„Die reizenden Leserinnen werden sich gleicherweise an den unterhaltsamen Dingen ergötzen, wie...

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Film, politischer Mythos und Gedächtnis. Überlegungen

anhand von BeispielenSandra Nuy

„Die reizenden Leserinnen werden sich gleicherweise an den unterhaltsamen Dingen ergötzen, wie auch guten Rat daraus schöpfen, sofern sie fähig sind, zu erkennen, was zu vermeiden und was anzustreben ist.“ (Boccaccio, Il Decamerone)

Struktur VortragI. Politischer Mythos & GedächtnisII. Margarethe von Trotta: Die bleierne Zeit (BRD 1981)Wie verständigt sich eine Gesellschaft über

einen Wendepunkt in ihrer politischen Geschichte, der unter einem negativen Vorzeichen steht?

Mit welchen dramaturgischen Strategien wird die Radikalisierung politischer Handlungspraxen im Spielfilm narrativ zugänglich gemacht?

Funktionalität politischer Mythen

Reduktion vielfältiger sozialer bzw. politischer Bindungen zwecks Schaffung einer verbindlichen Loyalität

Reduktion von Komplexität Reduktion von Kontingenz OrientierungBindung Identifikation(vgl. Münkler 2005, S. 66.)

Gedächtnis & Mythos„ (...) im kulturellen Gedächtnis (wird) faktische

Geschichte in erinnerte und damit in Mythos transformiert (...). Mythos ist eine fundierende Geschichte, eine Geschichte, die erzählt wird, um eine Gegenwart vom Ursprung her zu erhellen. (...) Durch Erinnerung wird Geschichte zum Mythos. Dadurch wird sie nicht unwirklich, sondern im Gegenteil erst Wirklichkeit im Sinne einer fortdauernden normativen und formativen Kraft“ (Assmann 1992, S. 52).

„Indem die Filme die Ereignisse um die RAF zu Geschichten machen, sie also erzählen und erzählbar machen,

formulieren sie das für viele Menschen wenig Fassbare.“

(Hickethier 2010, S. 174)

Die bleierne Zeit - BRD 1981; Jutta Lampe (Juliane) & Barbara Sukowa (Marianne)

„Einen Film nur über Politik zu machen, interessiert mich nicht. Ich möchte

verstehen, wie Geschichte und Politik auf die Menschen wirken und wie diese ihre

Erfahrungen verarbeiten und weitergeben.“

Margarethe von Trotta 2010

establishing shot: Vorführung von „Nacht und Nebel“

Vielen Dank.sandra.nuy@uni-siegen.de

Zitierte Literatur Assmann, Jan (1992): Das kulturelle Gedächtnis. Schrift,

Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München: C.H. Beck

Hickethier, Knut (2010): Die Reflexion des RAF-Terrors in fiktionalen Filmen der Bundesrepublik Deutschland. In: Wende, Waltraud ‚Wara’; Koch, Lars (Hrsg): Krisenkino: Filmanalyse als Kulturanalyse – Zur Konstruktion von Normalität und Abweichung im deutschen Spielfilm. Bielefeld: transcript, S. 167-208.

Münkler, Herfried (2005): Die Logik des Mythos. Eine kleine politische Mythengeschichte der Bundesrepublik; in: Ästhetik und Kommunikation, 36. Jg., 2005, Heft 129/130, S. 61-71.