Die Wettbewerbsfähigkeit des Chemiestandorts · PDF fileOxford Economics zeigt: Der...

Post on 06-Feb-2018

216 views 0 download

Transcript of Die Wettbewerbsfähigkeit des Chemiestandorts · PDF fileOxford Economics zeigt: Der...

  • Die Wettbewerbsfhigkeit des Chemiestandorts Deutschland im internationalen Vergleich: Rckblick und Zukunftsperspektiven Bericht auf Basis der VCI-Oxford Economics-Studie

  • 2

    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort S. 3

    Zusammenfassung: Deutschlands Wettbewerbsfhigkeit als Chemiestandort ist gefhrdet S. 4

    Der Chemiestandort Deutschland im globalen Wettbewerb S. 5

    Deutsche Chemie hat Wettbewerbsfhigkeit verloren S. 8

    Einflussfaktoren auf die Wettbewerbsfhigkeit S. 14

    Ein Blick in die Zukunft: Szenarien bis 2030 S. 20

    Politische Handlungsempfehlungen: Den Abwrtstrend aufhalten S. 22

    INHALT

    Auftraggeber: Chemie Wirtschaftsfrderungsgesellschaft mbHAuftragnehmer: Oxford EconomicsFinanzielle Untersttzung: Merck KGaA, Darmstadt DeutschlandMitwirkung: Allgemeiner Arbeitgeberverband Nordostchemie, BASF SE, Bayer MaterialScience AG, Cefic, Evonik Industries AG, LANXESS Deutschland GmbH, Merck KGaA, Darmstadt Deutschland, Verband der Chemischen Industrie e. V.

  • 3

    Vorwort

    Stillstand ist Rckschritt Deutschland braucht bezahlbare Energieund die besseren Ideen, um dauerhaft erfolgreich zu sein

    Schon Heraklit wusste: Die einzige Konstante im Univer-sum ist die Vernderung. Die Chemie ist da keine Aus-nahme. Denn die Rahmenbedingungen fr unsere Bran-che haben sich in den letzten Jahren deutlich verndert. Ob Schiefergasfrderung in Nordamerika, neue Produk-tionskapazitten im Nahen Osten oder das exponentielle Wachstum der Chemischen Industrie in China: Die Mrkte sind in Bewegung und die Spielregeln ndern sich. Wett-bewerber in den Schwellenlndern begegnen uns mitt-lerweile auf technologischer Augenhhe und profitieren gleichzeitig von relativ niedrigen Produktionskosten. Im eigenen Land muss sich die deutsche Chemie derweil mit hohen und konti-nuierlich steigenden Stromkosten aus-einandersetzen.

    Was die Unternehmen im tglichen Geschft erleben, hat das Wirtschafts-forschungsinstitut Oxford Economics nun wissenschaftlich in einer Studie belegt. Globale Konkurrenz und politi-sche Rahmenbedingungen setzen der Wettbewerbsfhigkeit des Chemie-standorts Deutschland immer strker zu. Der deutsche Anteil am globalen Exportmarkt ist trotz wachsender Auenhandelsberschsse in den letz-ten beiden Jahrzehnten gesunken. Seit 2008 hat sich der Abwrtstrend nach einer vorbergehenden Phase der Sta-bilisierung beschleunigt. Wir verlieren Exportmarktanteile. Das heit im Um- kehrschluss: Unsere Wettbewerbsfhig-keit nimmt ab!

    Die Unternehmen der Chemischen Industrie haben sich auf die neuen Her-ausforderungen des globalen Wettbewerbs eingestellt. Sie erhhen ihre Forschungsanstrengungen, fokussieren sich auf werthaltige Spezialchemikalien, steigern die Pro-duktivitt, verbreitern die Rohstoffbasis und nutzen die Chancen der Globalisierung.

    Das ist jedoch nur eine Seite der Medaille. Die Ergebnisse von Oxford Economics machen unmissverstndlich deut-lich, dass der wirtschaftliche Erfolg der vergangenen

    Jahre alles andere als ein Selbstlufer war und keinen Garantieschein fr die Zukunft ausstellt. Auch die Bun-desregierung muss also ihre Prioritten berprfen. Deutschland braucht eine bessere industriepolitische Strategie, die gute Rahmenbedingungen fr Unterneh-men schafft. Die Analyse des Forschungsinstitutes zeigt: Der Hebel mit der grten Wirkung ist hierfr eindeutig die Senkung der staatlich verursachten Energiekosten und die Strkung der Forschungsintensitt hierzulande.

    Jeder, der in Deutschland Verantwortung fr die Zukunft der Branche trgt und magebliche Entscheidungen fr die weitere Ent-wicklung des Chemiestandorts Deutsch-land trifft, sollte sich mit den Ergebnis-sen der Studie von Oxford Economics auseinandersetzen. Um dies zu erleich-tern, hat der VCI die Analyse in politi-sche Handlungsempfehlungen zusam-mengefasst. Sie zeigen, was die Politik tun kann, um einen weiteren Verlust an Wettbewerbsfhigkeit zu verhindern. Wir mssen zu vernnftigen Konditio-nen produzieren knnen und brauchen ein Umfeld, in dem Innovation gefrdert wird. Konkret bedeutet das: Erstens, das Fass EEG braucht einen Boden. Die Kosten fr die Energiewende mssen gedeckelt werden. Nationale Allein-gnge knnen wir uns dabei nicht mehr erlauben. Es darf nur eine europische Energiewende geben. Und zweitens muss Innovation durch staatliche For-schungsfrderung und Technologieof-fenheit ermglicht werden.

    Der Erhalt der Wettbewerbsfhigkeit des Chemiestandorts Deutschland ist eine lohnenswerte Aufgabe fr Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Denn strauchelt die Chemie, ist der zentrale Innovationsmotor fr viele industrielle Wertschpfungsketten gefhrdet und damit die Basis fr Arbeitspltze und Wohlstand. Mit der vorliegenden Studie erhalten wir eine neue Richt-schnur fr diese Bemhungen. Die einzige Konstante ist Vernderung. Wir sollten sicherstellen, dass es eine sinn-volle Vernderung ist.

    VORWORT

    Karl-Ludwig Kley,Prsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI)

  • 4

    Zusammenfassung

    ZUSAMMENFASSUNG DER STUDIE

    Deutschlands Wettbewerbsfhigkeit als Chemiestandort ist gefhrdet

    Noch ist Deutschland ein attraktiver und wettbewerbs-fhiger Chemiestandort. Die deutsche Chemische Indus trie ist nicht von ungefhr Exportweltmeister. Doch der Lack bekommt mittlerweile erste Risse. Die Studie Die Wettbewerbsfhigkeit des Chemiestand-orts Deutschland im internationalen Vergleich von Oxford Economics zeigt: Der Chemiestandort Deutsch-land verliert seit 2008 an Wettbewerbsfhigkeit.

    Der Auenhandel ist eine wichtige Sule der deutschen Chemieindustrie: Die Branche erwirtschaftet 60 Prozent ihrer Umstze mit Kunden aus dem Ausland. Ihr ist es bis lang gelungen, vom starken Wachstum in anderen Welt regionen ber Exporte zu profitieren. Anteilsvern-derungen einer Nation auf den Exportmrkten sagen viel ber die Wettbewerbsfhigkeit eines Standortes aus. Ob ein Chemiestandort wettbewerbsfhig ist, hngt von zwei Faktoren ab: der Innovationskraft, also der Fhigkeit Kundenbedrfnisse besser zu befriedigen als die Konkurrenz, und der Hhe der Produktionskosten. Daran orientieren sich die Kunden rund um den Globus.

    Nach den Ergebnissen von Oxford Economics hat Deutsch land in den 90er-Jahren deutlich Exportmarktan-teile und Wettbewerbsfhigkeit verloren. Damals galt Deutschland als kranker Mann Europas. Die Chemie-unternehmen reagierten auf die Herausforderungen mit umfassenden Umstrukturierungen, einer Intensivierung der Forschungsanstrengungen, einer Ausrichtung auf ertragreiche Spezialchemikalien und eine Internationali-sierung der Produktion. Gleichzeitig erhhten sie Pro-duktivitt und Effizienz. Mit etwas Zeitverzgerung reagierte auch die Politik auf die gesunkene Wettbe-werbsfhigkeit: Sie reformierte den Arbeitsmarkt (Agenda 2010), liberalisierte den Strommarkt und die Finanzmrkte, senkte die Krperschaftssteuer und begrenzte die Sozialabgaben. Die Manahmen zeigten Wirkung: Zwischen 2000 und 2008 waren Chemikalien made in Germany weltweit so stark gefragt, dass die Exportmarktanteile trotz zunehmender Konkurrenz aus China stabil blieben. Doch diese Zeiten sind vorbei: Seit 2008 verliert der Chemiestandort Deutschland nach der Analyse von Oxford Economics wieder an Wettbewerbs-fhigkeit. Die Folgen: Wachstums- und Investitions-schwche. Die deutsche Chemie hat seit 2011 weder die Produktion noch die Investitionen ausgeweitet. Wh-rend in weiten Teilen der Welt in neue Chemie anlagen investiert wird, schreckt hierzulande das industriepoliti-sche Umfeld potenzielle Investoren ab. Besonders rgerlich: In den letzten vier bis fnf Jahren wurden poli-

    tische Prioritten gesetzt, die die Wettbewerbsfhigkeit der deutschen Chemie industrie negativ beeinflussen.

    In einer wissenschaftlichen Studie zeigt Oxford Econo-mics, welche Faktoren einen besonders starken Einfluss auf die Wettbewerbsfhigkeit eines Chemiestandortes haben: Hierzu zhlen vor allem die Energie- und Roh-stoffkosten sowie die Forschungsausgaben der Branche. Ferner spielen die Qualitt der Verkehrsinfrastruktur, die Investitionen, Wechselkurse, Steuern, Regulier ungs-kosten und die Dichte des Industrienetzwerkes eine ent-scheidende Rolle.

    Die Studie belegt, dass zu hohe Energiepreise die Wett-bewerbsfhigkeit eines Chemiestandortes stark negativ beeinflussen und zu sinkenden Exportmarktanteilen fhren. Es wird deutlich, dass hohe Energiepreise aktuell ein Problem fr die deutsche Chemieindustrie sind. Denn der energiepreisbedingte Verlust an Wettbe-werbsfhigkeit hat sich besonders nach dem beschleu-nigten Atomausstieg als Reaktion auf die Katastrophe in Fukushima erheblich verstrkt. Zeitgleich fhrte der Schiefergas-Boom jenseits des Atlantiks zu konkurrenz los niedrigen Gaspreisen. Auf diese Koinzidenz hat die Politik bisher keine klaren Antworten gefunden.

    Eine hohe Forschungsintensitt wirkt sich demgegen-ber positiv auf die Wettbewerbsfhigkeit aus. Pro -dukt- und Prozessinnovationen sind ausschlaggebende Faktoren, um Kunden einen Mehrwert zu bieten und Kosten nachteile auszugleichen.

    Ist die deutsche Chemie wettbewerbsfhig, profitiert sie auch in Zukunft vom weltweiten Wachstum. Die deut-schen Chemieunternehmen haben ihren Teil dazu beige-tragen. Sie haben die Forschungsbudgets aufgestockt und ihre Energieeffizienz weiter gesteigert. Nun ist die Politik gefragt, das Innovationsklima zu verbessern und eine sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfhigen Preisen sicherzustellen. Denn die Studie zeigt, dass der Chemiestandort Deutschland bei unverndertem Kurs weiter an Wettbewerbsfhigkeit verlieren wrde. Die Industrialisierung der Schwellenlnder und die Rohstoff-kostenvorteile im Nahen Osten und in den USA sind zwar nicht beeinflussbar. Aber sie erfordern eine politische Antwort. Eine Reduzierung der Energiepreise bringt rasch einen positiven Impuls fr den Chemiestandort Deutschland. Zustzliche Innovationsanreize, beispiels-weise in Form einer