Das Unterrichtsexperiment im Urteil der Lehrer...Motivation des Lehrers werden als notwendige...

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Das Unterrichtsexperiment im Urteil der LehrerErgebnisse einer Lehrerbefragung zur Durchführung von Experimenten im Grundschulunterricht

Von Maria-Anna Bäuml-RoBnagl in Regensburg

I. Zur Problemstellungder Untersuchung

11. Anliegen und Typusder Lehrerbefragung

Ein Blick zurück in die Geschichte des Experi­ments im Schulunterricht macht deutlich, daßdas Experimentieren immer wieder als zweck­mäßige Methode des Unterrichts, insbes. desnaturwissenschaftlichen Anfangsunterrichts,betrachtet wurde (vgl. u. a. die mit Beispielenaus der Methodengeschichte belegte Darstel­lung in Bäuml 1979 und Schäler 1970). Im letz­ten Jahrzehnt ist innerhalb der Reformbestre­bungen im Grundschulbereich das Postulatnach der Durchführung von Experimenten imgrundlegenden Sachunterricht unüberhörbargeworden. In den "Empfehlungen zur Arbeit inder Grundschule" hat die "Ständige Konferenzder Kultusminister der Bundesrepublik (DEUT­SCHER BILDUNDGSRAT I KMK v. 2. 7. 70, Ab­schnitt 111, 2.3) einen sachlich ausgerichtetenGrundschulunterricht gefordert und darin u. a.die "Einführung von kindgemäßen Experimen­ten zur Klärung nicht durchdachter Erscheinun­gen und Zusammenhänge und zur kritischenDurchleuchtung kindlicher Theorien, Suchenund Erproben experimenteller bzw. theoreti­scher Lösungen durch die Schüler" empfohlen.So ist das Experimentieren nahezu in allen neu­eren Richtlinien und Lehrplänen als eine zentra­le fachgemäße Arbeitsweise im (naturwissen­schaftlichen) Grundschulunterricht angeführtund dem Schulpraktiker nachdrücklich empfoh­len.An der in kurzer Zeit auf den Lehrmittelmarktkommenden Flut von Medienproduktionen fürden Schulunterrricht - insbesondere wieder­um für den naturwissenschaftlichen Sachunter­richt der Grundschule - ist kein Grundschul­lehrer vorbeigekommen. Experimentiermateria­lien und entsprechende schriftliche Begleitma-

Theoretische Annahmen bzw. Einsichten übereinen Sachverhalt und die praktische Verwirkli­chung klaffen oft weit auseinander. Dies gilt inbesonderem Maße für das Verhältnis von Unter­richtstheorie und Unterrichtspraxis. Die prakti­sche Wirksamkeit einzelner Unterrichtsmetho­den ist in hohem Maße abhängig von den Ein­stellungen und Werthaltungen der einzelnenLehrkräfte gegenüber den jeweiligen Unter­richtsmethoden .In der vorliegenden Befragung wurden die Er­fahrungen, Meinungen, Einstellungen und Ein­schätzungen der Lehrkräfte zur methodischenund didaktischen Effektivität des Unterrichtsex­periments eruiert. Auch die Verwendungshäu­figkeit, schulorganisatorische bzw. materialeBedingungen oder Gewohnheiten bei der Durch­führung von Experimenten im Unterricht sollten

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terialien haben umfangreiche Anregungen zumExperimentieren im Sachunterricht der Grund­schule geliefert. Trotzdem ist die Einstellungder Lehrkräfte zum Experimentierunterrichtnicht vorbehaltlos positiv, vielmehr werdennoch effektivere didaktische Hilfsmittel gefor­dert. So klagt z. B. ein Lehrer im 13. Dienstjahr:"Viele Versuche, die in Lehrbüchern beschrie­ben werden, sind zu wissenschaftlich und we­nig kindgemäß angelegt. Oft sind die Versucheauch zu lang und zu ausführlich. Konzentrationund Aufmerksamkeit der Kinder halten nicht solange durch". Auf die Frage, ob didaktische Hil­festeilungen und Forschungen zum Experimen­tieren im Unterricht notwendig sind, antwortetein Lehrer im 6. Dienstjahr: "Nur dann, wenn sieHilfsfunktion im Sinne der Lernfähigkeit desKindes anzielen und nicht "autonom" wissen­schaftlich ohne Blick auf das Grundschulkindzur umfassenden Selbstdarstellung werden, dasonst ein erneuter Impuls für den falsch ver­standenen und einseitig geförderten Sachunter­richt als "Mini-Universität" gerade den "bravenLehrerbeamten" Handlangerdienste zu einemnoch größeren Hiatus zwischen Kind und 8toffleisten und sich das Karussell der permanentenLehrplan- und Methodenrevision über die Köpfeder Kinder hinweg munter weiterdreht". Ande­rerseits fordern die Lehrkräfte aber auch einepermanente "Weiterentwicklung mit dem Zielder Vereinfachung im Hinblick auf Zeiterspar­nis, größtmögliche Ausrichtung auf die Zieledes Lehrplans und entsprechenden Nieder­schlag in den Unterrichtsmaterialien (Lehrbü­cher, Arbeitsblätter, Overheadprojektor­folien ...)".

ermittelt werden, um praxisnahe Aussagen zurPraktikabilität und didaktisch-methodischen Ef­fektivität des Experimentierens im Unterricht zuerhalten.

1. Zweck der schriftlichen Befragung der Lehr­kräfte, die in Form einer Fragebogenerhebungan die U,nterrichtenden im dritten und vierten8chülerjahrgang hinausgegeben wurde, war die• Ermittlung von didaktisch-methodischem Er­fahrungswissen zur Effektivität der Durchfüh­rung von Experimenten im Grundschulunter­richt

• Ermittlung von Einstellungen der Lehrkräftezum Experimentieren im Unterricht

• Ermittlung von Erfahrungsdaten hinsichtlichder Häufigkeit und Art der Durchführung vonVersuchen im Sachunterricht der Grundschule.

2. Die Formulierung der Fragestellungen an dieLehrkräfte wurde nach folgenden drei Frage­aspekten vorgenommen:• Häufigkeit und Art der Durchführung von Ex­perimenten im Grundschulunterricht (vgl. dieFragestellungen 1,2,3,4,5,6,7,8,9,14,24)• Einschätzung der didaktischen Funktionender experimentellen Unterrichtsform (vgl. dieFragesteil ungen 10, 15, 16, 17, 19, 20, 22, 23)• Schülerorientierte Fragestellungen (vgl. dieFragesteil ungen 11, 12, 13, 18, 21).3. Zu den Fragetypen ist anzumerken:• Fragen die mit einem Dreieck gekennzeich­net sind:• Bei diesen konnten mehrere Antwortmäg­lichkeiten angegeben werden; weil auch Ant­wortmöglichkeiten bewußt nicht angekreuztwerden konnten, wird die Beantwortungshäufig-

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keit zu den einzelnen vorgegebenen Möglichkei­ten mit der Prozentzahl der relativen Häufigkeitangeführt und in Säulendiagrammen veran­schaulicht.• Fragen, die mit einem Kreis gekennzeichnetsind:Bei diesen sollten Antworten nach Rangfolgegeordnet angegeben werden; die Darstellungder Ergebnisse erfolgt hier in cross tabs, wobeijeweils auch die Durchschnittswerte (MEAN) zu­sätzlich zum Rang angegeben werden.• Fragen, die nicht näher gekennzeichnet sind:Bei diesen sollte die Beantwortung durch An­kreuzen einer Antwortmöglichkeit erfolgen; dieDarstellung der Ergebnisse geschieht durch An­gabe der Urdaten bzw. der entsprechendenProzent-Zahlen und in der Veranschaulichungdurch Kreisdiagramme.

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111. Darstellung derBefragungsergebnisse

Fragebogenerhebung

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IV. Zusammenfassungder Befragungs­

ergebnisse

1. Häufigkeit und Artder Durchführung von

Experimenten imGrundschulunterricht

Alle befragten Lehrkräfte gaben an, daß sie Ex­perimente im Unterricht einsetzen (Fr. 1) unddaß sie die Versuche auch gerne durchführen(Fr. 2 und Fr. 6), insbes. im naturwissenschaftli­chen Lernbereich (Fr. 3). Erschwernisse sind da­bei der Mangel an geeigneten Versuchsmateria­lien und der relativ hohe Zeitaufwand (Fr. 9). Beider Art der Durchführung stehen Schülerversu-

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che in Gruppenarbeit und in Partnerarbeit ander Spitze, auch Lehrerdemonstrationsversu­che werden oft durchgeführt (Fr. 4). Der bevor­zugte didaktische Ort des Einsatzes ist die Erar

beitungsphase (Fr. 7), wobei die Abhängigkenvom Thema als äußerst gewichtiges Kriteriumangegeben wird und die gemeinsame Planungmit der Klasse bedeutsamer eingeschätzt wird

als das Festhalten von Schülerhypothesen (Fr.8).Als grundschulspezifische Durchführungsartwird dem Einzelversuch eine wichtigere SteI­lung eingeräumt als den Versuchsreihen (Fr.

Die Einschätzung der Lernwirksamkeit der ex­perimentellen Unterrichtsform wird von denLehrkräften sehr hoch vorgenommen (Fr. 16),wenn sie auch nahezu alle angeben, daß mitwechselnden Unterrichtsformen der beste Lern­erfolg erzielt wird (Fr. 23). Die Durchführung derExperimente bei bestimmten Fragestellungenund bestimmten Unterrichtsstoffen sowie dieMotivation des Lehrers werden als notwendigeVoraussetzungen für die didaktische Effektivi­tät angeführt (Fr. 17). Das Lernen durch Tun, dieLernmotivierung, der Wissenserwerb und dieFörderung des produktiven Denkens (Fr. 19, Fr.20), sowie insbesondere der Unterrichtsgrund-

lezu alle Lehrkräfte meinten, daß durch dasEXperimentieren im Unterricht eine positive Ein­stellung(sänderung) der Schüler zum jeweiligenUnterrichtfach erfolgt (Fr. 18), vor allem, wenndie Schüler selbst experimentieren können oderauch, wenn sie Experimente in Gruppenarbeitdurchführen dürfen (Fr. 13). Dabei werde insbe­sondere das Beobachtungsvermögen der Schü­ler geschult (Fr. 11) und die kindlichen Verstan­desfähigkeiten förderlich zum Einsatz gebracht(Fr. 12). Lernschwache Schüler würden durchdie experimentelle Unterrichtsform besondersgefördert (Fr. 21).Die von den Lehrkräften in dieser Befragung an­geführten Merkmale und Effekte der experimen-

Bäuml, M.-A.: Didaktische Funktionen des Experi­ments im Sachunterricht der Grundschule. Eine Ana­lyse des Realisationszusammenhanges zwischenden didaktischen Leitvorstellungen der Wissen­schaftsorientierung, Schülerorientierung, Umwelt-

ntierung und der experimentellen Lehr-Lern­~ategie (mit bes. Berücksichtigung des naturwis­senschaftlichen Lernbereichs). Regensburg 1977,Dissertationsdruck.Bäuml, M.-A.: Das Experiment im Sachunterricht derGrundschule. Wissenschaftsorientiertes, schüler-

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14), wobei Gegenstände aus der Umwelt desKindes weit mehr bevorzugt werden als didak­tisch aufbereitete Materialien oder technischeVersuchsmaterialien (Fr. 5).

satz der Veranschaulichung wird nach Meinungder Lehrkräfte beim Experimentieren besondersintensiv verwirklicht (Fr. 10, Fr. 22). Erstaunlichist die Einschätzung, daß die Durchführung vonVersuchen im Unterricht weit mehr der natur­wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung alsder Gewinnung eines naturwissenschaftlichenMethodenverständnisses dient (Fr. 22).Als grundschulspezifische Verfehlung der di­daktischen Wirksamkeit des Experimentierensim Grundschulunterricht werden insbesondereSpielerei und Verfrühung angeführt, wobei aberdie Hälfte der Befragten keine derartigen Be­denken haben.

teilen Unterrichtsform korrelieren weithin mitden didaktischen Zielvorstellungen, die eine un­terrichtstheoretische Analyse der experimentel­len Unterrichsform als experimentelle Lehr­Lern-Strategie ergeben hat (vgl. Bäum! 1977 undBäum! 1979). Allerdings ergibt sich bei einemgenauen Vergleich zwischen den theoretischmöglichen und den aus der Praxis angeführtenDurchführungs- und Effektivitätsmerkmalen dieForderung, daß neue bzw. zusätzliche didakti­sche Intentionen und methodische Maßnahmenfür das Experimentieren im naturwissenschaft­lichen Grundschulunterricht in einer offenenTheorie-Praxis-Diskussion zur Sprache ge­bracht werden müßten.

orientiertes, umweltorientiertes Lernen durch Experi­mentieren. Mit vielen unterrichtspraktischen Beispie­len. Prögel: Ansbach 1979.Deutscher Bildungsrat (Hg.): Strukturplan für dasdeutsche Bildungswesen. Empfehlungen der Bil­dungskommission. Stuttgart 1970.Schäler, W.: Geschichte des naturwissenschaftlichenUnterrichts. Berlin 1970.

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2. Einschätzung derdidaktischen Funk­tionen der experimen­tellen Unterrichtsform

3. Sch ü!erorientierteFragestellungen

Literatur