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Dipl.-Psych. C. Fortmann, Fachklinik Fredeburg

Seelische Gesundheit und Sucht im AlterPodium Altenhilfe, Hannover, 15.12.2014

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter

Erfordernisse, Erfahrungen, Perspektiven

Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Gliederung

1. Der Begriff des Alters2. Zur Symptomatologie und Epidemiologie von

Suchterkrankungen3. Spezifika der Behandlung älterer Menschen4. Behandlungsansätze der Fachklinik Fredeburg5. Fallvignetten6. Sucht- und Altenhilfe – Vernetzungsperspektiven7. Diskussion

Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter

Erfordernisse, Erfahrungen, Perspektiven

1. Der Begriff des Alters

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Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Alter• ‚Alter‘ beginnt ab dem 60. LJ, ggf. früher (sog. 3. Lebensalter mit

Chancen, aber auch Anpassungserfordernissen)

• 4. Lebensalter – Einschränkungen beginnen im Vordergrund zu stehen

• Gerade suchtkranke Menschen treten früher in Phasen des Alterns ein als Gesunde; häufig ‚Überspringen‘ des 3. Lebensalters

• Cave: Altersbegriff als reine Reduktion auf chronologisches (kalendarisches) Alter

• Wichtiger als dieses sind Bedingungen der Entstehung und des Verlaufs einer Störung (bei jüngeren Patienten selbstverständlich!)

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Alter• Normales Altern: alterstypische Einbußen auf somatischer und

psychischer Ebene

• Optimales Altern: weitgehender Erhalt von Autonomie und Lebenszufriedenheit

• Pathologisches Altern: Auftreten von Krankheiten, Funktionseinschränkungen, Verkürzung der Lebensspanne, sinkende Lebenszufriedenheit

• Wachstum und Entwicklung werden weniger wichtige Themen, Abschied, Krankheit und Tod werden wichtigere Themen

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Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter

Erfordernisse, Erfahrungen, Perspektiven

2. Zur Symptomatologie und Epidemiologie von Suchterkrankungen im Alter

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Demographischer Wandel• Die Geburtenstarken Jahrgänge kommen ins Alter

• Überproportionaler Anstieg der Lebenserwartung • 1990 waren 8% der Bevölkerung über 60 Jahre alt• derzeit sind es über 22 % • aktuell sind 3,5% der Bevölkerung über 80 Jahre alt• 2020 werden es 6,6% sein

• Jede nachfolgende deutsche Kindergeneration ist um ein Drittel kleiner als die ihrer Eltern (seit 1970)

• Heutige Kinder haben eine 50% Wahrscheinlichkeit, 100 Jahre alt zu werden

• Die Zahl der Älteren und Alten übertrifft die der Kinder und Jugendlichen

• Zwei Drittel der über 65-Jährigen sind Frauen• Drei Viertel der über 80-Jährigen sind Frauen

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Zunahme substanzbezogener Störungen im Alter

• mehr ältere Menschen

• Medizinischer Fortschritt

• „Neue“ Alte• - andere Konsummuster• - andere Lebensentwürfe• - anderer Anspruch an psychisches Wohlbefinden

• Individuation

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Altersbedingte Stoffwechselveränderungen

• Alkohol wirkt schneller, stärker und länger • geringeres Verteilungsvolumen (weniger Wasser und

Muskelmasse) • verminderter Abbau in der Leber

• Die Wirkdauer von Medikamenten verlängert sich

• Der Wirkspiegel wird später erreicht

• Manche Medikamente sind für ältere Menschen nicht geeignet (Priscus-Liste, Holt, Schmiedl, Thürmann: priscus. net)

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Epidemiologie Alkohol• Riskanter Alkoholkonsum im Alter ab 60 Jahre

mehr als 30g (Männer) bzw. 20g (Frauen) täglich nach WHO(aber: NIAAA und American Geriatric Society: 14g

Männer und Frauen)

26% der Männer8% der Frauen

(Bühringer et al., 2000)

• Generell: Angabe eines Grenzwerts wird mit zunehmendem Alter schwieriger, weil Gesundheits-zustände stärker variieren und die Zahl der Risikofaktoren zunimmt

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Abhängigkeitskriterien

• Starker Konsumwunsch• Vernachlässigung anderer Interessen zugunsten des

Konsums• Fortgesetzter Konsum trotz des Nachweises

körperlicher, psychischer oder sozialer Folgeschäden• Toleranzentwicklung• Kontrollverlusterleben• Entzugserscheinungen

• mind. drei Kriterien während der letzten 12 Monate

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Epidemiologie Alkohol

• Ca. 400.000 Männer und Frauen über 60 Jahre haben ein „Alkoholproblem“.

• 2-3% der Männer

• 0,5-1% der Frauen

Kraus & Augustin, 2005

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Epidemiologie Alkohol

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In stationären Einrichtungen der Altenhilfe sind • 25 % der Männer alkoholabhängig• 5% der Frauen alkoholabhängig• Gesamt: ca 10%

Die Betroffenen• Stehen häufiger unter gesetzlicher Betreuung• Verfügen über geringere soziale Ressourcen• Sind bei der Aufnahme durchschnittlich 62 Jahre alt (zum Vergleich: nicht

Abhängige 78 Jahre alt)

Rumpf & Weyerer 2006

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Epidemiologie, Alkohol

537 Aufnahmen > 65-Jährige in der Inneren Medizin und Chirurgie

Männer: 8,1% alkoholabhängig oder Abusus Frauen: 0,6% alkoholabhängig oder Abusus

3,5% alkoholabhängig oder Abusus 2,2% remittierte Alkoholabhängigkeit 3,5% Verdacht auf Alkoholabhängigkeit oder –abusus

John et al., 1996

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Symptome der Alkoholabhängigkeit im Alter

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• häufige Stürze• Durchfälle• Fehlernährung• nachlassende Leistungsfähigkeit• Hirnleistungsstörungen• Antriebs- und Interesselosigkeit• sozialer Rückzug• nachlassende Körperhygiene• Verwahrlosung

Symptome der Alkoholabhängigkeit im Alter

• Konsummuster insgesamt weniger auffällig (eher Spiegel als Exzess)

• Trinkorte eher im Verborgenen

• Primärärzte erkennen alkoholbezogene Störungen bei Älteren seltener als bei Jüngeren (37% versus 60%)

Curtis et al., 1989

• Symptome wie Vergesslichkeit, Verwahrlosung, Zittern, Schwindel, Stürze werden als Alterssymptome missverstanden

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Subtypen

Genetische Subtypen nach Cloninger, Cloninger 1987

Typ I: Milieutyp, später Beginn Typ II: früher Beginn, schwere soziale Folgen, nur Männer

Typologie nach Babor, empirisch begründet Babor et al., 1992 Typ A: später Beginn, günstige Prognose Typ B: früher Beginn, höhere Kindheitsrisiken, familiäre Belastung,

häufiger Rückfälle

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Ergebnisse einer eigenen Analyse (Fortmann & Geyer 2014)

• Hinweise auf existierende Subgruppendifferenzen (insb. 60+-Onset-Gruppe)

• Hinweise unspezifisch (Datenqualität)• Kohortenspezifische, altersbedingte oder tatsächlich

Differenzierungsbedingte Effekte?• Planung einer prospektiven Studie lohnenswert

• Einbezug von differenzierteren Daten zu Behandlungsverlauf und –Ergebnissen, psychometrische Daten

• Wünschenswert: Strenge altersbezogene Parallelisierung

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Epidemiologie Medikamente

• Zwischen 5-10% der über 60-Jährigen haben einen problematischen Gebrauch von psychoaktiven Medikamenten bzw. von Schmerzmitteln

• Das sind 1-2 Millionen Menschen!• Psychopharmaka Verordnungen steigen mit dem höheren Lebensalter deutlich an• Überrepräsentanz von Frauen (Glaeske 1996)• Häufiger Verordnung bei mehreren körperlichen Erkrankungen (Glaeske 1996) • 26% der über 70-Jährigen in Berliner Heimen nehmen Psychopharmaka, davon

entfallen die Hälfte auf Benzodiazepine (Helmchen et al. 1996)• 21,7 % der Heimbewohner versus 13,7% der zu Hause Lebenden nahmen BZD

(Krankenkassendaten Berlin 1999, Hach et al. 2004)• Besonders häufig erfolgt eine Langzeitverordnung von Benzodiazepinen bei

älteren Menschen mit Schlafstörungen und bei Institutionalisierten (Melchinger 1993)

• Besonders problematisch ist der gemeinsame Konsum mit Alkohol, der im Alter wahrscheinlicher ist (Moore & O´Keefe 1999)

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Symptome der Benzodiazepinabhängigkeit im Alter

häufige StürzeAtaxieVerwaschene Sprachenachlassende LeistungsfähigkeitHirnleistungsstörungen, besonders mnestische Störungen

(„Demenzimitation“)Antriebs- und Interesselosigkeitsozialer Rückzugnachlassende KörperhygieneVerwahrlosungSeelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Risikofaktoren Medikamentenabhängigkeit

Vorbestehende Suchterkrankung

Höhere Dosis, längere Behandlungsdauer

Chronizität und Schwere der behandelten Symptome

Zusätzliche psychosoziale Belastungen

Verordnungsverhalten

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Epidemiologie Tabak• Mikrozensus 2009: Raucheranteile

• 60 – 65 Jahre: 17%w, 25%m• 65-70 Jahre: 11%w, 17%m• 70 – 75 Jahre: 7%w, 12%m• 75+: 4%w, 8%m

• Grund für sinkende Prävalenzen:• Geringere gesellschaftliche Akzeptanz rauchender Frauen in der Kohorte

(wird sich ändern)• Steigende Ausstiegsquote• Vor allem: hohe Sterblichkeit langjähriger Raucher

• Ältere Raucher sind gekennzeichnet durch• Hohen Konsum• Stärkeren Grad der Abhängigkeit

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Epidemiologie illegale Drogen

Die Gesundheit und die Überlebenschancen derMenschen mit Opiat- und Drogenproblemen haben sichseit 1990 nachhaltig verbessert.

Rückgang der HIV-Infektionen in der Gruppe der i.v. Drogenkonsumenten - von ca. 15% auf heute ca. 5% (RKI, 2006, – Settings-, Präventions- und HIV-Behandlungserfolg, vgl. Backmund et al., 2008).

Insgesamt genommen bessere medizinische und psychosoziale Versorgung von chronisch kranken opiatabhängigen Menschen

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Epidemiologie

35 < 39 40 < 49 > 50

2002 1373 1061 120

2003 3402 2668 311

2004 3680 3344 379

2005 4963 4816 732

2006 4772 4828 835

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Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter

Erfordernisse, Erfahrungen, Perspektiven

3. Spezifika der Behandlung älterer Menschen

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Ist-Situation• Alkohol: Anteil 60+ in ambulanter Suchthilfe unter 5%, stationär 5,2% (Welsch & Sonntag,

2003)

• Benzodiazepine: hohe Abstinenzquoten (63% bei Pat. mit Schlafstörungen, 58-62% bei Allgemeinarztpatienten mit Langzeitgebrauch, 13-27% bei schwerer Abh. / Alkoholabhängigkeit)

• Aber: nur 1,0 bzw 0,8% (amb/stat) zum gleichen Zeitpunkt mit Erstdiagnose F13.2x

• Interventionen erfolgen seltener Curtis et al. 1989• Resignierte Haltung• Hilflosigkeit• Unwissen über existierende Behandlungsmöglichkeiten• Fehleinschätzung der Prognose

• Dabei: Prognose bei Älteren ist eher gut (Lemke & Moos, 2003), Ältere weisen geringere Anzahl alkoholbezogener Probleme auf, sind weniger ausgeprägt abhängig

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Psychische Komorbidität• 25% der >60-Jährigen leiden unter psychischen Störungen:

• Depressionen• Dementielle Prozesse• Schlafstörungen • Sucht und Missbrauch

• Depression• Die höchsten Suizidraten haben Ältere, v.a. Männer• Etwa so häufig wie in jüngeren Jahren• Frauen > Männer• Bei Heimbewohnern 40% (Weyerer et al. 1995)• Gehäuft bei:

• Demenzen• akuten körperlichen Erkrankungen, bes. Apoplex• chronische körperl. Erkrankung und Behinderung• schlechte ökonomische Situation• Verwitweten und Geschiedenen

• Depressive Ältere haben eine wesentlich erhöhte Mortalität• Schlafstörungen

• Ca. 25% der > 65-J. leiden unter einer schweren Insomnie (Hohagen et al. 1994)

• Die Ursachen unterscheiden sich bei Älteren:• Körperliche Erkrankungen und Lärm • Persönliche und berufliche Probleme

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Psychische Komorbidität Demenznach Bickel 2002

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Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Altersabhängige mittlere Prävalenzrate Demenz (%)

1,22,8

5,8

13,3

22,6

33,5

7,1

0

5

10

15

20

25

30

35

40

65-69 70-74 75-79 80-84 85-89 90+ >65

Somatische Komorbidität

• Herz- Kreislauferkrankungen• Krebserkrankungen• Stoffwechselerkrankungen, bes. Diabetes mellitus• Degenerative Erkrankungen des Skelettsystems• Urologische Erkrankungen• Pneumologische Erkrankungen• Ophthalmologische Erkrankungen• Schwerhörigkeit

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Psychotherapeutische Schwerpunkte

• Einsamkeit• Trauerbewältigung• Angst vor Siechtum und Tod• Nachlassen körperlicher Fähigkeiten• Verlust des beruflichen Status• Verlust des bisherigen Freizeitverhaltens• Kriegs- und Nachkriegserlebnisse

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Zu berücksichtigende Aspekte• Ausgeprägte Schuld- und Schamgefühle• Geringere Verbalisierungsfähigkeit von Emotionen• Größere Gelassenheit• Höhere Frustrationstoleranz• Höhere Impulskontrolle• Geringere Aggressivität• Somatische Multimorbidität• Andere Zugangswege in die Suchthilfe• Motivation durch/wegen Kinder und Enkel• Alleiniger ‚Glaube‘ an die Wirksamkeit von Medikamenten Häufig kognitive Beeinträchtigungen bzw. altersbedingte

Einschränkungen (z.B. der Konzentration) Dadurch Erfordernis der Anpassung von Rahmenbedingungen, aber:

Vorsicht vor zu regressionsfördernden Bedingungen

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Therapeutische Beziehung

• „Umgekehrte“ Übertragung (Radebold 1992)• Regressiver Sog (Hinze 1994)• Das ungelebte Leben (Hinze 1987)• „Eigenübertragung“ (Heuft 1994)

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Verfahren

Eingesetzt werden tiefenpsychologische, kognitiv-behaviorale, systemische, interpersonelle […] Verfahren FK Fredeburg: interaktionell-psychoanalytischer Ansatz Erscheint insofern als in besonderer Weise geeignet, als ältere Patienten noch mehr

Wert als jüngere auf die Qualität der therapeutischen Beziehung legen

Modifikationen sind teilweise erforderlich (z.B. häufigere Klärung von Verständnis, Lernkontrollen (Motivationale Gesprächsführung), aber keine grundsätzliche Änderung der Herangehensweise

Bewährt haben sich zudem lebensbilanzierende Techniken

Therapeutische Beziehung: starke Betonung von Wertschätzung, weniger Konfrontation, Akzeptanz eines narrativen Stils der Patienten

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Grundprinzipien des psychotherapeutischen Handelns bei älteren Menschen (Hautzinger)

Bedenke: Multiple Problematik Kenne: Phänomene des Alterns Beachte: Prinzip der minimalen adäquaten Intervention Plane: Auch nichtpsychotherapeutische Hilfen Arbeite: Auch mit Bezugspersonen Fördere:soziale, psychische und somatische Kompetenzen Erlebe: Übertragung und Gegenübertragung Erkenne: eigene Gerontophobie und Gerontophilie Erfahre: Lernen ist immer und für jeden möglich Verringere: Vorurteile in der Öffentlichkeit

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Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter

Erfordernisse, Erfahrungen, Perspektiven

4. Behandlungsansätze der Fachklinik Fredeburg

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Ansätze der Fachklinik Fredeburg• Insgesamt 244 Behandlungsplätze in 5 Behandlungsteams• Seit 1978 existierendes Seniorenbehandlungskonzept• Seit 2012 Zusammenfassung in einem Seniorenbehandlungsteam• Vier Seniorengruppen

• 50 – 55 Jahre (Schwellengruppe)• 55 – 60 Jahre (Abschied aus dem Erwerbsleben, Auseinandersetzung

mit Einschränkungen)• 60 – 70 Jahre (Entwicklung neuer sozialer / Freizeitperspektiven,

Sinngebung)• 70+ (‚viertes Lebensalter‘, größte Gruppe, niedrigere Schwellen, mehr

Struktur, verstärkte Auseinandersetzung mit Abschied)

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60+-PatientInnen der FK Fredeburg

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Konsummuster 2008 (%)

89,6

4,5 3

59,7

70,6

11,817,6

43,1

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Alkohol Medikamente Alkohol +Medikamente

Tabak

Männer Frauen

60+-PatientInnen der FK Fredeburg

• Subjektiv belasteter• Mehr körperliche Beschwerden• Negativistischeres Denken• Häufiger selbstunsichere Persönlichkeitsstörungen• Häufiger depressive Persönlichkeitsstörungen• Häufigere Suizidversuche

Geyer, Sauter, Förtsch 2008

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Vorrangige Ziele

• Erhaltung oder Erhöhung der Selbständigkeit, Eigenverantwortung und Unabhängigkeit

• Verbesserung der Lebensqualität

• Risikominimierung

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Rahmenbedingungen

• Barrierefreiheit• Erreichbarkeit (Rollator?)• Stühle altersgerecht?• Toilette in der Nähe?• Uhrzeit?• Dauer?• Arbeitstempo

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Psychotherapie

Sucht• Förderung von Krankheitseinsicht• Förderung der Krankheitsakzeptanz• Förderung der Abstinenzmotivation (oder der Motivation zur

Konsumreduktion und zur Risikominderung)• Bearbeitung der langjährigen SuchtfolgeschädenAllgemein• Altersarbeitslosigkeit, Vorruhestand, Berentung, Freizeitverhalten• Tod, schwere Erkrankung von Angehörigen und Freunden (Trauerarbeit)• Umgang mit körperlichen und anderen Einschränkungen• Zärtlichkeit und Sexualität im Alter• Einsamkeit• Psychotraumata, Kriegs- und NachkriegserfahrungenSpezifisch auf komorbide Störung bezogen

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SoziotherapieTraining alltäglicher Fertigkeiten• Kochtraining• Gedächtnistraining• Nutzung moderner Medien• Freizeitverhalten (Singen, kreative Beschäftigung, selbstorganisierte

Ausflüge)• Verhaltensmedizin (Blutdruckmessen, Terminkalender,

Kontinenztraining, Medikamentenmanagement) Nutzung seniorentypischer Angebote• Seniorenkaffee, Seniorenfilme, gesundheitsbezogene Angebote• Informationen• Rentenfragen• Seniorengerechtes Wohnen, verschieden Formen des Betreuten

Wohnens, Wohnanlagen, Mehrgenerationenhäuser, Pflegeeinrichtungen• Inanspruchnahme ambulante Pflegedienste, Haushaltshilfen• Patientenverfügung, gesetzliche Betreuung etc.

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Ziele

• Erhaltung oder Erhöhung der Selbständigkeit, Eigenverantwortung und Unabhängigkeit

• Verbesserung sozialer Fähigkeiten• Bearbeitung und Integration von Verlusten• Akzeptanz der Endlichkeit des Lebens• Förderung des Gegenwartsbezugs• Verbesserung der Lösungskompetenzen

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Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Interventionen• Suchtbezogene Ziele

• Förderung Krankheitseinsicht- und akzeptanz• Verbesserung Abstinenzfähigkeit

• Psychotherapeutische Schwerpunkte• Altersarbeitslosigkeit, Vorruhestand, Berentung, Freizeitaktivitäten• Tod, schwere Erkrankung von Angehörigen und Freunden• Psychotraumata, Kriegs- und Nachkriegserfahrungen

• Soziotherapeutische Aufgaben• Altersgerechte Wohnung, verschiedene Formen des Betreuten Wohnens, Wohnanlagen,

Mehrgenerationenhäuser, Pflegeeinrichtungen• Inanspruchnahme ambulante Pflegedienste, Haushaltshilfen• Gesetzliche Betreuung

• Somatische Ziele• Verbesserung des körperlichen Befindens

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Altersspezifische Behandlungskomponenten

• Gruppenpsychotherapie

• Ergotherapie

• Sport- und Bewegungstherapie

• Hirnleistungstraining

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Altersgemischte Behandlungskomponenten

• Indikative Gruppen (z.B. Angstbewältigung, Tabakentwöhnung, Diabetesschulung etc.)

• Großgruppen und Teamvollversammlungen

• Patientenselbstverwaltung

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Patientenstruktur

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Patientenstruktur

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Patientenstruktur

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Patientenstruktur

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

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Patientenstruktur

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

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Patientenstruktur

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Patientenstruktur

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

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Patientenstruktur

  N Minimum Maximum Mittelwert Standard-abweichung

Behandlungsdauer 324 0 167 81,00 31,537

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

PatientenzufriedenheitGrößere Zufriedenheit der über 60-Jährigen

Partnerschaftssituation (p=0,004) Freundes- und Bekanntenkreis (p=0,019)

Kein Unterschied in der Zufriedenheit

Freizeit Gesundheitszustand

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Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Behandlungsergebnisse

Abstinenzquoten, „liberale“ Berechnung (2003 und 2004)

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Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

abstinent nach Rückfall12,7%

rückfällig23,9%

abstinent63,3%

abstinent nach Rückfall8,9%

rückfällig11,6%

abstinent79,5%

Patienten von 18-59 Jahren

N= 990

Patienten über 60 Jahre

N=146

Unterschied hochsignifikant

Behandlungsergebnisse

Abstinenzquoten, „konservative“ Berechnung (2003 und 2004)

Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

keine Information43,3%

abstinent nach Rückfall7,2%

rückfällig13,6%

abstinent35,9%

abstinent54,0%

rückfällig7,9%

abstinent nach Rückfall6,0%

keine Information32,1%

Patienten von 18-59 Jahren

N= 1747 Patienten über 60 Jahre

N=215Unterschied hochsignifikant

Behandlungsergebnisse

Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Alters-gruppe

Gesamtabstinent abstinent nach

Rückfallrückfällig

Unter 30 Anzahl 22 8 19 49 % 44,9 16,3 38,8 100,030 bis 60 Anzahl 197 32 63 292 % 67,5 11,0 21,6 100,0über 60 Anzahl 45 4 22 71 % 63,4 5,6 31,0 100,0Gesamt Anzahl 264 44 104 412 % 64,1 10,7 25,2 100,0

Alters-gruppe

Gesam

tabstinent abstinent nach

Rückfallrückfällig Keine

Katamnese-antwort

unter 30 Anzahl 28 9 25 142 204

% 13,7 4,4 12,3 69,6 100,030 bis 60 Anzahl 216 38 80 351 685

% 31,5 5,5 11,7 51,2 100,0über 60 Anzahl 55 7 24 44 130 % 42,3 5,4 18,5 33,8 100,0Gesamt Anzahl 293 53 129 537 1019

% 28,8 5,2 12,7 52,6 100,0

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter

Erfordernisse, Erfahrungen, Perspektiven

5. Fallvignetten

Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Beispiel 1• Herr G., Jg. 1939 (74 J)• F 10.2• Bewohnt eigenes Haus in ländlicher Region, verheiratet, 2 Kinder (1 mit im Haus

wohnhaft), viel familiäre Einbindung, Beschäftigung durch Arbeit am Haus• Gelernter Schlosser, berentet seit 2004• Seit Berentung episodisch exzessiver Konsum (1/2 Fl. Korn an 2-4 Tagen)• Dritte Entwöhnung (Vorbeh. 2005 und 2009)• Somatische Situation: essentielle Hypertonie (gut eingestellt), Gonarthrose bds.

(hier symptomatisch behandelt) degenerative Wirbelsäulenschädigung mit Lumbalgien

• Therapieschwerpunkte: Vertiefung Krankheitseinsicht, Klärung Hintergründe (dependente Züge, angesammelte Frustration), Abschied Erwerbsleben, Klärung der Beziehungen zur Familie (insb. Bruder), Reduktion von Helferverhalten

• Nachbehandlung: nach 12 Wochen Behandlung Entlassung in ambulante Nachsorge/SHG

Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Beispiel 2• Frau K., Jg. 1944 (68 J)• F 10.2, F07.9• Bewohnt eigenes Haus in ländlicher Region, verheiratet, 2 Kinder, 1 wohnt

in unmittelbarer Nähe, ansonsten kaum Sozialkontakte, Ehemann trinkt ebenfalls problematisch ohne Problembewusstsein, fehlende Tagesstruktur

• Somatische Situation: essentielle Hypertonie, Leberzirrhose Child A, Z.n. apoplektischem Insult 1993, Wundheilungsstörungen an den Extremitäten, insg. Schlechter Gefäßstatus

• Spiegelkonsum seit ca. 35. Lj• Therapieschwerpunkte: Entängstigung, Abbau von Schuldgefühlen, Gewinn

von Autonomie innerhalb der Partnerschaft, Verbesserung der Alltagsbewältigung, Verbesserung der Kontaktfähigkeit

• Nachbehandlung: Nachsorge / SHG

Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Beispiel 3• Herr D., Jg. 1943 (70 J)• F 10.2, F 17.2, F 61• Alleinstehend, bewohnt Appartment in Großstadt. Keine tragfähigen

Sozialkontakte, Verwahrlosungstendenzen (Aussage des Rettungsdienstes). Ehemaliger Kellner, dann Maschinenschlosser, vor Berentung (2008) langzeitarbeitslos

• Vierte Entwöhnungsbehandlung, zuletzt 2008• Somatische Situation: interkurrente Thrombose, ansonsten o.B.• Suchtanamnese kaum zu erheben, offenbar bereits seit Jahrzehnten

problematischer Konsum• Therapieschwerpunkte: Bewältigung sozialer Herausforderungen, Entwicklung

angemessener Selbstfürsorge, Motivierung für weitergehende Hilfestellungen• Nachbehandlung: nach 6 Wochen Therapiedauer Entlassung nach Hause,

Herstellung von Kontakt zum SPSD, Anstoßen aufsuchender Begleitung

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Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Beispiel 4• Frau R., Jg. 1939 (73 J.)• F 10.2, F 33.4, F 04, Anorexie in Vorgeschichte• Ehem. Übersetzerin, gemeinsam mit Ehemann langjährige Auslandstätigkeit,

verheiratet, 2 Töchter, sozial vglw. gut integriert (VHS-Kurse)• 1980 psychosomatische Behandlung• Somatische Situation: o.B.• Z.n. Suizidversuch ca. 3 Monate vor Therapiebeginn, nahezu vollständige

anterograde Amnesie• Seit ca. 1975 bestehende Alkoholabhängigkeit, seit mehreren Jahren längere

Abstinenzphasen aber immer wieder Abstürze• Therapieschwerpunkte: Hirnleistungstraining, Akzeptanz der Situation,

Reduktion von Ansprüchen, Auseinandersetzung mit Einschränkungen• Nachbehandlung: Anbindung an SHG und gerontopsychiatrische Abteilung

der örtlichen Psychiatrie, Nachsorgebehandlung angestrebt

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Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Erfordernisse

• Einbezug von Angehörigen – soweit vorhanden – ist essentiell

• Zielsetzungen müssen (noch) flexibler gehandhabt werden

• Somatische Situation übt größeren Einfluss auf Behandlungsverlauf aus

• Nachbehandlung ist oft nicht optimal zu organisieren, insbesondere Vermittlung in Einrichtungen der Altenhilfe schwierig aufgrund fehlender Informationskanäle

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Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter

Erfordernisse, Erfahrungen, Perspektiven

6. Sucht- und Altenhilfe – Vernetzungsperspektiven am Beispiel des

Modellprojekts HAMAB

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Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Modellprojekte des BMGAus einer Pressemitteilung der Drogenbeauftragten derBundesregierung Frau Mechtild Dyckmans vom 20. Oktober 2010:„Schädlicher Suchtmittelkonsum und Abhängigkeit im Alter werdenbisher zu wenig beachtet und oft nicht erkannt. Oftmals ist auch dasPflegepersonal nicht ausreichend auf den Umgang mit Suchtproblemenvorbereitet. Aus der Praxis wissen wir, dass bisher eine Abstimmungzwischen Altenhilfe und Suchthilfe kaum erfolgt. Damit werdenvorhandene Expertisen für dieses spezifische Problemfeld nichtausreichend genutzt“

28.12.2011: Sucht im Alter soll ein neuer Schwerpunkt in der Drogen-und Suchtpolitik sein

Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Modellprojekte des BMG

8 Modellprojekte bundesweit

Gemeinsame Arbeitsgruppen• Pflegestandards• Curriculum Aus- und Fortbildung in Alten-,

Kranken-, Gesundheitspflege• Evaluation

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Modellprojekte des BMGZiele der Modellprojekte• Sensibilisierung und Qualifizierung aller Mitarbeiterinnen und

Mitarbeiter der Altenhilfe zur Problematik substanzbezogener Störungen und zu den Versorgungsangeboten der regionalen Suchthilfe (Pflege, Hauswirtschaft, Alltagsbegleitung)

• Sensibilisierung und Qualifizierung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Suchthilfe zu spezifischen Problemen älterer Suchtkranker und zu den Hilfsangeboten der Altenhilfe

• Dauerhafte Vernetzung der beiden Versorgungssegmente druch gemeinsame Fallarbeit

• Sensibilisierung der Öffentlichkeit

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Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Modellprojekte des BMGVoraussetzung für eine gelingende Vernetzung der Sucht- undAltenhilfe ist die Beachtung unterschiedlicher „Kulturen“

• Unterschiedliche Zeittakte• Unterschiedlicher Ausbildungsstand• Suchthilfe hat Besprechungs- und Reflexionstradition• Altenhilfe hat Handlungstradition

Weitere Voraussetzungen

• Die Zusammenarbeit der Sucht- und Altenhilfe beginnt im Kopf• Die Verantwortlichen müssen sie wollen• Sie muss sich für alle Beteiligten “lohnen“• Case-Management durch Suchthilfe (Altenhilfe kann das nicht refinanzieren)

Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Modellprojekte des BMG Beispiel: HAMAB

HAMAB: „Hilfe für ältere Frauen und Männer mit Alkohol undMedikamenten bezogenen Störungen in einer ländlichen Region –Altkreis Brilon“

Ambulante und stationären Altenhilfe: Sensibilisierung und Fortbildung aller MitarbeiterInnen zur Problematik substanzbezogener

Störungen (insbesondere Alkohol, Sedativa, Hypnotika, Analgetika) älterer Frauen und Männer und den in der Region vorhandenen Hilfsmöglichkeiten, Gesprächsführung. (3 mal 2 h über 1,5 Jahre)

Implementierung sog. „Suchtbeauftragter“ in den beteiligten Institutionen der Altenhilfe (intensive Schulung inklusive Hospitation)

Implementierung einer standardisierten FB zum Thema in der Einarbeitungsphase neuer MitarbeiterInnen

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Der Altkreis Brilon

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Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Modellprojekte des BMG Beispiel: HAMAB

Ambulante und stationäre Suchthilfe: Sensibilisierung und Fortbildung aller MitarbeiterInnen zu spezifischen Problemen älterer

suchtkranker Frauen und Männer und den in der Region vorhandenen Hilfsmöglichkeiten der Altenhilfe (3 mal 2 h über 1,5 Jahre)

Implementierung sog. „Altersbeauftragter“ in den beteiligten Institutionen der Altenhilfe (intensive Schulung inklusive Hospitation)

Implementierung einer standardisierten FB zum Thema in der Einarbeitungsphase neuer MitarbeiterInnen

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Modellprojekte des BMG Beispiel: HAMAB

Vernetzung Implementierung regelmäßiger gemeinsamer Fachkonferenzen der Beauftragten

der Institutionen der Alten- und Suchthilfe Implementierung gemeinsamer Fallarbeit

Einbezug der Öffentlichkeit Wanderausstellung

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Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Modellprojekte des BM Beispiel: HAMAB

Schulungsteilnehmende, N=273, davon 95% weiblich

Pflege 52%

Hauswirtschaft / Alltagsbegleitung 32%

Pflegehilfe 10%

Pflege(hilfe) und Hauswirtschaft / Alltagsbegleitung 2%

Suchthilfe 1%

Sonstige 3%

Gesamt 100%

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Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Modellprojekte des BMG Beispiel: HAMAB

Schulungsteilnehmende, N=284

Eingeschätztes Wissen in folgenden Themengebieten Sehr gering/gering

mittelmäßig Hoch/sehr hoch

Entwicklungsaufgaben und Lebensbedingungen älterer Menschen

24,3% 55,8% 19,9%

Häufigkeit von Substanz bezogenen Störungen im Alter 39,4% 49,5% 11,1%

Symptome von riskantem, schädlichen und abhängigen Konsummustern bei älteren Menschen

36,1% 51,1% 12,9%%

Gesprächsführung mit älteren Suchtkranken 68,8% 25,7% 5,4%

Interventionsmöglichkeiten bei älteren Suchtkranken 70,6%

27,2% 2,2%

Lokale Versorgungsstrukturen der ambulanten und

stationären Suchthilfe 62,3% 33,0% 4,8%

Lokale Versorgungsstrukturen der ambulanten und

stationären Altenhilfe 45,1% 39,9% 15,0%

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Modellprojekte des BMG Beispiel: HAMAB

Bewertung der Schulungen, N=284

Das Klima in der Veranstaltung war sehr angenehm 95,0%

Die Veranstaltung wird meinen Alltag in der Arbeit mit Klienten erleichtern 67,3%

In der Veranstaltung erworbenes Wissen wird für meine Tätigkeit sehr von Nutzen sein. 69,1%

Die Veranstaltung hat mir neue Sichtweisen und ein neues Verständnis für die Arbeit mit KlientInnen vermittelt 80,9%

Ich habe durch die Inhalte der Veranstaltung meine Kompetenzen erweitert 79,9%

Die Veranstaltung hat sehr zu meinem Interesse an der Thematik beigetragen 88,2%

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Modellprojekte des BMG Beispiel: HAMAB Vor erster

SchulungNach zweiter Schulung

Durch die Teilnahme an der Schulung schätze ich mein Wissen in den folgenden Themengebieten wie folgt ein:

Hoch/sehr hoch

Hoch/sehr hoch

Häufigkeit von substanzbezogenen Störungen im Alter (v.a. Alkohol, Beruhigungs- und Schmerzmittel)

0 (0,0 %) 6 (85,7 %)

Symptome von riskanten, schädlichen und abhängigen Konsummustern bei älteren Menschen

0 (0,0 %) 4 (57,1 %)

Entwicklungsaufgaben und Lebensbedingungen älterer Menschen

0 (0,0 %) 4 (57,1 %)

Gesprächsführung mit älteren Suchtkranken 0 (0,0%) 1 (14,3%)

Interventionsmöglichkeiten bei älteren Suchtkranken 0 (0,0%) 2 (28,6%)

Lokale Versorgungsstrukturen der ambulanten und stationären Suchthilfe

0 (0,0%) 4 (57,1%)

Lokale Versorgungsstrukturen der ambulanten und stationären Altenhilfe 1 (16,7%) 3 (42,9%)

Diagnostik bei Verdacht auf Substanzstörungen im Alter 0 (0,0 %) 0 (0,0 %)

Vernetztes Arbeiten ---5 (71,4 %)

Erarbeitung fallbezogener Lösungen --- 5 (71,4 %)Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann

Herzlichen DankFür Ihre

AufmerksamkeitDipl.-Psych. C. Fortmann

Fachklinik FredeburgZu den drei Buchen 1

www.fachklinik-fredeburg.decarsten.fortmann@fachklinik-fredeburg.de

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Seelische Gesundheit und Sucht im Alter, Podium Altenhilfe, 15.12.2014

Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen im Alter Dipl.-Psych. C. Fortmann