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Das Minimale Dokumentationssystem (MIDOS²) als deutsche Version der

Edmonton Symptom Assessment Scale (ESAS): -

Ein Instrument für die Pflege?

Dr. Stephanie Stiel

Abteilung Palliativmedizin

25. August 2011St. Gallen, Schweiz

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Hintergrund

Wiederholte Symptomerfassung ist wesentliche Voraussetzung für effektive Symptomkontrolle! ( Qualitätssicherung!)

Herausforderungen im klinischen Alltag:

- sich schnell ändernde Symptome und therapeutische Bedarfe!

- Interaktion von Behandlung vs. Krankheitsverlauf!

- Selbsteinschätzung der Patienten oft nur eingeschränkt möglich!

- mäßige Übereinstimmung zwischen Fremd- vs. Selbsteinschätzung!

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Hintergrund

Lösungsansatz:

- kurze, leicht verständliche Instrumente entwickeln!

- an Zielstichproben validieren!

- Beachtung von Verständlichkeit, Belastung, etc. !

international verfügbar:

- Memorial Symptom Assessment Scale (MSAS) (-)

- Edmonton Symptom Assessment Scale (ESAS) (+)

- etc.

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Das Instrument

Minimales Dokumentationssystem (MIDOS) seit 2000

Modul zur Selbsterfassung aus der Hospiz- und Palliativerfassung (HOPE)

speziell für Palliativpatienten konstruiert

in 2010 Entwicklung einer 2. Fassung: MIDOS²

Ziele:

- Anpassung an Symptom- und Problem-Checkliste aus HOPE

- Anpassung an ESAS zur Vergleichbarkeit im deutschen Sprachraum1) Radbruch L. et al. MIDOS Validierung eines minimalen Dokumentationssystems für die Palliativmedizin.

Der Schmerz (2000); 14(4):231–239.

2) Stiel S. et al. Validierung der neuen Fassung des Minimalen Dokumentationssystems (MIDOS²) als deutsche Version der Edmonton Symptom Assessment Scale (ESAS) für Patienten in der Palliativmedizin. Der Schmerz (2010); 24(6): 596-604.

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Das Instrument

Instruktion, Personendaten

10 (+2) Symptome/Probleme

4stufige verbale Rangskala (keine – leicht – mittel – stark)

Befindensfrage

Bemerkungen

Gründe, warum Selbsterfassung nicht möglich

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Ziel der Validierungsstudie

Wie valide (=gültig) undreliabel (=zuverlässig) erweist sich MIDOS² als Selbsteinschätzungsinstrument?

Wie hoch sind die Belastung und der Zeitaufwand für Patienten auf einer Palliativstation durch den Einsatz von MIDOS²?

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Methode der Validierungsstudie

Setting:

- August 2009 bis März 2010

- Klinik für Palliativmedizin des Universitätsklinikums Aachen

- alle zeitlich und örtlich orientierten und belastbaren Patienten

- schriftliches Einverständnis

- positives Votum durch Ethikkommission

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Methode der Validierungsstudie

Durchführung der Datenerhebung:

- Tag 1: MIDOS² dt. Fassung der ESAS dt. Fassung des EORTC-QLQ-C15pal

- Tag 2: MIDOS²

- Dauer: ca. 20-30 Minuten

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Methode der Validierungsstudie

Zusätzliche Dokumentation:

- krankheits-, personen- und therapiebezogene Angaben für jeden Studienteilnehmer im Basisbogen HOPE

- Zeit zum Ausfüllen des MIDOS²

- die durch den Patienten wahrgenommene Belastung (0–10)

- offene Fragen und Kommentare der Patienten

- subjektive Präferenz zwischen MIDOS² vs. ESAS

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Methode der Validierungsstudie

Statistische Auswertung:

- Inhaltsvalidität: Vergleich der Instrumente

- Kriteriumsvalidität: Inter-Item-Korrelationen zwischen Instrumenten

- Diskriminante Validität: Zusammenhang der Items und des Instruments mit Funktionsstatus ECOG, Pflegestufe, Zahl der Metastasierungen

- Konstruktvalidität: Faktorenanalyse zur Strukturbildung

- Test-Retest-Reliabilität: Messwiederholung

- Interne Konsistenz nach Cronbachs Alpha

- Belastung (0-10), Zeit zum Ausfüllen, Präferenz, Kommentare

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Ergebnisse der Validierungsstudie

Stichprobe:- Einschluss: 60 von insgesamt 149 stationären Patienten (40,3%)

- Ausschluss wegen: nicht klar orientiert oder nicht auf Ansprache reagierend (24,8%) schlechter Allgemeinzustand oder sterbend bei Aufnahme (18,1%) Mehrfachaufenthalt (12,1%) nicht ausreichendes Sprachverständnis (2%) Ablehnung der Teilnahme (2%) nicht belastbar (0,7%) organisatorische Probleme (0,7%)

- Alter: 23,6 - 92,4 Jahren (Mittel 64,3 ± 13,3 Jahre)

- Geschlechterverhältnis: 55% Männer vs. 45% Frauen

- 95% Tumor- vs. 5% Nicht-Tumorpatienten

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Ergebnisse der Validierungsstudie

Psychometrische Testwerte:

- Kriteriumsvalidität:

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Ergebnisse der Validierungsstudie

Psychometrische Testwerte:

- Konstruktvalidität: Hauptachsenlösung mit obliminer Rotation

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Ergebnisse der Validierungsstudie

Psychometrische Testwerte:

- Diskriminante Validität: Summenwert MIDOS² x Zahl der Metastasierungen: p = 0.048

- Test-Retest-Reliabilität: r = 0.688 (Items in MIDOS²); r = 0.573 (Befinden)

- Interne Konsistenz: α

= 0.723 (an T1); α

= 0.791 (an T2)

- Belastung (0-10): im Mittel 1,1 ± 2

- Zeit zum Ausfüllen: 2,4 ± 1,5 Minuten (Bereich 1-7 Minuten)

- Präferenz MIDOS² 61,7% vs. ESAS 30%; (8,3% Enthaltung)

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Diskussion

mehrheitlich subjektive Präferenz von MIDOS²Selbsteinschätzung leicht verständlich und durchführbar empfunden

vereinfachtes Antwortniveau als bei ESAS mit kategorischen Skalenerleichtert Anwendung bei Patienten mit reduzierter Funktionsfähigkeit

geringe Korrelationen Fremdeinschätzung vs. Selbsteinschätzungbestätigt die Bedeutung der Selbsterfassung

mittlere Test-Retest-Reliabilitätkeine übereinstimmende Messung; Instrument fähig geringe Veränderungen abzubilden und sensitiv auf Veränderungen zu

reagieren

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Diskussion

zufrieden stellende interne Konsistenz wichtiger Beitrag aller Items zum Messziel keine Kürzung notwendig

3 Faktoren als Indikatoren für - ´existenzielles und psychosoziales Leid` - ´Ausmaß der körperlichen Beschwerden` und - ´Fortschreiten der Erkrankung`

aus der klinischen Perspektive nachvollziehbar

3 nicht identische Faktoren, aber nicht völlig separierte Konstrukteglobales, übergeordnetes Konstrukt = Messintention

geringer Zeitaufwand, geringe Belastung; hohe Beteiligunggute Machbarkeit und Durchführbarkeit

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Schlussfolgerungen - Ein Instrument für die Pflege?

im klinischen Alltag leicht verständlich, selbstständig durchführbar

Belastung der Patienten durch wiederholtes Ausfüllen gering

hohe Präferenz von MIDOS² im Vergleich von Instrumenten

nur wenige Patienten konnten keine Selbsteinschätzung leisten

Empfehlung:

- MIDOS² zur regelmäßigen bis hin zur täglichen Selbsterfassung nutzen

- rasche Veränderung des Befindens z. B. nach stationärer Aufnahme mit

kurzfristigen Kontrollen möglich

- wichtiger Satz an Symptomen und Problemen abgebildet

- wertvolle Ergänzung zur Fremdeinschätzung des Behandlerteams

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

&

Viel Erfolg bei Ihrer weiteren Arbeit!