Post on 24-Jun-2022
Beate Klösch, BSc BA
Der ökologische
Value – Intention – Action Gap
Eine empirische Untersuchung zu Diskrepanzen im
Umweltverhalten in der österreichischen Bevölkerung
Masterarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades
eines Master of Arts
der Studienrichtung Soziologie
an der Karl-Franzens-Universität Graz
Betreuer: Univ.-Prof. Mag. Dr.rer.soc.oec. Markus Hadler
Institut für Soziologie, Universität Graz
Graz, Dezember 2019
Danke
… an meine große Familie – für all eure Unterstützung auf meinem bisherigen und
zukünftigen Weg
… an meinen Partner – für deine Liebe und Zuwendung während meiner Masterarbeitsphase,
egal wie unrund ich mich fühlte
… an meine Mitbewohner – für die Klärung der wirklich zentralen Frage dieser Masterarbeit
zu Anfangs: „The question is what is the question!“
… an einen guten Freund – für deinen schwarzen Bierdeckel-Ratschlag in meiner
aussichtslosen Anfangsphase
… an meinen Betreuer Markus Hadler – für Ihre durchgehende Begleitung bei allen Fragen
Mama, Doris, Petra, Sarah – euch ist diese Masterarbeit gewidmet.
Danke für eure Inspiration und euren Einsatz für die Umwelt!
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ............................................................................................................................ 1
Ⅰ. Theoretische Überlegungen zum Phänomen des Value – Action Gap ............ 5
2. Stand der Forschung ........................................................................................................... 6
2.1. Definitionen ................................................................................................................. 6
2.2. Empirische Studien .................................................................................................... 11
3. Theoretische Grundlagen .................................................................................................. 22
3.1. Theory of Planned Behavior ...................................................................................... 23
3.2. Framework of Environmental Behavior .................................................................... 26
3.3. Die Low-Cost-Hypothese des Umweltverhaltens ..................................................... 28
3.4. Einstellung – Intention – Verhalten ........................................................................... 30
4. Forschungsfragen .............................................................................................................. 33
5. Forschungsdesign .............................................................................................................. 38
5.1. Quantitative Datenanalyse ......................................................................................... 38
5.2. Qualitative Interviews ................................................................................................ 39
Ⅱ. Value – Intention – Action Gaps basierend auf quantitativen
Umfrageergebnissen ........................................................................................ 41
6. Quantitative Methodik ...................................................................................................... 42
6.1. Verwendetes Datenmaterial ....................................................................................... 42
6.2. Deskriptive Beschreibung der Stichprobe ................................................................. 43
7. Quantitative Ergebnisse .................................................................................................... 45
7.1. Dimensionen der Umwelteinstellung ........................................................................ 45
7.2. Allgemeine und verhaltensspezifische Intention ....................................................... 49
7.3. Umweltverhalten ....................................................................................................... 51
7.3.1. Mobilität ............................................................................................................. 51
7.3.2. Konsum .............................................................................................................. 51
7.4. Untersuchung der Value – Intention – Action Gaps .................................................. 52
7.4.1. Value – Action Gap ............................................................................................ 53
7.4.2. Value – Intention Gap ........................................................................................ 60
7.4.3. Intention – Action Gap ....................................................................................... 62
8. Diskussion der quantitativen Ergebnisse .......................................................................... 67
Ⅲ. Gründe und Lösungsansätze für Value – Intention – Action Gaps basierend
auf qualitativen Interviews ............................................................................... 71
9. Qualitative Methodik ........................................................................................................ 72
9.1. Zusammensetzung der Stichprobe ............................................................................. 72
9.2. Auswertung der Interviews ........................................................................................ 74
10. Qualitative Ergebnisse ................................................................................................... 75
10.1. Gründe für die Entstehung von Gaps ..................................................................... 75
10.2. Individuelle Wünsche ............................................................................................ 83
10.3. Zusammenhang zwischen Gründen für Gaps und individuellen Wünschen ......... 86
10.4. Gesellschaftliche Lösungsansätze .......................................................................... 87
11. Diskussion der qualitativen Ergebnisse ......................................................................... 92
12. Fazit ............................................................................................................................... 97
Literaturverzeichnis ................................................................................................................ 103
Anhang ................................................................................................................................... 107
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Barrieren zwischen Umweltbewusstsein und Umweltverhalten nach Blake (1999)….15
Abb. 2: ‚Model of Pro-Environmental Behavior‘ nach Kollmuss und Agyeman (2002).....…17
Abb. 3: ‘Theory of Planned Behavior’ nach Fishbein und Ajzen (1980)…………………….24
Abb. 4: ‚Framework of Environmental Behavior’ nach Barr (2004)……..…………………..26
Abb. 5: ‚Low-Cost-Hypothese des Umweltverhaltens‘ nach Diekmann und Preisendörfer
(1992)…………………………………………………………………………………………29
Abb. 6: Ausgangsmodell für den Zusammenhang Einstellung – Intention – Verhalten……….30
Abb. 7: Potentielle Gaps im theoretischen Ausgangsmodell………………………………….31
Abb. 8: Hierarchische Struktur der Gründe für das Entstehen von Gaps………………………76
Abb. 9: Hierarchische Struktur der Individuellen Wünsche…………………………………...83
Abb. 10: Hierarchische Struktur der Gesellschaftlichen Lösungsansätze……………………..88
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Komponenten des Umweltbewusstseins-Konstrukts…………………………………..8
Tab. 2: Rotierte Komponentenmatrix der Faktorenanalyse Umwelteinstellung………………45
Tab. 3: Indizes der Einstellungsdimensionen…………………………………………………48
Tab. 4: Kreuztabellen Value-Action Gaps für Mobilität (gefahrene Kilometer pro Jahr)……54
Tab. 5: Kreuztabellen Value-Action Gaps für Konsum (CO2-Impact durch Konsum)……..…55
Tab. 6: Einflussfaktoren auf die Diskrepanz zwischen Einstellungsdimensionen und gefahrenen
Kilometern pro Jahr…………………………………………………………………………...57
Tab. 7: Einflussfaktoren auf die Diskrepanz zwischen Einstellungsdimensionen und CO2-
intensivem Konsumverhalten…………………………………………………………………58
Tab. 8: Kreuztabellen Value-Intention Gaps………………………………………………….60
Tab. 9: Kreuztabellen Intention-Action Gaps für Mobilität und Konsum…………………..…62
Tab. 10: Einflussfaktoren auf die Diskrepanz zwischen allgemeiner Intention und
Autofahren……………………………………………………………………………………63
Tab. 11: Einflussfaktoren auf die Diskrepanz zwischen allgemeiner Intention und Konsum…65
Tab. 12: Einflussfaktoren auf die Diskrepanz zwischen spezifischer Intention und Konsum…65
1
1. Einleitung
„Ich bin vorhin hierher geflogen, von Berlin nach Köln,
einfach weil mir Umweltschutz nur so lange am Herzen liegt,
wie ich nichts an meinem Verhalten ändern muss.“1
Die Klimakrise ist mittlerweile im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit angelangt, ob in
den Medien, sozialen Netzwerken oder beim familiären Abendessen zu Hause. So nahm auch
der Diskurs um Umweltkatastrophen, erneuerbare Energien und Klimaneutralität sowie CO2-
bewusstes Verhalten in meinem familiären Umfeld und Freundeskreis in den letzten Monaten
stetig zu. Ob FreundInnen im Haushalt auf wiederverwendbare Verpackungsmaterialien,
Bambuszahnbürsten oder Menstruationstassen umstiegen, oder meine Schwestern sich bei
‚Fridays for Future‘, der aktuell größten Jugendbewegung für Klimaschutz, engagierten -
nahezu überall kam ich mit diesem Thema in Berührung, wodurch es auch für mich zunehmend
an Bedeutung gewann.
Zusätzlich zu meiner persönlichen Relevanz zeigt sich nach wie vor, wenn jetzt nicht sogar
mehr denn je, die gesellschaftliche und politische Notwendigkeit der Behandlung dieses
Themas. Auf die Frage: „In your opinion what is the most important problem in Germany at
present and what is another problem?” erreichte der Klimawandel (Environment/Climate
Change) mit ca. 30% zum ersten Mal Platz 1 der wichtigsten Themen in Deutschland in der
öffentlichen Wahrnehmung.2 Auch in der gesamten europäischen Bevölkerung lässt sich die
enorme Bedeutung des Umweltschutzes festhalten. Bereits der Eurobarometer 2008 berichtet,
dass insgesamt 96% der Befragten einer Zufallsstichprobe aus allen Ländern Europas
(insgesamt über 26.000 TeilnehmerInnen) den Umweltschutz für sehr oder ziemlich wichtig
erachten (64% sehr wichtig, 32% ziemlich wichtig). Österreich befindet sich im
Ländervergleich im unteren Bereich mit insgesamt 91% an Personen, die den Umweltschutz
als sehr bzw. ziemlich wichtig empfinden (51% sehr wichtig, 40% ziemlich wichtig).3 Im
Vergleich dazu liefert der European Social Survey 2016 (insgesamt über 44.000 Teilnehmer-
Innen) teilweise überraschende Ergebnisse. In den meisten europäischen Ländern glauben über
90% der befragten Personen an den Klimawandel und ungefähr zwei Drittel der Befragten sind
von dessen negativen Auswirkungen auf die gesamte Weltbevölkerung überzeugt. Auf die
Frage, ob man aufgrund des Klimawandels besorgt sei, stimmt allerdings nur ca. ein Viertel der
1 Felix Lobrecht (2019), deutscher Comedian. 2 Vgl. Forschungsgruppe Wahlen (2019). 3 Vgl. Spezial Eurobarometer (2008), S. 12.
2
befragten Personen stark zu. In Österreich glauben demnach 92,5% der Befragten an den
Klimawandel und 74% glauben, dass dieser negative Auswirkungen haben wird, wohingegen
nur knappe 30% extrem besorgt aufgrund des Klimawandels sind4. Demnach befindet sich
Österreich knapp über dem europäischen Durchschnitt.5 Diese überraschenden Differenzen
zwischen den Ergebnissen des Eurobarometer 2008 und den Befunden des ESS 2016 lassen
sich möglicherweise auf die zwei gemessenen Konstrukte Umweltschutz und Klimawandel
zurückführen, die doch sehr unterschiedlich sind. Denn der Klimawandel scheint für viele
Menschen abstrakt und aus der europäischen Perspektive geografisch noch weit entfernt zu
sein, weshalb auch die Sorgen diesbezüglich weniger ausgeprägt sind. Der Begriff Umwelt-
schutz, welcher im Eurobarometer verwendet wird, ist hingegen greifbarer. Auch die
Frageformulierung hinsichtlich Besorgnis oder Wichtigkeit eines Themas hat großen Einfluss
auf die Antwort. Demnach kann trotz der Ergebnisse des ESS 2016 davon ausgegangen werden,
dass die Themen Umwelt- und Klimaschutz in der Bevölkerung eine wichtige Rolle spielen.
Zieht man allerdings den aktuellen Klimabericht der Weltorganisation für Meteorologie heran,
lässt sich ein stetiger Temperaturanstieg bis hin zu Wärmerekorden, eine Steigung des Meeres-
spiegels um 3,7 Millimeter über den Mittelwert von 2017, extreme Wetterlagen sowie eine
allgemeine Beschleunigung der sichtbaren Folgen der Klimaerwärmung beobachten6. Warum
verschlechtert sich der Zustand unserer Erde also stetig, obwohl der Umweltschutz so vielen
Personen ein wichtiges Anliegen zu sein scheint? Nachdem davon auszugehen ist, dass die
Klimakrise zu einem großen Teil vom Menschen verursacht wird, sollte sich anhand groß-
flächiger Veränderungen im Verhalten eine Verbesserung für die Umwelt einstellen. Bezüglich
der Handlungsabsichten geben laut Eurobarometer 2008 im Durschnitt 75% der EuropäerInnen
an, dass sie „bereit sind, umweltfreundliche Produkte zu kaufen, auch wenn sie etwas teurer
sind“7. An der Umsetzung scheint es allerdings noch bei vielen zu scheitern: nur 17% der
Befragten kauften tatsächlich umweltfreundlichere Produkte trotz höheren Preises im Monat
vor der Umfrage. Das zeigt, dass 60% der EuropäerInnen diese Schwelle zwischen Absicht und
Tat nicht überschreiten. Für Österreich zeigt sich eine etwas höhere Übereinstimmung zwischen
den Handlungsabsichten und dem Verhalten im Bereich Konsum (81% sind bereit vs. 33%
handeln tatsächlich dementsprechend).8 Dieses Phänomen der Inkonsistenz von Einstellung
und Verhalten wird im wissenschaftlichen Diskurs als Value-Action Gap bezeichnet.
4 Wobei hier nur die stärkste Ausprägung der fünf Antwortkategorien berücksichtigt wird. 5 Vgl. European Social Survey (2018), S. 4ff. 6 Vgl. WMO (2019); science.orf.at (2019). 7 Spezial Eurobarometer (2008), S. 29. 8 Vgl. Spezial Eurobarometer (2008), S. 29f.
3
Nun stellt sich die Frage, wie die aktuelle Lage 2019 in Österreich aussieht: lässt sich nach wie
vor eine Diskrepanz zwischen Umweltbewusstsein und umweltrelevantem Verhalten
verzeichnen? Oder ist es der Bevölkerung mittlerweile gelungen, ihre Handlungen an ihre
Einstellungen anzupassen? Sollten Abweichungen gefunden werden, resultiert daraus natürlich
die Frage, warum es Personen trotz des stark ausgeprägten Umweltbewusstseins noch immer
schwerfällt, sich dementsprechend zu verhalten. Schlussendlich soll geklärt werden, was es
noch braucht, um diese potentiellen Diskrepanzen zu überwinden.
Nachdem sich Umweltverhalten über eine Vielzahl von Handlungsbereichen erstreckt, wie z.B.
den Umgang mit Müll oder Energie, Konsumverhalten, Freizeitgestaltung oder Verkehrsmittel-
nutzung9, werden in dieser Masterarbeit zwei Verhaltensweisen zur genaueren Untersuchung
ausgewählt: die alltäglichen Handlungsbereiche Mobilität und Konsum. Eine inhaltliche und
theoretische Begründung für die getroffene Auswahl folgt in den späteren Kapiteln.
Ziel dieser Masterarbeit ist zu verstehen, warum umweltbewusste Personen sich dennoch nicht
umweltfreundlich verhalten. Denn wie Mairesse formuliert: “For each attempt to change the
consumer’s activities and lifestyles, a comprehensive understanding of determinants of
consumer behavior is necessary”10. Anhand der Befunde sollen Handlungs-anleitungen und
Gestaltungsvorschläge formuliert werden, um umweltfreundliches Verhalten zu fördern und
somit einen Beitrag im Kampf gegen den drohenden Klimakollaps zu leisten.
Die vorliegende Masterarbeit lässt sich in drei Teile gliedern. Zunächst werden die
theoretischen Überlegungen festgehalten. In diesem Abschnitt finden sich Definitionen der
wichtigsten Begriffe, Ergebnisse aus der bisherigen umweltsoziologischen Forschung zu dem
Phänomen des Value-Action Gaps sowie der theoretische Hintergrund dieser Studie wieder. Im
Anschluss an diesen Teil werden anhand der aktuellen Erkenntnisse die Forschungsfragen und
das Forschungsdesign formuliert. Daraufhin folgt der erste empirische Teil, nämlich eine
quantitative Untersuchung der Diskrepanzen zwischen Einstellung, Intention und Verhalten
basierend auf Umfrageergebnissen. In diesen Kapiteln werden die methodische
Vorgehensweise sowie relevante statistische Ergebnisse präsentiert und diskutiert. Im
Anschluss daran folgt als dritter Teil eine qualitative Interviewstudie zu den Gründen für die
nachgewiesenen Diskrepanzen. Nach der Darstellung der Barrieren folgen zusätzliche Kapitel
mit Lösungsansätzen, um ebendiesen entgegenzuwirken. Abschließend werden die zentralen
Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst und kritisch diskutiert.
9 Vgl. Preisendörfer (2004), S. 272. 10 Mairesse et al. (2012), S. 548.
Ⅰ.
Theoretische Überlegungen
zum Phänomen des Value – Action Gap
6
2. Stand der Forschung
In diesem Kapitel werden zunächst relevante Begriffe vorgestellt und definiert, sowie die
Grundlagen des heutigen Umweltverständnisses kurz festgehalten. Daraufhin folgt ein Auszug
aus der aktuellen umweltsoziologischen Literatur. Die vorgestellten empirischen Studien sollen
als Nachweis für das behandelte Phänomen des Value-Action Gaps dienen und dessen Relevanz
unterstreichen.
2.1. Definitionen
Einen zentralen Begriff dieser Arbeit stellt das Umweltbewusstsein dar. Huber (2011)
resümiert, dass
das Umweltbewusstsein bis in die späten 1960er Jahre erst latent vorhanden war, sich in den
1970ern durch meinungsführende Pioniere unter frühen Übernehmern zu verbreiten begann, um
in den 1980ern seinen Take-Off zu vollziehen und mit den 1990ern in einen Erhaltungszustand
auf hohem Niveau überzugehen.11
Somit kann geschlussfolgert werden, dass das Umweltbewusstsein eine bedeutende Rolle in
unserer heutigen Gesellschaft einnimmt. Jedoch lassen sich unterschiedliche Definitionen und
Verständnisse des Konstrukts Umweltbewusstsein im wissenschaftlichen Diskurs finden. Eine
klassische Definition, die sich für diese Masterarbeit gut anwenden lässt, formulierte der Rat
von Sachverständigen für Umweltfragen Deutschland: Umweltbewusstsein beschreibt die
„Einsicht in die Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen durch diesen
selbst, verbunden mit der Bereitschaft zur Abhilfe“ 12 . Hier wird die Dimension des
Umweltwissens mit einer allgemeinen umweltorientierten Handlungsbereitschaft verbunden,
woraus sich die individuelle Einstellung zu Umweltthemen ableiten lässt.
Die Grundlage für das hier verwendete Verständnis von Umweltbewusstsein sowie den
gesamten Kontext, auf dem diese Masterarbeit beruht, bildet das neue ökologische Paradigma
(‚New Environmental Paradigm‘) von Dunlap und Catton (1978). Ihr Ziel war es, dem damals
dominierenden sozialen Paradigma, dem ‚Human Exceptionalism Paradigm‘, ein alternatives
Verständnis von sozialen Tatsachen gegenüberzustellen. Sie wollten eine andere Perspektive
auf soziale Prozesse und Veränderungen ermöglichen, indem sie die grundlegende
Wahrnehmung der Welt, „the sense of what is real“ 13 , hinterfragten. Dabei stellten sie
11 Huber (2011), S. 83. 12 RSU (1978), S. 445 zitiert nach Huber (2011), S. 82. 13 Catton, Dunlap (1978), S. 42.
7
insbesondere die Bedeutung von Umweltproblemen in den Mittelpunkt, die sie als manifeste
Bedrohung für die Menschheit wahrnahmen. Im Zentrum dieser neuen Weltanschauung stehen
drei Annahmen: 1. Der Mensch ist nur eine Spezies von vielen, die auf diesem Planeten lebt,
und befindet sich in einer dauerhaften Eingebundenheit und Verwobenheit mit der Natur. 2.
Durch das menschliche Handeln entstehen viele unbeabsichtigte negative Konsequenzen für
die Umwelt. Und 3. postulierten sie eine ökologische Knappheit, innerhalb deren Grenzen sich
die Menschheit bewegen müsse.14 Dieses veränderte Verständnis der Welt und aller sozialen
Prozesse eröffnete der Umweltsoziologie neue Wege und nahm Einfluss auf viele
Folgeentwicklungen.
Die empirische Messbarkeit des Konzeptes Umweltbewusstsein rutschte erstmals in den späten
1970er Jahren in den Fokus von SozialforscherInnen. Davor wurde die Erhebung des
Umweltbewusstseins vielmehr im Rahmen von Marktforschung und Demoskopie
vorgenommen, z.B. mithilfe des Items: ‚Wie wichtig sind Ihnen Umweltanliegen?‘15. In der
empirischen Sozialforschung beschäftigten sich zunächst Maloney und Ward (1973) mit der
Messbarkeit von Umweltbewusstsein, und entwickelten die weitverbreitete „Ecology-Scale“
(bestehend aus den vier Dimensionen Wissen, Emotionen, verbaler Handlungsbereitschaft und
tatsächlicher Handlungsbereitschaft 16 ). Es folgten weitere Konzeptualisierungs- und
Operationalisierungsversuche, von denen sich viele in bestimmten Punkten überlappen und das
Umweltbewusstsein in drei grundlegende Komponenten einteilen: Wissen, Wertung und
Willensbildung. Ausführlicher beschreibt Huber (2011) diese Dimensionen als Umweltwissen,
Wertebasis und Umwelteinstellungen sowie umweltbezogene Verhaltensabsichten und
Sollvorstellungen. Als vierte Komponente wird in einigen Ansätzen auch das manifeste
Umweltverhalten erwähnt, das allerdings in der vorliegenden Arbeit als gesondertes Konstrukt
behandelt wird.17 Eine Sammlung der gängigsten Konstrukte von Umweltbewusstsein wird in
der folgenden Tabelle grafisch dargestellt:
14 Vgl. Catton, Dunlap (1978), S. 45. 15 Vgl. Huber (2011), S. 83. 16 Vgl. Maloney, Ward (1973), S. 584. 17 Vgl. Huber (2011), S. 80ff.
8
Tabelle 1: Komponenten des Umweltbewusstseins-Konstrukts18
Ein etwas anders strukturierter Ansatz von Urban (1986) vernachlässigt die
Wissenskomponente und beschreibt das kognitive Konstrukt des Umweltbewusstseins mit
folgenden drei Dimensionen: umweltrelevante Wertorientierungen, umweltbezogene
Einstellungen und umweltorientierte Handlungsbereitschaften.19 Im Vergleich zu Huber trennt
Urban die Dimensionen Werte und Einstellungen, weshalb dieses simplere Konzept für die
vorliegende Arbeit als Ausgangsbasis dient. Auch das Umweltwissen spielt vor allem im ersten,
quantitativ orientierten Teil dieser Masterarbeit eine untergeordnete Rolle, da im verwendeten
Fragebogen keine Daten zur Kenntnis und zum Informationsstand über Umweltthemen erhoben
wurden. Somit liegt der Fokus dieser Arbeit auf den beiden Dimensionen umweltbezogene
Einstellungen und Handlungsbereitschaft, im Weiteren als Intention bezeichnet. Unter Intention
wird hier die Bereitschaft einer Person, das eigene Verhalten der Umwelt zuliebe zu verändern,
verstanden.
18 Huber (2011), S. 81. 19 Vgl. Urban (1986), S. 365.
9
Auch für das Konstrukt Umweltverhalten finden sich in der Literatur differenzierte
Definitionsversuche. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass das Umweltverhalten bestimmte,
für die Umwelt relevante Verhaltensweisen in Alltagssituationen beschreibt. Das Verständnis
davon ist allerdings vom jeweiligen Kontext abhängig. Eine erste Differenzierung ist zwischen
dem tatsächlich beobachtbaren Umweltverhalten und dem verbalisierten, also dem
selbstberichteten und nicht beobachtbaren Umweltverhalten notwendig. Selbstberichtetes
Umweltverhalten kann stark von den tatsächlichen Verhaltensweisen abweichen, wobei in
empirischen Untersuchungen aufgrund der simpleren Erhebungsmöglichkeit häufig das
selbstberichtete Verhalten herangezogen wird. In dieser Studie fließen beide Aspekte des
Umweltverhaltens ein, da im zugrundeliegenden Datensatz sowohl objektive Messdaten (wie
gefahrene Kilometer über einen bestimmten Zeitraum, Energieausweis,
Heizkostenabrechnung) als auch subjektive Angaben (wie der Vergleich der durchschnittlichen
Raumtemperatur mit anderen Wohnungen / Häusern, geschätzte Flugstunden innerhalb des
letzten Jahres, Nutzungshäufigkeit von bestimmten Geräten oder die durchschnittliche
Duschdauer) erhoben wurden. Des Weiteren kann auch zwischen persönlichem und
öffentlichem Umweltverhalten unterschieden werden. Persönliches Umweltverhalten bezieht
sich auf die private Sphäre, wie z.B. Mülltrennung, während öffentliches Umweltbewusstsein
das öffentliche Engagement und aktivistische Tätigkeiten einer Person für den Umweltschutz
beschreibt. Diese Unterscheidung wird in der vorliegenden Arbeit allerdings nicht
berücksichtigt.20 Ein hier relevanter Teilbereich des Umweltverhaltens ist das Verhalten in
Abhängigkeit der damit verbundenen CO2-Emissionen. Darin inbegriffen ist sowohl das durch
eine Verhaltensweise direkt freigesetzte Kohlenstoffdioxid als auch produktgebundene
Emissionen, die durch Herstellung, Transport und Verwendung der Güter entstehen. CO2-
relevantes Verhalten als nur eine Form von Umweltverhalten wird insbesondere im ersten,
quantitativen Teil dieser Arbeit für die Analysen herangezogen. Im zweiten, qualitativen Teil
wird Umweltverhalten unter einer allgemeineren Perspektive, unabhängig von den konkreten
CO2-Emissionen betrachtet. Verhaltensbeschreibende Begriffe, die in dieser Arbeit verwendet
werden, wie umweltbewusst, umweltfreundlich, umweltverantwortlich, CO2-neutral und CO2-
arm sind synonym in der Hinsicht zu betrachten, als dass sie alle Verhaltensweisen meinen, die
keine Nachteile für die Umwelt bringen. Das gleiche gilt für Beschreibungen wie
umweltschädlich, umweltschädigend, CO2-intensiv und dergleichen, als diese gleichbedeutend
einen negativen Effekt auf die Umwelt haben.
20 Vgl. Brandtner (2012), S. 29f.
10
Der Begriff der Klimaneutralität bzw. CO2-Neutralität beschreibt menschliche Handlungen und
Prozesse, bei denen keine schädlichen Treibhausgase, allen voran Kohlendioxid bzw. CO2,
freigesetzt werden. Alltägliche „Klimasünden“, also Verhaltensweisen und Prozesse, die das
atmosphärische Gleichgewicht auf der Erde verändern, sind z.B. der hohe Energieverbrauch
(ca. 30% der globalen CO2-Emissionen), Personenverkehr und Transportsektor (ca. 14%), oder
die Intensivtierhaltung (ca. 10%). Auf anderem Weg können Verhaltensweisen klimaneutral
sein, indem bereits ausgestoßene Treibhausgase andernorts eingespart oder kompensiert
werden. Ein Beispiel für eine heutzutage gängige Kompensationstechnik ist das Pflanzen eines
Baumes (oder mehrerer Bäume) nach einer Flugreise. Durch diesen Ausgleich kann die CO2-
intensive Handlung als neutral im Hinblick auf den Treibhauseffekt betrachtet werden.21
Das Phänomen des Value-Action Gap (oft auch Attitude-Behavior Gap) beschreibt die
Diskrepanz zwischen den Werten und Einstellungen einer Person und ihrem tatsächlichen
Verhalten. Hier wird insbesondere der Gap zwischen Einstellungen, die das
Umweltbewusstsein betreffen, und CO2-relevantem Verhalten wie Strom und Wasser sparen,
Konsumentscheidungen, Recycling usw. beleuchtet. Umgangssprachlich ausgedrückt handelt
es sich beim Value-Action Gap um „the difference between what people say they value and
what they do”22. Denn obwohl bei vielen Personen sowohl ausreichend Wissen darüber, welche
Verhaltensweisen umweltschädlich sind und welche nicht, sowie der Wunsch, sich möglichst
umweltfreundlich zu verhalten, vorhanden sind, scheitern viele daran, ihr Kauf- und
allgemeines Verhalten daran anzupassen. Brown und Sovacool (2018) beschreiben diesen
Umstand anhand des Beispiels Energiekonsum wie folgt:
While expressing strong beliefs about the negative consequences of global warming and dependence
on fossil fuels, and while strongly approving alternative and renewable energy sources, people do
not seem to have translated these opinions into practical actions to limit the fossil energy used in
their domestic consumption, lifestyles, and travel behaviors.23
Demnach scheint bei vielen Menschen das Problem vorzuliegen, ihr alltägliches Verhalten an
ihre Einstellungen und Werte anzupassen. Dieser Prozess lässt sich an einer Vielzahl
umweltrelevanter Verhaltensweisen empirisch beobachten sowie theoretisch analysieren, wie
im folgenden Kapitel anhand einiger ausgewählter und exemplarischer Studien dargelegt wird.
21 Vgl. Schneider (2013), Climateline. 22 Brown, Sovacool (2018), S. 202. 23 Brown, Sovacool (2018), S. 202.
11
2.2. Empirische Studien
Wissenschaftliche Befunde weisen darauf hin, dass gerade bei Umweltthemen eine
nachweisliche Diskrepanz zwischen der persönlichen Einstellung und dem realen Verhalten
besteht. Bereits Blake (1999) bezeichnete diese als Value-Action Gap. Mit der ‚Theory of
Reasoned Action‘ und der ‚Theory of Planned Behavior‘ von Ajzen und Fishbein (1975, 1980)
als theoretischen Ausgangspunkten untersuchte er den Einsatz von Umweltstrategien der
britischen umweltbezogenen Bürgerinitiative „Going for Green“ sowie mehrere lokale und
kommunale Nachhaltigkeitsprojekte in Huntingdonshire, Großbritannien. In seinen Studien
konnte er nachweisen, dass immer häufiger ein Bewusstsein für die Umweltproblematik sowie
weniger aufwendige umweltschonende Verhaltensweisen (z.B. Recycling) in der Bevölkerung
anzutreffen sind. Allerdings stellte sich auch heraus, dass nur wenige Menschen tatsächliche
Veränderungen an ihrem Lebensstil hinsichtlich einer größeren Umweltverantwortung
vornahmen. So schlussfolgerte Blake, dass es sich hierbei nur um heuchlerisches
Umweltverhalten handelte, das in keinem Zusammenhang mit dem individuellen Bewusstsein
und den Sorgen bzgl. der Umwelt steht:24
Environmental concern, and basic environmental action (such as recycling), are now becoming
widespread throughout the population; but few people take environmental actions which involve
changes to their lifestyle. Effectively, this means that the environmental actions that people take
are tokenistic and may be unrelated to the particular concerns that they express about the
environment.25
Auch Barr (2004) widmete sich in einer empirischen Studie am Beispiel von Recycling und
Müllbeseitigungsoptionen in Großbritannien den Inkonsistenzen zwischen Einstellung und
Verhalten. Dabei stützte er sich auf die ‚Theory of Reasoned Action‘ nach Fishbein und Ajzen
(1975) und untersuchte einerseits Prädiktoren für umweltbewusstes Verhalten, andererseits
Variablen, die einen Einfluss auf die Intention ausüben, sowie den Zusammenhang zwischen
Intention und Umweltverhalten. Um die Strukturen der jeweiligen Konzepte besser
nachvollziehen zu können, berechnete Barr Faktorenanalysen für Verhaltens-, Intentions-,
Einstellungs- und psychologische Variablen. Die gewonnenen Faktoren flossen dann in eine
hierarchische Regression ein, die einen starken Zusammenhang zwischen Intention und
Verhalten bzgl. Recycling aufzeigte. Die Intention bzw. Bereitschaft zu Recyclen war im
Vergleich zu allen anderen Variablen der stärkste Prädiktor für das tatsächliche
24 Vgl. Blake (1999). 25 Blake (1999), S. 262f.
12
Recyclingverhalten. Allerdings wird hervorgehoben, dass dieser Zusammenhang stets unter
Berücksichtigung weiterer relevanter Variablen zu betrachten sei. Weitere unabhängige
Determinanten für das Recyclingverhalten waren der Zugang zu Recyclingmöglichkeiten (mit
einem ähnlich starken Zusammenhang wie die Intention), das Wissen über diese Orte, sowie
der wahrgenommene Aufwand. Besonders bedeutend für die Intention zu Recyclen waren
ebenfalls der Zugang zu Recyclingmöglichkeiten, Wissen über Recycling und das Bewusstsein
über die soziale Norm zu Recyclen, sowie moralische Erwartungen, Verantwortungsgefühle,
Werte und Motivation. Barr weist darauf hin, dass es sich bei Recycling um eine stark
normative Verhaltensweise handelt. Demzufolge wird Recyclingverhalten bei einem selbst
aktiviert, wenn es als normativ wahrgenommen und bei anderen beobachtet wird.26
In einer weiteren Studie (2006), in der Barr sich der Müllvermeidung und -reduktion widmete,
konnte er ebenfalls wieder unter Berufung auf die ‚Theory of Reasoned Action‘ ähnliche
Ergebnisse finden. Die Intention, Müll zu vermeiden, stellte wiederum den größten Prädiktor
für tatsächliches Müllvermeidungsverhalten dar. Allerdings zeigte sich, dass die
determinierenden Variablen für Intention und Verhalten gänzlich verschieden waren: die
Intention, Müll zu vermeiden, wurde beeinflusst von Einstellungsvariablen wie einer starken
Besorgnis, der Priorität von Umweltschutz und Nachhaltigkeit, sowie einer allgemeinen
Wertschätzung der Natur für die Gesellschaft. Im Vergleich dazu waren für das
Müllvermeidungsverhalten situationale Faktoren wie Alter und Geschlecht, allgemeines
Wissen über Nachhaltigkeit und die Umwelt sowie das Gefühl, einer Gruppe anzugehören und
dort Einfluss auf Entscheidungen bzgl. der Umwelt zu haben, relevant. Er führte diesen
Umstand darauf zurück, dass umweltschonendes Verhalten in der Öffentlichkeit immer mehr
akzeptiert wird, es sich aber nicht zwangsweise im realen Handeln widerspiegeln muss. Anhand
dieser zwei Studien von Barr zeigt sich, dass die Intention als brauchbarer Prädiktor von
Umweltverhalten herangezogen werden kann, sich Umwelteinstellungen allerdings nur
teilweise für die Vorhersage von Intention und Verhalten eignen. Barr weist auch darauf hin,
dass an die Verhaltensweisen Recycling und Müllvermeidung/-reduzierung unterschiedlich
herangegangen werden sollte: während Recycling stark normativ geprägt ist, entspringt
Müllvermeidung eher tiefsitzenden intrinsischen Werten in Kombination mit bestimmten
soziodemografischen Ausprägungen (älter, weiblich).27
26 Vgl. Barr (2004). 27 Vgl. Barr (2006).
13
Chung und Leung (2007) konnten auf Basis eines breiten theoretischen Hintergrundes bzgl. der
Determinanten für Umweltverhalten ebenfalls eine Abweichung zwischen der verbalen
Leistungsbereitschaft und dem tatsächlichem Verhalten im Hinblick auf Recycling bei
Studierenden in Hong Kong nachweisen. In ihrer Studie gaben die befragten StudentInnen an,
häufiger zu recyclen, als sie es tatsächlich taten (im Vergleich zur beobachteten und
durchschnittlichen Häufigkeit, am Universitätscampus zu recyclen). Dies lässt darauf
schließen, dass die Studierenden Häufigkeiten angaben, von denen sie glaubten, dass es die
erwünschte bzw. „richtige“ Anzahl an Recyclinghandlungen war. Chung und Leung konnten
zusätzlich festhalten, dass viele Studierende Recyclingmüll in die vorhandenen Restmülleimer
am Campus warfen, wenn sie den Müll vor Ort produzierten. Die Autorinnen führten diesen
Umstand unter Berufung auf Giddens´ Theorie der Strukturierung (1984) auf routinierte
Praktiken zurück, aufgrund derer Personen ihr Verhalten nicht mehr hinterfragen, sondern
anhand gefestigter Schemata handeln.28
Im Vergleich zu den meisten bisher angeführten Studien konnten Gadenne, Sharma, Kerr und
Smith (2011) nachweisen, dass es einen Zusammenhang zwischen umweltbewussten
Verhaltenseinstellungen und dem tatsächlichen Umweltverhalten gibt. Für den theoretischen
Rahmen zogen sie die ‚Theory of Reasoned Action‘ von Fishbein und Ajzen heran und
erweiterten diese um die individuelle kognitive Selbstregulation bei Umweltthemen. Mithilfe
einer Online-Umfrage konnten sie Daten von KundInnen von drei in Australien angesiedelten
umweltbewussten Firmen, die sogenannte „Green Products“ verkaufen, gewinnen. Es zeigte
sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen einer positiven Einstellung gegenüber dem
Kauf von grünen Produkten sowie der Reduzierung des Energieverbrauchs im eigenen Haushalt
mit allen drei getesteten umweltbewussten Praktiken, nämlich dem Konsum von
umweltfreundlichen Alternativen, Recycling und umweltbewussten Angewohnheiten im
Haushalt.29 Die Autoren schlussfolgern „that those who have a favourable attitude towards
green products and services actually do `practice what they preach` in terms of their
environmental behaviour.”30
Mairesse et al. (2012) untersuchten im Vergleich dazu, welche Faktoren zwischen einer
grundsätzlich positiven Umwelteinstellung und dem Kauf von umweltfreundlicheren
Fahrzeugen stehen. Den theoretischen Hintergrund bildete die ‚Information Integration
Theory‘, die im Vergleich zur ‚Theory of Reasoned Action‘ eine Untersuchung von viel
28 Vgl. Chung, Leung (2007). 29 Vgl. Gadenne et al. (2011). 30 Gadenne et al. (2011), S. 7691.
14
umfassenderen Konzepten hinsichtlich der Einstellung gegenüber Zielen und Verhalten
ermöglicht. Anhand zweier Experimente zu Kaufentscheidungen konnten sie aufzeigen, dass
umweltbewusste Personen zwar umweltfreundlichere Autos anderen weniger umwelt-
freundlichen PKWs bevorzugten, dieser Aspekt aber unter der Einbeziehung anderer Faktoren
wie Kosten (für Kauf und Instandhaltung) und Qualität in den Hintergrund rückte. Die
AutorInnen weisen in dem Zusammenhang auch auf die Rolle des emotionalen Erlebens
(„emotional experiential factors“) hin, das insbesondere durch gezielte Werbestrategien
beeinflusst werden kann.31
Des Weiteren konnte eine junge Forschungsgruppe rund um Hadler et al. (2019) zeigen, dass
auch bei MaturantInnen in der Steiermark, Österreich, ein Gap zwischen Einstellungen und
Verhalten im Bereich Konsum vorliegt. Der größte Zusammenhang zeigte sich zwischen
negativen Umwelteinstellungen und wenig umweltbewusstem Verhalten. Die AutorInnen
erklärten sich diese Diskrepanzen so, dass Konsum teilweise durch affektive und emotionale
Entscheidungen geleitet wird, die in der Erhebung nicht berücksichtigt wurden.32
Betrachtet man nun die bisherige Forschungsliteratur hinsichtlich der Gründe für das Auftreten
des Value-Action Gap, lassen sich einige Anhaltspunkte für potentielle Barrieren finden,
welche zwischen Einstellung und Verhalten stehen könnten. Lange Zeit galten fehlende
Informationen als das primäre Hindernis für positives Umweltverhalten. Blake (1999)
beleuchtete die Gründe für den Value-Action Gap genauer und kam zu dem Schluss, dass
insbesondere drei Faktoren diesen beeinflussen: individuelle Barrieren, das
Verantwortungsbewusstsein und die praktische Durchführbarkeit. Die grafische Darstellung
des Modells ist in Abbildung 1 zu sehen.
31 Vgl. Mairesse et al. (2012). 32 Hadler et al. (2019).
15
Abbildung 1: Barrieren zwischen Umweltbewusstsein und Umweltverhalten nach Blake
(1999)33
Demnach beeinflussen sowohl individuelle als auch institutionelle Faktoren das
Umweltverhalten. Individuelle Barrieren treten dann auf, wenn positive Umwelteinstellungen
anderen Faktoren untergeordnet werden, z.B. Bequemlichkeit oder fehlendem Interesse.
Daneben kann aus einem fehlenden Verantwortungsgefühl oder fehlender Selbstwirksamkeit
eine Diskrepanz zwischen Einstellung und Verhalten auftreten, wenn Personen das Gefühl
haben, dass ihr individuelles Handeln keine Rolle für die Umwelt spielt. Schließlich können
auch trotz aller umweltpositiven Einstellungen und Intentionen schlichtweg praktische Gründe
zu einem Value-Action Gap führen. Dies passiert z.B. bei Zeit- oder Geldmangel, sowie
fehlendem Angebot (beispielsweise an Recyclingmöglichkeiten oder öffentlichen
Verkehrsmitteln) oder physischen Einschränkungen. Hier kann es natürlich zu
Überschneidungen der drei Bereiche und zu einem komplexen Gefüge an unterschiedlichen
Barrieren kommen, wobei Blake zufolge dennoch gewisse Handlungsanleitungen für politische
Strategien abgeleitet werden können. 34 Bei diesem Modell ist zu beachten, dass Blake nicht
nach unterschiedlichen Verhaltensweisen differenziert, wodurch es zu verzerrten Ergebnissen
in Abhängigkeit des untersuchten Verhaltens kommen kann.
33 Blake (1999), S. 267. 34 Vgl. Blake (1999), S. 264-270.
16
Kollmuss und Agyeman (2002) untersuchten in ihrer Auseinandersetzung mit dem Value-
Action Gap in einer umfangreichen Übersichtsarbeit die einflussreichsten und am weitest
verbreiteten Theorien und Konzepte, die diese Diskrepanz erklären wollen. Sie verglichen die
frühen US-amerikanischen Linear Progression Models (z.B. ‚Theory of Reasoned Action‘,
‚Theory of Planned Behavior‘), Theorien zu Altruismus, Empathie und prosozialem Verhalten
sowie soziologische Theorien. Die AutorInnen konstatieren jedem dieser Ansätze Gültigkeit,
allerdings nur bis zu einem bestimmten Grad bzw. unter gewissen Umständen. Demnach weisen
sie darauf hin, dass sich die Frage nach dem Zustandekommen von umweltfreundlichem
Verhalten als eine besonders komplexe darstellt, die nicht mit einem einzelnen theoretischen
Modell beantwortet werden kann. Sie erarbeiteten schließlich anhand aller einbezogenen
Theorien eine detaillierte Liste von Faktoren, die einen (entweder positiven oder negativen)
Einfluss auf umweltbewusstes Verhalten haben können: demografische Faktoren (Geschlecht,
Anzahl der Jahre in Ausbildung), externe Faktoren (institutionelle, ökonomische, soziale und
kulturelle Faktoren), und interne Faktoren (Motivation, Umweltwissen, Werte, Einstellungen,
Umweltbewusstsein, Umweltbezug, Selbstwirksamkeit und Verantwortung). Trotz der
mehrmaligen Betonung der AutorInnen, dass eine Zusammenfassung aller wichtigen Faktoren
für Umweltverhalten weder möglich noch nützlich sei, konzipierten sie folgendes umfangreiche
Modell, dessen schematische Darstellung in Abbildung 2 zu sehen ist. Ohne Anspruch auf
Vollständigkeit und universelle Gültigkeit sollte dieses Schema eine visuelle Übersichtshilfe
für weitere Forschungsarbeiten darstellen. Auch weisen sie auf die Bedeutung von
Gewohnheiten und Routine hin sowie auf Persönlichkeitsfaktoren und Charaktereigenschaften,
die sich auf umweltrelevantes Verhalten auswirken können.35 Zu diesem Modell ist wiederum
anzumerken, dass Kollmuss und Agyeman nicht zwischen unterschiedlichen Verhaltensweisen
differenzieren. So könnten sich z.B. Recyclingverhalten und Essverhalten durch komplett
verschiedene Faktoren und Barrieren auszeichnen. Denn Umweltverhalten umfasst viele
Aspekte, die nicht alle gleich betrachtet werden können, wie auch die Ergebnisse der bisher
genannten exemplarischen Studien nahelegen.
35 Vgl. Kollmuss, Agyeman (2002).
17
Abbildung 2: ‚Model of Pro-Environmental Behavior‘ nach Kollmuss und Agyeman (2002)36
36 Kollmuss, Agyeman (2002), S. 257.
18
Auch Neugebauer (2004) sammelte in einem Forschungsbericht Determinanten für
umweltfreundliches Verhalten sowie Erklärungsansätze für den umweltbezogenen Value-
Action Gap. Sie nennt hier neben den persönlichen Einstellungen vor allem
Persönlichkeitsfaktoren, Situationsfaktoren, soziale Faktoren, Wissen, Wohlbefinden und
demografische Variablen als Einflussfaktoren auf das Umweltverhalten. Demnach gibt es eine
Vielzahl von Gründen und Motiven, die Personen dazu veranlassen, sich umweltfreundlich zu
verhalten. Für die weitere Analyse erscheinen insbesondere situationale und soziale Faktoren
eine zentrale Rolle zu spielen. Als Situationsfaktoren nennt Neugebauer z.B. ein entsprechendes
Angebot und eine vorhandene Infrastruktur an umweltfreundlichen Alternativen. Soziale
Faktoren umfassen die persönliche Naturerfahrung in der Erziehung sowie die schulische
Umwelterziehung, bei der insbesondere eine praktische und spielerische Vermittlung der
Bedeutung von Umweltschutz und anderen ökologischen Themen ausschlaggebend ist. Des
Weiteren führt sie neben dem Einfluss von Massenmedien und Bezugsgruppen auch das
Modellverhalten anderer Personen als wichtigen Faktor an, das insbesondere durch bekannte
und geschätzte Personen Auswirkungen auf das individuelle Verhalten haben kann.37
Als Erklärung für die Diskrepanzen zwischen Einstellung und Verhalten auf der individuellen
Ebene wird zunächst der interne Zielkonflikt genannt, der durch das Vorhandensein von
konkurrierenden verhaltensrelevanten Einstellungen einer Person auftritt. Demnach ist das
tägliche Verhalten nicht nur von Umwelteinstellungen abhängig, sondern wird auch von
anderen Faktoren, wie Gewohnheiten, Stress oder den vorhandenen Verhaltensmöglichkeiten
gelenkt. Denn oftmals treten schlichtweg aufgrund fehlender Angebote oder fehlender
Infrastruktur (z.B. keine Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz)
Ausführungsschwierigkeiten auf, die trotz starker Motivation und hohem Umweltbewusstsein
nicht überwunden werden können. Auch die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten einer
Person (z.B. Radfahren können) spielen hierbei eine Rolle, ebenso wie eingeschliffene
Gewohnheiten. Insbesondere solche Alltagsroutinen sind schwer zu überwinden, da sie
„hochgradig habitualisiert und automatisiert“ 38 und oft ohne bewusstes Nachdenken über
unterschiedliche Optionen ablaufen. Der Einfluss von Gewohnheiten auf das Umweltverhalten
wird durch viele weitere Untersuchungen gestützt, z.B. bei Chung und Leung (2007) und Kurz
et al. (2015). Für die Erklärung von Routineverhalten ziehen erstere Giddens‘
Strukturationstheorie heran, die dieses als eine Form von verstecktem Wissen definiert.
Routinehandlungen werden somit durch das praktische Bewusstsein gesteuert, d.h. Menschen
37 Vgl. Neugebauer (2004), S. 7-16. 38 Neugebauer (2004), S. 25.
19
können in ihrem Alltag handeln, ohne jedes Mal dieselben bzw. ähnliche Entscheidungen neu
treffen zu müssen. Dieses praktische Bewusstsein behindert schließlich eine konsistente
Ausübung des Umweltverhaltens bei positiven Umwelteinstellungen.39
Auf der sozialen Ebene können interpersonale Faktoren zu einem Gap führen, da Menschen ihr
Verhalten oft an den Normen und Werten ihrer Bezugsgruppe orientieren. Korreliert diese
soziale Norm nicht mit der eigenen umweltpositiven Einstellung, kann es hier zu einer
Abweichung im Verhalten kommen. Eine weitere Erklärung für den Value-Action Gap liefert
die Rational Choice Theorie: umweltfreundliches Verhalten muss im Vergleich zu alternativen
Handlungsoptionen ertragreicher sein (entweder monetär oder nichtmonetär, z.B. durch soziale
Anerkennung, physisches Wohlbefinden oder die Erhöhung des Selbstwertgefühls). Ist dies
nicht der Fall, werden diesem Kosten-Nutzen-Ansatz zufolge auch weniger umweltfreundliche
Varianten dem eigenen Vorteil zuliebe gewählt. Steht sich ein kurzfristiger und ein langfristiger
Nutzen gegenüber, rückt zudem oft der kurzfristige Nutzen (häufig in Form von
Bequemlichkeit) in den Vordergrund. Abschließend nennt Neugebauer das „Problem der
sozialen Distanz zwischen Verursachern und Betroffenen“ 40 als Erklärungsansatz für
Diskrepanzen zwischen Einstellung und Verhalten. Demnach liegt zumeist eine große
räumliche sowie zeitliche Distanz zwischen jenen Personen, die negative
Umweltveränderungen bewirken, und jenen, die von diesen Auswirkungen am meisten
betroffen sind. Aufgrund der kaum spürbaren Konsequenzen des eigenen Handelns besteht
somit für viele Personen kaum Veränderungsbedarf.41
Eine empirische Studie zu den Barrieren für umweltrelevantes Verhalten führten Chaplin und
Wyton 2014 durch. Sie untersuchten die Bedeutung und Umsetzung von Nachhaltigkeit bei
Studierenden in Großbritannien. Mithilfe eines quantitativen Online-Fragebogens sowie
Interviews und Fokusgruppen konnten sie nachweisen, dass Studierende, insbesondere Frauen,
einen nachhaltigen Lebensstil grundsätzlich für wichtig oder sehr wichtig erachteten (76% der
befragten Personen), ihn aufgrund bestimmter Barrieren allerdings oft nicht umsetzten. Die
zwei am häufigsten genannten Barrieren waren zum einen der fehlende Zugang zu
Recyclingmöglichkeiten, sowie die Wahrnehmung, dass das eigene Verhalten nur wenig
Auswirkungen habe bzw. die Verantwortung bei anderen Personen und Trägern (wie Vereinen
oder Institutionen) liege. Diesen zweiten Aspekt definierten die Autoren als ‚Displacement‘.
Auch die Faktoren Zeit, Kosten, fehlende Informationen oder MitbewohnerInnen spielten eine,
39 Vgl. Chung, Leung (2007), S. 609. 40 Neugebauer (2004), S. 29. 41 Vgl. Neugebauer (2004), S. 24-29.
20
wenn auch geringere, Rolle für das Nicht-Umsetzen von nachhaltigen Tätigkeiten. Des
Weiteren konnten die Autoren in Anlehnung an Rational-Choice Ansätze aufzeigen, dass sich
Studierende trotz der persönlichen Wichtigkeit von Nachhaltigkeit von dem zu leistenden
Aufwand abhalten ließen. Zusätzlich wurden besonders aufwandsintensive Aktivitäten als
weniger wichtig eingestuft als Tätigkeiten mit einem geringeren Aufwand, wodurch erstere
auch seltener umgesetzt wurden.42
Anhand dieses kurzen Einblicks in ausgewählte Studien zum Value-Action Gap, unabhängig
davon, ob sie sich diesem theoretisch oder empirisch näherten oder welche Verhaltensweise
untersucht wurde, lässt sich schlussfolgern, dass der Value-Action Gap als sehr vielschichtiges
und komplexes Phänomen beschrieben wird, dessen Erklärung eines ebenso komplexen
Zugangs bedarf. An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass es einer differenzierten
Betrachtung unterschiedlicher umweltrelevanter Verhaltensweisen bedarf. Dadurch finden sich
in den dargestellten Studien in Abhängigkeit des untersuchten Verhaltens auch divergierende
Ergebnisse, die nicht für jedes beliebige Umweltverhalten übernommen werden können. Eine
solch undifferenzierte Betrachtung von Umweltverhalten kann zu Verzerrungen in den
Ergebnissen und einer fehlenden Übertragbarkeit auf andere Bereiche führen.
Aufgrund der Vielzahl an bisher bekannten relevanten Faktoren, die umweltbewusstes
Verhalten beeinflussen können (z.B. Gewohnheiten, Persönlichkeitsfaktoren,
Selbstwirksamkeit, Kosten, Wissen über Umweltthemen usw.), werden selten alle in einer
einzelnen Untersuchung berücksichtigt. Insbesondere der Einfluss von Umwelteinstellungen
und Intention auf das tatsächliche Umweltverhalten scheint in vielerlei Hinsicht wichtig,
zugleich aber auch unklar zu sein. Deshalb liegt der Fokus dieser Arbeit auf eben diesen
Zusammenhängen zwischen Einstellung – Intention – Verhalten, um eine Erklärung bzw.
Vorhersage für Diskrepanzen im Umweltverhalten zu ermöglichen. Besonderes Interesse gilt
hierbei auch der Intention, da diese in Theorien oft als Zwischenschritt bzw. Übergang von
persönlichen Einstellungen zu tatsächlichem Verhalten zu verorten ist und in bisherigen
empirischen Untersuchungen häufig vernachlässigt wurde. Diese Erweiterung des
Zusammenhangs zwischen Einstellung und Verhalten um die Intention soll ein tiefergehendes
Verständnis hinsichtlich fehlendem umweltfreundlichen Verhalten bei grundsätzlich
umweltbewussten Personen ermöglichen. Des Weiteren sollen in dieser Masterarbeit Daten zu
42 Vgl. Chaplin, Wyton (2014).
21
den Value – Intention – Action Gaps speziell für Österreich gesammelt und analysiert werden,
da hierzu (mit Ausnahme von Hadler et al. 2019) bislang wenig Forschung betrieben wurde.
Nach diesem Ausschnitt der bisherigen Forschung zum Value-Action Gap und dessen
Entstehungsgründen folgt nun ein Überblick über die theoretischen Grundlagen der
vorliegenden Arbeit. Diese beruhen großteils auf den theoretischen Ansätzen, die in den bisher
genannten Studien verwendet wurden, und bilden die Ausgangsbasis für das vereinfachte
Modell, welches speziell für diese Masterarbeit herangezogen wird.
22
3. Theoretische Grundlagen
Als Reaktion auf die zunehmenden Umweltbewegungen in den 1960er Jahren und dem
aufkommenden Bewusstsein für Umweltprobleme befassen sich ForscherInnen seit den
1970ern zunehmend mit Mensch-Umwelt-Interaktionen 43 . Daraus gingen zum einen neue
theoretische Konzepte für die Erklärung von umweltorientiertem Verhalten hervor, zum
anderen wurden auch bestehende Theorien für das Umweltverhalten adaptiert und abgeändert.
Die Vielfalt der umweltsoziologischen Theorien erstreckt sich von Modernisierungstheorien
über systemtheoretische Ansätze bis hin zu rationalen Handlungstheorien. Für diese Arbeit
wurde eine theoretische Basis gewählt, mithilfe derer die individuelle Verhaltensebene
möglichst genau untersucht werden kann. Denn eine der großen Fragen in der
Umweltsoziologie ist, wie man umweltrelevantes Verhalten auf der individuellen Ebene
erklären kann und wovon dieses beeinflusst wird. Als eine der zentralen Determinanten für die
Verhaltensvorhersage galt bisher die persönliche Einstellung zu Umweltthemen. Lange Zeit
basierte die umweltsoziologische Forschung dahingehend auf kognitiven Theorien, deren
Fokus auf der Bildung von Einstellungen und ihrem Einfluss auf die rationale Planung von
Verhalten liegt. Wie aus der bisherigen Literaturübersicht hervorgeht, scheint Umweltverhalten
allerdings durchaus komplex und nicht nur durch einzelne Variablen erklärbar zu sein. Als
theoretische Basis für die vorliegende Masterarbeit dient eine Theorie, die sowohl rationale
Handlungsmuster voraussetzt als auch auf die individuellen Einstellungen und Motive für
bestimmte Verhaltensweisen Rücksicht nimmt: die ‚Theory of Planned Behavior‘. Ihren
Ursprung findet diese Theorie zwar in der Psychologie, ist aber in den Sozialwissenschaften
ebenso weit verbreitet und einflussreich. Ihre Relevanz geht aus den bereits erwähnten
empirischen Untersuchungen hervor, wo sie in fast jeder der gefundenen Studien zumindest
erwähnt, wenn nicht sogar als theoretischer Rahmen herangezogen wurde. Diese Theorie soll
nun im folgenden Teil vorgestellt und näher erörtert werden. Danach folgt als Ergänzung ein
Einblick in ein ähnlich strukturiertes Modell, das ‚Framework of Environmental Behavior‘. Im
Hinblick auf die in dieser Masterarbeit untersuchten Verhaltensweisen wird abschließend die
‚Low-Cost-Hypothese des Umweltverhaltens‘ vorgestellt, deren Ursprung in der Rational
Choice Theorie liegt. Anhand dieses theoretischen Rahmens wird schlussendlich ein
vereinfachtes Modell entwickelt, dass in dieser Masterarbeit als Ausgangspunkt für die
empirische Analyse dient.
43 Vgl. Diekmann, Preisendörfer (2001), S. 9.
23
3.1. Theory of Planned Behavior
1975 konzeptualisierten Fishbein und Ajzen die ‚Theory of Reasoned Action‘, die Vorgängerin
der ‚Theory of Planned Behavior‘ (1985). Ihr Ziel war eine Aufklärung des Zusammenhangs
zwischen Einstellung und Verhalten sowie eine daraus hervorgehende Ermöglichung von
Verhaltensvorhersagen. Dafür ist eine möglichst genaue Operationalisierung von Verhalten
hilfreich bzw. notwendig, weshalb die Autoren versuchten, die relevantesten Determinanten für
Verhalten zu entschlüsseln. Sie postulieren, dass individuelle Handlungsabsichten mit dem
tatsächlichen Verhalten von Personen übereinstimmen, und anhand dieser Intention
Wahrscheinlichkeitsaussagen bzgl. des Auftretens von Verhaltensweisen getroffen werden
können.44 Dabei liegt ähnlich den Rational Choice Ansätzen die Annahme zugrunde, dass
Menschen aufgrund ihrer Fähigkeit, systematisch Nutzen aus vorhandenen Informationen
ziehen können, grundsätzlich überlegt und rational handeln, die ihnen vorliegenden
Informationen abwägen und bewerten, und nicht willkürlich durch ihre Emotionen und
Begierden gelenkt werden. Ajzen und Fishbein fassen diesen Aspekt folgendermaßen
zusammen: „Generally speaking, the theory [of reasoned action] is based on the assumption
that human beings are usually quite rational and make systematic use of the information
available to them”.45 Außerdem ist ein zentraler Aspekt dieser Theorie der, dass Einstellungen
das Verhalten einer Person nicht auf direktem Weg determinieren, sondern unsere
Einstellungen zunächst die persönliche Intention beeinflussen, welche schlussendlich unser
Verhalten formt. Neben der Einstellung scheinen auch weitere Faktoren Einfluss auf die
Intention zu nehmen, wie z.B. soziale und normative Erwartungen sowie die wahrgenommenen
Konsequenzen des eigenen Verhaltens.46 Grundsätzlich scheint die Intention der beste Indikator
für eine Verhaltensvorhersage zu sein, wie viele Studien belegen. Ajzen beschreibt den starken
Zusammenhang von Intention und Verhalten auch demgemäß, dass Veränderungen in der
Intention zu Verhaltensänderungen führen sollten.47
Wenige Jahre später veröffentlichten Fishbein und Ajzen eine Erweiterung der ‚Theory of
Reasoned Action‘, nämlich die ‚Theory of Planned Behavior‘. Diese wurde im Vergleich zur
ersten um ein paar Variablen erweitert, insbesondere wird die individuell wahrgenommene
Verhaltenskontrolle berücksichtigt. Diese Kontrollierbarkeit, die bereits Albert Bandura in den
1970er Jahren mit seinem Selbstwirksamkeitskonzept erforschte, stellt ein entscheidendes
44 Vgl. Schwarzer (2004), S. 43ff. 45 Ajzen, Fishbein (1980), S. 5 zitiert nach Blake (1999), S. 264f. 46 Vgl. Kollmuss, Agyeman (2002), S. 242. 47 Vgl. Ajzen (2012), S. 449.
24
Faktum für Personen dar, ob sie sich für oder gegen eine bestimmte Verhaltensweise
entscheiden. Sind sie von Beginn an in dem Glauben, dass ihnen die Fähigkeiten oder
Ressourcen für die Umsetzung eines bestimmten Verhaltens fehlen, werden sie sich eher nicht
für diese Verhaltensweise entscheiden.48
Ursprünglich wurde die ‚Theory of Planned Behavior‘ häufig zur Erklärung und Vorhersage
von Gesundheitsverhaltensweisen herangezogen und weist in bisherigen Publikationen eine
aufgeklärte Varianz von 30% auf.49 Mittlerweile stellt die ‚Theory of Planned Behavior‘ auch
eine der am weitesten verbreiteten Theorien zur Erklärung für Umweltverhalten dar, weshalb
sie auch für die vorliegende Arbeit als Rahmen ausgewählt wurde. Zusätzlich berücksichtigt
diese Theorie die zentralen Faktoren der dieser Studie zugrundeliegenden empirischen
Erhebung und lässt Raum für die Adaption weiterer potentieller Variablen. Das Grundmodell
der ‚Theory of Planned Behavior‘ wird in Abbildung 3 dargestellt:
Abbildung 3: ‘Theory of Planned Behavior’ nach Fishbein und Ajzen (1980)50
Fishbein und Ajzen gingen davon aus, dass die drei Faktoren Einstellung, subjektive Norm und
die wahrgenommene Verhaltenskontrolle zunächst die Intention, auf eine bestimmte Art und
Weise zu handeln, bilden. Diese Intention bzw. Absicht führt daraufhin zu einem bestimmten
Verhalten. Die drei intentionsbildenden Variablen werden wiederum von der persönlichen
Überzeugung, der normativen Überzeugung sowie der Überzeugung von Ressourcen und
Gelegenheiten beeinflusst. Neben dem indirekten Einfluss auf die Intention kann die
wahrgenommene Verhaltenskontrolle, also das Gefühl der subjektiven Stärke bzw. der
Gewichtung des eigenen Verhaltens, auch einen direkten Einfluss auf das Verhalten haben,
48 Vgl. Ajzen (2012), S. 446. 49 Vgl. Schwarzer (2004), S. 51ff. 50 Chao (2012), S. 439.
25
wenn sie von der wahrgenommenen in die tatsächliche Kontrolle übergeht. Des Weiteren
beschreiben die Autoren einen Interaktionseffekt zwischen der Intention und der
Verhaltenskontrolle, d.h. „die Vorhersagekraft der Intention steigt, je stärker die
Verhaltenskontrolle ist“, da „eine Intention nur dann zum Verhalten führen kann, wenn
gleichzeitig Verhaltenskontrolle vorliegt“51. Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass die Autoren
in der Verhaltenskontrolle auch das Konzept der Selbstwirksamkeitserwartungen eingebunden
haben.52
Je mehr Informationen zu den einzelnen Modellkomponenten vorliegen, desto genauer kann
Verhalten vorhergesagt werden. Sind einer oder mehrere der drei Ausgangsfaktoren
(Einstellung, Subjektive Norm, Verhaltenskontrolle) mit der Intention oder die Intention mit
dem Verhalten nicht kongruent, entsteht eine Kluft zwischen diesen Faktoren. In bisherigen
wissenschaftlichen Arbeiten lag der Fokus allerdings primär auf den Faktoren Einstellung und
Verhalten, weshalb diese Kluft als Value-Action Gap bezeichnet wird, wie ihn bereits Blake
(1999) betitelte. Dieser Gap beschreibt im umweltsoziologischen Diskurs die Diskrepanz
zwischen den persönlichen Umwelteinstellungen und dem tatsächlichen umweltrelevanten
Verhalten. Wie bereits der Name vorwegnimmt, wurde bisher die Dimension der Intention
weitgehend ausgeklammert, weshalb auch ein Value-Intention Gap oder ein Intention-Action
Gap theoretisch möglich sein sollte.
Um die ‚Theory of Planned Behavior‘ anhand eines praktischen Beispiels greifbarer machen zu
können, soll Umweltverhalten in Bezug auf den privaten PKW-Verkehr mithilfe dieser Theorie
veranschaulicht und entschlüsselt werden. Gehen wir davon aus, eine Person beschreibt sich
selbst als sehr umweltbewusst und darauf bedacht, der Umwelt möglichst wenig Schaden
zuzufügen (Einstellung). Diese Einstellung wird aus den persönlichen Überzeugungen und dem
Wissen sowie der Bewertung von Verhaltenskonsequenzen gebildet. Das heißt, dass unsere
Person besonders umweltbewusst eingestellt ist, da sie der Überzeugung ist, dass der hohe CO2-
Ausstoß zur Klimaerwärmung beiträgt, und diese Konsequenz durchaus als negativ einstuft.
Auch ihre subjektiven Normen deuten darauf hin, dass Autofahren sozial unerwünscht ist, wie
sie aus Reaktionen und Erwartungen ihr nahestehender Menschen weiß. Schließlich glaubt
diese Person, dass sie selbst Einfluss auf ihr Verhalten nehmen kann und dieses Wirkung zeigen
bzw. einen Unterschied machen kann. Die Kombination all dieser Determinanten führt dazu,
dass diese Person die Handlungsintention, also die Absicht ausbildet, ihre privaten und
51 Ajzen (1985) zitiert nach Schwarzer (2004), S. 53. 52 Vgl. Schwarzer (2004), S. 51ff.
26
beruflichen Autofahrten einzuschränken. Gelingt ihr die Umsetzung ihrer Intention, zeigt sich
ein sehr stimmiges und kongruentes Bild eines umweltbewussten und danach handelnden
Menschen. Gelingt es ihr allerdings aus bestimmten wie auch unbestimmten Gründen nicht,
ihre Autofahrten einzuschränken, entsteht eine Diskrepanz zwischen ihrer Einstellung und ihrer
Intention mit dem tatsächlich an den Tag gelegten Verhalten. Dieses Beispiel lässt sich auf den
Großteil des Umweltverhaltens ummünzen. Die Kluft, also der in bisherigen Studien
sogenannte Value-Action Gap, stellt eine häufig auftretende Abweichung von der
Verhaltensvorhersage dar. Somit scheint auch die ‚Theory of Planned Behavior‘ nur
eingeschränkt die genauen Zusammenhänge erklären zu können, weshalb nahe liegt, dass es
weitere, unbekannte Faktoren gibt, die zwischen den Variablen intervenieren. Nun stellt sich
also die Frage, an welchen Faktoren die Überlappung zwischen Einstellung, Intention und
Verhalten, also im oben genannten Beispiel die Reduktion der Autofahrten, wohl gescheitert
sein könnte. Im folgenden Modell von Barr werden einige weitere Faktoren kurz diskutiert, die
darüber hinaus Einfluss auf das Verhalten nehmen können.
3.2. Framework of Environmental Behavior
Ein der ‚Theory of Planned Behavior’ von der Struktur her ähnliches Modell konzipierte Barr
(2004), das ‚Framework of Environmental Behavior’. Dieses Gerüst soll die Grundlage für eine
möglichst genaue Verhaltensvorhersage schaffen und beruht ebenso wie die ‚Theory of Planned
Behavior’ auf der Annahme, dass am Anfang jeder Handlung die persönliche Einstellung zu
einem bestimmten Thema steht, woraufhin die Intention gebildet wird, aufgrund derer
schlussendlich das Verhalten folgt. Im Vergleich zu Fishbein und Ajzen berücksichtigt Barr
jedoch zusätzlich situationale sowie psychologische Faktoren. Eine grafische Darstellung des
Modells ist unter Abbildung 4 zu sehen:
Abbildung 4: ‚Framework of Environmental Behavior’ nach Barr (2004)53
53 Barr (2004), S. 234.
27
Die Einstellung hinsichtlich Umweltthemen beeinflusst Barrs Recherchen zufolge maßgeblich
das Verhalten, z.B. in Bezug auf die individuelle Müllentsorgung. Demnach wählen Personen
mit positiven Einstellungen gegenüber der Umwelt mit einer höheren Wahrscheinlichkeit
umweltfreundliche Alternativen und recyceln ihren Haushaltsmüll. Des Weiteren verknüpft
Barr die persönlichen Einstellungen gegenüber der Natur mit den Lösungsansätzen, die
Personen für Umweltprobleme nennen. Demnach sehen Personen mit anthropozentrischen
Einstellungen (menschliche Ziele stehen über den Interessen der Umwelt) häufiger eine Lösung
von Umweltproblemen durch technische Innovationen, während Personen mit ökozentrischen
Einstellungen tendenziell häufiger auf das Verständnis von Ressourcenverschwendung und den
Wandel zu einem anderen Lebensstil in Einklang mit der Natur plädieren.
Diese umweltbezogenen Einstellungen formen schließlich die Intention aus. Neben der
Einstellung tragen auch situationale sowie psychologische Faktoren zur Bildung der Intention
bei. Diese drei Faktoren Intention, situationale sowie psychologische Faktoren führen
schließlich zu einer Verhaltensausübung. Situationale Faktoren umfassen alle den sozialen
Kontext betreffenden Einflüsse, soziodemografische Variablen, individuelles Wissen sowie
persönliche Erfahrungen in dem jeweiligen Handlungsbereich. Hierbei ist insbesondere die
Verfügbarkeit von Ausführungsmöglichkeiten relevant, z.B. das Vorhandensein von Altstoff-
sammelzentren oder ein ausreichendes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln). Bezüglich
der soziodemografischen Variablen verortet Barr umweltfreundliches Handeln insbesondere
bei jungen, weiblichen, gut gebildeten und wohlhabenderen Personen. Hinsichtlich der
Wissensdimension sind sowohl das Bewusstsein über Umweltprobleme als auch Informationen
zu alternativen Handlungsmöglichkeiten (z.B. Wie funktioniert Recycling?) von Bedeutung.
Persönlichkeits- bzw. psychologische Faktoren, die umweltfreundliches Verhalten fördern, sind
unter anderem Altruismus, intrinsische Motivation, subjektive Normen, die wahrgenommene
Bedrohung von Umweltproblemen oder das Gefühl der Selbstwirksamkeit.54
Somit kann das ‚Framework of Environmental Behavior‘ als eine Erweiterung der ‚Theory of
Planned Behavior‘ um situationale und psychologische Faktoren gesehen werden. Dennoch
findet sich die gleiche Grundstruktur von Einstellung – Intention – Verhalten wieder mit
minimalen Abänderungen (z.B. der Position der subjektiven Normen). Die beiden zusätzlichen
Faktoren der Situation und der Persönlichkeit werden insbesondere im zweiten empirischen
Teil dieser Masterarbeit von Bedeutung sein.
54 Vgl. Barr (2004), S. 234f.
28
3.3. Die Low-Cost-Hypothese des Umweltverhaltens
Als letzte Komponente für die theoretische Ausgangsbasis dient der Rational Choice Ansatz
(Theorie Rationalen Handelns), eine weit verbreitete, wenn auch in den Sozialwissenschaften
oft kritisch diskutierte Herangehensweise an die Erklärung von individuellem
Umweltverhalten. Im Bereich der Umweltsoziologie wird diese allgemeine und in vielen
Bereichen einsetzbare Handlungstheorie auch häufig als ‚Low-Cost-Hypothese des
Umweltverhaltens‘ bezeichnet. Dabei steht die Frage im Zentrum, anhand welcher Faktoren
Personen Entscheidungen treffen. Das Individuum wird dabei unter dem ökonomischen Aspekt
eines rein rational handelnden Akteurs, dem Homo Oeconomicus, betrachtet, der seine
Entscheidungen anhand der Abwägung von Kosten und Nutzen für bestimmte Alternativen
trifft. Das bedeutet, dass
Umwelteinstellungen das Umweltverhalten am ehesten und bevorzugt in Situationen beeinflussen,
die mit geringen Kosten bzw. Verhaltensanforderungen verknüpft sind. Je geringer der Kostendruck
in einer Situation, desto leichter fällt es den Akteuren, ihre Umwelteinstellungen auch in ein
entsprechendes Verhalten umzusetzen.55
Demnach sinkt die Bedeutung der eigenen Umwelteinstellungen, auch bei besonders
umweltbewussten Personen, wenn der Aufwand bzw. die Kosten in bestimmten Situationen
steigen. Kosten beschreiben in dem Fall z.B. den notwendigen Zeitaufwand, monetäre Kosten
oder auch Unbequemlichkeiten.
Eine typische Low-Cost-Situation stellt beispielsweise Recycling dar, während als
charakteristische High-Cost-Situation häufig Entscheidungen hinsichtlich des Wohnraums
genannt werden. So kann auch bei außerordentlich umweltbewussten Personen ein Value-
Action Gap im Wohnbereich auftreten, wenn die Verwirklichung des gewünschten Verhaltens
(Wärmedämmung, Modernisierung des Heizsystems) zu hohe finanzielle und zeitliche
Einbußen mit sich bringt. Somit hat die persönliche Umwelteinstellung nur mehr wenig
Einfluss auf solch große und einmalige Investitionsentscheidungen wie in diesem Fall zur
Reduktion des Energieverbrauchs. Verglichen dazu lässt sich Recycling mit einem geringeren
Aufwand umsetzen, weshalb es der RCT zufolge hier seltener zu einer Diskrepanz zwischen
umweltpositiven Einstellungen und dem Verhalten kommen soll.56
55 Diekmann, Preisendörfer (2001), S. 117f.. 56 Preisendörfer (1999), S. 80.
29
Abbildung 5: ‚Low-Cost-Hypothese des Umweltverhaltens‘ nach Diekmann und Preisendörfer
(1992)57
Dieser rationale Ansatz wird hinsichtlich seines ökonomischen Charakters und Fokus auf
„harte“ Anreize, wie z.B. Geld und Restriktionen, und der mangelnden Rücksichtnahme auf
subjektive Einstellungen und Orientierungen von SozialwissenschafterInnen häufig kritisiert.58
Des Weiteren hebt Blake hervor, dass neben den rationalen Entscheidungen (wie z.B. höhere
Kosten für umweltfreundliche Alternativen) andere Faktoren ebenso als Grund für
Diskrepanzen zwischen Einstellung und Verhalten fungieren können. Er sieht hier zum einen
Erklärungspotential in der Struktur von persönlichen Einstellungen selbst, als auch die Rolle
von situationalen bzw. externen Faktoren als bedeutend.59 Für diese Masterarbeit erweist sich
dieser Ansatz jedoch als Ergänzung zur ‚Theory of Planned Behavior‘ und dem ‚Framework of
Environmental Behavior‘ als gut geeignet. Denn im Vergleich zu diesen beiden Theorien
ermöglicht die ‚Low-Cost-Hypothese des Umweltverhaltens‘ die Berücksichtigung von
unterschiedlichen umweltrelevanten Verhaltensweisen. Es ist davon auszugehen, dass die
persönliche Einstellung zu Umweltthemen insbesondere auf Low-Cost-Verhaltensweisen
Einfluss nimmt, während High-Cost-Verhaltensweisen eher von situativen Faktoren gelenkt
werden. Auf die Bedeutung dieser Differenzierung für die vorliegende Arbeit wird im Kapitel
Forschungsfragen und Forschungsdesign näher eingegangen.
57 Preisendörfer (1999), S. 84. 58 Vgl. Preisendörfer (2004), S. 272ff; Diekmann, Preisendörfer (2001), S. 117ff. 59 Vgl. Blake (1999), S. 264.
30
3.4. Einstellung – Intention – Verhalten
Für den theoretischen Rahmen dieser Masterarbeit wird aufgrund des zugrunde liegenden
Datenmaterials ein vereinfachtes Modell herangezogen, das in Anlehnung an die beiden
theoretischen Konzepte der ‚Theory of Planned Behavior‘ und dem ‚Framework of
Environmental Behavior‘ erstellt wurde. Diese beiden Ansätze teilen eine ähnliche
Basisstruktur, der zufolge mehrere Faktoren, allen voran die Einstellung, auf die Intention
wirken, und diese wiederum Einfluss auf das Verhalten hat. Wie später im Rahmen des
Forschungsdesigns detailliert beschrieben wird, gliedert sich die empirische Vorgehensweise
dieser Arbeit in zwei Teile: Zunächst findet eine quantitative Auswertung eines Fragebogens
Projekts „CO2 Relevantes Umweltverhalten in Österreich“ statt, die potentielle Gaps zwischen
den einzelnen Faktoren aufzeigen soll. Im Hinblick auf die zuvor vorgestellten Theorien finden
sich im besagten Fragebogen drei zentrale Variablen wieder: die Einstellung zu allgemeinem
Umweltverhalten, die Intention und schließlich das tatsächliche Verhalten. Diese drei Variablen
werden in einem stark vereinfachten linearen Modell in Anlehnung an die ‚Theory of Planned
Behavior‘ und das ‚Framework of Environmental Behavior‘ dargestellt und für den ersten
Schritt als theoretische Grundlage herangezogen:
Abbildung 6: Ausgangsmodell für den Zusammenhang Einstellung – Intention – Verhalten
Es gilt die Vermutung, dass die persönliche Einstellung zu Umweltthemen und
-verhalten die Intention beeinflusst, die wiederum prägend für das tatsächlich ausgeführte
Verhalten ist. Demnach beeinflusst beispielsweise die Einstellung von Personen, dass der Kauf
bzw. der Konsum von Einwegkunststoffartikeln aufgrund der langen Abbauzeit sowie dem
Vorkommen in den Weltmeeren für die Natur schädlich ist („Plastik ist böse!“), die Entstehung
der Verhaltensabsicht, weniger Kunststoffartikel oder -verpackungen zu kaufen („Ich möchte
meinen Plastikmüll reduzieren/vermeiden!“). Sind Einstellung und Intention stark genug
ausgeprägt, wird die Person auch tatsächlich ihren Konsum von Kunststoffprodukten
reduzieren.
31
Allerdings ist auch hier wie in den grundlegenden Theorien von Fishbein und Ajzen sowie Barr
davon auszugehen, dass es zu Abweichungen in der Verhaltensvorhersage kommen kann. Es
besteht die Annahme, dass sowohl zwischen der Einstellung und der Intention als auch
zwischen der Intention und dem Verhalten ein Gap auftreten kann. Des Weiteren wird zudem
auch der Gap zwischen Einstellung und Verhalten im Modell berücksichtigt, da dieser bisher
häufig nachgewiesen werden konnte und als übergeordneter Gap fungiert. Das vereinfachte
lineare Modell wird mitsamt aller potentiellen Gaps in Abbildung 7 grafisch dargestellt:
Abbildung 7: Potentielle Gaps im theoretischen Ausgangsmodell
Inhaltlich bedeutet das zum einen, dass Personen grundsätzlich über die Einstellung „Plastik ist
schlecht für die Umwelt!“ verfügen können, diese allerdings keinen Einfluss auf ihre Absicht
hat, etwas an ihrem Verhalten im Hinblick auf die Verwendung von Kunststoffartikeln ändern
zu wollen. So entsteht trotz vorhandener umweltpositiver Einstellung keine Intention
hinsichtlich umweltfreundlichen Verhaltens. Zum anderen wäre es auch möglich, dass
Personen sowohl über die Einstellung „Plastik ist schlecht für die Umwelt!“ als auch die
Intention „Ich möchte meinen Plastikmüll reduzieren/vermeiden!“ verfügen, diese sich aber im
tatsächlichen Verhalten nicht widerspiegeln. Des Weiteren kann natürlich auch der bereits
bekannte Value-Action Gap auftreten, bei dem die persönliche Umwelteinstellung „Plastik ist
schlecht für die Umwelt!“ vom tatsächlichen Verhalten abweicht. Da bisher noch unklar ist, ob
diese Diskrepanzen zwischen allen drei Variablen (also sowohl zwischen Einstellung und
Verhalten, Einstellung und Intention oder Intention und Verhalten) auftreten oder ob die Kluft
nur zwischen zweien davon zu beobachten ist, wird das theoretische Modell sowie die
Fragestellung sehr offen formuliert.
GAP GAP
GAP
32
Diese potentiellen Gaps sollen in den ersten empirischen Analysen der quantitativen
Fragebogenergebnisse nachgewiesen werden. Die weitere Vorgehensweise hängt schließlich
stark von den daraus gewonnenen Ergebnissen ab. Sollte sich zeigen, dass zumindest einer
dieser drei Gaps in der untersuchten Stichprobe tatsächlich besteht, soll dessen Ursprung mittels
qualitativer Methoden möglichst genau erarbeitet werden. Als mögliche Vertiefung bietet sich
die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Gaps bei unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen
an. Vorstellbar wäre, dass Diskrepanzen zwischen den Variablen beispielsweise in
Abhängigkeit von Geschlecht, Alter oder Wohnsituation auftreten. Durch das offene
Ausgangsmodell können im Verlauf der Arbeit weitere Faktoren berücksichtigt werden, wie
z.B. Persönlichkeitsfaktoren oder strukturelle Rahmenbedingungen bzw. situationale Faktoren,
wie sie Blake in seinem ‚Framework of Environmental Behavior‘ oder Hines et al. in ihrem
‚Model of Responsible Environmental Behavior‘60 nennen. Ein weiterer wichtiger Faktor, der
bisher in der Literatur kaum berücksichtigt wurde, ist die Routine bzw. die Gewohnheit, die
unsere alltäglichen Handlungen maßgeblich beeinflusst. Tanner und Foppa (1996) heben
überdies die Betrachtung der persönlichen Wahrnehmung und Bewertung von
Umweltproblemen und -risiken sowie die Begrenztheit der eigenen Handlungsspielräume
hervor, welche in sozialpsychologischen Modellen oft vernachlässigt werden 61 . Welche
weiteren Variablen tatsächlich einen Einfluss auf das Auftreten der Gaps zwischen Einstellung,
Intention und umweltrelevantem Verhalten haben, wird allerdings erst im zweiten empirischen
Teil dieser Masterarbeit erarbeitet.
60 Vgl. Hines et al. (1986). 61 Vgl. Tanner, Foppa (1996), S. 245.
33
4. Forschungsfragen
Das zentrale Ziel dieser Masterarbeit ist es, das Fehlen von umweltpositivem Handeln bei
grundsätzlich umweltbewussten Personen zu beleuchten und zu erklären. Weiters liegt der
Fokus auch darauf, eine möglichst genaue Vorhersage für das Auftreten dieser Diskrepanzen
zu erarbeiten. Für diese Arbeit wird eine Auswahl von zwei umweltrelevanten
Verhaltensweisen getroffen: Die potentiellen Gaps zwischen Einstellung, Intention und
Verhalten werden hier exemplarisch für die beiden Verhaltensdimensionen Mobilität (mit dem
Auto gefahrene Kilometer pro Jahr) sowie Konsum (Neukauf von besonders CO2-intensiven
Produkten) untersucht. Diese zwei Verhaltensweisen werden aufgrund einiger Kriterien
ausgewählt: zum einen handelt es sich im Sinne des Rational Choice Ansatzes hier um zwei
Low-Cost-Verhaltensweisen. Das bedeutet, dass Personen ihr Verhalten mit relativ geringem
Zeit- und Kostenaufwand beeinflussen und auch verändern können. Kaufen oder nicht kaufen,
Auto oder öffentliche Verkehrsmittel – auf individueller Ebene lassen sich diese
Entscheidungen verhältnismäßig leicht treffen und lenken, im Vergleich zu Entscheidungen
und Veränderungen, die z.B. das Heizsystem oder die Isolierung des Wohnraumes betreffen.
Zudem legt die ‚Low-Cost-Hypothese des Umweltverhaltens‘ nahe, dass die persönliche
Einstellung einen starken Einfluss auf das Verhalten ausübt. Demnach sollten bei
umweltrelevanten Low-Cost-Verhaltensweisen Diskrepanzen zwischen dem Umwelt-
bewusstsein bzw. der Umwelteinstellung und dem gezeigten Verhalten seltener auftreten als
bei High-Cost-Verhalten, die stärker von situativen Faktoren abhängen. Da in dieser Arbeit die
Grundannahme hinsichtlich der Beziehung zwischen Einstellung und Verhalten um die
Intention erweitert wird und eine differenziertere und tiefergehende Analyse dieser
Zusammenhänge im Fokus steht, werden Gaps auch bei Low-Cost-Verhaltensweisen als
möglich erachtet, um potentielle Handlungserklärungen nicht im Vorhinein auszuschließen.
Zum anderen erfolgt die Auswahl der beiden Verhaltensweisen Mobilität und Konsum, da sie
besonders CO2-intensiv sind und somit einen hohen CO2-Impact (durch CO2 hervorgerufenen
schädlichen Einfluss auf die Umwelt) hinterlassen. Diese Bedingung schließt z.B. Verhaltens-
weisen wie den individuellen Wasserverbrauch aus, bei dem es sich zwar ebenfalls um eine
Low-Cost-Situation handelt, allerdings nur wenig CO2 freigesetzt wird. Anhand der
ausgewählten CO2-intensiven Verhaltensweisen Mobilität und Konsum, die beide grund-
sätzlich ohne hohe Kosten durch das Individuum ausgeführt und verändert werden können,
werden Vergleiche zwischen ähnlichen Umweltverhaltensweisen möglich. Zusätzlich eröffnen
sich Handlungsfelder, um umweltpositives Low-Cost und High-Impact Verhalten zu fördern.
34
Aufgrund der gesichteten Literatur wird zunächst von einem Value-Action Gap hinsichtlich der
zwei ausgewählten umweltrelevanten Verhaltensweisen ausgegangen. Somit lautet die
Ausgangshypothese:
Es besteht eine Diskrepanz zwischen umweltrelevanten Einstellungen und
Umweltverhalten (Value-Action Gap) in den Bereichen Mobilität und Konsum.
Dieser Gap soll durch Berücksichtigung bestimmter Variablen tiefergehend analysiert werden.
Wie bisher diskutiert wurde, wird die Intention vor allem in linearen Modellen häufig als
Übergang bzw. Zwischenschritt von Einstellung auf Verhalten dargestellt. Deshalb ist davon
auszugehen, dass sich die Diskrepanz auch auf dieser Ebene widerspiegelt. Im Fokus steht
daher insbesondere der Zusammenhang zwischen Umwelteinstellungen, der Bereitschaft zu
Verhaltensänderungen und dem tatsächlichen Umweltverhalten von Personen in Österreich. Es
wird angenommen, dass sich zwischen diesen drei Faktoren Gaps zeigen können. Nachdem
allerdings noch unklar ist, ob der untersuchte Gap zwischen der persönlichen Einstellung und
der Intention und/oder der Intention und dem tatsächlichen Verhalten auftritt, bleibt die
Formulierung der Fragestellung weitgehend offen und lautet demnach:
Gibt es eine Abweichung zwischen Einstellung und Intention bzw. Intention und
Verhalten hinsichtlich bestimmter Umweltthemen (Mobilität, Konsum)?
Hier besonders interessant ist die Frage, ob die Intention als Zwischenschritt zur Aufklärung
der Diskrepanz beitragen kann. Sollten sich tatsächlich Gaps zwischen den Variablen zeigen,
werden neue Erklärungs- und Interventionsoptionen möglich.
In weiterer Folge soll untersucht werden, ob das Vorkommen der gefundenen Gaps sich durch
die gesamte Bevölkerung zieht, oder ob nur bestimmte Gruppen diese Diskrepanzen aufweisen.
Hier werden insbesondere soziodemografische Unterscheidungsmerkmale herangezogen, die
schließlich für den qualitativen Teil dieser Masterarbeit von Bedeutung sind. Die
Zusammenhänge zwischen soziodemografischen Eigenschaften und unterschiedlichen
Konzepten des Umweltbewusstseins und -verhaltens wurden bereits in einigen Studien näher
beleuchtet.62 So konnte beispielsweise in mehreren Untersuchungen gezeigt werden, dass das
Geschlecht durchaus einen Einfluss auf Umwelteinstellungen hat. Frauen zeigen demnach
62 Vgl. Lehmann (1999); Kollmuss, Agyeman (2002); Neugebauer (2004); Barr (2004, 2006); Haller, Hadler
(2008); Hadler et al. (2019).
35
häufig ein höheres Umweltbewusstsein als Männer, genauso wie sie in ihrem Alltag häufiger
umweltfreundlich handeln. Ähnlich wie beim Geschlecht lassen sich konstante Befunde zum
Einfluss von sozialer Schicht, Bildungsgrad und Einkommen finden: je höher die Ausprägung
dieser Variablen, desto höher ist das Umweltbewusstsein der Person. Hinsichtlich des
tatsächlichen Verhaltens divergieren die Ergebnisse etwas, da Personen aus einer höheren
sozialen Schicht z.B. beim Konsum Einsparungen vornehmen, während sich im Vergleich dazu
Personen aus einer niedrigeren sozialen Schicht im Verkehrsbereich umweltbewusster zeigen.
Diese Ergebnisse lassen sich auf unterschiedliche Gründe zurückführen; z.B. können sich
BesserverdienerInnen teurere Bio-Lebensmittel sowie ein Zweitauto leisten, während Personen
mit geringerem Einkommen tendenziell billigere, oft CO2-intensivere Produkte kaufen sowie
häufiger auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen müssen. Auch das Alter scheint einen
Einfluss auf die Einstellung und das Verhalten zu haben, wenn auch Ergebnisse in beide
Richtungen vorliegen. Laut Neugebauer (2004) zeigten mehrere Untersuchungen, dass jüngere
Personen grundsätzlich ein höheres Umweltbewusstsein an den Tag legen sowie bei
bestimmten Tätigkeiten (z.B. Einkauf, Abfallsortierung) umweltfreundlicher handeln als
Ältere. In derselben Studie wurde nachgewiesen, dass ältere Personen dafür im
Verkehrsverhalten umweltbewusster handeln; in einer anderen Untersuchung wurde gezeigt,
dass Recyclingverhalten mit dem Alter zunimmt. 63 Somit finden sich hier teilweise
widersprüchliche Ergebnisse. Allerdings ist festzuhalten, dass soziodemografische Variablen
offensichtlich eine Rolle spielen, wenn es um Umweltbewusstsein und Umweltverhalten geht.
Auch die Intention wird in einigen Untersuchungen als stärkste Determinante von
Umweltverhalten beschrieben64.
Welchen Einfluss soziodemografische Merkmale allerdings auf die Diskrepanzen zwischen
Einstellung, Intention und Verhalten hinsichtlich Umweltthemen aufweisen, ist weit weniger
erforscht. Auch in theoretischen Modellen werden soziodemografische Faktoren häufig nur als
situationale Faktoren berücksichtigt65. Kollmuss und Agyeman (2002) heben insbesondere das
Geschlecht und Ausbildungsjahre als einflussreiche Variablen für den Zusammenhang
zwischen Umwelteinstellungen und -verhalten hervor, während Chung und Leung (2007)
Geschlecht, Haushaltseinkommen sowie studienspezifische Daten (wissenschaftliches
Studium, Semesteranzahl) als Kontrollvariablen in ihrer Studie berücksichtigten. Allerdings
konnten in der Literatur keine klaren Aussagen gefunden werden, ob umweltbezogene
63 Vgl. Lehmann (1999), S. 71-82.; Neugebauer (2004), S. 12-15. 64 Vgl. Barr (2004); Barr (2006). 65 Vgl. Kollmuss, Agyeman (2002).
36
Diskrepanzen hinsichtlich Einstellung, Intention (die bisher allgemein wenig erforscht wurde)
und Verhalten bei allen Personen gleichermaßen auftreten oder ob es sich um
gruppenspezifische Vorkommnisse handelt. Deshalb soll in einem weiteren Schritt untersucht
werden, welche soziodemografischen Personengruppen überhaupt einen oder mehrere Value –
Intention – Action Gaps aufweisen. Dafür wurden die in Studien erwähnten Prädiktoren für
Einstellung und Verhalten sowie weitere relevante Kontrollvariablen ausgewählt, und folgende
Forschungsfrage formuliert:
Bei welchen soziodemografischen Gruppen (im Hinblick auf Alter, Geschlecht,
Haushaltstyp, Bildung, Einkommen und Wohnort) treten Gaps zwischen Einstellung,
Intention und Verhalten auf?
Nachdem sich hier nur Vermutungen anstellen lassen und nicht davon ausgegangen werden
kann, dass beispielsweise Frauen aufgrund ihres höheren Umweltbewusstseins auch
automatisch seltener eine Diskrepanz zwischen ihren Einstellungen und ihrem Verhalten
aufweisen als Männer, wurde diese Frage bewusst ebenso offen formuliert wie die
vorausgehende.
Anhand der statistischen Analysen sollen schließlich Gruppen mit gewissen
soziodemografischen Merkmalen identifiziert werden, die zumindest einen der genannten Gaps
aufweisen und in einem folgenden Schritt genauer unter die Lupe genommen werden. Dabei
steht im Fokus, weshalb Personen sich nicht konsistent verhalten und welche Hindernisse und
Problematiken zu Gaps zwischen Einstellung, Intention und Verhalten führen. Es soll eine
möglichst breite Sammlung an Erklärungen gefunden werden, weshalb diese Diskrepanzen
auftreten und im alltäglichen Leben aufrechterhalten werden, anstatt sie durch konsistentes
Verhalten abzulösen. Zudem ist davon auszugehen, dass sich in Abhängigkeit von
soziodemografischen Merkmalen unterschiedliche Gründe für die genannten Diskrepanzen
zeigen werden, wodurch sich Möglichkeiten für detaillierte und auf bestimmte Zielgruppen
gerichtete Interventions- und Förderprogramme ergeben würden. Abschließend sollen
Lösungsansätze gefunden werden, wie man diesen Gründen, die umweltfreundliches Verhalten
unterbinden, entgegentreten kann. Auch hier drängt sich aufgrund der qualitativen
Herangehensweise eine offene Fragestellung auf:
37
Welche Gründe für Diskrepanzen zwischen Einstellung, Intention und Verhalten
sind in unterschiedlichen Gruppen zu finden?
Wie kann man diesen entgegenwirken?
Anhand dieser Befunde soll ein Verständnis dafür entwickelt werden, warum es sogar
umweltbewussten Menschen oftmals nicht gelingt, sich umweltfreundlich zu verhalten, und
potentielle Lösungsansätze für dieses Problem erarbeitet werden. Nachdem nun die
Forschungsfragen und deren Hintergründe dargestellt wurden, folgt im nächsten Kapitel ein
Überblick über das Forschungsdesign und die methodische Herangehensweise an die
interessierenden Punkte.
38
5. Forschungsdesign
Wie bereits in den vorhergehenden Kapiteln erwähnt wurde, gliedert sich diese Masterarbeit in
zwei empirische Teile. Zunächst werden Value – Intention – Action Gaps und ihr Auftreten bei
unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen quantitativ analysiert. Der zweite Teil befasst sich
mithilfe qualitativer Interviews mit den Gründen für das Entstehen der Gaps und potentiellen
Lösungsansätzen. Anhand dieser Methodentriangulation aus quantitativer und qualitativer
Sozialforschung soll eine möglichst detaillierte Untersuchung der Value – Intention – Action
Gaps ermöglicht werden. In diesem Kapitel wird ein Überblick über das Forschungsdesign und
die methodische Herangehensweise gegeben.
5.1. Quantitative Datenanalyse
Im ersten empirischen Schritt dieser Masterarbeit werden die Pretest-Daten des OeNB-Projekts
„CO2 Relevantes Umweltverhalten in Österreich“ aus dem Frühjahr 2019 herangezogen. Das
Projekt sowie das verwendete Datenmaterial werden an späterer Stelle detailliert beschrieben.
Im Fokus stehen die Forschungsfragen, ob bzw. welche der besagten Gaps nachgewiesen
werden können und bei welchen Personen diese mit höherer Wahrscheinlichkeit auftreten. Der
Datensatz wird zunächst auf mögliche Gaps zwischen Einstellung, Intention und Verhalten
mithilfe univariater, bivariater sowie multivariater Analysemethoden analysiert. Hierzu wird
das Statistikprogramm SPSS verwendet. Neben der standardmäßigen Variablenaufbereitung
und deskriptiven Analysen wird eine explorative Faktorenanalyse berechnet, die Auskunft über
die unterschiedlichen Dimensionen der Einstellungsvariablen geben soll. Im Anschluss daran
werden bivariate Kreuztabellen berechnet, um herauszufinden, ob es Personen gibt, die
entgegen ihrer grundsätzlich positiven Umwelteinstellung bzw. Intention dennoch
umweltschädliche, also CO2-intensive Verhaltensweisen zeigen. Um schlussendlich
rückschließen zu können, welche soziodemografischen Faktoren einen besonders hohen
Einfluss darauf haben, ob dieser Gap zwischen Einstellung und Verhalten, Einstellung und
Intention bzw. Intention und Verhalten auftritt, werden mehrere multinomiale
Regressionsmodelle berechnet. Somit kann die individuelle Wahrscheinlichkeit geschätzt
werden, eine Diskrepanz zwischen Einstellung, Intention und Verhalten aufzuweisen.
39
5.2. Qualitative Interviews
Durch die zusätzliche qualitative Herangehensweise soll schließlich eine möglichst breite
Erfassung von Barrieren für umweltfreundliches Handeln sowie eine tiefergehende Analyse der
quantitativen Ergebnisse ermöglicht werden. In Abhängigkeit von den Ergebnissen der
statistischen Auswertungen werden weitere Schritte gesetzt: Anhand der vorausgegangenen
Analysen werden Personengruppen identifiziert, die mit höherer Wahrscheinlichkeit einen Gap
aufweisen als andere Gruppen. Mit diesen werden daraufhin qualitative, leitfadengestützte
Interviews geführt, um den potentiellen Gründen für die berichteten Diskrepanzen
näherzukommen.
Der Interviewleitfaden besteht insgesamt aus 20 Fragen (s. Anhang) und beinhaltet einerseits
Elemente des Fragebogens, wie das individuelle umweltrelevante Verhalten in den Bereichen
Konsum und Mobilität sowie die persönliche Einstellung. Andererseits werden auch neue
Themenbereiche berücksichtigt, insbesondere die Frage nach den Gründen für fehlendes
Umweltverhalten. Zusätzlich werden individuelle Wünsche und gesellschaftliche
Lösungsansätze erfragt, um umweltfreundliches Verhalten zu erleichtern und großflächig
umsetzbar zu machen. Bereits zu Beginn der qualitativen Phase steht fest, dass insbesondere
die Frage, warum sich die Befragten trotz umweltpositiver Einstellung nicht umweltfreundlich
verhalten würden, heikel sein wird und möglicherweise auf Abwehr, Rechtfertigungen und
dergleichen stoßen könnte. Um dem entgegenzuwirken, wird zunächst anhand einiger
allgemeiner Fragen (wie zur persönlichen Relevanz von Umweltthemen im Alltag oder der
Rolle von Wirtschaft und Wissenschaft für den Umweltschutz) auf das Thema hingeführt. Nach
Abfrage der eigenen Verhaltensweisen hinsichtlich Konsum und Mobilität folgt die Frage,
warum es ihnen schwerfallen bzw. nicht gelingen würde, ihr Verhalten umweltfreundlich zu
gestalten. Im Anschluss wird darauf eingegangen, was sie sich wünschen würden bzw.
bräuchten, damit ihnen umweltfreundliches Handeln leichter fallen würde. Abschließend wird
auf gesellschaftliche Lösungsmöglichkeiten für die Klimakrise eingegangen. Zusätzlich
befinden sich im Leitfaden Fragen zu Kompensationsgedanken und Umweltwissen (inwieweit
die Befragten über die Auswirkungen ihres Verhaltens Bescheid wüssten), die im Rahmen eines
anderen Projekts aufgenommen wurden. Diese Dimensionen sind in dieser Masterarbeit
allerdings von geringerer Bedeutung und werden aufgrund fehlender Ressourcen bei der
Ergebnisdarstellung nicht behandelt.
Ⅱ.
Value – Intention – Action Gaps
basierend auf quantitativen Umfrageergebnissen
42
6. Quantitative Methodik
Im ersten empirischen Teil dieser Masterarbeit liegt der Fokus auf der quantitativen Analyse
von Value – Intention – Action Gaps bei Personen in Österreich. Dafür wird ein aktueller
Datensatz aus dem Jahr 2019 herangezogen. Eine Beschreibung der genauen Vorgehensweise
und der verwendeten Daten befindet sich im folgenden Teil.
6.1. Verwendetes Datenmaterial
Im ersten Schritt wird ein Datensatz des OeNB-Projekts „CO2 Relevantes Umweltverhalten in
Österreich“ herangezogen, welches vom Institut für Soziologie an der Karl-Franzens-
Universität Graz sowie der Forschungsgruppe „Zukunftsfähige Energiesysteme und
Lebensstile“ am Zentrum für Klima, Energie und Gesellschaft des Joanneum Research Graz
durchgeführt wird. In der vorliegenden Masterarbeit wird auf die Daten des Pretests
zurückgegriffen, da die Haupterhebung erst im Jahr 2020 erfolgen wird. Ziel dieses aktuellen
Projekts ist es, „1.) das Umweltverhalten und die dadurch verursachten CO2-Emissionen genau
zu erheben und 2.) die Determinanten des Umwelthandelns zu untersuchen“66. Daraus sollen
spezifische Empfehlungen für Verhaltensadaptionen, Interventionen und die Schaffung von
entsprechenden Rahmenbedingungen folgen. Zur Erreichung dieser Ziele wurde eine
umfassende Skala für CO2-relevantes Verhalten konstruiert, die auf vorausgehenden
Untersuchungen des Joanneum Research Graz zum Thema „Low-Carbon Lifestyle“ basiert.
Zusätzlich wird durch eine Methodentriangulation eine Erhöhung der Validität erreicht, indem
Beobachtungsprotokolle und externe Kriterien zur Überprüfung dieser miteinbezogen werden.
Im Gegensatz zu vielen Fragebögen, die das menschliche Verhalten nur anhand von
selbstberichteten Daten erheben, greift dieser Fragebogen sowohl auf das subjektiv berichtete
Verhalten als auch auf objektive Verhaltensnachweise zurück. Zum einen wird die individuelle
Einschätzung erfragt, wie viele Minuten man beispielsweise duscht oder wie viele Stunden man
alleine im Auto unterwegs ist. Zum anderen werden auch die Heizkostenabrechnung, der
Energieausweis oder der Kilometerstand des Autos zu zwei Zeitpunkten (mit Abstand eines
halben Jahres) erhoben. So soll vermieden werden, dass befragte Personen ihre Antworten
bewusst oder unbewusst verzerren.
66 Projektantrag ‚CO2 Relevantes Umweltverhalten in Österreich‘ (2017).
43
Der Pretest wurde im Frühjahr 2019 in unterschiedlichen, sowohl urbanen als auch ruralen
Gegenden Österreichs (Wien, Niederösterreich, Steiermark) durchgeführt. Er erfasst CO2-
relevantes Verhalten (die Bereiche Wohnen, Mobilität, Ernährung und Konsum),
Umwelteinstellungen sowie Intentionen bzgl. umweltfreundlichem Verhalten. Insgesamt
wurden 209 Personen unter Berücksichtigung soziodemografischer Variablen wie Geschlecht,
Alter und höchster abgeschlossener Schulbildung befragt.
6.2. Deskriptive Beschreibung der Stichprobe
Bei der Erhebung des Pretests wurde darauf geachtet, die strukturellen Rahmenbedingungen,
die einen starken Einfluss auf das Umweltverhalten haben, zu berücksichtigen. So wurde
versucht, gleiche Anteile von Personen aus urbanen als auch ländlichen Gebieten (in
Wien/Niederösterreich und der Steiermark) zu erreichen. Zusätzlich wurden mithilfe eines
Quotenplans weitere soziodemografische Variablen wie Geschlecht, Alter, Art des Haushalts
und Erwerbsmerkmale berücksichtigt. Insgesamt nahmen 209 Personen aus Österreich an
diesem Pretest teil.
Die Stichprobe besteht zu 53,1% aus Personen aus ländlichen Gebieten. Weitere 34,0%
entfallen auf Personen, die in einer Stadt leben, während für die restlichen 12,9% keine
eindeutigen Ergebnisse vorliegen. Aufgrund der angestrebten Gleichverteilung wären diese
unklaren Fälle wahrscheinlich einem städtischen Wohngebiet zuzuordnen. Da allerdings die
fehlenden bzw. nicht eindeutigen Angaben bzgl. des Wohnortes mancher Personen auf die
Erhebungsumstände zurückzuführen sind und die Daten nicht verfälscht werden sollen, werden
diese einer dritten Kategorie „unklarer Wohnort“ zugeordnet.
Des Weiteren sind 52,2% der Stichprobe Männer, die restlichen 47,8% sind Frauen. Die
Altersverteilung reicht von 20 bis 94 Jahren und wird für die vereinfachte Darstellung
kategorisiert. Somit befinden sich in der Stichprobe 19,1% zwischen 20 und 35 Jahren, 15,8%
zwischen 36 und 50 Jahren, 36,8% zwischen 51 und 65 Jahren, sowie 28,2% über 65 Jahren.
Auch die höchste abgeschlossene Schulbildung wird kategorisch dargestellt: 33,5% der
Befragten haben maximal die Pflichtschule mit Lehre oder eine berufsbildende mittlere Schule
abgeschlossen. In dieser Kategorie sind die Personen inkludiert, die keinen
Pflichtschulabschluss oder einen Pflichtschulabschluss ohne Lehre gemacht haben. Da es sich
dabei nur um 2,4% der Stichprobe handelt, wird diese kleine Fallzahl (n=5) in die niedrigste
Bildungskategorie aufgenommen. 38,3% der Befragten haben eine allgemeinbildende oder
44
berufsbildende höhere Schule mit Matura absolviert, und weitere 38,5% haben einen
Universitäts- oder Fachhochschulabschluss.
Die Art des Haushalts wurde über die Anzahl der ständig im Haushalt lebenden Personen
(Erwachsene und Kinder getrennt) erfragt. Es zeigt sich, dass 23,4% der befragten Personen als
einzige/r Erwachsene im Haushalt leben, und die restlichen 76,6% zwei oder mehr erwachsene
Personen im Haushalt umfasst (62,7% leben zu zweit, 8,6% zu dritt, 4,3% zu viert und 1,0% zu
fünft). Außerdem lebt bei 21,5% der Befragten zusätzlich mindestens ein Kind unter 18 Jahren
im Haushalt (davon fallen 10,5% auf ein Kind, 10,0% auf zwei Kinder und 1,0% auf drei
Kinder). Die restlichen 78,5% leben ohne minderjährige Kinder im Haushalt.
Als weitere soziodemografische Variablen wurden das eigene monatliche Netto-Einkommen
sowie das monatliche Netto-Einkommen des gesamten Haushalts erhoben. 14,4% der
Stichprobe weisen ein monatliches Netto-Einkommen bis 1000€ auf, weitere 33,0% verdienen
zwischen 1001 und 2000€ netto monatlich, 21,1% haben zwischen 2001 und 3000€ monatlich
zur Verfügung, und 13,4% haben ein monatliches Netto-Einkommen von über 3000€.
Bezüglich des monatlichen Haushaltseinkommens gaben 21,1% der Befragten an, bis zu 2000€
zu verdienen, weitere 34,9% weisen ein Haushaltseinkommen von 2001 bis 4000€ monatlich
auf, und 24,4% haben ein monatliches Haushaltseinkommen von über 4000€. Sowohl für das
eigene als auch das Haushaltseinkommen verweigerte ca. ein Viertel der Befragten die Aussage
(18,2% für das eigene Einkommen, 19,6% für das Haushaltseinkommen). Diese Gruppe wird
als eigene Kategorie mit unklarem Einkommen in die Analysen miteinbezogen.
Auf die Frage, wie besorgt man ganz allgemein um die Umwelt sei, antworteten 48,8% der
befragten Personen, dass sie sehr besorgt sind, sowie weitere 45,0% gaben an, eher besorgt zu
sein. Somit lässt sich festhalten, dass über 90% der Befragten sich grundsätzlich Sorgen im
Blick auf die Umwelt machen. 1,4% gaben weder noch an, 2,9% sind eher nicht besorgt, und
niemand gab an, überhaupt nicht besorgt zu sein. Lediglich 1,9% der Befragten enthielten sich
ihrer Meinung.
Im Vergleich dazu gaben nur 41,2% der Stichprobe an, dass es für sie sehr bzw. eher akzeptabel
wäre, viel höhere Steuern zu zahlen, um die Umwelt zu schützen. Viel höhere Preise zu
bezahlen, um die Umwelt zu schützen, war hingegen wieder für 70,9% sehr bzw. eher
akzeptabel, und 72,3% der Befragten hielten es für sehr bzw. eher akzeptabel, Abstriche vom
eigenen Lebensstandard zu machen, um die Umwelt zu schützen.
45
7. Quantitative Ergebnisse
Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse des ersten empirischen Schrittes, der
statistischen Analyse der Pretest-Daten des OeNB-Projekts „CO2 Relevantes Umweltverhalten
in Österreich“, vorgestellt. Zunächst wird die Operationalisierung der interessanten Variablen
Einstellung, Intention und Verhalten mithilfe deskriptiver Analysen dargestellt, die daraufhin
in weitere inferenzstatistische Analysen eingehen. Anschließend werden die daraus
gewonnenen Ergebnisse für die drei Gaps Value – Action, Value – Intention und Intention –
Action präsentiert und diskutiert.
7.1. Dimensionen der Umwelteinstellung
Die Einstellung zu Umweltthemen wurde im Fragebogen mittels einer Likert-Skala erhoben,
die aus 12 Items besteht. Die Untersuchungspersonen konnten zu den 12 Aussagen den Grad
ihrer Zustimmung äußern (1 = „stimme stark zu“, 5 = „stimme überhaupt nicht zu“). Zusätzlich
konnten die befragten Personen die Antwortkategorie „Kann ich nicht sagen“ auswählen. Um
die in dieser Itembatterie enthaltenen Einstellungsdimensionen zu ermitteln, wird eine
explorative Faktorenanalyse berechnet. Die rotierte Komponentenmatrix der einzelnen Items
und ihrer Faktorladungen sind in Tabelle 2 dargestellt.
Tabelle 2: Rotierte Komponentenmatrix der Faktorenanalyse Umwelteinstellung
Variable Faktor 1 Faktor 2 Faktor 3 Faktor 4
V1 Es gibt wichtigeres im Leben zu tun, als die Umwelt
zu schützen.
,822 ,054 -,197 ,254
V2 Viele Behauptungen über die Gefährdung der
Umwelt sind übertrieben.
,645 -,410 ,191 -,004
V3 Fast alles, was wir in unserer modernen Welt tun,
schadet der Umwelt.
-,136 ,585 ,179 ,235
V4 Um die Umwelt schützen zu können, braucht
Österreich wirtschaftliches Wachstum.
,107 -,682 ,180 ,054
V5 Wirtschaftswachstum schadet immer der Umwelt. ,202 ,741 ,130 -,290
V6 Es fällt mir schwer zu beurteilen, ob mein Lebensstil
der Umwelt nützt oder schadet.
-,136 ,229 ,622 ,219
V7 Die moderne Wissenschaft wird unsere
Umweltprobleme bei nur geringer Veränderung unserer
Lebensweise lösen.
-,019 -,293 ,680 -,092
46
V8 Die Leute machen sich zu viele Sorgen, dass der
menschliche Fortschritt der Umwelt schadet.
,357 ,061 ,480 ,037
V9 Für jemanden wie mich ist es einfach zu schwierig,
viel für die Umwelt zu tun.
,225 ,259 ,468 ,518
V10 Ich tue das, was für die Umwelt richtig ist, auch
wenn mich das mehr Geld oder Zeit kostet.
,078 ,273 ,106 -,706
V11 Es ist zwecklos, meinen Beitrag für die Umwelt zu
leisten, solange andere sich nicht genauso verhalten.
,376 ,113 ,168 ,641
V12 Wir machen uns heutzutage zu viele Sorgen über
die Zukunft der Umwelt und zu wenig um Preise und
Arbeitsplätze.
,567 ,006 ,541 -,079
Erklärte Varianz 21,2% 15,6% 10,6% 9,9%
Anm.: Die hier dargestellte Reihenfolge und Nummerierung der Items entsprechen nicht der Darstellung im
Fragebogen, sondern wurden zum Zweck der Übersichtlichkeit und des besseren Verständnisses neu gereiht.
Anhand des Kaiser-Meyer-Olkin-Kriteriums wird die Eignung des Datensatzes für eine
Faktorenanalyse überprüft, die mit einem Wert von 0,588 als ausreichend hingenommen
werden kann. Da das KMO-Maß allerdings verhältnismäßig niedrig ausfällt, wird zusätzlich
ein Bartlett-Test auf Sphärizität durchgeführt. Dieser weist anhand der signifikanten
Abweichung der Korrelationskoeffizienten von 0 auf die Erfüllung der Voraussetzungen für
eine Faktorenanalyse hin.67 Auch die Kommunalitäten der einzelnen Items weisen mit einer
Ausnahme Werte über 0,4 auf. Das Item „Die Leute machen sich zu viele Sorgen, dass der
menschliche Fortschritt der Umwelt schadet“ weist eine Kommunalität von lediglich 0,363 auf,
wird allerdings aufgrund inhaltlicher Überlegungen und aus Gründen der Reliabilität in die
weiteren Analysen miteinbezogen.
Die explorative Faktorenanalyse legt die Extraktion von vier Faktoren nahe, welche insgesamt
57% der Gesamtvarianz erklären. Auch inhaltlich lassen sich zugrundeliegende Dimensionen
finden. Die durch die Faktorenanalyse vorgeschlagenen vier Faktoren werden schließlich als
neue Mittelwertindizes gebildet, um eine Reduktion der gültigen Fälle soweit als möglich zu
vermeiden.
Die Dimension des ersten Faktors wird als Makrofatalismus bezeichnet. Sie umfasst die
Variablen V1 und V2 (s. Tab. 2) und beschreibt die Bedeutung von Umweltthemen auf
gesamtgesellschaftlicher Ebene. Insbesondere die Einschätzung über die Ernsthaftigkeit und
Dringlichkeit von Umweltproblemen wird hier hervorgehoben. Laut Faktorenanalyse erklärt
67 Vgl. Janssen, Laatz ( 2017), S.603f.
47
dieser Faktor bzw. der neu gebildete Index 21,2% der Gesamtvarianz. Zusätzlich wird dieser
mithilfe Cronbachs Alpha einer Reliabilitätsüberprüfung unterzogen und weist einen
Reliabilitätskoeffizienten von α = 0,523 auf. Dieser fällt somit nicht allzu hoch aus, wird für
die weiteren Analysen aber als ausreichend herangezogen. Der Mittelwert dieses Index liegt bei
4,16, was bedeutet, dass der Großteil der Stichprobe nur gering makrofatalistisch denkt und die
Gefährdung der Umwelt sehr wohl als dringliches Problem wahrgenommen wird.
Der zweite Index trägt den Namen Ökologische Modernisierung und umfasst die Variablen V3,
V4 (umgepolt) und V5 (s. Tab. 2). Er bezieht sich auf die Rolle der Wirtschaft und
Technisierung der Gesellschaft, welche in Wechselwirkung mit der Umwelt steht. Insbesondere
das Wirtschaftswachstum wird in Bezug auf die Schädigung der Umwelt bzw. den
Umweltschutz hervorgehoben. Als mitunter zentrale Frage erscheint die mögliche Koexistenz
zwischen Wirtschaftswachstum und einer gesunden Umwelt sowie deren Schutz. Dieser Index
weist der Faktorenanalyse zufolge eine erklärte Gesamtvarianz von 15,6% auf. Ähnlich wie bei
dem ersten Index liegt auch hier der Reliabilitätskoeffizient mit α = 0,566 eher niedrig. Der
Mittelwert beträgt 2,59; somit sind die Aussagen zur Bedeutung der Wirtschaft in der
Stichprobe eher ausgeglichen und es finden sich sowohl Zustimmung als auch Ablehnung auf
die vorgegebenen Items.
Die dritte Dimension, Wissenschaftlicher Fortschritt, bildet das Vertrauen in die Wissenschaft
und deren Bedeutung für den Umweltschutz (z.B. durch die Erfindung neuer Prozesse,
Maschinen usw.) ab. In diesem Index werden die Variablen V6, V7 und V8 (s. Tab. 2) vereint.
Die Faktorenanalyse gibt hier eine erklärte Varianz von 10,6% an, und das Cronbachs Alpha
liegt für diesen Index bei α = 0,343. Hier inkludiert ist auch das Item mit einer Kommunalität
unter 0,4, da nach dessen Ausschluss die Reliabilität noch niedriger gewesen wäre. Der Index
wird trotz der geringen Reliabilität in die folgenden Berechnungen einbezogen, da die
Faktorenanalyse und inhaltliche Überlegungen seine Sinnhaftigkeit untermauern. Der
Mittelwert liegt bei 3,85, was bedeutet, dass die befragten Personen tendenziell weniger
Vertrauen in den wissenschaftlichen Fortschritt aufweisen.
Als vierte Dimension kristallisiert sich das Pendant zum ersten Index heraus, nämlich der
Mikrofatalismus. Dieser umschreibt die persönliche Bedeutung von Umweltschutz sowie die
Bereitschaft, etwas dazu beizutragen. Des Weiteren befinden sich Elemente der
Selbstwirksamkeit bzw. der individuellen Machtlosigkeit in den zugehörigen Items V9, V10
(umgepolt), V11 (s. Tab. 2). Dieser Index leistet laut der Faktorenanalyse einen Beitrag von
9,9% zur Erklärung der Gesamtvarianz. Die Reliabilität zeigt sich ähnlich wie bei den ersten
48
beiden Indizes eher schlecht mit einem α = 0,501. Der Mittelwert liegt ähnlich hoch wie bei
dem Index Makrofatalismus bei 4,19. Das zeigt, dass die Befragten zu einem Großteil gering
mikrofatalistisch denken, ihnen die Umwelt am Herzen liegt und sie ihren Beitrag zum Schutz
der Umwelt leisten (wollen).
Das Item V12, „Wir machen uns heutzutage zu viele Sorgen über die Zukunft der Umwelt und
zu wenig um Preise und Arbeitsplätze“, wird aus der Indexbildung und den weiteren
Berechnungen ausgeschlossen, da es auf zwei Faktoren ähnlich hohe Ladungen aufweist und
sich auch inhaltlich nicht eindeutig zuordnen lässt.
Eine Zusammenfassung der neugebildeten Indizes ist in Tabelle 3 dargestellt.
Tabelle 3: Indizes der Einstellungsdimensionen
Index Variablen Beschreibung Reliabilität
Makrofatalismus V1, V2 Einstellung zu Umweltthemen im
gesellschaftlichen Kontext
0,523
Ökologische
Modernisierung
V3, V4, V5 Bedeutung von Wirtschaft und Technisierung
für die Lösung von Umweltproblemen
0,566
Wissenschaftlicher
Fortschritt
V6, V7, V8 Vertrauen in die Wissenschaft für die Lösung
von Umweltproblemen
0,343
Mikrofatalismus V9, V10, V11 Einstellung zu Umweltthemen im
individuellen Kontext
0,501
Auch in der Literatur lassen sich Parallelen zu den hier gefundenen Dimensionen ausmachen.
So verwenden z.B. Haller und Hadler (2008) in ihren Analysen die Einstellungsdimension
‚Ökologischer Fatalismus‘ als abhängige Variable, die sie ebenfalls anhand einer
Faktorenanalyse aus einem Pool an umweltbezogenen Einstellungsitems extrahieren. Sie weist
eine Reliabilität von 0,70 auf. Die Autoren bezeichnen diese Dimension als ‚pessimistische
Umweltorientierung’, die inhaltlich gleiche Fragen umfasst wie die hier verwendeten Items
V12 („Wir machen uns heutzutage zu viele Sorgen über die Zukunft der Umwelt und zu wenig
um Preise und Arbeitsplätze.“) und V9 („Für jemanden wie mich ist es einfach zu schwierig,
viel für die Umwelt zu tun.“).68 Somit deckt sich der ‚Ökologische Fatalismus‘ inhaltlich
teilweise mit der hier gefundenen Dimension des Fatalismus, die sich allerdings in individuelle
und gesellschaftliche Kontexte unterteilen lässt. Für die zwei weiteren Faktoren Ökologische
68 Vgl. Haller, Hadler (2008), S. 291.
49
Modernisierung und Wissenschaftlicher Fortschritt können ebenso Ähnlichkeiten in der
Literatur gefunden werden. So betiteln Kreimer und Hutterer (2019) eine
Einstellungsdimension als ‚Verantwortungszuschreibung an Wissenschaft und Technik‘.
Dieser Faktor besteht allerdings nur aus einer Variable („Wissenschaft und Technik werden
viele Umweltprobleme lösen, ohne dass wir unsere Konsumgewohnheiten ändern müssen.“),
die dem hier verwendeten Item V7 sehr ähnlich ist, jedoch beide Dimensionen Wissenschaft
und Technik in einem Item zusammenfasst. 69 Somit zeigen sich die in dieser Analyse
gefundenen Dimensionen als teilweise detaillierter im Vergleich zu bisherigen
Operationalisierungen der Umwelteinstellungen.
Für die weitere Vorgehensweise wird schließlich für jeden neugebildeten Index ein Mediansplit
durchgeführt, um die Stichprobe in Personen mit hohen sowie niedrigen Ausprägungen für die
jeweilige Einstellungsdimension einzuteilen. Als Vorbereitung für die bivariaten Kreuztabellen
werden daraufhin dichotome Einstellungsvariablen für die vier Dimensionen Makrofatalismus,
Ökologische Modernisierung, Wissenschaftlicher Fortschritt und Mikrofatalismus gebildet.
7.2. Allgemeine und verhaltensspezifische Intention
Die Intention für umweltbewusstes Handeln wird auf zwei unterschiedliche Arten in den
Analysen berücksichtigt: zum einen als grundsätzliche Bereitschaft bzw. Akzeptanz von
verschiedenen Maßnahmen, um die Umwelt zu schützen; und zum anderen als spezifische
Intention, eine bestimmte Verhaltensweise zu reduzieren.
Für die allgemeine Intention wird ein Mittelwertindex der folgenden drei Items gebildet:
„Inwieweit fänden Sie es für sich persönlich akzeptabel, …
- … viel höhere Preise zu bezahlen, um die Umwelt zu schützen?
- … viel höhere Steuern zu bezahlen, um die Umwelt zu schützen?
- … Abstriche von Ihrem Lebensstandard zu machen, um die Umwelt zu schützen?“
Als Antwortmöglichkeiten konnten die befragten Personen wiederum ihre Zustimmung in
fünffacher Abstufung ausdrücken (1 = „sehr akzeptabel“, 5 = „sehr inakzeptabel“). Dieser
Index weist eine akzeptable Reliabilität von α = 0,639 auf; und der Mittelwert liegt bei 2,7.
Somit liegt nach Kontrolle der Häufigkeiten eine gute und ausgeglichene Verteilung der
Intention, hier gemessen anhand der Akzeptanz von umweltschützenden Maßnahmen, in der
69 Vgl. Hadler et al. (2019), S. 56.
50
Stichprobe vor. Wie bei den Einstellungsindizes wird die Stichprobe anschließend anhand eines
Mediansplits in Personen mit hoher allgemeiner Intention (49,0%) und niedriger allgemeiner
Intention (51,0%) geteilt.
Die verhaltensspezifische Intention wird anhand der untersuchten Verhaltensweisen Mobilität
und Konsum ausgewählt. Demnach werden folgende zwei Variablen herangezogen:
„Wie häufig machen Sie die folgenden Dinge?
- Der Umwelt zuliebe das Autofahren einschränken.
- Der Umwelt zuliebe den Kauf von bestimmten Produkten vermeiden.“
Als Antwortmöglichkeit war eine vierstufige Skala gegeben mit den Ausprägungen „immer –
oft – manchmal – nie“. Zusätzlich gab es die Antwortkategorie „trifft nicht zu, z.B. kein Auto“.
Bei diesen Items wurde durch die Verwendung der Worte „einschränken“ und „vermeiden“ ein
sehr subjektiver Zugang gewählt, da die Wahrnehmung, ab welchem Punkt man sich
einschränkt bzw. etwas vermeidet, von Personen aufgrund der Unterschiede im
Nutzungsverhalten stark variieren kann. Dennoch wird hier die subjektive Bereitschaft bzw.
der Versuch gemessen, CO2-intensive Verhaltensweisen zu verringern. Diese beiden Variablen
werden als Einzelitems in die Berechnungen einbezogen und weisen einen Mittelwert von 2,6
(Autofahren einschränken) und 1,9 (Kauf von Produkten vermeiden) auf. Das heißt, dass
Personen tendenziell häufiger versuchen, sich in ihrem Konsum einzuschränken, als auf das
Autofahren zu verzichten. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass 16,7% der Befragten die
Antwortkategorie „trifft nicht zu“ auswählten, und somit mit hoher Wahrscheinlichkeit kein
Auto besitzen. Da für die weiteren Berechnungen eine Dichotomisierung dieser beiden
Variablen vonnöten ist, um Gruppen mit hoher und niedriger verhaltensspezifischer Intention
in den Kreuztabellen berücksichtigen zu können, werden die Antwortkategorien „immer“ und
„oft“ zusammengefügt (hohe Intention), sowie die Antwortmöglichkeiten „manchmal“ und
„nie“ (niedrige Intention). Somit weisen 54% der gültigen Fälle eine geringe Intention
hinsichtlich der Einschränkung des Autofahrens auf, 46% eine hohe Intention diesbezüglich
(16,7% fehlend, z.B. kein Auto). Beim Konsum zeigt sich eine etwas schiefere Verteilung;
lediglich 23,9% der Personen zeigen eine niedrige Intention bzgl. der Vermeidung des
Neukaufs von Produkten. Die restlichen 76,1% weisen eine hohe Intention auf, den Kauf von
Produkten der Umwelt zuliebe zu vermeiden.
51
7.3. Umweltverhalten
Wie bereits beschrieben, wird das Umweltverhalten anhand zweier Low-Cost und High-Impact
Verhaltensweisen exemplarisch analysiert: Mobilität und Konsum. Die herangezogenen Items
sowie die Operationalisierung dieser CO2-relevanten Verhaltensweisen werden nun skizziert.
7.3.1. Mobilität
Für die Dimension der Mobilität wird eine Variable aus dem Fragebogen ausgewählt, die die
gefahrenen Kilometer im letzten Jahr erfragt:
„Wie viele Kilometer haben Sie in den letzten 12 Monaten mit einem PKW zurückgelegt? (als
FahrerIn und/oder BeifahrerIn)“
Als Antwortmöglichkeiten standen den Befragten Kategorien von 1 = „0 km“ bis 10 = „mehr
als 50,000 km“ zur Auswahl. Auch die Antwortkategorie „weiß nicht“ war gegeben. Am
häufigsten wurde die vierte Antwortkategorie „5,001-10,000 km“ (Modus = 4) gewählt, der
Mittelwert liegt etwas darüber bei 4,8. Insgesamt gaben nur 2,4% der Personen an, 0 km im
Jahr zurückgelegt zu haben. 5,7% der Befragten wählten die Antwort „weiß nicht“ oder
machten keine Angabe. Anhand des Mediansplits (bei 5 = „10,001-15,000 km“) wird die
Stichprobe geteilt in Personen, die weniger Kilometer pro Jahr mit dem Auto fahren (65,5%),
und diejenigen, die mehr Kilometer pro Jahr mit dem Auto zurücklegen (34,5%).
7.3.2. Konsum
Der Konsum wurde mithilfe mehrerer Itembatterien erhoben, wovon zwei für die Analysen
ausgewählt werden. Die erste Itembatterie lautet:
„Wie viele von den folgenden Dingen haben Sie in den letzten 12 Monaten in etwa gekauft oder
geschenkt bekommen? (bei Bekleidung ausgenommen: Second-hand)
- Schuhe (inkl. Sport- / Wanderschuhe)
- Shirts / Tops / Blusen (auch für Sport)
- Hosen / Röcke (auch für Sport)
- Pullover / Kleider / Jacketts
- Jacken / Mäntel
- CDs / DVDs / Vinyl / Blu-rays
- Bücher“
Die acht vorgegebenen Antwortkategorien reichten von 1 = „0“ bis zu 8 = „Mehr als 20“.
52
Die zweite verwendete Itembatterie lautet:
„Wie oft kaufen Sie die folgenden Dinge im Schnitt neu?
- Smartphone / Mobiltelefon
- PC / Laptop
- Fernseher
- PKW
- Fahrrad
- Ski / Snowboard“
Hier waren Antworten von 1 = „jedes Jahr“ bis hin zu 7 = „seltener als alle 10 J.“, sowie 8 =
„Besitze ich nicht“ möglich.
Nach intensiven Überlegungen werden nur besonders CO2-intensive Produkte ausgewählt und
in den weiteren Analysen berücksichtigt. Dafür werden spezielle CO2-Impact-Werte für die
einzelnen Produkte, die von der Projektgruppe des Joanneum Research Graz berechnet wurden,
herangezogen. Es zeigt sich, dass durch den Kauf der Produkte Schuhe, Shirts/Tops/Blusen,
Hosen/Röcke, Jacken/Mäntel, Fernseher und PKW pro Jahr durchschnittlich am meisten zur
CO2-Produktion beigetragen wird. Die Items „Fernseher“ und „PKW“ werden umkodiert, um
auch hier eine Anzahl pro Jahr ausweisen zu können und sie mit den anderen Produkten
verbinden zu können. Daraufhin wird eine neue Variable berechnet, die den gesamten CO2-
Impact der Personen vorgibt. Dieser ergibt sich aus der Summe der einzelnen Produkt-Impacts,
die anhand der Anzahl des gekauften Produkts pro Jahr mal dem vorgegebenen Impact des
jeweiligen Produkts berechnet werden. Eine Mittelwertanalyse zeigt, dass die befragten
Personen alleine durch ihren Konsum im Durchschnitt über zwei Tonnen CO2 pro Jahr
produzieren (wobei hier nicht alle erhobenen Produkte inkludiert sind). Dieser Gesamtimpact
durch Konsum wird wiederum einem Mediansplit unterzogen und in eine dichotome Variable
rekodiert, um Personen mit hohem CO2-Impact durch Konsum (50,2%) von jenen mit
niedrigem Impact (49,8%) unterscheiden zu können.
7.4. Untersuchung der Value – Intention – Action Gaps
Im Anschluss an die Variablenaufbereitung werden bivariate Kreuztabellen zwischen den
Variablen für Einstellung, Intention und Verhalten berechnet, um die Stichprobe diesbezüglich
auf Diskrepanzen zu analysieren. Aus allen berechneten Kreuztabellen werden schließlich neue
Variablen für die einzelnen Gaps gebildet, die als abhängige Variablen in die weiteren
Berechnungen eingehen. Nach dieser deskriptiven Analyse folgen multinomiale Regressionen
für die drei Gaps zwischen Einstellung, Intention und Verhalten. Diese werden abschließend
berechnet, um zu ergründen, welche soziodemografischen Variablen einen Einfluss auf die
53
besagten Gaps haben. So soll die Frage beantwortet werden, ob Diskrepanzen zwischen
Einstellung, Intention und Verhalten bei allen Menschen gleichermaßen auftreten, oder ob
Personen mit bestimmten soziodemografischen Merkmalen eher zu Inkonsistenzen neigen.
Dafür werden die neuen Variablen der drei Gaps als abhängige Variablen und ausgewählte
soziodemografische Variablen (Geschlecht, Alter, Bildung, Kinder unter 18 Jahren, Anzahl der
Erwachsenen im Haushalt, Wohngebiet, Einkommen, Haushaltseinkommen) als unabhängige
Variablen in die Regressionsmodelle aufgenommen. In den folgenden Kapiteln werden für
jeden der drei Gaps die deskriptiven Ergebnisse der Kreuztabellen sowie die Ergebnisse der
Regressionsmodelle dargestellt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Relevanz werden nur
Ergebnisse für die interessanten Gaps (z.B. hohe Intention – hohe Verhaltensausprägung)
dargestellt; Ergebnisse für Personen mit beispielsweise niedriger Intention und hohem
Verhalten sowie niedriger Intention und geringem Verhalten werden an dieser Stelle nicht
berücksichtigt. Personen mit konsistenter umweltpositiver Einstellung, Intention und Verhalten
werden als Referenzgruppe herangezogen.
7.4.1. Value – Action Gap
Wie bereits festgehalten wurde, gilt die Grundannahme, dass eine Diskrepanz zwischen der
Einstellung und dem tatsächlichen Verhalten in der Stichprobe vorliegt. Grundsätzlich werden
anhand der Kreuztabellen vier Gruppen berechnet: 1. Personen, die eine hohe Ausprägung der
jeweiligen Einstellung aufweisen sowie eine hohe Ausprägung bzgl. ihres Verhaltens, 2. jene,
die eine hohe Ausprägung bzgl. der Einstellung und eine niedrige Ausprägung für das Verhalten
zeigen, 3. diejenigen mit niedriger Einstellung und hohem Verhalten, sowie 4. jene Personen,
die sowohl eine niedrige Ausprägung bei der Einstellung als auch beim Verhalten aufweisen.
Bezüglich Mikro- und Makrofatalismus sollten sich Personen, die hier eine geringe Ausprägung
aufweisen, aufgrund der theoretischen Überlegungen tendenziell umweltfreundlicher verhalten,
um eine Konsistenz zwischen ihren Einstellungen und ihrem Verhalten zu schaffen. Für die
Dimensionen Ökologische Modernisierung und Wissenschaftlichen Fortschritt sollten
Personen mit niedrigen Ausprägungen daran interessiert sein, sich tendenziell umwelt-
freundlicher zu verhalten, da sie anhand der theoretischen Überlegungen den Umweltschutz
selbst in die Hand nehmen müssten. Die berechneten Kreuztabellen zeigen, dass es bzgl. aller
Einstellungsdimensionen Personen gibt, die einen Gap zwischen der jeweiligen Einstellung und
ihrem Verhalten aufweisen. An dieser Stelle ist festzuhalten, dass Personen hinsichtlich der vier
Einstellungsdimensionen natürlich mehrere Gaps gleichzeitig aufweisen können.
54
Für das Verhalten Mobilität zeigt sich folgende Verteilung im Hinblick auf die vier
Einstellungsindizes:
Tabelle 4: Kreuztabellen Value-Action Gaps für Mobilität (gefahrene Kilometer pro Jahr)
Makrofatalismus Ökologische Modernisierung
niedrig hoch niedrig hoch
Auto Km niedrig 37,9% 27,7% niedrig 33,0% 32,5%
hoch 19,0% 15,4% hoch 13,2% 21,3%
n = 195 n = 197
Wissenschaftlicher Fortschritt Mikrofatalismus
niedrig hoch niedrig hoch
Auto Km niedrig 25,4% 40,1% niedrig 37,6% 27,9%
hoch 10,7% 23,9% hoch 19,3% 15,2%
n = 197 n = 197
In dieser Auswertung interessant sind jene Personen, die eine geringe Ausprägung hinsichtlich
der jeweiligen Einstellung aufweisen, und dennoch viel mit dem Auto fahren (s. Tab. 4, farblich
hinterlegte Zellen). Demnach lässt sich der prozentual größte Value-Action Gap mit 19,3% aller
Befragten zwischen der Einstellungsdimension Mikrofatalismus und dem Mobilitätsverhalten
verzeichnen. Inhaltlich bedeutet das, dass Personen, die diesen Gap aufweisen, den
individuellen Beitrag zum Umweltschutz grundsätzlich als wichtig einschätzen, aber dennoch
viele Kilometer im Jahr mit dem Auto zurücklegen. Auch für die Dimension des
Makrofatalismus zeigt sich bei 19,0% aller Befragten ein ähnlich großer Gap. Das trifft auf
Personen zu, die tendenziell wenig makrofatalistisch denken und die Gefährdung der Umwelt
als Problem wahrnehmen, allerdings trotzdem viel mit dem Auto fahren. Der Gap zwischen der
Einstellung hinsichtlich der ökologischen Modernisierung und dem Mobilitätsverhalten tritt bei
13,2% der Stichprobe auf. Diese Personen weisen der Wirtschaft und Technisierung tendenziell
weniger Bedeutung für den Umweltschutz zu, wodurch sie theoretisch selbst mehr Initiative
zeigen sollten, und fahren dennoch viele Kilometer im Jahr mit dem Auto. Der am seltensten
beobachtete Gap ist derjenige zwischen der Einstellung zum wissenschaftlichen Fortschritt und
den gefahrenen Kilometern. Nur 10,7% der Befragten haben wenig Vertrauen in den
wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Lösung der Umweltprobleme, während sie dennoch
viele Kilometer jährlich mit dem Auto zurücklegen.
55
Für die Verhaltensweise Konsum ergeben sich in Abhängigkeit der vier Einstellungsindizes
folgende Value-Action Gaps:
Tabelle 5: Kreuztabellen Value-Action Gaps für Konsum (CO2-Impact durch Konsum)
Makrofatalismus Ökologische Modernisierung
niedrig hoch niedrig hoch
Konsum niedrig 27,3% 22,9% niedrig 24,8% 25,2%
hoch 28,8% 21,0% hoch 21,8% 28,2%
n = 205 n = 206
Wissenschaftlicher Fortschritt Mikrofatalismus
niedrig hoch niedrig hoch
Konsum niedrig 19,8% 30,4% niedrig 30,0% 20,3%
hoch 17,4% 32,4% hoch 26,6% 23,2%
n = 207 n = 207
Für diese Masterarbeit relevant sind vor allem diejenigen Personen, die einen hohen CO2-
Impact durch Konsum generieren, obwohl sie eine niedrige Ausprägung der jeweiligen
Einstellung aufweisen (s. Tab. 5, farblich hinterlegte Zellen). Im Vergleich zu allen
Einstellungsdimensionen zeigt sich hinsichtlich des Makrofatalismus der größte Value-Action
Gap im Konsumverhalten. Demnach beschreiben sich 28,8% der Stichprobe als gering
makrofatalistisch und nehmen die Gefährdung der Umwelt als dringliches Problem wahr,
generieren aber dennoch aufgrund ihres Konsumverhaltes einen großen CO2-Impact. 26,6% der
Befragten sind gering mikrofatalistisch eingestellt, erachten es also als wichtig, ihren Beitrag
zum Schutz der Umwelt zu leisten, und konsumieren dennoch viel. Des Weiteren schreiben
21,8% aller Befragten der Wirtschaft und Technisierung nur wenig Bedeutung für den
Umweltschutz zu, wodurch sie selbst eher umweltfreundliches Verhalten zeigen sollten, es
allerdings nicht tun. Der Gap hinsichtlich des geringen Vertrauens in den wissenschaftlichen
Fortschritt und des dennoch CO2-intensiven Konsumverhaltens beläuft sich auf 17,4%.
Somit kann die Ausgangshypothese bestätigt und von einem vorhandenen Value-Action Gap
in den Bereichen Mobilität und Konsum in der vorliegenden Stichprobe gesprochen werden,
der bei 10% bis 29% der befragten Personen festzustellen ist. Es zeigt sich, dass im Bereich
Konsum häufiger ein Value-Action Gap zu verzeichnen ist (17% bis 29%) als im Bereich
Mobilität (10% bis 19%). Das bedeutet, dass sich Personen in ihrem Kaufverhalten tendenziell
weniger konsistent zu ihren Einstellungen verhalten, verglichen mit ihrer Autonutzung.
56
Um die Einflussfaktoren auf den Value-Action Gap zu ermitteln, werden multinomiale
Regressionen für die Diskrepanzen zwischen den vier Einstellungsdimensionen und den zwei
Verhaltensweisen berechnet. Wie Tabellen 6 und 7 zeigen, sind sowohl die Modelle für die
Verhaltensweise Mobilität als auch für CO2-intensives Konsumverhalten signifikant. Die
Regressionsmodelle für Mobilität weisen über alle Einstellungen hinweg eine erklärte
Gesamtvarianz von 30% bis 41% auf, während die Modelle für Konsum zwischen 31% und
38% der Gesamtvarianz erklären.
57
58
59
Die Ergebnisse für die Diskrepanz zwischen der jeweiligen Einstellungsdimension und dem
Mobilitätsverhalten, gemessen in gefahrenen Kilometern pro Jahr, sind in Tabelle 6 dargestellt.
Es zeigt sich, dass über alle vier Einstellungen hinweg insbesondere zwei soziodemografische
Variablen einen Einfluss darauf haben, ob ein Gap auftritt oder ob Einstellung und Verhalten
konsistent sind: Alter und Wohngebiet. Demnach haben im Vergleich zu Älteren jüngere
Personen eine höhere Wahrscheinlichkeit, eine Diskrepanz zwischen ihren Einstellungen bzgl.
Makrofatalismus, ökologischer Modernisierung sowie wissenschaftlichem Fortschritt und
ihrem Mobilitätsverhalten zu zeigen. Ebenso weisen Personen, die am Land leben, eine fünfmal
bzw. zehnmal höhere Wahrscheinlichkeit für einen Gap zwischen allen vier
Einstellungsdimensionen und dem Autofahren auf, verglichen mit Personen aus der Stadt.
Für die Gaps zwischen Einstellungen und Konsum (s. Tab. 7) lassen sich ähnliche Ergebnisse
finden. Für die Diskrepanz zwischen einer gering makrofatalistischen Einstellung und hohem
CO2-Ausstoß durch Konsum zeigt die Regressionsanalyse, dass Personen aus Singlehaushalten
diesen Gap mit einer viel geringeren Wahrscheinlichkeit aufweisen im Vergleich zu Menschen,
die zumindest mit einer zweiten erwachsenen Person im Haushalt leben. Dieser Befund
überrascht, da man tendenziell davon ausgehen würde, dass Menschen in
Mehrpersonenhaushalten aufgrund einer Verzerrung hinsichtlich des Pro-Kopf-Impacts
weniger Güter kaufen, da sie sich gewisse Produkte und Geräte mit den anderen Personen im
Haushalt teilen. Des Weiteren ist die Wahrscheinlichkeit, einen Gap zwischen der
Einstellungsdimension Makrofatalismus und dem CO2-Impact durch Konsum aufzuweisen, für
Personen, die am Land wohnen, fünfmal höher als für Personen aus der Stadt, verglichen mit
konsistentem Verhalten. Leichte, allerdings nicht signifikante Tendenzen zeigen sich bzgl.
Alter und Einkommen, wonach Jüngere (verglichen mit Älteren) und Personen mit einem
höheren Einkommen (im Vergleich zu GeringverdienerInnen) mit höherer Wahrscheinlichkeit
einen Gap zwischen ihrer makrofatalistischen Einstellung und ihrem Konsumverhalten
aufweisen (p = 0,054; p = 0,066). Für den Gap zwischen der Einstellung zur ökologischen
Modernisierung und dem konsumbedingten CO2-Ausstoß zeigt sich ebenfalls nur eine leichte
Tendenz hinsichtlich des Alters (p = 0,076). Die Regressionsmodelle für die Gaps zwischen der
Einstellung zur ökologischen Modernisierung bzw. zum wissenschaftlichen Fortschritt und
Konsum sind zwar signifikant, zeigen aber weder signifikante Prädiktoren noch Tendenzen für
das Auftreten des Gaps im Vergleich zu Personen, die eine Konsistenz zwischen Einstellung
und Verhalten aufweisen. Schließlich deutet das Modell für den Mikrofatalismus-Konsum Gap
wiederum darauf hin, dass Personen am Land eine fast viermal so hohe Wahrscheinlichkeit
haben, diesen Gap zu zeigen.
60
7.4.2. Value – Intention Gap
Des Weiteren stellt sich die Frage, ob eine Diskrepanz zwischen den Einstellungen und der
Intention der befragten Personen nachweisbar ist. Nach theoretischen Überlegungen sollten
niedrige Ausprägungen der Einstellungsindizes mit einer hohen Intention einhergehen. Eine
detaillierte Darstellung der Value-Intention Gaps ist in Tabelle 8 zu sehen.
Tabelle 8: Kreuztabellen Value-Intention Gaps
Makrofatalismus Ökologische Modernisierung
niedrig hoch niedrig hoch
Intention niedrig 23,3% 27,7% niedrig 20,3% 30,4%
hoch 33,0% 16,0% hoch 26,6% 22,7%
n = 206 n = 207
Wissenschaftlicher Fortschritt Mikrofatalismus
niedrig hoch niedrig hoch
Intention niedrig 14,4% 36,5% niedrig 26,4% 24,5%
hoch 22,1% 26,9% hoch 29,8% 19,2%
n = 208 n = 208
Hier wiederum relevant sind jene Personen, die eine niedrige Ausprägung bzgl. ihrer
Einstellung sowie eine niedrige Intention aufweisen (s. Tab. 8, farbig hinterlegte Zellen). In der
untersuchten Stichprobe tritt bei 26,4% aller Befragten ein Value-Intention Gap bzgl.
Mikrofatalismus auf. Das heißt, ein Viertel der befragten Personen schreibt dem individuellen
Beitrag zum Umweltschutz eine wichtige Rolle zu, zeigt aber wenig Bereitschaft, etwas am
eigenen Verhalten zu ändern. Der Gap zwischen makrofatalistischer Einstellung und Intention
tritt ähnlich häufig auf, nämlich bei 23,3% der Stichprobe. Demnach sind Personen, die einen
solchen Gap aufweisen, wenig makrofatalistisch und erkennen die Gefährdung der Umwelt als
relevantes Problem, aber zeigen dennoch wenig Intention zur Verhaltensänderung. 20,3% der
Stichprobe messen der ökologischen Modernisierung wenig Bedeutung bei, während sie wenig
Intention hinsichtlich umweltfreundlicher Veränderungen in ihrem Verhalten aufweisen. Der
Gap zwischen der Einstellung zum wissenschaftlichen Fortschritt und der Intention, ihr
Verhalten dementsprechend auszurichten, beläuft sich auf 14,4%. Somit kann man von einem
vorhandenen Value-Intention Gap sprechen, den in Abhängigkeit der jeweiligen
Einstellungsdimension zwischen 14% und 26% der befragten Personen aufweisen.
61
Zusätzlich werden Kreuztabellen für die verhaltensspezifischen Intentionsitems (Autofahren
einschränken, Kauf von Produkten vermeiden) berechnet, um Vergleiche zu den gefundenen
Gaps zwischen Einstellungen und der allgemeinen Intention ziehen zu können. Für die
Beziehung des subjektiv empfundenen Versuchs, das Autofahren zu reduzieren, und der
unterschiedlichen Einstellungsdimensionen zeigt sich tendenziell eine höhere Diskrepanz als
zwischen allgemeiner Intention und Einstellungen. So tritt ein Gap zwischen der Intention, auf
das Autofahren zu verzichten, und dem Makrofatalismus bei 27,9% der Befragten auf;
hinsichtlich des Mikrofatalismus zeigt sich ein Value-Intention Gap bei 21,8%; weitere 22,0%
zeigen eine Diskrepanz bezogen auf die Ökologische Modernisierung; und 17,8% aller
Befragten weisen einen Gap zwischen ihrem Vertrauen in den wissenschaftlichen Fortschritt
und der verhaltensspezifischen Intention, das Autofahren zu reduzieren, auf. Vergleicht man
die allgemeine Intention mit der verhaltensspezifischen Intention auf Konsumebene, zeigen
sich bei der gezielten Intention, den Kauf von bestimmten Produkten zu vermeiden, seltener
Diskrepanzen zur Einstellung als bei der allgemeinen Intention. Für die Dimension des
Makrofatalismus weisen 12,1% der Befragten eine Diskrepanz hinsichtlich ihrer spezifischen
Intention auf; für die Ökologische Modernisierung sind es 10,1%; der Gap zwischen
Mikrofatalismus und spezifischer Intention beläuft sich auf 8,6% und für das Vertrauen in den
wissenschaftlichen Fortschritt auf 7,2%. Das bedeutet, dass sich Personen in Bezug auf ihre
verhaltensspezifische Intention, den Kauf von Produkten zu vermeiden, hinsichtlich ihrer
Einstellungen konsistenter verhalten, verglichen mit ihrer Intention, weniger Auto zu fahren.
Im darauffolgenden Schritt wird der Gap zwischen den vier Einstellungsdimensionen und der
allgemeinen Intention (Bereitschaft, höhere Preise und Steuern zu zahlen, sowie Abstriche vom
eigenen Lebensstandard zu machen) mithilfe multinomialer Regressionsanalysen untersucht.
Es soll die Frage beantwortet werden, welche Faktoren einen Einfluss darauf haben, ob
Personen mit grundsätzlich positiven Umwelteinstellungen nur eine geringe Intention zeigen,
für den Schutz der Umwelt bestimmte Kompromisse einzugehen. Als Basiskategorie dienen
jene Personen, deren positive Umwelteinstellungen und hohe Intention konsistent sind. In der
Interpretation wird wiederum insbesondere auf den Vergleich zwischen diesen Personen und
jenen, die einen Gap zwischen ihren Einstellungen und der Intention aufweisen, geachtet. Es
zeigt sich allerdings, dass keines der vier Regressionsmodelle signifikant ist und die Ergebnisse
somit nicht auf die Grundgesamtheit der österreichischen Bevölkerung übertragen werden
können. Demnach kann zwar von einem Value-Intention Gap innerhalb der vorliegenden
Stichprobe gesprochen werden, es können aber keine besonders anfälligen Personen in
Abhängigkeit von soziodemografischen Merkmalen für diese Gaps diagnostiziert werden.
62
7.4.3. Intention – Action Gap
Des Weiteren wird die Stichprobe auf eine Diskrepanz zwischen der Intention und dem
tatsächlichen Verhalten untersucht. Grundsätzlich sollten Personen mit einer hohen Intention,
ihr Verhalten zu verändern und umweltbewusster zu gestalten, auch ein umweltfreundlicheres
Verhalten an den Tag legen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 9 dargestellt.
Tabelle 9: Kreuztabellen Intention-Action Gaps für Mobilität und Konsum
Intention allgemein Intention
Autofahren einschränken
niedrig hoch niedrig hoch
Auto Km niedrig 31,6% 33,7% niedrig 26,5% 34,3%
hoch 19,9% 14,8% hoch 28,3% 10,8%
n = 196 n = 166
Intention allgemein Intention
Konsum reduzieren
niedrig hoch niedrig hoch
Konsum niedrig 23,3% 26,7% niedrig 10,1% 40,1%
hoch 27,7% 22,3% hoch 14,0% 35,7%
n = 206 n = 207
Betrachtet man die Verhaltensweise gefahrene Kilometer im letzten Jahr, weist die Stichprobe
für die allgemeine Intention einen Intention-Action Gap von 14,8% auf. Im Vergleich dazu
zeigt sich unter Berücksichtigung der verhaltensspezifischen Intention, das Autofahren
einschränken zu wollen, ein Gap bei 10,8% der Befragten. Dieses Ergebnis zeugt von einem
höheren Zusammenhang zwischen der zielgerichteten Intention, das Autofahren einschränken
zu wollen und den tatsächlich mit dem Auto zurückgelegten Kilometern pro Jahr, im Vergleich
zur allgemeinen Intention, sich grundsätzlich für umweltschützende Maßnahmen zu erwärmen.
Dieses Ergebnis konnte auch anhand von bivariaten Korrelationen bestätigt werden (allgemeine
Intention x Km: r = -,085; verhaltensspezifische Intention x Km: r = -,282** bei p = 0,000).
Der umgekehrte Fall lässt sich beim Konsumverhalten beobachten. Hier zeigt sich ein Gap von
22,3% der Stichprobe bei einer hohen allgemeinen Intention und dem hohen CO2-Impact durch
Konsum. Betrachtet man allerdings die Beziehung zwischen Konsumverhalten und der
spezifischen Bereitschaft, auf den Kauf von bestimmten Produkten der Umwelt zuliebe zu
verzichten, so zeigt sich ein Gap bei 35,7% der befragten Personen. Auch durch
63
Korrelationsanalysen zeigt sich ein höherer Zusammenhang zwischen allgemeiner Intention
und Konsum im Vergleich zur spezifischen Intention, allerdings nur bei Betrachtung der
metrischen Variablen (allgemeine Intention x Konsum: r = ,233** bei p = 0,001;
verhaltensspezifische Intention x Konsum: r = ,179** bei p = 0,010).
Somit lässt sich schlussfolgern, dass in Abhängigkeit der Verhaltensweise und der Intention
zwischen einem Zehntel und einem Drittel der befragten Personen einen Intention-Action Gap
aufweisen. Demnach haben einige Personen nachgewiesenermaßen eine hohe Intention, ihr
Verhalten zu verändern und umweltschonender zu gestalten, setzen diese aber nicht in die Tat
um und legen viele Kilometer pro Jahr mit dem Auto zurück oder verursachen durch ihr
Konsumverhalten große Mengen an CO2.
Darauffolgend wird mithilfe vier multinomialer Regressionen untersucht, welche Personen eher
dazu neigen, eine Diskrepanz zwischen ihrer allgemeinen Intention sowie der
verhaltensspezifischen Intention und ihrem Mobilitäts- sowie Konsumverhalten aufzuweisen.
Als Basiskategorie dienen wiederum jene konsistenten Personen ohne Gap, die eine hohe
Intention aufweisen, sich umweltgerecht zu verhalten, und deren CO2-Impact sowie die
gefahrenen Kilometer pro Jahr eher gering sind. Insgesamt drei der vier Modelle weisen eine
signifikante Abweichung von der Nullhypothese auf, wodurch die Ergebnisse nicht auf den
Zufall zurückzuführen sind und auf die Grundgesamtheit übertragen werden können. Die
Ergebnisse der Regressionen werden in den folgenden Tabellen dargestellt. Es werden
wiederum nur Ergebnisse für den interessanten Gap (hohe Intention – hohe
Verhaltensausprägung) dargestellt.
Tabelle 10: Einflussfaktoren auf die Diskrepanz zwischen allgemeiner Intention und Autofahren
Gesamtintention-Auto Km Gap
B Exp(B)
Geschlecht (1=männl., 2=weibl.) -,356 ,701
Alter -,041 ,960*
Erwachsene (0=1, 1=2+) 1,443 4,233
Kinder unter 18 J. (0=0, 1=1+) -,339 ,712
Einkommen ,001 1,001
Haushaltseinkommen ,000 1,000
Pflichtschule, BMS (Ref. Universität, FH) ,143 1,153
BHS, AHS (Ref. Universität, FH) -,993 ,371
Wohngebiet unklar (Ref. Stadt) ,026 1,027
Wohngebiet Land (Ref. Stadt) 2,034 7,646**
Konstante -2,791
64
Signifikanz des Modells ,008**
Pseudo-R2 nach Nagelkerke ,331
N 140
Anm.: * = p < 0,05; ** = p < 0,01; ad N: fehlende Werte aufgrund des Antwortverhaltens bzgl. Einkommen.
Das erste Modell zum Gap zwischen allgemeiner Intention und dem Autofahren erweist sich
als signifikant, also für die Grundgesamtheit gültig, und erklärt 33% der Gesamtvarianz. Wie
aus Tabelle 10 hervorgeht, sind die Variablen Alter und ländliches Wohngebiet signifikant. Das
bedeutet zum einen, dass jüngere Personen mit höherer Wahrscheinlichkeit einen Gap zwischen
ihrer Intention und ihren mit dem Auto zurückgelegten Kilometern pro Jahr aufweisen, im
Vergleich zu einer konsistenten Verhaltensweise hinsichtlich der Intention. Zum anderen steigt
für Personen, die am Land leben, im Vergleich zu StädterInnen die Wahrscheinlichkeit um ein
Vielfaches, einen Gap zwischen ihrer Intention und ihrem Mobilitätsverhalten aufzuweisen, als
in ihrem Verhalten konsistent zu ihren Intentionen zu sein. Auch der Likelihood-Quotienten-
Test legt nahe, dass die beiden Variablen Alter und Wohngebiet am relevantesten für dieses
Modell sind.
Als nicht signifikant stellt sich der Gap zwischen der verhaltensspezifischen Intention, das
Autofahren reduzieren zu wollen, und den tatsächlich gefahrenen Kilometern pro Jahr heraus.
Demnach können die Ergebnisse nicht auf die Grundgesamtheit ausgeweitet werden.
Unabhängig davon zeigen sich auch für die Stichprobe keine signifikanten Unterschiede
zwischen den verschiedenen Personengruppen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit des
Auftretens einer Diskrepanz zwischen der spezifischen Intention und dem Autofahren.
Ähnliche Ergebnisse liefert das Regressionsmodell für den Gap zwischen der allgemeinen
Intention und dem CO2-intensiven Konsumverhalten. Zwar erweist sich das Modell als
signifikant mit einer erklärten Gesamtvarianz von 31%, allerdings können die untersuchten
soziodemografischen Merkmale keinen Beitrag zur Auftretenswahrscheinlichkeit einer
Diskrepanz zwischen Gesamtintention und Konsum leisten (s. Tab. 11). Lediglich eine Tendenz
hinsichtlich des Wohnortes lässt sich erkennen (p = 0,072), indem Personen mit ländlichem
Wohnsitz eine höhere Wahrscheinlichkeit hinsichtlich des Auftretens eines Intention-Action
Gaps aufweisen.
65
Tabelle 11: Einflussfaktoren auf die Diskrepanz zwischen allgemeiner Intention und Konsum
Gesamtintention-Konsum Gap
B Exp(B)
Geschlecht (1=männl., 2=weibl.) ,028 1,028
Alter -,019 ,982
Erwachsene (0=1, 1=2+) ,302 1,352
Kinder unter 18 J. (0=0, 1=1+) ,855 2,351
Einkommen ,000 1,000
Haushaltseinkommen ,000 1,000
Pflichtschule, BMS (Ref. Universität, FH) ,030 1,031
BHS, AHS (Ref. Universität, FH) -,536 ,585
Wohngebiet unklar (Ref. Stadt) 1,372 3,944
Wohngebiet Land (Ref. Stadt) 1,125 3,080
Konstante -2,457
Signifikanz des Modells ,013*
Pseudo-R2 nach Nagelkerke ,309
N 146
Anm.: * = p < 0,05; ** = p < 0,01; ad N: fehlende Werte aufgrund des Antwortverhaltens bzgl. Einkommen.
Im Vergleich dazu zeigt die multinomiale Regression für den Gap zwischen der
verhaltensspezifischen Intention, den Kauf von bestimmten Produkten vermeiden zu wollen,
und dem CO2-intensiven Konsumverhalten eindeutigere Ergebnisse. Diese werden in Tabelle
12 dargestellt.
Tabelle 12: Einflussfaktoren auf die Diskrepanz zwischen spezifischer Intention und Konsum
Spezifische Intention-Konsum Gap
B Exp(B)
Geschlecht (1=männl., 2=weibl.) ,082 1,085
Alter -,033 ,968*
Erwachsene (0=1, 1=2+) ,964 2,621
Kinder unter 18 J. (0=0, 1=1+) 1,056 2,874*
Einkommen ,001 1,001*
Haushaltseinkommen ,000 1,000
Pflichtschule, BMS (Ref. Universität, FH) 1,026 2,789
BHS, AHS (Ref. Universität, FH) ,078 1,082
Wohngebiet unklar (Ref. Stadt) ,431 1,539
Wohngebiet Land (Ref. Stadt) ,766 2,151
Konstante -2,863
Signifikanz des Modells ,010*
Pseudo-R2 nach Nagelkerke ,321
N 146
Anm.: * = p < 0,05; ** = p < 0,01; ad N: fehlende Werte aufgrund des Antwortverhaltens bzgl. Einkommen.
66
Dieses signifikante Modell kann insgesamt 32% der Gesamtvarianz erklären. Signifikante und
durch den Likelihood-Quotienten-Test nachweisbar relevante Variablen sind das Alter, Kinder
unter 18 Jahren im Haushalt sowie das individuelle Einkommen. Inhaltlich bedeutet das, dass
jüngere Menschen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einen Gap zwischen ihrer
Bereitschaft, den Kauf von Produkten zu vermeiden, und ihrem tatsächlichen Konsumverhalten
als eine Konsistenz aufweisen, verglichen mit älteren Personen. Hier zeigt sich auch ein
Unterschied in Abhängigkeit von im Haushalt lebenden minderjährigen Kindern. So haben
Personen, bei denen mindestens ein Kind unter 18 Jahren im Haushalt lebt, eine fast dreimal so
hohe Wahrscheinlichkeit, einen Gap zwischen spezifischer Intention und CO2-intensivem
Kaufverhalten aufzuweisen im Vergleich zu Personen ohne Kinder im Haushalt. Ebenso zeigt
sich das Einkommen als einflussreich, indem Personen mit einem höheren monatlichen
Nettoeinkommen eine höhere Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des Intention-Action Gaps
aufweisen, verglichen mit Menschen mit einem niedrigeren Einkommen.
67
8. Diskussion der quantitativen Ergebnisse
Zusammenfassend handelt es sich hier um eine Stichprobe mit überdurchschnittlich hohem
Bildungsgrad, die sich im Allgemeinen große Sorgen um die Umwelt macht. Diese Tendenz zu
einem stark ausgeprägten Umweltbewusstsein sollte nicht überraschen, da die Wichtigkeit des
Umweltschutzes durch Medien, Organisationen, WissenschafterInnen oder die öffentliche
Meinung immer stärker betont wird. Bereits De Haan und Kuckartz (1996) berichten, dass das
Umweltbewusstsein der Deutschen im späten 20. Jahrhundert stetig zunahm und
Umweltthemen damals schon zu den wichtigsten Themen der Zukunft gerechnet wurden. Über
mehrere Repräsentativstudien konnten sie festhalten, dass man bereits in den 1990er Jahren von
einem sehr hohen Umweltbewusstsein der Bevölkerung sprechen konnte. Die Autoren
verweisen in dem Kontext allerdings auch auf die soziale Erwünschtheit, indem
Befragte in ihren Antworten Zustimmung zu einem Statement signalisieren oder behaupten, dass
sie sich in bestimmter Weise verhalten (etwa: im Bioladen einkaufen), weil sie – wenigstens nach
außen – auch zu denen gehören möchten, die sich für eine allseits als ‚gute Sache‘ eingestufte
Orientierung stark machen.70
Demnach wirkt sich die Bedeutung von Umweltschutz in der öffentlichen Meinung auf die
Angaben des persönlichen Umweltbewusstseins bzw. der Sorge über die Umwelt aus.71
Bezüglich auftretender Diskrepanzen kann gezeigt werden, dass alle drei Formen der anfangs
möglichen Gaps in der Stichprobe auftreten, wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungen.
Somit kann das in Anlehnung an die ‚Theory of Planned Behavior‘ von Ajzen und Fishbein
sowie an das ‚Framework of Environmental Behavior‘ von Barr erstellte vereinfachte Modell,
das eine lineare Reihenfolge von Einstellung, Intention und Verhalten annimmt, nicht bestätigt
werden. Demzufolge kann auch bei hoher Intention nicht automatisch von dem gewünschten
Verhalten ausgegangen werden.
Für den Bereich Konsum lässt sich sowohl hinsichtlich des Value-Action Gaps als auch des
Intention-Action Gaps eine größere Anzahl an Personen mit eben diesen Diskrepanzen
verzeichnen als im Bereich Mobilität. Demnach fällt es Personen in ihrem Konsumverhalten
schwerer, ihre umweltpositiven Einstellungen und Intentionen umzusetzen, als im
Mobilitätsbereich, obwohl es sich bei beiden Verhaltensweisen um Low-Cost-Situationen
handelt, die relativ leicht von den Akteuren gelenkt werden könnten. Die Gründe dafür könnten
70 De Haan, Kuckartz (1996), S. 94. 71 Vgl. Ebd., S. 70f., 90ff..
68
durch den Einfluss soziodemografischer Variablen oder anderen bisher unbekannten Faktoren
erklärt werden, die im zweiten empirischen Teil dieser Masterarbeit untersucht werden.
Des Weiteren zeigen sich insbesondere hinsichtlich des Value-Action Gaps sowie des
Intention-Action Gaps signifikante Unterschiede in Abhängigkeit von soziodemografischen
Merkmalen. Als besonders einflussreich erwiesen sich das Alter, das Wohngebiet sowie die
Haushaltskonstellation. Zusammengefasst zeigen jüngere Menschen, Personen mit Wohnort
am Land, sowie Familien mit Kindern unter 18 Jahren im Haushalt und gutem Einkommen mit
höherer Wahrscheinlichkeit eine Diskrepanz zwischen ihren Einstellungen bzw. Intentionen
und ihrem Verhalten als eine Konsistenz.
Nun ergeben sich unterschiedliche Erklärungsoptionen. Hinsichtlich des Alters könnte man
schlussfolgern, dass sich jüngere Personen aufgrund der sozialen Erwünschtheit in ihrem
Antwortverhalten stärker beeinflussen lassen als Ältere. Schließlich wird der Trend zu mehr
Umweltbewusstsein derzeit enorm durch soziale Medien und Organisationen wie „Fridays for
Future“ verstärkt. Dadurch besteht die Möglichkeit, dass sich jüngere Menschen aufgrund ihres
sozialen Umfeldes und ihrer Peergroups nach außen hin als umweltbewusst bezeichnen, um
dazuzugehören, während sie in ihrem Verhalten weniger Wert darauf legen. Eine weitere
Erklärungsoption stellt der finanzielle Aspekt dar. Zum einen sind umweltfreundliche und
ressourcenschonende Alternativen häufig etwas kostspieliger als die Standardvarianten, und
zum anderen haben jüngere Menschen oft weniger Geld zur Verfügung als ältere. Somit sind
Jüngere aufgrund ihrer finanziellen Situation und dem derzeitigen Markt für „Green Products“
in ihren Entscheidungen eingeschränkter, trotz des vorhandenen Umweltbewusstseins.
Die Diskrepanz in Abhängigkeit des Wohnortes lässt sich im Vergleich dazu leichter erklären,
da es für Menschen am Land schlichtweg oft nicht möglich ist, trotz ihrer positiven
Umwelteinstellungen und Intentionen ein ähnlich umweltfreundliches Verhalten an den Tag zu
legen. Denn die Möglichkeiten, ob für den Kauf von umweltfreundlicheren Produkten oder die
Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad, sind in der Stadt um ein
Vielfaches mehr gegeben bzw. leichter umsetzbar als am Land.
Bezüglich der Haushaltskonstellation liegt die Vermutung nahe, dass Personen mit einer
Familie aufgrund der Mehrarbeit im Haushalt und dem Versorgen von weiteren Personen ihre
grundsätzlich positiven Umwelteinstellungen und Intentionen im Vergleich zu Personen in
Singlehaushalten seltener in tatsächliches Verhalten überführen können. Bei all diesen
Überlegungen handelt es sich allerdings um Vermutungen, die im zweiten Teil dieser
Masterarbeit mithilfe qualitativer Interviews bestätigt, ergänzt oder widerlegt werden sollen.
69
Spannend ist hierbei, dass sich die Ergebnisse nicht mit den Berichten aus der Literatur decken.
Während beispielsweise Kollmuss und Agyeman (2002) insbesondere das Geschlecht und die
Anzahl der Ausbildungsjahre für relevant erachten, können in dieser Stichprobe keine
signifikanten Ergebnisse dafür gefunden werden.72 Demnach weisen Frauen und Männer mit
derselben Wahrscheinlichkeit einen Gap zwischen Einstellung, Intention und Verhalten auf,
ebenso wie diese Diskrepanzen unabhängig von der höchsten abgeschlossenen Bildung gleich
wahrscheinlich auftreten.
Abschließend soll auf die Ergebnisse eingegangen werden, die keine signifikanten
Unterschiede liefern konnten. Demnach zeigen sich für die Gesamtbevölkerung keine
Unterschiede in der Auftretenswahrscheinlichkeit eines Gap zwischen der Einstellung (bei allen
vier Dimensionen) und der Intention in Abhängigkeit soziodemografischer Merkmale. Daraus
lässt sich ableiten, dass die positiven Umwelteinstellungen bei allen Personen gleichermaßen
in dementsprechend konsistente Intentionen, die Umwelt zu schützen, übergehen. Demnach
scheint eine Konsistenz nicht am Übergang von Einstellung zu Intention zu scheitern, und
Personen wollen ihr Verhalten anhand ihrer Umwelteinstellungen gleichermaßen verändern.
Erst beim Transfer in das tatsächliche Verhalten scheint es hinsichtlich des Erfolgs zu
gruppenspezifischen Unterschieden zu kommen.
Des Weiteren stellt sich das Regressionsmodell des Gaps zwischen der verhaltensspezifischen
Intention, das Autofahren einzuschränken, und den tatsächlich gefahrenen Kilometern als nicht
signifikant heraus, und kann somit nicht auf die Grundgesamtheit übertragen werden. Inhaltlich
könnte das Ergebnis folgendermaßen erklärt werden, dass Personen aufgrund bestimmter
Rahmenbedingungen (Fixkosten usw.) über ihr Autofahrverhalten relativ genau Bescheid
wissen und sich demnach über soziodemografische Merkmale hinweg selbst besser einschätzen
können. Das Ergebnis könnte allerdings auch der geringen Fallzahl an Personen, die diesen Gap
aufweisen (10,8%), verschuldet sein. Deshalb soll an dieser Stelle nochmals darauf
hingewiesen werden, dass sich die Analysen auf die Daten eines Pretests beziehen, der
insgesamt 209 Personen umfasst. Es ist davon auszugehen, dass sich einige Ergebnisse bei einer
größeren Stichprobe ändern würden.
72 Hier muss allerdings festgehalten werden, dass Kollmuss und Agyeman ihre Aussagen hinsichtlich
soziodemografischer Variablen nicht mit empirischen Ergebnissen untermauern; vgl. Kollmuss, Agyeman
(2002), S. 248.
Ⅲ.
Gründe und Lösungsansätze für Value – Intention – Action Gaps
basierend auf qualitativen Interviews
72
9. Qualitative Methodik
„At first sight, the nature of a value-action gap suggests either hypocrisy or non understanding,
however […] the situation is more complex.”73 Dieser Aussage von Chaplin und Wyton soll
nun im zweiten Teil dieser Masterarbeit nachgegangen werden. Im Zentrum steht die Frage,
welche Gründe es für die Diskrepanzen zwischen Einstellung, Intention und Verhalten
insbesondere bei Personen unterschiedlichen Alters, Wohnorts und Haushaltskonstellation gibt.
Von hier an steht nicht mehr die CO2-Intensität der behandelten Verhaltensweisen im Zentrum,
da diese bei der qualitativen Herangehensweise in den Hintergrund rückt. Stattdessen wird nun
von umweltfreundlichen Verhaltensweisen bzw. umweltpositivem Verhalten allgemein
gesprochen.
In der bisherigen soziologischen Literatur können bereits einige Gründe für das Auftreten von
Value-Action Gaps gefunden werden (s. Kapitel 2.2.). Wie sich diese hinsichtlich der Intention
und den soziodemografischen Variablen verhalten, soll in weiterer Folge anhand qualitativer
Interviews an einer kleinen Stichprobe überprüft werden. Durch die qualitative
Herangehensweise soll eine möglichst breite Erfassung von Barrieren für umweltfreundliches
Handeln sowie eine tiefergehende Analyse der quantitativen Ergebnisse ermöglicht werden.
Der dafür entwickelte Interviewleitfaden soll unterschiedliche Dimensionen und Beweggründe
für umweltrelevantes Verhalten beleuchten sowie darauf eingehen, was es schließlich noch
braucht, um positives Umweltverhalten tatsächlich umsetzen zu können (s. Kapitel 5.2.,
Anhang). Insgesamt wurden 15 Interviews geführt, die zwischen 20 und 100 Minuten dauerten.
9.1. Zusammensetzung der Stichprobe
Für die Rekrutierung der Stichprobe stellten sich zwei Faktoren als Voraussetzungen heraus:
zum einen sollten die befragten Personen eine positive Einstellung gegenüber Umweltthemen
aufweisen. Zum anderen sollten sie ein Auto besitzen bzw. zumindest regelmäßig benutzen, da
dies für die in dieser Arbeit verwendete Verhaltensdimension Mobilität relevant erschien.74
Daraufhin wurden weitere relevante Variablen anhand der statistischen Analysen festgelegt: es
sollte eine möglichst gleichmäßige Verteilung hinsichtlich dem Wohngebiet, des Alters sowie
des Haushaltstypus erreicht werden. Bei der Rekrutierung wurde zunächst vor allem auf die
73 Chaplin, Wyton (2014), S. 204. 74 An dieser Stelle ist anzumerken, dass sich im Datensatz, der im ersten empirischen Teil dieser Arbeit
analysiert wurde, sowohl Personen mit als auch ohne Auto befinden, während hier nur Personen mit Zugang zu
einem Auto berücksichtigt werden.
73
Verteilung zwischen Stadt und Land geachtet, da diese Variable den größten Effekt auf die
Diskrepanzen zwischen Einstellung, Intention und Verhalten zu haben scheint. Dafür wurden
zwei unterschiedliche Strategien verwendet: In der Stadt wurden Befragte aus dem
Bekanntenkreis sowie über das Schneeballsystem angeworben, wo im Vorhinein die
persönliche Einstellung zu Umweltthemen und dem Zugang zu einem Auto erfragt wurde bzw.
bereits bekannt war. Am Land wurde versucht, interessierte Personen im Anschluss an einen
Abendvortrag zur Klimakrise (organisiert von einer lokalen Fridays for Future-Gruppe) zu
rekrutieren. Diese Herangehensweise wurde ausgewählt, da davon auszugehen ist, dass
lediglich Personen mit vorhandenem Interesse an Umweltthemen an einer derartigen
Veranstaltung teilnehmen. Diese Strategie stellte sich durchaus als fruchtbar heraus und es
erklärten sich viele Personen für ein Interview bereit. Insgesamt wurden 15 Interviews mit 16
Personen durchgeführt, wobei ein Interview mit einem Paar stattfand. Bei sieben der befragten
Personen handelt es sich um Frauen, die restlichen neun sind Männer. Auch für die drei
relevanten soziodemografischen Variablen Wohnort, Alter und Haushaltsform konnte eine
breite Streuung erreicht werden:
1) Von den 15 Interviews erfolgten 9 mit Personen, die am Land wohnen; die restlichen 6
Interviews wurden mit Personen aus der Stadt geführt. Die Differenz von drei Personen
lässt sich anhand inhaltlicher Gründe rechtfertigen, da Personen am Land häufiger einen
Value – Intention – Action Gap aufweisen und hier vermehrt Erkenntnisbedarf besteht.
Es wurden Personen aus den Städten Graz und Linz befragt; sowie aus den ländlicheren
Bezirken Leibnitz, Urfahr-Umgebung, Perg und Freistadt. Somit handelt es sich hier um
eine Stichprobe aus der Steiermark und Oberösterreich.
2) Des Weiteren konnte eine Altersverteilung von 23 bis 68 Jahren erreicht werden. Für
spätere Analysen wurde die Stichprobe in jüngere (23 bis 36 Jahre, insg. 7 Personen)
und ältere Personen (49 bis 68 Jahre, insg. 9 Personen) unterteilt. Hier zeigt sich ein
großer Sprung, der im Vorhinein nicht abschätzbar war und aufgrund der qualitativen
Herangehensweise vernachlässigbar ist. Außerdem ist festzuhalten, dass die Personen
mit Wohnsitz in der Stadt im Durchschnitt um einige Jahre jünger sind als die Befragten
am Land, was vorrangig der Rekrutierung in der Stadt über den Bekanntenkreis zu
Schulden kommt.
3) Bezüglich der Haushaltskonstellationen lässt sich die Stichprobe in drei Gruppen
unterteilen: 4 Singlehaushalte, 4 Familienhaushalte mit Kindern sowie 7
Mehrpersonenhaushalte. Unter Mehrpersonenhaushalt sind vor allem Paare, sowie eine
74
Wohngemeinschaft aus FreundInnen und das Zusammenleben mit einem Elternteil
inbegriffen. Für die folgenden Analysen wird die Haushaltsform auf zwei
unterschiedliche Weisen kategorisiert: einmal in Abhängigkeit von Kindern im
Haushalt (4 Personen mit Kindern, 11 ohne), und zweitens in Abhängigkeit der
Personenanzahl im Haushalt (5 Singles, 10 Partnerschaften/WG/mit Elternteil). Auch
hier findet sich der Einfluss des Alters wieder: Personen aus Singlehaushalten sind
tendenziell jünger, während sich Personen mit Kindern im Haushalt zwischen 32 und
51 Jahren bewegen. Die Gruppe der Mehrpersonenhaushalte weist den höchsten
Altersdurchschnitt auf, da hier die Kinder einiger Personen schon erwachsen und aus
dem Haushalt ausgezogen sind, weshalb viele Befragte mittlerweile nurmehr mit
ihrem/ihrer PartnerIn zusammenleben.
9.2. Auswertung der Interviews
Zur Analyse der 15 Interviews wird das Programm MAXQDA 2020 verwendet, eine Software
zur computergestützten qualitativen Daten- und Textanalyse. In Anlehnung an die Grounded
Theory werden die Interviews zunächst offen codiert und abschließend mittels MAXMaps
grafisch dargestellt und auf Zusammenhänge untersucht. Aufgrund der Menge an
Datenmaterial muss allerdings ein Fokus gesetzt werden, nämlich auf folgende drei Bereiche:
1. Gründe für Gaps: Woran liegt es, dass sich Personen entgegen ihrer umweltfreundlichen
Einstellung nicht umweltfreundlich verhalten (können/wollen)?
2. Individuelle Wünsche: Was würden sich die Befragten wünschen bzw. was bräuchte es,
damit ihnen umweltfreundliches Handeln im Alltag leichter fallen würde?
3. Gesellschaftliche Lösungsansätze: Wie würden Menschen am ehesten ihr Verhalten hin
zu umweltfreundlicherem Verhalten ändern?
Der erste Schwerpunkt wird anhand der zentralen Fragestellung ausgewählt, warum es
Personen nicht schaffen, sich ihren Einstellungen und Intentionen gemäß umweltbewusst zu
verhalten. Die anderen beiden Punkte sollen als Erweiterung der Fragestellung potentielle
Handlungsanleitungen für die Praxis ermöglichen. Somit werden diese drei Schwerpunkte
ausgewählt, da sie sowohl der Ursache für Value – Intention – Action Gaps auf den Grund
gehen als auch Lösungsvorschläge liefern. Die Ergebnisse der qualitativen Analyse werden im
nächsten Kapitel jeweils für die drei oben genannten Punkte präsentiert.
75
10. Qualitative Ergebnisse
Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse des zweiten empirischen Teils dieser Masterarbeit
präsentiert. Zunächst werden für jeden der im vorigen Kapitel beschriebenen Schwerpunkte die
Ergebnisse des offenen Codierens skizziert, um einen allgemeinen Einblick in die
Interviewdaten zu ermöglichen. Insbesondere bei den Gründen für das Auftreten von Value –
Intention – Action Gaps ist interessant, ob sich unterschiedliche Ergebnisse für die beiden
Verhaltensweisen Mobilität und Konsum zeigen. Danach folgt eine differenziertere Analyse
der genannten Gründe für die Diskrepanzen in Abhängigkeit des Alters, Wohngebiets und der
Haushaltskonstellation der Befragten. Diese detaillierte Analyse wird für alle drei
Schwerpunkte vorgenommen, um möglichst umfassende Erkenntnisse und schließlich weitere
Handlungsoptionen daraus zu gewinnen. Zusätzlich werden Befunde über den Zusammenhang
zwischen den Gründen für die Entstehung von Gaps und den individuellen Wünschen
dargestellt.
10.1. Gründe für die Entstehung von Gaps
Zunächst werden die vielfachen Gründe für die Entstehung von Value – Intention – Action
Gaps untersucht. Dadurch soll ein tiefergehendes Verständnis der im quantitativen Teil
gefundenen Gaps ermöglicht werden. Anhand des offenen Codierens können diese aus den
Interviews erarbeitet und benannt werden. Die gefundenen Gründe für die Diskrepanzen
zwischen Einstellung, Intention und Verhalten können in zwei Dimensionen unterteilt werden:
in strukturelle Rahmenbedingungen und intrapersonelle Faktoren. Die strukturellen
Rahmenbedingungen umfassen insgesamt sechs Codes mit vier Subcodes, und ebenfalls sechs
Codes konnten als intrapersonelle Faktoren gefunden werden. In Abbildung 8 ist der
hierarchische Codebaum dargestellt, der einen Überblick über die Codes und die Häufigkeit der
Nennungen anhand der Größe der Schrift gibt.
76
Abb
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ng
8:
Hie
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77
Als einflussreichste strukturelle Rahmenbedingungen erweisen sich Zeit- und Kostenfaktoren
von umweltfreundlichen Alternativen. Insbesondere die hohen Ticketpreise für öffentliche
Verkehrsmitteln sowie der höhere Preis nachhaltiger Kleidung oder Lebensmittel im Vergleich
zu konventionellen Produkten werden oft betont. Der Zeitfaktor bezieht sich ebenfalls häufig
auf die öffentlichen Verkehrsmittel, auf die man zum einen oft längere Zeit warten muss, und
die zum anderen aufgrund der vielen Haltestellen usw. meistens länger brauchen, als wenn man
mit dem Auto fahren würde. In Kombination mit dem zeitlichen Aufwand wird zudem häufig
genannt, dass umweltfreundliches Handeln oft umständlich ist (sei es beim Konsum, wenn man
für einen Einkauf in 10 Läden müsste, um alle Produkte in Bioqualität o.ä. zu finden; oder sei
es im Bereich Mobilität, wo die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln mit Kindern, viel
Gepäck und dergleichen zu viel Aufwand darstellt). Auch das grundsätzlich fehlende Angebot
an umweltfreundlichen Produkten, z.B. bei Kleidung, ist ein häufig genannter Grund, warum
Personen nicht umweltfreundlich handeln können. Dieser Faktor tritt wiederum häufig in
Kombination mit Zeit- und Kostengründen auf, ebenso wie mit der Umständlichkeit bei der
Umsetzung. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass für viele der befragten Personen das Angebot
an umweltfreundlichen Alternativen wie Kleidung und öffentliche Verkehrsmittel nicht
ausreichend ist, und das vorhandene Angebot oft teuer oder mit hohem Aufwand verbunden ist.
Hier schließt ein weiterer Grund für das Auftreten von Gaps an, nämlich die fehlenden
Informationen bzw. mangelndes Wissen über umweltbewusstere Alternativen.
Zusammengefasst fehlen Informationen an mehreren Punkten: 1. Zunächst müssen
Informationen bzw. Wissen vorhanden sein, welche Verhaltensweisen überhaupt
umweltschädlich sind bzw. dass es Alternativen dazu gibt. 2. fehlt es daraufhin oft an
Informationen, wie diese Alternativen aussehen und was überhaupt umweltfreundlich ist. Und
3. fehlen schließlich die konkreten Informationen, wo diese Alternativprodukte (z.B. in
regionaler oder nachhaltiger Qualität) erhältlich sind. Eine befragte Person formulierte eine
Ebene dieses Informationsproblem folgendermaßen:
„Ich glaube, oder ich habe so das Gefühl, dass ich bei Verpackungen oft gar nicht so genau weiß,
was jetzt das Ressourcenschonendste ist. Weil ich vor kurzem einen Radiobeitrag gehört habe, wo
herausgekommen ist, dass Mehrwegglas fast schlimmer ist als Tetra Pak z.B. Und da ist mein
Wissensstand aber... ja, also nicht groß genug, und ich wollte das dann auch rausfinden, wie das in
Graz genau geht, weil das ja von Stadt zu Stadt ein bisschen unterschiedlich ist, wie recycelt wird
und so, aber ich habe da irgendwie keine guten Informationen gefunden.“
Hier zeigt sich, dass trotz der individuellen Bereitschaft der Interviewten, sich zu informieren,
es an klaren und öffentlichen Informationen mangelt, die zu einem umweltpositiveren
Verhalten beitragen könnten. Des Weiteren schwingt hier ein weiterer Faktor mit, der ebenfalls
78
einige Male genannt wird: die Glaubhaftigkeit von umweltfreundlichen Produkten. Mehrere
Personen erzählen, dass sie oft nicht sicher seien, was die bessere Alternative sei bzw. dass
ihnen teilweise das Vertrauen in Gütesiegel, Etiketten und ähnlichem fehlt. Hierzu äußert sich
ein Befragter folgendermaßen:
„Ansonsten habe ich aber auch schon manchmal das Gefühl, nur weil irgendwo Bio draufsteht, muss
es jetzt nicht vielleicht im klassischen Sinne Bio sein, oder nur weil nachhaltige Produkte oder
nachhaltige Materialien draufstehen... ich glaub dann, also ich muss es ja glauben, es ist das Etikett
dran […] Also ich habe immer noch das Gefühl, dass auch dabei Schlupflöcher gefunden werden
oder gemacht werden, und man das einfach auch mitnimmt oder auch anbietet, weil es sich jetzt
aktuell so gehört. […] also das wäre für mich ganz entscheidend, dass man es weiß, dass man sich
drauf verlassen kann, wenn das draufsteht, dass dem auch so ist.“
Der einflussreichste intrapersonelle Faktor für das Auftreten eines Gaps ist die Bequemlichkeit
der Befragten. Diese wirkt sich sowohl auf die Informationssuche zu umweltfreundlichen
Angeboten als auch auf das tatsächliche Ausüben des Verhaltens aus. Das wird oft mit dem
höheren Aufwand erklärt und dem Versuch, Anstrengungen aus dem Weg zu gehen (z.B. den
Einkauf mit Öffis zu erledigen). Auch die Routine bzw. die Gewohnheit ist ein oft genannter
Grund, warum die Befragten umweltfreundliche Optionen nicht in Anspruch nehmen. Eine
interviewte Person äußert sich dazu folgendermaßen:
„Ich ertappe mich selber oft, dass ich in der Wohnung sitze und voll die Festbeleuchtung habe,
obwohl es das gar nicht braucht. Und das ist sicher auch ein großer Faktor, wo die Leute ihr Verhalten
ändern können. Oder gerade zum Beispiel mit dem Wasser, beim Duschen oder so, wenn man sich
halt einseift, dass man da halt nicht das Wasser die ganze Zeit rinnen lässt.“
Zusätzlich wird einige Male die fehlende Konsequenz im eigenen Handeln erwähnt, sowie
umweltschädliche Verhaltensweisen insbesondere im Bereich Konsum durch Sparsamkeit
gerechtfertigt. Dies trifft insbesondere auf den Neukauf von Kleidung bei Männern zu, wo sich
jemand äußerte:
„Aber ich denke mir, ich kaufe ziemlich selten Kleidung ein […] ich trage wirklich, bis es einfach
nicht mehr tragbar ist. Und da bin ich doch sehr sparsam dahinter. Und so probiere ich, dass ich das
ganze kompensieren kann.“
Es zeigen sich zudem einige Zusammenhänge zwischen strukturellen und intrapersonellen
Faktoren. Insbesondere der Zeitfaktor wird oft gemeinsam mit der Bequemlichkeit und der
Umständlichkeit von umweltfreundlichen Alternativen als Grund für das Auftreten eines Gaps
genannt. Auch zwischen dem Kostenfaktor und der Bequemlichkeit scheint es einen
Zusammenhang zu geben, ähnlich wie bei dem fehlenden Angebot. Die Routine tritt ebenfalls
häufig gemeinsam mit dem Zeitfaktor sowie dem fehlenden Angebot auf. Diese
79
Zusammenhänge implizieren, dass mehrere Gründe gemeinsam wirken, wenn es zu einer
Diskrepanz zwischen den eigenen Einstellungen, Intentionen und Verhaltensweisen kommt.
Demnach könnten hier zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden, indem durch die
Schaffung von attraktiven Angeboten und einem besseren Informationsfluss auf der
strukturellen Ebene den intrapersonellen Faktoren wie Bequemlichkeit und Routine
entgegengearbeitet wird.
Obwohl es sich bei dem untersuchten Verhalten Mobilität und Konsum um Low-Cost-
Verhaltensweisen im Sinne der Rational Choice Theorie handelt, lässt sich zusammenfassend
schlussfolgern, dass es eine ganze Bandbreite an Gründen gibt, warum Personen trotz
umweltpositiver Einstellung und Intention ihr Verhalten nicht dementsprechend konsistent
gestalten. Stellt man einen Vergleich der Barrieren für Value – Intention – Action Gaps für die
beiden Verhaltensweisen Mobilität und Konsum auf, zeigen sich einige Gründe, die bei beiden
Umweltverhalten auftreten. Gemeinsamkeiten lassen sich hinsichtlich Zeit- und
Kostengründen, der Bequemlichkeit sowie dem fehlenden Angebot finden. Hier ist
anzumerken, dass insbesondere der Zeitfaktor sowie die Bequemlichkeit häufiger im
Mobilitätsbereich als Barrieren für umweltfreundliches Verhalten wirken als im
Konsumverhalten. Diese Ergebnisse legen nahe, dass es grundsätzlich häufig möglich wäre, auf
öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, dies aber aufgrund der oben genannten Gründe doch
häufig nicht geschieht. Diesem Problem könnte man möglicherweise mit entsprechenden (z.B.
finanziellen) Anreizen und Motivatoren begegnen, um die Kosten für die Verhaltensausübung
zu verringern. Bezüglich des fehlenden Angebots scheint es im Bereich Konsum, vor allem bei
Kleidung noch viel Aufholbedarf zu geben. Faktoren, die im Mobilitätsverhalten keine
Auswirkungen auf das Umweltverhalten haben, aber umweltfreundliches Konsumverhalten
hemmen, sind insbesondere fehlende Informationen, keine klare Kennzeichnung von
umweltfreundlichen Produkten bzw. die Glaubwürdigkeit von vorhandenen Labels sowie die
fehlende Konsequenz, auf umweltfreundliche Produkte zurückzugreifen. Diese Vielfalt an
Gründen, die umweltfreundliches Konsumverhalten erschweren, könnten erklären, warum es
den quantitativen Ergebnissen zufolge hier häufiger zu Diskrepanzen kommt als im
Mobilitätsbereich. Im Konsumbereich könnte man umweltfreundliches Verhalten insbesondere
durch die Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen hinsichtlich Angebot und
Kennzeichnung unterstützen. Denn anscheinend reicht die persönliche Umwelteinstellung und
vorhandene Intention doch oftmals nicht aus, umweltfreundliches Verhalten an den Tag zu
legen, auch wenn es sich dabei theoretisch um eine Low-Cost-Situationen handelt, die leicht
der persönlichen Einstellung und Intention anzupassen wären.
80
Anschließend werden die Gründe für das Auftreten von Value – Intention – Action Gaps in
Abhängigkeit von soziodemografischen Merkmalen analysiert. Dafür werden diejenigen
Variablen herangezogen, die sich in der vorausgehenden quantitativen Analyse als einflussreich
erwiesen haben – Wohnort, Alter und Haushaltskonstellation. Diese differenzierte Analyse
ermöglicht schließlich die Implementierung von zielgruppenspezifischen Maßnahmen, um
umweltpositives Verhalten zu fördern und das Auftreten von Gaps zu reduzieren.
Hinsichtlich des Wohnorts zeigt sich durchaus ein Unterschied in den Gründen für Value –
Intention – Action Gaps zwischen Personen am Land und in der Stadt. Die Abhängigkeit vom
Wohnort wird bei den interviewten Personen aus ländlicheren Gegenden mehrere Male
angesprochen, wohingegen sie bei den in der Stadt lebenden Befragten keine Erwähnung findet.
Die Aussagen diesbezüglich variieren von einer fehlenden öffentlichen Netzanbindung, einem
kleineren Angebot an Läden, Auswahlmöglichkeiten usw. bis hin zu finanziellen Vorteilen, da
man regionales Obst und Gemüse am ländlichen Bauernmarkt billiger erwerben kann als in der
Stadt. Dennoch fällt auf, dass sich Personen am Land ihrer Standortgebundenheit und der
daraus hervorgehenden Abhängigkeit bewusster sind, verglichen mit Personen aus der Stadt.
Zwei weitere Codes werden nur von Befragten am Land angesprochen: Zum einen erwähnen
mehrere, dass sie oft nicht an umweltfreundliche Optionen denken bzw. diese vergessen
würden, wie z.B. wiederverwendbare Taschen und Boxen beim Einkaufen. Eine Befragte
berichtet:
„Schwierigkeiten habe ich schon, dass ich noch dran denke, dass ich beim Einkaufen wieder eine
Box mitnehmen kann, wie man es in den 80er Jahren gemacht hat, das haben wir ja alles schon mal
gemacht, und irgendwie ist das in den 90er Jahren komplett abgekommen. Und keiner ist mehr mit
dem eigenen Geschirr einkaufen gegangen. Und dass ich an das wieder denke. Das erfordert eine
etwas vertiefte Einkaufszettelplanung.“
Hier ist anzumerken, dass diese Aussagen tendenziell älteren Personen zuzuordnen sind, die
möglicherweise aufgrund ihrer tiefersitzenden Gewohnheiten und Routinen größere Probleme
haben, sich in einem solch alltäglichen Bereich umzugewöhnen. Zum anderen wird auch nur
am Land das fehlende Interesse genannt, sich bei bestimmten Themen genau einzulesen (wobei
auch hier darauf hinzuweisen ist, dass diese Aussagen von zwei älteren Männern über den
Bereich Kleidung getätigt wurden). Auch Kosten- und Zeitfaktoren werden am Land häufiger
genannt als in der Stadt, ebenso wie der hohe Aufwand, fehlende Angebote (vor allem bei
Kleidung) und Informationen sowie fehlende Konsequenz. Im Vergleich dazu nennen Personen
in der Stadt häufiger ihre Gewohnheit und Routine als Grund für fehlendes Umweltverhalten.
81
Bezüglich des Alters gibt es einen Grund für das Auftreten von Gaps, der nur von der Gruppe
der älteren Befragten genannt wird, nämlich das Vergessen von umweltfreundlicheren
Alternativen bzw. das nicht daran denken. Wie oben bereits erwähnt, könnte eine Erklärung in
der jahrzehntelangen Routine bei alltäglichen Handlungen wie dem Einkaufen liegen. Des
Weiteren werden bei älteren Personen häufiger fehlende Informationen sowie der Kostenfaktor
genannt als bei Jüngeren. Diese scheinen dafür größere Probleme beim Zeitfaktor (insbesondere
im Bereich Mobilität bei öffentlichen Verkehrsmitteln) und ihrer Bequemlichkeit zu sehen.
Auch in Abhängigkeit der Haushaltskonstellation zeigen sich einige Unterschiede. Zunächst
werden Single- und Mehrpersonenhaushalte verglichen. Hier zeigt sich, dass wiederum das
Vergessen bzw. nicht daran denken nur von Personen aus Mehrpersonenhaushalten genannt
wird, was wahrscheinlich auf die Konstellation der Gruppen und den Einfluss der übrigen
soziodemografischen Variablen zurückzuführen ist. Zusätzlich nennen Befragte, die mit
mehreren Personen zusammenleben, auch die Bequemlichkeit, Kosten- und Zeitfaktoren sowie
fehlende Informationen als Gründe für ihr teilweise fehlendes Umweltverhalten. Hier könnte
man darauf schließen, dass Personen in Singlehaushalten mehr Geld und Zeit zur Verfügung
haben, um sich für umweltfreundlichere Alternativen zu entscheiden. Eine weitere Erklärung
könnten die vermehrten Verpflichtungen darstellen, die Personen in Mehrpersonenhaushalten
zusätzlich in ihren Entscheidungen beeinflussen.
Weiters wird der Einfluss von Kindern im Haushalt untersucht, wobei sich einige Gründe für
Value – Intention – Action Gaps offenbaren, die nur von Personen ohne Kindern genannt
wurden. Dabei handelte es sich auf der einen Seite um allgemeine strukturelle
Rahmenbedingungen sowie die fehlende Kennzeichnung von umweltfreundlichen Artikeln:
„Und einfach auch häufig nicht gut gekennzeichnet. Also ich schaue schon auf jedes Etikett dann
extra, und meistens ist es ja dann zum Glück ein großes, also dass du nicht jedes Material dir
irgendwie durchlesen musst, aber ich kann nicht behaupten, dass wenn ich ins Geschäft komme,
sofort weiß, welches ist jetzt was. Das ist sogar teilweise online leichter, weil es dann in der Regel
so einen Reiter gibt oder du halt eine Suchanfrage oder es dir halt dementsprechend einstellen kannst,
das ist natürlich online definitiv ein Vorteil.“
Demnach sehen nur Personen ohne Kinder im Haushalt diese Barriere als hinderlich für
umweltfreundliches Verhalten, während die fehlende Kennzeichnung von umweltfreundlichen
Produkten bei Eltern trotz der multiplen Verpflichtungen keine negativen Auswirkungen hat.
Auf der anderen, intrapersonellen Ebene wird von Personen ohne Kindern das geringe Interesse,
sich intensiv über Optionen zu informieren, sowie die Sparsamkeit in gewissen Bereichen
genannt. Erstaunlicherweise nennen die interviewten Personen, bei denen Kinder im Haushalt
82
leben, keine Gründe, die bei Personen mit kinderlosen Haushalten nicht auch, und meistens
sogar vermehrt zu finden sind. So werden Zeit- und Kostenfaktor sowie die Bequemlichkeit
zwar von allen Personen mit Kindern im Haushalt genannt, diese spielen allerdings auch für
einen Großteil der Personen ohne Kinder im Haushalt eine Rolle. Daraus lässt sich
schlussfolgern, dass multiple Verpflichtungen wie die Erziehung der Kinder keine zusätzlichen
Gründe für das Auftreten von Value – Intention – Action Gaps liefern, die bei Personen ohne
Kindern nicht ebenfalls auftreten. Somit können hier die Ergebnisse der quantitativen
Untersuchung, dass Personen mit Kindern häufiger einen Value – Intention – Action Gap
aufweisen, nicht ausreichend erklärt werden.
Anhand dieser qualitativen Untersuchung der Gründe für das Auftreten von Diskrepanzen
hinsichtlich Einstellung, Intention und Verhalten können im Vergleich zur quantitativen
Datenanalyse Erklärungsansätze für dieses Phänomen gefunden werden. Der Mehrwert der
qualitativen Vertiefung des Forschungsdesigns liegt vor allem im tiefergehenden und
verstehenden Charakter der Leitfadeninterviews, die ein Aufspüren der Barrieren für
umweltfreundliches Verhalten ermöglichen, welches in der beschreibenden Aufgabe der
quantitativen Forschungsmethodik nicht in dieser Form möglich gewesen wäre. Auch eine
Vertiefung hinsichtlich der (Un-) Ähnlichkeiten zwischen umweltrelevantem Mobilitäts- und
Konsumverhalten wird dadurch erreicht. Diesbezüglich lässt sich schlussfolgern, dass auch bei
umweltbezogenen Low-Cost-Verhaltensweisen entgegen der theoretischen Annahme
Diskrepanzen zwischen Einstellung, Intention und Verhalten auftreten können, die zu einem
großen Teil mithilfe der hier gefundenen Gründe erklärt werden können. Zum einen Teil wirken
auf die beiden Verhaltensweisen dieselben Faktoren als Barrieren (z.B. Zeit- und
Kostengründe, fehlendes Angebot), zum anderen Teil konnten natürlich auch
verhaltensspezifische Barrieren ermittelt werden (z.B. eine fehlende Kennzeichnung von
umweltfreundlichen Produkten). Auch der Einfluss von soziodemografischen Merkmalen auf
die Entstehungsgründe der Gaps kann mithilfe der qualitativen Interviews analysiert werden
und zuvor getroffene Annahmen bestätigen. Demnach braucht es beispielsweise für Personen
in der Stadt andere Hilfestellungen und Handlungsoptionen, um umweltfreundliches Verhalten
zu erleichtern als für Personen am Land. So können zielgruppenspezifische Maßnahmen
erarbeitet werden, um die Auftretenswahrscheinlichkeit von Gaps zwischen Einstellung,
Intention und Verhalten zu verringern.
83
Abschließend ist festzuhalten, dass es sich um ein komplexes Zusammenspiel zahlreicher
Entstehungsgründe für Value – Intention – Action Gaps handelt. Es liegt die Vermutung nahe,
dass es für die Auflösung dieser Diskrepanzen eines umfangreichen Interventionsprogramms
bedarf, welches umweltfreundliches Verhalten in allen Bereichen, sowohl auf individueller als
auch auf gesellschaftlicher Ebene fördert und in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückt.
Diese Annahme wird in den folgenden Kapiteln anhand der Aussagen der interviewten
Personen detailliert beleuchtet.
10.2. Individuelle Wünsche
Nachdem nun bekannt ist, warum es für die befragten Personen oftmals nicht möglich ist,
umweltfreundliche Alternativen und Verhaltensweisen zu wählen, soll im Folgenden darauf
eingegangen werden, was sie dafür bräuchten bzw. sich noch wünschen würden. Auf diese
Weise sollen schlussendlich Handlungsanweisungen und Entwicklungsmöglichkeiten
geschaffen werden. Mithilfe des offenen Codierens können insgesamt neun Codes mit drei
Subcodes gefunden werden (s. Abb. 9).
Abbildung 9: Hierarchische Struktur der Individuellen Wünsche
Am häufigsten wünschen sich die Befragten mehr Informationen zu umweltfreundlichen
Produkten und eine stärkere Präsenz des Umweltthemas in der Gesellschaft. Es werden
Informationen darüber gewünscht, was überhaupt umweltfreundlich ist und welche
Möglichkeiten und Angebote es gibt. Hier nennen zwei Befragte beispielsweise:
84
„Also da habe ich mir gedacht, es wäre cool, wenn das irgendwie auf der Homepage genau erklärt
werden würde oder es ein Video darüber geben würde, was genau wie und was wie viele Ressourcen
braucht. Einfach mehr Information. Also bei mir hilft das immer recht viel, wenn ich was weiß
darüber, dass ich dann, auch wenn es vielleicht unbequem ist, mich für die Alternative entscheide.“
„Genug wissen tue ich sicher nicht darüber, ganz klar. Es gehört weit mehr verbreitet, auch durch die
Medien, und da fände ich es eben auch wichtig, dass die öffentlichen rechtlichen Sender da mehr
zeigen. Einfach auch die Bevölkerung bewusst da aufklären, wieviel machst du jetzt, wenn du dir
jetzt so ein Rindfleischsteak herausprasselst, was hat das für eine Wirkung auf den ganzen CO2-
Haushalt. Wir wissen alle, die Rindfleischhaltung ist extrem umweltschädlich durch die Haltung
alleine, durch den Wasserverbrauch und alles. Und das fände ich schon, dass das alles vielleicht ein
bissl dargestellt wird.“
Auch der Bereich Mobilität scheint den Interviews zufolge besonders ausbaufähig zu sein. Die
Befragten wünschen sich sehr häufig ein besseres Angebot bei öffentlichen Verkehrsmitteln.
Hier geht es oft um den Ausbau und die Netzabdeckung dieser, sowie um häufigere Fahrten
(auch abends und am Wochenende). Öffentliche Verkehrsmittel sollen zudem bevorzugt
werden, wie ein Interviewter beschreibt:
„Also ich glaube es ist trotzdem das Wichtigste, dass man zur Arbeit kommt und da könnte der
öffentliche Verkehr noch ausgebaut werden. Häufiger, bevorzugter im Vergleich zum
Individualverkehr, zum Auto. Stichwort Autobahn, es gibt zwar den Pannenstreifen, aber das
funktioniert nicht immer ganz so gut, wie es könnte. Das war besser vor der Rettungsgasse, seit der
Rettungsgasse wird der Pannenstreifen oft belegt und dann ist es halt schwierig da vorbeizukommen.
Und innerstädtisch bräuchte es glaub ich auch noch Busspuren, z.B. […] dass man auch schnell
dorthin kommt, wo man hinmuss, und man nicht immer als jemand, der im Auto sitzt, den Vorteil
hat, weil ich schneller und bequemer dort bin.“
In dem Rahmen werden auch oft günstigere öffentliche Verkehrsmittel gewünscht, oder auf
Modelle wie in Wien (1€ pro Tag) und ein ähnliches Österreichticket verwiesen. Zudem werden
auch Alternativen dazu angesprochen, wie das geplante Stadtbahn-Projekt RegioTram in
Oberösterreich oder ein von der Gemeinde angebotenes E-Car-Sharing.
Neben dem Mobilitätsbereich wünschen sich die befragten Personen oft eine bessere
Kennzeichnung von umweltfreundlichen Produkten, etwa durch ein einheitliches Siegel oder
durch Schilder im Laden. Dieser Wunsch wird sowohl für Kleidung als auch Lebensmittel
mehrere Male geäußert, und es kommen einige Vorschläge für die Umsetzung von den
Befragten selbst (Kennzeichnung durch z.B. Grünen Haken, Umweltkalorien, CO2-Abdruck
auf jedem Produkt). Ein Befragter äußert sich dazu folgendermaßen:
„Vielleicht auch auf den Verpackungen oben, wäre es vielleicht eine ganz gute Idee, weil jeder kennt
die Kalorien- und Nährwertetabelle, aber vielleicht auch so eine ökologische Tabelle, dass du einfach
weißt, wie viele Liter Wasser sind für die Produktion bis zum Endprodukt, vom Erststadium bis zum
Ende einfach, wie viele Liter Wasser dass du verbraucht hast, wie viele Tonnen CO2 ausgestoßen
worden sind, für das bissl, was du da hast.“
85
Auch beim Angebot von umweltfreundlichen Produkten scheint es ein großes Defizit zu geben.
So wünschen sich die Befragten ein größeres und regionales Angebot an Lebensmitteln (am
liebsten einen Laden, wo man alles bekommt), mehr Unverpackt-Läden sowie ein größeres
Angebot bei nachhaltig produzierter Kleidung. Hier scheint insbesondere bei Männerkleidung
sowie modischen Teilen ein Nachholbedarf zu bestehen. Ebenso wünschen sich mehrere
Personen eine bessere Unterstützung von umweltfreundlichen Projekten, seien es unabhängige
Modegeschäfte oder sogenannte Umweltbanken. Eine interviewte Person erzählt eben von einer
solchen Bank, die Kredite nur an regionale Bio-Bauern vergibt. Andere wünschen sich zudem
mehr finanzielle Unterstützung vonseiten der Gemeinde für lokale Geschäfte, um ihnen die oft
hohen Mietkosten zu erleichtern und somit das Angebot vor Ort zu unterstützen.
Schließlich wurden auch die individuellen Wünsche, um umweltfreundliches Verhalten zu
erleichtern, auf Abhängigkeiten hinsichtlich der soziodemografischen Merkmale Wohnort,
Alter und Haushaltskonstellation betrachtet. Hinsichtlich des Wohnorts kann für die
vorliegende Stichprobe gezeigt werden, dass sich lediglich Personen mit Wohnsitz am Land
Vergünstigungen von Öffis sowie andere billigere Alternativen im Bereich Konsum wünschen.
Demnach scheint der Kostenfaktor am Land eine größere Rolle zu spielen als in der Stadt. Dies
kann unterschiedliche Gründe haben: zum einen könnten umweltfreundliche Alternativen hin-
sichtlich Mobilität und Konsum in der Stadt tatsächlich billiger sein, da dort mehr Angebot
besteht. Anzunehmen ist, dass dies insbesondere bei öffentlichen Verkehrsmitteln der Fall ist,
die in Städten billiger sowie besser ausgebaut sind. Zum anderen könnte diese Wahrnehmung
möglicherweise auch an der Stichprobe und der Verteilung der soziodemografischen Variablen
wie Alter und Einkommen liegen (Personen aus der Stadt waren tendenziell jünger, über das
Einkommen liegen keine Daten vor). Zusätzlich wünschen sich Personen am Land häufiger ein
größeres Angebot bei Kleidung ebenso wie eine bessere Kennzeichnung, was auf das allgemein
kleinere Angebot an Geschäften, Produkten und Auswahlmöglichkeiten am Land
zurückzuführen ist.
Hinsichtlich des Alters sind nur geringe Unterschiede bei den individuellen Wünschen zu
verzeichnen. Es lässt sich lediglich eine Tendenz erkennen, dass sich jüngere Personen ein
größeres Angebot bei Kleidung und weiteren umweltfreundlichen Produkten, deren
Kennzeichnung, sowie ein besseres Angebot bei öffentlichen Verkehrsmitteln wünschen.
Bezüglich des Haushaltstypus zeigt sich, dass sich Personen aus einem Mehrpersonenhaushalt
bessere öffentliche Verkehrsmittel (u.a. auch die RegioTram am Land) sowie ein breiteres
Angebot an umweltfreundlichen Produkten wie Lebensmitteln wünschen. Diese Faktoren
86
werden von Personen mit Singlehaushalten nicht erwähnt. Des Weiteren wünschen sich erstere
tendenziell mehr Informationen und Präsenz des Themas, eine bessere Kennzeichnung von
Produkten, Finanzierungsmöglichkeiten von umweltfreundlichen Projekten, ein größeres
Angebot bei Kleidung und öffentlichen Verkehrsmitteln sowie billigere Öffi-Tickets als alleine
lebende Personen. Ebenso wünschen sich Personen, bei denen keine Kinder im Haushalt leben,
billigere Alternativen, welche von Personen mit Kindern im Haushalt nicht erwähnt werden.
Ansonsten wünschen sich Personen ohne Kinder im Haushalt tendenziell häufiger mehr
Informationen und Präsenz des Themas, ein breiteres Angebot mit einer besseren
Kennzeichnung sowie Vergünstigungen von Öffis. Hier ist allerdings festzuhalten, dass
aufgrund der ungleich verteilten Gruppengrößen (sowohl bei der Anzahl der im Haushalt
lebenden Personen als auch bei Kindern im Haushalt) die Interpretierbarkeit eingeschränkt ist.
10.3. Zusammenhang zwischen Gründen für Gaps und individuellen Wünschen
Des Weiteren wird eine Zusammenhangsanalyse zwischen den Gründen für Gaps und den
individuellen Wünschen für die gesamte Stichprobe berechnet. Personen, die Bequemlichkeit
als einen Grund für unterlassene Umwelthandlungen nennen, wünschen sich häufig mehr
Informationen zu umweltfreundlichen Alternativen, mehr Präsenz von Umweltthemen sowie
eine bessere Kennzeichnung von Produkten. Diese Kennzeichnung wünschen sich auch
Personen, die aus Routine und Gewohnheit ihr Verhalten nicht umweltgerecht gestalten. Hier
kann man schlussfolgern, dass durch ein umfangreicheres und gut gekennzeichnetes Angebot
von Produkten sowie durch die Verbreitung von Informationen zu alternativen Optionen die
Faktoren Bequemlichkeit und Routine abgeschwächt werden könnten. Ebenso kann
nachgewiesen werden, dass sich Personen, die über ein fehlendes Angebot an
umweltfreundlichen Alternativprodukten klagen, häufig eine Kennzeichnung von solchen
Produkten wünschen. Personen, die die hohen finanziellen Kosten von umweltfreundlichen
Alternativen hervorheben, wünschen sich nachweislich günstigere Öffis. Schlussendlich zeigt
sich zwischen dem Zeitfaktor als Grund für die Gaps und mehreren Wünschen ein
Zusammenhang: so bräuchten Personen, denen die Zeit für umweltfreundliche Alternativen
fehlt, ein besseres Angebot bei öffentlichen Verkehrsmitteln, mehr Informationen zu solchen
Themen, eine deutliche Kennzeichnung von Produkten, sowie eine bessere Finanzierung von
umweltfreundlichen Projekten und Angeboten. Diese Ergebnisse sind insoweit inhaltlich
stimmig, als dass Personen mit wenig Zeit öffentliche Verkehrsmittel häufiger nutzen könnten,
wenn diese in kürzeren Abständen und schneller fahren würden. Durch eine bessere
Kennzeichnung könnten sie beim Einkaufen ebenfalls Zeit sparen.
87
10.4. Gesellschaftliche Lösungsansätze
Nachdem nun sowohl die Gründe für das Auftreten von Gaps als auch die individuellen
Wünsche, um umweltfreundliche Alternativen leichter umsetzen zu können, erörtert wurden,
soll schlussendlich ein kurzer Blick darauf geworfen werden, was es den interviewten Personen
zufolge braucht, um in der gesamten Gesellschaft eine Veränderung im Verhalten hin zu einer
umweltfreundlicheren Lebensweise zu erreichen. Die hierarchische Struktur der gefundenen
Codes ist in Abbildung 10 zu sehen.
Am häufigsten sehen die Befragten ein gesellschaftliches Veränderungspotential durch
Aufklärung und Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung. Dabei wird auch das Problem der
fehlenden Informationen mehrmals angesprochen:
„Also das ist schon schockierend, wenn du das natürlich auch publik herzeigst das Ganze, kommen
die Leute sicher zum Nachdenken. Und das ist auch wichtig, dass einfach da gerade die
Wissenschaft in meinen Augen wichtig dabei ist, dass sie das Ganze herzeigen, welche
Auswirkungen das hat: Weil dann wirst du sicher mehr Leute erreichen können.“
„Also ich glaube für viele Menschen ist häufig das Problem des Anfangs, weil sie häufig nicht genau
wissen, wie oder wo. Wie kann ich was verändern, wo... und da kommen wir dann zum nächsten
Thema, der Informationsfluss. Dass das irgendwie, ja, dass man das dem Menschen irgendwie so
beibringen oder erklären müsste... die Aufklärung.“
Den Befragten zufolge sollen vor allem über die Medien, über gezielte umweltpositive
Werbung sowie berühmte Persönlichkeiten als Vorbilder (wie z.B. Greta Thunberg, Arnold
Schwarzenegger, einflussreiche PolitikerInnen oder SportlerInnen) vermehrt Informationen
bereitgestellt und Aufklärungsarbeit geleistet werden:
„Die Medien hätten viele Möglichkeiten, die Leute darauf hinzuweisen und sich einzusetzen, dass
das mehr unter die Leute kommt und mehr Bewusstsein in die Richtung gemacht wird.“
Ebenso wichtig und notwendig erachten die interviewten Personen die Einführung von
Regelungen und Verboten vonseiten der Politik, sowohl für Individuen als auch für große
Akteure wie Firmen. Eine Interviewte formuliert diesen Punkt folgendermaßen:
„Aber ich glaube leider, dass es für den Großteil wichtig ist, Verbote zu haben. Das klingt jetzt
vielleicht ein bisschen... ja, die Freiheit, die persönliche, ist halt auch wichtig, aber ich glaube, wenn
es um so ein Thema geht, das uns einfach alle betrifft und wo die Auswirkungen einfach so massiv
sind, und wo eben von der Wissenschaft schon lange gewarnt wird und irgendwie schafft man es
nicht, das Verhalten einfach aufgrund von Bewusstseinsänderung irgendwie zu verändern, dann habe
ich schon das Gefühl, dass man einfach die Leute dazu zwingen muss.“
88
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Außerhalb der individuellen Ebene werden Richtlinien für Firmen und im Verkehrswesen
sowie gesetzliche Regelungen, beispielsweise für Verpackungen, gewünscht. Bei
Nichteinhaltung der vorgegebenen Gesetze sollen Sanktionen durchgesetzt werden. Hierzu
wird auch mehrmals die Einführung einer CO2-Steuer bzw. Kerosinsteuer für den Flugverkehr
erwähnt. Einen weiteren einflussreichen Faktor sehen die Befragten in der Bildung: die
Notwendigkeit einer Implementierung von Umweltthemen und Wissen in der Schule sowie die
Thematisierung von Konsequenzen und Alternativen wird mehrmals angesprochen, da Kinder
dieses Bewusstsein wiederum in ihre Familien weitertragen würden:
„Aufklärung, ganz klar Aufklärung durch die Wissenschaft, eh wie wir es schon angesprochen haben.
Einfach mehr Informationen. Natürlich kann jeder Informationen übers Internet abrufen, das ist klar.
Aber du musst einfach auch schon in der Schule mal eingeeicht werden, dass es einfach auch nutzt,
die Informationen. Du kannst heute über alles Informationen beschaffen, und durch den
Informationsreichtum, den wir haben, kommen manche Themen, die dich vielleicht selber nicht so
interessieren, ein bissl ins Stocken. Und gerade das wäre einfach was, was vielleicht in der Schule
für Junge ganz wichtig wäre, dass die vielleicht auch einen Unterricht kriegen. Irgendwo hab ich es
eh schon mal gelesen […] dass die in Italien ein eigenes Umweltfach haben, wie sie einfach
recycelbarer und umweltfreundlicher leben können. Das fände ich z.B. weltweit ganz wichtig, dass
das einfach auch den Jungen einmal von vornherein so vorgelebt wird und dass die einfach auch
mehr Wissen darüber haben. Weil wir haben in der Schule nix darüber gelernt.“
Schließlich erachten auch einige Personen einen Systemwandel für notwendig, um der
Klimakrise entgegenzutreten. Hier wird vor allem ein Wertewandel hervorgehoben, der von
dem derzeitigen Massenkonsum wegführen soll. Den Befragten zufolge braucht es ein
Umdenken, was Lebensqualität bedeutet, auch im Kontext von Arbeit und Freizeit. Eine
interviewte Person beschreibt ihre Meinung so:
„Es ist sicher ein Umdenken im Lebensstil notwendig und es wird Einschränkungen für jeden
bringen, z.B. in der Freizeitgestaltung, im Konsum. Und da werden sicher andere Produkte,
langlebigere, qualitativ hochwertigere vielleicht nötig sein. Es wird ein anderer Zugang zu Arbeit
nötig sein, vielleicht dass man nicht mehr Vollzeit arbeitet, sondern Teilzeit, aber halt mit
entsprechend weniger Geld. Und es wird nötig sein, dass man sein Freizeitverhalten umstellt mit
weniger Mobilität.“
Weitere mehrmals angesprochene Lösungsansätze sind zum einen eine Entwicklung hin zu
mehr Regionalität, vor allem im Wirtschaften, sowie die Notwendigkeit, dass der
umweltbewusste Lebensstil einfach Normalität wird und ohne großartiges Nachdenken und
Abwägen, ohne das Gefühl von Einschränkungen, automatisch gelebt wird. Ein Befragter
formuliert diesen Lösungsansatz wie folgt:
90
„Und ja, dass es einfach eine Normalität ist, dass man nicht erst fragen oder suchen muss, sondern
dass es einfach ganz normal ist, und nicht so guter Mensch mäßig, so von wegen: Oh, entschuldigen
Sie bitte, wo finde ich denn - oder: Führen Sie sowas auch? Dass man erst immer fragen muss,
sondern dass es so selbstverständlich ist, dass man einfach sagt, die Sachen sind einfach genauso im
Sortiment wie alles andere.“
Diese Normalität soll zum einen bereits durch die Schule vermittelt werden, zum anderen aber
auch im persönlichen Umfeld, vor allem der Familie, Einzug finden und in das
Unterbewusstsein, den Habitus, implementiert werden. In diesem Zusammenhang wird
zusätzlich ein paar Mal genannt, dass ein umweltfreundlicher Lebensstil attraktiver werden
müsse. Dieser soll finanziell als auch persönlich attraktiv werden, für mehr Lebensqualität
stehen und als Statussymbol gelten:
„Und möglicherweise würde das sowas sein, wo die zwei Ebenen zusammenführen, sowas wie dass
eine Reduktion von Konsum auch was Attraktives sein kann. Also, keine Ahnung... dass es nicht nur
darum geht, sich zurückzunehmen und auf was zu verzichten, sondern dass es eine attraktive
Lebensform ist, die auch diese Auswirkungen hat.“
„Also der Lebensstil muss In werden, würde ich mal sagen. […] das ist glaube ich die beste Antwort,
dass das super ist, dass man so lebt. Dass es super ist, wenn man Zeit hat, nicht super ist, wenn man
ein großes Auto hat, sondern dass du dich eher genieren musst dafür, so wie du dich früher für eine
Rostschüssel geniert hast. Dass du ein schlechtes Gewissen hast, wenn du zu viel mit dem Auto
fährst. Dass dich die Leute bewundern, dass du Zeit hast, zu Fuß zu gehen oder so. Ich glaube, dass
ist... dass dieser Lebensstil nachahmenswert wird. Und wenn das viele so machen, so wie es halt
früher: Ich mache den Urlaub in Amerika, und ich mache eine Kreuzfahrt oder so, früher war das
halt dieses Statussymbol. Und jetzt sollte vielleicht dieses Statussymbol sein, ich arbeite nicht
Vollzeit, ich fahre Urlaub in Oberösterreich, ich fahre mit dem Bus oder der Bahn zu meiner
Wanderung, solche Dinge, dass das in wird. Das wäre glaube ich der Weg.“
Abschließend lässt sich hier schlussfolgern, dass die Befragten das meiste Potential in
politischen Richtlinien und Verboten sehen, da diese auf vielen verschiedenen Ebenen die
Chance bieten, einen Einfluss auf das tägliche Handeln sowohl von Individuen als auch von
größeren Einheiten wie Firmen und dergleichen auszuüben.
Abschließend wird wiederum eine Analyse der gesellschaftlichen Lösungsansätze in
Abhängigkeit der soziodemografischen Merkmale Wohnort, Alter und Haushaltskonstellation
vorgenommen. Es lässt sich festhalten, dass der Wohnort der befragten Personen Auswirkungen
auf deren gesellschaftliche Lösungsansätze zeigt: So nennen z.B. nur Personen, die in der Stadt
leben, Werbung als ein wichtiges Medium, um Informationen zu verbreiten und einen
umweltfreundlichen Lebensstil zu fördern. Dieser Befund lässt sich möglicherweise auf die
stärkere Digitalisierung und Medienpräsenz in Städten zurückführen. Im Vergleich dazu
nennen nur Personen mit Wohnsitz am Land die Förderung von umweltfreundlichen Angeboten
sowie eine umweltfreundlichere Raumgestaltung (z.B. die Nähe zwischen Arbeit und Wohnort
91
zu unterstützen), einhergehend mit der Verbauung von Grünflächen als gesellschaftliche
Veränderungspotentiale. Sie verweisen zudem wesentlich öfter auf die Bedeutung von
politischen Regelungen, wie einer Kerosinsteuer, und einen notwendigen Systemwandel. Für
die Personen aus der Stadt sind hingegen Aufklärung und Bewusstseinsbildung zentraler.
Bezüglich dem Alter zeigen sich ähnliche Ergebnisse wie im Vergleich Stadt – Land. So
verweisen jüngere Personen auf die Nutzung von gezielter Werbung, während sich ältere
Personen für einen Wertewandel weg vom Konsum sowie eine umweltfreundlichere
Raumgestaltung aussprechen. Die älteren Befragten nennen zudem deutlich häufiger politische
Regelungen, allen voran die Kerosinsteuer, sowie einen Systemwandel als notwendige
Instrumente, um der Klimakrise entgegenzutreten, während die jüngeren tendenziell mehr auf
Aufklärung und Bewusstseinsbildung setzten. Diese Ähnlichkeiten zu den Ergebnissen
hinsichtlich der gesellschaftlichen Lösungsansätze zwischen Stadt und Land lassen sich
wahrscheinlich durch die Zusammensetzung der Stichprobe erklären, da die befragten Personen
mit Wohnsitz in der Stadt im Durchschnitt jünger waren als die Personen vom Land. Abgesehen
davon könnte auch das Aufwachsen in einer digitalisierten Gesellschaft für jüngere Personen
ein Grund sein, weshalb sie in den Medien eine große Chance sehen, um umweltrelevantes
Verhalten zu fördern.
Auch im Hinblick auf die Haushaltskonstellation zeigen sich die Auswirkungen der
Stichprobenzusammensetzung: lediglich Personen aus Singlehaushalten nennen die Werbung
als einflussreichen Faktor, um gesellschaftliche Veränderung hervorzurufen. Im Vergleich dazu
nennen Personen aus Mehrpersonenhaushalten mehrere Male den notwendigen Systemwandel,
Informationsverbreitung durch Medien, eine umweltbewusste Raumgestaltung sowie die
notwendige Attraktivität des umweltbewussten Lebensstils. Sie verweisen auch häufiger auf
die Relevanz von politischen Regelungen, u.a. die Einführung der Kerosinsteuer und
Aufklärungsarbeit.
Personen, bei denen keine Kinder im Haushalt leben, geben im Vergleich zu Personen mit
Kindern im Haushalt an, dass die Normalität eines umweltbewussten Lebensstils wichtig sei,
sowie dass umweltschädliche Produkte nicht mehr verfügbar sein sollten. Sie glauben auch an
die Vorbildrolle von berühmten Personen. Im Vergleich dazu sehen Personen mit Kindern im
Haushalt tendenziell häufiger Potential durch politische Regelungen, z.B. der Kerosinsteuer,
und eine veränderte Raumgestaltung, vor allem die Nähe zwischen Arbeit und Wohnort sowie
die Erhaltung von Grünflächen und Naturschutzgebieten.
92
11. Diskussion der qualitativen Ergebnisse
Zusammenfassend lassen sich Zeit- und Kostenfaktoren (strukturelle Gründe) sowie die
Bequemlichkeit und Routine (intrapersonelle Gründe) als größte Barrieren für eine Konsistenz
zwischen Einstellung, Intention und Verhalten feststellen. Diese Erkenntnisse decken sich auch
großteils mit den bisherigen Ergebnissen aus der Literatur, z.B. mit den individuellen und
praktischen Barrieren bei Blake (1999). Verantwortung zu übernehmen und das eigene Handeln
als wirksam zu empfinden, scheint für die befragten Personen allerdings kein Problem
darzustellen. Fast alle Personen waren sich einig, dass der Beitrag von Einzelpersonen
(zusätzlich zu politischen Rahmenbedingungen) durchaus entscheidend ist, um der Klimakrise
entgegenzuwirken. Ebenso beinhaltet das ‚Model of Pro-Environmental Behavior‘ von
Kollmuss und Agyeman (2002) einige Faktoren, die in der qualitativen Studie als Barrieren für
umweltfreundliches Handeln bestätigt werden konnten. Insbesondere das Fehlen von externen
Möglichkeiten und Angeboten (bzgl. Infrastruktur, der ökonomischen Situation, politischen
Gegebenheiten) sowie alte Handlungsgewohnheiten scheinen in der Stichprobe negative
Auswirkungen zu haben. Die von diesem Modell prognostizierten internen Faktoren wie
Persönlichkeitseigenschaften oder fehlendes Umweltbewusstsein sind in dieser Untersuchung
weniger bedeutsam.
Des Weiteren lässt sich auch die Annahme der Rational Choice Theorie bestätigen, dass Zeit,
Kosten und Bequemlichkeit vor allem im Bereich der Mobilität den größten Einfluss auf das
Verhalten, also die Verkehrsmittelwahl, bilden. 75 Auch grundsätzliche Kosten-Nutzen-
Überlegungen finden sich als Erklärung für die Diskrepanzen in den Interviews wieder. Ein
Befragter hebt die Bedeutung des individuellen Vorteils bzw. das Vermeiden von Nachteilen
hervor und erzählt:
„[…] wenn ich dadurch einen Nachteil habe, etwas Negatives, mehr Stress, finanzielle Einbußen
[…] man darf halt keine Einschränkung haben, ich glaub so ist der Mensch halt nicht gestrickt, dass
er dann umsteigt.“
Überdies scheinen externe Umstände insbesondere am Land viele Personen davon abzuhalten,
umweltfreundliche Verhaltensweisen zu adaptieren, da teilweise nur geringe
Handlungsmöglichkeiten und -angebote vorhanden sind. Denn wie Tanner und Foppa (1996)
beschreiben, können
75 Vgl. Götz (2011), S. 334.
93
Handlungen nur dann ausgeführt werden […], wenn zwei notwendige Voraussetzungen erfüllt
sind: Erstens muss die Handlung objektiv möglich sein, und zweitens muss die handelnde
Person die fragliche Option im gegebenen Moment auch in Betracht ziehen.76
Gerade am Land fallen die strukturellen Faktoren Angebot, Zeit- und Kostenaufwand häufig
zusammen. Oft scheitert es bereits an der ersten Voraussetzung und es fehlt an entsprechenden
Angeboten. Sind diese doch vorhanden, erweisen sie sich oft als zeit- und kostenintensiver als
in der Stadt (z.B. öffentlicher Verkehr oder Kleidungsangebot). Von Personen, die in der Stadt
leben, werden im Vergleich dazu häufiger intrapersonelle Gründe wie die Bequemlichkeit und
Routine genannt, was möglicherweise an der vorherrschenden Infrastruktur liegt.
Betrachtet man nun diese Ergebnisse unter dem Aspekt der Ausgangsüberlegung, dass es sich
bei Mobilität und Konsum um zwei Low-Cost-Verhaltensweisen handelt, fällt bei den
Interviews eines auf: der Einfluss der Standortgebundenheit auf die Entscheidung für oder
gegen umweltfreundlichere Alternativen. Es liegt die Schlussfolgerung nahe, dass eine Low-
Cost-Verhaltensweise in Abhängigkeit des Wohnorts ein High-Cost-Verhalten darstellen kann.
Schließlich kommt es auf die individuelle „Definition der Situation“ an, wie Diekmann und
Preisendörfer resümieren: es geht um „die Wahrnehmung von Handlungsalternativen, die
Abschätzung des Eintretens von Handlungsfolgen, […] und die Wahrnehmung der Kosten und
Nutzen der Handlungsfolgen.“77 Dementsprechend ist umweltfreundliches Verhalten am Land
oft kostenintensiver als in der Stadt, was in weiterer Folge zu einem häufigeren Auftreten von
Diskrepanzen zwischen Einstellung, Intention und Verhalten in ländlichen Gegenden führt.
Zusammenfassend lassen sich folgende Barrieren als besonders hinderlich für die untersuchten
Verhaltensweisen festhalten: sowohl im Mobilitäts- als auch im Konsumbereich spielen Zeit-
und Kostengründe, Bequemlichkeit und das fehlende Angebot eine wesentliche Rolle, warum
umweltfreundliches Verhalten nicht ausgeübt wird. Für den Bereich Mobilität sind
insbesondere die Faktoren Zeit und Bequemlichkeit hemmend. Diese Befunde decken sich mit
den Erkenntnissen von Diekmann und Preisendörfer, die nach der Sichtung zahlreicher
empirischer Studien zu dem Schluss kommen, dass insbesondere drei Variablen entscheidend
für die Verkehrsmittelwahl sind: „Fahrtzeit, Fahrtkosten und Bequemlichkeit der
Verkehrsalternativen“78. Im Konsumbereich zeigen sich vor allem das fehlende Angebot von
umweltfreundlichen Produkten und Kleidungsstücken, zu wenig Informationen sowie die
fehlenden Kennzeichnung von umweltfreundlichen Produkten als besonders einflussreich auf
76 Tanner, Foppa (1996), S. 246. 77 Vgl. Diekmann, Preisendörfer (2001), S. 76. 78 Vgl. Diekmann, Preisendörfer (2001), S. 73.
94
die Verhaltenswahl. Demnach gibt es sowohl einige gemeinsame Hemmschwellen für umwelt-
freundliches Mobilitäts- und Konsumverhalten, die womöglich für weitere umweltrelevante
Verhaltensweisen ebenso gelten, wie z.B. fehlendes Angebot oder höhere Kosten. Auf der
anderen Seite konnten einige verhaltensspezifische Barrieren anhand der Interviews ermittelt
werden, was eine differenzierte Herangehensweise an die beiden Verhaltensweisen nahelegt.
Um diese Value – Intention – Action Gaps zu vermeiden und die gewünschten
Verhaltensweisen umsetzen zu können, braucht es für einen großen Teil der Befragten mehr
Informationen zu umweltfreundlichen Alternativen sowie ein dementsprechend größeres
Angebot (dies war vor allem in ländlicheren Gegenden gefragt). Auch der Wunsch nach
Normalität bzw. Selbstverständlichkeit von umweltfreundlichen Produkten und
Verhaltensweisen sowie eine damit einhergehende Reduktion des Angebots von
umweltschädlichen Optionen steht mehrmals im Raum. Somit scheint hier vor allem auf der
strukturellen Ebene Handlungsbedarf erwünscht zu sein, der sich auch in den gesellschaftlichen
Lösungsansätzen der interviewten Personen wiederfindet.
Möchte man die gesamte Gesellschaft zu einer Verhaltensänderung veranlassen, sehen die
Befragten eine Notwendigkeit in politischen Maßnahmen, Regelungen und Verboten. Diese
Regelungen sollen mithilfe von Sanktionen oder einer entsprechenden CO2-Steuer durchgesetzt
werden. Ebenso relevant erscheint den Befragten eine stärkere Aufklärung der Bevölkerung,
um ein größeres Bewusstsein für die Natur und deren Schutz zu schaffen. Dies soll bereits in
der frühen Erziehung beginnen und gegebenenfalls auch auf institutionalisierter Ebene in Form
eines umweltbewussten Schulunterrichts gefördert werden. In diesem Zusammenhang wird
auch die Rolle von umweltpositiven Vorbildern hervorgehoben, an denen sich junge Menschen
orientieren können. Neugebauer (2004) betont hier allerdings, dass umweltverträgliches
Verhalten nicht immer sozial anerkannt ist und man sich dadurch möglicherweise in eine
Außenseiterrolle begeben könne.79 Von solchen Erfahrungen erzählt auch ein Befragter, der
allerdings die positive Seite der Vorreiterrolle wertschätzen kann:
„Als Religionslehrer habe ich 1997 zum Unterrichten angefangen, und da war es so, dass z.B. die
Fairtrade-Geschichten, da bin ich eher so angeschaut worden und für dumm verkauft worden, so
ungefähr. Also ich werde doch nicht mehr zahlen für einen Kaffee, wenn ich den günstiger auch
kriege. Und das ist ein Thema, also biologische Nahrungsmittel usw., wenn ich da heute mit
SchülerInnen rede, da hat sich was verändert. Und insofern denke ich mir, es ist gut, dass sich damals
manche für dumm erklären haben lassen, dass das heute doch so eine relativ große Akzeptanz findet.
Und insofern denke ich mir, hat der Einzelne auch was zu bewirken.“
79 Vgl. Neugebauer (2004), S. 41.
95
Neben den persönlichen Vorbildern sehen die Befragten auch in den Medien und modernen
Technologien viel Aufklärungspotential. Eine interviewte Person äußert einen konkreten
Vorschlag, um umweltfreundliches Verhalten über den natürlichen Spieltrieb, insbesondere bei
jüngeren Menschen, zu implementieren:
„Was weiß ich, ich habe eine App am Handy und die rechnet mir, das wird es vielleicht eh schon
geben, und die rechnet mir das vor, was ich heute an CO2... also so wie ein Konto, das mir dann am
Ende des Tages zeigt, wo und was meine Ausreißer waren oder... das könnte funktionieren. Also
das ist sicher eher bei eurer Generation, die das irgendwie gewohnt ist, mit dem umzugehen.“
Auch zur Kennzeichnung von umweltfreundlichen Produkten werden klare
Handlungsvorschläge formuliert, z.B. durch ein einheitliches Gütesiegel bei Kleidung, dessen
Qualität tatsächlich gewährleistet ist und dem man vertrauen kann, oder die Angabe von
„Umweltkalorien“ auf Lebensmitteln (wie viel CO2 für Produktion, Transport usw. des
jeweiligen Produktes emittiert wurde).
Hinsichtlich der Differenzierung zwischen Einstellung und Intention lassen sich anhand der
Interviews keine eindeutigen Erkenntnisse erschließen. Grundsätzlich ist anzunehmen, dass bei
einem Großteil der Befragten sowohl positive Umwelteinstellungen als auch die Bereitschaft,
das eigene Verhalten für die Umwelt zu ändern, vorhanden sind. Den Aussagen zufolge
scheitert es schließlich oft an fehlenden Handlungsoptionen und Angeboten, die schließlich zu
einem Intention-Action Gap führen. Nur vereinzelte Befragte geben bei spezifischen Themen
an, kein Interesse und damit keine Intention für eine Verhaltensänderung zu haben. Dies betrifft
aber nur wenige ältere Männer, wenn sie auf ihr Konsumverhalten bzgl. Kleidung angesprochen
werden. Sie begründen ihr fehlendes Interesse zusätzlich mit dem geringen Verbrauch, den sie
bei Kleidungsstücken hätten (da sie selbst selten etwas kaufen und ihre Kleidung sehr lange
tragen würden). Somit kann der Value-Intention Gap, der bereits in den quantitativen Analysen
nur eine nebensächliche Rolle spielte, auch hier nur in einem sehr geringem Ausmaß und unter
bestimmten Umständen erwartet werden.
An dieser Stelle ist festzuhalten, dass manche Zusammenhänge (insbesondere bzgl. des Alters
und der Haushaltskonstellation) möglicherweise mit der Stichprobenzusammensetzung
hinsichtlich der soziodemografischen Variablen zusammenliegen und bei einer Wiederholung
der Studie in anderer Weise auftreten können. Nichtsdestotrotz handelt es sich hier um eine
qualitative Analyse, die nicht auf die Grundgesamtheit übertragbar ist, weshalb die Gründe für
Value – Intention – Action Gaps durchaus angemessen beleuchtet werden konnten.
96
Abschließend wird ein weiterer Punkt angesprochen, der in den bisherigen Überlegungen keine
Erwähnung fand, sich in den qualitativen Interviews allerdings als sehr spannend erweist. Denn
über den Großteil der Interviews lässt sich beobachten, dass Umweltverhalten eine stark
emotionale Komponente beinhaltet. Hinsichtlich der Diskrepanzen zwischen der individuellen
Einstellung bzw. Intention und dem Verhalten zeigen sich fast ausschließlich negative
Emotionen. Zwar erweisen sich diese eher selten als Determinanten für umweltfreundliches
Verhalten, sie treten jedoch häufig auf, wenn die gewünschten Handlungsoptionen oder
Alternativmöglichkeiten nicht gegeben sind oder ausgeführt werden können. Das resultiert
schließlich in Frustration, Ärger, Ohnmachtsgefühlen oder schlechtem Gewissen. Die
auftretenden Empfindungen, wenn umweltfreundliche Intentionen nicht umgesetzt werden
können und äußere Rahmenbedingungen fehlen, beschreiben die Befragten folgendermaßen:
„Also ich in meinem Leben kann sehr gut mit Plastik, fühle mich aber auch häufig ohnmächtig, dass
ich bei sehr vielen Sachen eben noch nicht auf Plastik verzichten kann, obwohl ich es gerne möchte.
Also da gibt es noch ein Problem.“
„Insofern ist es auch immer wieder ein Hin und Her zwischen sich sehr bemühen und trotzdem nicht
in Panik kommen. Also ja, das ist für sich selbst, für mich selber auch ein interessanter Prozess, wie
man da selber reagiert.“
Neben der individuellen Ebene werden Emotionen auch im größeren Kontext beschrieben,
indem Menschen aufgrund eigener oder fremder Erwartungshaltungen in Stress geraten und
dadurch ihre Handlungsoptionen verlieren und resignieren. Eine Person hebt zudem die Rolle
von falschen Informationen hervor, die in der Gesellschaft kursieren, und welche sie als
Schreckgespenster beschreibt, die die Menschen nur in Panik versetzen würden. Lediglich
einmal wurde ein positives Gefühl benannt, nämlich der Mut, etwas Neues auszuprobieren, und
die negativen Emotionen zu überwinden. Anhand der Interviews wird klar, dass die Klimakrise
ein höchst emotionales Thema darstellt, das von den Befragten durchwegs als Bedrohung der
menschlichen Existenz wahrgenommen wird.
97
12. Fazit
Ziel dieser Masterarbeit war eine Untersuchung des Phänomens, warum sich Personen als
umweltbewusst einstufen, sich diese Einstellung allerdings nicht in ihrem Verhalten
widerspiegelt. Dieser Value-Action Gap wurde erweitert um die Intention, die in der Literatur
häufig als Übergangsschritt von Einstellung zu Verhalten genannt wird. Das hier angewandte
Forschungsdesigns und die Triangulation von quantitativen und qualitativen Methoden sollten
eine intensive Auseinandersetzung mit den Diskrepanzen zwischen der persönlichen
Umwelteinstellung, der daraus gebildeten Intention und dem darauffolgenden
umweltrelevanten Verhalten ermöglichen.
Für eine Stichprobe aus der Steiermark, Wien und Niederösterreich konnte sowohl das
Vorkommen von Value-Action Gaps, Value-Intention Gaps als auch Intention-Action Gaps in
den Bereichen Mobilität und Konsum nachgewiesen werden. Im Bereich Konsum fällt es
Personen deutlich schwerer, sich konsistent zu ihren Einstellungen und Intentionen zu verhalten
als im Bereich Mobilität. Des Weiteren zeigten sich Unterschiede in der Wahrscheinlichkeit
des Auftretens der besagten Gaps in Abhängigkeit des Wohnorts, des Alters sowie der
Haushaltskonstellationen. Auf Basis dieser Ergebnisse wurden qualitative Interviews mit 16
Personen aus der Steiermark und Oberösterreich geführt. Hierbei lag der Fokus auf einer
tiefergehenden Analyse der Diskrepanzen und der Gründe für diese. Es zeigte sich, dass
Personen am häufigsten durch intrapersonelle Faktoren (wie die eigene Bequemlichkeit oder
Gewohnheiten) und strukturelle Rahmenbedingungen (wie Zeit- und Kostenfaktoren, fehlendes
Angebot) von der gewünschten Verhaltensausübung abgehalten werden.
Diese Erkenntnisse decken sich großteils mit den Ergebnissen anderer Untersuchungen, die zu
diesem Thema durchgeführt wurden. Die Befunde dieser Masterarbeit unterstützen
insbesondere das Auftreten von Abweichungen im Umweltverhalten von den persönlichen
Einstellungen und Intentionen, die bereits in vielen umweltsoziologischen Studien berichtet
werden. Hinsichtlich der Gründe für das Auftreten von Value – Intention – Action Gaps lassen
sich insbesondere aus dem ‚Model of Pro-Environmental Behavior‘ von Kollmuss und
Agyeman viele Elemente in der vorliegenden Arbeit wiederfinden. So kann die Bedeutung von
strukturellen Rahmenbedingungen sowie von Routine und Gewohnheiten für eine
umweltpositive Verhaltensausübung bestätigt werden. Die Bedeutung von situationalen
Faktoren für umweltpositives Verhalten deckt sich zudem mit dem ‚Framework of
Environmental Behavior‘ von Barr. Persönlichkeitsfaktoren scheinen auf die vorliegenden
Ergebnisse allerdings weniger Einfluss zu nehmen.
98
Rückwirkend scheint die Theorieauswahl eines linearen Konstrukts über den Zusammenhang
zwischen Einstellung, Intention und Verhalten zur Vorhersage von umweltrelevantem
Verhalten nur bedingt sinnvoll, da Umweltverhalten nicht nur von der persönlichen Einstellung
hinsichtlich der Umwelt und der Intention abhängig ist, sondern von unzähligen weiteren
Faktoren beeinflusst wird. Des Weiteren kann davon ausgegangen werden, dass sich
umweltrelevantes Verhalten nicht nur an rationalen Handlungsregeln orientiert, wie die ‚Theory
of Planned Behavior‘ von Ajzen und Fishbein annimmt. Aus den Interviews ging hervor, dass
Personen ihre Intentionen teilweise auch dann in Verhalten umsetzen, obwohl dadurch kein
größerer Nutzen entsteht. Im Gegenzug dazu wird umweltfreundliches Verhalten oftmals auch
dann nicht ausgeübt, wenn ein grundsätzlich stark ausgeprägtes Umweltbewusstsein vorliegt.
Auch die Rolle der Emotionen, die in rationalen Handlungstheorien häufig nicht berücksichtigt
wird, scheint für das Umweltverhalten bedeutend zu sein, da Gefühle wie Ohnmacht oder Ärger
aufgrund fehlender Handlungsoptionen für das zukünftige Verhalten entscheidend sein können.
Ebenso dürfte das schlechte Gewissen eine Rolle bei umweltrelevantem Verhalten spielen. Um
eine genaue Verhaltensvorhersage zu ermöglichen, müsste eine große Menge an Informationen
bereitstehen, angefangen bei Umwelteinstellungen und der individuellen Handlungs-
bereitschaft über die persönlichen und sozioökonomischen Möglichkeiten bis hin zu den
gegebenen strukturellen Rahmenbedingungen.
Der Vergleich der zwei ausgewählten Verhaltensweisen Mobilität und Konsum brachte einige
Erkenntnisse. Es kann festgehalten werden, dass entgegen der ‚Low-Cost-Hypothese des
Umweltverhaltens‘ von Diekmann und Preisendörfer auch bei Low-Cost-Verhaltensweisen, die
grundsätzlich mit wenig Aufwand gezielt an den persönlichen Einstellungen ausgerichtet
werden können, Diskrepanzen diesbezüglich auftreten können. Den Befunden zufolge haben
intrapersonelle Faktoren sowie strukturelle Rahmenbedingungen auch auf die Konsistenz
zwischen Einstellung, Intention und umweltrelevantem Mobilitäts- und Konsumverhalten
negative Auswirkungen. Im Bereich Konsum scheint es für Menschen zudem schwieriger zu
sein, sich konsistent zu ihren Einstellungen und Intentionen zu verhalten, verglichen mit dem
Mobilitätsverhalten. Das kann zum einen auf das fehlende Angebot, vor allem in ländlichen
Gegenden, zurückgeführt werden. Eine weitere mögliche Erklärung könnte zudem der interne
Zielkonflikt sein, da das vorhandene Angebot sowie der umweltbewusste Reduktionsgedanke
zumeist im Widerspruch zu dem grundlegenden Imperativ unserer Konsumgesellschaft stehen
und das Produktangebot und die Infrastruktur oft dementsprechend gestaltet ist. Im Kontrast
dazu kommt es im Mobilitätsbereich seltener zu einem Gap, obwohl auch hier das (vor allem
am Land) unzureichende Angebot an Alternativen zum Individualverkehr einem umwelt-
99
freundlichen Verhalten oftmals im Weg steht. Somit scheint für beide Bereiche
Handlungsbedarf hinsichtlich des Angebots zu bestehen sowie ein Wandel im Denken nötig zu
sein, um positives Umweltverhalten für umweltbewusste Personen leichter zu ermöglichen.
Auch wenn eine klare Verhaltensvorhersage auf individueller Ebene bislang nicht so einfach
durchzuführen ist, stellt sich dennoch die Frage, wie man letztendlich umweltpositives
Verhalten in der Gesellschaft fördern kann. Für die Beantwortung dieser Frage zeigt sich der
Erkenntnisgewinn aus den qualitativen Interviews als bedeutsam. Die Befragten erachten hierzu
zwei Schritte als besonders notwendig: einerseits braucht es vermehrt Aufklärungsarbeit,
Informationsverbreitung und Bewusstwerdung in der Bevölkerung, um den intrapersonellen
Gründen für Gaps entgegenzuwirken. Diese können durch die Implementierung im
Schulunterricht oder über Medien und Werbung gefördert werden, woraus schließlich ein
Wandel des Lebensstils, weg vom Konsum, sowie Normalität von umweltfreundlichem
Handeln folgen sollen. Andererseits ist auf struktureller und politischer Ebene eine veränderte
Regelung des Marktes notwendig, vor allem hinsichtlich des Angebots und Förderung von
umweltfreundlichen Alternativen. Ebenso soll eine Einschränkung von umweltschädlichen
Produkten und Verhaltensweisen angestrebt werden, sowohl über Verbote und damit
einhergehende Sanktionen als auch CO2-bezogene Steuern. Somit lassen sich aus den
Interviews einerseits eine ganze Bandbreite an Gestaltungsvorschlägen ableiten, wie z.B. ein
einheitliches und glaubwürdiges Label für die Kennzeichnung von umweltfreundlichen
Produkten, die Angabe von Umwelt- oder ‚CO2-Kalorien‘ in Abhängigkeit der CO2-
Emissionen für jedes Produkt, oder eine CO2-App, die den täglichen Verbrauch dokumentiert
und Alternativen auf spielerische Art und Weise näherbringt. Andererseits finden sich in den
Interviews zahlreiche Handlungsaufforderungen, die vor allem auf politischer Ebene Gehör
finden sollten. Denn obwohl jede der interviewten Personen den Einzelbeitrag für den
Umweltschutz als essentiell betrachtete, besteht ein Konsens darüber, dass es von der Politik
geschaffene Rahmenbedingungen braucht, um das volle Potential ausschöpfen zu können.
Diese Erkenntnis lässt sogleich zu den Herausforderungen dieser Masterarbeit überleiten. Denn
im Fokus steht hier insbesondere das individuelle Handeln, das als wichtiger Teilaspekt auf der
Mikroebene natürlich zum Schutz der Umwelt und des Klimas beiträgt. Allerdings geht eben
aus der qualitativen Untersuchung die Notwendigkeit von Veränderungen auf der Makroebene
hervor, um unsere Umwelt zu erhalten. Diese Erkenntnisse resultieren in der Frage, auf welcher
Ebene der Kampf gegen die Klimakrise primär geführt werden soll und wo die Grenzen der
100
individuellen Gestaltungsoptionen liegen.80 Dieses Erweiterungspotential soll als Anstoß für
weitere Forschungsarbeiten in diesem Gebiet dienen. Im Zuge dessen könnten auch andere
Schwächen dieser Masterarbeit ausgeglichen werden, wie z.B. die eher geringe
Stichprobengröße der quantitativen Untersuchung. Auch die Standortgebundenheit hinsichtlich
der Bundesländer Steiermark, Wien und Oberösterreich könnte durch eine umfangreichere
österreichweite Erhebung erweitert werden. Außerdem besteht zusätzlicher Forschungsbedarf
im Bereich anderer umweltrelevanter Verhaltensweisen, wie z.B. Ernährung oder Wohnen.
Während in dieser Arbeit der Fokus auf zwei Low-Cost-Verhaltensweisen liegt, könnte die
Betrachtung von umweltrelevanten High-Cost-Verhaltensweisen zu weiteren Einblicken in das
komplexe Umweltverhalten beitragen.
Zusammengefasst findet sich in der vorliegenden Arbeit ein Überblick über das Phänomen des
Value-Action Gaps, genauer über den Zusammenhang zwischen Einstellung, Intention und
Verhalten, sowie dessen Gründe in ausgewählten Bundesländern Österreichs wieder.
Abschließend konnten zudem potentielle Lösungsvorschläge und Handlungsfelder erarbeitet
werden. Ziel dieser Masterarbeit war es zu verstehen, warum es sogar umweltbewussten
Menschen, denen die Natur und der Schutz unserer Umwelt wichtig ist, manchmal nicht
möglich ist bzw. nicht gelingt, sich umweltfreundlich zu verhalten. Diese Arbeit kann
hoffentlich einen Teil zu diesem Verständnis beitragen, sowie potentielle Lösungsansätze für
dieses Problem aufzeigen.
80 Lorenzen (2018), S. 243ff.
101
102
103
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am 18.12.2019.
107
Anhang
1. Fragebogen OeNB
108
109
110
111
112
113
114
115
116
117
118
119
120
121
2. Leitfaden der qualitativen Interviews
Einstiegsfrage
1. Welche Rolle spielen Umweltthemen und Umweltschutz in Ihrem Leben?
Einstellungen
2. Inwieweit glauben Sie ist es möglich, die Umwelt zu retten, ohne das
Wirtschaftswachstum einzuschränken?
3. Inwieweit kann die Wissenschaft durch neue Erfindungen etc. zum Umweltschutz
beitragen?
4. Wie wichtig erachten Sie den individuellen Beitrag zum Umweltschutz?
Kann der/die Einzelne etwas ausrichten?
Verhalten
5. Inwieweit versuchen Sie selbst, sich umweltfreundlich zu verhalten?
Mobilität
6. Besitzen / Benutzen Sie ein oder mehrere Autos?
Wieviel fahren Sie damit ca.? (Km/Jahr)
7. Versuchen Sie, aus Umweltgründen andere Transportmöglichkeiten (z.B.
öffentliche Verkehrsmittel, Mitfahrbörsen, Fahrrad) zu nutzen?
Wenn ja, wie häufig? Wenn nein, warum nicht?
8. Würden Sie gerne öfter auf das Auto verzichten?
Warum gelingt Ihnen das nicht?
Konsum
9. Wie / wo kaufen Sie (Kleidung, elektronische Geräte, Auto Neukauf) ein?
Wieviel / Wie häufig?
10. Inwieweit achten Sie beim Einkaufen auf umweltfreundliche /
ressourcenschonende Produkte?
11. Warum fällt es Ihnen schwer, umweltfreundlicher / ressourcenschonender
einzukaufen?
12. Was bräuchten Sie, um in Ihrem Alltag umweltfreundlicher zu handeln?
122
Kompensation
13. Glauben Sie, dass Sie durch das Einsparen von Treibhausgasen bei bestimmten
Handlungen bei anderen Dingen weniger darauf achten müssen?
Wissen
14. Haben Sie das Gefühl, genug über den CO2-Impact durch ihre individuellen
Handlungen zu wissen?
15. Hätte es Einfluss auf Ihr Verhalten, wenn Sie mehr darüber wissen würden?
16. Denken Sie, dass Menschen ihr Verhalten ändern würden, wenn sie mehr über die
damit verbundenen CO2-Emissionen wissen würden?
Gesellschaftliche Veränderung
17. Wie würden Menschen am ehesten ihr Verhalten ändern, sodass Treibhausgase
eingespart werden können?
18. Wo sehen Sie das größte Potential für die Gesellschaft, um Emissionen
einzusparen?
19. Aus Ihrer Sicht, wird Österreich im Jahr 2030 mehr oder weniger Emissionen
ausstoßen? Um die Hälfte / Drittel / Viertel?
20. Haben wir etwas nicht angesprochen, was Ihnen noch wichtig wäre?