Post on 26-Sep-2020
2018
amfori BSCI-Systemhandbuch Anhang 8
amfori BSCI – Systemhandbuch Anhang 8: Schnellbewertung anderer Überwachungssysteme 1
Anhang 8: Schnellbewertung anderer
Überwachungssysteme
Dieser Anhang des amfori BSCI Systemhandbuchs bietet amfori BSCI-Teilnehmern und ihren Geschäftspartnern eine Anleitung, wie sie im Rahmen ihres Due-Diligence-Prozesses andere Überwachungssysteme im Vergleich zum amfori BSCI-System auf zügige Weise bewerten können.
EINLEITUNG
Die amfori BSCI-Teilnehmer sollten alle Geschäftspartner in ihren Lieferketten auffordern, ihre
sozialen Werte und Prinzipien zu übernehmen. Sofern dies angemessen ist, können amfori BSCI-
Teilnehmer ihren Geschäftspartnern bei der Überwachung im Hinblick auf den amfori BSCI-
Verhaltenskodex helfen. Möglicherweise halten sich diese Geschäftspartner jedoch bereits an einen
anderen Verhaltenskodex oder wurden bereits im Hinblick auf einen anderen sozialen oder
ökologischen Standard überprüft.
Im Falle von Geschäftspartnern, die andere Überwachungssysteme befolgen, stellt sich die Frage, ob
noch ein Audit (z. B. ein amfori BSCI-Audit) erforderlich ist. Diese Frage ist relevant, da Unternehmen
verständlicherweise versuchen, ihre Ressourcen zu maximieren und für ausgewogene, kohärente
Due-Diligence-Prozesse entlang ihren Lieferketten einzusetzen.
Wenn die amfori BSCI-Teilnehmer also mit Geschäftspartnern zusammenarbeiten, die andere
Überwachungssysteme verwenden, sind sie angehalten, eine Schnellbewertung vorzunehmen, um
festzustellen, ob diese Systeme folgende Voraussetzungen erfüllen:
Vergleichbarkeit: Umfasst das System bzw. der Standard ähnliche Grundsätze und
Qualitätsgarantien wie das amfori BSCI-System?
Kompatibilität: Umfasst das System bzw. der Standard zusätzliche Aspekte, steht aber auch
nicht in Konflikt mit dem amfori BSCI-System oder setzt es außer Kraft?
Diese Schnellbewertung ist kein Ersatz für ein fachmännisches Benchmarking einer Drittpartei und
darf nicht mit Vereinbarungen zur gegenseitigen Anerkennung verwechselt werden, die amfori ggf. mit
anderen Organisationen mit ähnlichen Zielen unterhält. Sie stellt jedoch ein praktisches Instrument
dar, das CSR-Manager und Einkäufer bei der Auswahl neuer Geschäftspartner oder bei der Definition
der Überwachungsstrategie für das Geschäftsjahr unterstützt.
amfori BSCI-Teilnehmer können diese Schnellbewertung vornehmen und in ihrem privaten Bereich auf
der amfori BSCI-Plattform speichern.
DURCHFÜHRUNG DER SCHNELLBEWERTUNG
Die Schnellbewertung anderer Überwachungssysteme konzentriert sich auf zwei Hauptaspekte:
Inhalt: Die minimalen, nicht verhandelbaren Grundsätze, die alle relevanten sozialen und
ökologischen Standards abdecken sollten.
System: Es sollte minimale, nicht verhandelbare Qualität und Zuverlässigkeit garantiert
werden, die alle relevanten sozialen und ökologischen Standards erfüllen.
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Abbildung 1: Inhalt Abbildung 2: System
Die nachfolgende Tabelle dient als Vorlage und kann den amfori BSCI-Teilnehmern dabei helfen, den
Inhalt eines Überwachungssystems mit den Mindestanforderungen von amfori BSCI zu vergleichen.
Hierbei wird nicht die tatsächliche Leistung eines Herstellers bewertet, der sich an das
Überwachungssystem hält. Der Hersteller kann beispielsweise die gesetzlichen Standards für
Ruhezeiten respektieren, obwohl der Standard dieses wesentliche Element vielleicht gar nicht enthält.
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NAME DES SYSTEMS: Name des Herstellers
Datum des Vergleichs:
Durchgeführt von:
Gültig für den Hersteller bis:
Abgedeckt? Anmerkungen
ILO-Kernkonventionen
Konvention über Zwangs- oder Pflichtarbeit, 1930 (Nr. 29)
Konvention über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des
Vereinigungsrechts, 1948 (Nr. 87)
Konvention über das Vereinigungsrecht und das Recht auf
Kollektivverhandlungen, 1949 (Nr. 98)
Konvention über die Abschaffung der Zwangsarbeit, 1957
(Nr. 105)
Konvention über das Mindestalter für die Zulassung zu
Beschäftigung, 1973 (Nr. 138)
Konvention über das Verbot und Maßnahmen zur Beseitigung
der schlimmsten Formen der Kinderarbeit, 1999 (Nr. 182)
Konvention über die Gleichheit des Entgelts für Männer und
Frauen für gleichwertige Arbeit, 1951 (Nr. 100)
Konvention über Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf,
1958 (Nr. 111)
Arbeitszeiten
Reguläre Arbeitszeiten: Maximal 48 Stunden pro Woche und
8 Stunden pro Tag, mit Ausnahmen gemäß Definition der ILO
Begrenzung von Überstunden: Nach nationalem Recht und den
Merkmalen der Ausnahme, der Freiwilligkeit und von Zuschlägen
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Ruhezeit: Tägliche Ruhepausen und das Recht auf mindestens
einen Ruhetag innerhalb von sieben Tagen; es sei denn, in
einer gültigen Betriebsvereinbarung wurde etwas anderes
vereinbart
Mindestlohn
Mindestens der Mindestlohn nach nationalem Recht oder der
einer Branche auferlegte Mindeststandard
Arbeitsschutz
Durchführung von Risikobewertungen
Schulung der Arbeitnehmer
Persönliche Schutzausrüstung (PSA)
Chemikalien
Unfall- und Notfallverfahren
Elektrizität
Brandschutz
Fluchtwege und Notausgänge
Maschinen- und Fahrzeugsicherheit
Erste Hilfe
Arbeitsplatz, soziale Einrichtungen, Unterkunft
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Integrität
Mindestaufwand: Das Sozialaudit erfordert mindestens einen
Mann/Tag (8 Stunden x ein Auditor).
Dauer: Die Dauer des Audits muss im Auditbericht vermerkt sein.
Gültigkeit: Das Zertifikat oder die Sozialbilanz darf nicht älter als
12 Monate sein.
Verifizierung: Das Sozialaudit umfasst die Überprüfung von
Unterlagen, Befragungen von Arbeitnehmern und die
Besichtigung der Produktionsstätte.
Korrekturmaßnahmen: In dem Bericht des Sozialaudits sind die
Ergebnisse beschrieben und Fristen für die erforderlichen
korrigierenden Maßnahmen festgesetzt.
Zertifikate: Die Auditberichte müssen weitere Erläuterungen zu
den Ergebnissen enthalten
(z. B. reicht es nicht aus, nur JA/NEIN-Antworten oder
Antworten über Grafiken oder Ampeln bereitzustellen, ohne
dass weitere Details angegeben werden)
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Standardisierter Bericht: Der Sozialaudit verwendet einen
standardisierten Bericht, der Informationen enthält, die laut der
neuesten verwendeten Version aktuell sind.
Kompetenz
Zweite Partei: Es muss sich mindestens um ein Zweitparteien-
Audit handeln, da Selbstbewertungen nicht als ausreichend
angesehen werden können.
Qualifikationen des Auditors: Das System muss die
Mindestanforderungen an die Kompetenz des Auditors
festlegen.
Aktualisierungen: Das System muss über Mechanismen
verfügen, mit denen sichergestellt wird, dass Auditor und/oder
Audit-Firmen regelmäßig über Neuerungen eines Systems
informiert werden.
Governance
Revisionsvorgang: Das System muss über einen strukturierten
Überarbeitungsprozess verfügen, für den als Mindeststruktur
Schritte definiert sind und eine zuständige Person festgelegt
wurde.
Transparenz: Die Führung des Systems muss transparent sein
(z. B. anhand eines Organigramms auf der Website).
Jährliche Updates: Die Tätigkeiten und/oder Ergebnisse des
Systems müssen jährlich aktualisiert und zur Verfügung gestellt
werden.
Nach Abschluss der Schnellbewertung muss der amfori BSCI-Teilnehmer entweder eine zeitnahe
Entscheidung (z. B. „ausnahmsweise und für diesen einen Hersteller erkenne ich an, dass dessen
Arbeit diesem Standard entspricht“) oder eine strategische Entscheidung (z. B. „eigentlich führe ich
keine amfori BSCI-Audits für Hersteller durch, die mir einen gültigen Auditbericht für diesen Standard
vorlegen können“) treffen.
In beiden Fällen sollte der Hersteller den amfori BSCI-Verhaltenskodex unterzeichnen, um die
Umsetzung der amfori BSCI-Werte und -Prinzipien entlang der Lieferketten zu unterstützen. Siehe
Anhang 10: Kaskadierende Umsetzung von amfori BSCI entlang der Lieferkette.
EINSEITIGE ANNAHME EINES ANDEREN ÜBERWACHUNGSSYSTEMS
Die Entscheidung, einseitig ein anderes Sozialstandardsystem zu akzeptieren, um doppelte Audits zu
vermeiden (ob ad-hoc oder strategisch), wird vom RSP-Träger getroffen und sollte alle 12 Monate
erneut aufgegriffen werden.
Da der RSP-Träger den amfori BSCI-Auditzyklus für seine Hersteller unterstützt, verlassen sich die
anderen amfori BSCI-Teilnehmer, die mit diesen Herstellern verbunden sind, auf die Entscheidung des
RSP-Trägers. Es ist daher wichtig, dass der RSP-Träger Aufzeichnungen pflegt, die seine
Entscheidung begründen. Hier einige Beispiele:
Gültiges Zertifikat und gültiger Auditbericht
Gültiger Abhilfemaßnahmenplan oder entsprechendes Dokument
Aktuelle Schnellbewertung oder entsprechendes Dokument
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Diese Dokumente können in den privaten Bereich der amfori BSCI-Plattform für den betroffenen
Hersteller hochgeladen werden.
Unabhängig von der Entscheidung wird empfohlen, dass der RSP-Träger ein Herstellerprofil erstellt
(sofern noch nicht auf der amfori BSCI-Plattform vorhanden) und dafür sorgt, dass der Hersteller den
amfori BSCI-Verhaltenskodex mit den relevanten Terms of Implementation unterzeichnet. Auf diese
Weise hat der Hersteller Zugang zum:
Online-Abhilfemaßnahmenplan: So kann der Hersteller alle verbundenen amfori BSCI-
Teilnehmer über seinen Fortschritt informieren.
amfori Academy: Hier kann der Hersteller alle relevanten Kurse auswählen und abschließen,
um seine Kenntnisse und Kompetenzen zu erweitern.
ANFECHTUNG DER ENTSCHEIDUNG DES RSP-TRÄGERS
Die Entscheidung des RSP-Trägers, das Audit mit einem anderen Überwachungssystem als
gleichwertig mit dem amfori BSCI-Audit zu akzeptieren, kann von jedem anderen verbundenen
Teilnehmer angefochten werden, der ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Gleichwertigkeit oder
Qualität dieses Sozialstandards hat. Diese ernsthaften Bedenken können auf Folgendem basieren:
Berufserfahrung: Der verbundene Teilnehmer hat dem Hersteller beispielsweise einen
Besuch abgestattet und schwerwiegende Defizite bei der Sozialleistung erkannt.
Position der Stakeholder: Beispielsweise haben relevante NGOs in dem Land oder in der
Region, in dem/der der betreffende Teilnehmer tätig ist, ernsthafte Bedenken hinsichtlich der
Glaubwürdigkeit des betroffenen Standards geäußert.
Anschuldigungen: Beispielsweise gab es im Zusammenhang mit dem
Beschwerdemechanismus des verbundenen Teilnehmers oder mit dem amfori BSCI-
Beschwerdemechanismus Vorwürfe hinsichtlich gewisser Standards oder des betreffenden
Herstellers.
Diese oben genannten Fälle gelten auch für Hersteller auf der amfori BSCI-Plattform mit einem
gültigen SA8000-Zertifikat.
Bevor die RSP-Entscheidung angefochten werden kann, muss der betreffende Teilnehmer folgende
Schritte unternehmen:
Den RSP-Träger über die amfori BSCI-Plattform kontaktieren. Der RSP-Träger kann dem
betreffenden Teilnehmer zusätzliche Informationen zukommen lassen oder seinen Ansatz
überarbeiten und daraufhin ein amfori BSCI-Audit beantragen.
Seine Bedenken gegenüber dem amfori-Sekretariat äußern: Im Falle von
Meinungsverschiedenheiten kann der betreffende Teilnehmer seine Bedenken unter
Verwendung des amfori-Beschwerdemechanismus vorbringen. Nach dem Verfahren des
amfori-Beschwerdemechanismus beurteilt das amfori-Sekretariat die Zulässigkeit des Falls
und unternimmt alle notwendigen Schritte. Zu diesen Schritten kann die Klassifizierung des
Falls als Notfall gehören. In einem solchen Fall werden alle verbundenen Teilnehmer
informiert und aufgefordert, sich gemeinsam um eine Lösung des Problems zu bemühen.