Post on 06-Apr-2016
Die Hubble Sequenz
Verständnis und Gültigkeit heute – ist eine neue Klassifikation notwendig und/oder in Sicht?
Gliederung Die Hubble Sequenz Fragestellungen Beobachtete Eigenschaften verschiedener
Galaxien Klassifikation mittels der Sternentstehungsrate
(SFR) Mid-Infrarot Ansatz Der Gini-Koeffizient Abschließende Zusammenfassung Bibliographie
Die Hubble Sequenz
1923 entdeckt Hubble (1889-1953), dass der „Spiralnebel“ Andromeda nicht zu unserer Galaxie gehört und eine eigene Galaxie bildet
Um die neu entdeckten Objekte klassifizieren zu können entwickelt Hubble 1926 die bis heute bekannte „Hubble-Sequenz“
Die Hubble Sequenz
beruht ausschließlich auf optischen Parametern – Wiedererkennung von Strukturen
wird anhand von Blauaufnahmen festgelegt war ursprünglich als zeitliches
Entwicklungsdiagramm gedacht Nomenklatur der „frühen Galaxien“ (E-Typen)
und „späten Galaxien“ (S-Typen) wird noch heute benutzt
Die Hubble Sequenz
Die Hubble Sequenz
Die Hubble Sequenz Prinzipiell 3 große Kategorien:
Elliptische Galaxien rotationssymmetrischer Gestalt E0 – E7
E0 – kreis rund; E7 – stark elliptischSpiralgalaxien mit symmetrischen
Spiralarmen werden weiter unterschieden in: Sa, Sb, Sc,
Sm mit zentraler Verdichtung; SBa, SBb, SBc, SBm mit Balken („barred“)
Irreguläre Galaxien Irr ohne Symmetrien
Die Hubble Sequenz Hubble Sequenz wurde vielfach verfeinert und
angepasst.Hubble selbst versuchte 1936 den Übergang
von E zu S flüssiger zu gestalten und fügte die Linsengalaxien S0 hinzu
die Sd, Sm, Im, SBd, SBm, IBm wurden von G. de Vaucouleurs (1918-1995) hinzugefügt
Sandage (geb. 1926) führte im „Hubble Atlas of Galaxies“ einen Suffix für den Ursprung der Spiralarme ein; s - Zentralgebiet; r - extra Ring
Die Hubble Sequenz
NGC 2523, Typ SBb(r); aus dem „Hubble Atlas of Galaxies“
Die Hubble Sequenz
Nachteileabhängig von Projektionseffektenwird von persönlicher Überzeugung des
Beobachters beeinflusstz.B. LMC erscheint aufgrund der vielen, von
Gaswolken umgebenen blauen Sterne besonders unregelmäßig
die Erweiterung um S0 passt nicht mit Beobachtungen der Helligkeit überein
Fragestellungen
In wie weit kann die Hubble-Sequenz als Entwicklungsdiagramm verstanden werden?
Durch welche Parameter kann die Hubble-Sequenz charakterisiert und damit unabhängig vom Betrachter werden?
Welche alternativen Klassifikationen gibt es?
Beobachtete Eigenschaften verschiedener Galaxien in elliptischen Galaxien beobachtet man:
rote, alte Sternenpopulationenwenig Gas und Staub (mit sehr hohen
Temperaturen, ionisiert) in Spiralgalaxien beobachtet man:
je ‚später‘, desto mehr junge, massive Sterne im Zentrum röter (also älter) als in den
Spiralarmen bei niedrigerem Gasgehalt
Klassifikation mittels der SFR
Allan Sandageveröffentlicht seit 1950 paper im Bereich der
Astrophysik beschäftigt sich von 1958 bis heute immer
wieder mit Galaxien, deren Entstehung und Klassifizierung, erstellte unter anderem den „Hubble Atlas of Galaxies“
veröffentlicht im Jahr 1986 ein paper, was die Hubble-Typen in Abhängigkeit der SFR setzt
Klassifikation mittels der SFR
Bis 1986M. S. Roberts () sagte 1963 ein
unverändertes Erscheinungsbild von mindestens 1010 Jahren aller beobachteten Galaxien voraus
mit Hilfe der „integrated lock up rate“ (ILUR), Menge an Gas in Galaxien, einer konstanten SFR
wird damit zur gängigen Meinung
Klassifikation mittels der SFR
auf der Basis neuer Beobachtungen und Methoden berechnet Sandage diese Größen neu
kann durch Anpassung der Parameter (innerhalb eines plausiblen Rahmens), Ergebnis von Roberts für die zukünftigen Entwicklungen verifizieren
Klassifikation mittels der SFR
ABER:heute ist Sternentstehungsrate in „frühen
Galaxien“ sehr niedrig, deswegen alte Population
auch alte Sterne müssen irgendwann entstanden sein
SFR muss sich zumindest in diesen Galaxien verändert habenNur in welcher Weise?
Klassifikation mittels der SFR
1984 haben Gallagher, Hunter und Tutukow für 3 Epochen in der Vergangenheit die SFR ermittelt
damit konnte sich Sandage auch mit der Vergangenheit befassen
schätzt aufgrund einer einfachen Annahme SFR zu Zeiten um den Kollaps einer Galaxie herum ab
Klassifikation mittels der SFR
da E‘s keine Scheiben und alte Sternen-Populationen haben, muss Gas fast Vollständig während des Kollaps (tc ≈ 109 Jahre) aufgebraucht worden sein
allein mit dieser einen Annahme folgt, dass die IBR in den ersten Jahren, je nach Annahme der Zeit tc, bis zu 50 mal größer als die aktuelle IBR ist
Klassifikation mittels der SFR anders bei SO Galaxien
da Sterne jünger, muss Gas übrig geblieben sein, aus dem sich Sterne bilden konnten
heute keine Sternentstehung, kaum Gasda sich dichter bulge im Zentrum bilden
konnte, liegt die Vermutung nahe, dass SFR für t< tc nur unwesentlich geringer war als bei E
für t> tc muss SFR höher als bei den E-Typen gelegen haben, das restliche Gas wurde innherhalb von wenigen 109Jahren verbraucht
Klassifikation mittels der SFR Mit ähnlichen Überlegungen für die Sa-Typen ergibt sich:
Klassifikation mittels der SFR es stellt sich heraus,
dass die Menge an übrig gebliebenem Gas das Erscheinungsbild bestimmt
das Verhältnis (Zeit bis zum Abschluss der Sternentstehung) zu (Zeit tc) bestimmt, ob eine Scheibe entsteht, und wenn, das bulge-to-disk Verhältnis.
Klassifikation mittels der SFR
Sandage kann somit die Eckpunkte der Hubble-Sequenz mit der SFR erklärenDas bulge-to-disk Verhältnis Die OberflächenhelligkeitDas Alter der ScheibeDie Farbe Die Verhältnisse der heutigen IBRs
Klassifikation mittels der SFR
Ferrini und Galli greifen die Idee 1988 auf ermitteln in dem von ihnen entwickelten Modell
zur Galaxieentstehung SFR bestätigen durch einen Vergleich mit einem
großen Datensatz, dass SFR entscheidender Parameter für Hubble Sequenz ist
Klassifikation mittels der SFR
heutige SFR (auf Einheitsmasse geeicht) gegen Hubble-Typ
SFR(past) / SFR(present)
nach dem von Ferrini und Galli entwickelten Modell berechnete SFR, die mit den beobachteten Daten übereinstimmt
Klassifikation mittels der SFR
Die Entwicklungsdiagramme der SFR offenbaren prinzipielles Problem:da die Hubble Sequenz Klassifizierung nach
aktueller Erscheinung ist, ist Klassifikation entfernter Galaxien nicht möglich (betrachten anderen Zeitpunkt)
ab Entfernungen von ca. 5•109 Jahren immer mehr irregulars, ab 10•109 Jahren keine Einteilung mehr möglich
Mid-Infrarot Ansatz
Pahre, Ashby, Fazio und Willner schlagen 2003 ein System vor, in dem durch Mid-Infrarot-Aufnahmen die klassischen B-Band Klassifikationen gut reproduziert werden und sich viele klassische Probleme nicht ergeben
basierend auf Aufnahmen der Infrared Array Camera (IRAC) am Spitzer Space Telescope untersuchen sie das interstellare Medium relativ zum Sternenlicht
Mid-Infrarot Ansatz bei [3.6]-[4.5] emittiert
der interstellare Staub kaum
dieses Sample substrahiert man von den Aufnahmen im Bereich [5.8]-[8.0]
so erhält man die „nonstellar emission“
gleichzeitig wird für das 3.6μm Bild mittels fit das B/D-Verhältnis ermittelt
DSS 3,6-8,0μm
3,6 μm 8,0 μm
Nonstellar emmision
Mid-Infrarot Ansatz
DSS 3,6-8,0μm
3,6 μm 8,0 μm
Nonstellar emmision
die Farbe wird ermittelt
nun muss noch die optische Klassifizierung des „nonstellar“ - image erfolgen
Mid-Infrarot Ansatz
Mid-Infrarot Ansatz sowohl interstellare Materie als auch
Sternenlicht wird ohne Abschattung beobachtet im Mid-Infraroten kann interstellare Materie
eindeutig von Sternenlicht unterschieden werden die Farbe ist unabhängig von Alter und
Massenverteilung, somit kann die Masse besser bestimmt werden (wichtig für bulge-to-disk-ratio)
Dadurch kann im nächsten Schritt die SFR mit weniger beobachterabhängigen Daten bestimmt werden
Der Gini-Koeffizient
Die bisherigen Ansätze beruhen auf klassischen Verfahren, die physikalischen Parameter einzugrenzen, zu simulieren oder durch bessere Beobachtungen Trends eindeutiger identifizieren zu können.
All diese Methoden sind schlecht anzuwenden auf sehr schwache Galaxien. Außerdem benötigen sie wohl definierte Zentren, die besonders für größere Rotverschiebungen (älter und oder entfernter) seltener werden.
Der Gini-Koeffizient
führen deswegen 2003 völlig neuen Parameter, den Gini – Koeffizient G, ein
Der Gini-Koeffizient
Gini-Koeffizient G kommt aus der Ökonomie und wird dort benutzt, um Ungleichheiten in Populationen zu bestimmen
Dabei ist G das Verhältnis von A zu A+B und ist Null für Gleichverteilung und geht gegen eins für ungleiche Verteilungen
Der Gini-Koeffizient
Vorgehensweisezuerst wird die Helligkeits- bzw.
Intensitätsverteilung gemessendann die Pixel (die zur Probe gehören) nach
Helligkeit sortiertzuletzt wird G bestimmt
dafür wird weder eindeutig definierter Kern noch Aufsicht benötigt
Der Gini-Koeffizient
G ist eng verwandt mit der zentralen Dichte
bei genauerer Betrachtung fand Abraham eine korrelation zwischen G, zentraler Helligkeit C und Oberflächenhelligkeit μ
Der Gini-Koeffizient
aus den unabhängig gemessenen Werten für G, C, und μ konnte Abraham eine Funktion der Form μ=a*C+b*G+d fitten
dies impliziert eine Fläche im 3dim Raum auch anhand von simulierten Galaxien konnte
diese Ebene eindeutig identifiziert werden
Der Gini-Koeffizient
Der Gini-Koeffizient
in ähnlicher Weise wurden in einer beachtlichen Anzahl anderer Veröffentlichungen ein Zusammenhang zwischen C, G und einer Helligkeit festgestelltdie Ebene als intrinsischen Eigenschaft der
Methode wurde ausgeschlossen
Der Gini-Koeffizient
damit lassen sich erstmal mehrere Parameter über einen großen Bereich in einen Zusammenhang setzen
da G nur relativ zueinander ist, ist Rotverschiebung irrelevant
Dabei sind sowohl Neigung als auch Offset der Ebene völlig unverstanden!
Abschließende Zusammenfassung
Hubble Sequenz ist vom Beobachter und seiner Meinung abhängig
da sich Erscheinungsbild der Galaxien ändert, Klassifikation alter Galaxien nicht möglich
ABER: es gibt auch keine überzeugenden Alternativen
suche nach korrelierten Parametern über großen Bereich Mühsam
Gini-Koeffizient zusammen mit zentraler Dichte liefert vielversprechende Ansätze
Bibliographie R. Abraham, S. v. d. Bergh, P. Nair, 2003, The Astrophysical
Journal, 588, S. 218 S. v. d. Bergh, 2007, Nature, 445, S. 265 B. Carroll, D. Ostlie, ‚An Introduction to Modern Astrophysics‘ F. Ferrini, D. Galli, 1988, Astronomy and Astrophysics, 195, S. 27 J. Lotz, J. Primack, P. Madau, 2004, The Astronomical Journal, 128,
S. 163 M. Pahre, M. Ashby, G. Fazio, S. Willner, 2004, Teh Astrophysical
Journal Supplement Series, 154, S. 235 M. Roberts, 1963, Annual Review of Astronomy and Astrophysics,1,
S. 149 A. Sandage, 1961, The Hubble Atlas of Galaxies A. Sandage, 1986, Astronomy and Astrophysics, 161, S. 89 A. Unsöld, B. Baschek, ‚Der Neue Kosmos‘, 7. Auflage http://www.astro.uni-wuerzburg.de/~niemeyer/lectures/einf.pdf http://www.mpa-garching.mpg.de/~weiss/Chile/Galaxien.pdf