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sonntagszeitung.ch | 27. Januar 2019

Das LichtdesMeeresEinmal noch wollte Janka

Reimmann das Meer sehen, bevorsie ganz erblindete. Auf

der Costa Diadema ging ihrLebenstraum in Erfüllung

Entspannung:Das Paar kenntalle Whirlpoolsauf dem Schiff

Spätes Glück:In Matthias hatJanka ihregrosse Liebegefunden

Daniel J. Schüz (Text und Fotos)

Mit einer leisen Vibration erwachtdas Schiff zum Leben. Im Innerndes gigantischen Rumpfs hat daseiserne Herz die Arbeit aufgenom-men. Und aussenbords, tief unten,klatscht die letzte der schenkel-dicken Trossen ins Hafenbecken.Die meisten der fast fünftausendPassagiere haben allerdings nochnicht gemerkt, dass die Reise be-gonnen hat. Sie genehmigen sichan einer der Bars einen ersten Apé-rol Spritz oder haben sich in eineder 1862 Kabinen zurückgezogen.

Auf Deck 10, im Heck, sind dieReimmanns unter sich, als ein wei-teres sanftes Beben durch den weis-sen Koloss fährt. «Das ist der Bug-strahler.» Matthias steht an der Re-ling und kommentiert das Manö-ver mit der Leidenschaft des Hob-by-Nautikers. «Der drückt dasSchiff von der Mole weg.» Wäh-rend die Costa Diadema langsamFahrt aufnimmt und Richtung Ha-fenausfahrt gleitet, erschallt ausden Lautsprechern auf allen19 Decks mit bombastischer Wuchtein Streichorchester: das Intro zumKlassiker «Time To Say Goodbye».

«Und das ist Andrea Bocelli»,sagt Janka Reimmann, die sich inder Musik besser auskennt als inder Nautik. «Er ist der Grösste al-ler italienischer Tenöre.» Mit bei-den Händen umfasst sie, den lee-ren Blick in den grauen Himmelgerichtet, ihren weissen Stock undergänzt: «Ausserdem ist er blind.»

Schon früh hatte der grüne Stardie Sehkraft des späteren Sängersbeeinträchtigt. Als der Bub mitzwölf Jahren von einem Ball imGesicht getroffen wurde, erblinde-te er rasch und vollständig.

«Bei mir ist das anders.» JankaReimmann legt Wert auf die zwei,bestenfalls drei Prozent Sehvermö-gen, die ihr geblieben sind.

Sie war acht Jahre alt, als sie merk-te, dass sie die Zahlen und Buch-staben, die der Lehrer auf dieWandtafel schrieb, nicht mehr er-kennen konnte. Während derFerien, als die Familie im TessinBoccia spielte, sah sie auch die klei-ne rote Kugel nicht mehr. Der Au-genarzt diagnostizierte zunächsteine Entzündung der Regenbogen-haut und verschrieb Cortison.Dennoch wurde das Gesichtsfeldzunehmend enger und trüber. Esstellte sich heraus, dass die Maku-la erkrankt war, jener Bereich imAuge, der die Sehschärfe reguliertund das Fokussieren ermöglicht.«Da gibt es keine Aussicht auf Hei-lung», bedauerte der Arzt. «Siemüssen damit rechnen, dass esvollkommen dunkel wird.»

Seit zwanzig Jahren arbeitetJanka in der Blinden Kuh

Noch ist es nicht so weit. Nochkann Janka, wenn sie in hellenNächten am Fenster steht, denVollmond als fahlen Fleck amHimmel ausmachen. «Und solan-ge das so ist», hatte sie wenige Wo-chen zuvor einem TV-Reporter insMikrofon gesprochen, «solange dieFinsternis noch nicht vollständigin mein Leben gekommen ist, habeich nur einen Wunsch: Ich möch-te auf einer richtigen Kreuzfahrteinmal noch das Meer sehen.»

Bald darauf strahlte der ZürcherLokalsender das Porträt der 44-jäh-rigen Alltagsheldin aus, die dasSchicksal der absehbaren Erblin-dung mit tapferer Haltung und tro-ckenem Humor annimmt. Dabeikann sie im Verlust des Augenlichtsdurchaus auch glückliche Aspekteerkennen. Zum Beispiel im Job: ImHerbst 1999, als die Sehbehinde-rung schon weit fortgeschritten war,gehörte Janka zum Eröffnungsteamder Blinden Kuh. Das erste Dun-kel-Restaurant derWelt im Zürcher

Seefeld ist ihr längst zu einer zwei-ten Heimat geworden. Seit zwan-zig Jahren – «Im Herbst feiern wirJubiläum» – tauscht Janka als Ser-vice-Angestellte mit den Gästen dieRollen. Im vollkommen abgedun-kelten Restaurant führen blindeMenschen sehende Gäste zu denTischen und bedienen sie.

Oder in der Beziehung: Dasspäte Glück einer frischen Liebeist für Janka ein weiterer Neben-effekt des erloschenen Lichts. Übereine Partnervermittlung für Men-schen mit Handicap lernte Jankaden vier Jahre jüngeren Matthiaskennen, an dessen Händen wegeneines Gen-Defekts je zwei Fingerfehlen. Fürs erste Date wählte Mat-thias einen Schauplatz ohneFluchtweg: Die Panta Rhei ist dasFlaggschiff der Zürichsee-Flotte.

Janka erkannte rasch: Seinezweite Liebe gilt allem, was mitSchiffen zu tun hat, die erste aberganz allein ihr. Das machte der ge-lernte Schreiner deutlich, als er ihrein selbst gebasteltes Modell derPanta Rhei in die Hände drückte.Da sei noch etwas drin, schmun-zelte Matthias, worauf ihre Fingerden versteckten Verlobungsringertasteten: Das kleine hölzerneKursschiff hatte sich als Heirats-antrag entpuppt, und selbstver-ständlich fand die Hochzeit auchauf dem Wasser statt. An Bord derStadt Uster auf dem Greifensee be-siegelten Janka und Matthias dieRomanze, die mit der Rundfahrtauf dem Zürichsee so vielverspre-chend begonnen hatte.

Und dann läutete, wenige Tagenach der Ausstrahlung des TV-Por-träts, das Telefon. Eine Frau, diesich als Abgesandte von Costa vor-stellte, wollte wissen, ob Janka jeneBemerkung über den grösstenWunsch ihres Lebens wirklichernst gemeint habe. Es wäre derReederei eine Ehre, ihr den Traum

vom Traumschiff zu erfüllen. AlsGäste an Bord des grössten Kreuz-fahrtschiffes auf dem Mittelmeerseien Janka und der Herr Gemahlherzlich willkommen.

Danach hatte sie sich gesehnt:Das Meer wird lebendig

In der dritten Nacht an Bord fin-det Janka keinen Schlaf. Nach Mar-seille und Barcelona hat die CostaDiadema die Festlandküste verlas-sen und südlichen Kurs RichtungMallorca genommen. Irgendetwasda draussen ist heute anders alssonst. Sie steht auf, geht auf denBalkon – und weiss sofort, wer ihrdie Ruhe raubt: Die Wolken habenein Fenster geöffnet und geben dieSicht frei auf den Mond. Es ist nichtder Mond, den sie von zu Hausekennt. Er steht zwar, hell und rund,am Nachthimmel, aber er ist nichtmehr so einsam, sondern legt einesilbrig glitzernde Verbindung vomHorizont bis vor ihre Füsse. Dasist es, wonach sie sich so gesehnthat: Das Meer wird lebendig.

Bis anhin hat Janka es vor al-lem gehört, als an- und abschwel-lendes Rauschen, wenn der Schiffs-rumpf durch die Wogen pflügt.Jetzt kann sie es im Mondlicht se-hen. Und morgen, da will sie dasMeer auch noch spüren.

«Wo ist der nächste Strand?»Nicht weit, sagt der Taxifahrer imHafen von Palma de Mallorca, aufder anderen Seite der Stadt. «Dortwollen wir hin, kurz nur.»

Janka Reimmann zieht Schuheund Socken aus, krempelt die Ho-senbeine hoch. Vorsichtig schrei-tet sie dem plätschernden Geräuschentgegen und nimmt, warm undweich, unter den Sohlen den Sandwahr. Die erste Welle umspült ihrenackten Füsse, die nächste klatschtschon keck gegen die Waden. Jan-ka lacht und weint zugleich. Ja, sofühlt es sich an, das Meer.

Veranstalter Gastland Partner MedienpartnerPartnermesse

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Ermässigtes SBB RailAway-Kombi.

DIE GANZE WELTAN EINEM ORT31. JANUARBIS 3. FEBRUAR 2019MESSE ZÜRICHfespo.ch

89Kreuzfahrten

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Der Hotelgigant Marriott, Mutter-firma der Nobelkette Ritz-Carlton,hatte sich schon vor 25 Jahren mitdem Kreuzfahrtmarkt beschäftigt.Konkret wurden die Pläne vor sechsJahren, als die Ritz-Carlton YachtCollection gegründet wurde.

Vor einigen Wochen stellteRitz-Carlton auf der Werft imnordspanischen Vigo nun erstmalsdie Inneneinrichtungen der Suitenan Bord vor. Die renommierteschwedische Firma Tillberg Designkreierte die Unterkünfte in hellenund grauen Farbtönen. «Wichtigwar für uns, die richtige Grösse derSchiffe zu bestimmen», sagt Dou-glas Prothero, CEO von Ritz-Carl-

tonYacht Club. «Sie sollten wie einluxuriöses Boutique-Hotel nichtmehr als 150 Zimmer haben.»

Die Ausmasse der 149 Suiten,die alle über Balkon verfügen, lie-gen zwischen 29 und 65 Quadrat-metern, zwei Owner-Suiten verfü-gen über je 102 QuadratmeterWohnfläche plus privatem Balkon.Die Muster-Suiten wurden bis insDetail gestaltet: von den Abrun-dungen der Bettkanten über Farb-töne bis zum Hightech-Lautspre-cher auf der Veranda. Und die Zah-len im Servicebereich erinnern andie Nobelhotellerie: Die maximal298 Gäste werden von 246 Besat-zungsmitgliedern betreut.

Neben einer grossen Wassersport-marina und zwei Pools sollen die192 Meter langen Schiffe vielRaum in geräumigen Lounges bie-ten. Die Gäste können unter fünfRestaurants wählen, von deneneines vom deutschen 3-Michelin-Sterne-Koch Sven Elverfeld ausdem Wolfsburger Ritz-Carlton be-treut wird. Die Ritz-Carlton-Grup-pe wird im Übrigen mit der YachtCollection ihren ersten Ausflug indas All-inclusive-Geschäft starten.

Die neuen Gäste sind schon ein-geplant: Die Mutterfirma Mar-riott Luxury verfügt über vier Mil-lionen Kundenadressen, aus denenein grosser Teil der Passagiere re-

krutiert werden soll. Douglas Pro-thero: «Die Nachfrage ist dreimalgrösser als erwartet.» Fast die Hälf-te der neuen Gäste, so der CEO,seien Kreuzfahrtneulinge.

Die Taufe des ersten Schiffesmit dem Namen Azora findet ineinem Jahr in Miami statt. Eswird dann wie sein Schwesterschiffim Mittelmeer kreuzen. WeitereReviere sind die Karibik, dieGreat Lakes oder die Gewässer vorLateinamerika. Preislich liegen dieKreuzfahrten von Ritz-Carlton inder Tarifklasse von Luxussafaris.So kostet eine siebentägige Mittel-meerkreuzfahrt rund 6000 Fran-ken pro Person. MichaelWolf

Luxusherberge auf hoher SeeDie Hotelkette Ritz-Carlton lanciert Kreuzfahrtschiffe. Das Echo ist gross

CostaDiadema:Länge306Meter,Breite 32 Meter, 4947 Passagiere,1253 Crewmitglieder, 1862 Kabi-nen, seit 2014 unter italienischerFlagge unterwegs.Arrangement: Die Rundreisedurchs westlicheMittelmeer führteineWoche lang vonSavona überMarseille, Barcelona, PalmadeMal-lorca, Palermo (ab 10. Mai 2019:Cagliari) undCivitavecchia/Romzu-rücknachSavona.Wervordem15.Februar 2019 bucht, profitiert vonder «All-inclu-Schiff»-Promotion:Innenkabine ab749Fr., Aussenka-binemit Balkon ab 949 Fr. pro Per-son inkl. Trinkgelder undGetränke-pakete. Kinder unter 18Jahrengra-tis in der Kabine der Eltern.www.costakreuzfahrten.chBlindeKuh:DasersteDunkel-Res-taurant der Welt feiert 2019 den20.Geburtstag. Täglich abendsge-öffnet, mittags Do bis Fr, Mühle-bachstrasse 148, 8008 Zürich;0444215050,www.blindekuh.ch.EineBlindeKuhgibt es auch in Ba-sel inkl. grossemEvent-Bereich imHellen, Dornacherstrasse 192,4053 Basel; 061 336 33 00

Königin des Mittelmeersund die Blinde Kuh

«Diese Reise ist mirunendlich wichtig»:

Die erblindendeJanka und ihr Mann

Matthias auf derCosta Diadema

Zwei Nächte und ein Tag liegenzwischen den Balearen und Sizi-lien, die längste Etappe auf dieserKreuzfahrt. Janka und MatthiasReimmann haben sich mit dem rie-sigen Schiff vertraut gemacht. Siewissen, zu welchen Tageszeitenund auf welchen Decks man unge-stört das Schiff umrunden kann.An der grossen Bar im Heck-Bereich gönnen sie sich auch malein Cüpli. Dann zückt Janka ihrHandy und fotografiert das Meer.«Fötele» sei ihr liebstes Hobby,lacht sie. «Matthias macht mich auf

schöne Motive aufmerksam. Wennich das Bild mit den Fingern ver-grössere und ganz nah vor die Au-gen halte, sehe ich die Heckwelle,eine Spur aus weissem Schaum,die ähnlich der silbernen Mond-lichtstrasse dort endet, wo derHimmel beginnt.»

Um das Spielcasino und dieShopping Mall machen sie einenBogen, die Fun-Bereiche und Nass-zonen mit Hip-Hop-Bühne,Rutschbahnbecken und kreischen-den Kids meiden sie, dafür kennensie mittlerweile jeden der zahlrei-chen Whirlpools, in denen manentspannen und aufs Meer hinaus-schauen kann. Und das Paar fasstdie Eindrücke der letzten Tage zu-sammen. «Ich habe immer ge-glaubt, ein Kreuzfahrtschiff sei einschwimmendes Rentnerparadies»,sagt Janka. «Tatsächlich aber ver-gnügen sich hier mindestens so vie-le Teenies wie Senioren.» «Michhat die Freundlichkeit der Crew-Mitglieder überrascht», ziehtMatthias Bilanz.

Begleitet von Andrea BocellisTenor läuft die Costa Diadema imHafen von Civitavecchia aus undnimmt Kurs auf Savona – dorthin,wo eine Woche zuvor die Reise be-gonnen hat. Auf der Tanzfläche inder Pianobar schmiegt Janka sichan Matthias. Wieder dieses Lied:«Time To Say Goodbye.» Bocellisingt diesmal die italienische Ver-sion. «Diese Reise», flüstert Jankain Matthias’ Ohr, «ist mir unendlichwichtig – ich möchte sie niemalsmehr missen, nicht für eine Mil-lion.» Der blinde Sänger singt: «Silo so che non c’è luce – ich weiss,dass es kein Licht gibt…» Und dieerblindende Passagierin sagt: «Ichwerde immer weinen müssen,wenn ich dieses Lied höre.»

Die Reise wurde unterstützt vonCosta Kreuzfahrten.