi. Jeder Mensch ist für sich gesehen
natürlich ein Unikat. Aber, ich habe das
Gefühl, dass unser Herrgott über dich sein
Füllhorn an Esprit, geistiger Frische, Kre-
ativität und urwüchsigem Humor beson-
ders üppig ausgeschüttet hat. Und danach
hat er noch dafür gesorgt, die „richtige“
Gesellschaft und die am besten geeigne-
ten Mitstreiter für dich zu fi nden. Zwei Karnevals-Größen: Willi und Wicky
64 65
Ävver, andererseits: Sie hätten Dich ja
nicht verstanden! So hätte man Dich
dann wieder in das regionale Fernseh-
Programm versetzen müssen. Und dafür
wärst Du zu schade gewesen. Also kurz:
Et es alles joot, su wie et jekumme es!
Lieber Willi, Du bist das lebende Beispiel
dafür, dass Größe in keinster Weise etwas
mit Länge zu tun hat!
Das wurde mir erstmals bewusst, als ich
im Jahre 1993 als Mitglied eines Dreige-
stirns das erste Mal die KG UHU besu-
chen durfte ja durfte. Denn das war eine
Auszeichnung. So verdötsch, so urwüchsig
kommentiert und dabei doch so warmher-
zig empfangen zu werden das war schon
etwas Besonderes. Und dann das Spiel
mit däm Stoppe. Zwei Mann auf Augen-
höhe! Das Spiel des Präsidenten mit dem
Vereinsdiener ist legendär legendär und
einzigartig und nicht kopierbar.
Es wird interessant zu sehen sein, wie
Eure Nachfolger dieses Spiel in neuer
Variante fortführen.
nicht gewesen. Obwohl – wenn man
einmal darüber nachdenkt – welche nu-
ancenreichen Facetten des Kölner Karne-
vals dann einer breiteren Öffentlichkeit
hätten dargeboten werden können, kann
man Deine Fernsehabstinenz fast wieder
bedauern. Da hätten die karnevalsfreien
Städte von Hamburg bis München und
von Dresden bis Düsseldorf einmal An-
schauungsunterricht in Sachen urwüch-
sigem und unverwechselbarem Humor
(nicht zu verwechseln mit „Comedy“)
bekommen.
Ich bin mir nicht sicher, ob Dein Talent –
na, sagen wir mal - bei der Großen von
1823 so deutlich hervorgestochen wäre
wie gerade bei den bäuerlichen Vertretern
aus dem wunderschönen rechtsrheini-
schen Vorort Dellbrück.
Außerdem hattest Du es nicht nötig, im
Gegensatz zu den meisten der vorge-
nannten Präsidenten-Größen, das Amt
des Festkomitee-Präsidenten anzustreben.
Das kann man begrüßen oder bedauern.
Ich persönlich begrüße diesen Umstand
auf das herzlichste! In die Zwangsjacke
hättest Du nicht gepasst. Und uneinge-
schränkt fernsehgerecht wärst Du auch
Wicky: „Größe hat nichts mit Länge zu tun“
66 67
Nun geht dem Kölner Karneval schon
wieder ein einmaliges kölsches Element
verloren. Und, man kann heute schon sa-
gen, es kommen kaum Neue mehr hinzu.
Unser aller Bestreben muss es sein, dieses
kölsche Element wieder zu beleben. Der
kölsche Fastelovend ist in seiner einzigar-
tigen Stellung auf unsere Muttersprache
angewiesen. Hochdeutsch ist austausch-
bar! Dat kannste och en Düsseldorf spre-
che. Deshalb würde ich mir aufrichtig und
dringlich wünschen, dass Du, leeven Willi,
auch in Zukunft demjenigen mit Rat und
Deine Art, Sitzungen zu präsentieren,
nein, zu zelebrieren, wird noch in vielen
Jahren Gesprächsthema sein. Geradezu
meisterhaft hast Du es verstanden, dem
Karnevalisten mit Deiner Ansage „ein
wohliges Bett“ zu bereiten. Besonders
wirkungsvoll war diese Gabe bei jungen
Nachwuchskräften. Nach dem Motto
’M’r sull jo keine junge Hungk versäufe’,
wurde das Publikum auf die kommen-
de Darbietung eingestimmt und bestens
vorbereitet. Dies hatte zur Folge: Selbst
durchschnittliche Beiträge wurden vom
Saal wohlwollend aufgenommen. Jeder
Karnevalist (ich spreche bewusst nicht
von „Künstler“) fühlt sich deshalb bei der
KG UHU wohl. Eine wunderbare Schule
für Deine Nachfolger.
Tat zur Seite stehst, der die Fastelovends-
bühne als Nachwuchsinterpret betreten
möchte un däm noch esu e beßje kölsche
Schliff fählt. Du weiß jo wie et jeiht!
Su, jetz maach ich, dat ich fott kumme.
Alaaf, atschüß
un Frohes Fest, Dinge
Wicky Junggeburth
68 69
Wicky Junggeburth zu Gast bei den UHUs
Ein fröhlicher UHU-Vorstand. Mitte: Ulli Remmel
Der hochelegante,vornehme Präsident
Der UHU war in seiner Aufbauzeit stets
um Originalität und Ausbau seines Be-
kanntheitsgrades bemüht. Hierzu trugen
natürlich die schon bekannten und über
alle Grenzen hinaus beliebten Veranstal-
tungen „Boore met Mädcher un Ma-
dämcher“ sowie das Dellbrücker-Boore-
Schnäuzer Ballett bei.
Aber wir wollten auch Einzug in die guten
Stuben unserer Mutterstadt halten. Un-
sere Bemühungen wurden durch die rege
Kontaktpfl ege mit der Gastronomiefamilie
Reis für die Durchführung unserer ersten
Prunksitzung im legendären Kristallsaal,
bei dem wir die riesigen Lüsterleuchten
noch demontieren mussten, um freie
Sicht zu erhalten, belohnt. Lange vor der
Veranstaltung hatten wir mit unserem
Präsidenten Absprachen über ein vorneh-
mes Auftreten getroffen, um unser hoch-
dekoriertes Publikum zu beeindrucken.
Als besondere Ehrengäste durften wir den
Regierungspräsidenten, den Oberbürger-
meister, Stadtverordnete, den Festko-
miteepräsidenten und Ehrenpräsidenten
begrüßen. Alles lief bestens, bis wir einen
Büttenredner im FC-Outfi t mit sehr
schwacher Ausdrucksform auf der Büh-
ne hatten. Der Beifall wollte und wollte
nicht aufkommen. Aber das nicht mit
unserem Präsidenten Willi Hölzgen! Kurz,
ihm wurde das zu bunt und er animierte
das erlauchte Publikum „Ihr Boore-Klotz-
köpp, wollt Ihr wohl klatsche un Beifall
spende!“ Es war passiert, Präsident Willi
Hölzgen war in sein herzliches Tempera-
ment verfallen. Von wegen hocheleganter
Präsident! Im Nachhinein war er stets um
Nachwuchsredner bemüht
70 71
Was soll ich dem an dieser Stelle hin-
zufügen? „Nur“ fünf Jahre war es mir
vergönnt, unter unserem Präsidenten und
Ehrensenator Willi Hölzgen als Senats-
präsident zu „dienen“. Mit ansteckender
Begeisterung hat er sich für den Sit-
zungskarneval eingesetzt und hinter der
Bühne mit leuchtenden Augen von echten
Rednern, Künstlern und einem aufmerk-
samen Publikum geschwärmt. Die Gesell-
schaft und der ursprüngliche Karneval
lagen und liegen ihm am Herzen, wunder-
bar zu erleben, wie er in der ihm eigenen
Art sich selbst und auch sein Gegenüber
auf den Arm nimmt; wer das nicht ver-
steht, ist entweder kein Karnevalist oder
aber schwer von Begriff. Oder beides.
Niemals amtsmüde, auch nach fast 40
Jahren nicht, kommt Willi Hölzgen immer
wieder völlig unerwartet mit einer Pointe
um die Ecke, die den geneigten Zuhörer
überrascht und den gesamten Saal toben
lässt. Diese das Ansehen der Gesellschaft
prägende Art, gepaart mit liebenswerter
Bescheidenheit und kölschem Mutterwitz,
war und ist es, was diesen einmaligen
Menschen ausmacht. Vielen Dank für die
Bereicherung und Begeisterung, lieber
Willi, sagt Dein Senatspräsident
Georg Blum
Ulrich Remmel
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und bewunderte deren Mut. Willi Hölzgen
hat es verstanden, mit seiner unnachahm-
lichen, herzlichen und originellen Art zu
jeder Gelegenheit das Publikum zu be-
geistern. Mit vollem Recht steht ihm ein
Spitzenplatz unter allen Kölner Karnevals-
präsidenten zu. Danke - danke für all die
wunderschönen Stunden, die wir durch
Dich erleben durften. Vun Hätze Dinge
ehemaliger Senatspräsident
Präsidentengefl üster mit Gattin: Mitte Georg Blum
„ding Libblingswöötscheheiss Kölle Alaaf!“
Nunmehr elf Jahre (diese Zahl zieht sich
irgendwie durch Willis und mein Leben)
hatte ich das Vergnügen, mit Willi Hölz-
gen im Vorstand der KG UHU von 1924
e.V. Köln-Dellbrück zusammenarbeiten zu
dürfen, davon jetzt acht Jahre als
1. Vorsitzender. Meine erste Begegnung
mit Willi war außerhalb des Karnevals,
nämlich bei einer seiner, neben dem
Karneval, weiteren großen Leidenschaft,
dem Fußball. In der Jugend hatte ich Willi
eine kurze Zeit als Trainer und hier hatte
mich damals schon fasziniert, wie Willi
mit uns Jugendlichen umgegangen war.
Respektvoll, ehrlich, motivierend, aber
auch Leistung fordernd. Dies hat sich bis
heute nicht geändert. Leistung fordern,
sich für Argumente anderer begeistern,
jedoch auch Kritisches bemerken und der
Sache dienen, das zeichnet Willi noch
heute aus. Ein echter Sportsmann und
Teamplayer eben. Einmal in der Session
nimmt Willi sich die Zeit und fährt einen
Tag mit zu den Auftritten des Dellbröcker
Boore Schnäuzer Balletts. Hier zu erleben
mit welchen Worten, Gesten, Anekdoten
er die Boore im Bus zu Höchstleistungen
animiert, ist eine wahre Freude. Oder, die
monatliche Versammlung der Gesellschaft
im Vereinslokal Werk II, Marktschän-
ke Knippschild, muss man erlebt haben.
Willi zelebriert dort ein Feuerwerk an
Sprüchen und Reimen, die eine solche
Versammlung, das ein oder andere Mal zu
einer kleinen (Karnevals-) Sitzung werden
lassen. Insbesondere das kölsche Liedgut
liegt ihm am Herzen und so wird während
der Session bei den Versammlungen, auf
ausdrücklichen Wunsch von Willi, laut-
stark gesungen. Zum Leidwesen mancher
Anwesender.
Als Vorsitzender der KG UHU darf ich
mich - und ich denke, dass meine bei-
den Vorgänger im Amt, Heiner Mühr und
Dr. Bruno Wasser sich anschließen - im
Namen der Mitglieder der Gesellschaft bei
Willi bedanken für seine 40-jährige
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Spaß an der Freud: Dieter Friedmann und Willi Hölzgen
seinen Charme, seinen Witz und seine
Ideen. Er hat wesentlich dazu beigetragen,
dass sich die KG UHU zu der Karnevalsge-
sellschaft entwickelt hat, die sie heute ist
und dafür von vielen Menschen ge- und
beachtet wird. Willi, vielen Dank und
ich darf mit dem von mir umgestalteten
Refrain eines Liedes von Fritz Weber, im
Original unvergesslich gesungen von Willi
Millowitsch, enden:
„Do bes e`ne Kölsch Jung, wat willste
maache? Do bes e`ne Kölsche Jung un
deihst jään laache. Do bes och söns nit
schlääch, nä do bes brav, ding Lieblings-
wöötsche, heiss Kölle Alaaf!“
Präsidentschaft (wobei hier zu bemerken
sei, dass in all den Jahren nur ein einziger
versucht hat an seinem Stuhl zu sägen,
nämlich sein Freund Fritz Esser in Aus-
übung seiner Tätigkeit als Vereinsdiener
der Gesellschaft), seinen jahrelangen Ein-
satz für den UHU, das Schnäuzer Ballett,
die J`UHUs und die Schnäuzer Pänz, für
sein Engagement, seine Zuverlässigkeit, Dieter Friedmann
Elf gemeinsame Jahre: Willi Hölzgen und Dieter Friedmann
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Schnapszahlen brachten ihnen Glück:
Willis Geburtstag ist der 11.11. – wie
sollte es anders sein bei einem Vollblut-
karnevalisten - den 2.2.1958 nennen
die Hölzgens ihren Kennenlerntag. Am
8.8.1963 erblickte der erstgeborene Sohn
Willi das Licht der Welt, am 2.2.1967
Sohn Thomas.
„Wenn ich dat Margret beschrieve sollt,
fällt mer et esch en, dat it ene unje-
sprochene Familijeminsch es. It hät sech
immer öm alles jekümmert, et Huus, de
Pänz, dr Jade, dr Großühm. Ich kunnt
mich immer op it verloße un et wor im
nix ze vill, “ schwärmt Willi. „Wat dat
jeleistet hät!“ Täglich holte sie ihn nach
der Arbeit mit dem Auto am Bahnhof
Thielenbruch ab, dann stand das Essen
auf dem Tisch, bevor der Fußballer zum
Sport verschwand. Wenn er nach dem
Training nach Hause kam, stand oft noch
so einiges an: „Wie mer dat Huus ömbaue
däte, hät it met mir bes deef en dr Naach
jemort.“ Eine praktisch veranlagte Frau,
willensstark, engagiert und leidenschaft-
lich. Bei den Fußballspielen und den
Karnevalssitzungen war sie immer an sei-
ner Seite. „Andersicks dät it mich leever
om Foßballplaaz sin als wie beim Fastel-
ovend, weil et do keine Alkohol ze drinke
jov. Wann ich dann doch ens huvoll noh
Huus kom, hät it mer öhntlech de Levite
jelese, ävver allt am ander
Meddach wor et all widder jot. Dat
Margret dät nix nohdrage.“
Sein Resumee nach 48 gemeinsamen
Jahren: „Ming Frau, dat wor ne Jlöcks-
jreff. It hät alles metjemaht un wann ich
et im och nit jeden Dach sage, ich künnt
et alle Stund rofe: Danke Margret.“
„Ming Frau, dat wor ne Jlöcksjreff“
1957 kam das Sudetenland-
Mädchen Margarethe aus der Lüneburger
Heide nach Dellbrück, wo sie eine
Anstellung als Hausmädchen fand.
Bis dahin widmete Willi dem Fußball
mehr Zeit als den jungen Frauen, doch
mit dem Auftauchen dieser bildhübschen
17-Jährigen änderte sich das schnell.
Beim Tanz im Gesellenhaus sprach er sie
das erste Mal an und schon bald waren
die beiden ein Paar.
Margarethe ist die starke Frau hinter dem erfolgreichen Mann Willi Hölzgen.
„Dat Margret“ nennt er sie liebevoll und sein Resumee nach 48 Ehejahren ist
eine Liebesgeschichte: „Wie ich dat et eschte Mol gesin han’,
do woss ich, dat es et’“.
Margarethe und Willi Hölzgen - seit 48 Jahren ein Paar
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„Rainer, ne Tip: Klein, fein Saache mache, üver die die Lückcher häzhaff laache!“
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Druck:Druckerei Lohmann GmbH, Kierspe
Design, Layout und Satz:WEISS-KOMMUNIKATION,Gummersbach - Vanessa Fronius
Impressum
Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Herausgebers ist es nicht gestattet,das Buch oder Teile daraus zu vervielfältigen oder auf Datenträger aufzuzeichnen. Printed in Germany.
ISBN 978-3-00-032592-2
Die KG UHU von 1924 e.V. Köln-Dellbrück dankt...
... dem Autohaus Karst für die großzügige Finanzierung,ohne die es das Buch nicht gäbe,
... der Autorin Petra Alefeld für rund 100 Stunden Freizeit,die sie in das Projekt gesteckt hat,
... der Agentur WEISS KOMMUNIKATION für die außerordentlich günstige Erstellung von Design, Layout und Satz
... dem Fotografen Wolfgang Weiss für die „Willi“ -Serie,
... dem Fotografen Joachim Badura für die Bereitstellung von Fotomotiven aus seinem Archiv
...und allen anderen, die zum Gelingen des Buches beigetragen haben.
Herausgeber:KG UHU von 1924 e.V. Köln-Dellbrück
Verfasser:Petra Alefeld, Georg Blumund Dieter Friedmann
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Korrektorat:Reusch Sprachenservice,Friesenhagen
Un TschüssIhr Poppeköpp
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