Einführung in die Wissenschaftstheorie Prof. Dr. Ulf-Daniel Ehlers DHBW 1.

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Einführung in die Wissenschaftstheorie

Prof. Dr. Ulf-Daniel EhlersDHBW

1

Veranstaltungstermine• 29.10.2012, 16:30-19:45• Thema: Wissenschaftstheorie

• 12.11.2012, 13-19 Uhr• Thema: Wissenschaftstheorie• Einführung Methoden empirischer Sozialforschung

• 16.11.2012, 13-15 Uhr• Thema: Methoden empirischer Sozialforschung

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Wo ist Wissenschaft im Alltag?

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Was sind populäre Wissenschaftsthemen?

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• The strength of weak ties Mark Granovetter

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• Connectivism Georg Siemens

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Serendipity

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Was sind populäre Köpfe in der Wissenschaft?

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Was sind wissenschaftliche Erfindungen, die wir nutzen?• Internet• MP3 + 4• …?

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Was sind charakteristka von Wissenschaft?• Stellen Sie sich einmal vor, Sie müssten

„Wissenschaft“ definieren?• 5 Minuten, Kartenabfrage

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Wissenschaft–Theorie–Wissenschaftstheorie

Systematische Tätigkeit: neue Erkenntnisse hervorbringen, Fragen stellen, Vorhersagen treffen

Arbeitet prognostisch, normativ oder empirisch Arbeitet entlang einer benennbaren Methodik Bietet detailgenaue Beschreibungen, Erklärungen und

Interpretationsvorschläge Belegbarkeit, Überprüfbarkeit, Reproduzierbarkeit 12

Was ist Wissenschaft?

Was ist Wissenschaft?

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Beansprucht allgemeine Gültigkeit? Produziert letztgültige Wahrheiten? Oder macht Vorschläge in einem offenen Diskussionsprozess?

Unterschied zwischen Meinung und Wissen, zwischen Wissenschaft und Ideologie – was als Ideologie gilt, ist geknüpft an gesellschaftliche Bedingungen

Denken und Arbeiten innerhalb eines institutionalisierten Rahmens – Spielregeln und Zwänge des Wissenschaftsbetriebs

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Was tun WissenschafterInnen?

Fakten werden nicht durch korrekte Methoden „entdeckt“, sondern „geschaffen“ und interpretiert

Auswahl der Studienobjekte, Perspektive, Untersuchungseinheit ... entscheidet über Erkenntnis!

Auswahl ist nicht neutral: theoretisches Grundverständnis, persönliche Erfahrungen und Vorlieben, ontologische Position des/der Forschenden ...

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Wissenschaftstheorie PS TEF 2

Beobachten, beschreiben, erklären, interpretieren ... ABER

Forschungsprozess beginnt mit Vor-Urteilen, aber ....

intersubjektive Überprüfbarkeitmethodische Nachvollziehbarkeit Beweis- und Begründungspflicht „Öffnen“ für Prüfung, Diskussion, Kritik

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Wissenschaftstheorie PS TEF 2

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Was tun WissenschafterInnen?

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„(E)very statement of fact implies assumptions about what is considered factural ...“

Kees van der Pijl

Beobachten, beschreiben, erklären, interpretieren ... ABER

Was ist Theorie?

vollständige, durchgängige, in sich widerspruchsfreie und präzise Erfassung des Gegenstandes

Logische Aussagen und Thesen darüber, wie die soziale Welt strukturiert ist, wie sie „funktioniert“

wie ihre Teile und diese mit dem „Ganzen“ zusammenhängen

Entwickelt eine eigene Sprache, hat eine bestimmte Grammatik, legt Bedeutungen fest 29

Was ist Theorie?

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Theorie = modellhaft, die abstrakte Essenz abbildend

Entwicklungen der Vergangenheit erklären und Voraussagen für die Zukunft treffen

intersubjektiv überprüfbar (Empirie!)

Wozu Theorie?

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um Informationen / „Fakten“ zu ordnen Werkzeuge, um die soziale Welt zu verstehen bzw.

zu deuten Probleme zu definieren Möglichkeiten für Handeln zu erkennen bzw. zu

entwerfen Den Radius des Mach- und Denkbaren, des Sag-

und Wissbaren erweitern

Wozu Theorie?

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Theorie beeinflusst die Wahl des Untersuchungsgegenstandes & die Interpretation der Ergebnisse

„theoriegeleitete Forschung“

„theoriebeeinflusste Fragestellung“

Ausgewählte Zitate: Theorie

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Theory is a set of logical propositions …about how the real world is

structured, or the way in which it operates (…)

which aim to explain how development has occurred in the past, and/or how it

should occur in the future.

Robert P. Potter (2002)

Was ist Theorie?

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Theoretical perspectives serve to define the nature of and the problems within the „real world“ of the political economy.

General theory or ontology (…) involves assumptions regarding the nature of a lived reality, the way that parts of this

reality relate to the whole, and how that reality changes or might change over

time. Stephen Gill (1993)

Theorie – „Große Erzählung“ – Ontologie

Was ist Theorie?

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Theorie – „Große Erzählung“ – Ontologie

There is no theory in itself, no theory independent of a

concrete historical context. (...) Theory is always for someone and

for some purpose.Robert Cox (1995)

Was ist Wissenschaftstheorie?

Wissenschaftstheorie setzt sich mit den Bedingungen auseinander, unter denen Wissenschaft entsteht und betrieben wird

Reflexion über Theorie und die Konstruktionsregeln von Wissenschaft

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Scherer 2012, Zürich)

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Wissenschaftstheorie – wozu?

Welche (Vor-)Annahmen haben wir über die soziale Welt, die wir beforschen?

Wie positionieren wir uns selbst als Forschende?

Wie und mit welchen Techniken können wir soziale Phänomene erkennen und erforschen?

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Ein klares Verständnis über unsere Annahmen ist notwendig, um

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Verwirrung bei der Diskussion von theoretischen

Standpunkten und Zugängen zu vermeiden

andere Positionen zu erkennen und die eigenen Positionen zu begründen

den Zusammenhang zwischen den Schlüsselkomponenten von Forschung – soziale Realität, Erkenntnisprozess und Methodologie/Methoden – zu verstehen

Der Begriff der Wahrheit

Subjektivität – Objektivität – Intersubjektivität

• Ist absolute Objektivität möglich?• unterschiedliche Wahrnehmung von „Realität“ (Welt 1) z.B. durch

• Selektion der Eindrücke• Vorverständnis von Begriffen/Prägungen• Assoziationen• Kenntnisstand bei Beobachtung• Verfügbarkeit von Messinstrumentarien• Abhängigkeit der Messergebnisse von Größenkonventionen

• Deshalb keine absolute Objektivität möglich

© Anselm Dohle-Beltinger 2010

Grenzen der Wahrnehmungspräzision

Wo sind die Grenzen von türkis?

Ist Subjektivität wünschenswert?• Beschreibungen können nicht nachvollzogen werden• Theorien können nicht überprüft werden• keine „Wahrheit“, sondern nur „Meinung“• kein Erkenntnisgewinn möglich

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Lösung: Intersubjektivität = „relative“ Objektivität• anerkennt Unmöglichkeit der absoluten Objektivität• verhindert reine Subjektivität; verlangt Wiederholbarkeit der

Feststellung = Reliabilität• verlangt Nachvollziehbarkeit der Kategorisierung durch jedermann

durch jeden Qualifizierten• durch Beschreibung der Kategorien• Erarbeitung von zusätzlichen Prüfverfahren, die unabhängig vom

Einzelbeobachter sind (maschinelle Messung o.ä.)

Verifikation und FalsifikationAussage über Theoriebestätigung• Gültigkeit/Wahrheit einer Theorie

• nur dann wahr, wenn alle Aussagen logisch aufeinander aufbauen und einzeln positiv nachweisbar = Theoriebildung durch verifizieren (Verifikation)

oder

• schon dann (und nur solange wie) wahr/gültig, wenn ich keine der Theorie widersprechende Beobachtung mache = Theoriebildung durch falsifizieren (Falsifizierung)

• Die Qualität einer Theorie ist um so besser, je leichter sie sich falsifizieren lassen müsste, aber nicht lässt

Der Status quo

• Falsifikation • Gewinnung meist durch Induktion• Paradigmen als Tatsache und Herausforderung, auf anderen Wegen

zu denken akzeptiert• schwer, einmal falsifizierte Theorien endgültig zu beseitigen (anders

z.B. ptolemäisches und kopernikanisches Weltbild)• Änderung der Umstände oder von deren Wahrnehmung kann sie

wieder aktivieren

Allgemeine Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens (1)

• Bei jeder Untersuchung ist die Art des Gegenstandes zu klären. • In der Phase der Ideensuche zur Lösung einer Frage oder eines

Problems sind prinzipiell alle Methoden erlaubt.

Kriterien jeglicher Informationsbeschaffung

• Gesuchte Daten• Relevanz, d.h.nur problembezogene Daten • Vollständigkeit (Kosten!) der relevanten Daten• Intersubjektivität (Nachvollziehbarkeit für Dritte) • Reliabilität (Reproduzierbarkeit der Daten/Ergebnisse)• Validität (Repräsentativität der Beobachtungen für die Grundgesamtheit)Sonst Missinterpretation, Spekulation oder gar Fälschung zu erwarten

Allgemeine Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens (2)• Ideensuche mit klar definierten Aussagen beenden

Diese Aussagen sind Hypothesen. Popper formuliert die Regel: Je spezifischer und genauer Hypothesen sind, desto besser sind sie, weil sie leichter widerlegt werden können. Hält eine Hypothese dann dennoch stand, dann ist sie auch brauchbarer.

• zweckmäßig, stets mit einer Gliederung zu beginnenes zeigt sich, welche Gliederungsteile sich bewähren, welche wegfallen und welche ergänzt werden müssen

Allgemeine Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens (3)• Ergebnisse: Trennen zwischen

• rein beschreibenden (deskriptiven) und • empfehlenden (normativen) Aussagen

• für Letztere: Basis der Bewertung offenlegen; dann kann über Werturteil rational gesprochen werden, selbst wenn keine Einigkeit über die Werte herrscht.

• Es interessieren nicht nur die zielführenden Wege, sondern auch die verworfenen und die Gründe dafür

Grundlegende Begriffe

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Ontologie: Lehre des Seins Was existiert? Was kann erforscht werden?

Epistemologie: Lehre des WissensWas können wir wissen? Wie können wir Wissen erlangen?

Methodologie: Lehre von den MethodenMit welchen Mitteln und Methoden kann systematisch Wissen gewonnen werden?

Grundlegende Begriffe

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Methodologie: Lehre von den MethodenMit welchen Mitteln und Methoden kann systematisch Wissen gewonnen werden?

Methode: Art und Weise des Vorgehens, um ein bestimmtes Ziel mit bestimmten Mitteln zu erreichen

Quellen

Wissenschaftstheorie PS TEF 2

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Grundlegende Begriffe

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Ontologie

Epistemologie Methodologie

What is out there to know about? who we are

What and how can weknow about it?how to know

How can we go about acquiring knowledge?how and what to do

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Ontologische und epistemologische Positionen …

Warum sich damit auseinandersetzen?

“They are like a skin not a sweater: they cannot be put on and taken off

whenever the researcher sees fit.”

“should not be treated like a sweater that can be `put on

´ when we are addressing such philosophical issues

and `taken off´ when we are doing research.”

Quelle: Marsh/Furlong 2002

...prägen Zugang zu Gegenstand, Theorie, Methoden

Rationalismus

• Rene Descartes (1596-1650): „Ich denke, also bin ich.“

• Die Sinne können täuschen, deshalb kann ich mich nur auf die Vernunft verlassen.

• Geometrie als ideale Wissenschaft

Empirismus• Francis Bacon (1561-1626):

„Wissen ist Macht“• Alles Wissen stammt

letztendlich aus der Sinneserfahrung.

• Induktion: Durch genaue Beobachtung erkennen wir Strukturen und Regelmäßigkeiten.

• Je höher die Zahle der Beobachtungen (Experimente) desto glaubwürdiger die abgeleiteten Sätze

Hume: Das Induktionsproblem

Vorgehensweisen• Wie gewinnen wir Theorien?

• induktiv• deduktiv• aus Paradigmen

Induktion• Mehrere Beobachtungen

® Querverbindungen suchen® erklärender Grundsatz

nächste Abstraktionsebene der Theorie Ursprung des Geschehens.

Beispiel Newton und die Gravitation:Beobachtung: 5 verschiedene Gegenstände fallen alle auf der gleichen Linie zu Boden; Theorie: Jeder Gegenstand fällt auf gleicher Linie zu Boden (Bei Federn z.B. im Vakuum)Höhere Ebene: die größere Masse zieht die kleinere in Richtung ihres Schwerpunktes.

Fragen zur Induktion• Muss ich nicht schon eine Vorstellung von der Theorie haben,

um die richtigen Beobachtungen zu machen? • Kann ich eine derartige Theorie verifizieren, wenn ich doch nur

eine endliche Anzahl von Beobachtungen habe?

Deduktion• Bei der Deduktion gehe ich von einer allgemeinen Forderung

(Postulat) aus und leite daraus zunehmend konkrete und damit beobachtbare Forderungen ab.

Beispiel Heisenbergs Unschärfetheorem: • Bei kleinsten Teilchen ist nicht zugleich Lage und Bewegung

beobachtbar.• Untere abgeleitete Theorieebene: ich kann nur

Aufenthaltswahrscheinlichkeiten angeben.• Beobachtung: Die Aufenthaltsorte der Elektronen lassen sich nur

als Wolken, nicht als feste Bahnen beschreiben.

Fragen zur Deduktion

• Ist es akzeptabel, dass zunächst ohne Rücksicht auf die Wirklichkeit einfach postuliert wird?

• Ist eine Theorie schon bei einem Gegenbeispiel falsch?

Paradigma (Pl.: ~men/~mata)

• Es handelt sich dabei um allgemein akzeptierte, nicht weiter hinterfragte Theorien, auf denen wiederum andere aufbauen.Paradigmen werden vielfach als die bequeme Antwort der Wissenschaftler auf die unbequemen Fragen, die aus einer Falsifizierung resultieren, angesehen.

Paradigmenwechsel

VWL: • Die Wirtschaft läuft besser ohne staatlichen Eingriff (neoklassisch;

angebotsorientiert) oder • staatliche Eingriffe sind unumgänglich für Stabilität und Wachstum

(keynesianisch; nachfrageorientiert)BWL:

• Motivation oder Zielvereinbarung; • Visionäre Kraft des Unternehmers und Alleinherrschaft oder

Teamkonzepte.

Karl Popper (1902-1994): Kritischer Rationalismus• Aufgrund des Induktionsproblems wissen wir nie, ob wir

die Wahrheit erreicht haben, wir nähern uns dieser aber permanent an.

• Falsifikation statt Verifikation• Hält eine Theorie der Prüfung hingegen stand, so

bewährt sie sich, ohne dass die Theorie dadurch besser (wahrscheinlicher, glaubwürdiger) wird.

• Falsifikation als Kriterium für wissenschaftliche Aussagen. • An die Stelle des Beweisdenkens tritt die Idee der

kritischen Prüfung. • Marxismus und Psychoanalyse hält Popper nicht für

Wissenschaft

Karl Popper

• „Ein anderes Kochrezept ist: Schreibe schwer verständlichen Schwulst und füge von Zeit zu Zeit Trivialitäten hinzu. Das schmeckt dem Leser, der geschmeichelt ist, in einem so ‚tiefen‘ Buch Gedanken zu finden, die er selbst schon mal gedacht hat.“

Kritischer Rationalismus• Relativismus oder Dogmatismus? Und was gibt es dazwischen?• An die Stelle des Beweisdenkens tritt die Idee der kritischen Prüfung • „Ich kann mich irren. Vielleicht hast du Recht. Zusammen kommen

wir vielleicht der Wahrheit auf die Spur.“• Politik: „Wie können schlechte Herrscher unblutig abgeschafft und

Missstände beseitigt werden können.“ statt„Wie errichten wir die ideale Gesellschaftsordnung?=

• Bewusstsein der Fehlbarkeit • Forderung nach der ständigen kritischen Prüfung von

Überzeugungen und (wissenschaftlichen) Theorien• methodisches und rationales Vorgehen bei der Lösung von

Problemen (Methodischer Rationalismus).

Positivismus

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Die Welt existiert unabhängig von unserer Kenntnis

über sie

Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

= ontologische Grundposition

Positivismus

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Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

Geht von der Möglichkeit eines direkten Zugriffs auf „Wirklichkeit“ aus, die entlang von Regelmäßigkeiten und kausalen Zusammenhängen organisiert ist

Beobachtung, Messung, Experiment – lässt nur gelten, was demonstrierbar und empirisch belegbar ist

kausale Zusammenhänge feststellen empirische Fragestellung (was ist) trennen von

normativen (was soll sein) – Wertfreiheit, Objektivität Forscher = getrennt vom Gegenstand, objektiv

Epistemologische Grundposition

Positivismus

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Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

Beobachtung, Messung, Experiment – lässt nur gelten, was demonstrierbar und empirisch belegbar ist

quantitative Methoden

Methodologie / Methoden

Kritische Einwände gegen Positivismus

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Glaube an eine kausal konstruierte Welt Wissenschaft als neutrale Technik Objektivität / Irrelevanz des erkennenden Subjekts ahistorisches Verständnis von Wissen und

Erkenntnis Zentralität quantitativer Methoden

Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

Konstruktivismus Hermeneutik

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Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

Die Welt ist sozial / diskursiv konstruiert.Subjekte agieren auf

Grundlage ihrer Werte und Erwartungen –

Gesellschaft kann man sich nur denken als

intersubjektiv konstruiert

ontologische Grundpositionen

Die Welt ist nicht unmittelbar und

eindeutig erfahrbar

Hermeneutik

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Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

Der Beobachter versteht soziale Handlungen / Akteure durch Empathie

Dem Verstehen liegen immer Prämissen zu Grunde Kunst der Interpretation (von Texten, von Handlungen) Prämissen prägen den Zugang zum Gegenstand und

die Interpretation Soziale Strukturen existieren nicht unabhängig von

unserer Interpretation Verlangt eine gewisse Forschungsethik

Epistemologische Grundposition

Konstruktivismus

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Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

Es gibt keine unmittelbare Erkenntnis „Wirklichkeit“ wird nicht abgebildet, sondern erzeugt Soziale Strukturen existieren nicht unabhängig von

unserer Interpretation (radikaler K.): Jedes Bild, das wir uns von der Welt

machen, ist eine Konstruktion Abschied von der Objektivität

EpistemologischeGrundposition

Hermeneutik

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Welt ist nicht unmittelbar und eindeutig erfahrbar Wechselseitige Abhängigkeit von Vorannahmen

und Ergebnissen Notwendigkeit von Interpretation Erschließung von Sinnzusammenhängen Fokussierung auf qualitative Methoden

Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

Methodologie / Methoden

Hermeneutischer Zirkel Interpretatives Paradigma

Konstruktivismus

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Fakten sind ideologisch geladene „Tat-Sachen“ und keine realen Phänomene

wissenschaftliche Erkenntnis ist mit Macht verbunden, nicht mit Wahrheit relativ, kontextgebunden, kontingent

Fokussierung auf qualitative Methoden

Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

Methodologie / Methoden

Unterscheidung von Theorien

„problemlösungsorientiert“ vs. „kritisch“ akteursorientiert vs. strukturalistisch positivistisch vs. normativ Subjekt-Objekt-Verhältnis

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keine Frage von „rechts“ und „links“

Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

Theorien haben ontologische und epistemologische Positionen

Kritische Theorie und integrative Sozialwissenschaft

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IdeologiekritikDiskursanalyseHermeneutikDekonstruktion

empirisch- analytisches Vorgehen

Wissenschaftstheorie PS TEF 2

Theorien„Vorausgesagtes“

DatenAnalyse des Konkreten

„Beobachtetes“

WerteIdeologien, Deutungen,

Annahmen; „Bevorzugtes“

Methoden zur Bearbeitung der sozialen

Realität

Methoden zur Bearbeitung des

Kulturellen

Gla

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oziale Realität

Theorien und ihre Ontologien & Epistemologien – Beispiele

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Ausgangspunkt = individuelle Einheit (Individuum, Staat) – agiert in der Welt auf der Grundlage von Eigeninteressen

Die Welt (Gesellschaft) ist die Summe dieser Handlungen

Ereignisse haben ihren Ursprung im individuellen Subjekt, das in der Welt aktiv wird

Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

Akteursorientierte Theorien:Rational Choice, Public Choice

ontologische Grundposition

Strukturalistische Theorien: Regulationstheorie

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Kapitalistische Ökonomie, (National-) Staaten als regulative Instanzen

Handeln bleibt innerhalb funktionaler Grenzen

Soziale Klassen und Klassenkonflikt, regulierender Staat

Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

ontologische Grundposition: (schwaches) System

Problemlösend: Datensammlung für staatliche Intervention und Regulierung (positivistisch)

Kritische Theorie: historische Analyse von Akkumulationsweisen und -regimen

epistemologische

Grundposition

Weltsystemansatz

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Kapitalistische Weltwirtschaft, entwickelt sich seit dem 16. Jahrhundert zu einem starken System

Aufstieg und Niedergang der hegemonialen Staaten

Staaten – Gesellschaften – Klassen Peripherie – Zentrum Lange Wirtschaftszyklen unter wechselnder

Dominanz von produktivem und Finanzkapital

Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

ontologische Grundposition: (starkes) System

Historisch-positivistisch (Annales-Schule)epistemologische

Grundposition

Marxistische Imperialismus- und Abhängigkeitstheorien

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Ungleiche Entwicklung Konflikt und Krieg, Ausbeutung Geschichte ist die Geschichte eines

Kampfes mit offenem Ausgang Gesellschaft (Objekt) besteht aus sozialen

Klassen (Subjekte)

Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

ontologische Grundposition: Menschheit = Gesellschaft

Kritisch-dialektisch: gegen Harmonie, Widersprüche! Wissen hat Klassencharakter

epistemologische

Position

(Neo-) gramscianische Klassenanalyse

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Klassenfiguration – organische Intellektuelle Herstellung von Hegemonie transnationale Ebene

Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

ontologische Grundposition

Kritisch: Analyse hegemonialer Konstellationen, „Kontrollkonzepte“

epistemologische

Grundposition

Struktur und Handeln

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Wissenschaftstheoretische Grundpositionen

Ereignisse haben ihren Ursprung im individuellen Subjekt, das in der Welt aktiv wird

Kollektive historische Subjekte versuchen, die Welt zu verändern – „within the limits of the possible“

Ereignisse haben ihre eigene Dynamik, gemäß inhärenter Prinzipien, die die Handlungen der Akteure determinieren

Soziale Welt ist Ergebnis von Gesetzmäßigkeiten oder Kräften, die unabhängig von den Akteuren wirken

Literaturhinweise

• Cox, Robert W. (1995): Critical Political Economy. In: Hettne, Björn (ed.): International Political Economy. Understanding Global Disorder. London: Zed Books, 31-45.

• Gill, Stephen (1993): Epistemology, Ontology and the "Italian School". In: ders. (ed.): Gramsci, Historical Materialism and International Relations, 21-48.

• Marsh, David/Furlong, Paul (2002): A Skin, not a Sweater: Ontology and Epistemology in Political Science. In: Marsh, David/Stoker, Gerry (eds.): Theory and Methods in Political Science. Basingstoke: Palgrave, 17-41.

• Potter, Robert P. (2002): Theories, strategies and ideologies of development. In: Desai, Vandana/Potter, Robert B. (eds.): The Companion to Development Studies. London: Arnold, 61-65.

• Van der Pijl, Kees (o.J.): Sources of Contemporary Theory in Global Political Economy. University of Sussex, Department of International Relations and Politics.91

Wissenschaftstheorie PS TEF 2