Depression, Burnout oder Krise? Warnsignale früher erkennen€¦ · 05.07.17 | 35 Frühzeichen 7...

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Depression, Burnout oder Krise? Warnsignale früher erkennen

Fachtagung Lebenslast statt Lebenslust?

Baar, 4. Juli 2017

Dr. med. Peter Gabriel, Chefarzt und Ärztlicher Direktor Seeklinik Brunnen

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Das Burnout, eine Definition

§  Ein Burnout-Syndrom (engl. burn out ‚ausbrennen‘) bzw. Ausgebranntsein ist ein

Zustand ausgesprochener emotionaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit. Es

kann als Endzustand einer Entwicklungslinie bezeichnet werden, die mit idealistischer

Begeisterung beginnt und über frustrierende Erlebnisse zu Desillusionierung und Apathie,

psychosomatischen Erkrankungen und Depression oder Aggressivität und einer erhöhten

Suchtgefährdung führt.

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Das Burnout, Symptome

Gegenüberstellung: Beschwerden Burnout vs. Depression

Burnout Syndrom

•  Emotionale Erschöpfung

•  Zynismus, Distanzierung, Depersonalisation

•  Verminderte Leistung bei der Arbeit

Depressiver Affekt und Anhedonie gehören nicht dazu!

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Depression, ICD 10

Depressive Stimmung

•  Verlust von Interesse od. Freude

•  Erhöhte Ermüdbarkeit

•  Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit

•  Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen

•  Schuldgefühle und Gefühle der Wertlosigkeit

•  Verminderter Appetit

•  Schlafstörungen

•  Suizidgedanken od. -handlungen

•  Negative Zukunftsaussichten

Mind. 2 dieser Symptome!

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Fehltage und Kosten durch psych. Störungen (2008)

Bundesweit kamen zuletzt über 31 Millionen Fehltage zusammen – und die Zahlen steigen weiter. Sie fühlen sich deprimiert und antriebslos, sind geplagt von Selbstzweifeln und Schuldgefühlen, können schlecht schlafen und verlieren den Appetit: Längst sprechen Experten von der Volkskrankheit Depression – nicht, weil die Zahl der Fälle so überwältigend wäre wie etwa bei Rückenleiden, sondern weil die Zahl der Betroffenen seit Jahren stetig zunimmt und die beruflichen Fehlzeiten extrem lang sein können - im Durchschnitt rund zwei Monate. Den volkswirtschaftlichen Ausfall schätzt TK-Chef Jens Baas mittlerweile auf rund vier Milliarden Euro pro Jahr.

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Häufigkeit

Krankenstandsdaten bei Versicherten der Barmer EK

Diagnosegruppe Verhaltens- und psychischen Störungen von 49 Berufsgruppen:

•  Ärzte 2008 mit Krankenstand von 11,55 Prozent

durchschnittliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit betrug bei ihnen 42,29 Tage

•  Gymnasiallehrer Krankenstand von 8,75 Prozent

durchschnittlichen Krankheitsdauer von 32,02 Tagen

•  "Unternehmer, Geschäftsführer und Geschäftsbereichsleiter" 13,54 Prozent

und einer Dauer von 49,57 Tagen

•  Über alle Diagnosen hatten Ärzte 2008 einen Krankenstand von 3,68 Prozent

und fehlten 13,47 Tage

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Häufigkeit

Gesundheitsreport 2009 der Barmer EK

Arbeitsunfähigkeits-Tage bei depressiven Episoden im Jahr 2008

•  Krankenpflegepersonal Durchschnitt 50,7 Tage

•  Bürokräften 44,3 Tage

•  Bankfachleuten 40,8 Tage

Aufgrund von alkoholbedingten Störungen fehlen

•  Krankenpfleger im Schnitt 53,3 Tage

•  Bürokräfte 37,3 Tage

•  Bankfachleute 29,2 Tage

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Profis und Burnout

„Burnout haben die Patienten – doch nicht die Behandler!“ „Wir haben nicht über Burnout nachgedacht, sondern einfach non-stop funktioniert“ „Am Abend habe ich gedacht, wie es wäre, wenn ich in den Graben fahre. Dann kann ich mir eine Pause gönnen“ „Burnout? Das mache ich mit mir selber aus“

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Zur Häufigkeit

Nathalie Embriaco „Maslach Burnout Inventory“ von Christina Maslach und Susan E. Jackson

Intensivstationen

Ein Drittel der Pflegekräfte und über die Hälfte der interviewten Ärzte

hatten schwerwiegende Burnout-Symptome!

Ihr anhaltend stressiger Berufsalltag und ihre hohe Verantwortung, mit häufig wechselnden hohen Anforderungen und aufwändiger Technik immer neue schwerstkranke Patienten schnellst- und bestmöglich zu behandeln, machten ihnen zu schaffen. Mit Tod, Schmerz und Trauer seien sie emotional ständig konfrontiert.

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Zur Häufigkeit

•  Ärzteschaft: Deutlich höhere Prävalenzzahlen an Erkrankungen des psychiatrischen Formenkreises als in der übrigen Bevölkerung (vgl. Juel & Mosbech et al, 1999; Frank & Biola et al, 2000; McManus et al., 2002).

•  Suizidrate: Ärzte 1-2, Ärztinnen 3-4 fach erhöht gegenüber Allgemeinbevölkerung (Schernhammer & Colditz, 2004; Mäulen, 2002 & 2005).

•  Primärversorger Schweiz: Schweres Burnout 4%; mittelschweres Burnout 32% (Goehring et al., 2005)

•  Charité Berlin: 51.4% hohe emotionale Erschöpfung; 53.8% hohe Depersonalisation; 20.2% Krankheitsausfall wegen Arbeitsüberlastung (Buehrsch et al., 2011)

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Top 10 des Produktivitätsverlustes

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Psychische und Verhaltensstörungen nehmen seit 1997 zu, während alle anderen Krankheitsarten rückläufig sind

Veränderung der Anzahl der AU-Tag von 1997 bis 2007 (in %)

-43.3

-42.8

-30.3

-26.6

-24.6

-23.5

-22.8

-18.3

43.9

-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50in %

Psyche

Neubildungen

Atemwege

Muskel/Skelett

AU-Tage gesamt

Verdauung

Haut

Kreislauf

Verletzungen

Häufigkeit

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Die Aufgabe: Work (Life)-Life-Balance

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Ablauf der Stressreaktion ohne Gesundheitsrisiko

Hammer,2010

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Aus dem Gleichgewicht: zu viel Aktivierung, zu wenig Erholung

Hammer,2010

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Vulnerabilitäts-Stress-Bewältigungs-Modell

nachBäuml,1994

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Der Weg

Hammer,2010

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Die Faktoren

Privatleben

Team

Zielgruppen

Vorgesetzte

InsBtuBon

GesellschaD

Person

Privatleben

Team

Zielgruppen

Vorgesetzte

InsBtuBon

GesellschaD

Person

Belastungsfaktoren PrävenBonsfaktoren

nachFengler,2013

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Erholungsfaktor “Schlaf”

Schlafcheck

•  Wie gut ist ihr Schlaf?

•  Schlafen Sie genug?

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Erholungskompetenz

Guter Schlaf

Ausreichend Schlaf

Im Takt mit der inneren Uhr

Erholungskompetenz

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10-15% der Bevölkerung haben …

… behandlungsbedürftige Schlafprobleme

Schlafstörungen als Frühwarnsymptom

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Schlafstörungen und Burnout hängen eng zusammen

§  Level 1 -  Level 2

-  Level 3 50% der Depressiven leiden nach Abflachen der Symptome…

…weiter unter Schlafstörungen

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Aktivierung Schädliche Schlaf- Gewohnheiten

Schlafbehindernde Gedanken

Teufelskreis

Insomnie

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Sich nicht mehr erholen können ist wie ein freier Fall

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Was sind Sie für ein Schlaftyp?

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Er bestimmt unsere Leistungsfähigkeit

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Auf Frühwarnzeichen achten!

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Symptombildung

•  Dauer

•  Intensität

•  Quantität

•  Qualität

•  Individuum - Resilienz

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Frühzeichen 1

Appetit

Verlust am Genuss des Essens, Essen war nur noch Pflichtsache, zu schnelles Essen

Geschmackssinn reduzierte sich

keine Zeit nehmen für Essenszubereitung, das musste immer schneller gehen

Das Wort Genuss gab es immer weniger

Häufigere Morgenübelkeit

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Frühzeichen 2

Unruhe und Rastlosigkeit

Schwierigkeiten, einfach mal ruhig zu Sitzen

Drang ständig was zu machen

Gefühl, man könnte was verpassen

Von Projekt zu Projekt stürzen obwohl Zeit schon knapp war

Arbeitsprozesse noch schneller und noch mehr optimiert

Über Leistung definiert --> Umsatz, Anzahl Kunden usw.

To-do Liste wurde immer länger

Keine Zeit für mich eingeräumt

Schönheit der Natur nicht mehr wahrgenommen

Langsames spazieren wurde unbewusst stressig

Kopfkino abends beim Einschlafen bei Projekten

Smartphone ständig kontrolliert

10x/ Tag Mails gecheckt

Deutlich weniger gelacht

Häufig ernster Gesichtsausdruck im Kreise der Familie

Weniger Lust am Wochenende was zu unternehmen

Jeder Termin, egal was für einer wurde zur Belastung

Sofort nervös wenn Kinder oder Frau krank war

Verminderte soziale Kontakte

Aufbrausender

Ungeduldig gegenüber Kindern

Immer weniger Zeit für Kinder, zuerst to do Liste abarbeiten

Erwartung an Frau und Kindern erhöht

Keine Zeit für mich eingeräumt

Die Situation immer positiv geredet

Bagatellen plötzlich zu viel Beachtung geschenkt

sich immer schnell über alles aufgeregt

Perfektion von andern Menschen verlangt

Starke körperliche Ermüdung

Schwindelgefühl, später dann Angstgefühl und Depression

Häufiger kleine Infekte im Rachenraum gefolgt von Pneumonie

Aerobe Leistungsfähigkeit trotz Training rückgängig

schnelle und ungewohnte muskuläre Übersäuerung bei leichten körperliche Tätigkeiten

Mehr Rücken und Nackenverspannungen

Etwas häufiger Kopfschmerzen

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Frühzeichen 3

Unruhe und Rastlosigkeit

10x / Tag Mails gecheckt

Smartphone ständig kontrolliert

Kopfkino abends beim Einschlafen bei Projekten

Die Situation immer positiv geredet

Bagatellen plötzlich zu viel Beachtung geschenkt

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Frühzeichen 4

Unruhe und Rastlosigkeit

Immer weniger Zeit für Kinder, zuerst to do-Liste abarbeiten

Perfektion von andern Menschen verlangt

Sofort nervös wenn Kinder oder Frau krank war

Erwartung an Frau und Kindern erhöht

Ungeduldig gegenüber Kindern, aufbrausender

Sich immer schnell über alles aufgeregt

Keine Zeit für mich eingeräumt

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Frühzeichen 5

Affektivität

Deutlich weniger gelacht

Schönheit der Natur nicht mehr wahrgenommen

Häufig ernster Gesichtsausdruck im Kreise der Familie

Jeder Termin, egal was für einer wurde zur Belastung

Langsames spazieren wurde unbewusst stressig

Starke körperliche Ermüdung

Schwindelgefühl, später dann Angstgefühl und Depression

Häufiger kleine Infekte im Rachenraum gefolgt von Pneumonie

Aerobe Leistungsfähigkeit trotz Training rückgängig

schnelle und ungewohnte muskuläre Übersäuerung bei leichten körperliche Tätigkeiten

Mehr Rücken und Nackenverspannungen

Etwas häufiger Kopfschmerzen

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Frühzeichen 6

Antrieb

Verminderte soziale Kontakte

Weniger Lust am Wochenende etwas zu unternehmen

Keine Erholung nach Wochenende, nach Ferien

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Frühzeichen 7

Körpersymptome

Starke körperliche Ermüdung

Schwindelgefühl, später dann Angstgefühl und Depression

Häufiger kleine Infekte im Rachenraum gefolgt von Pneumonie

Aerobe Leistungsfähigkeit trotz Training rückgängig

schnelle und ungewohnte muskuläre Übersäuerung bei leichten körperliche Tätigkeiten

Mehr Rücken und Nackenverspannungen

Etwas häufiger Kopfschmerzen

Starke körperliche Ermüdung

Schwindelgefühl, später dann Angstgefühl und Depression

Häufiger kleine Infekte im Rachenraum gefolgt von Pneumonie

Aerobe Leistungsfähigkeit trotz Training rückgängig

schnelle und ungewohnte muskuläre Übersäuerung bei leichten körperliche Tätigkeiten

Mehr Rücken und Nackenverspannungen

Etwas häufiger Kopfschmerzen

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Protektive Faktoren

Team

Achtsamkeit gegeneinander

Umgang untereinander im Team

Gemeinsame Aufgabe, Gemeinsame Vision

Fehlerkultur

Persönliche und betriebliche Psychohygiene

Berufswahl und Idealismus reflektieren: “Wir können nicht allen helfen”

Einstellung zur Selbstfürsorge

Nicht Multitasking, sondern weniger Switchen und Fokussieren

Betriebsklima (Struktur, Ökonomie, Team)

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Protektive Faktoren

Energiegeber und Energieräuber identifizieren

Fokussieren (Arbeit und Freizeit)

Powernaps

Pausenbewusstsein

Was haben Sie bisher für ihre und die Psychohygiene ihrer Mitarbeiter in ihrem Betrieb machen können?

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Stufen der Hilfsangebote

nachFengler,2013

Frühwarnzeichen:• Erschöpfung• Leistungsminderung• Rückzug

EigenerEinfluss

GesprächemitVerwandten,Freunden

Beratungsstelle,Selbsthilfegruppe

Coaching,KurzzeiVherapie

AmbulantePsychotherapie

PrävenBon

PsychosomaBscheKlinik

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Erholte Mitarbeiter

§  Erholung als Grundbedürfnis

-  Die Erkenntnis, dass Erholung nicht im Dienste der Arbeitsfähigkeit, sondern ein

Grundbedürfnis ist, ist jüngeren Datums.

-  Nach Artikel 24 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ist das „Recht auf

Erholung und Freizeit und insbesondere auf eine vernünftige Begrenzung der Arbeitszeit

und regelmäßigen bezahlten Urlaub“ ein elementares Menschenrecht.

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Erholte Mitarbeiter

§  Biologische Regeneration

-  Prozesse, die zur Wiederherstellung eines physiologischen Gleichgewichtszustandes

führen. Sie stehen immer in Bezug zu einer vorausgehenden Belastung und haben

(wieder-)versorgende Funktion.

-  Es wird zwischen zwei Phasen unterschieden. Einer Phase körperlicher oder auch

geistiger Arbeit folgt eine Phase der Erholung. So lassen sich auch Prozesse

beschreiben, die zu einem stofflichen Mangel führen, der in der Folge behoben wird.

-  Intensität und Dauer der Belastung beeinflussen den Regenerationsbedarf.

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Erholte Mitarbeiter

§  Erholung als Wirtschaftsfaktor

-  In der Soziologie hat der Ausdruck eine eigenständige Bedeutung gewonnen. Hier

versteht man unter Erholung die Zeitabschnitte, die der Wiederherstellung der sozialen

Leistung dienen.

-  In dieser Form kommt recreation ursprünglich aus dem militärischen Bereich, und hat

sich in der Zeit der Industrialisierung auf den Kontext der Arbeitskraft als wirtschaftliche

Ressource festgelegt.

-  Im Produktionsmanagement ist Erholen (Restitution) eine der zu berücksichtigenden

Ablaufarten für den Menschen.

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Offene Fragen

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit