„Vorwärts zu Bruckner“ - WordPress.com · 2017. 7. 21. · Bruckner-Schüler Gustav Mahler...

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  • 16 Montag, 16. Jänner 2017Kultur

    Würde sich über den Niedergang des nach ihm benannten Hauses wundern: Anton Bruckner

    „Vorwärts zu Bruckner“Über fehlende Begeisterung des Managements fürs Brucknerfest — Anspruch und Möglichkeiten

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    Von Manfred Pilsz

    Der bevorstehende Wechselauf der Kommandobrückeunseres in die Jahre gekom-menen Musikkultur-Flagg-schiffs Brucknerhaus sorgtwieder einmal für mehr oderweniger Sinn stiftende Wort-meldungen. Viele davon sindals Fragen oder — schlimmernoch — als schlagwortartige,meist negativ besetzte Ant-worten verpackt. Da wird inVerbindung mit einem Bruck-nerfest, das pausieren sollte,von Klangwolken gespro-chen, die sich längst überlebthätten und eingestellt werdensollten — ohne sofortigenEinspruch, dass diese Wolkeja eigentlich dem Dunstkreisder Linzer Ars Electronicaentsprungen ist.

    Abbruchstimmung

    Als im ersten Ars-JahrzehntWalter Haupt noch als Wol-ken-Supervisor das Klangex-periment evolutionär betreuteund nicht jeder Wölkner beiNull beginnen musste, botsich dieser Fixpunkt im Kul-turgeschehen günstiger undkünstlerisch effektiver dar.Was ist geblieben von derkulturellen Linzer Aufbruch-stimmung der Siebzigerjahre,aus der dieses nunmehr un-geliebte Fest und die Ars ent-sprungen sind? Jetzt sieht eseher nach Abbruchstimmungaus. Ein fröhliches „Linz lebtauf“ ist der Tristesse einesdrohenden „Linz gibt auf“ ge-wichen. Institutionen pro-grammieren mit einem immerdickeren Sparstift und demAuftrag, dass weniger Geldfür gleiche Qualität und Aus-lastung reichen muss.Die „Klassik-Wolke“ wurde

    zum „Stehkonzert“ im Saal ...Im Tennis würde man voneinem Doppelfehler spre-chen, denn ursprünglich wardie Idee der Wolke „Musikim offenen Raum“ — alsoeine Übertragung in den Do-naupark als kühnes Klangex-periment und natürlich als„Kultur für alle“.Noch billiger käme es, würdeBruckner eine Zwangs-Pausemachen — manche wün-schen sich gleich eine „Gene-ralpause“ —, ganz im Sinnevon „Brücken abbrechen“.Darin hätte man ja leiderÜbung. Zitate wie „Das ewigeAbspielen ein und derselbenSymphonien“ befeuern nurdiese Denkweise, sollen unsaber nicht aus der (bruckner-schen) Fassung bringen.Bei den „Muster-Festspielen“in Bayreuth werden seit 1876ausschließlich zehn Werke„rauf und runter gespielt“. Al-lerdings handelt es sich umMusikdramen, dafür gibt eserfahrungsgemäß mehr Publi-kum als für Instrumentales.

    Bei der Gründung 1974 hatman das Brucknerfest gezieltfern der Sommerspielkonkur-renz nach den „Großen Fe-rien“ zwischen dem Geburts-und Todestag Anton Bruck-ners angesetzt und gleich zuBeginn mit Experimentenund Werken verwandterKomponisten angereichert.

    Wo Bruckner draufsteht ...

    Nicht Frühjahrs- oder Oster-festspiele sind die Heilsbot-schaft, sondern spontaneKreativität und konsequente,verlässliche Kontinuität sindgefragt. Wo Bruckner drauf-steht, muss auch Brucknerdrin sein! Was es dazubraucht, ist u. a. ein Manage-ment, dem man die Begeiste-rung für die Sache abkauft —im wahrsten Sinne des Wor-tes. Einen Menschen, der jen-seits seiner Netzwerke —neben Geschäftssinn undKunstverständnis — Begeiste-rung für sein Tun auf andereübertragen kann und nebeneiner unverwechselbarenMarke eine Identität zu kreie-ren versteht. Da soll das Kon-zerthaus an der Donau eben-so ins Bewusstsein aller ge-holt werden wie das derzeitnicht wirklich ins festlicheGeschehen integrierte Bruck-ner-Geburtshaus mit seinemnach St. Florian führendensymphonischen Wanderweg,

    wo es seit geraumer Zeitrund um Ferragosto (Bruck-nertage Mitte August) heftig„brucknert“. Es sollte ein fei-nes Gesamtpaket geschnürtwerden, das alle oö. Gedenk-stätten, Bruckner-Orte, -Kir-chen, -Orgeln, ja -Speisenumfasst und so auch deninternationalen Brucknerfansangeboten werden kann —von Tokio bis Connecticut(USA), wo 2016 der traditio-nelle „Brucknerathon“ wie je-des Jahr im September statt-fand. Das Bruckner Orchesterbringt sich dabei als künstle-rischer Botschafter im In- undAusland sowie medial ein.Anton Bruckner Institut Linzund Bruckner-Uni könnendie wissenschaftliche Doku-mentation bereitstellen unddie Erstellung von Literaturzum Thema (auch breiten-wirksam) ermöglichen.Der designierte Direktor derStaatsoper, Bogdan Roscic,reüssierte bei seiner Bestel-lung mit dem Konzepttitel„Vorwärts zu Mahler“ — vonBruckner-Schüler GustavMahler stammt das Zitat:„Tradition ist die Weitergabedes Feuers und nicht die An-betung der Asche.“ Brucknerselbst war ein aufgeschlosse-ner Neuerer, mit dem es dieAschenhüter nicht immer gutmeinten und so kann es fürLinz und sein Fest nur lauten:„Vorwärts zu Bruckner“.

    Kulturvermittler macht sich GedankenMedienpädagoge Manfred Pilsz war Lehrer am Bundereal-gymnasium Fadingerstraße in Linz und hat seit 1974 jedesBrucknerfest, ab 1979 jede Klangwolke und Ars Electroni-ca besucht. Ein Schüler von Pilz, der Kulturentwicklungs-plan Linz, Stadt- und Landeskulturbeirat mitgestaltet hat,war etwa der ORF-III-Chef Peter Schöber.