Das Wochenend-Magazin des Münchner Merkur Geldsegen · 2020-03-16 · Kurz nach ihrer Entlassung...

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Verantwortliche Leitung

Matthias Busch

mbusch@merkur.deTel: 089/5306-412Fax: 089/5306-8657

IMPRESSUM .........................INHALT ......................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

LEBEN

Monopol auf Gold

Deutschlands einziger

Feuervergolder. > 2

SPRITZTOUREN

Einsame Pyramide

Herrliche Skitour am Ende

des Alpbachtales. > 6

JUGENDBÜCHER

Fest der Jahreszeiten

Wir stellen ein Bilderbuch

und tolle Romane vor. > 5

JournalMünchner Merkur

Das Wochenend-Magazin des Münchner Merkur

Münchner Merkur Nr. 62, Wochenende, 14./15. März 2020

Für die EwigkeitPräparatoren, die Fische konservie-

ren, sind echte Exoten. > Seite 3

PROZESSFINANZIERUNG ............................................

ERBRECHTSSTREIT OHNE KOSTENRISIKO>> „Im Streit ums Erbe geht es oft um hohe Werte und da-mit fallen auch hohe Prozesskosten an“, betont Anton Stei-ner, Fachanwalt für Erbrecht aus München. „Geht einRechtsstreit verloren, so hat der Verlierer alles zu bezahlen:den eigenen Anwalt, den gegnerischen Anwalt und die Ge-richtskosten. Einige zehntausend Euro sind schnell er-reicht. Dabei decken die meisten Rechtsschutzversicherun-gen erbrechtliche Streitigkeiten nicht ab. Viele scheuen die-ses Kostenrisiko und verzichten daher darauf, um ihr Rechtim Erbfall zu kämpfen.“ Steiner: „Viel zu wenig bekannt ist,dass es in Fällen mit guten Erfolgsaussichten eine Lösungohne Kostenrisiko gibt. Professionelle Prozessfinanziererschießen die Kosten des Rechtsstreits vor und bezahlenauch Gericht und gegnerischen Anwalt, falls der Prozessverloren gehen sollte. Zum Ausgleich bekommen sie im Er-folgsfall einen Anteil vom Kuchen. Meist sind dies zehn bisdreißig Prozent der erstrittenen Summe.“ Der Fachanwaltweiter: „Die Beteiligung wird im Einzelfall je nach Einschät-zung der Erfolgsaussichten ausgehandelt. Dieser Kosten-anteil mindert übrigens auch das zu versteuernde Erbe,man zahlt also auch bei Einschaltung eines Prozessfinan-zierers Steuern nur auf das, was man tatsächlich auch er-halten hat.“

INTERESSANTE LINKS>> http://ee-erbenermittlung.de>> www.groll-gross-steiner.de

Mal eben ein paar tau-

send Euro erben von ei-

nem Verwandten, von

dem man nichts wusste?

Meist sind es Erben-

ermittler, die über den

unerwarteten Geldsegen

informieren.

Emigrantenlisten, Meldere-gister und Einwohnerver-zeichnisse, versuchen mit derLupe über die Jahrhunderteverblasste Schriften zu lesenund auf den Friedhöfen Grab-steine zu entziffern. Annä-hernd 1500 offene Nachlass-angelegenheiten pro Jahr be-arbeitet die von Thomas Em-rich 2003 gegründete Erben-ermittlungsfirma.Doch wie kam es zu dem ein-gangs erwähnten Fall über die150 000 Euro?Da der Erblassernicht verheiratetgewesen war,weder Kindernoch Geschwis-ter hatte undauch seine El-tern nicht mehrlebten, begabsich das Teamauf die Suchenach weiter ent-fernten Ver-wandten. Dieväterliche Seiteder Familiestammte aus Thüringen undwar recht schnell rekonstru-iert. Eine Herausforderungstellte hingegen die Ermitt-lung der mütterlichen Seitedar. Die Mutter des Erblas-sers und ihre knapp zehn Ge-schwister waren um das Jahr1900 an verschiedenen Ortenöstlich der Oder in den dama-ligen preußischen ProvinzenPommern und Westpreußengeboren worden, wie die inpolnischen und deutschenArchiven gelagerten Unterla-gen bewiesen. Zur Zeit derWeimarer Republik wurde dieFamilie im Rheinland sess-haft. „Die Nachkommen dermeisten mütterlichen Ge-schwister konnten wir dortausfindig machen“, erzähltThomas Emrich weiter.Ein mütterlicher Onkel gab

jedoch Rätsel auf. Dieser hat-te Ende der 1920er-Jahre imRheinland geheiratet. Wenigspäter ging aus der Ehe einSohn hervor. Anfang der1930er-Jahre verschwand diegesamte Familie jedoch vonder Bildfläche. Warum? DerOnkel, seine Ehefrau und ihrgemeinsamer Sohn – die El-tern beide Mitglieder derKommunistischen ParteiDeutschlands – waren nachder Machtübernahme durch

die Nationalso-zialisten in dieSowjetunion ge-flohen. Dortwiederum wur-den Onkel undEhefrau von densowjetischen Be-hörden ihrerdeutschen Her-kunft wegen inStraflager ge-bracht.Kurz nach ihrerEntlassung amEnde des Zwei-ten Weltkriegs

verstarben beide in Kasachs-tan. Nach der Trennung vonseinen Eltern bei deren Ver-haftung wurde dem zu diesemZeitpunkt noch Minderjähri-gen ein russischer Name gege-ben. Vor wenigen Jahren ist ernun in Russland verstorben.Auf sein Betreiben hin hattesich seine Enkelin jedochkurz vor seinem Tod auf dieSuche nach seiner deutschenFamilie begeben und dabeiauch ans russische Fernsehengewandt. „Auf diesem Wegekonnten wir schließlich Kon-takt zu seinen noch heute inRussland lebenden Nach-kommen aufnehmen“, freutsich Thomas Emrich.Doch wie kommt ein Erben-ermittler überhaupt an Auf-träge? In Deutschland wer-den jährlich rund 250 Milliar-

VON CHRISTINEWALDHAUSER-KÜNLEN

Es gibt Geschichten, die mansich nicht ausdenken kann.Geschichten, wie sie nur dasLeben schreibt: Da flattert einBrief ins Haus, der ein Erbe inHöhe von 150 000 Euro an-kündigt. Von einer Person,die einem völlig unbekanntist. Ist das ein übler Scherz?Oder liegt eine Verwechslungvor? Nein, wer Post von Tho-mas Emrich bekommt, darfsich tatsächlich über den un-verhofften Geldsegen freuen.Doch das Auffinden derarti-ger Glückspilze ist oft allesandere als einfach! Zum Auf-spüren eines unbekanntenErben brauchen Erbenermitt-ler detektivische Fähigkeiten,Geduld und auch Schnellig-keit. Um für die Profis interes-sant zu sein, sollte ein erheb-licher Nachlasswert vorhan-den sein. Denn Erbenermitt-ler werden auf eigenes finan-zielles Risiko hin tätig, dahermuss sich die kostenintensiveRecherche rentieren.Um die 100 Mitarbeiter, da-runter Historiker, Genealo-gen und Juristen, sind fürThomas Emrich weltweit mitdem Aufspüren ahnungsloserErben beschäftigt. Zur Re-cherche hängen sie unzähligeStunden am Telefon, verbrin-gen Tage in verschiedenenArchiven, wälzen Kirchen-,Adress- und Telefonbücher,durchstöbern Passagier- und

Trotz Online-Recherche wirdseiner Erfahrung nach die Ar-beit mit Sicherheit nichtleichter werden: Erschwerteneinst vor allem Kriege, Flucht,Verfolgung und Vertreibungdie Suche nach Menschen,erschweren heutzutage zu-sätzlich unter anderem Da-tenschutz, steigende Schei-dungs- und Wiederverheira-tungsraten und die Zunahmevon Patchworkfamilien eineRekonstruktion des Stamm-baums im Erbfall.Doch wie geht es weiter,wenn die Erbenermittler allepotenziellen Erben – in denseltensten Fällen erbt einePerson alleine das Vermögendes Verstorbenen – gefundenhaben? Sind alle Beweismit-tel beschafft, wird der Erb-scheinsantrag beim zuständi-gen Nachlassgericht einge-reicht. Der vom Gericht er-teilte Erbschein weist den Er-ben gegenüber Dritten als sol-chen aus. Erst auf dieserGrundlage kann die Erbener-mittlung im Namen der Erbendas oft verstreute Vermögen –Nachlässe bestehen meistnicht allein aus Bankkonten –zusammenziehen und unterihnen nach den gesetzlichenVorgaben aufteilen. Erstwenn die Erben ihren Vermö-gensanteil erhalten, bekommtauch der Erbenermittler seinErfolgshonorar.Könnte letztlich ein jeder aufeinen Brief von Thomas Em-rich hoffen? Selbstverständ-lich! Die Wahrscheinlichkeit,einen reichen Vorfahren zubeerben, ist allerdings nur un-gefähr so hoch wie der Sech-ser im Lotto...

den Euro vererbt und geerbt,in mehr als der Hälfte der Fäl-le sind es Immobilien. Entwe-der kommen Nachlasspflegerauf das Unternehmen zu. Al-ternativ sucht der Erbener-mittler – deutschlandweit fin-den sich ca. 50 entsprechendeFirmen – im Bundesanzeigeraktiv nach Aufträgen: DasBlatt stellt täglich um 15 Uhroffene Nachlassangelegenhei-ten, in denen die Erben unbe-kannt sind, online.Gilt das immer? Zwar ist derStaat verpflichtet derartigeFälle zu veröffentlichen,„doch erreichten beispiels-weise die Öffentlichkeit überden Bundesanzeiger von dengeschätzten 30 000 bis 40 000Fällen, in denen eine Nach-lasspflegschaft besteht, 2017nur 4521 Nachlassfälle mitungeklärter Erbfolge. Die Ju-ristin Christina Beck äußertin ihrer Dissertation von 2019gar die Vermutung, dass demFiskus unberechtigterweiseimmer mehr Erbschaften zu-fallen, obwohl ein anderer Er-be mit zumutbarem Aufwandauffindbar gewesen wäre. „Estaucht immer irgendwo einErbe auf, und wenn erst in dervierten oder fünften Generati-on“, weiß Anton Steiner.„Nur etwa 21 Prozent der Fäl-le werden über Testamenteabgewickelt, der Rest unter-liegt der gesetzlichen Erbfol-ge, was eben dann oft schwie-rige Ermittlungen auslöst“, er-läutert der Fachanwalt fürErbrecht aus München.Keine Frage, es braucht zurIdentifizierung eines Erbenneben Manpower und Wissenum historische Zusammen-hänge meist einen ziemlichlangen Atem. „Ob tragisch,spannend oder skurril:Manchmal gleicht unsere Ar-beit einem Puzzle“, be-schreibt Thomas Emrich.

Die Recherche in verschiedenen Archiven ist Alltag von Erbener-

mittlern, um unbekannte Nachlassempfänger aufzuspüren. DPA

In Geld schwimmen wie Dago-

bert Duck? Nicht unbedingt

nötig. Aber eine unerwartete

Erbschaft würde wohl keiner

ausschlagen. EHAPA

Geldsegenfür GlückspilzeSo arbeiten professionelle Erbenermittler

Bearbeiten rund 1500 offene

Nachlassangelegenheiten im

Jahr: Erbenermittler Thomas

Emrich und sein Team. FKN