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03.03.2016
BEM, A.Sommerfeld, gemeinsame Fortbildungsveranstaltung für Betriebsärzte
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) mit Fallbeispielen
Das ist ein weites Feld…………….!!
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Theodor Fontane in Effi Briest, 1895
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Gliederung
(1) rechtliche Grundlagen
(2) Ziele BEM
(3) die Beteiligten
(4) Betriebsärzte im BEM
(5) Ablauf BEM
(6) Beispiele
(7) Internetlinks
(1) Rechtliche Grundlagen
• § 84 Abs. 2 SGB IX
• seit 01.05.2004 alle AG sind verpflichtet, unabhängig von der
Beschäftigtenanzahl
• Anspruch - AU Zeiten von 6 Wochen
• BAG 12.07.2007 2AZR 716/06 BEM gilt für alle Beschäftigten
(Angestellte, Beamte, …, mit / ohne Schwerbehinderung …)
• unabhängig von der Erkrankung oder deren Ursache
• Freiwilligkeitsprinzip, keine Nachteile bei Ablehnung
• betriebliche Interessensvertretungen sind zu beteiligen
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(1) Rechtliche Grundlagen
• keine rechtlichen Sanktionen lt. SGB IX für AG wenn kein BEM
• BAG: krankheitsbedingte Kündigung = letztes Mittel, vorher
müssen andere Möglichkeiten ausgeschöpft werden,
Nachweispflicht hat AG
• AG muss über die Ziele des BEM und über Art und Umfang der
hierfür erhobenen Daten aufklären
• kein Anspruch des AN auf Rechtsbeistand im BEM-Verfahren
• AN muss nicht offenbaren woran er erkrankt ist (§3 Abs.3 BDSG)
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Rechtliche Grundlagen
Bsp. um Datenschutz zu gewährleisten
• Operationen an Knie / Schulter … Leistungseinschränkung:
kein Heben / Tragen über 25 Kg, keine Überkopfarbeiten
• Wirbelsäulenerkrankung längeres Sitzes ist zu vermeiden,
wechselnde Tätigkeiten
• schwere Erkrankung / Tod eines Familienangehörigen
verminderte Konzentrationsfähigkeit bei der Arbeit
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(2) Ziele des BEM
• Überwindung der Arbeitsunfähigkeit
• erneuter Arbeitsunfähigkeit vorbeugen
• Erhalt und Sicherung des Arbeitsplatzes, Verhinderung Alo oder
EM-Renten
• zzgl. wirtschaftlicher Nutzen und Erhalt qualifizierter Arbeitskräfte,
geringere Lohnfortzahlung, Motivation
• BEM-Gespräch ist kein „Krankenrückkehrgespräch“
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(3) Die Beteiligten
• § 84 II SGB IX: Arbeitgeber hat zu klären „wie die AU möglichst
überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter AU
vorgebeugt werden und der Arbeitsplatz erhalten werden kann“
• AG kann BEM auf BEM-Beauftragte delegieren
• Personalsachbearbeitung (Ermittlung AU-Zeiten)
• Arbeitnehmer, ggf. gesetzlicher Vertreter
• betriebliche Interessensvertretung (mit Zustimmung des AN)
• Schwerbehindertenvertretung
• Werks- oder Betriebsärzte
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(3.1) interne Partner bzw. Fachleute
• Führungskräfte
• Fachkraft für Arbeitssicherheit, Ergonomie
• Suchtberater
• Personalabteilung (organisatorische Maßnahmen)
• …
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(3.2) Externe Partner
• GSS, Integrationsämter (technische Arbeitshilfen, Assistenz …)
• Betriebsarzt (s.a. „Leitfaden für Betriebsärzte zum BEM“, DGUV)
• Berufsgenossenschaft (bei Arbeitsunfällen)
• Krankenkasse, MDK
• DRV, Agentur für Arbeit
• Disability Manager (z.Bsp. über Berufsgenossenschaften)
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(4) Betriebsärzte im BEM
• s. Leitfaden der DGUV
• Vergleich aus med. Sicht der AP-Anforderungen und der aktuellen
Fähigkeiten + Aussagen zum beruflichen Einsatz
• frühzeitiges Erkennen eines Reha-Bedarfes (Erstellung
Fähigkeitsprofil, ggf. Empfehlungen für zusätzl. Trainingsbedarf )
• Integrationsteam in größeren Betrieben mit Betriebsarzt
• Netzwerkbildung mit externen Partnern und Reha-Einrichtungen
unterstützen
• Anpassung des Wiedereingliederungsplanes
• med. Unterlagen bleiben beim Betriebsarzt (Datenschutz)
• Vertrauensperson AN und AG
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(5) Ablauf BEM
• oftmals Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen zum BEM
• individuelles Verfahren, kein festes Ablaufschema
ergebnisoffenes Verfahren, Suche nach angemessener
Beschäftigungsmöglichkeit, Hilfen suchen um AU zu überwinden,
Wiedereinstieg erleichtern
• Betroffener steht im Mittelpunkt aller Bemühungen
• freiwillig
• Beginn: Einladungsschreiben für pers. Gespräch (mit Ablauf
BEM, Rückmeldebogen ja/nein/später, welche Beteiligte)
• Fallbesprechung / Situationsanalyse, Festlegung von
Zuständigkeiten
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Ablauf BEM
• konkrete Maßnahmen entwickeln (einzelfallbezogen
Arbeitsplatzanalyse, med. Berichte, Schilderungen / Sorgen /
Vorstellungen Betroffene, Gefährdungsanalysen …)
• Maßnahmen: TOP Technisch, Organisatorisch, Personell
• mögliche Maßnahmen klären (Teilnahme an med. Reha-Maßnahmen,
ABE, Arbeitsplatzanpassung, Aus- und Fortbildung), ggf. weitere
Beteiligte einbinden (s.o. Punkt 3)
• Maßnahmen vereinbaren = Eingliederungsplan (s. BMAS EIBE P8)
• Maßnahmen umsetzen
• Folgegespräche ggf. Anpassung / Änderung, Nachhaltigkeit
• Dokumentation, Systematisierung des BEM
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(6) Fallbeispiel 1
allgemeines Verfahren VBG BV Erfurt für einfache technische
Maßnahmen:
•präventiv und rehabilitativ
1. Computermaus - Vertikalmaus re/li
2. Bürostuhl (ceto comfort)
3. höhenverstellbarer Arbeitstisch
4. Fußstütze
5. Handballenauflage für Tastatur oder Maus
darüber hinaus Einzelfallentscheidung, teils HV,
mit Arzt / Amtsarzt, z.Bsp. Recarositz
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Fallbeispiel 2 (Tätigkeit als Reha-Manager VBG)
• Trainerin Dt. Alpenverein, Hauptberuf: Angestellte öD Hochschule
• 2014 Sturz bei Ausb.-veranstaltung (Übungsklettern in der Halle)
• instabile LWK 3 Fx (Verlegung Spinalkanal, Fx Tibiakopf + Fersenbein)
• stationäres HV (WK-Ersatz) + amb. Reha bis Juli 2015 (VB ohne
Hilfsmittel, Schmerzen beim Laufen, Treppensteigen, Sitzen …, berufl.
Belastung max. 2-3 Std.)
• ärztl. Empfehlung: ABE (4 Wochen; 3-4-5-6 Stunden/tgl.), ggf.
Arbeitsplatzanpassung, Vermeidung überwiegend sitzender Tätigkeiten
• AG bietet BEM-Gespräch Vers. wünscht Anwesenheit VBG
• BEM Gespräch August 2014 (Führungskraft, BEM-Beauftragter, Vers.,
VBG als Reha-Träger + CDMP), Darstellung der Probleme, Prognose,
Perspektiven, Maßnahmen, begleitende Therapien Vereinbarung der
Maßnahmen)
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Fallbeispiel 2
• Festlegung der Verantwortlichkeiten
1. AG: org. + setzt ABE um, klärt Möglichkeiten der Arbeitsplatzanpassung
(Anbieter, Kosten, ggf. vorhandene Hilfen, begrenzte finanz. Mittel)
2. Versicherte: Umsetzung ABE nach med. Vorgaben, ärztliche
Konsultationen bei ABE, testet Hilfen vor Ort aus, regelt / strukturiert bereits
im Rahmen der ABE ihre Arbeit neu (Cave: überwiegend sitzende
Tätigkeiten sind zu vermeiden), bei Problemen sofort Info an AG, Arzt, VBG
3. VBG: Kostenzusage ABE (VG, Fahrtkosten, Arztbesuche …), Hilfe bei
notwendiger Arbeitsplatzanpassung (Bürostuhl – volle Kostenübernahme,
Zuschuss zum höhenverstellbaren Tisch / Stehpult)
• im Verlauf Probleme bei der Steigerung Arbeitszeit Reha-Planung Arzt +
Anpassung Eingliederungsplan, langsamere Steigerung +1 Stunde alle 14
Tage + begleitende Therapien (KG …), Info an AG durch VBG und
Vereinbarung Änderung Eingliederungsplan
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Fallbeispiel 2
• AF 03.10.2014
• AG konnte keine dauerhaften Hilfen stellen (Tisch, Stuhl …)
• VBG org. über Hilfsmittelanbieter geeigneten Tisch + Stuhl
(welcher 4-6 Wochen getestet werden konnte)
• mehrfache folgende Kontakte (telefonisch, persönlich) Arbeit ist
dauerhaft möglich, Hilfsmittel sind i.O., Arbeitsstruktur ist
angepasst (wechselnde Tätigkeiten)
Anmerkung: Frage Vers. (im Rahmen der letzten Reha-Planung) zur weiteren
Möglichkeit des Bergsteigens dringender Rat des Chefarztes: NEIN
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Fallbeispiel 3
• Mitarbeiter/in VBG (seit 2010), SoFa + Fortbildung
• Erkrankung ab 02.02.2015 (F-Diagnosenkombination )
• BEM Verfahren eingeleitet April 2015 (Anschreiben) auf Grund
Dauer und Umfang HV zurückgestellt, Eingliederung z. Zt. nicht
absehbar bzw. planbar
• weiteres BEM Gespräch September 2015 mit BEM-Beauftragten
zum Hause, Ziel: Planung / Umsetzung ABE nach wesentlichen
Vorgaben des Hausarztes
• Oktober 2015 Gespräch mit Führungskraft zur Umsetzung ABE
am bisherigen Arbeitsplatz (8 Wochen, Staffelung 1 Mo 4 Std- + 1
Mo 6 St. und Reduzierung der Fallzahl), mit Mentor (Kollegin, sitzt
im selben Büro, Tätigkeit dito)
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Fallbeispiel 3
• Beginn ABE November mit 4 Std. tgl., Dezember 2015 6 Std.
tgl., zunehmende Probleme im Dezember 2015
• weitere Gespräche im Dezember 2015 (mit betroffenen
Mitarbeiter/in, der Führungskraft, im BEM-Team), in 10 Tagen ca.
6 Stunden reine Gesprächszeit + Dokumentation
• Problem: Aufgabenbereich unter Berücksichtigung Krankheitsbild
zu komplex - med. nachvollziehbar (Bericht wurde eingeholt),
Aufgabenmenge i.O., aktuelle Tätigkeit ist nicht geeignet,
• Ziel Mitarbeiter/in: Wechsel Aufgabengebiet üFM in UB (hier
primär Ausbildung absolviert) = einfachere Bearbeitung
(standardisiert) von Arbeitsunfällen, aber deutliche Erhöhung
Arbeitsaufkommen / Fallzahl
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Fallbeispiel 3
notwendige Unterlagen vom Betroffen vor weiterem Gespräch
Führungskraft zur Prüfung Umsetzung:
• med. Bericht mit klarer Begründung zur notwendigen Umsetzung,
weitere ABE, Zeitschiene, Einbindung in lfd. Reha-Verfahren
Eingliederungsplan wurde entsprechend erstellt und vereinbart
Gespräch Führungskraft: Vorlage med. Bericht, Darstellung
Probleme, Vorstellungen / Ziele für eine dauerhafte Reintegration, AF
Führungskraft: Stellenplan, Problem Zeitschiene
(Ausschreibungen im öD, Einbindung Personalrat)
Vereinbarung: Führungskraft klärt Möglichkeiten, BEM hinterfragt in
Personalabteilung zu Möglichkeiten (Dienstvereinbarung BEM !)
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Fallbeispiel 3
weiter eine zunehmende Dynamik:
• kurzfristige Gespräche mit dem Personalrat
• Rücksprache Personalabteilung (gesonderte Möglichkeiten BEM)
• Klärung im Haus zu möglichen Wechseln von Stellen
• Gespräch mit Führungskraft Wechsel ist möglich mit verkürzter
Ausschreibung
• Ausschreibungsverfahren Ende Dezember 2015
Umsetzung im Januar 2016 (Herabsetzung in Besoldung), primär mit
ABE 6 Stunden für 4 Wochen zur Einarbeitung nach Umsetzung
Arbeitsfähigkeit umgesetzt zum 15.02.2016
(bereits geplante) Reha März 2016
Verlaufsgespräch(e) geplant, Abschlussdokumentation
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Internetlinks
www.einfach-teilhaben.de
www.dguv.de
www.bmas.de
www.bar-frankfurt.de
www.gemeinsame-servicestellen.de
www.imba.de
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Vielen Dank !
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