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Einfuhrung in die Astronomie &Astrophysik
8. Kapitel: Aufbau und Entwicklung der Sternea) Stern- und Planetenentstehung
Wilhelm Kley & Manami SasakiInstitut fur Astronomie & Astrophysik
& Kepler Center for Astro and Particle Physics Tubingen
Sommersemester 2015
Entstehung und Entwicklung von Sternen
8. Stern- und Planetenentstehung
8.1 Einfuhrung8.2 Sternentstehung8.3 Planetenentstehung
W. Kley & M. Sasaki Astronomie & Astrophysik im SS2015 2
8.1 Einfuhrung: Alter der Sonne
Abgleich von Sternentwicklungsrechnungenmit seismologischen Daten der Sonne:Autoren Jahr Alter [Mia. Jahre]Guenther & Demarque 1997 4.5 ± 0.1Bonnano, Schlattl & Paterno 2002 4.57 ± 0.11Houdek & Gough 2007 4.68 ± 0.02
Parameter:- Elementhaufigkeiten- Opazitaten- Konvektion- relativistische KorrekturenAlter: ca. 4.6 Mia. JahreAlteste Meteoriten sind gleich altund chemisch gleich zur Sonne⇒ Gleichzeitige Entstehungvon Planeten und Sonne
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8.1 Einfuhrung: Sonnensystem: Inventur
1 Stern: Die Sonne8 Planeten: Merkur bis Neptun5 Zwerg-Planeten: Ceres, Pluto, Eris, Haumea, MakemakeKleinkorper: TNO, Asteroiden, KometenKleinstkorper: Meteoriten, Staub
• koplanar, zirkulare, gleichformige Bahnen
• prograde Rotation (mit Ausnahmen)
• 99% der Masse in Sonne
• 99% des Drehimpulses in Planeten
• erdahnliche/feste Planeten, Gasplaneten (mit Kernen)
• Alter: ca. 4.6 Mia. Jahre
• Titius-Bode Regel: rn = 0.4 + 0.3 · 2n (Johann Titius 1766)
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8.1 Einfuhrung: Kant (1724-1804)
Urnebel ist Ansammlung aus Staub und Meteoritenungeordnete Bewegung im Innernwird abgeflacht durch RotationTeilchen stoßen zusammen→ verlieren Energie→ sinken zumSchwerpunkt ab→ SonnenbildungPlaneten aus Verdichtungen, die Zentrum umkreisen
Vorteil: Sonne bildet sich mit kleinem Drehimpuls
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8.1 Einfuhrung: Laplace (1749-1827)
Entstehung aus hydrodynamischem Kontinuum
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8.1 Einfuhrung: von Weizsacker (1912-2007)
(ca. 1943)
Gemeinsame Entstehung von Planeten und Sonne auseiner Gasscheibe
Hier turbulente Gasscheibe→ Drehimpulstransport vonInnen nach Außen
Riesige Wirbel in Gasscheibe→ Konzentration vonfestem Material auf ringformige Zonen
Weiterentwicklung mit Lust (Akkretionsscheibentheorie)
Basis fur heutige Modelle.
(oft Kant-Laplace Nebularhypothese)
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8.1 Einfuhrung: Moderne Vorstellung
Historische Sicht:(Leukippos, 480-420 v.Chr.)“Die Welten bilden sich da-durch, dass die Korper in denleeren Raum herabsinken undsich miteinander verflechten.”Moderne Sicht:Kollaps einer interstellarenMolekulwolkeLeichte Rotation ⇒ AbplattungProtostern im Zentrum / Schei-benbildung(Kant & Laplace, 1750er)⇒ Flaches System, gleichsinni-ge Bahnen, kreisformige Orbits
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Entstehung und Entwicklung von Sternen
8. Entstehung und Entwicklungvon Sternen
8.1 Einfuhrung8.2 Sternentstehung8.3 Planetenentstehung
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8.2 Sternentstehung: Sternbild OrionM42 - Orionnebel
Ansammlung sehr junger Sterne(≈ 106 Jahre alt), Sterne entstehennicht allein, sondern in Sternhaufenaus Molekulwolken.
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8.2 Sternentstehung: Sternhaufen (Chandra/Spitzer)
M42 - Orionnebel
Massereicher Haufenuber 1000 SterneAbstand uber 1500 LJ
Coronet Cluster (Corona Australis)
Offener Haufeneinige Dutzend SterneAbstand 420 LJ
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8.2 Sternentstehung: Die Dunkelwolke Barnard 68
4 unterschiedliche Filter: Blau, Visuell, IR, K = fernes IR
Molekulwolke, absobiert das visuelle Licht⇒ Dichteverlauf in WolkeSternbild Ophiuchus, Abstand 500 LJ
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8.2 Sternentstehung: Mechanismus
Mehrzahl der Sterne (ca. 90%) entsteht in Sternhaufen- Sternentstehungsgebieten, bis zu 10,000 Sterne- aus Molekulwolkenkernen (ρ ' 10−18g/cm3, T ' 10− 20K)- durch gravitativen Kollaps
Leiten Kriterium ab, unter welchen Bedingungen eine Wolkekollabieren kann. (Jeans, 1902)Schatzen Zeitdauer des Kollaps ab (Freifall-Zeit)
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8.2 Sternentstehung: Jeans-KriteriumBetrachte Wolke mit Radius R und Masse MWolke ist gebunden falls: Etot = Ekin + Egrav < 0
Egrav = −∫ M
0
Gm(r)
rdm ≡ −A
GM2
Rmit A =
35
fur ρ = const .hier A = 1
(1)
Ekin =32
NkBT =32
MµmH
kBT (2)
Mit dem mittleren Molekulargewicht µ und der Gesamtteilchenzahl N⇒ Kollaps (Etot < 0), falls:
M > MJ =3kBT
2GµmHR (3)
MJ = Jeans-Masse umformuliert mit M = 4π/3R3ρ
MJ ≈(
kBTGµmH
)3/2
ρ−1/2 (4)
Stabilierung durch hoheres T , Destabilierung durch hohe Dichte (Masse)W. Kley & M. Sasaki Astronomie & Astrophysik im SS2015 14
8.2 Sternentstehung: Die Freifallzeit IBetrachte kugelformige Anfangswolke ohne Rotation:- mit homogener Dichte ρ0 und Radius R- ohne Gasdruck (Staub)
Die Wolke kollabiert unter ihrer eigenen Gravitation.Fur jede Massenschale (mit Radius r ) gilt:
r = −Gm(r)
r2 m(r) : Masse innerhalb von r (5)
Die Masse innerhalb einer Schale andert sich aber nicht, also gilt fur m(r)
m =4πρ0r3
0
3= const ., (6)
wobei r0 der Anfangsradius der Schale ist. Multipliziert man Gl. (5) mit r undintegriert die Gleichung (Energiesatz), so folgt
12
r2 =4πr3
0
3rGρ0 + const . (7)
Eine Losung in parametrisierter Form ist moglich. (siehe Ubungsaufgabe)W. Kley & M. Sasaki Astronomie & Astrophysik im SS2015 15
8.2 Sternentstehung: Die Freifallzeit II
Die Losung zeigt, dass alle Schalen zur gleichen Zeit das Zentrumerreichen !Diese Zeit heißt: Freifall-Zeit tff
tff =
(3π
32Gρ0
) 12
(8)
umgeformt
tff ' 35 min ·
(ρ
g/cm3
)−1/2
(9)
Typische Zeitskala fur Kollaps einer Molekulwolke: 105 − 106 Jahre.
Der Gasdruck verlangsamt den Kollaps.
Zusatzlich wirken noch die Rotation und Magnetfelder ⇒ Verzogerung.
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8.2 Sternentstehung: Das Drehimpulsproblem IBetrachte kugelformige Anfangswolke mit leichter Rotation:- eine Sonnenmasse M,- Radius R = 1/4 pc (etwa 0.8 LJ)- eine Umdrehung in P = 40 Mio. Jahren
Teilchen der Masse m am Aquator der Wolke hat einen Drehimpuls
L = mRv (10)
mit der Bahngeschwindigkeit v = 2πR/P.
Fur den kleinsten Radius rc , den das Teilchen erreichen kann, gilt:
GMmr2c
= mv2c rc , (11)
(Gravitationskraft = Zentrifugalkraft)Drehimpulserhaltung wahrend des Kollaps
L = Lc = mrcvc (12)
mit Gl. (11) folgtW. Kley & M. Sasaki Astronomie & Astrophysik im SS2015 17
8.2 Sternentstehung: Das Drehimpulsproblem II
die Drehimpulsbarriere
rc =
(Lm
)2 1GM
. (13)
j = L/m heißt auch spezifischer Drehimpuls.
Mit R = 1/4 pc und P = 40 Mio. Jahren folgt rc = 4370 AE.Maximale beobachtete Große solcher Scheiben: ≈ 1000 AEDies wird als Drehimpulsproblem der Sternentstehung bezeichnet,da bei Drehimpulserhaltung die Scheiben nicht so klein werdenkonnten.
Mogliche Losungen: Magnetfelder, Turbulenz, oder Ausstromungen
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8.2 Sternentstehung: Uberblick I
Dunkle Molekulwolkenkerne Gravitations-Kollaps
7
100 AE
6t ~ 10 -10 J.
50 AE
t >10 J.7
1 pc 10 000 AE
t = 0 J.
Eingebetteter Protostern,Akkretions-Scheibe, Ausstrom
Hülle ~ 8000 AEAkkretions-Scheibe ~ 80 AE
t ~ 10 -10 J.54
Design: Michiel Hogerheijde (nach Shu, Adams & Lizano 1987, ARAA 25, 23)
100 AE
T Tauri Stern,Akkretions-Scheibe, Ausstrom
t ~ 10 -10 J.65
Vor-Hauptreihen-Stern, Hauptreihen-Stern,Scheiben-Entwicklung Planeten-System
(nach Hogerheijde, 2001) t = 0 J.
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8.2 Sternentstehung: Uberblick II
Eingebetteter Protostern, T Tauri Stern,Akkretionsscheibe, Ausstrom Akkretionsscheibe, Ausstrom
7
100 AE
6t ~ 10 -10 J.
50 AE
t >10 J.7
1 pc 10 000 AE
t = 0 J.
Huelle ~ 8000 AEAkkretions-Scheibe ~ 80 AE
100 AE
(Hogerheijde, 2001) t ≈ 104 - 105 J. t ≈ 105 - 106 J.W. Kley & M. Sasaki Astronomie & Astrophysik im SS2015 20
8.2 Sternentstehung: Uberblick III
Vorhauptreihen-Stern, Hauptreihen-Stern,Scheibenentwicklung Planetensystem
100 AE 50 AE
1 pc 10 000 AE
t = 0 J.
Huelle ~ 8000 AEAkkretions-Scheibe ~ 80 AE
100 AE
(Hogerheijde, 2001) t ≈ 106 - 107 J. t > 107 J.W. Kley & M. Sasaki Astronomie & Astrophysik im SS2015 21
8.2 Sternentstehung: Beobachtungsmethoden vonScheiben
Scheiben um Junge Sterne(YSO, Young Stellar Object; z.B. T Tau, Herbig Ae Sterne)
Synonyme:- Zirkumstellare Scheiben- Protostellare Scheiben- Protoplanetare Scheiben
Detektion durch:
SED (Spektrale Energieverteilung)- IR-Exzess −→ zirkumstellarer Staub
Direkte Abbildung (nahes IR, IR, sub-mm)- Silhouette Scheiben (Orion)- Interferometrie
Polarisations-Messungen
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8.2 Sternentstehung: Scheiben um junge Sterne (HST)
Im Trapez-HaufenSternbild: Orion
Abstand: 1500 LJ.Masse:ca. 2000 Sterne
Alter:um 1 Mio. Jahre
Silhouette Scheibenmit rotem Protosternim ZentrumVor hellem Hinter-grund
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8.2 Sternentstehung: Scheiben II
(HST-Bilder)
Scheibe als dunklerSchatten vor demStern.
Absorbtion durchStaub.
Teilweise Jets sicht-bar (unten links)
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8.2 Sternentstehung: Spektrale Scheiben-Signatur
Kurven:- Sternspektrum- Infra-Rot Exzess(oberhalb desSterns)Pfeile:- Innerer Rand- Silikat-Buckel
(bei ≈ 10µm)- Zentrale Scheibe- Außen-Bereich
Scheibenindikator:IR-Exzess
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8.2 Sternentstehung: Bspl: AB Aurigae (Herbig Ae star)
Subaru AO, H-Band (1.65 µm)
(Fukagawa ea, 2004)
Spectral Energy Distribution (SED)
(Dullemond & Monnier, 2010)
Direkte Abbildung und spektrale Energieverteilung (SED) eines A-SternsAussagen zu Bedingungen bei Stern- und Planetenentstehung moglichMogliche Indikatoren uber Anwesenheit von Planeten
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8.2 Sternentstehung: ScheibeneigenschaftenDichteverteilung Massenverteilung
(Williams & Cieza, 2011)Mit viskosen Scheibenmodellen: Exponentieller Abfall mit Außengrenze
Σ(R) ∝(
RRc
)−γ
exp
[−(
RRc
)2−γ]
Σ ist die Flachendichte der Scheibe, vertikal integrierte Dichte.W. Kley & M. Sasaki Astronomie & Astrophysik im SS2015 27
8.2 Sternentstehung: Globale Struktur
(P. Armitage, 2011)
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8.2 Sternentstehung: Lebensdauer der Scheiben
(Montmerle et al. 2006)
Aus Infra-Rot (IR)UberschussIn Graphik:y - IR-Exzess (H-K)x - Alter des Sterns(H-K: Farbindex)
Hfkt. der Scheiben nimmtmit Sternalter ab
Lebensdauer:ca. 106-107 Jahre
D.h. Planetenentstehung:innerhalb dieser Zeit
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8.2 Sternentstehung: Charakteristika
Scheiben um T Tau Sterne
Haufigkeit: um 50% der Sterne
Masse: MScheibe ≈ 10−2 MSonne
Durchmesser: 50 - 200 AE
Lebensdauer: 106 Jahre
Akkretion: 10−9 - 10−7 M /yr
Zusammensetzung: 99% Gas, 1% Staub (≈ µm groß)
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8.2 Sternentstehung: HD 100546 und Hale-Bobb
Was haben diese 2 Objekte gemeinsam ?
Junger Stern mit Scheibe (HST-Bild)Ellipse: Große des Pluto Orbits
Hale-Bopp im Perihel, April 1997
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8.2 Sternentstehung: Spektrenvergleich
Spektrum der Scheibe und ein Kometenspektrum: sehr ahnlich !
amorphes Olivin ((Mg,Fe)2SiO4), kristallines Forsterit (Mg2SiO4)
Hale-Bopp
HD 100546
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8.2 Sternentstehung: Zusammenfassung Beobachtungen
(Dullemond & Monnier, 2010)
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8.2 Sternentstehung: Scheibenphysik
Zirkumstellare Akkretionsscheibe um jungen SternMaterie spiralt nach Innen durch Drehimpulstransport (Viskositat)Aber: molekulare Viskositat winzig, Brauche: Turbulenten TransportScheiben sind hydrodynamisch stabil!Brauche Magneto-Hydro-Dynamik (MHD)
Innen: Wechselwirkung mit dem Magnetfeld des SternsSternaktivitat & kosmische Strahlen → Ionisation der Scheibe⇒ Magneto-Rotational-Instability (MRI), bewirkt Massentransport(Akkretion)W. Kley & M. Sasaki Astronomie & Astrophysik im SS2015 35
Entstehung und Entwicklung von Sternen
8. Entstehung und Entwicklungvon Sternen
8.1 Einfuhrung8.2 Sternentstehung8.3 Planetenentstehung
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8.3 Planetenentstehung: Uberblick
Planeten entstehen aus einer Scheibe: Protoplanetare ScheibeW. Kley & M. Sasaki Astronomie & Astrophysik im SS2015 37
8.3 Planetenentstehung: Zwei HauptmechanismGravitations-Instabilitat (top-down)
(L. Mayer)
Selbstgravitierende ScheibeDichte-Fluktuationen wachsenSpiralarme→ PlanetenSchnelle Entstehung (103 Jahre)Keine Kerne(Gut fur entfernte Planeten)
Sequentielle Akkretion (bottom-up)
(NASA, U2)
Von kleinen zu großen TeilchenLangsame Entstehung (106 Jahre)Brauche: Gute Haftung
(Kometen, Asteroiden,feste Planeten, Planetenkerne)(Bevorzugt fur Sonnensystem)
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8.3 Planetenentstehung: I. Gravitations-InstabilitatBetrachte lokale Dichtestorung in Scheibe
AnalytischStabilitats-Kriterium (Toomre)
Q ≡ csκ0
πGΣ0> 1
withcs = Schallgeschwindigkeitκ0 = Epizykel-Frequenz (≈ ΩK )Σ0 = Flachendichte• Druck & Rotation stabilisieren• Dichte destabilisiert(vgl. Jeans-Kriterium)
NumerischEntwicklung einer isothermen Scheibe• Finite-Differenzen Hydrodynamik• Viskose Scheibe
(Tobias Muller)
Scheibe heizt sich auf bei Kompression, muss schnell kuhlenBrauche: Kuhlzeit ≈ Bahnperiode ⇒ Schnelle BildungNur in großen Entfernungen vom Stern (ab ca. 30-50 AE, keine Kerne)
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8.3 Planetenentstehung: II. Sequentielle Akkretion
Koagulation of Staub & Akkretion von Gas (99% Gas, 1% Staub)
Wachstum: Staub⇒ Planeten (µm⇒ 1000km)(Massenwachstum: 35 Großenordnungen)
- Sequenz von Kollisionen & Koagulationen- Spate Phase: Gas-Akkretion auf KernVorteil: Kerne von Planeten(Sonnensystem, Transit-Systeme)Nachteil: Lange ZeitskalenBevorzugtes Szenario fur Sonnensystem
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8.3 Planetenentstehung: Der Anfang: StaubwachstumLaborator-Experimentemit µm-großen Teilchen
(J. Blum, Braunschweig)
Haftung durch:Van der Waals KrafteFractales Wachstumgut bis zu cm-GroßeNumerische SimulationenHier: Molekular-Dynamik
(Alexander Seizinger, Tubingen)
Jenseits von ca. 3 AE :Eis kondensiert aus (iceline)Beschleunigung des Wachs-tums
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8.3 Planetenentstehung: Teilchendynamik in Scheibe
(Jurgen Blum, Braunschweig)
Teilchen haben Relativgeschwindigkeit zum Gas⇒ KrafteProblem I: Schnelle Drift nach Innen (bei 1m Große: 1 AE / 100 Jahre)
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8.3 Planetenentstehung: Teilchenkollisionen
Wachstum zu Planetesimalen (≈ 1− 10km) durch Kollisionen/Akkretion ?Teilchenmethode Smoothed Particle Hydrodynamics:Elastisch-plastisches Modell. Behandlung von Rissen und Porositat.2 Basalt Kugeln 2 porose Kugeln
(Christoph Schafer, Ralf Geretshauser, Roland Speith, Univ. Tubingen)
Problem II: Zerstorerische Stoße
Problem I & II: sog. meter-sized barrier Losung: Porose Korper ?
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8.3 Planetenentstehung: Weiteres Wachstum
Planetesimale:- Objekte ab etwa 1-10km bis etwa Mond-große.- Ausgangspunkt fur spatere Phase der Planetenentstehung,- gravitative Wechselwirkung wichtig.
Bei 1km Große werden 1011 Teilchen gebraucht, um dieterrestrischen Planeten zu erzeugen. Brauche schnelles Wachstum.
Wichtig: Gravitational FocussingZwei Korper konnen nur durch physische Stoße anwachsenDurch gegenseitige Gravitation wird effektiver Streuquerschnitt erhoht
(R.Mardling)
=⇒ Stark erhohte Stoßwahrscheinlichkeit (siehe Ubungsaufgabe)W. Kley & M. Sasaki Astronomie & Astrophysik im SS2015 44
8.3 Planetenentstehung: Terrestrische Planeten
Mit Jupiter (stationar)
Langzeit N-body Simula-tionen, etwa 2000 Objektezu Beginn.ca. 10 MErde in [0.5,5.0]AEmit Jupiter am heutigenPlatzDauer: ca. 100 Mio. Jahre
(Raymond ea, 2006-2007)
Wasseranteil der Korper
Anfanglich hat die Erde nur geringe Mengenan Wasser aufgrund der hohen Scheibentem-peraturend.h. Erde erhalt Wasser aus außenliegendenBereichen
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8.3 Planetenentstehung: Massereiche Gas-Planeten
(C. Dullemond)Zuerst wie bisher: Staub ⇒ Planetesimale (µm ⇒ 1-10km) durch KollisionenMassereiche Planeten: Kerne durch gravitational focussing, dann GasAkkretion
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8.3 Planetenentstehung: Maximale Masse
Mp = 1 MJup, ap = 5.2 AE, in Scheibe um 1 Msol SternHydrodynamische Entwicklung
Spiralarme: stationar im System des Planeten.Luckenbildung: limitiert Wachstum bei etwa 1 MJup
Details (Luckenbreite und Tiefe) anhangig von:Viskositat, Druck, Planetenmasse
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8.3 Planetenentstehung: Zusammenfassung Entstehung
• Planeten entstehen in protoplanetarer Scheibe(in einer Ebene, kreisformige Bahnen)
• durch Sequenz von haftenden Kollisionen
• Innere Planeten: festes Material
• Außere: gasformig mit Kernen, bei großen Abstanden
• Maximale Masse ≈ MJup (Luckenbildung)
Extrasolare Planeten ?
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8.3b Bahnelemente: Grundlagen
Nach bzw. schon wahrend ihrer Entstehung wechselwirken Planetenmit ihrer Umgebung.
Dies fuhrt ublicherweise zu einer Anderung der Bahnelemente(a,e, i)Vgl.: Heiße Planeten, hohe Exzentrizitaren und Bahnneigungen
Wichtig sind 3 Wechselwirkungen:
• mit der umgebenden Gasscheibe (eingebettete Planeten)• mit den ubriggebliebenen Planetesimalen (Sonnensystem)• mit den anderen Protoplaneten (grav. Streuprozesse)
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8.3b Bahnelemente: Ursache Planeten-MigrationPlanet mit 20 MErdein protoplanetarer ScheibeHydrodynamische RechnungScheibe mit konstanter Dichte(Masset, 2002)
Abhangigkeit von Temperatur,Schallgeschwindigkeit cs
(Masset, 2002)
Planet erzeugt spiralformige Storungenin der Dichte der ScheibeDiese bewegen sich mit dem Planeten mitΩspiral = Ωplanet (Vgl. Kielwasser in Schifffahrt)In der Gasscheibe: Ω(r) ∝ r−3/2 (Kepler)- Innere Welle ist langsamer als Gasscheibe- Außere Welle ist schneller als GasscheibeAnders formuliert:Innere/außere Spiralen sind Wellen mitnegativem/positiven Drehimpuls (bzgl. Schei-be)Reibung/Dissipation (Viskositat, Stoßwellen)- Innere Scheibe verliert Drehimpuls- Außere Scheibe gewinnt DrehimpulsPlanet transportiert Drehimpuls von innerernach außerer ScheibeAndert dabei seinen eigenen Drehimpuls⇒ Migration (typisch nach Innen)
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8.3b Bahnelemente: Migration im SonnensystemAm Beispiel: Neptun und außere Planetesimalscheibe (Gomes, 2003)
Planetesimale werden von Neptun nach Innen gestreut (verlieren Drehimpuls)Neptun gewinnt Drehimpuls (Expansion der Bahn, Anregung der TNOs)
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8.3b Bahnelemente: Exzentrizitat (e = 0.29)
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7
0.8
0.9
1
0.01 0.1 1 10
Ecc
entr
icity
Distance [AU]
Radial VelocityTransit
Solar
Ursprung ?Planet-Scheibe Wechselwirkung ? Planet-Planet ? Planet-Stern ?
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8.3b Bahnelemente: Planet auf exzentrischer BahnViskose Scheibe: Mp = 20 MErde, 2D-Rechnungen (Cresswell et al., 2007)
Planet: ep = 0.1 Zeitentwicklung: ep(t)
⇒ Scheibe-Planet Wechselwirkung dampft Exzentrizitat.Brauche Streuprozesse zwischen den Planeten, wenn diese sich zu nahekommen. Auch nach dem Verschwinden der Scheibe moglich(Chaotische Entwicklung)
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8.3b Bahnelemente: Junge Planeten entdeckt ?
(Cassasus ea., ESO, 2013)ALMA Beobachtungen: 866 µm (CO 3-2), 840 µm (HCO+ 4-3), 870 µm (continuum)
Radius der inneren Scheibe ≈ 10 AE, Große der Lucke ≈ 140 AE.Lucke durch Planet erzeugt? (muss kleiner sein als ≈ 4 MJup)(andere Beobachtungen: VLT-NaCo, Gemini-South)
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8.3b Bahnelemente: Zusammenfassung
Planeten entstehen in protoplanetaren ScheibenSequenzielle Akkretion vs. Grav. InstabilitatAnfangliches Kollisionswachstum nicht gut verstandenNahe (heiße) Planeten durch Scheiben MigrationExzentrische Planeten durch gravitative StreuprozesseGeneigte Bahnen durch Streuprozesse
Beobachtungen: Immer neue Uberraschungen !
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